Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 11. März 2016 - 1 L 185/16
![](https://images.ra.de/raid-pub/articles/rade/gesetze/pictures/Laws-Legislation-New.png)
![](https://images.ra.de/raid-pub/articles/rade/urteile_2/pictures/Decision-Judgement.png)
Gericht
Tenor
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO verpflichtet, den Antragsteller vorläufig zum zweiten Abschnitt des Auswahlverfahrens für die Zulassung zur Förderphase vor der Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst 2016 zuzulassen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antragsteller hat sowohl den gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsgrund als auch den notwendigen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Entscheidung steht ebenfalls nicht die grundsätzlich mit Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung nicht zu vereinbarende und somit unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.
3Der Anordnungsgrund folgt aus dem Umstand, dass der Ausbildungsabschnitt, zu dem der Antragsteller zugelassen werden möchte, am Montag, dem 14. März 2016, beginnt und daher eine sofortige Entscheidung ohne Beiziehung weiterer Akten angesichts der Antragstellung am Donnerstag, dem 10. März 2016, geboten ist.
4Auch der Anordnungsanspruch ist vor dem Hintergrund des auf § 19 LVO Pol NRW beruhenden Bescheides vom 11. Januar 2016 glaubhaft gemacht. Mit diesem Bescheid wurde der Antragsteller explizit zur Teilnahme am (gesamten) Auswahlverfahren zugelassen. Dieser Zulassungsbescheid beansprucht auch trotz des Bescheids des LAFP NRW vom 7. März 2016 weiterhin Gültigkeit, weil hierdurch keine Aufhebung der Zulassung erfolgt ist. Der Bescheid lässt keine nach den §§ 48 und 49 VwVfG NRW erforderliche Ermessensentscheidung erkennen; insbesondere verhält er sich nicht zu dem Zulassungsbescheid vom 11. Januar 2016. Vielmehr stützt er sich allein auf die zum Zeitpunkt seines Erlasses bestehende Erlasslage (vgl. Erlass des MIK vom 3. März 2016, Az.: 403 - 27.13.02), die von der zum Zeitpunkt der Zulassung bestehenden Erlasslage (vgl. Erlass des MIK vom 29. September 2015, Az.: 403 - 27.13.02) abweiche. Zudem dürfte fraglich sein, ob die Regelung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 LVO Pol NRW, mit der die Höchstaltersgrenze für die Zulassung zur Ausbildung für den Laufbahnabschnitt III des Polizeivollzugsdienstes auf 40 Jahre begrenzt wird, vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015 sowie den hierauf basierenden Folgeentscheidungen,
5vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12 -; vom 17. August 2015 - 2 BvR 1996/12 -; und vom 6. Oktober 2015 ‑ 2 BvR 2062/11 -, jeweils juris,
6Bestand hat. Ferner ist unklar, ob der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber eine bewusste Differenzierung zwischen der nunmehr gesetzlich normierten Höchstaltersgrenze für Einstellungen in den Polizeivollzugsdienst (vgl. § 110 a LBG NRW) und der allein im Verordnungswege bestimmten Höchstaltersgrenze für den weiteren Aufstieg (vgl. § 19 LVO Pol NRW) getroffen hat.
7Die Vorwegnahme der Hauptsache ist vorliegend ausnahmsweise zulässig, da wirksamer Rechtsschutz im Wege der hier im Hauptsacheverfahren statthaften Feststellungsklage für den Antragsteller angesichts des zeitnahen Beginns des nächsten Abschnitts des Auswahlverfahrens nicht zu erreichen ist. Nach den obigen Ausführungen drohen ihm ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile; auch dürfte er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen.
8Vgl. zur Vorwegnahme des Hauptsache: BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258, juris; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2008 - 6 B 971/08 -, juris, jeweils m.w.N.
9Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
10Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Halbierung des Auffangwertes wird abgesehen, weil das Antragsbegehren des vorläufigen Rechtsschutzes hier auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
![](https://images.ra.de/raid-pub/articles/rade/gesetze/pictures/icon-laws_1597477888035257.png)
moreResultsText
![](https://images.ra.de/raid-pub/articles/rade/urteile_2/pictures/icon-judgement_1597478047338376.png)
Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.