Sozialgericht Ulm Beschluss, 17. Sept. 2012 - S 14 AS 1778/11

bei uns veröffentlicht am17.09.2012

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.02.2011 - 31.07.2011. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob ein Teil der Stromkosten, die die Klägerin monatlich entrichtet, als Heizkosten und damit als Kosten der Unterkunft von dem Beklagten zu übernehmen sind.
Die Klägerin steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 05.01.2011 gewährte der Beklagte ihr Leistungen in Höhe von monatlich EUR 359,00 Regelleistung, EUR 36,00 Mehrbedarf und EUR 369,58 Kosten der Unterkunft, die sich aus EUR 225,05 Grundmiete, EUR 61,53 Heizkosten und EUR 83,00 Nebenkosten zusammensetzten. Die Klägerin heizt ihre derzeitige Wohnung sowohl mit einer Gasheizung als auch mit Heizlüftern. Aus der Abrechnung der Stadtwerke Heidenheim vom 11.01.2011 ist ersichtlich, dass die Klägerin EUR 34,00 Abschlag für Stromkosten monatlich entrichtet.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid am 13.01.2011 Widerspruch ein mit der Begründung, die Kosten für den Strom müssten auch übernommen werden, weil eine beheizte Wohnung für die Klägerin krankheitsbedingt unabdingbar wäre.
Mit Bescheiden vom 08.03.2011 und 26.03.2011 änderte der Beklagte die Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum dahingehend ab, dass monatlich EUR 364,00 Regelleistung, EUR 36,00 Mehrbedarf und EUR 377,05 für Kosten der Unterkunft, die sich aus EUR 225,05 Grundmiete, EUR 69,00 Heizkosten und EUR 83,00 Nebenkosten zusammensetzten, bewilligt wurden. Der Abschlag für Strom von EUR 34,00 bis März 2011 und EUR 37,00 ab April 2011 blieb dabei unberücksichtigt. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2011 zurück, da Strom ein Teil der Regelleistung sei und nicht als zusätzliche Heizkosten übernommen werden könnte. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägervertreterin am 27.04.2011 zugestellt.
Mit Bescheid vom 24.05.2011 änderte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum vom 01.06.2011 - 31.07.2011 erneut ab und bewilligte monatlich EUR 364,00 Regelleistung, EUR 36,00 Mehrbedarf sowie EUR 392,05 Kosten der Unterkunft, die sich aus den tatsächlich anfallenden EUR 225,05 Grundmiete, EUR 69,00 Heizkosten sowie EUR 98,00 Nebenkosten zusammensetzten.
Am 27.05.2011 hat die Klägerin Klage erhoben mit der Begründung, sie sei krank und auf eine gut beheizte Wohnung angewiesen. Die Wohnung verfüge über keine Zentralheizung. Küche, Bad und Flur beheize sie mit Heizstrahlern, die ¾ der Stromkosten für ihre Wohnung ausmachten.
Mit Klageerhebung hat die Klägerin die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. In dem Formular hat sie angekreuzt, dass sie keine Konten besitzt und gleichzeitig Kontoauszüge vorgelegt. Mit Schreiben vom 16.09.2011 hat die Kammer die Klägerin darauf hingewiesen, dass es widersprüchlich erscheine, wenn die Klägerin angebe, keine Konten zu führen und andererseits dann Kontoauszüge vorlege. Die Kammer hat die Klägerin deshalb erneut unter Fristsetzung bis zum 20.10.2011 zur Glaubhaftmachung ihrer Vermögenswerte und Konten aufgefordert. Das Schreiben wurde der Klägervertreterin am 21.09.2011 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte darauf nicht.
Mit Beschluss vom 09.11.2011 hat die Kammer den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Am 17.07.2009 hat die Kammer einen Erörterungstermin durchgeführt. In dem Termin hat die Klägerin einen neuen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie einen Bescheid über die Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.08.2012 - 31.01.2013 vorgelegt.
10 
Die Beteiligten haben sich sodann entsprechend des Vorschlags des Beklagten mit Schreiben vom 22.03.2012 dahingehend geeinigt, dass der Beklagte der Klägerin für die Monate Februar und März 2011 EUR 5,71 und für die Monate April bis Juli 2011 EUR 8,71 monatlich zusätzlich bewilligt.
II.
11 
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg, denn er ist schon unzulässig.
1.
12 
Der Bewilligung der Prozesskostenhilfe steht zunächst nicht entgegen, dass das Klageverfahren durch den Abschluss des Vergleichs in dem Erörterungstermin am 17.09.2012 bereits erledigt ist. Denn eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach Abschluss des Rechtsstreits ist dann noch möglich, wenn der Prozesskostenhilfeantrag zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens entscheidungsreif war (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.04.2010 - 1 BvR 362/10). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
13 
Entscheidungsreife im Rahmen eines Prozesskostenhilfeantrags tritt nämlich ein, wenn der antragstellende Beteiligte die vollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben, die Erfolgsaussichten im Übrigen glaubhaft gemacht hat und der Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.12.2011 - L 13 AS 5141/11 B). Dies war hier vor Abschluss des instanzbeendenden Vergleichs am 17.09.2012 gegeben. Denn die erforderlichen Unterlagen für den neuerlichen Prozesskostenhilfeantrag wurden im Erörterungstermin von der Klägerin vollständig übergeben und die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert, so dass auch der Beklagte ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu den Erfolgsaussichten zu äußern.
2.
14 
Dem Antrag steht auch keine Rechtskraftwirkung des ablehnenden Beschlusses vom 09.11.2011 entgegen (vgl. BGH, Beschl. v. 03.03.2004 - IV ZB 43/03).
15 
Die Antragstellerin hat für einen wiederholenden Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe allerdings kein Rechtsschutzbedürfnis (a.A. wohl Thomas/Putzo, 29. Aufl. 2008, § 118 Rdnr. 10 ohne nähere Begründung). Denn auf der Grundlage desselben Streitgegenstands ist bereits eine ablehnende Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ergangen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 29.04.2010 - L 12 AL 5449/09 mit Hinweis auf BGH, Beschl. v. 03.03.2004 - IV ZB 43/03).
a)
16 
Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung der Kammer auf den Fall übertragbar, dass die Prozesskostenhilfe mangels Darlegung und Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgelehnt wird. Denn es ist dem Antragsteller zuzumuten, sich um eine zeitnahe Vorlage der Unterlagen zu kümmern. Es ist zudem verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dem betroffenen Bürger solche Versäumnisse und Unterlassungen bei der Beachtung von Frist- und Formvorschriften zugerechnet werden, die er selbst zu vertreten hat (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 23.07.2012 - 3 D 77/12 mit Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 30. August 1991 - 2 BvR 991/95). Die Prozesskostenhilfe ist schließlich eine Sozialhilfeleistung für den Antragsteller (OLG Köln, Beschl. v. 08.11.1999 - 14 WF 157/99), bei deren Gewährung eine Mitwirkung des Antragstellenden erforderlich und zumutbar ist (vgl. Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 118 Rdnr. 17). Für die Kammer ist kein Grund erkennbar, dass bei einer Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe mangels Darlegung und Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Grundsätze andere Zulässigkeitsbedingungen für einen Neuantrag gelten sollten als nach einer Ablehnung des Antrags wegen fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache.
b)
17 
Seit dem Beschluss vom 09.11.2011 hat sich die finanzielle Situation der Klägerin nach eigenen Darlegungen nicht geändert. Sie steht weiterhin im Bezug von Leistungen nach dem SGB II und erzielt kein darüber hinausgehendes Einkommen. Das nunmehr vorgelegte Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse widerspricht nicht mehr den vorgelegten Unterlagen. Die Klägerin gibt an, ein Girokonto zu haben. Es war ihr jedoch ohne weiteres möglich, diese Angaben klarstellend bereits vor Ablauf der gesetzten Frist am 20.10.2011 dem Gericht gegenüber zu machen. Dennoch hat die Klägerin schlicht gar nicht reagiert. Dies geht zu ihren Lasten.
18 
Hinsichtlich der Erfolgsaussichten in der Hauptsache haben sich ebenfalls keine Änderungen ergeben. Der Beklagte war schon vor dem Beschluss vom 09.11.2011 dazu bereit, der Klägerin höhere Leistungen in Form von der Differenz zwischen der im Regelsatz enthaltenen Strompauschale und dem tatsächlichen Regelsatz zu bewilligen. Eben auf diese Vorgehensweise haben sich die Beteiligten letztlich auf Anraten der Kammer in dem Erörterungstermin geeinigt. Die Klägerin hatte deshalb bereits vor erneuter Beantragung der Prozesskostenhilfe schon die Möglichkeit, den Vergleich anzunehmen und den Rechtsstreit dadurch zu beenden. Die Prozesshandlung hing nicht mehr davon ab, dass die Antragstellerin zuvor die entsprechenden Kosten aufbringt. Vielmehr ging es hier nur noch darum, der Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe ist es jedoch, der mittellosen Antragstellerin die Prozesshandlungen zu ermöglichen, die für sie mit Kosten verbunden sind (in diesem Sinne für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe nach Instanzabschluss auch LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 02.02.2012 - 6 Ta 28/12).

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Dez. 2011 - L 13 AS 5141/11 B

bei uns veröffentlicht am 29.12.2011

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 25. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe  1 Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg; das Sozia

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 14. Apr. 2010 - 1 BvR 362/10

bei uns veröffentlicht am 14.04.2010

Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein sozialgerichtliches Verfahren.

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Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein sozialgerichtliches Verfahren.

I.

2

Die Beschwerdeführerin erhob durch ihren Rechtsanwalt Klage vor dem Sozialgericht und beantragte Prozesskostenhilfe. Die Klageschrift benannte die angefochtenen Bescheide, enthielt aber keine Ausführungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht.

3

Das Sozialgericht wies den Rechtsanwalt schriftlich darauf hin, dass die beigefügte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig ausgefüllt sei. Die Beschwerdeführerin legte daraufhin eine weitere Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht wiederholte der Rechtsanwalt die dortigen Angaben und erläuterte sie ergänzend.

4

Das Sozialgericht lehnte sodann in der mündlichen Verhandlung den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab. In den später vorgelegten Gründen stellte es darauf ab, dass die Beschwerdeführerin trotz gerichtlichen Hinweises vor und in der mündlichen Verhandlung keine nachvollziehbare und vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe, so dass es dem Gericht nicht möglich sei, die Voraussetzungen des § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) zu prüfen. Die auf Aufforderung gemachten Angaben reichten nicht aus, weil die Beschwerdeführerin entweder gar keine Summen nenne oder nur Circaangaben mache. Damit könne sie ihre Bedürftigkeit aber nicht nachweisen.

5

Anschließend wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Urteil des Sozialgerichts hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.

6

Mit der gegen den Beschluss über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse bestehe das Verbot überspannter Anforderungen. Sie habe eine vollständige und nachvollziehbare Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Soweit das Sozialgericht die Erklärung als nicht nachvollziehbar und unvollständig bezeichne, begründe es dies nicht näher. Ausführungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu den Erfolgsaussichten der Klage vor dem Sozialgericht hielt die Beschwerdeführerin ausdrücklich für entbehrlich.

II.

7

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

8

a) Zum einen ist nicht ersichtlich und von der Beschwerdeführerin auch nicht dargelegt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG), dass der Verfassungsbeschwerde grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukäme (vgl. § 93a Abs. 2 lit. a BVerfGG).

9

Die Obliegenheit zur Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 117 Abs. 2 und 4 ZPO). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Obliegenheit seiner Rechtsprechung stets unbeanstandet zu Grunde gelegt (vgl. BVerfGE 67, 251 <252>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 13. April 1988 - 1 BvR 392/88 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Februar 2000 - 2 BvR 106/00 -, NJW 2000, S. 3344; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 2003 - 2 BvR 990/00 -, juris, Rn. 4).

10

Streitig ist hier die Beurteilung, ob dieser Obliegenheit im Einzelfall genügt worden ist. Das Bundesverfassungsgericht prüft Beschlüsse im Prozesskostenhilfeverfahren jedoch nur daraufhin, ob sie auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG beruhen (vgl. BVerfGE 67, 251 <255> m.w.N.; 81, 347 <357 f.>). Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass hier eine solche Sachlage gegeben wäre.

11

b) Zum anderen ist nicht ersichtlich und von der Beschwerdeführerin auch nicht dargelegt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG; vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. März 1996 - 2 BvR 2409/95 u.a. -, juris, Rn. 4; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 1999 - 2 BvR 397/94 -, NJW 1999, S. 3479 <3480>), dass die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt wäre (vgl. § 93a Abs. 2 lit. b BVerfGG).

12

aa) Diese Voraussetzung ist unter anderem dann nicht gegeben, wenn der Beschwerdeführer sein vor den Fachgerichten verfolgtes Begehren nicht (mehr) erreichen kann (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. März 1996 - 2 BvR 2409/95 u.a. -, juris, Rn. 4; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Juli 2000 - 2 BvR 1429/98 -, juris, Rn. 6). Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, dass ihr im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückverweisung an das Sozialgericht Prozesskostenhilfe zu gewähren wäre. Hierzu hätte indes aufgrund der Umstände des Falles besonderer Anlass bestanden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. November 1998 - 1 BvR 1891/98 -, juris, Rn. 25; Gehle, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 93a Rn. 58).

13

Prozesskostenhilfe kann nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gewährt werden. Dies setzt bereits begrifflich voraus, dass das entsprechende Rechtsschutzbegehren noch anhängig ist. Ist - wie hier - die Instanz, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird, bereits beendet, dann ist eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden fachgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur nicht mehr möglich (vgl. BFH, Beschluss vom 11. November 1985 - IV B 77/85 -, BFHE 145, 28 <29>; Geimer, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 117 Rn. 2b; Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 508 m.w.N.).

14

Allerdings kommt nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausnahmsweise auch nach Abschluss der Instanz in Betracht, wenn das Gericht sie bereits vor Beendigung des Verfahrens hätte bewilligen müssen (vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2004 - 11 WF 4/04 -, NJOZ 2004, S. 2540 f.; Geimer, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 117 Rn. 2b m.w.N.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 508 m.w.N.). Indes setzt ein solcher Anspruch auf rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss der Instanz voraus, dass der Prozesskostenhilfeantrag zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens im Sinne der Bewilligung entscheidungsreif war (vgl. BGH, Beschluss vom 30. September 1981 - IV b ZR 694/80 -, NJW 1982, S. 446; OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2004 - 11 WF 4/04 -, NJOZ 2004, S. 2540; OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2006 - 18 E 760/06 -, NVwZ-RR 2007, S. 286). Es ist nicht ersichtlich und insbesondere nicht vorgetragen, dass dies hier der Fall gewesen wäre.

15

(1) Ein vollständiger und damit bewilligungsreifer Antrag auf Prozesskostenhilfe setzt unter anderem gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Darstellung des Streitverhältnisses unter Angabe der Beweismittel voraus (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 120). Dies ist verfassungsrechtlich schon deswegen nicht zu beanstanden, weil zu den vom Fachgericht zu prüfenden Bewilligungsvoraussetzungen auch die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung gehören (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>). Eine solche Prüfung ist dem Gericht jedoch nur möglich, wenn ihm eine substantiierte Darstellung des Streitverhältnisses vorgelegt worden ist (vgl. Völker/Zempel, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 2010, § 117 Rn. 7). § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO setzt daher voraus, dass derjenige, der Prozesskostenhilfe begehrt, den Sachverhalt schildert (vgl. Fischer, in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 117 Rn. 15; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 120) und wenigstens im Kern deutlich macht, auf welche rechtliche Beanstandung er seine Klage stützt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Oktober 1993 - 1 BvR 1686/93 -, juris, Rn. 1).

16

Es ist nicht ersichtlich und insbesondere nicht vorgetragen, dass dies hier geschehen ist. Die Klageschrift enthielt keinerlei Angaben zum Sachverhalt. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Anforderungen auch dadurch erfüllt werden können, dass dem Gericht die angefochtenen Bescheide vorgelegt werden. Denn der Klageschrift lässt sich - insbesondere mangels Angaben über entsprechende beigefügte Anlagen - nicht entnehmen, dass die Beschwerdeführerin die angefochtenen Bescheide vorgelegt hätte. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren hat sie diesen Umstand nicht vorgetragen und auch sonst nicht dargelegt, dass später - aber noch vor Abschluss der Instanz - den Anforderungen des § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO genügende Angaben gemacht worden seien.

17

(2) Zudem lässt sich nicht feststellen, dass die Klage vor dem Sozialgericht hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO hatte, so dass insofern der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bewilligungsreif gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin trägt hierzu nichts vor.

18

bb) Mit Blick auf § 93a Abs. 2 lit. b BVerfGG ist überdies von Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin in dem Verfahren, für das sie Prozesskostenhilfe begehrt hat, durchgehend anwaltlich vertreten war, so dass ihr Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz durch die Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe nicht beeinträchtigt war.

19

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

20

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 25. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg; das Sozialgericht Ulm (SG) hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das (erledigte) Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 12 AS 3179/11 zu Recht abgelehnt.
Die Beschwerde ist zwar statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit insgesamt zulässig. Die Ausschlusstatbestände des § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 und Nr. 2 SGG in der hier anwendbaren mit Wirkung vom 11. August 2010 in Kraft getretenen Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 (BGBl. I S. 1127) greifen nicht ein. Da das SG seine Entscheidung nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt, sondern die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht in der Hauptsache abgelehnt hat, liegt ein Fall des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vor. Darüber hinaus findet auch § 173 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG keine Anwendung, denn eine Entscheidung in der Hauptsache (hier: Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) wäre mit der Beschwerde anfechtbar gewesen.
Die Beschwerde ist aber unbegründet; die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH haben nicht vorgelegen. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29. September 2004 - 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14. April 2003 - 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12. Januar 1993 - 2 BvR 1584/92 - alle veröffentlicht in Juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7a m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das SG die für die Bewilligung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht zu Recht verneint. Nach der auch hier nur noch vorzunehmenden summarischen Prüfung haben die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Bewilligungsreife nicht vorgelegen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist dieser Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung maßgebend (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2009 - L 13 AS 4995/08 PKH-B - veröffentlicht in Juris). Bewilligungsreife tritt ein, wenn alle für die Bewilligung von PKH erforderlichen Unterlagen, insbesondere der vollständig ausgefüllte Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege vorgelegt sind und der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (Senatsbeschluss a.a.O.). Entgegen dem Vorbringen zur Begründung der Beschwerde kann bei Anträgen auf PKH für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nichts anderes gelten. Die ein solches Verfahren von anderen Streitsachen unterscheidende Eilbedürftigkeit bezieht sich ersichtlich nur auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes selbst, nicht aber auf das Verfahren über die Bewilligung von PKH. Gerade das Erfordernis, über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schnellstmöglich zu entschieden, gebietet es in vielen Fällen sogar, zunächst die Entscheidungsreife dieses Verfahrens herbeizuführen und das Nebenverfahren der PKH einstweilen zurückzustellen. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, dass, wie in der Praxis weitgehend üblich, im Interesse einer zügigen Erledigung des Eilverfahrens selbst über die PKH erst zusammen mit der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entschieden wird.
Bewilligungsreife im oben dargelegten Sinn ist bis zum Eingang der als Antragsrücknahme auszulegenden einseitigen Erledigungserklärung der Antragstellerin am 20. Oktober 2011 nicht eingetreten. Der am 27. September 2011 beim SG eingegangenen Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 19. September 2011 waren nämlich keine Belege zur Glaubhaftmachung der im Formular gemachten Angaben beigefügt. Zur Guthabenhöhe des angegebenen Bausparvermögens bei der Volksbank G. fehlt sogar eine Angabe im Formular selbst. Bei dieser Sachlage war das Gericht nicht in die Lage versetzt, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin zu überprüfen; über den Antrag auf PKH konnte deshalb nicht (positiv) entschieden werden. Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin waren hier auch nicht ausnahmsweise im Hinblick auf den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch entbehrlich. Ein Bewilligungsbescheid war der Erklärung vom 19. September 2011 nicht beigefügt, zudem hat die Antragstellerin zur Begründung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes selbst vorgetragen, vom Antragsgegner keine Leistungen mehr zu erhalten. Da seitens der Antragstellerin auch im Verlauf des weiteren Verfahrens keine Belege nachgereicht worden sind, ist die Bewilligungsreife des PKH-Gesuchs auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten. Allein aus diesem Grund kann PKH nicht (mehr) bewilligt werden.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch unter Zugrundelegung einer (vom SG unterstellten) am 6. Oktober 2011 eingetretenen Bewilligungsreife keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 Satz 1 ZPO angenommen werden könnte. In Übereinstimmung mit dem SG vermag auch der Senat jedenfalls zu diesem Zeitpunkt eine für die Bejahung eines Anordnungsgrunds vorausgesetzte besondere Eilbedürftigkeit nicht zu erkennen; bereits das Vorliegen eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses erscheint mehr als fraglich. Nachdem die Antragsgegnerin schon mit Schreiben vom 28. September 2011, den Bevollmächtigten der Antragstellerin nach eigenem Bekunden am 30. September 2011 zugegangen, die Auszahlung der (bewilligten) Leistungen für September angekündigt hatte, war jedenfalls am 6. Oktober 2011 ein Erfordernis für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersichtlich nicht mehr gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).