Sozialgericht München Beschluss, 08. Jan. 2015 - S 33 EG 17/14

bei uns veröffentlicht am08.01.2015

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I.

Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 16.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2014 wird abgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), insbesondere die Frage, welcher Zeitraum der Elterngeldbemessung zugrunde zu legen ist.

Die am ... 1976 geborene, verheiratete Klägerin ist die Mutter des am ... 2013 geborenen Kindes C. Sie lebt mit ihrem Ehemann, ihrem Sohn und dem weiteren, am ... 2010 geborenen Sohn D. in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland. Vor der Geburt C.s war die Klägerin teilzeitbeschäftigt als Angestellte beim Deutschen Landwirtschaftsverlag in B-Stadt in einem Umfang von 20 Wochenstunden, außerdem bezog sie Einkommen aus selbstständiger Arbeit als freie Redakteurin und Autorin. In der Zeit vom 23.07.2013 bis zum 29.10.2013 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro kalendertäglich sowie einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 63,01 Euro kalendertäglich.

Auf den Antrag der Klägerin vom 24.09.2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit vorläufigem Bescheid vom 16.10.2013 antragsgemäß Elterngeld für C. für den ersten bis zwölften Lebensmonat (= Zeitraum 27.08.2013 bis 26.08.2014). Dabei errechnete der Beklagte unter Berücksichtigung des bezogenen Mutterschaftsgeldes und Arbeitgeberzuschusses sowie des Geschwisterbonus für D. bis zum dritten Lebensmonat im ersten und zweiten Lebensmonat keinen, im dritten Lebensmonat einen anteiligen Elterngeldanspruch in Höhe von 801,36 Euro, im vierten Lebensmonat einen Elterngeldanspruch in Höhe von 887,21 Euro sowie ab dem fünften Lebensmonat in Höhe von 806,55 monatlich. Dabei legte der Beklagte das im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt - d. h. das im Kalenderjahr 2012 - erzielte Einkommen aus der nichtselbstständigen und selbstständigen Erwerbstätigkeit zugrunde. Für den Bezugszeitraum ging der Beklagte gemäß den Angaben der Klägerin von einem Einkommen von 0 Euro aus.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.11.2014 Widerspruch ein und beantragte, die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit unberücksichtigt zu lassen und der Elterngeldbemessung das in Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt erzielte Einkommen zugrunde zu legen. Ihre Einkünfte aus selbstständiger Arbeit hätten 2012 weniger als 2% ihrer gesamten Einkünfte betragen. Wegen der seit dem 01.01.2013 geltenden Regelung des Bemessungszeitraums bewirke diese äußerst geringfügige selbstständige Arbeit eine Verschiebung ihres Bemessungszeitraums auf das Kalenderjahr 2012. Diese Verschiebung bedeute für sie ein um rd. 350 Euro geringeres Einkommen, da sie im Januar und Februar 2012 noch in Elternzeit mit ihrem älteren Kind D. gewesen sei und im ersten Halbjahr 2012 noch die Steuerklasse V gehabt habe. Sie werde also dafür bestraft, dass sie zusätzlich zu ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit minimal freiberuflich gearbeitet habe. Die neue Regelung sei erst im September/Oktober 2012 beschlossen worden. Dies bedeute, dass sie Anfang 2012 keine Gelegenheit gehabt habe, ihre Tätigkeit an ein weiteres Kind und damit an einen weiteren Elterngeldanspruch anzupassen. Hätte sie Anfang 2012 von der neuen Regelung gewusst, hätte sie keinen Auftrag aus freiberuflicher Tätigkeit angenommen bzw. wäre sie zwei Monate früher in ihre nichtselbstständige Tätigkeit zurückgekehrt.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 zurück. Da die Klägerin in den maßgeblichen Zeiträumen - Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes bzw. Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes - Einkommen aus selbstständiger Arbeit gehabt habe, sei der letzte abgeschlossene Veranlagungszeitraum, also das Kalenderjahr 2012, für die Berechnung des Elterngeldanspruchs maßgeblich. Durch das Einkommen aus selbstständiger Arbeit werde der Bemessungszeitraum bestimmt. Eine Günstigerprüfung bzw. eine Wahlmöglichkeit sei gesetzlich nicht vorgesehen.

Mit ihrer am 20.02.2014 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage begehrt die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren weiterhin, ihren Elterngeldanspruch auf Grundlage des im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes zu berechnen. Die Heranziehung des Einkommens aus dem Veranlagungszeitraum 2012 führe zu einer unbilligen Härte, die mit dem Sinn und Zweck des Elterngeldes nicht vereinbar sei. Lege man den Grundgedanken der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - aus den Urteilen B 10 EG 1/10 R und B 10 EG 2/10 R zugrunde, ergebe sich, dass die Höhe der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes im Vergleich zum vorausgegangenen Veranlagungszeitraum extrem abweiche. Im Kalenderjahr 2012 habe sie noch Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 479 Euro gehabt, im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt habe sie lediglich zwei Rechnungen in Höhe von 85,13 Euro und 55,12 Euro ausgestellt. Die Rechtsprechung des BSG habe auch nach der Gesetzesänderung noch Gültigkeit. In Kenntnis der Beweggründe der Legislative, durch die pauschalierte Regelung des § 2b BEEG eine Verwaltungsvereinfachung herbeizuführen, könne im Lichte der Grundrechte eine durch die Pauschalierung bedingte unbillige Härte nicht unberücksichtigt bleiben. § 2b Abs. 2 BEEG benachteilige wegen der pauschalen Festlegung des Bemessungszeitraums unselbstständige Beschäftigte mit einer gleichzeitig ausgeübten geringfügigen selbstständigen Beschäftigung gegenüber ausschließlich unselbstständigen Beschäftigten. Jedenfalls sei in Fällen wie dem vorliegenden, bei dem die Höhe der Einkünfte aus selbstständiger Beschäftigung derart gering sei, das nicht von einem Unterschied von solcher Art und Gewicht im Vergleich zu ausschließlich unselbstständig Beschäftigen ausgegangen werden könne, von einer Typisierung abzusehen und der Bemessungszeitraum nach § 2b Abs. 1 BEEG festzusetzen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 16.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2014 zu verurteilen, ihr für ihren am ... 2013 geborenen Sohn C. höheres Elterngeld unter Zugrundelegung des im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt erzielten Einkommens zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 02.09.2014 und 05.11.2014 wurden die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört.

Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben.

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht (§§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz - SGG) beim zuständigen Sozialgericht München eingelegt und ist zulässig.

Die Klage erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet. Der Bescheid vom 16.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in Rechten. Der Beklagte hat den Elterngeldanspruch der Klägerin zu Recht auf Grundlage des im Kalenderjahr 2012 erzielten Einkommens berechnet.

Die Klägerin hat ohne jeden Zweifel dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld. Denn sie erfüllte ausweislich ihrer eigenen Angaben im Elterngeldverfahren und im Übrigen unstreitig im Anspruchszeitraum die Grundvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG, weil sie ihren Wohnsitz in Deutschland hatte, mit ihrem Sohn C. in einem gemeinsamen Haushalt lebte, diesen selbst betreute und erzog und keine (volle) Erwerbstätigkeit (§ 1 Abs. 6 BEEG) ausübte.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld i. H. v. 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG errechnet sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus (Nr. 1) nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) und aus (Nr. 2) Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, die im Inland zu versteuern sind, und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG hat.

Für die Bestimmung des Bemessungszeitraums sieht § 2b BEEG vor, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c BEEG die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich sind. Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d BEEG vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen.

Abweichend von § 2b Abs. 1 BEEG ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach § 2b Abs. 2 BEEG zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach § 2b Abs. 1 oder Abs. 2 BEEG Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum heranzuziehen ist.

Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Beklagte mit Bescheid vom 16.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2014 der Klägerin Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihres am ... 2013 geborenen Sohnes C. in zutreffender Höhe unter Zugrundelegung des Kalenderjahrs 2012 als Bemessungszeitraum bewilligt. Zur Meidung von Wiederholungen wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die rechnerisch richtige Ermittlung des Elterngeldanspruchs sowie auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen des Beklagten verwiesen und diese zur Grundlage dieser Entscheidung gemacht.

Ergänzend ist auszuführen:

Die Heranziehung des Kalenderjahrs 2012 als Bemessungszeitraum folgt aus § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG.

Soweit sich die Klägerin hierdurch gegenüber Elterngeldberechtigten, die nur Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielen, ungerecht behandelt fühlt, ist zur Überzeugung des Gerichts kein Verfassungsverstoß, insbesondere nicht im Hinblick auf Art. 3 Grundgesetz (GG), erkennbar.

Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vgl. bspw. BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr. 7 Rn. 55; BVerfGE 117, 272, 300 f.). Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 12. Aufl. 2012, Art. 3 Rn. 8 m. w. N.). Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2012, Az. B 10 EG 19/11 R, Juris, Rn. 31 m. N. zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 08.10.1991, 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359 m. w. N.; vom 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 436). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfen, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfG, Urteile vom 20.12.1966, 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12, 26; Beschluss vom 07.05.1968, 1 BvR 420/64, BVerfGE 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.04.1964, - 2 BvR 69/62 - BVerfGE 17, 319, 330; vom 11.03.1980, 1 BvL 20/76, 1 BvR 826/76 - BVerfGE 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr. 12; vom 15.05.1984, 1 BvR 464/81 u. a., BVerfGE 67, 70, 85 f.). Der normative Gehalt des Gleichheitssatzes erfährt seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987, Az. 2 BvR 909/82 - BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr. 1). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (z. B. BVerfG, Beschlüsse vom 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, a. a. O., 418 m. w. N., BVerfGE 126, 400).

Im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§§ 6, 25 Abs. 2 Satz 2, 68 Nr. 15a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I), hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869, 2870; BSG, Urteil vom 18.08.2011, Az. B 10 EG 8/10 R, Juris). Für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung gilt insoweit ein Willkürmaßstab. Hinzu kommt, dass die Regelungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs nicht an Persönlichkeitsmerkmalen anknüpfen, die dem Einzelnen nicht verfügbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.11.2011, 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215). Im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, muss der Staat allerdings zusätzlich den Schutz beachten, den er dieser nach Art. 6 Abs. 1 GG schuldet (vgl. BVerfG Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr. 7 Rn. 55).

Hieran anknüpfend ist eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG angesichts des weiten gesetzgeberischen Ermessens und der typischerweise relativ geringen Auswirkungen auf die Höhe des zu gewährenden Elterngeldes nicht gegeben. Die vorliegende gesetzliche Regelung soll vor allem der Verwaltungsvereinfachung dienen, indem der Einkommensteuerbescheid des Kalenderjahres vor der Geburt für die Einkommensbemessung immer maßgeblich ist, wenn auch Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen ist (vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 21). Dabei soll sichergestellt werden, dass die Bemessungszeiträume für Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich deckungsgleich sind und alle Erwerbseinkünfte im Bemessungszeitraum erfasst werden (vgl. BT-Drs. 17/9841, a. a. O.). Zudem soll durch die Regelung der Aufwand für die Prüfung der durchgängigen Erwerbstätigkeit nach dem bisherigen § 2 Abs. 9 BEEG entfallen. Eine entsprechende Regelung gilt auch für den Fall, dass ausschließlich Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit vorliegt. Auch dann wird generell auf das Einkommen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt zurückgegriffen, wenn entweder in diesem Zeitraum oder im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt Einkommen aus selbstständiger Arbeit erzielt wird. Nur noch in dem Fall, dass ausschließlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt wird, kommt der Zwölfmonatszeitraum zum Tragen (vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 20). Diese Neuregelung des Bemessungszeitraums ist vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Neukonzeption des BEEG für Geburten ab dem 01.01.2013 zu sehen. Die Verwaltungen der Länder sollen durch die neue Rechtslage insbesondere von der aufwändigen Einkommensermittlung entlastet werden, damit eine zeitnah zur Geburt erfolgende Ausreichung des Elterngeldes weiterhin gewährleistet ist (vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 1). Der Gesetzgeber hält mit dieser seit der Einführung des BEEG zum 01.01.2007 umfassendsten Gesetzesänderung das Grundkonzept der fiktiven Nettoberechnung bei, sieht jedoch zusätzliche Vereinfachungen auf der Einnahmenseite bei der Ermittlung des Bemessungseinkommens und des Einkommens während der Bezugszeit vor (BT-Drs. 17/9841, S. 1). Soweit es durch die neuen Regelungen zu Ungleichbehandlungen kommt, sind diese zur Überzeugung des Gerichts durch das gesetzgeberische Ziel der Verwaltungsvereinfachung vor dem Hintergrund der zeitnahen Leistungsgewährung als nicht willkürlich und gerechtfertigt anzusehen.

Die zur alten Rechtslage ergangene Rechtsprechung des BSG in seinem grundlegenden Urteil vom 03.12.2009 (Az. B 10 EG 2/09 R) und den dieses bestätigenden Folgeentscheidungen (Az. B 10 EG 1/10 R, B 10 EG 2/10 R; insbesondere vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 4/11 R für den Fall eines Zusammentreffens von nichtselbstständiger und selbstständiger Arbeit), wonach gemäß § 2 Abs. 9 BEEG a. F. für die Bemessung der Höhe des Elterngelds nur dann auf den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum zurückgegriffen werden konnte, wenn die im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes und die im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum durchgängig ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit ihrer Art nach übereinstimmte und deren zeitlicher Umfang in beiden Zeiträumen um weniger als 20 Prozent voneinander abwich, ist nach Auffassung des Gerichts nicht mehr maßgeblich. Die alte Rechtslage knüpfte weitaus stärker an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse in den zwölf Monaten vor der Geburt an, wenngleich der Gesetzgeber auch schon nach der alten Rechtslage Vereinfachungen bei der Einkommensermittlung (z. B. keine Berücksichtigung der „sonstigen Bezüge“) und Pauschalierungen (z. B. Abzug der Werbungskostenpauschale statt tatsächlicher Werbungskosten) vorsah. Der Rückgriff auf das Einkommen im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum war selbst für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit wegen des Kriteriums der Durchgängigkeit der Tätigkeit in beiden maßgeblichen Bemessungszeiträumen als gesetzlicher Ausnahmefall geregelt, während das Einkommen aus dem Zwölfmonatszeitraum den gesetzlichen Regelfall (§ 2 Abs. 1 i. V. m. Abs. 8 BGB a. F.) darstellte. Vor diesem Hintergrund war es geboten, wie vom BSG entschieden, den Ausnahmefall nur dann zum Tragen zu bringen, wenn der Umfang der Erwerbstätigkeit - nicht die Höhe des Einkommens - in beiden maßgeblichen Zeiträumen vergleichbar war. Nach der Neukonzeption ist der Rückgriff auf das im Veranlagungszeitraum erwirtschaftete Einkommen für Selbstständige jedoch der Regelfall und eben auch für Fälle des Zusammentreffens selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit. Es ist nicht zu beanstanden und vom gesetzgeberischen gestalterischen Spielraum umfasst, wenn der Gesetzgeber auch das im Veranlagungszeitraum zur Verfügung stehende Einkommen als für die Elterngeldbemessung repräsentatives Einkommen definiert.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass sie sich auf die Änderung der Gesetzeslage zum 01.01.2013 nicht habe einstellen können und damit einen Verstoß gegen die rechtsstaatlichen Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG) postuliert, teilt das Gericht diese Auffassung nicht.

Zunächst liegt in der Neuregelung zur Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b BEEG keine echte Rückwirkung bzw. keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn eine solche ist nur anzunehmen, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2013, Az. B 10 EG 18/12 R, Juris, Rn. 51 m. w. N. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG). Die Neuregelung des BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs (EGeldVereinfG) vom 10.09.2012 (BGBl. I 2012, 1878) hat den Anspruch auf Elterngeld in früheren, bereits vollständig abgeschlossenen Zeiträumen unberührt gelassen. Diese Regelung wirkt sich erst für ab dem 01.01.2013 geborene Kinder aus (vgl. § 27 Abs. 1 BEEG).

Die Änderung des BEEG hat allerdings eine unechte Rückwirkung in Form einer tatbestandlichen Rückanknüpfung, da zwar die Rechtsfolgen der Gesetzesänderung erst zum Stichtag 01.01.2013 einsetzen, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung bzw. dem Inkrafttreten „ins Werk gesetzt“ worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.5.1986, 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 242; Beschluss vom 03.12.1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78 f.; Beschluss vom 05.02.2002, 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, 37 f.; Urteil vom 05.02.2004, 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, 181). Denn nach der für Geburten bis zum 01.01.2013 gültigen Rechtslage wurde bei Zusammentreffen von Einkommen aus nichtselbstständiger und u. a. selbstständiger Erwerbstätigkeit nur dann nach § 2 Abs. 9 Sätze 1 und 3 BEEG a. F. der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt, wenn sowohl die nichtselbstständige Tätigkeit als auch die auch u. a. die selbstständige Tätigkeit in beiden maßgeblichen Zeiträumen durchgehend ausgeübt wurde. Nach der neuen Rechtslage ist ausreichend, dass der Elterngeldberechtigte entweder im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum oder im Zwölfmonatszeitraum zusätzlich zur nichtselbstständigen Tätigkeit auch Einkommen aus u. a. selbstständiger Arbeit gehabt hat. Die Klägerin konnte, da die Änderung des BEEG des mit Wirkung für Geburten ab dem 01.01.2013 gemäß § 27 Abs. 1 BEEG, erst am 06.07.2012 vom Bundesrat wirksam beschlossen wurde (BR-Drucks. 347/12), die maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht mehr rechtzeitig (rückwirkend) verändern, indem sie beispielsweise ihre selbstständige Tätigkeit nach Ablauf der Elternzeit im Februar 2012 nicht wieder aufgenommen hätte.

Allerdings ist eine unechte Rückwirkung eines Gesetzes grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Verfassungsrechtliche Grenzen ergeben sich aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Rechtssicherheit. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz. Daher ist ein Gesetz mit unechter Rückwirkung ausnahmsweise unzulässig, wenn es einen Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.11.1984, 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, 307). Darüber hinaus muss das Vertrauen des Betroffenen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung schutzwürdiger sein als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2013, Az. B 10 EG 11/12 R, Juris, Rn. 53 m. w. N.). Dies ist anzunehmen, wenn bei der gebotenen Interessenabwägung das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen überwiegt (BSG, a. a. O., Juris, Rn. 53). Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass es keinen generellen Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand gesetzlicher Vorschriften gibt (vgl. BVerfG, Urteil vom 03.04.2001, 1 BvR 1681/94, BVerfGE 103, 271, 287). Insbesondere ist ein Vertrauen in staatliches Handeln insoweit nicht geschützt, als es darauf gerichtet ist, dass Leistungen der gewährenden Staatstätigkeit - also finanzielle Leistungen, denen keine finanziellen Leistungen des Bürgers an den Staat vorausgegangen sind - grundsätzlich und in gleicher Höhe weiter gewährt werden (vgl. BSG, a. a. O., Juris, Rn. 56 m. w. N.). Von diesen Maßgaben ausgehend überwiegt zur Überzeugung des Gerichts das vom Gesetzgeber verfolgte Anliegen zum Wohl der Allgemeinheit gegenüber dem Bestandsinteresse der Klägerin. Die Novellierung des BEEG für Geburten ab dem 01.01.2013 zielt nach der gesetzgeberischen Intention auf eine erhebliche Vereinfachung des Vollzugs des Elterngeldes ab, wobei der Charakter der Leistung als Ersatz des wegfallenden Erwerbseinkommens gewahrt und Mehrausgaben vermieden werden sollen (vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 1). Wie bereits dargelegt, soll die nach dem bisherigen Recht aufwändige Einkommensermittlung und der dadurch bedingte unvertretbar hohe Verwaltungsaufwand vermieden werden, um die Leistung weiterhin zeitnah zur Geburt an die Familien erbringen zu können. Die zeitnahe Ausreichung des als kombinierte Sozial- und Entgeltersatzleistung konzipierten Elterngeldes dient dem Allgemeinwohl und kommt auch der Klägerin selbst zugute.

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass sie infolge der geänderten Gesetzeslage im Vergleich zur alten Rechtslage mit einer erheblichen Reduzierung ihres Elterngeldanspruchs um monatlich rd. 350 Euro für zwölf Lebensmonate einen deutlichen Verlust hinnehmen muss, der daraus resultiert, dass sie im Kalenderjahr 2012 wesentlich niedrigere Einkünfte als im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt hatte und die Steuerklasse V heranzuziehen ist. Trotz der sich in diesem Einzelfall aus der Neuregelung ergebenden erheblichen Belastung für die Klägerin überwiegt das mit der gesetzlichen Änderung verfolgte Ziel der Verwaltungsvereinfachung und schnellen Ausreichung des Elterngeldes das Interesse am Fortbestand der bisherigen Rechtslage.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben und war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

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Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit


Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 2 Höhe des Elterngeldes


(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkomme

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 1 Berechtigte


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 2b Bemessungszeitraum


(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Sat

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 2c Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit


(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie


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Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 2d Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit


(1) Die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (Gewinneinkünfte), vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e un

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Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückver-wiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld.

2

Die Klägerin ist seit 1993 als freiberufliche Journalistin tätig. Im Jahre 2004 gebar sie eine Tochter. Danach nahm sie ihre selbstständige Tätigkeit wieder auf und übte diese bis zur Geburt des Sohnes L. am 10.12.2007 aus. Auf ihren Antrag gewährte die beklagte Stadt der Klägerin für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Sohnes Elterngeld. Der Berechnung legte sie die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 festgestellten Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 11 950 Euro zugrunde (Bescheid vom 6.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirkregierung Münster vom 4.9.2008).

3

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Köln (SG) erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Gewährung höheren Elterngeldes unter Berücksichtigung ihres im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Sohnes (Dezember 2006 bis November 2007) erzielten höheren Einkommens aus selbstständiger Arbeit (betrieblicher Gewinn 2007: 35 504 Euro). Dazu hat sie vorgetragen: Der wesentlich niedrigere Gewinn im Jahre 2006 sei darauf zurückzuführen, dass sie nach der Geburt ihrer Tochter im Jahre 2004 eine Weile gebraucht habe, um ihre Tätigkeit wieder auf dem vorher erreichten Niveau auszuüben. 2006 habe sie zudem erhebliche gesundheitliche Probleme gehabt. Außerdem seien Gelder für im Jahre 2006 abgewickelte Filmprojekte erst im Jahre 2007 ausgezahlt worden. Durch das Abstellen auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum komme es bei ihr zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber abhängig Beschäftigten.

4

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 27.4.2009; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.11.2009). Das LSG hat ua ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Elterngeld, denn die Beklagte habe zu Recht nach § 2 Abs 9 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) - abweichend von Abs 8 dieser Vorschrift - den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn zugrunde gelegt, wie er sich für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum, das Jahr 2006, auf der Grundlage des für diesen Zeitraum erlassenen Steuerbescheids ergebe. Die Gegenausnahme des § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG greife nicht ein. Soweit nach der Verkündung des Berufungsurteils das Bundessozialgericht (BSG) entschieden habe, dass eine Veränderung des (zeitlichen) Umfangs der selbstständigen Tätigkeit um 20 % oder mehr eine Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG ausschließe(Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R -), habe der Senat Feststellungen in diese Richtung nicht treffen können. Die von der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken würden nicht geteilt. Die mit der Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG verbundene Ungleichbehandlung von selbstständig Tätigen und abhängig Beschäftigten sei durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt, insbesondere durch das Interesse der Allgemeinheit an einer sparsamen und effektiven Verwaltung.

5

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 2 Abs 8 und 9 BEEG. Zur Begründung macht sie geltend: Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R -) könne bei der Berechnung des Elterngeldes dann nicht nach § 2 Abs 9 BEEG vorgegangen werden, wenn die im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum und im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ausgeübte selbstständige Tätigkeit nach Art und Umfang wesentlich voneinander abweiche. Dann sei es nicht mehr gerechtfertigt, davon auszugehen, das Einkommen im Veranlagungszeitraum sei für die Verhältnisse in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes repräsentativ. Dasselbe gelte bei erheblichen Abweichungen in den Einkommensverhältnissen zwischen dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum und dem an sich maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt. In ihrem Falle liege eine den Anforderungen des § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) entsprechende Gewinnermittlung für das Jahr 2007 vor, die bei der Berechnung des Elterngeldes nach § 2 Abs 8 BEEG unter Berücksichtigung des im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt erzielten Einkommens herangezogen werden könne.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 27. April 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Münster vom 4. September 2008 zu ändern sowie die Beklage zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des von Dezember 2006 bis November 2007 erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Das LSG habe eine Veränderung des zeitlichen Umfangs der selbstständigen Tätigkeit um 20 % nicht feststellen können.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

10

1. Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des erkennenden Senats liegen vor. Revision, Berufung und kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG)gegen den Bescheid vom 6.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.9.2008 sind statthaft und auch im Übrigen zulässig.

11

a) Die Klage richtet sich zutreffend gegen die Stadt Köln, zumal mit Wirkung vom 1.1.2011 die Beteiligtenfähigkeit einer Behörde nach § 70 Nr 3 SGG iVm § 3 Gesetz zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes im Lande Nordrhein-Westfalen (AG-SGG NRW) vom 3.9.1953 (GVBl NRW 412) idF des Gesetzes vom 17.12.1974 (GVBl NRW 1588) weggefallen ist. Durch Art 2 Nr 29 iVm Art 4 Satz 1 Gesetz zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen vom 26.1.2010 (GVBl NRW 30) sind mit Wirkung vom 1.1.2011 die vorgenannten landesrechtlichen Bestimmungen aufgehoben worden. Der Senat hat sich deshalb nicht mehr mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Auffassung des 8. Senats des BSG (s Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 14)zutrifft, dass eine Klage nach Einführung des Behördenprinzips zwingend gegen die Behörde zu richten ist (zur Gegenansicht BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 21; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 70 RdNr 4).

12

b) Der erkennende Senat hat auch bereits entschieden, dass die Bezirksregierung Münster in Angelegenheiten des Elterngeldes nach § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG iVm § 5 Abs 2 Satz 2 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (GVBl NRW 482) als Aufsichtsbehörde befugt war, den Widerspruchsbescheid zu erlassen (s Teilurteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - RdNr 18 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

13

2. In der Sache verfolgt die Klägerin mit der Revision ihre kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) weiter, die auf Gewährung höheren Elterngeldes für die ersten zwölf Lebensmonate ihres am 10.12.2007 geborenen Sohnes L. gerichtet ist. Sie begehrt insoweit die Berücksichtigung ihres im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt (Dezember 2006 bis November 2007) durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus selbstständiger Arbeit.

14

Ob das LSG einen diesbezüglichen Anspruch auf höheres Elterngeld zu Recht verneint hat, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten kommt im vorliegenden Fall durchaus eine Festsetzung der Höhe des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und Abs 8 BEEG in Betracht. Dabei richtet sich der Anspruch der Klägerin nach dem BEEG idF vom 19.8.2007 (BGBl I 1970).

15

a) Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Dabei ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen(§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG).

16

Bei Selbstständigen - wie der Klägerin - ist das zu berücksichtigende Einkommen entweder gemäß § 2 Abs 8 BEEG oder nach § 2 Abs 9 BEEG zu ermitteln.

17

aa) § 2 Abs 8 Satz 1 BEEG enthält den Grundsatz, dass als Einkommen aus selbstständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist. Nach § 2 Abs 8 Satz 2 BEEG ist Grundlage der Einkommensermittlung der Gewinn, der sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung (Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben) ergibt. Erst wenn der Gewinn danach nicht ermittelt werden kann, ist nach § 2 Abs 8 Satz 3 BEEG von den Einnahmen eine Betriebskostenpauschale in Höhe von 20 % abzuziehen.

18

Nach § 2 Abs 8 Satz 5 BEEG bleiben auf Antrag der berechtigten Person entsprechend der in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG für abhängig Beschäftigte getroffenen Regelung Kalendermonate des Bezugs von Elterngeld für ein älteres Kind oder von Mutterschaftsgeld sowie Kalendermonate, in denen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung die Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden konnte, bei der Bestimmung des Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt des Kindes unberücksichtigt.

19

bb) Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen ua aus selbstständiger Arbeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit "sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden", gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG "abweichend von Abs 8" als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt.

20

Diese Fiktion tritt nach § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG nicht ein, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vorgelegen haben, also Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld bezogen worden ist und/oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist.

21

b) Entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten kommt im vorliegenden Fall eine Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin aus selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 und 8 BEEG in Betracht. Der erkennende Senat hat bereits entschieden (Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 23 ff; vgl dazu Röhl, NJW 2010, 1418, 1420 f; Reichelt/Siedenburg, NJW 2010, 3808), dass es für die Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik, Sinn und Zweck des Elterngeldes sowie unter Beachtung der sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebenden Grenzen typisierender Regelungen nicht ausreicht, dass im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum ebenso wie in dem maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist. Vielmehr muss die in beiden Zeiträumen durchgängig ausgeübte Erwerbstätigkeit nach Art und (zeitlichem) Umfang im Wesentlichen übereinstimmen. Weicht der (zeitliche) Umfang in beiden Zeiträumen um mindestens 20 % voneinander ab, kann nicht nach § 2 Abs 9 BEEG vorgegangen werden. Vielmehr hat die Einkommensermittlung nach § 2 Abs 8 BEEG zu erfolgen.

22

An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat nach erneuter Prüfung fest. Für die einschränkende Auslegung der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG sind vor allem verfassungsrechtliche Erwägungen maßgebend (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 36 ff). Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine typisierende Regelung, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei Selbstständigen einen Rückgriff auf den Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ermöglichen soll. Dabei ist der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen, dass das Einkommen im Veranlagungszeitraum für das Einkommen im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes repräsentativ ist (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38). Diese Annahme ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit nach Art und Umfang erheblich von der Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes abweicht.

23

Eine erhebliche Abweichung der Art nach erfordert eine unterschiedliche Ausrichtung der in den beiden Zeiträumen durchgängig ausgeübten Erwerbstätigkeit. Eine solche liegt nicht bereits dann vor, wenn sich die selbstständige Erwerbstätigkeit im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum noch in einer Aufbau- oder Anlaufphase befunden hat, denn die damit verbundenen Auswirkungen auf das Einkommen sind für eine selbstständige Erwerbstätigkeit typisch (vgl Röhl, NJW 2010, 1418, 1420; Reichelt/Siedenburg, NJW 2010, 3808).

24

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG auch dann nicht ausgeschlossen, wenn in beiden relevanten Zeiträumen lediglich die Einkommensverhältnisse erheblich voneinander abweichen. Dafür spricht schon dessen Wortlaut, der an "die … Erwerbstätigkeit" anknüpft. Zudem gehören schwankende Einkommen zu den typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 28, 37). Sie fallen in das allgemeine Risiko einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.

25

Ob hier der Zeitaufwand der Klägerin für die selbstständige Erwerbstätigkeit im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum von demjenigen im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes um mindestens 20 % abweicht, hat das LSG - unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung folgerichtig - nicht festgestellt. Da der erkennende Senat die fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

26

3. In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG Folgendes zu berücksichtigen haben:

27

a) Es wird zunächst davon ausgegangen werden können, dass der Zeitraum von Dezember 2006 bis November 2007 der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebliche Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Sohnes der Klägerin (10.12.2007) ist. Mit ihrem Klageantrag hat die Klägerin nämlich zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Verschiebung des Bemessungszeitraums wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld nach § 2 Abs 8 Satz 5 iVm Abs 7 Satz 6 BEEG begehrt. Zur Klärung, ob als Einkommen aus selbstständiger Arbeit gemäß § 2 Abs 8 Satz 1 bis 4 BEEG der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielte Gewinn oder an dessen Stelle nach Maßgabe des § 2 Abs 9 BEEG derjenige Gewinn zugrunde zu legen ist, der sich aus dem Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ergibt, wird das LSG die im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes durchgängig ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit festzustellen und sodann diese mit der im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum durchgängig ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit hinsichtlich ihrer Art und ihres zeitlichen Umfangs zu vergleichen haben.

28

b) Sollte das LSG aufgrund weiterer Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangen, dass - gemessen am zeitlichen Arbeitseinsatz - der Umfang der von der Klägerin im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes durchgängig ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit um weniger als 20 % von demjenigen im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum abgewichen ist, gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG der sich aus dem Steuerbescheid des letzten Veranlagungszeitraums (hier für das Jahr 2006) ergebende durchschnittlich monatliche erzielte Gewinn als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus selbstständiger Arbeit.

29

Von dem nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG ermittelten Gewinn sind entsprechend dem auch für die Gewinneinkunftsarten geltenden Nettoprinzip (vgl § 2 Abs 8 Satz 1 BEEG) die auf dieses Einkommen monatlich entfallenden Abgaben (Steuern und ggf Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung) abzuziehen, im vorliegenden Fall also ua auch die monatlich anfallenden Beiträge der Klägerin zur Künstlersozialkasse (§§ 1, 15 bis 16a Künstlersozialversicherungsgesetz).

30

Bei Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG ist Grundlage für die anzusetzenden Steuern der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer(§ 2 Abs 9 Satz 4 BEEG). Hier besteht die Besonderheit, dass die Klägerin und ihr Ehemann laut Steuerbescheid für 2006 nach § 26, 26 b EStG zusammen veranlagt wurden. Die von beiden Eheleuten erzielten Einkünfte wurden also zunächst zusammengerechnet und sodann die Ehegatten als ein Steuerpflichtiger (Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft) behandelt, also vom Gesamtbetrag der (positiven) Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG) die Sonderausgaben (§§ 10 ff EStG),die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 bis 33c EStG) und der existenzsichernden Aufwendungen abgezogen (vgl § 2 Abs 4 und 5 EStG). Die Einkommensteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) wurde dann nach dem Splitting-Verfahren, also nach der in § 32a Abs 5 EStG vorgeschriebenen Halbteilung des Einkommens, ermittelt(vgl zum geltenden Ehegattensplitting etwa Jachmann, BB 2008, 591). Danach betrug die tarifliche Einkommensteuer das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergab. Die Klägerin wurde also so behandelt, als hätte sie die Hälfte des Gesamtbetrags der Einkünfte erzielt.

31

Insofern ist es rechtlich nicht zulässig, bei der Berechnung des Elterngeldes die auf den Gewinn der Klägerin entfallende tarifliche Einkommensteuer nach dem Einkommensteuertarif des § 32a Abs 1 EStG an Hand der Einkommensteuer-Grundtabelle für Alleinstehende zu ermitteln. Vielmehr ist bei einer Zusammenveranlagung von Eheleuten der auf den zu berücksichtigenden Gewinn entfallende proportionale Anteil an den gesamten Steuern zu errechnen (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38). In Übereinstimmung mit dem LSG ergeben sich deshalb die auf den Gewinn der Klägerin entfallenden Steuern (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) nach § 2 Abs 9 Satz 4 BEEG aus dem Anteil der im Steuerbescheid für die Eheleute insgesamt festgesetzten Steuern, der dem Anteil der Einkünfte der Klägerin an dem ebenfalls im Steuerbescheid ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte entspricht (hier 15,44 %).

32

c) Sollte das LSG feststellen, dass der zeitliche Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit der Klägerin im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes um mindestens 20 % von demjenigen im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum abgewichen ist, hat es - wie von der Klägerin letztlich begehrt - nach § 2 Abs 1 und 8 BEEG vorzugehen.

33

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückver-wiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld.

2

Die Klägerin ist seit November 2005 als selbstständige Rechtsanwältin tätig. Am 9.12.2007 gebar sie ihren Sohn M. Auf ihren Antrag gewährte die beklagte Stadt der Klägerin für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Kindes Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro, weil im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 keine positiven Einkünfte nachgewiesen seien. Die begehrte Berücksichtigung des Einkommens aus den letzten zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes sei im Hinblick auf § 2 Abs 9 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nicht zulässig(Bescheid vom 1.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 27.10.2008).

3

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 15.4.2009; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.11.2009). Das LSG hat ua ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Elterngeld, denn die Beklagte habe zu Recht nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG - abweichend von Abs 8 dieser Vorschrift - den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn zugrunde gelegt, wie er sich für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum, das Jahr 2006, auf der Grundlage des für diesen Zeitraum erlassenen Steuerbescheids ergebe. Weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus den Akten ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass sich der zeitliche Umfang ihrer Anwaltstätigkeit in den zwölf Monaten vor der Geburt ihres Sohnes um 20 % oder mehr im Vergleich zum Jahr 2006 verändert habe. Von dem nach der Verkündung des Senatsurteils ergangenen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - könne die Klägerin daher nicht profitieren. Auch die Gegenausnahme des § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG greife nicht durch.

4

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt sinngemäß Verletzungen von § 2 Abs 8 und 9 BEEG und Art 3 Abs 1 GG. Zur Begründung trägt sie vor: Das Berufungsgericht habe unzutreffend unterstellt, dass sich der zeitliche Umfang ihrer Tätigkeit in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes gegenüber 2006 nicht um 20 % oder mehr verändert habe. Bereits in der Klageschrift sei vorgetragen worden, dass sie bis Mitte 2006 nur 10 Stunden pro Woche tätig gewesen sei. Erst in der zweiten Hälfte 2006 habe sie ihre Tätigkeit auf eine Vollzeittätigkeit ausbauen können. Es sei demnach, wie das BSG im Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - entschieden habe, § 2 Abs 9 BEEG nicht anwendbar. Im Übrigen verstoße § 2 Abs 9 BEEG gegen Art 3 Abs 1 GG, denn Selbstständige würden dadurch gegenüber Nichtselbstständigen ohne rechtfertigenden Grund ungleich behandelt.

5

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 15. April 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 27. Oktober 2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes erzielten Einkommens aus selbstständiger Arbeit zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. § 2 Abs 9 BEEG verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 GG und Art 6 GG.

8

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG)einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

10

1. Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des erkennenden Senats liegen vor. Revision, Berufung und kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG)gegen den Bescheid vom 1.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2008 sind statthaft und auch im Übrigen zulässig.

11

a) Die Klage richtet sich zutreffend gegen die Stadt Bonn, zumal mit Wirkung vom 1.1.2011 die Beteiligtenfähigkeit einer Behörde nach § 70 Nr 3 SGG iVm § 3 Gesetz zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes im Lande Nordrhein-Westfalen (AG-SGG NRW) vom 3.9.1953 (GVBl NRW 412) idF des Gesetzes vom 17.12.1974 (GVBl NRW 1588) weggefallen ist. Durch Art 2 Nr 29 iVm Art 4 Satz 1 Gesetz zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen vom 26.1.2010 (GVBl NRW 30) sind mit Wirkung vom 1.1.2011 die vorgenannten landesrechtlichen Bestimmungen aufgehoben worden. Der Senat hat sich deshalb nicht mehr mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Auffassung des 8. Senats des BSG (s Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 14)zutrifft, dass eine Klage nach Einführung des Behördenprinzips zwingend gegen die Behörde zu richten ist (zur Gegenansicht BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 21; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 70 RdNr 4).

12

b) Der erkennende Senat hat auch bereits entschieden, dass die Bezirksregierung Münster in Angelegenheiten des Elterngeldes nach § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG iVm § 5 Abs 2 Satz 2 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (GVBl NRW 482) als Aufsichtsbehörde befugt war, den Widerspruchsbescheid zu erlassen (s Teilurteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - RdNr 18 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

13

2. In der Sache verfolgt die Klägerin mit der Revision ihre kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) weiter, die auf Gewährung höheren Elterngeldes für die ersten zwölf Lebensmonate ihres am 9.12.2007 geborenen Sohnes M. gerichtet ist. Sie begehrt insoweit die Berücksichtigung ihres im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt des Kindes (Dezember 2006 bis November 2007) durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus selbstständiger Arbeit.

14

Ob das LSG einen diesbezüglichen Anspruch auf höheres Elterngeld zu Recht verneint hat, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten kommt im vorliegenden Fall durchaus eine Festsetzung der Höhe des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und Abs 8 BEEG in Betracht. Dabei richtet sich der Anspruch der Klägerin nach dem BEEG idF vom 19.8.2007 (BGBl I 1970).

15

a) Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Dabei ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen(§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG).

16

Bei Selbstständigen - wie der Klägerin - ist das zu berücksichtigende Einkommen entweder gemäß § 2 Abs 8 BEEG oder nach § 2 Abs 9 BEEG zu ermitteln.

17

aa) § 2 Abs 8 Satz 1 BEEG enthält den Grundsatz, dass als Einkommen aus selbstständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist. Nach § 2 Abs 8 Satz 2 BEEG ist Grundlage der Einkommensermittlung der Gewinn, der sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung (Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben) ergibt. Erst wenn der Gewinn danach nicht ermittelt werden kann, ist nach § 2 Abs 8 Satz 3 BEEG von den Einnahmen eine Betriebskostenpauschale in Höhe von 20 % abzuziehen.

18

Nach § 2 Abs 8 Satz 5 BEEG bleiben auf Antrag der berechtigten Person entsprechend der in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG für abhängig Beschäftigte getroffenen Regelung Kalendermonate des Bezugs von Elterngeld für ein älteres Kind oder von Mutterschaftsgeld sowie Kalendermonate, in denen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung die Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden konnte, bei der Bestimmung des Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt des Kindes unberücksichtigt.

19

bb) Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen ua aus selbstständiger Arbeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit "sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden", gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG "abweichend von Abs 8" als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt.

20

Diese Fiktion tritt nach § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG nicht ein, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vorgelegen haben, also Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld bezogen worden ist und/oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist.

21

b) Entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten kommt im vorliegenden Fall eine Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin aus selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 und 8 BEEG in Betracht. Der erkennende Senat hat bereits entschieden (Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 23 ff; vgl dazu Röhl, NJW 2010, 1418, 1420 f; Reichelt/Siedenburg, NJW 2010, 3808), dass es für die Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik, Sinn und Zweck des Elterngeldes sowie unter Beachtung der sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebenden Grenzen typisierender Regelungen nicht ausreicht, dass im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum ebenso wie in dem maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist. Vielmehr muss die in beiden Zeiträumen durchgängig ausgeübte Erwerbstätigkeit nach Art und (zeitlichem) Umfang im Wesentlichen übereinstimmen. Weicht der (zeitliche) Umfang in beiden Zeiträumen um mindestens 20 % voneinander ab, kann nicht nach § 2 Abs 9 BEEG vorgegangen werden. Vielmehr hat die Einkommensermittlung nach § 2 Abs 8 BEEG zu erfolgen.

22

An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat nach erneuter Prüfung fest. Für die einschränkende Auslegung der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG sind vor allem verfassungsrechtliche Erwägungen maßgebend (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 36 ff). Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine typisierende Regelung, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei Selbstständigen einen Rückgriff auf den Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ermöglichen soll. Dabei ist der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen, dass das Einkommen im Veranlagungszeitraum für das Einkommen im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes repräsentativ ist (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38). Diese Annahme ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit nach Art und Umfang erheblich von der Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes abweicht.

23

Im Hinblick auf diese verfassungskonforme Auslegung teilt der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem LSG die von der Klägerin auch in der Revisionsinstanz vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht gehindert, Einkommen aus verschiedenen Einkunftsarten aus besonderen sachlichen Gründen ungleich zu behandeln (vgl BVerfGE 99, 88, 95; 105, 73, 126). Die unterschiedliche Behandlung von Einkünften aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit bei der Einkommensermittlung nach § 2 Abs 7 bis 9 BEEG ist gerechtfertigt in Anbetracht der zahlreichen Unterschiede zwischen einer selbst- und einer fremdbestimmten Erwerbstätigkeit, vor allem hinsichtlich Arbeitseinsatz sowie Zeitpunkt und Höhe des erzielten Einkommens (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

24

Eine erhebliche Abweichung der Art nach erfordert eine unterschiedliche Ausrichtung der in beiden Zeiträumen durchgängig ausgeübten Erwerbstätigkeit. Eine solche liegt nicht bereits dann vor, wenn sich die selbstständige Erwerbstätigkeit im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum - wie hier - noch in einer Aufbau- oder Anlaufphase befunden hat, denn die damit verbundenen Auswirkungen auf das Einkommen sind für eine selbstständige Erwerbstätigkeit typisch (vgl auch Röhl, NJW 2010, 1418, 1420; Reichelt/Siedenburg, NJW 2010, 3808).

25

Ob hier der Zeitaufwand der Klägerin für die selbstständige Erwerbstätigkeit im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum von demjenigen im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes um mindestens 20 % abweicht, hat das LSG nicht festgestellt. Soweit es in dem angefochtenen Urteil ausführt, dass die Klägerin nicht vorgetragen habe und sich auch aus den Akten keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass sich der zeitliche Umfang ihrer Anwaltstätigkeit vor der Geburt des Sohnes um 20 % oder mehr im Vergleich zum Veranlagungszeitraum (Jahr 2006) verändert hätten, hat es insoweit keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen. Da der erkennende Senat die fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

26

3. In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG Folgendes zu berücksichtigen haben:

27

a) Es wird zunächst davon ausgegangen werden können, dass der Zeitraum von Dezember 2006 bis November 2007 der maßgebliche Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Sohnes der Klägerin (9.12.2007) ist. Mit ihrem Klageantrag hat die Klägerin nämlich zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Verschiebung des Bemessungszeitraums nach § 2 Abs 8 Satz 5 iVm Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG begehrt. Zur Klärung, ob als Einkommen aus selbstständiger Arbeit gemäß § 2 Abs 8 Satz 1 bis 4 BEEG der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielte Gewinn oder an dessen Stelle nach Maßgabe des § 2 Abs 9 BEEG derjenige Gewinn zugrunde zu legen ist, der sich aus dem Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ergibt, wird das LSG die im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes durchgängig ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit festzustellen und sodann diese mit der im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum durchgängig ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit hinsichtlich ihrer Art und ihres zeitlichen Umfangs zu vergleichen haben.

28

b) Sollte das LSG aufgrund weiterer Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangen, dass - gemessen am zeitlichen Arbeitseinsatz - der Umfang der von der Klägerin im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes durchgängig ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit um weniger als 20 % von demjenigen im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum abgewichen ist, gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum (hier für das Jahr 2006) ergangenen Steuerbescheid ergibt, als durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus selbstständiger Arbeit. Weist dieser - wie hier - nur negative Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus, wird nach § 2 Abs 5 BEEG Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro gewährt.

29

c) Sollte das LSG feststellen, dass der zeitliche Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit der Klägerin im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes um mindestens 20 % von demjenigen im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum abgewichen ist, hat es - wie von der Klägerin letztlich begehrt - nach § 2 Abs 1 und 8 BEEG vorzugehen.

30

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1.
im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.
während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.
eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Abweichend von Satz 2 sind Kalendermonate im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 bis 4 auf Antrag der berechtigten Person zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 2 bleiben auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person aufgrund der COVID-19-Pandemie ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte und dies glaubhaft machen kann. Satz 2 Nummer 1 gilt in den Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass auf Antrag auch Kalendermonate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind nach Vollendung von dessen 14. Lebensmonat unberücksichtigt bleiben, soweit der Elterngeldbezug von der Zeit vor Vollendung des 14. Lebensmonats auf danach verschoben wurde.

(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist auf Antrag der berechtigten Person für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit allein der Bemessungszeitraum nach Absatz 1 maßgeblich, wenn die zu berücksichtigende Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes

1.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen, durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug und
2.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem steuerlichen Veranlagungszeitraum der Geburt des Kindes zugrunde liegen, bis einschließlich zum Kalendermonat vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug.
Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist für die Berechnung des Elterngeldes im Fall des Satzes 1 allein das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich. Die für die Entscheidung über den Antrag notwendige Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erfolgt für die Zeiträume nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend § 2d Absatz 2; in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Einkommensteuerbescheid vorliegt, und für den Zeitraum nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt die Ermittlung der Höhe der Einkünfte entsprechend § 2d Absatz 3. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt abschließend auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte, wie sie sich aus den gemäß Satz 3 vorgelegten Nachweisen ergibt.

(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1.
im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.
während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.
eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Abweichend von Satz 2 sind Kalendermonate im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 bis 4 auf Antrag der berechtigten Person zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 2 bleiben auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person aufgrund der COVID-19-Pandemie ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte und dies glaubhaft machen kann. Satz 2 Nummer 1 gilt in den Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass auf Antrag auch Kalendermonate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind nach Vollendung von dessen 14. Lebensmonat unberücksichtigt bleiben, soweit der Elterngeldbezug von der Zeit vor Vollendung des 14. Lebensmonats auf danach verschoben wurde.

(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist auf Antrag der berechtigten Person für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit allein der Bemessungszeitraum nach Absatz 1 maßgeblich, wenn die zu berücksichtigende Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes

1.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen, durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug und
2.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem steuerlichen Veranlagungszeitraum der Geburt des Kindes zugrunde liegen, bis einschließlich zum Kalendermonat vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug.
Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist für die Berechnung des Elterngeldes im Fall des Satzes 1 allein das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich. Die für die Entscheidung über den Antrag notwendige Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erfolgt für die Zeiträume nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend § 2d Absatz 2; in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Einkommensteuerbescheid vorliegt, und für den Zeitraum nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt die Ermittlung der Höhe der Einkünfte entsprechend § 2d Absatz 3. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt abschließend auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte, wie sie sich aus den gemäß Satz 3 vorgelegten Nachweisen ergibt.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1.
im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.
während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.
eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Abweichend von Satz 2 sind Kalendermonate im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 bis 4 auf Antrag der berechtigten Person zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 2 bleiben auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person aufgrund der COVID-19-Pandemie ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte und dies glaubhaft machen kann. Satz 2 Nummer 1 gilt in den Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass auf Antrag auch Kalendermonate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind nach Vollendung von dessen 14. Lebensmonat unberücksichtigt bleiben, soweit der Elterngeldbezug von der Zeit vor Vollendung des 14. Lebensmonats auf danach verschoben wurde.

(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist auf Antrag der berechtigten Person für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit allein der Bemessungszeitraum nach Absatz 1 maßgeblich, wenn die zu berücksichtigende Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes

1.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen, durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug und
2.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem steuerlichen Veranlagungszeitraum der Geburt des Kindes zugrunde liegen, bis einschließlich zum Kalendermonat vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug.
Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist für die Berechnung des Elterngeldes im Fall des Satzes 1 allein das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich. Die für die Entscheidung über den Antrag notwendige Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erfolgt für die Zeiträume nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend § 2d Absatz 2; in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Einkommensteuerbescheid vorliegt, und für den Zeitraum nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt die Ermittlung der Höhe der Einkünfte entsprechend § 2d Absatz 3. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt abschließend auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte, wie sie sich aus den gemäß Satz 3 vorgelegten Nachweisen ergibt.

(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.

(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.

(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (Gewinneinkünfte), vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit.

(2) Bei der Ermittlung der im Bemessungszeitraum zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte sind die entsprechenden im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinne anzusetzen. Ist kein Einkommensteuerbescheid zu erstellen, werden die Gewinneinkünfte in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 ermittelt.

(3) Grundlage der Ermittlung der in den Bezugsmonaten zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte ist eine Gewinnermittlung, die mindestens den Anforderungen des § 4 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes entspricht. Als Betriebsausgaben sind 25 Prozent der zugrunde gelegten Einnahmen oder auf Antrag die damit zusammenhängenden tatsächlichen Betriebsausgaben anzusetzen.

(4) Soweit nicht in § 2c Absatz 3 etwas anderes bestimmt ist, sind bei der Ermittlung der nach § 2e erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern die Angaben im Einkommensteuerbescheid maßgeblich. § 2c Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben erfolgt nach den einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen.

(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1.
im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.
während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.
eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Abweichend von Satz 2 sind Kalendermonate im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 bis 4 auf Antrag der berechtigten Person zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 2 bleiben auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person aufgrund der COVID-19-Pandemie ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte und dies glaubhaft machen kann. Satz 2 Nummer 1 gilt in den Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass auf Antrag auch Kalendermonate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind nach Vollendung von dessen 14. Lebensmonat unberücksichtigt bleiben, soweit der Elterngeldbezug von der Zeit vor Vollendung des 14. Lebensmonats auf danach verschoben wurde.

(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist auf Antrag der berechtigten Person für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit allein der Bemessungszeitraum nach Absatz 1 maßgeblich, wenn die zu berücksichtigende Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes

1.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen, durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug und
2.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem steuerlichen Veranlagungszeitraum der Geburt des Kindes zugrunde liegen, bis einschließlich zum Kalendermonat vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug.
Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist für die Berechnung des Elterngeldes im Fall des Satzes 1 allein das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich. Die für die Entscheidung über den Antrag notwendige Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erfolgt für die Zeiträume nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend § 2d Absatz 2; in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Einkommensteuerbescheid vorliegt, und für den Zeitraum nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt die Ermittlung der Höhe der Einkünfte entsprechend § 2d Absatz 3. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt abschließend auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte, wie sie sich aus den gemäß Satz 3 vorgelegten Nachweisen ergibt.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1.
im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.
während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.
eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Abweichend von Satz 2 sind Kalendermonate im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 bis 4 auf Antrag der berechtigten Person zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 2 bleiben auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person aufgrund der COVID-19-Pandemie ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte und dies glaubhaft machen kann. Satz 2 Nummer 1 gilt in den Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass auf Antrag auch Kalendermonate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind nach Vollendung von dessen 14. Lebensmonat unberücksichtigt bleiben, soweit der Elterngeldbezug von der Zeit vor Vollendung des 14. Lebensmonats auf danach verschoben wurde.

(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist auf Antrag der berechtigten Person für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit allein der Bemessungszeitraum nach Absatz 1 maßgeblich, wenn die zu berücksichtigende Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes

1.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen, durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug und
2.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem steuerlichen Veranlagungszeitraum der Geburt des Kindes zugrunde liegen, bis einschließlich zum Kalendermonat vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug.
Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist für die Berechnung des Elterngeldes im Fall des Satzes 1 allein das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich. Die für die Entscheidung über den Antrag notwendige Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erfolgt für die Zeiträume nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend § 2d Absatz 2; in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Einkommensteuerbescheid vorliegt, und für den Zeitraum nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt die Ermittlung der Höhe der Einkünfte entsprechend § 2d Absatz 3. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt abschließend auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte, wie sie sich aus den gemäß Satz 3 vorgelegten Nachweisen ergibt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist lediglich noch, ob der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Elterngeld auch für die Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007 zusteht.

2

Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern ihres am 13.3.2007 vor dem errechneten Termin (2.4.2007) geborenen Sohnes B. Die Klägerin bezog vom 19.2.2007 bis 28.5.2007 kalendertäglich Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro nebst einem Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 50,70 Euro (= insgesamt 63,70 Euro).

3

Am 21.5.2007 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann Elterngeld ab dem 13.3.2007 und bestimmten dabei die Klägerin zur Bezugsberechtigten für den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes.

4

Das beklagte Land bewilligte der Klägerin daraufhin vorläufig Elterngeld für den 3. bis 12. Lebensmonat des Kindes (13.5.2007 bis 12.3.2008) und lehnte die Gewährung des Elterngeldes für den 1. und 2. Lebensmonat (13.3. bis 12.5.2007) ab, weil in diesem Zeitraum das der Klägerin zustehende Mutterschaftsgeld sowie der Zuschuss des Arbeitgebers anzurechnen seien (Bescheid vom 13.7.2007). Nachdem die Klägerin im Widerspruchsverfahren eingewandt hatte, dass eine Anrechnung des Mutterschaftsgeldes in der Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007 wegen der sich aus § 6 Abs 1 S 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ergebenden Schutzfrist in Fällen der vorzeitigen Entbindung nicht in Betracht komme und der Beklagte für Januar 2007 ein zu niedriges Gehalt bei der Berechnung des Elterngeldes angesetzt habe, erkannte ihr der Beklagte höhere Zahlbeträge ab dem 3. Lebensmonat des Kindes unter Berücksichtigung des für Januar 2007 geltend gemachten höheren Einkommens zu; eine weitere Abhilfemöglichkeit bestehe nicht (Abhilfebescheid vom 4.2.2008; Widerspruchsbescheid vom 8.4.2008).

5

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Darmstadt (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht: Ihr sei für die Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007 Elterngeld ohne Anrechnung von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss zu zahlen, weil unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten auf den errechneten Geburtstermin am 2.4.2007 und nicht auf die Geburt am 13.3.2007 abzustellen sei. Insoweit müsse § 3 BEEG dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anrechnung von Leistungen bei "Frühgeburten" erst nach dem errechneten Geburtstermin erfolgen dürfe. Bezüglich der Auszahlungsmodalitäten des Elterngeldes hat sich der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2008 vor dem SG bereit erklärt, ab Aufnahme einer Teilzeittätigkeit der Klägerin am 1.8.2007, den Zahlbetrag des Elterngeldes bei gleichzeitiger Verdoppelung des Auszahlungszeitraums zu halbieren. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin zur Erledigung des Rechtsstreits insoweit angenommen und die Klage im Übrigen fortgeführt.

6

Mit Urteil vom 18.11.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Zustellung des Urteils (20.1.2009), aber vor Einlegung der Berufung (20.2.2009) hat der Beklagte das Elterngeld der Klägerin für den 3. bis 12. Lebensmonat endgültig festgestellt unter Rückforderung überzahlten Elterngeldes in Höhe von 1470,56 Euro; dabei hat er für den 1. und 2. Lebensmonat erneut eine Zahlung abgelehnt und den Elterngeldanspruch pro Lebensmonat für die Zeit vor der Aufnahme der Teilzeittätigkeit der Klägerin ohne anzurechnende Leistungen mit 1219,46 Euro berechnet (Bescheid vom 11.2.2009). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 11.2.2009 abgewiesen (Urteil vom 26.9.2011). Diese Entscheidung hat es auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Elterngeld für die Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007, weil gemäß § 4 Abs 3 S 2 BEEG Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs 1 oder 3 BEEG anzurechnende Leistungen zuständen, als Monate gälten, für die die berechtigte Person Elterngeld beziehe, mit der Folge, dass sich der maßgebliche maximale Bezugszeitraum entsprechend reduziere. Die Klägerin habe Mutterschaftsgeld in der Zeit vom 19.2. bis 28.5.2007 und damit während der ersten beiden Lebensmonate ihres Kindes sowie während der ersten 16 Tage des 3. Lebensmonats bezogen. Dies resultiere daraus, dass ihr Kind B. am 13.3.2007, mithin 20 Tage vor dem errechneten Geburtstermin (2.4.2007) geboren sei. Gemäß § 200 Abs 3 RVO werde Mutterschaftsgeld für die letzten sechs Wochen vor der Entbindung, den Entbindungstag und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung gezahlt(Satz 1), wobei sich bei "Frühgeburten" und sonstigen vorzeitigen Entbindungen die Bezugsdauer um den Zeitraum verlängere, der als Mutterschutzfrist nicht in Anspruch genommen werden könne (Satz 2, vgl hierzu auch § 6 MuSchG). Dies sei letztlich der Grund dafür, warum die Summe der Zeiträume, in denen Mutterschaftsgeld und Elterngeld bezogen worden seien, bei Geburten vor dem errechneten Termin um die Differenz zwischen tatsächlicher Geburt und errechnetem Geburtstermin geringer sei. Vorliegend zeige ein Vergleich, dass die Klägerin im Falle der Geburt ihres Kindes zum errechneten Termin des 2.4.2007 für insgesamt 407 Tage Mutterschaftsgeld und Elterngeld, nämlich 99 Tage Mutterschaftsgeld für die letzten sechs Wochen vor der Geburt, den Entbindungstag und die ersten acht Wochen nach der Geburt und im Anschluss 308 Tage Elterngeld - bis zum 1.4.2008 einschließlich -, bezogen hätte. Unter Zugrundelegung des tatsächlichen Geburtstermins ergebe sich eine Summe von 387 Tagen (wiederum 99 Tage Bezug von Mutterschaftsgeld und nunmehr 288 Tage Bezug von Elterngeld bis zum 12.3.2008 einschließlich). Die Differenz betrage 20 Tage und erstrecke sich damit genau auf einen Zeitraum, wie er hier zwischen dem 13.3.2007, dem Tag der tatsächlichen Geburt, und dem errechneten Geburtstermin des 2.4.2007 liege. Dies sei jedoch sowohl unter verfassungsrechtlichen als auch gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten hinzunehmen.

8

Weder die in § 3 Abs 1 BEEG geregelte Anrechnung noch die Fiktion des Bezuges von Elterngeld gemäß § 4 Abs 3 S 2 BEEG verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG oder gegen das Gebot der Förderung von Ehe und Familie nach Art 6 Abs 1 GG. Der Gesetzgeber habe in verfassungsrechtlich unbedenklicher Art und Weise die Anrechnung für Mutterschaftsgeld bzw vergleichbare Leistungen geregelt, damit Doppelleistungen vermieden würden. Dies gelte auch in Ansehung von Art 3 Abs 2 GG und Art 12 Abs 1 GG. Letztlich liege auch eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht, namentlich der Richtlinien des Rates vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (79/7/EWG, Amtsblatt der Europäischen Union L 6 vom 10.1.1979, S 24 bis 25) oder des Art 11 Richtlinie des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (92/85/EWG, Amtsblatt der Europäischen Union L 348 vom 28.11.1992, S 1 bis 8), nicht vor. Denn trotz der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes auf das Elterngeld werde gerade durch die Zahlung von Mutterschaftsgeld einschließlich des Arbeitgeberzuschusses sichergestellt, dass während der Schutzfristen nach dem MuSchG kein Einkommensverlust entstehe, wobei hinsichtlich der Summe der Bezugsmonate die Mutter gegenüber dem Vater des Kindes nicht benachteiligt werde. Im Übrigen begrenze die Dauer des Bezugs von Mutterschaftsgeld mittelbar auch den Anspruch des Vaters auf Elterngeld, weil gemäß der in § 4 Abs 3 S 2 BEEG geregelten Fiktion Monate des Bezugs von Mutterschaftsgeld als Monate gälten, für die Elterngeld bezogen worden sei.

9

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Das LSG habe bei seiner am Gesetzestext und der Gesetzesbegründung orientierten Auslegung der § 3 Abs 1 S 1 und § 4 Abs 3 S 2 BEEG Verfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht nicht beachtet. Es habe unzutreffend Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss auf das ab 13.3.2007 gewährte Elterngeld angerechnet und den Bezugszeitraum so auf die Zeit bis zum 12.3.2008 (anstatt bis zum 1.4.2008) verkürzt. Bei verfassungskonformer Auslegung hätte der Klage stattgegeben werden müssen. Das LSG wäre jedenfalls gehalten gewesen, die Frage des Verstoßes der anzuwendenden Normen gegen Gemeinschaftsrecht nach Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen.

10

Es stelle eine Ungleichbehandlung dar, wenn im Falle einer termingerechten Geburt Mutterschaftsgeld hinsichtlich des Elterngeldbezuges anrechnungsfrei bleibe, während im Falle einer Geburt vor dem errechneten Termin der Anspruch auf das zu gewährende Elterngeld wegen der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes verkürzt werde. Demgegenüber erhielten Mütter, die kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse seien, Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs 2 MuSchG ohne Anrechnung auf das Elterngeld, obwohl sie sich nicht von der Gruppe von Normadressaten, die vor der Geburt des Kindes gearbeitet und aus Erwerbstätigkeit Einkommen erzielt hätten, nicht derart unterschieden, dass sich eine derartige ungleiche Behandlung rechtfertigen lassen könne. Die Differenzierung gemäß § 3 Abs 1 S 1 BEEG hinsichtlich des gezahlten Mutterschaftsgeldes für Zeiten vor und nach der Geburt dergestalt, dass nur die Leistungen nach der Geburt anzurechnen seien, stelle vorliegend für die Klägerin eine Ungleichbehandlung dar, weil in ihrem Falle eine Anrechnung des Mutterschaftsgeldes erfolge, obwohl dieses nach dem Gesetzeszweck eigentlich anrechnungsfrei bleiben solle. Infolgedessen sei der Gesetzesinhalt des § 3 BEEG auf den Fall der Klägerin zwingend zu erweitern. Eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung und somit ein Verstoß gegen Art 3 Abs 2 und Abs 3 S 1 GG liege auch darin, dass ein Vater eines neugeborenen Kindes naturbedingt keinen besonderen Schutz seines Gesundheitszustandes im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Geburt benötige und demzufolge keinem Beschäftigungsverbot unterfalle mit der Folge, im Falle einer Frühgeburt Elterngeld nicht für den vollständigen zwölfmonatigen Bezugszeitraum zu erhalten. Ferner werde durch die Anrechnung des § 3 Abs 1 S 1 BEEG der an sich gegebene Anspruch auf Elterngeld allein wegen des Zufalls des Geburtstags des Kindes der Höhe nach auf null gesetzt, sodass der Anspruch tatsächlich ins Leere laufe.

11

Dies verstoße auch gegen Art 6 Abs 1 und 2 GG und das sich daraus ergebende Gebot der Förderung der Familie und der Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich. Die Anrechnung des bezogenen Mutterschaftsgeldes nach § 13 Abs 1 MuSchG im Rahmen der Elterngeldgewährung zur Vermeidung von Doppelleistungen stelle objektiv eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar und verletze damit insbesondere auch die Richtlinien 79/7/EWG und 92/85/EWG.

12

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Hessischen LSG vom 26.9.2011 und des SG Darmstadt vom 18.11.2008 aufzuheben sowie den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13.7.2007 und 4.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2008 sowie des Bescheides vom 11.2.2009 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007 Elterngeld ohne Anrechnung von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss zu gewähren.

13

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

15

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 SGG)einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

17

1. Einer Sachentscheidung des erkennenden Senats stehen keine prozessualen Hindernisse entgegen. Klage und Berufung sind zulässig. Die Berufung ist nach dem im Zeitpunkt ihrer Einlegung (20.2.2009) geltenden Recht ohne Zulassung statthaft, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes überstieg mit 786,75 Euro (Elterngeldanspruch der Klägerin für einen Lebensmonat des Kindes in Höhe von 1219,46 Euro : 31 x 20 tatsächlich geltend gemachte Tage) die in § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG(idF von Art 1 Nr 24 Buchst a Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 ) festgelegte Grenze von 750 Euro.

18

Auch begegnet das angefochtene Urteil des LSG nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil dieses im Berufungsverfahren zusätzlich zur Zurückweisung der Berufung gegen das Urteil des SG auch eine Klage gegen den Bescheid vom 11.2.2009 abgewiesen hat. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass allein über den Bescheid vom 11.2.2009 zu entscheiden ist, weil dieser als endgültiger Verwaltungsakt die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes in den Bescheiden vom 13.7.2007 und 4.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2008 ersetzt hat (§ 39 Abs 2 SGB X). Wie das LSG zu Recht angenommen hat, ist er damit nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden(vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 96 RdNr 7a und 11 unter Hinweis auf BSGE 45, 49, 51 und BSGE 47, 28, 30). Da der Bescheid vom 11.2.2009 der Klägerin nach Zustellung des SG-Urteils (20.1.2009), aber noch vor Einlegung der Berufung (20.2.2009) bekannt gegeben und damit nach § 39 Abs 1 S 1 SGB X wirksam geworden ist, liegt eine Klageänderung kraft Gesetzes bereits im Klageverfahren vor. Über die Rechtmäßigkeit eines solchen Bescheides ist nach den Grundsätzen zu entscheiden, die die Rechtsprechung für die Fälle entwickelt hat, in denen das SG übersehen hat, dass ein neuer Verwaltungsakt gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist(vgl BSG vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 17 mwN - SozR 4-7837 § 4 Nr 2 RdNr 17). Dementsprechend hat das LSG bereits im Wege der Überprüfung des Urteils des SG über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides mit entschieden; der zusätzlichen Klagabweisung hätte es nicht bedurft.

19

2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Auf der Grundlage seiner insoweit nicht angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Auszahlung von Elterngeld für die Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007 nicht zu, weil insoweit das ihr für diesen Zeitraum gezahlte höhere Mutterschaftsgeld sowie der Arbeitgeberzuschuss anzurechnen sind.

20

a) Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). § 1 Abs 1 BEEG sieht vor, dass Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Ob die Klägerin diese Voraussetzungen im streitigen Zeitraum vom 13.3. bis 2.4.2007 erfüllt, hat das LSG nicht ausdrücklich festgestellt. Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen, da die Klägerin bereits aus anderen Gründen, nämlich wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss für denselben Zeitraum, nach § 3 Abs 1 BEEG keinen Anspruch auf Zahlung von Elterngeld hat.

21

b) Nach § 3 Abs 1 S 1 BEEG wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zusteht, mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes nach § 13 Abs 2 des MuSchG auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 BEEG angerechnet. Gemäß § 3 Abs 1 S 3 BEEG gilt dies auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG sowie für Dienstbezüge, Anwärterbezüge und Zuschüsse, die nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften für die Zeit der Beschäftigungsverbote zustehen. Damit ist kraft Gesetzes nach § 3 Abs 1 BEEG das Mutterschaftsgeld und nach § 3 Abs 1 S 3 BEEG der Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld zwingend auf den der Berechtigten zustehenden Elterngeldanspruch nach § 2 BEEG anzurechnen. Die berechtigte Person ist insoweit beim Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 RVO ebenso wie beim Arbeitgeberzuschuss nach § 14 Abs 1 S 1 MuSchG stets die Mutter, also hier die Klägerin. Mangels anderweitiger Regelung im Gesetz gilt diese Anrechnungsvorschrift auch für den Fall, dass der 6-wöchige Anspruchszeitraum des Mutterschaftsgeldes vor der Geburt wegen der vorzeitigen Entbindung nicht ausgeschöpft werden konnte und sich dadurch gemäß § 6 Abs 1 S 1 MuSchG der Anspruchszeitraum nach der Geburt entsprechend verlängert(vgl LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 16.3.2011 - L 2 EG 18/10 - juris RdNr 19).

22

c) Zur Auslegung des Begriffs der nach § 3 Abs 1 BEEG anzurechnenden Leistungen (vgl dazu auch § 4 Abs 3 S 2 BEEG)hat der Senat bereits mit Urteil vom 26.5.2011 (- B 10 EG 12/10 R - ab RdNr 22 ff - SozR 4-7837 § 4 Nr 2) umfangreiche Ausführungen gemacht. Hieran ist festzuhalten. Danach sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 3 Abs 1 BEEG dafür, dass das von einer Berechtigten nach der Geburt des Kindes bezogene Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 BEEG zur Vermeidung von Doppelleistungen auch insoweit anzurechnen ist, als die Geburt vor dem errechneten Termin erfolgt.

23

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs 1 S 1 BEEG wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter zusteht, ebenso wie der Arbeitgeberzuschuss nach Satz 3 der Regelung auf das "ihr zustehende Elterngeld" angerechnet. Eine durch Rechtsfortbildung ausfüllbare Regelungslücke ist insoweit nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hat zur Vermeidung von Doppelleistungen sachgerecht auf die Zweckidentität beider Leistungen (Mutterschaftsgeld bzw Arbeitgeberzuschuss nach § 14 MuSchG und Elterngeld) für die Mutter abgestellt (vgl BT-Drucks 16/1889 S 22 zu § 3 Abs 1). In der Begründung zum Entwurf des § 3 BEEG heißt es ausdrücklich:

        

"Absatz 1 betrifft das Verhältnis von Elterngeld und Mutterschaftsleistungen … Diese Leistungen und das Elterngeld dienen insoweit dem gleichen Zweck, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Sie können deshalb nicht nebeneinander gewährt werden. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Leistungen sind für den beschränkten Zeitraum und den eingeschränkten Berechtigtenkreis auch wegen des grundsätzlich weitergehenden Umfangs als vorrangige Leistung gegenüber dem Elterngeld anzusehen und deshalb auf das Elterngeld anzurechnen."

24

Die Gesetzesmaterialien zu § 4 Abs 3 S 2 BEEG machen deutlich, dass sich die Anrechnung der Zeiten des Bezuges von Leistungen nach § 3 Abs 1 BEEG auch auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes auswirkt, mit der Folge, dass die betreffenden Monate "als verbraucht gelten". Wörtlich heißt es dort (vgl BT-Drucks 16/1889 S 23):

        

"Satz 2 stellt klar, dass Lebensmonate des Kindes, für die Mutterschaftsleistungen nach § 3 Abs 1 oder dem Elterngeld vergleichbare Leistungen nach § 3 Abs 3 bezogen werden, auch auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes anzurechnen sind; die betreffenden Monate gelten als von der für die betreffende Leistung anspruchsberechtigten Person verbraucht."

25

Nach dem Sinn und Zweck des BEEG ergänzt die in § 4 Abs 3 S 2 BEEG geregelte Fiktion von Bezugsmonaten die im vorliegenden Fall vorzunehmende Anrechnung des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses auf das Elterngeld nach § 3 Abs 1 S 1 und S 3 BEEG(vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 25 - SozR 4-7837 § 4 Nr 2). Die Anrechnungsregelung dient ebenso wie § 4 Abs 3 S 2 BEEG dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden(s zum Zweck der Anrechnung des Erziehungsgeldes auf das Mutterschaftsgeld: BSGE 69, 95, 98 ff = SozR 3-7833 § 7 Nr 1 S 4 ff; zur Anrechnung nach § 3 BEEG: Becker in Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 3 BEEG RdNr 3, 20 ff; Hambüchen in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG, Stand Dezember 2009, § 3 BEEG RdNr 4, 13). Denn beim Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss sowie beim Elterngeld handelt es sich um Erwerbsersatzeinkommen nach § 18a Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Abs 3 Nr 1 SGB IV(vgl zB Seewald in Kasseler Komm, Stand August 2008, § 18a SGB IV RdNr 12 und 18). Mit der Anrechnung verdrängen das vorrangige Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuss das Elterngeld, soweit es für denselben Bezugszeitraum zu erbringen ist.

26

d) Angesichts dieses Auslegungsergebnisses ist für die von der Klägerin angestrebte verfassungskonforme Auslegung des § 3 Abs 1 BEEG kein Raum. Eine zeitgleiche Zahlung von Elterngeld und Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss wollte der Gesetzgeber eindeutig ausschließen (vgl BT-Drucks 16/1889 S 22f). Auch eine Verlängerung der Bezugsdauer von Elterngeld um Zeiten, für die eine Anrechnung von anderen Leistungen nach § 3 Abs 1 und 3 BEEG erfolgt, hat der Gesetzgeber - anders als nach § 6 Abs 1 S 2 MuSchG - in § 6 BEEG ausdrücklich nicht vorgesehen: "… Monate, für die wegen der Anrechnung anderer Leistungen nach § 3 kein Elterngeld gezahlt wird, können nicht zu einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums führen"(vgl BT-Drucks 16/1889 S 25 zu § 6; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, Stand 52. ErgLfg 2012, § 4 BEEG RdNr 34). Aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszusammenhang des BEEG lässt sich demnach keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes entnehmen (vgl allg zur Feststellung von Gesetzeslücken Senatsurteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 31 mwN - SozR 4-7837 § 4 Nr 2).

27

e) Die von ihm vertretene Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG hält der erkennende Senat für verfassungsrechtlich unbedenklich.

28

aa) Eine Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots nach Art 3 Abs 2 GG sowie des Benachteiligungsverbots nach Art 3 Abs 3 GG liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Art 3 Abs 2 GG bestimmt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, der Staat die tatsächliche Durchführung der Gleichberechtigung fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt. Nach Art 3 Abs 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Diese Vorschriften verbieten die geschlechtsbezogene direkte Ungleichbehandlung von Männern und Frauen (Jarass in Jarass/Pieroth, GG Komm, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 85). Eine Benachteiligung von Frauen liegt hier nicht vor. Denn die Anrechnungsregelung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG betrifft Leistungen, die ausschließlich Frauen erhalten können. Dabei ist das Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss höher als das Elterngeld, welches auch Männer beziehen können. Es handelt sich bei der Regelung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG lediglich um eine Vorschrift zur Vermeidung von Doppelleistungen für Frauen. Darüber hinaus sorgt § 4 Abs 3 S 2 BEEG (Fiktion von Bezugsmonaten) dafür, dass sich die in § 3 Abs 1 BEEG geregelte Anrechnung auf die den Eltern insgesamt zustehende Bezugsdauer des Elterngeldes auswirkt. So hat der Senat bereits mit Urteil vom 26.5.2011 (- B 10 EG 12/10 R - RdNr 25 - SozR 4-7837 § 4 Nr 2) klargestellt:

        

"§ 4 Abs 3 S 2 BEEG ergänzt die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG. Durch eine zwingende gesetzliche Zuordnung von Bezugsmonaten, in denen nach diesen Vorschriften anzurechnende Leistungen zustehen, werden die sich aus § 5 Abs 1 und 2 BEEG ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern (Bestimmung des anspruchsberechtigten Elternteils) eingeschränkt (dazu Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, RdNr 273 ff; Becker in Buchner/Becker MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008 § 4 BEEG RdNr 22, § 5 BEEG RdNr 4). Diese Vorschrift stellt damit sicher, dass die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG nicht durch eine entsprechende Gestaltung der Bezugsberechtigung von den Eltern umgangen werden. Sie dient - wie die Anrechnungsregelungen - dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden."

29

Damit scheidet auch eine sachwidrige geschlechtsspezifische Diskriminierung aus.

30

bb) Eine von der Klägerin behauptete Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

31

Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des Bundesverfassungsgerichts seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl etwa BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten (Jarass in Jarass/Pieroth, GG Komm, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN). Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176). Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im Abschnitt 1 des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum.

32

Vor diesem Hintergrund kommen vorliegend als Vergleichsgruppen zunächst Frauen in Betracht, die ihr Kind zum errechneten Geburtstermin zur Welt gebracht haben, und Frauen mit einer Geburt vor diesem Zeitpunkt (vgl zum Begriff der Frühgeburt iS von § 6 Abs 1 MuSchG BAGE 85, 248 = NZA 1997, 764 = NJW 1997, 2472). Insoweit werden Frauen, die ihr Kind zum errechneten Geburtstermin zur Welt gebracht haben, gegenüber Frauen, deren Kind in der Zeit davor geboren ist, hinsichtlich der Summe des insgesamt zustehenden Elterngeldes ungleich behandelt, weil im Falle einer Geburt vor dem errechneten Termin das auf das Elterngeld anrechenbare Mutterschaftsgeld (nebst Arbeitgeberzuschuss) für einen entsprechend längeren Zeitraum nach der Geburt gewährt wird. Das wiederum führt zu einer kürzeren Bezugsdauer des Elterngeldes.

33

Dieser Unterschied ist jedoch durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Er beruht darauf, dass der Gesetzgeber durch die Anrechnung von Leistungen nach § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG - unabhängig von den daneben bestehenden Unterschieden in der Zwecksetzung von Mutterschafts- und Elterngeldleistungen - einen Bezug von zweckidentischen Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume und damit eine Überversorgung der Elterngeldberechtigten vermeiden wollte. Dabei ist das Abstellen auf den tatsächlichen Geburtstermin als objektiv feststellbare Tatsache sachgerecht, zumal damit der Betreuungsbedarf des Kindes einsetzt.

34

Die Nichtberücksichtigung von Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs 2 MuSchG bei der Anrechnung auf den zustehenden Elterngeldanspruch stellt zwar eine Ungleichbehandlung gegenüber Eltern dar, bei denen die Mutter Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs 1 MuSchG erhält. Aber auch dieser Unterschied ist durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Nach § 13 Abs 2 MuSchG erhalten Frauen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, Mutterschaftsgeld in Höhe von insgesamt maximal 210 Euro. Diese Leistungshöhe beruht auf dem Umstand, dass die sich aus dem MuSchG ergebenden Belastungen im Falle einer fehlenden Krankenversicherung allein vom Staat zu tragen sind (vgl Roos in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, 52. ErgLfg 2012, § 13 MuSchG RdNr 3). Dem stehen 13 Euro kalendertägliches Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 2 S 2 RVO für eine Frau gegenüber, die - wie die Klägerin - Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist. Bei einer Schutzfrist von insgesamt 99 Tagen (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt) errechnet sich für ein Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse ein Gesamtanspruch auf Mutterschaftsgeld von 1287 Euro zzgl individuell zu bestimmender Arbeitgeberzuschuss nach § 14 MuSchG.

35

Angesichts dieser erheblich höheren Leistungsbeträge für ein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gegenüber einem Nichtmitglied ist es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sachgerecht, die wesentlich niedrigere Leistung nach § 13 Abs 2 MuSchG nicht auf den Anspruch von Elterngeld anzurechnen, da der Höchstbetrag von 210 Euro nicht geeignet ist, eine Einkommensersatzfunktion zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs zu übernehmen, und damit im Verhältnis zum Elterngeld keine Doppelleistung vorliegt. In diesen Fällen wird aufgrund eines geringen oder keines Einkommens der Berechtigten im Bemessungszeitraum in aller Regel auch nur ein geringer Elterngeldanspruch bis hin zum Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 BEEG) in Frage kommen.

36

cc) Ein Verstoß von § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG gegen das aus Art 6 Abs 1 GG herzuleitende Gebot der Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich(vgl BVerfGE 111, 160, 172) ist ebenfalls nicht anzunehmen.

37

Art 6 Abs 1 GG garantiert als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im materiell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen sowie insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Elternteilen in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl BVerfGE 99, 216, 231). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl BVerfGE 99, 216, 234). Auch in diesem Zusammenhang ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit sowohl für die Abgrenzung der begünstigenden Personengruppen (hierzu BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f) als auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (hierzu BVerfGE 87, 1, 35 f; 103, 242, 260) ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 35 mwN - SozR 4-7837 § 4 Nr 2).

38

Legt man diesen Prüfungsmaßstab zugrunde, so begegnet die Regelung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit danach im Falle einer vorzeitigen Geburt des Kindes wegen der Berücksichtigung eines zusätzlichen nachgeburtlichen Bezuges von Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss ein entsprechend verminderter Elterngeldbezug eintritt. Dadurch wird die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise berührt, zumal sich die Verkürzung des Elterngeldanspruchs gemäß § 4 Abs 3 S 2 BEEG auf beide Elternteile auswirkt. Durch die gesetzlich zwingend vorzunehmende Anrechnung des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses nach § 14 MuSchG auf den der Mutter nach § 2 BEEG zustehenden Elterngeldanspruch übt der Gesetzgeber weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Zwang auf die Eltern aus, anstelle der persönlichen Betreuung des Kindes wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Solange der Mutter für Lebensmonate des Kindes Mutterschaftsgeld zusteht, unterliegt sie einem Beschäftigungsverbot. Stehen die Leistungen iS des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen(§ 3 Abs 1 S 4 BEEG). Darüber hinaus kann eine elterngeldunschädliche Erwerbstätigkeit mit bis zu 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats ausgeübt werden (§ 1 Abs 6 BEEG). Die insoweit erforderliche Förderungs- und Unterstützungspflicht erfüllt der Staat bereits durch die Regelungen des MuSchG. Durch die Kombination von Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld werden Frauen während der Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung finanziell so abgesichert, dass für sie kein Anreiz besteht, unter Inkaufnahme von gesundheitlichen Gefährdungen zum Zwecke der Existenzsicherung zu arbeiten (vgl BVerfGE 109, 64 = NZA 2004, 33, zu C 2 b bb).

39

Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen, aber auch fiskalischen Interessen des Staates dienen (vgl Seiler, NVwZ 2007, 129, 132). Soweit der Gesetzgeber zweckidentische Leistungen nach § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG anrechnet und diese Zeiträume nach § 4 Abs 3 S 2 BEEG als Elterngeldbezugszeiten bewertet, ist dies bereits aus staatsfiskalischen Gründen wegen der Vermeidung von Doppelleistungen gerechtfertigt. Eine finanzielle Härte besteht wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss anstelle von Elterngeld in der nachgeburtlichen Zeit nicht. Art 6 Abs 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - RdNr 9 mwN - NJW 2011, 2869).

40

Das gemäß Art 6 Abs 2 GG geschützte Elternrecht betreffend die freie Entscheidung über die Pflege, Ernährung, Gesundheit, Vermögen und Erziehung der Kinder (vgl Jarass, aaO, Art 6 RdNr 42 mwN) ist vorliegend ebenfalls nicht verletzt. Das insoweit allein in Betracht kommende Recht auf Erziehung wird durch die Anrechnungsregelungen in § 3 Abs 1 BEEG nicht gestaltet, sondern durch die einkommensersetzende Funktion des Elterngeldes gerade geschützt. Denn während der Elternzeit erwirtschaftet der betreuende Elternteil kein ersatzfähiges Einkommen. Durch die Anrechnung anderer Leistungen nach § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG erfolgt kein Eingriff in das Elternrecht im Verhältnis zum Kind. Denn wenn bereits eine Leistung mit einkommensersetzender Funktion erbracht wird, um die Betreuung und Erziehung des Kindes zu sichern, bedarf es zu demselben Zweck keiner weiteren Leistung.

41

f) Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die gesetzliche Konzeption des Elterngeldes und der Elternzeit gegen verbindliche Normen des Europarechts verstoßen könnte. Art 2 Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl L 39, S 40) in der durch die Richtlinie 2002/73/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 (ABl L 269, S 15) geänderten Fassung sowie Art 8 und 11 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (10. Einzelrichtlinie iS des Art 16 Abs 1 der Richtlinie 89/391/EWG, ABl L 348, S 1) sind hier nicht betroffen. Diese Vorschriften schreiben den Mindeststandard für Arbeitsverträge und den Zugang zu Beschäftigungsverhältnissen dahin vor, dass die erfassten Arbeitnehmerinnen durch vertragliche Regelungen nicht in ihren Schutzrechten und Ansprüchen einschließlich der Rechte auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts ua beeinträchtigt werden dürfen (vgl BAG Urteil vom 22.8.2012 - 5 AZR 652/11 - RdNr 25 - in BAGE vorgesehen, NZA 2012, 1277, 1278). Dieser Schutzbereich ist durch die in Rede stehenden Regelungen des BEEG nicht berührt. Er wird vornehmlich durch das MuSchG gesichert. So hat der EuGH nationales Recht dann als europarechtswidrig angesehen, wenn dieses mit dem Mutterschaftsurlaub verbundene Rechte verkürzt (Urteil vom 20.9.2007 - C-116/06 - Kiiski, NZA 2007, 1274 = AP Nr 8 zu EWG-Richtlinie Nr 92/85). Dies ist nach dem BEEG gerade nicht der Fall; die Leistungen nach dem MuSchG gehen den Leistungen nach dem BEEG vor. Im Übrigen hat der Senat mit Urteil vom 25.6.2009 (- B 10 EG 8/08 R - RdNr 64 - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2) entschieden, dass das BEEG die Vorgaben des Art 11 Nr 4 S 2 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 erfüllt. Denn der Anspruch auf Elterngeld setzt nach § 1 BEEG nicht voraus, dass die berechtigte Person vor der Entbindung einer Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten nachgegangen sein muss. Der in § 2 BEEG normierte Zwölfmonatszeitraum ist allein relevant für die Höhe des Elterngeldes. Eine sich hieraus ergebende unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts betreffend Arbeitsbedingungen iS von Art 2 Richtlinie 76/207/EWG vom 9.2.1976 ist in keiner Weise ersichtlich und lässt sich auch nicht der Entscheidung des EuGH vom 20.9.2007 (-C-116/06 - Kiiski, NZA 2007, 1274) entnehmen.

42

Ein Verstoß gegen die von der Klägerin genannte Richtlinie 79/7/EWG der Europäischen Union zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vom 19.12.1978 (ABl L 6, S 24) scheidet aus den gleichen Gründen aus wie eine Verletzung der dasselbe Ziel verfolgenden Absätze 2 und 3 des Art 3 GG (s Art 1 der Richtlinie; vgl insoweit auch Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - RdNr 65 - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2). Eine Ungleichbehandlung kommt vorliegend in erster Linie zwischen Frauen mit einer vorzeitigen Geburt und Frauen mit einer Geburt ihres Kindes zum errechneten Termin in Betracht. Hieraus kann sich keine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung ergeben.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betraf ein finanzgerichtliches Verfahren zur Erbschaftsteuer für eingetragene Lebenspartner.

I.

2

Die Beschwerdeführerin ist Erbin ihrer am 28. Februar 2002 verstorbenen eingetragenen Lebenspartnerin. Das zuständige Finanzamt hatte - ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes in Höhe von 58.500 € - die Erbschaftsteuer auf letztlich 12.040 € festgesetzt. Das von der Beschwerdeführerin mit dem Ziel der Gleichbehandlung mit erbenden Ehegatten betriebene gerichtliche Verfahren war erfolglos geblieben.

3

Mit Beschluss vom 21. Juli 2010 hat der Senat § 16 Abs. 1, § 17, § 15 Abs. 1 und § 19 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl I S. 378) mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit diese eingetragene Lebenspartner betreffen, und die von der Beschwerdeführerin angegriffene Entscheidung des Bundesfinanzhofs aufgehoben. Für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten bestünden keine Unterschiede, die eine solche Benachteiligung der Lebenspartner im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz rechtfertigen könnten.

4

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, den Gegenstandswert auf 45.000 € festzusetzen.

II.

5

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG. Bei der von ihm daher nach billigem Ermessen vorzunehmenden Bestimmung des Gegenstandswerts hat der Senat die in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1989 (BVerfGE 79, 357 <361 f.> sowie 365 <366 ff.>) entwickelten Gesichtspunkte berücksichtigt:

6

Die subjektive Bedeutung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens bemisst sich für die Beschwerdeführerin nach den wirtschaftlichen Folgen der Erbschaftsteuerfestsetzung und damit auf 12.040 €. Dieser Wert trägt der objektiven Bedeutung der Sache allerdings nicht ausreichend Rechnung und bedarf deshalb einer angemessenen Erhöhung. Zwar betrifft die Entscheidung des Senats angesichts der geringen Zahl der Lebenspartnerschaften und des Umstands, dass von der Unvereinbarkeitserklärung nur der Zeitraum ab Einführung der Lebenspartnerschaft bis zum Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 betroffen ist, lediglich eine geringe Anzahl von Erbfällen und nur noch außer Kraft getretenes Recht. Für die erfassten Altfälle kann die Entscheidung je nach Größe der Erbschaft im Einzelfall jedoch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Vor allem aber hat die Verfassungsbeschwerde zu einer Klärung der verfassungsrechtlichen Frage von allgemeiner Bedeutung geführt, inwieweit im Recht der Erbschaftsteuer eine Differenzierung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern zulässig ist. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigen hingegen keine weitere Erhöhung des Gegenstandswerts.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die 1978 geborene Klägerin begehrt höheres Elterngeld. Sie war seit Mai 2001 als Zahnarzthelferin abhängig beschäftigt. Ab 15.12.2005 war sie aufgrund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig krank. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr bis zum 26.1.2006 das Entgelt fort; anschließend bezog sie bis zum 5.12.2006 Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Vom 6.12.2006 bis zum 14.3.2007 erhielt die Klägerin Mutterschaftsgeld. Am 10.1.2007 wurde ihre Tochter A. geboren.

2

Auf Antrag der Klägerin bewilligte das beklagte Land für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes (10.1.2007 bis 9.1.2008) Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, das im ersten bis dritten Lebensmonat wegen Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nebst Arbeitgeberzuschuss nicht in voller Höhe ausgezahlt wurde. Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes berücksichtigte der Beklagte nur das vom 1.12.2005 bis 26.1.2006 gezahlte (Netto-)Arbeitsentgelt, nicht jedoch das von der Klägerin vom 27.1.2006 bis 5.12.2006 bezogene Verletztengeld, weil es sich dabei um eine steuerfreie Lohnersatzleistung handle (Bescheid vom 22.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2007).

3

Mit der dagegen beim Sozialgericht (SG) Lübeck erhobenen Klage beanspruchte die Klägerin, ihr höheres Elterngeld nach dem zuletzt erzielten Nettoeinkommen, hochgerechnet auf zwölf Monate, hilfsweise unter Berücksichtigung des bezogenen Verletztengeldes zu gewähren. Sie sei im Bemessungszeitraum unverschuldet an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen. Mit diesem Begehren hatte sie weder vor dem SG noch vor dem Schleswig-Holsteinischen Landesozialgericht (LSG) Erfolg (Urteil des SG vom 17.6.2008; Urteil des LSG vom 22.2.2010). Das LSG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Nach § 2 Abs 1 BEEG werde Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Nach § 2 Abs 7 Satz 6 BEEG würden Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden sei oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführende Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit weggefallen sei, nicht berücksichtigt. Danach sei Verletztengeld weder bei der Festlegung des Bemessungszeitraums noch als Einkommen zu berücksichtigen. Es sei - wie das Krankengeld - nach § 3 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) eine steuerfreie Einnahme und damit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS von § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG.

4

Weder die Nichtberücksichtigung des Verletztengeldes noch das Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für den Fall einer nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung sei verfassungsrechtlich zu beanstanden, insbesondere liege kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor.

5

Die Ungleichbehandlung von schwangerschaftsbedingter und schwangerschaftsunabhängiger Erkrankung sei dadurch gerechtfertigt, dass das besondere Risiko der Schwangerschaft bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zu Nachteilen führen solle. Der Gesetzgeber sei im Rahmen der Elternförderung hingegen nicht verpflichtet, das allgemeine Risiko einer Erkrankung auszugleichen.

6

Auch die Ungleichbehandlung von Arbeitsentgelt und Verletztengeld sei nicht sachwidrig. Das Bayerische LSG habe sich in seinem Urteil vom 24.6.2009 - L 12 EG 55/09 - ausführlich mit der Frage der unterschiedlichen Behandlung von Arbeitsentgelt und Krankengeld befasst. Die Ungleichbehandlung sei danach dadurch gerechtfertigt, dass Krankengeld als Lohnersatzleistung im Gegensatz zu Arbeitslohn von der Einkommensteuerpflicht freigestellt sei. Die Beschränkung des im Rahmen des steuerfinanzierten Elterngeldes zu ersetzenden Einkommens auf steuerpflichtige Einnahmen sei nicht unsachlich. Das Elterngeld sei eine Lohnersatzleistung, aber keine Lohnersatzersatzleistung. Dieser überzeugenden Begründung schließe sich der Senat für den Bezug von Verletztengeld an. Auch dieses sei eine Lohnersatzleistung, die von der Steuerpflicht freigestellt sei, nämlich bei Arbeitsunfähigkeit, die durch einen Arbeitsunfall verursacht worden sei.

7

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, mit der sie eine Verletzung des § 2 Abs 1 und Abs 2 BEEG rügt. Berechnungsgrundlage könne nicht allein das Lohnfortzahlungssegment von Dezember 2005 bis Januar 2006, sondern müsse das Nettoeinkommen sein, das sie vor dem unverschuldeten Arbeitsunfall erzielt habe. Sie sei nicht anders zu behandeln als eine Mutter, die wegen Geburt eines ersten Kindes daran gehindert sei, vor Geburt des zweiten Kindes wieder erwerbstätig zu sein. Die einschlägige Bestimmung sei im Hinblick auf eine Regelungslücke verfassungskonform auszulegen. Sie könne sich der Auffassung des LSG, der Gesetzgeber habe bewusst nur in Fällen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung eine Ausnahmeregelung getroffen, nicht anschließen. Gerade der Fall einer Arbeitsentgelteinbuße durch die Folgen eines Arbeitsunfalls sei besonders zu behandeln.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 2010 und des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Elterngeld in Höhe von 67 % des zuletzt erzielten Nettoerwerbseinkommens, hochgerechnet auf zwölf Monate, hilfsweise nach dem bezogenen Verletztengeld zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) verfolgte Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Bezuges von Verletztengeld in der Zeit vom 27.1. bis 5.12.2006. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, besteht ein solcher Anspruch nicht.

13

1. Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LSG - von den Beteiligten unangegriffen - bejaht.

14

2. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

15
a) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 10.1.2007) erstreckt sich hier zunächst von Januar bis Dezember 2006. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):
        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

16

Da die Klägerin ab Dezember 2006 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleibt danach der Monat Dezember 2006 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht einschlägig. Nach den Feststellungen des LSG litt die Klägerin während des Bezuges von Verletztengeld nicht an einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung.

17

Angesichts seines insoweit klaren Wortlauts ist § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht dahin auslegungsfähig, dass er auch Zeiten des Bezuges von Verletztengeld erfasst. Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Krankheit nicht lückenhaft (vgl dazu bereits Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 22, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies gilt ebenfalls, soweit es sich um Folgen eines Arbeitsunfalls handelt. Der Gesetzgeber hat gezielt nur die Fälle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung begünstigen wollen. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

18

b) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

19

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das von der Klägerin bezogene Verletztengeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Es fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG(ebenso bereits zum Krankengeld BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

20

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13,15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442 f).

21

Bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters fehlt dem Verletztengeld. Rechtsgrund für die Leistungsgewährung ist das Versicherungs- (vgl § 26 Abs 1, § 45 ff SGB VII) und nicht das Beschäftigungsverhältnis (§ 611 Abs 1 BGB). Es ist eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung, die der beschäftigte Versicherte (s § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) ua erhält, wenn er infolge eines Arbeitsunfalls (§ 8 SGB VII) arbeitsunfähig ist (§ 45 Abs 1 SGB VII) und dadurch seinen Gegenleistungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber verloren hat (§ 326 Abs 1 Halbs 1, § 275 Abs 1 BGB iVm § 611 Abs 1 BGB). Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung zum zu versteuernden Arbeitslohn gehören und damit auch die Verschaffung eines solchen gesetzlichen oder privaten Versicherungsschutzes durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn darstellt (BFH Beschluss vom 11.9.2007 - VI B 146/05 - juris RdNr 3; BFH Beschluss vom 29.10.2004 - XI B 170/03 - juris RdNr 3). Demgegenüber sind jedoch die Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, die nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehen, sondern auf einem eigenen Anspruch des Arbeitnehmers beruhen, regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247 - juris RdNr 14). Aus diesem Grund ist auch Verletztengeld kein Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(zum Krankengeld vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

22

c) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 22.5.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Dezember 2005 bis November 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 164,44 Euro ermittelt und der Klägerin dementsprechend hier einen monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro zuerkannt hat.

23

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG (so bereits BSG Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - RdNr 37 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, - B 10 EG 20/09 R - RdNr 29 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, sowie - B 10 EG 21/09 R - RdNr 28 ff, juris).

24

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 74 RdNr 35 f mwN).

25

Ebenso bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

26

b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Verletztengeld, das an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten ist, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

27

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

28

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

29

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume einen lückenlosen Arbeitsentgeltbezug vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Verletztengeld ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten haben (dd) sowie für die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Berechtigten, die im Krankheitsfall keine Einkommensverluste erleiden (ee).

30

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung, SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

31

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

32

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

33

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

34

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

35

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob ein Ehegatte sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

36

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert, DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

37

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

38

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Mehrverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

39

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

40

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

41

Bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, eigenständige Regelungen zur Berechnung der Leistungshöhe zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93). Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen.

42

Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte der Gesetzgeber auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

43

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

44

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

45

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

46

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

47

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

48

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum - wie zeitweise die Klägerin - kein oder nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

49

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

50

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

51

bbb) Der zwölfmonatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

52

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf zwölf Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

53

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weiter zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes beeinträchtigt.

54

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

55

cc) Da das Verletztengeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Verletztengeld, sondern durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Verletztengeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden zwölf Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

56

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Verletztengeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Verletztengeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Verletztengeld (und anderer Lohnersatzleistungen) bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Verletztengeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

57

Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei Entgeltersatzleistungen wie das Verletztengeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

58

bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine allgemeine Ausgleichsmöglichkeit für alle Berechtigten vorsehen, die in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen Arbeitsunfähigkeit (hier infolge eines Arbeitsunfalls) hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

59

Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

60

ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

61

Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

62

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Verletztengeld Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt. Da das Elterngeld keine beitragsfinanzierte Leistung der Sozialversicherung ist, brauchte der Gesetzgeber Personen, die im Bemessungszeitraum beitragsfinanzierte Entgeltersatzleistungen bezogen haben, nicht besser zu stellen als Bezieher von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder der Sozialhilfe.

63

ee) Die Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die - zB wegen amtsangemessener Alimentation (Beamte, Richter) - bei länger als sechs Wochen andauernder Erkrankung regelmäßig keine Einbußen an Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 BEEG erleiden, führt nicht zu einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG.

64

Es besteht kein Anspruch der Klägerin als Arbeitnehmerin auf Gleichbehandlung zB mit Beamten, die bei einer dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht Verletztengeld beziehen, sondern weiterhin ihre Dienstbezüge erhalten; die Vergleichsgruppen sind nicht wesentlich gleich, weil sich das gesetzlich geregelte Beamten- und Richterverhältnis von dem durch privatrechtlichen Vertrag begründeten Angestelltenverhältnis grundlegend unterscheidet (vgl BVerfG Beschluss vom 2.3.2000 - 2 BvR 1508/99 - juris RdNr 5; BVerfGE 52, 303, 345). Entsprechend verhält es sich im Vergleich zu Personen, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages - anders als die Klägerin - Anspruch auf eine über sechs Wochen hinausgehende, auf das Verletztengeld anrechenbare (vgl § 52 SGB VII) Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber haben. Die insoweit im Beamten- oder Arbeitsvertragsrecht begründeten Unterschiede musste der Gesetzgeber des BEEG nicht ausgleichen; vielmehr durfte er bei der Ausgestaltung der Bemessung des Elterngeldes an den tatsächlichen Erwerbseinkommensverhältnissen der Berechtigten im Bemessungszeitraum anknüpfen.

65

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldanspruchs der Klägerin.

2

Die Klägerin ist Ärztin und seit 2003 in einem Beamtenverhältnis erwerbstätig. Daneben übte sie die selbstständige Tätigkeit einer Praxisvertreterin für 10 Stunden monatlich aus. Am 6.7.2007 gebar sie ihre Tochter L. In den 12 Monaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (Juli 2006 bis Juni 2007) erhöhte die Klägerin schrittweise ihre Arbeitszeit in der Beamtentätigkeit, was zu einer entsprechenden Steigerung ihres Gehaltes führte. Im Jahr 2006 betrug die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin als Beamtin 24,155 Stunden; im Zeitraum von Juli 2006 bis Juni 2007 lag dieser Wert bei 27,585.

3

Auf den Antrag der Klägerin bewilligte die beklagte kreisfreie Stadt dieser für den 4. bis 12. Lebensmonat der Tochter (also für die Zeit vom 6.10.2007 bis 5.7.2008) Elterngeld in Höhe von 1319,10 Euro monatlich. Der Bemessung legte sie die Einkünfte der Klägerin im Jahre 2006 zugrunde, wie sie sich hinsichtlich der selbstständigen Arbeit aus der von der Steuerberaterin der Klägerin vorgelegten Anlage zur Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 (4043 Euro) sowie bezüglich der nichtselbstständigen Arbeit aus den Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers der Klägerin (29 174 Euro brutto; 20 165 Euro netto) ergaben (Bescheid vom 24.1.2008). Dem Widerspruch der Klägerin half die Beklagte insoweit ab, als sie ein tatsächlich höheres Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im September 2006 berücksichtigte und dementsprechend den Zahlbetrag ab dem 4. Lebensmonat auf monatlich 1324,08 Euro festsetzte. Zugleich wurde wegen der von der Klägerin angezeigten Aufnahme einer Teilzeittätigkeit ab dem 18.2.2008 das Elterngeld ab dem 8. Lebensmonat unter Anrechnung der Bezüge auf 891,21 Euro festgesetzt (Bescheid vom 4.4.2008). Den mit dem Ziel der Berücksichtigung des in den 12 Monaten vor dem Monat der Geburt erzielten Erwerbseinkommens aufrechterhaltenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 16.9.2008 zurück.

4

Nachdem die Klägerin den Steuerbescheid des Finanzamtes B. vom 9.4.2008 für das Jahr 2006 vorgelegt hatte (Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit: 4028 Euro), hat das Sozialgericht Köln (SG) die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 2.6.2009). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 26.11.2010). Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen wie folgt begründet:

5

Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; die Berechnung des Elterngeldes sei zutreffend gemäß § 2 Abs 9 S 3 iVm S 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) erfolgt. Nach der Grundregel des § 2 Abs 1 BEEG bemesse sich das Elterngeld für Bezieher von Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit nach dem in den letzten 12 Monaten vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommen. Erziele der Elterngeldberechtigte zusätzlich auch Einkommen aus selbstständiger Arbeit, verweise § 2 Abs 9 S 3 BEEG auf dessen S 1. Nach dieser Vorschrift verschiebe sich beim Bezug von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit der Bemessungszeitraum von den letzten 12 Monaten vor der Geburt des Kindes auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum, wenn die selbstständige Erwerbstätigkeit, die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liege, durchgehend in beiden Zeiträumen ausgeübt worden sei. Der so geänderte Bemessungszeitraum gelte unter den Voraussetzungen des § 2 Abs 9 S 3 BEEG auch für das Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit, wenn diese ebenfalls in beiden Zeiträumen ausgeübt worden sei.

6

Die Verschiebung des Bemessungszeitraums nach § 2 Abs 9 S 3 iVm S 1 BEEG setze voraus, dass zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt worden sei. Das Wort zusätzlich sei hier im Sinne der Erweiterung und Vermehrung des Bestandes zu verstehen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung reiche es aus, dass in den relevanten Zeiträumen überhaupt selbstständige und nichtselbstständige Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt worden seien. Ein bestimmtes Rangverhältnis sei nicht erforderlich. Denn die mit § 2 Abs 9 S 1 BEEG beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung durch den ermöglichten Rückgriff auf den Steuerbescheid des Finanzamtes für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum hänge nicht davon ab, in welchem Größenverhältnis die ausgeübte selbstständige Tätigkeit zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit stehe. Lediglich bei völlig untergeordneten, wirtschaftlich überhaupt nicht ins Gewicht fallenden Einnahmen (etwa aus einmaligen Veröffentlichungen) möge im Einzelfall etwas anderes gelten.

7

Eine derart wirtschaftlich völlig untergeordnete Bedeutung hätten die Einnahmen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit nicht. Auch nach der nur leicht gestiegenen Vergütung der Klägerin aus nichtselbstständiger Tätigkeit sei ihre selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich von Belang geblieben. Zwar habe die Klägerin den zeitlichen Umfang ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit in den letzten 12 Monaten vor der Geburt erhöht, jedoch nicht bis zur Grenze von 20 %, jenseits derer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht mehr von derselben Tätigkeit iS von § 2 Abs 9 S 1 BEEG auszugehen sei.

8

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das gefundene Ergebnis, insbesondere unter dem Aspekt von Art 3 Abs 1 GG, hege der Senat nicht. Die Erzielung nicht wirtschaftlich völlig bedeutungsloser Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit rechtfertige wegen der damit verbundenen Verwaltungsvereinfachung den Rückgriff auf den Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum. Typischerweise werde der Rückgriff auf den weiter zurückliegenden Bemessungszeitraum zudem für Elterngeldempfänger regelmäßig günstiger sein, weil Schwangere oftmals in den letzten Monaten vor der Geburt den Umfang ihrer Erwerbstätigkeit einschränken wollten oder - aus gesundheitlichen - Gründen müssten.

9

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts: Ihr Elterngeld sei aus dem Einkommen der letzten 12 Monate vor dem Monat der Geburt zu berechnen. Die vom LSG zu § 2 Abs 9 S 3 iVm S 1 BEEG vertretene Rechtsauffassung sei unrichtig. Zwar habe der Gesetzgeber in § 2 Abs 9 BEEG festgelegt, dass das zurückliegende gesamte letzte steuerliche Veranlagungsjahr beim durchgängigen Nebeneinander von Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit herangezogen werden könne. Diese Regelung könne jedoch die mit dem Gesetz beabsichtigten Interessen der jeweiligen Anspruchsteller unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips und des Sozialstaatsprinzips nicht ausreichend befriedigen und stehe einer ordnungsgemäßen Gleichbehandlung der Anspruchsinhaber in besonderen Fällen entgegen.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.11.2010 und den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 2.6.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.1.2008 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 4.4.2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 16.9.2008 zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung ihres Einkommens aus den 12 Monaten vor der Geburt ihres Kindes L. zu gewähren.

11

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie schließt sich dem angefochtenen Urteil an.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft. Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten. Die Revisionsbegründung erfüllt die Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

15

Die Revision ist jedoch nicht begründet. Es bestehen allerdings keine Bedenken gegen das vorinstanzliche Verfahren. Insbesondere war die Berufung der Klägerin zulässig. Angesichts des Streitgegenstandes (höheres Elterngeld für 9 Lebensmonate des Kindes) ergibt sich bei überschlägiger Berechnung, dass der Berufungswert von 750 Euro (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG) erreicht ist. Die Klägerin erstrebt die zusätzliche Berücksichtigung von weiteren rund 5000 Euro als (jährliches) Bemessungseinkommen, was pro Monat etwa 417 Euro entspricht. Bei einem Leistungssatz von 67 % errechnet sich ein zusätzlicher monatlicher Zahlbetrag von etwa 279 Euro, multipliziert mit 9 Leistungsmonaten also ein streitiger Betrag von 2511 Euro.

16

In der Sache hat die Revision der Klägerin keinen Erfolg. Auf der Grundlage seiner insoweit nicht angefochtenen und damit für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld durch Zugrundelegung ihres in den 12 Monaten vor dem Monat der Geburt ihres Kindes erzielten Einkommens. Vielmehr hat die Beklagte ihrer Berechnung zutreffend das Einkommen der Klägerin im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum des Jahres 2006 zugrunde gelegt.

17

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach dem BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Soweit die späteren Änderungen des BEEG (erstmals durch das Gesetz vom 19.8.2007 - BGBl I 1970) überhaupt den streitigen Anspruch berührende Vorschriften der §§ 1 und 2 betreffen, sind sie im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar. Die durch das Gesetz vom 19.8.2007 erfolgte Änderung betraf den hier nicht einschlägigen Abs 7 des § 1 BEEG. Bei der ersten Änderung des § 2 BEEG durch das Gesetz vom 17.1.2009 (BGBl I 61) mit Wirkung zum 24.1.2009 war der vorliegend streitbefangene Elterngeldzahlungszeitraum bereits abgeschlossen (s BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 27 mwN), sodass die Neufassung des Gesetzes den hier zu beurteilenden Anspruch der Klägerin nicht erfasst.

18
        
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer

   

 

1. seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

  

3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und

.

4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
19

Zu diesen Tatbestandsmerkmalen haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen. Auf die betreffenden Tatsachen kommt es nicht an, da die Klägerin jedenfalls über das ihr bewilligte Elterngeld hinaus keine höheren Leistungen beanspruchen kann.

20

Die Höhe des Elterngeldanspruches richtet sich nach § 2 BEEG. Nach dessen Abs 1 S 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen. Für den Fall, dass nach der Geburt des Kindes Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird, enthält § 2 Abs 3 BEEG eine besondere Regelung.

21

Die für die Ermittlung des Einkommens weiter maßgebenden Bestimmungen enthält bei nichtselbstständiger Arbeit im Prinzip § 2 Abs 7 BEEG, während bei Selbstständigen das zu berücksichtigende Einkommen nach Maßgabe des Abs 8 oder des Abs 9 des § 2 BEEG (uU in Verbindung mit einzelnen Bestimmungen des Abs 7) zu ermitteln ist.

22

§ 2 Abs 8 S 1 BEEG stellt den Grundsatz auf, dass als Einkommen aus selbstständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist (sog Bemessungseinkommen). Dabei ist, wie für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit, gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG auf die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes abzustellen (Bemessungszeitraum).

23

Abweichend von § 2 Abs 1 S 1 und Abs 8 BEEG bestimmt § 2 Abs 9 S 1 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden ist. Diese Fiktion des Bemessungszeitraumes tritt nach § 2 Abs 9 S 2 BEEG nicht ein, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 S 5 oder 6 BEEG vorgelegen haben, also Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld bezogen worden ist und/oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist.

24

Schließlich bestimmt § 2 Abs 9 S 3 Halbs 1 BEEG, dass dann, wenn in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden ist, Satz 1 dieser Vorschrift (Zugrundelegung des letzten steuerlichen Veranlagungszeitraums) nur anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 auch für die dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit erfüllt sind. In diesen Fällen gilt als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen nach § 2 Abs 7 BEEG das in dem dem Veranlagungszeitraum nach Abs 9 S 1 zugrunde liegenden Gewinnermittlungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit(§ 2 Abs 9 S 3 Halbs 2 BEEG).

25

Gemessen an dieser Rechtsgrundlage sind die von der Klägerin angefochtenen Verwaltungsakte revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist zwischen der Elterngeldbewilligung für den 4. bis 7. Lebensmonat des Kindes, die sich nach den allgemeinen Berechnungsbestimmungen (§ 2 Abs 1 iVm Abs 7 bis 9 BEEG)richtet, und derjenigen für den 8. bis 12. Lebensmonat zu unterscheiden, für die wegen des in dieser Zeit erzielten Erwerbseinkommens § 2 Abs 3 BEEG maßgebend ist.

26

Hinsichtlich des erstgenannten Bezugszeitraumes (4. bis 7. Lebensmonat) hat die Beklagte der Berechnung des Elterngeldes zutreffend das Einkommen der Klägerin aus dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum des Jahres 2006 zugrunde gelegt, denn die Voraussetzungen des § 2 Abs 9 BEEG sind erfüllt.

27

Auch wenn das Erwerbseinkommen der Klägerin vor der Geburt des Kindes ganz überwiegend aus nichtselbstständiger Arbeit stammt, ist das Beamtengehalt neben dem Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit iS des § 2 Abs 9 S 3 BEEG "zusätzlich" erzielt worden.

28

Wie das LSG geht auch der Senat davon aus, dass dem Begriff der Zusätzlichkeit kein quantitatives Element in dem Sinne innewohnt, dass ein zusätzlich erzieltes Einkommen nur vorliegen kann, wenn es geringer als das zunächst maßgebliche Einkommen ist. Das Wort "zusätzlich" in § 2 Abs 9 S 3 BEEG muss vielmehr vor dem rechtlichen Hintergrund gesehen werden, dass § 2 Abs 9 S 1 BEEG (aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung) allgemein auf das Einkommen aus dem letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum abstellt(s BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 37), sobald der Elterngeldberechtigte ein positives (s § 2 Abs 1 S 2 BEEG)Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit (s § 2 Abs 9 S 1 BEEG) erzielt hat, und zwar unabhängig von dessen Höhe.

29

Dieses Verständnis des Wortlauts wird durch eine systematische Betrachtung der Abs 7, 8 und 9 des § 2 BEEG erhärtet. Abs 7 enthält ausschließlich Regelungen zur Bestimmung des Einkommens aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Abs 8 und 9 S 1 und 2 regeln die Ermittlung des Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit. Abs 9 S 3 schließlich bestimmt die Rechtslage bei Zusammentreffen von Einkünften aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit, wobei er wegen seines Aufbaus und der Bezeichnung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als "zusätzliches" Einkommen den Einkünften aus selbstständiger Arbeit den maßgebenden Vorrang einräumt. Dieses Einkommen ist das für die Art und Weise der Einkommensermittlung primär maßgebende. Da im Rahmen des § 2 Abs 9 S 3 BEEG keinerlei Größenvorgaben gemacht werden, ist zwingend davon auszugehen, dass ein "zusätzlich" erzieltes Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit auch erheblich höher sein kann, als das Einkommen aus selbstständiger Arbeit.

30

Gegen dieses Auslegungsergebnis lassen sich aus dem Gesetzgebungsverfahren des BEEG keine Argumente gewinnen. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) des Deutschen Bundestages hat am 27.9.2006 eine Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes gegeben (BT-Drucks 16/2785) und darin in Abkehr von § 2 Abs 7 des ursprünglichen Gesetzentwurfs eine vollständige Neufassung der Regelungen zum Einkommen und zu dessen Ermittlung in den Abs 1, 3, 7, 8 und 9 des § 2 vorgeschlagen. Zur Begründung hat er ausgeführt (aaO S 37), dass mit den in den Abs 1, 3, 7, 8 und 9 vorgegebenen Änderungen der Wunsch des Bundesrates nach einem am Steuerrecht orientierten Einkommensbegriff ohne Bezugnahme auf die Regelungen des SGB II aufgegriffen werde. In den Erläuterungen des Ausschusses zu den neu angefügten Abs 8 und 9 (BT-Drucks aaO S 38) finden sich bis auf die wörtliche Wiederholung des Entwurfstextes ("zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden") keine Hinweise auf ein spezifisches (enges) Verständnis des Begriffes "zusätzlich".

31

Greift danach § 2 Abs 9 S 3 BEEG grundsätzlich ein, so sind auch dessen weitere Tatbestandsmerkmale gegeben. Die Klägerin hat ihre selbstständige Tätigkeit und ihre nichtselbstständige Arbeit iS des § 2 Abs 9 S 1 und 3 Halbs 1 BEEG sowohl während des vor der Geburt des Kindes maßgeblichen 12-Monatszeitraums als auch während des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums (hier: das Jahr 2006) ausgeübt. Das gilt auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin im 12-Monatszeitraum vor der Geburt in ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit eine etwas höhere durchschnittliche monatliche Arbeitszeit gehabt hat.

32

Der erkennende Senat hat für den Fall von Elterngeldberechtigten, die in den beiden Vergleichszeiträumen ausschließlich selbstständig tätig waren, aber wegen eines unterschiedlichen zeitlichen Umfangs dieser Tätigkeit voneinander abweichende Gewinne erzielt hatten, entschieden (s Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5; Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 1/10 R - SGb 2011, 210 und - B 10 EG 2/10 R -), dass für die Höhe des Elterngeldes der sich aus dem Steuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums ergebende durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn aus selbstständiger Arbeit nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn die im maßgeblichen 12-Monatszeitraum vor der Geburt des Kindes und die im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum durchgängig ausgeübte (selbstständige) Erwerbstätigkeit ihrer Art nach übereinstimmt und das Einkommen von derselben Person bei etwa gleichem Zeitaufwand erzielt wird. Die Grenzen einer ansonsten nach Art 3 Abs 1 GG zulässigen Typisierung werden danach eingehalten, wenn der zeitliche Umfang der Erwerbstätigkeit in den in Rede stehenden Bemessungszeiträumen um weniger als 20 % voneinander abweicht.

33

Bei einer Elterngeldberechtigten wie der Klägerin, die in beiden Vergleichszeiträumen sowohl selbstständig als auch nichtselbstständig tätig war, sind die gleichen Maßstäbe anzulegen. Die Art der ausgeübten Tätigkeit als Beamtin und als Praxisvertreterin ist durchgängig gleich geblieben. Auch hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Tätigkeiten ergeben sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG (aaO) keine relevanten Abweichungen, die eine Anwendung des § 2 Abs 9 BEEG und damit die Zugrundelegung des Einkommens aus dem Jahr 2006 ausschlössen.

34

Die selbstständige Tätigkeit als Praxisvertreterin hatte sowohl im Jahr 2006 als auch in dem Zeitraum von Juli 2006 bis Juni 2007 denselben zeitlichen Umfang. Die nichtselbstständige Tätigkeit als Beamtin hat die Klägerin zwar im 12-Monatszeitraum vor der Geburt in einem gegenüber dem Jahr 2006 - leicht - erhöhten zeitlichen Umfang ausgeübt. Diese Erhöhung erreicht jedoch die maßgebliche 20 %-Grenze nicht. Wie aus der Zusammenstellung der Arbeitszeiten, die das LSG bindend festgestellt hat (§ 163 SGG), ersichtlich ist, hat die Klägerin ihre Wochenarbeitszeit als Beamtin in der Zeit von Juli 2006 bis Juni 2007 mit durchschnittlich 27,585 Stunden gegenüber den 12 Monaten des Jahres 2006 (durchschnittlich 24,155 Stunden) nur um rund 14,2 % gesteigert.

35

Im Veranlagungszeitraum des Jahres 2006 (s § 25 Abs 1 EStG) ist keiner der in § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG genannten Tatbestände eingetreten(vgl § 2 Abs 9 S 2 BEEG). Zwar hat das LSG dazu keine Tatsachenfeststellungen getroffen, es ergibt sich jedoch aus den allgemeinen Gegebenheiten des vorliegenden Falles, dass die Klägerin in diesem Zeitraum weder Elterngeld für ein älteres Kind bezogen (Satz 5) noch Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte erhalten (Satz 6 1. Alt) oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung einen vollständigen oder teilweisen Einkommensverlust erlitten hat (Satz 6 2. Alt). Ein Elterngeldbezug war im Jahre 2006 nicht möglich, denn diese Leistung ist gesetzlich erst zum 1.1.2007 eingeführt worden. Aufgrund ihres seit 2003 bestehenden Beamtenstatus konnte die Klägerin Mutterschaftsgeld nach den genannten Gesetzen nicht beziehen. Zudem konnte bei ihr ein krankheitsbedingter Einkommensverlust nicht eintreten, denn Beamte haben im Krankheitsfall zeitlich unbeschränkt Anspruch auf Fortzahlung ihrer Amtsbezüge.

36

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt § 2 Abs 9 BEEG in der dargelegten Auslegung nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.

37

Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

38

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist der Gesetzgeber insbesondere im Sozialrecht bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Eine mit der Typisierung verbundene Belastung ist aber nur hinzunehmen, wenn die mit ihr einhergehenden Härten nicht besonders schwer wiegen, nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39; BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 37) und eine verhältnismäßig kleine Gruppe betreffen, also es sich nur um einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle und nicht um eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppe typischer Fälle handelt (vgl BVerfGE 26, 265, 275 f; 63, 119, 128, 130 = SozR 2200 § 1255 Nr 17). Hierbei sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (BVerfGE 9, 20, 31 f; 63, 119, 128 = SozR 2200 § 1255 Nr 17).

39

§ 2 Abs 9 BEEG benachteiligt Selbstständige mit einer gleichzeitig ausgeübten abhängigen Beschäftigung, die im Veranlagungszeitraum ein niedrigeres Einkommen hatten als im 12-Monatszeitraum vor der Geburt, gegenüber in gleicher Weise erwerbstätigen Personen, die im Veranlagungszeitraum ein höheres Einkommen hatten als im 12-Monatszeitraum vor der Geburt. Diese Rechtsfolge tritt zu Gunsten und zu Lasten der jeweiligen Personengruppe in Anwendung des § 2 Abs 9 BEEG typischerweise auf. Sofern eine gewisse Schwankungsbreite nicht überschritten wird, beachtet § 2 Abs 9 BEEG indes die Grenzen typisierender Regelungen des Art 3 Abs 1 GG. Dies hat der Senat bereits mehrfach entschieden und dabei anhand der Rechtsprechung des BVerfG die zumutbare Grenze bei einer Abweichung des zeitlichen Umfangs der in beiden Vergleichszeiträumen ausgeübten Erwerbstätigkeiten um weniger als 20 % gezogen (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 5; BSG Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 1/10 R - und - B 10 EG 2/10 R - jeweils juris). Auch nach erneuter Überprüfung im vorliegenden Streitfall hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Die Klägerin hat im Übrigen auch nur behauptet, dass sie als Selbstständige von § 2 Abs 9 S 1 und 3 BEEG ungerechtfertigt benachteiligt werde. Mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat sie sich insoweit nicht auseinandergesetzt.

40

Bei der Bemessung des Elterngeldes der Klägerin für den 4. bis 7. Lebensmonat des Kindes ist die Beklagte nicht von einem zu geringen Erwerbseinkommen im maßgebenden Jahr 2006 ausgegangen. Das Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Arbeit ist dem für den Veranlagungszeitraum (2006) ergangenen Steuerbescheid zu entnehmen. Da der diesbezügliche Steuerbescheid des Finanzamts B. vom 9.4.2008 bei Erlass des Bewilligungsbescheides der Beklagten vom 24.1.2008 und des Änderungsbescheides vom 4.4.2008 noch nicht vorlag, hätte die Beklagte das Elterngeld gemäß § 8 Abs 3 BEEG an sich nur vorläufig zahlen dürfen. Dieser formale Mangel beschwert indes die Klägerin nicht iS des § 54 Abs 2 SGG, denn das sich aus dem Steuerbescheid vom 9.4.2008 ergebende Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Arbeit im Jahre 2006 ist mit 4028 Euro - geringfügig - niedriger als das von der Beklagten mit 4043 Euro zugrunde gelegte Einkommen. Es würde mithin nicht zu einem höheren Anspruch der Klägerin auf Elterngeld führen.

41

Das Einkommen, das die Klägerin im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt hat, ist von der Beklagten zutreffend anhand der Kriterien des § 2 Abs 7 BEEG bestimmt worden(vgl § 2 Abs 9 S 3 Halbs 2 BEEG). Gegen diese Berechnung hat die Klägerin keine Einwände vorgebracht. Fehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

42

Wie nach § 2 Abs 1 BEEG geboten, hat die Beklagte das auf diese Weise errechnete monatliche Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit (336,92 Euro) und nichtselbständiger Tätigkeit (1639,32 Euro) zusammengezählt (1976,24 Euro). 67 % dieser Summe sind dementsprechend für den 4. bis 7. Lebensmonat des Kindes als monatliches Elterngeld bewilligt worden (Abhilfebescheid vom 4.4.2008).

43

Auch für den 8. bis 12. Lebensmonat des Kindes ist das Elterngeld der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Einkommens vor (1976,24 Euro) und nach der Geburt (646,08 Euro) rechtsfehlerfrei bemessen worden. Einschlägig ist insoweit § 2 Abs 3 BEEG. Satz 1 dieser Bestimmung sieht vor: Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach § 2 Abs 1 BEEG berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Entsprechend dieser Regelung hat die Beklagte den Unterschiedsbetrag zwischen dem Einkommen der Klägerin vor und nach der Geburt (1330,16 Euro) ermittelt und daraus den monatlichen Leistungssatz des Elterngeldes (67 % von 1330,16 Euro = 891,21 Euro) abgeleitet.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1.
im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.
während der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.
eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat
und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Abweichend von Satz 2 sind Kalendermonate im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 bis 4 auf Antrag der berechtigten Person zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 2 bleiben auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person aufgrund der COVID-19-Pandemie ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte und dies glaubhaft machen kann. Satz 2 Nummer 1 gilt in den Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe, dass auf Antrag auch Kalendermonate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind nach Vollendung von dessen 14. Lebensmonat unberücksichtigt bleiben, soweit der Elterngeldbezug von der Zeit vor Vollendung des 14. Lebensmonats auf danach verschoben wurde.

(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist auf Antrag der berechtigten Person für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit allein der Bemessungszeitraum nach Absatz 1 maßgeblich, wenn die zu berücksichtigende Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes

1.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen, durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug und
2.
in den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem steuerlichen Veranlagungszeitraum der Geburt des Kindes zugrunde liegen, bis einschließlich zum Kalendermonat vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro im Kalendermonat betrug.
Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist für die Berechnung des Elterngeldes im Fall des Satzes 1 allein das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich. Die für die Entscheidung über den Antrag notwendige Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erfolgt für die Zeiträume nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend § 2d Absatz 2; in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Einkommensteuerbescheid vorliegt, und für den Zeitraum nach Satz 1 Nummer 2 erfolgt die Ermittlung der Höhe der Einkünfte entsprechend § 2d Absatz 3. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt abschließend auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte, wie sie sich aus den gemäß Satz 3 vorgelegten Nachweisen ergibt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Juli 2012 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. September 2011 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes in der Zeit vom 6.5. bis 5.7.2011.

2

Der 1969 geborene Kläger ist Rechtsanwalt. Als solcher war er vor und nach der am 6.5.2010 erfolgten Aufnahme des am 19.4.2010 geborenen Kindes J. in den gemeinsam mit seiner Ehefrau geführten Haushalt selbstständig erwerbstätig.

3

Am 10.2.2011 beantragte der Kläger Elterngeld für den 13. und 14. Monat nach Aufnahme des Kindes in den Haushalt und gab an, seine selbstständige Tätigkeit in dieser Zeit (6.5. bis 5.7.2011) auf nur zehn Wochenstunden reduzieren zu wollen. Der Kläger legte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 28.2.2011 sowie eine Gewinnermittlung für den Elterngeldbezugszeitraum vor, die bei Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben einen Verlust von 10 040 Euro ausweist.

4

Mit Bescheid vom 13.5.2011 bewilligte die beklagte Landeskreditbank - für das Land Baden-Württemberg - dem Kläger entsprechend seinem Antrag im Hinblick auf die nicht feststehende Höhe seines Einkommens im Bezugszeitraum vorläufig Elterngeld in Höhe von jeweils 1755 Euro monatlich. Der Berechnung legte die Beklagte ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen vor der Haushaltsaufnahme von 3919,58 Euro und aufgrund des ausgewiesenen Verlustes im Bezugszeitraum ein "nachgeburtliches" Einkommen von 0 Euro zugrunde. Ausgehend von einer "Differenz" iH von höchstens 2700 Euro und einem Anspruchsfaktor von 65 % errechne sich der genannte monatliche Zahlbetrag.

5

Den mit der Begründung eingelegten Widerspruch des Klägers, ihm stehe bei einem monatlichen Einkommen von 3919,58 Euro und einem Bemessungssatz von 65 % Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages von 1800 Euro zu, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.5.2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die vom Kläger gewünschte - rechnerisch richtige - Berechnung komme nur für Lebensmonate des Kindes zum Tragen, in denen kein Erwerbseinkommen erzielt worden sei. Werde eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, sei indes immer ein Erwerbseinkommen vorhanden, welches auch negativ sein könne. Dann gelte die Regelung des § 2 Abs 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), wonach als Elterngeld der maßgebliche Prozentsatz (65 %) des Unterschiedsbetrages des vor- und nachgeburtlich durchschnittlich erzielten Einkommens gezahlt werde. Dabei sei als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit höchstens der Betrag von 2700 Euro anzusetzen. Daraus ergebe sich hier ein monatlicher Anspruch auf Elterngeld in Höhe von 1755 Euro.

6

Das vom Kläger angerufene Sozialgericht Mannheim (SG) hat die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger vorläufig Elterngeld in Höhe von 1800 Euro monatlich zu zahlen (Urteil vom 28.9.2011). Zur Begründung hat es ausgeführt: § 2 BEEG in der Neufassung ab 1.1.2011 stelle scheinbar unbeabsichtigt Personen ohne Erwerbseinkommen nach der Geburt besser als Personen mit einem derartigen Einkommen, weil bei diesen das berücksichtigungsfähige Einkommen auf 2700 Euro begrenzt sei und damit das Elterngeld bei einem Leistungssatz von 65 % auf 1755 Euro gesenkt werde. Dies wirke sich hier aber nicht aus, weil der Kläger im Bezugszeitraum kein berücksichtigungsfähiges Einkommen erzielt habe und sich sein Anspruch daher allein nach § 2 Abs 1 und 2 BEEG berechne.

7

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.7.2012). Seine Entscheidung hat es wie folgt begründet:

8

Der Anspruch des Klägers richte sich nach dem BEEG idF des Haushaltsbegleitgesetzes vom 9.12.2010 (BGBl I 1885). Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG seien erfüllt. Die Höhe des Anspruchs bestimme sich nach § 2 BEEG, wobei hier insbesondere § 2 Abs 3 BEEG maßgebend sei. Auch wenn § 2 Abs 3 S 1 BEEG zur Abgrenzung vom Anspruch nach § 2 Abs 1 S 1 BEEG darauf abstelle, dass der Berechtigte Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt habe und § 2 Abs 1 S 2 BEEG den Begriff des "Einkommens aus Erwerbstätigkeit" als die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG definiere, werde der Kläger vorliegend von § 2 Abs 3 BEEG erfasst und nicht von § 2 Abs 1 S 1 BEEG. Sei der Elterngeldberechtigte nach der Geburt erwerbstätig, greife § 2 Abs 3 BEEG unabhängig davon ein, ob er Einkünfte erzielt habe oder nicht. Dies ergebe sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs und dem Zweck der gesetzlichen Regelung.

9

Die Absenkung des Prozentsatzes von 67 auf 65 bei höheren vorgeburtlichen Einkünften durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 führe dazu, dass der Höchstbetrag von 1800 Euro nicht mehr dem maßgebenden Prozentsatz des Referenzeinkommens von unverändert 2700 Euro entspreche. Daraus folge aber nicht, dass diejenigen, die trotz eingeschränkter Erwerbstätigkeit kein Einkommen erzielten, ebenfalls den Betrag von 1800 Euro beanspruchen könnten. Die Systematik der Leistungen an Erwerbstätige iS des § 2 Abs 3 BEEG spreche vielmehr für die Auslegung des Senats. Denn bei denjenigen, die aus ihrer Erwerbstätigkeit nach der Geburt ein positives Einkommen erzielten, sei Maßstab für die Höhe des ihnen zustehenden Elterngeldes der Höchstbetrag von 1755 Euro. Werde etwa ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 200 Euro erzielt, errechne sich hieraus ein Elterngeld in Höhe von 1625 Euro (2700 Euro - 200 Euro = 2500 Euro, hiervon 65 % = 1625 Euro). Es würden also 65 % des monatlichen Einkommens von 200 Euro von dem sich aus § 2 Abs 3 BEEG ergebenden Höchstbetrag abgezogen. Damit werde deutlich, dass diejenigen, die ein Einkommen von 0 Euro erzielten, nicht den Betrag von 1800 Euro erhalten könnten, weil dieser Betrag höher sei als der für alle Erwerbstätige geltende Referenzbetrag von 1755 Euro. Andernfalls würden Personen, die Einkommen erzielten, verhältnismäßig weniger Elterngeld erhalten als diejenigen, die ebenfalls erwerbstätig seien, aber kein Einkommen oder gar Verluste erzielten.

10

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 2 BEEG. Rechtsfehlerhaft gehe das LSG davon aus, dass die Regelung des § 2 BEEG in den Abs 2 und 3 zwischen Unterbrechung der Tätigkeit und Beendigung der Tätigkeit unterscheide. Richtigerweise differenziere § 2 BEEG durchgehend zwischen Personen, die Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielten und solchen, die kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielten. Die vom LSG gefundene Begründung sei daher aus mehreren Gründen unschlüssig. Gegen die Begründung des LSG spreche der eindeutige Wortlaut des Gesetzes. Darüber helfe auch nicht die vom LSG beigezogene Begründung des Gesetzes hinweg. Das vorliegende Problem ergebe sich nicht aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber von Einkommen aus Erwerbstätigkeit statt von Unterbrechung oder Beendigung der Erwerbstätigkeit spreche. Das Problem ergebe sich vielmehr aus einer redaktionellen Ungenauigkeit bei Änderung des Prozentsatzes von 67 auf 65 %.

11

Die Regelung des § 2 Abs 3 BEEG sei für Fälle geschaffen, in denen der Bezugsberechtigte weiterhin Einkommen erziele. Es solle dadurch ausgeschlossen werden, dass ein Bezugsberechtigter, der sein Einkommen reduziere, aus dieser Reduzierung den Maximalbetrag des Elterngeldes beziehe und darüber hinaus weiteres nicht anzurechnendes Einkommen erziele. Es sei unstreitig, dass ein Bezugsberechtigter, der vor der Geburt eines Kindes ein Nettoeinkommen von 2500 Euro habe und nach der Geburt ein negatives Einkommen von 500 Euro, einen Elterngeldanspruch lediglich aus dem vor der Geburt bestehenden Einkommen von 2500 Euro, somit 1625 Euro erwerbe. Nach der Auslegung des LSG müsste konsequenterweise auch für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes die Differenz zwischen dem Einkommen vor der Geburt und nach der Geburt berechnet werden. Es müsste dann im vorgenannten Beispiel der Höchstbetrag von 2700 Euro genommen werden, weil als Bemessungsgrundlage die Differenz von 2500 zu minus 500 Euro zugrunde zu legen wäre. Demgegenüber berücksichtige das LSG für die Anwendung des § 2 Abs 3 BEEG negatives Einkommen des Bezugsberechtigten, lasse dieses jedoch bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes außer Betracht.

12

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Juli 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. September 2011 zurückzuweisen.

13

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie schließt sich mit ergänzenden Ausführungen dem angefochtenen Urteil an.

15

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision des Klägers ist zulässig.

17

Sie ist kraft Zulassung durch das LSG statthaft und vom Kläger form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

18

Einer Sachentscheidung des erkennenden Senats stehen keine prozessualen Hindernisse entgegen. Klage und Berufung sind zulässig.

19

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) statthaft. Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 13.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.5.2011. Dass darin dem Kläger das Elterngeld gemäß § 8 Abs 3 BEEG vorläufig gewährt worden ist und eine endgültige Festsetzung der Höhe dieser Leistung durch die Beklagte noch nicht erfolgt ist, hindert eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe des Anspruchs nicht. Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht entgegen, dass die vorläufige Entscheidung der Beklagten noch nicht durch eine endgültige ersetzt worden ist, denn die Bewilligung vorläufiger Leistungen nach § 8 Abs 3 BEEG ist ein eigenständiger Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB X, der gesondert mit Widerspruch und Klage angefochten werden kann(s BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 16/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 15 RdNr 13 mwN).

20

Obwohl der Wert des Beschwerdegegenstandes mit zweimal 45 Euro, somit 90 Euro, die in § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG festgelegte Grenze von 750 Euro unterschreitet, ist die Berufung statthaft, denn sie ist vom SG zugelassen worden(s § 144 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG).

21

Die Revision ist auch begründet.

22

Zu Unrecht hat das LSG auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen, denn das Urteil des SG ist rechtens. Der Kläger hat Anspruch auf Elterngeld in Höhe von jeweils 1800 Euro für den 13. und 14. Monat nach der Aufnahme des Kindes J. in seinen Haushalt am 6.5.2010, mithin für die Zeit vom 6.5. bis 5.7.2011.

23

Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld für den streitigen Zeitraum richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748) idF des am 1.1.2011 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885).

24

Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt der Kläger die Grundvoraussetzungen für den Anspruch auf Elterngeld gemäß § 1 Abs 1 BEEG. Zwar handelt es sich bei dem Kind J. F. nicht um ein leibliches Kind des Klägers ("sein Kind") iS des § 1 Abs 1 Nr 2 BEEG. Abweichend hiervon hat der Kläger jedoch gemäß § 1 Abs 3 Nr 1 BEEG Anspruch auf Elterngeld, weil er das Kind mit dem Ziel der Annahme als Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

25

Für die hier allein streitige Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers ist § 2 BEEG maßgebend. Die Vorschrift lautet in ihren hier anzuwendenden Absätzen:

(1)     

Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen.

(2)     

In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3)     

Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Abs. 1) berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Abs. 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist dabei höchstens der Betrag von 2700 Euro anzusetzen.

26

Die weiteren Einzelheiten über die Berücksichtigung von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit enthält § 2 Abs 8 und 9 BEEG (uU in Verbindung mit einzelnen Bestimmungen des Abs 7).

27

Der Kläger war sowohl vor als auch nach der Aufnahme des Kindes in seinen Haushalt mit dem Ziel der Annahme als Kind als Rechtsanwalt selbstständig erwerbstätig. Seine Einkünfte sind danach solche aus selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 S 1 BEEG iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG.

28

Das "vorgeburtliche" Einkommen des Klägers hat die Beklagte gemäß § 2 Abs 9 BEEG anhand des für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Haushaltsaufnahme des Kindes am 6.5.2010 ergangenen Steuerbescheides (hier für 2009) errechnet. Dagegen hat der Kläger keine Einwände erhoben. Anlass zu Bedenken gegen dieses Vorgehen der Beklagten bestehen nicht. Danach ergab sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 3919,58 Euro. Hiervon ausgehend ergibt sich gemäß § 2 Abs 1 S 1 iVm § 2 Abs 2 S 2 BEEG ein Elterngeldanspruch von monatlich 1800 Euro (65 Prozent von 3919,58 Euro begrenzt auf den Höchstbetrag von 1800 Euro).

29

Entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten ist das Elterngeld des Klägers nicht nach § 2 Abs 3 BEEG zu berechnen. Zwar erfasst die Vorschrift nach ihrem Wortlaut - bei einem weiten Begriffsverständnis - auch den vorliegenden Fall. Aus systematischen Gründen und wegen des Zwecks der Gewährung von Elterngeld als Einkommensersatz ergibt sich jedoch deren Unanwendbarkeit für den Fall, dass der Elterngeldberechtigte während des Anspruchszeitraums nur negative Einkünfte hat.

30

Bei Betrachtung des Wortlauts des Satz 1 des § 2 Abs 3 BEEG setzt eine Anwendung dieser Bestimmung voraus, dass die berechtigte Person für Monate nach der Geburt (oder der gleichgestellten Haushaltsaufnahme) des Kindes ein Einkommen erzielt, das "durchschnittlich geringer ist als das nach Absatz 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt". Da nach Maßgabe des § 2 Abs 1 S 2 BEEG als Einkommen vor der Geburt die Summe der positiven Einkünfte ua aus selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 EStG zu berücksichtigen ist, liegt diese Voraussetzung bei natürlichem Wortverständnis an sich auch dann vor, wenn nach der Geburt ein nur negatives Einkommen (Verlust) erzielt wird.

31

Der durch die in § 2 Abs 3 S 1 BEEG erfolgte Bezugnahme auf § 2 Abs 1 BEEG hergestellte systematische Zusammenhang legt es allerdings nahe, bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrages auch für die Zeit nach der Geburt (bzw Haushaltsaufnahme) des Kindes nur die Summe der positiven Einkünfte iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG zugrunde zu legen. Auf diese Weise würde man bei der Berechnung einen einheitlichen Einkommensbegriff anwenden. Sind nach der Geburt (Haushaltsaufnahme) nur negative Einkünfte erzielt worden, scheidet danach eine Anwendung des § 2 Abs 3 BEEG aus.

32

Dieses Ergebnis folgt auch aus einer weiteren systematischen Erwägung: Wenn es § 2 Abs 3 BEEG nicht gäbe, würde nach § 2 Abs 1 BEEG ein "Alles-oder-nichts-Prinzip" gelten. Gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG wird nämlich Elterngeld (nur) für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Ob kein Einkommen erzielt wird, würde sich dann zwangsläufig nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG richten, wonach als Einkommen aus Erwerbstätigkeit nur die Summe der positiven Einkünfte aus bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeiten(§ 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 EStG) zu berücksichtigen ist. Folglich sind nach § 2 Abs 1 BEEG Personen mit negativen Einkünften so zu behandeln, als erzielten sie kein Einkommen. Diese Grundkonzeption wird durch § 2 Abs 3 BEEG nur ergänzt, aber nicht geändert. Diese Vorschrift gewährt Personen einen Anspruch auf vermindertes Elterngeld, die im möglichen Bezugszeitraum ein geringeres Einkommen erzielen als vor der Geburt (bzw Haushaltsaufnahme) des Kindes. Hingegen lässt sie den Elterngeldanspruch solcher Berechtigten unberührt, denen bereits nach § 2 Abs 1 BEEG Leistungen in voller Höhe zustehen.

33

Diese Beurteilung stimmt auch mit dem allgemeinen Sinn und Zweck des Elterngeldes überein, wie er in der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 28) angenommen worden ist. Danach ist es vor allem Ziel des Elterngeldes, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (so die Gesetzesbegründung, vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (so die Gesetzesbegründung, vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Mit dem BEEG hat deshalb der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und das bedürftigkeitsabhängige Erziehungsgeld durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld abgelöst (vgl BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, jeweils RdNr 19; zum Elterngeld als eine das Einkommen ersetzende Leistung auch BSG Urteile vom 19.2.2009 - B 10 EG 1/08 R und B 10 EG 2/08 R -). Diese Einkommensersatzfunktion ergibt sich aus den Berechnungsvorschriften in § 2 BEEG, wobei Abs 1 S 1 dieser Vorschrift einen Höchstbetrag von 1800 Euro festlegt.

34

Dieser allgemeinen gesetzgeberischen Zielsetzung entspricht auch der aus § 2 Abs 3 BEEG ersichtliche Zweck der Vorschrift. Sie soll für den Fall der Erzielung von Einkommen im Elterngeldbezugszeitraum sicherstellen, dass der Elterngeldbetrag unter den allein aufgrund des vorgeburtlichen Einkommens zustehenden Betrag und damit im gegebenen Fall auch unter den Höchstbetrag von 1800 Euro abgesenkt wird. Da das Elterngeld zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 15), erscheint eine solche Absenkung nur dann als sachgerecht, wenn der Anspruchsberechtigte im Bezugszeitraum tatsächlich positive Einkünfte erzielt. Hat dieser nach der Geburt (bzw Haushaltsaufnahme) des Kindes hingegen nur negative Einkünfte, stehen ihm zur Sicherung seines Lebensunterhalts keine eigenen Mittel aus Erwerbstätigkeit zur Verfügung. Eine Absenkung des Elterngeldes nach § 2 Abs 3 BEEG ist dann sinnwidrig.

35

Demgegenüber überzeugen die Erwägungen nicht, die das LSG im angefochtenen Urteil zur Begründung seiner gegenteiligen Auslegung unter Hinweis auf die Systematik und den Sinn und Zweck der Absätze 1 und 3 des § 2 BEEG dargelegt hat. Das LSG hält § 2 Abs 3 BEEG auch bei nachgeburtlich nur negativen Einkünften für anwendbar, weil der Berechtigte in der betreffenden Zeit erwerbstätig gewesen sei. Es entspreche dem Zweck des Elterngeldes, diejenigen Eltern zu bevorzugen, die während des Elterngeldbezugs vollständig auf eine Erwerbstätigkeit verzichteten, weil diese noch mehr Zeit für die Betreuung der Kinder zur Verfügung hätten. Diese Argumentation berücksichtigt nicht hinreichend, dass sowohl § 2 Abs 1 BEEG als auch § 2 Abs 3 BEEG allein auf die Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit abstellen, während der Umstand der Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw deren Nichtausübung als Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Elterngeld in § 1 Abs 1 Nr 4 iVm Abs 6 BEEG geregelt ist. Das Gesetz erlaubt danach Eltern die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Elterngeldbezugszeitraum von bis zu 30 Wochenstunden und gibt ihnen in diesem Fall einen vollwertigen Anspruch auf Elterngeld. Insbesondere bei Selbstständigen kann es vorkommen, dass sie während der beanspruchten Elterngeldbezugsmonate iS des § 2 Abs 3 BEEG Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, auch wenn sie in dieser Zeit die Erwerbstätigkeit vollständig unterbrochen haben(vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14). Die vom LSG in diesem Zusammenhang herangezogene Begründung zum Gesetzentwurf des BEEG (BT-Drucks 16/1889 S 20), umschreibt nur eine typische von § 2 Abs 3 BEEG erfasste Fallkonstellation, ist jedoch nicht geeignet, die vom LSG vertretene Auslegung zu stützen.

36

Auch die von der Beklagten im Revisionsverfahren vorgebrachten Gründe überzeugen nicht. Der allgemeine Gesetzeszweck des HBeglG 2011, nämlich der Erzielung von Einsparungen, kann eine der Systematik und dem Sinn und Zweck einer gesetzlichen Vorschrift entsprechende Auslegung kaum beeinflussen. Entsprechendes gilt für den - auch anhand des vorliegenden Falles ersichtlichen - Umstand einer finanziell nur begrenzten Auswirkung der Neuregelung durch das HBeglG 2011 auf die Anspruchshöhe. Schließlich können auch die von der Beklagten behaupteten Auswirkungen einer Nichtanwendung des § 2 Abs 3 BEEG bei nachgeburtlich nur negativem Einkommen nicht überzeugen:

37

Das erste Beispiel der Ausübung zweier Gewerbe vor der Geburt mit einmal negativen und einmal positiven Einkünften ist ein Anwendungsfall des § 2 Abs 1 iVm Abs 7 bis 9 BEEG und grundsätzlich dem sog horizontalen Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart zugänglich. Das zweite Beispiel eines vor der Geburt erfolgten Wirtschaftens für 6 Monate mit Verlust und für 6 Monate mit Gewinn betrifft ebenfalls allein die Anwendung des § 2 Abs 1 iVm Abs 7 bis 9 BEEG, wonach aus den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt das durchschnittlich monatlich erzielte Einkommen der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen ist. Der weiter genannte Fall, in dem die berechtigte Person während der Bezugszeit teilweise Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, betrifft zwar die Anwendung des § 2 Abs 3 BEEG, ist jedoch für das nachgeburtliche Einkommen ähnlich dem zweiten Fallbeispiel zu lösen. Denn auch nach § 2 Abs 3 BEEG ist auf das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzustellen, wobei allerdings nur die beanspruchten Bezugsmonate berücksichtigt werden. Sofern Elterngeld nicht einfach für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes, sondern für einzelne, nicht zusammenhängende Monate beansprucht wird, führt dies zwar bei Betrachtung der einzelnen Zeitabschnitte möglicherweise zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand. Selbst wenn es sich dabei sogar - aus der Sicht der Beklagten - um einen "unzumutbaren" Aufwand handeln sollte, kann dies nicht zu einer anderen als der nach Wortlaut, Systematik und Zweck des Gesetzes gebotenen Handhabung der Vorschrift führen, zumal auch die Verfahrensweise der Beklagten - je nach Fallgestaltung - mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden sein kann.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Wird von der Möglichkeit des Aufschubs Gebrauch gemacht, so kann das Basiselterngeld abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 4 unschädlich.

(2) Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt. Hat der Bezug des Partnerschaftsbonus bereits begonnen, so gelten allein die Bestimmungen des Absatzes 3.

(3) Liegt der Bezug des Partnerschaftsbonus ganz oder teilweise vor dem Ablauf des 23. September 2022 und kann die berechtigte Person die Voraussetzungen des Bezugs aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einhalten, gelten die Angaben zur Höhe des Einkommens und zum Umfang der Arbeitszeit, die bei der Beantragung des Partnerschaftsbonus glaubhaft gemacht worden sind.

(4) (weggefallen)

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Wird von der Möglichkeit des Aufschubs Gebrauch gemacht, so kann das Basiselterngeld abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 4 unschädlich.

(2) Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt. Hat der Bezug des Partnerschaftsbonus bereits begonnen, so gelten allein die Bestimmungen des Absatzes 3.

(3) Liegt der Bezug des Partnerschaftsbonus ganz oder teilweise vor dem Ablauf des 23. September 2022 und kann die berechtigte Person die Voraussetzungen des Bezugs aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einhalten, gelten die Angaben zur Höhe des Einkommens und zum Umfang der Arbeitszeit, die bei der Beantragung des Partnerschaftsbonus glaubhaft gemacht worden sind.

(4) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2012 aufgehoben, soweit es die teilweise Aufhebung der Bewilligung des Elterngeldes für die Zeit vom 24. Januar 2011 bis 23. Februar 2011 betrifft.

In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

2

Der beklagte Landkreis bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 6./7.12.2010 Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihrer am 2010 geborenen Tochter M Wegen der Anrechnung der während des Beschäftigungsverbotes bis zum 19.11.2010 bezogenen beamtenrechtlichen Dienstbezüge betrug der Auszahlungsbetrag für den ersten Lebensmonat (24.9. bis 23.10.2010) 0,00 Euro und für den zweiten Lebensmonat (24.10. bis 23.11.2010) 169,35 Euro; für den dritten bis zwölften Lebensmonat errechnete der Beklagte einen Betrag von jeweils 1312,48 Euro. Der Bemessung legte er in dem Zeitraum September 2009 bis August 2010 durchschnittlich erzielte monatliche Nettoeinkünfte von 1958,93 Euro zugrunde. Da die Klägerin beantragt hatte, die Monatsbeträge in halben Monatsbeträgen auszuzahlen, hob der Beklagte mit Bescheid vom 8./10.12.2010 die ursprüngliche Bewilligung mit Wirkung vom 24.1.2011 auf und stellte fest, dass in dem fünften bis 20. Lebensmonat (24.1.2011 bis 23.5.2012) jeweils ein Betrag von 656,24 Euro gezahlt werde.

3

Mit Rundschreiben vom 2.12.2010 wies der Beklagte die Elterngeldberechtigten auf die zum 1.1.2011 durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885)

4

eintretenden Gesetzesänderungen und deren Rechtsfolgen hin. Durch Bescheid vom 24.1.2011 hob der Beklagte die Bewilligung des Elterngeldes der Klägerin gemäß § 48 Abs 1 SGB X ab dem fünften Lebensmonat (also ab dem 24.1.2011) mit folgender Begründung teilweise auf:

5

Durch das HBeglG 2011 sei insoweit eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten, als § 2 Abs 2 BEEG mit Wirkung vom 1.1.2011 geändert worden sei. Nach dem neu eingefügten S 2 dieser Regelung sinke bei einem vorgeburtlichen monatlichen Durchschnittseinkommen von mehr als 1200 Euro der Bemessungssatz von 67 % auf bis zu 65 %. Auf Grund dessen stellte der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin für die Zeit vom 24.1.2011 bis 23.5.2012 in Höhe von monatlich 636,65 Euro fest. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies er zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.6.2011).

6

Das Sozialgericht Oldenburg (SG) hat mit Urteil vom 10.1.2012 den Bescheid vom 24.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.6.2011 aufgehoben. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat auf die von dem Beklagten eingelegte Berufung das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.4.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

7

Der Beklagte habe zu Recht die Bewilligung des Elterngeldes mit Wirkung ab dem 24.1.2011 teilweise nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X aufgehoben und die monatlichen Leistungen von 656,24 Euro auf 636,65 Euro herabgesetzt, weil in den der Elterngeldbewilligung zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die Bewilligung von Elterngeld stelle einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar, da dadurch für die Dauer des Bezugszeitraumes wiederholend Elterngeld pro Monat gewährt worden sei.

8

Die wesentliche Änderung sei durch das zum 1.1.2011 in Kraft getretene HBeglG 2011 und den damit eingefügten § 2 Abs 2 S 2 BEEG erfolgt. Da das maßgebliche Einkommen der Klägerin im Bemessungszeitraum den in § 2 Abs 2 S 2 BEEG genannten Grenzwert von 1200 Euro überschritten habe, wirke sich die vorgesehene Leistungsminderung auf ihren Anspruch aus. Diese Regelung gelte auch für laufende Leistungsfälle. Dies ergebe sich bereits aus Art 24 Abs 2 HBeglG 2011, wonach ua Art 14 dieses Gesetzes und damit auch die Neufassung des § 2 Abs 2 BEEG ohne Übergangsregelung zum 1.1.2011 in Kraft getreten sei. Damit betreffe die Neuregelung alle ab Januar 2011 zu erbringenden Elterngeldansprüche, und zwar unabhängig davon, ob die zu betreuenden Kinder vor oder erst nach der Gesetzesänderung geboren worden seien. Auch die Gesetzesmaterialien belegten ausdrücklich den Willen des Gesetzgebers, die Ansprüche solcher Eltern mit zu erfassen, deren Kinder bereits vor der Gesetzesänderung geboren seien.

9

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Neuregelung seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe diese keine Rückwirkung beinhaltet und damit auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der Eltern missachtet. Denn der Anspruch auf Elterngeld werde nicht bereits mit der Geburt des Kindes begründet, sondern erst dadurch, dass der das Elterngeld beantragende Elternteil im jeweiligen Bezugsmonat alle Anspruchsvoraussetzungen erfülle. Daher seien von der Gesetzesänderung nur künftige Elterngeldansprüche, dh Ansprüche auf Elterngeld für die ab dem 1.1.2011 beginnenden Bezugsmonate, betroffen gewesen.

10

Selbst wenn aber von einem Gesetz mit unechter Rückwirkung auszugehen sei, trage die Neuregelung dem Vertrauensschutz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hinreichend Rechnung. Die sich aus diesen Verfassungsprinzipien ergebenden Anforderungen seien erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich sei oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwögen. Das HBeglG 2011 stehe im Zusammenhang mit Bemühungen der Haushaltskonsolidierung. Hierbei habe auch der Bereich der Familienleistungen nicht ausgespart bleiben können. Mit dem Ziel der langfristigen Stabilität der Staatsfinanzen habe sich der Gesetzgeber auf öffentliche Interessen von besonderer Bedeutung berufen können. Dem stehe nur eine geringe Leistungsreduzierung um ca 3 % gegenüber, so dass sich nichts dafür objektivieren lasse, dass diese die betroffenen Eltern bei Abwägung ihres Interesses mit den verfolgten Gemeinwohlbelangen unverhältnismäßig belasten könne. Der Gesetzgeber habe im Rahmen der ihm zukommenden typisierenden Betrachtung davon ausgehen dürfen, dass die mit dem HBeglG 2011 vorgesehene Kürzung (für Eltern mit einem Erwerbseinkommen vor der Geburt von mehr als 1200 Euro) um bis zu ca 3 % angesichts ihres begrenzten Ausmaßes kein ausschlaggebendes Gewicht bei der Entscheidung für oder gegen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der ersten Lebensmonate des Kindes gewinnen werde. Zudem seien mögliche Kürzungen der Elterngeldansprüche bereits im Zeitpunkt der Geburt der Tochter der Klägerin Gegenstand der politischen Erörterungen gewesen.

11

Schließlich verstoße die Neufassung des § 2 Abs 2 BEEG auch nicht gegen Art 6 GG. Hinsichtlich der Ausgestaltung und Konkretisierung des Auftrages zum Schutz der Familie sei dem Gesetzgeber ein weitreichendes Ermessen zuzubilligen. Die Grenzen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, der im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit besonders weit sei, würden durch die geringfügige Modifizierung der Höhe des Elterngeldes nicht überschritten.

12

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 48 Abs 1 S 1 SGB X, der Art 14 Nr 2 Buchst b und Art 24 Abs 2 HBeglG 2011 sowie des Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus:

13

Hinsichtlich der Bewilligung von Elterngeld an sie sei keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Denn die durch das HBeglG 2011 erfolgte Änderung des § 2 Abs 2 BEEG sei nur auf Elterngeldansprüche anwendbar, die nach dem 1.1.2011 entstanden seien, nicht dagegen auf laufende Leistungsfälle. In Art 24 Abs 2 HBeglG 2011 sei keine Regelung zum zeitlichen Anwendungsbereich der Gesetzesänderung enthalten, so dass ein eindeutiger Wille des Gesetzgebers im Gesetz nicht erkennbar sei. Es sei daher auf die allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Rechts abzustellen. Danach sei dasjenige Recht maßgeblich, das zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses gegolten habe. Der Anspruch auf Elterngeld entstehe entgegen der Ansicht des LSG mit der Geburt des Kindes bzw mit der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen. Der Eintritt des jeweiligen Lebensmonats sei lediglich für die Auszahlung der Leistung maßgeblich. Daher sei für ihren Anspruch das Recht des Jahres 2010 entscheidend. Spätere Änderungen könnten diesen Anspruch nicht beeinträchtigen.

14

Im Übrigen verstoße die Entscheidung des LSG gegen das Rückwirkungsverbot, da das LSG den zu ihren Gunsten bestehenden Vertrauensschutz nicht hinreichend berücksichtigt habe. Soweit die Änderung des § 2 Abs 2 BEEG laufende Leistungsfälle erfasse, sei darin eine unechte Rückwirkung zu sehen, die unzulässig sei. Auf ihrer Seite seien die hohen laufenden Ausgaben zu berücksichtigen, die dazu führten, dass die Minderung des Elterngeldes um monatlich 39,18 Euro (richtig: 19,59 Euro) bzw insgesamt 313,44 Euro eine hohe finanzielle Belastung darstelle. Daher habe diese Leistungsminderung um ca 3 % Auswirkungen auf die Entscheidung für die Inanspruchnahme von Elternzeit und -geld. Das Gebot der Rechtssicherheit und der daraus folgende Vertrauensschutz seien höher zu bewerten als die öffentlichen Interessen an der Konsolidierung des Bundeshaushaltes. Auch dürfe nicht das Einsparpotenzial von jährlich ca 40 bis 45 Mio Euro betrachtet werden, sondern nur die Einsparungen, die durch die Änderungen im Elterngeldrecht bewirkt worden seien.

15

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2012 aufzuheben sowie die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 zurückzuweisen.

16

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

17

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

18

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

19

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil die teilweise Aufhebung der Bewilligung des Elterngeldes an die Klägerin für die Zeit vom 24.1.2011 bis 23.2.2011 betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich der teilweisen Aufhebung der Elterngeldbewilligung für die restlichen Lebensmonate - ist die Revision unbegründet.

20

Einer Sachentscheidung des erkennenden Senats stehen keine prozessualen Hindernisse entgegen. Klage und Berufung sind zulässig. Insbesondere ist die Berufung auf Grund ihrer Zulassung durch das erstinstanzliche Gericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Es handelt sich um eine isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG). Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 24.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.6.2011. Der Bescheid vom 24.1.2011 hat die durch den Bescheid vom 8./10.12.2010 für den fünften bis 20. Lebensmonat erfolgte Neufeststellung des Elterngeldanspruchs teilweise aufgehoben und der Klägerin Elterngeld für diesen Zeitraum in geringerer Höhe zuerkannt. Das Begehren der Klägerin ist darauf gerichtet, Elterngeld in der ursprünglich gewährten Höhe zu erhalten. Dieses Ziel erreicht sie bereits mit der Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

21

Die Revision der Klägerin hat zu einem geringen Teil Erfolg. Soweit der Beklagte die Elterngeldbewilligung für den Zeitraum vom 24.1.2011 bis 23.2.2011 teilweise aufgehoben hat, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Er kann nicht beurteilen, ob die verwaltungsverfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine insoweit erfolgte Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs 1 S 2 SGB X vorliegen. Im Übrigen hat das LSG auf der Grundlage seiner insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG im Ergebnis zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Insoweit war der Beklagte befugt, die Höhe des Elterngeldes durch den Bescheid vom 24.1.2011 herabzusetzen.

22

1. In formeller Hinsicht ist der angefochtene Verwaltungsakt revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Zwar hat es der Beklagte versäumt, die Klägerin vor Erlass des Verwaltungsaktes nach § 24 Abs 1 SGB X anzuhören; dieser Verfahrensfehler ist jedoch durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden (§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X).

23

Vor Erlass des in die Rechte der Klägerin eingreifenden Verwaltungsaktes hätte diese nach § 24 Abs 1 SGB X angehört werden müssen. Die Ausnahme nach § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X greift nicht ein, weil der Beklagte mit dem angefochtenen Verwaltungsakt das Elterngeld nicht geänderten Einkommensverhältnissen angepasst hat; vielmehr gründet die teilweise Aufhebung auf einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse.

24

Das Unterlassen der vorherigen Anhörung ist allerdings nach § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X unbeachtlich, weil die Anhörung der Klägerin nachgeholt worden ist. Der Beklagte hat der Klägerin in dem angefochtenen Bescheid vom 24.1.2011 die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt, auf die er die teilweise Aufhebung der zuvor erfolgten Neufeststellung des Elterngeldes gestützt hat. Dadurch hatte die Klägerin die Gelegenheit, sich dazu sachgerecht zu äußern (vgl hierzu Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 41 RdNr 15 mwN). Diese Möglichkeit hat die Klägerin durch Einlegung und Begründung des Widerspruches wahrgenommen. Aus dem Widerspruchsbescheid vom 15.6.2011 wird zudem deutlich, dass der Beklagte die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die teilweise Aufhebung zur Kenntnis genommen und bei seiner (ablehnenden) Entscheidung in Erwägung gezogen hat.

25

2. Der Beklagte hat die mit Bescheid vom 24.1.2011 erfolgte Neufeststellung des Elterngeldanspruchs der Klägerin zutreffend auf § 48 SGB X gestützt. Nach Abs 1 S 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

26

a) Die Neuregelung der Auszahlung des Elterngeldes der Klägerin durch den Bescheid vom 8./10.12.2010 stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar (vgl ebenso Brandenburg in jurisPK-SGB X, Stand 1.12.2012, § 48 RdNr 51). Ein solcher Verwaltungsakt liegt vor, wenn eine durch Verwaltungsakt getroffene Regelung in rechtlicher Hinsicht über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus Wirkungen erzeugt (BSG Urteil vom 30.1.1985 - 1 RJ 2/84 - BSGE 58, 27, 28 = SozR 1300 § 44 Nr 16 S 28; Brandenburg in jurisPK-SGB X, Stand 1.12.2012, § 48 RdNr 51) dh wenn der Verwaltungsakt sich nicht nur in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (BSG Urteil vom 28.9.1999 - B 2 U 32/98 R - BSGE 84, 281, 288 = SozR 3-2200 § 605 Nr 1 S 8 f). Die rechtliche Wirkung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung erstreckt sich daher über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer (BSG Urteil vom 29.6.1994 - 1 RK 45/93 - BSGE 74, 287, 289 = SozR 3-1300 § 48 Nr 33 S 67). Für die Charakterisierung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung ist es irrelevant, dass im Elterngeldrecht die Leistungen regelmäßig mit einem Bewilligungsbescheid für den gesamten Bezugszeitraum festgestellt werden. Die Bewilligung von Elterngeld beschränkt sich nicht nur auf die Gewährung und Auszahlung eines einmaligen Geldbetrages, sondern bezieht sich stets auf einen Zeitraum von mindestens zwei bis höchstens zwölf Monaten (vgl § 4 Abs 3 S 1 BEEG idF des Gesetzes vom 17.1.2009, BGBl I 61) bzw ausnahmsweise von 14 Monaten (vgl § 4 Abs 3 S 3 BEEG). So regelte der Beklagte mit Bescheid vom 8./10.12.2010 in Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 6./7.12.2010 die Auszahlung des Elterngeldes für den fünften bis 20. Lebensmonat neu.

27

b) Durch das HBeglG 2011 ist in den rechtlichen Verhältnissen, die bei der Neufeststellung des Elterngeldes nebst Auszahlungsregelung vom 8./10.12.2010 vorgelegen haben, eine Änderung eingetreten.

28

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld hat sich zunächst nach dem BEEG idF vom 28.3.2009 (BGBl I 634) gerichtet. Für die hier allein streitige Höhe des Elterngeldanspruchs der Klägerin ist § 2 BEEG maßgebend. Nach dessen Abs 1 S 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Hinsichtlich des maßgeblichen Bemessungssatzes stellt § 2 Abs 2 BEEG idF vom 28.3.2009 fest, dass sich dieser in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1000 Euro war, von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 % erhöht.

29

Dieser Bestimmung ist durch Art 14 Nr 2 Buchst b HBeglG 2011 folgender Satz angefügt worden:

        

In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 %.

30

Nach Art 24 Abs 2 HBeglG 2011 ist diese Änderung am 1.1.2011 in Kraft getreten, also nach dem Erlass des Bescheides über die Neufeststellung des Elterngeldes vom 8./10.12.2010. Dieser ist nämlich am 16.12.2010 abgesandt und damit am 19.12.2010 wirksam geworden (vgl § 37 Abs 2 S 1, § 39 Abs 1 S 1 SGB X).

31

c) Diese Rechtsänderung ist für den Elterngeldanspruch der Klägerin wesentlich gewesen.

32

aa) Zunächst wird der Anspruch der Klägerin vom Inhalt der neuen Regelung erfasst, weil ihr durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes nach den bindenden Feststellungen des LSG 1958,93 Euro betrug. Nach § 2 Abs 2 S 2 BEEG ist in diesem Fall für die Höhe des Elterngeldes nicht mehr der Bemessungssatz von 67 %, sondern derjenige von 65 % maßgeblich. Dies führt zu einer geringeren Höhe des Elterngeldes. Nach den nunmehr vorliegenden rechtlichen Verhältnissen hätten der Bewilligungsbescheid vom 6./7.12.2010 und der Bescheid vom 8./10.12.2010 über die Auszahlung in halben Monatsbeträgen der Höhe nach nicht mehr ergehen dürfen (vgl Waschull in LPK-SGB X, 2. Aufl 2007, § 48 RdNr 31 mwN).

33

bb) Die Klägerin ist nicht bereits deshalb von der Anwendung des neuen Rechts ausgenommen, weil dieses erst nach Ablauf ihres Elterngeldbezuges in Kraft getreten wäre (vgl dazu zB BSG Urteil vom 21.2.2013 - B 10 EG 12/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 19 RdNr 23 mwN). Denn sie stand am 1.1.2011 noch im Leistungsbezug.

34

cc) Die Neuregelung würde sich ohne Weiteres ab dem fünften Lebensmonat des Kindes (also ab dem 24.1.2011) auf den Elterngeldanspruch der Klägerin auswirken, wenn die Leistung Monat für Monat jeweils neu bewilligt worden wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr umfasst die Neufeststellung des Elterngeldes vom 8./10.12.2010 einen Zeitraum von 15 Lebensmonaten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs 2 S 1 BEEG, wonach das Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt wird. Diese Vorschrift regelt zwar auch die Entstehung monatlicher Zahlungsansprüche (vgl BSG Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 38); daraus folgt jedoch keine Notwendigkeit einer gesonderten Bewilligung für jeden einzelnen Lebensmonat.

35

dd) Der Elterngeldanspruch der Klägerin wird vom zeitlichen Geltungsbereich des HBeglG 2011 erfasst. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

36

aaa) Dem Wortlaut des HBeglG 2011 ist nicht zu entnehmen, ob § 2 Abs 2 S 2 BEEG auf laufende Leistungsfälle anzuwenden ist. Art 24 Abs 2 HBeglG 2011 regelt lediglich den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Eine Übergangsregelung fehlt.

37

bbb) Deutliche Auslegungshinweise sind den Gesetzesmaterialien zu entnehmen.

38

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens forderte der Bundesrat, das Inkrafttreten der Änderungen zum BEEG im Interesse der Eltern und der mit dem Vollzug befassten Länder mit einer Stichtagsregelung für Neufälle zu verbinden. Mit einer solchen Stichtags-regelung - abhängig von dem Geburtstag des Kindes - solle eine Übergangsregelung geschaffen werden, die den Eingriff in laufende Fälle vermeide. Dadurch werde den Belangen der Vollzugsstellen und der Akzeptanz der anstehenden Rechtsänderungen bei den Eltern Rechnung getragen und gewährleistet, dass das Elterngeld weiterhin als eine erfolgreiche, bürgernahe Familienleistung in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Bei einem unmittelbaren Inkrafttreten zum 1.1.2011 müssten hingegen die betroffenen Fälle mit hohem Aufwand ermittelt und Änderungsbescheide erlassen werden. In einer Vielzahl von Fällen werde es zu Überzahlungen und entsprechenden Rückforderungen kommen. Es sei mit einer großen Anzahl von Widerspruchsfällen, ggf anschließenden Klageverfahren sowie mit erheblichem Unverständnis für die komplexe Konstellation in der Öffentlichkeit zu rechnen (BR-Drucks 532/10 S 6 f).

39

Die Bundesregierung, die den ursprünglichen Gesetzentwurf eingebracht hatte (BT-Drucks 17/3030), lehnte den Vorschlag einer solchen Stichtagsregelung ab. Eine derartige Regelung stünde ua nicht im Einklang mit den Haushaltserfordernissen, die sich insbesondere aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Neuverschuldung ergäben. Das Anliegen, eine Übergangsregelung für die Änderungen zum BEEG zu schaffen, hätten die Länder bereits im Rahmen der Anhörung zum HBeglG 2011 vorgebracht. Die von den gesetzlichen Änderungen Betroffenen seien durch den Kabinettsbeschluss bereits grundsätzlich informiert. Die Bundesregierung werde sich bemühen, mit den Ländern eine Umsetzung mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand herbeizuführen (BT-Drucks 17/3361 S 4). Auf dieser Basis nahm der Bundestag den Entwurf des HBeglG 2011 mit Bezug auf die Änderung des § 2 Abs 2 BEEG am 28.10.2010 unverändert an (BR-Drucks 680/10 S 19). Da der Bundesrat in seiner Sitzung am 26.11.2010 weder den Vermittlungsausschuss anrief noch die Zustimmungsbedürftigkeit des HBeglG 2011 feststellte (Plenarprotokoll 877 S 456 A und B; BR-Drucks 680/10 ), wurde dieses Gesetz am 9.12.2010 ausgefertigt und am 14.12.2010 verkündet (BGBl I 1885).

40

Dieser Ablauf lässt deutlich erkennen, dass sich die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren mit ihren Vorstellungen durchgesetzt hat. Die Bundesregierung hat in ihrer zitierten Stellungnahme auf den Vorschlag des Bundesrates zur Schaffung einer Stichtagsregelung Bezug genommen und diesen abgelehnt. Die Frage des zeitlichen Anwendungsbereiches der Änderung des § 2 Abs 2 BEEG war damit Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens; sie ist in der Weise beantwortet worden, dass die Gesetzesänderung ab ihrem Inkrafttreten auch laufende Leistungsfälle erfassen solle. Diesem gesetzgeberischen Willen steht der Wortlaut von Art 14 Nr 2 Buchst b, Art 24 Abs 2 HBeglG 2011 nicht entgegen, zumal er zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 2 Abs 2 S 2 BEEG keine Regelung enthält. Unter diesen Umständen liegt auch keine planwidrige Regelungs- bzw Gesetzeslücke (vgl zum Vorliegen einer Gesetzeslücke iS einer planwidrigen Unvollständigkeit BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 9 V 7/98 R - BSGE 83, 68, 70 f = SozR 3-1500 § 84 Nr 2 S 4, jeweils mwN) vor, die Voraussetzung für eine analoge Anwendung einer mit der Vorschrift des § 27 BEEG vergleichbaren Stichtagsregelung wäre.

41

ccc) Eine Heranziehung der Grundsätze des intertemporalen Rechts führt zu keiner anderen Beurteilung.

42

Werden materielle Anspruchsvoraussetzungen eines sozialrechtlichen Leistungsgesetzes geändert, gilt grundsätzlich das so genannte Versicherungs- bzw Leistungsfallprinzip. Hiernach ist ein Rechtssatz nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind danach für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandenen Lebensverhältnissen unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt. Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (vgl BSG Urteil vom 26.11.1991 - 1/3 RK 25/90 - BSGE 70, 31, 34 = SozR 3-2500 § 48 Nr 1 S 3 f, jeweils mwN; Urteil vom 29.10.1992 - 9b RAr 7/92 - BSGE 71, 202, 208 = SozR 3-4100 § 45 Nr 3 S 14, jeweils mwN; Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, jeweils RdNr 20; Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13 mwN; Urteil vom 24.3.2009 - B 8 SO 34/07 R - SozR 4-5910 § 111 Nr 1 RdNr 9; Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 14; ebenso Kopp, SGb 1993, 593, 595 f: Grundsatz der Sofortwirkung und Nicht-Rückwirkung des neuen Rechts sowie Grundsatz des tempus regit actum).

43

Das Leistungsfall- bzw Versicherungsfallprinzip ist nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt. Dann kommt der Grundsatz der sofortigen Anwendung des neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse zum Tragen (vgl BSG Urteil vom 27.8.1998 - B 10 AL 7/97 R - SozR 3-4100 § 141e Nr 3 S 11; ebenso eine sofortige Anwendung neuen Rechts bejahend Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 27; Kopp, SGb 1993, 593, 597). Im Bereich des SGB III wendet das BSG unter Berufung auf das einschlägige Übergangsrecht und die Gesetzesbegründung (vgl BSG Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 16/00 R - BSGE 87, 262, 263 = SozR 3-4300 § 196 Nr 1 S 3; Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 32 mwN)das so genannte Geltungszeitraumprinzip an, wonach neues Recht immer schon (aber auch noch) einen Sachverhalt erfasst, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen (vgl BSG Urteil vom 6.2.2003 - B 7 AL 72/01 R - SozR 4-4100 § 119 Nr 1 RdNr 7 mwN; Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13; Urteil vom 18.12.2008 - B 11 AL 48/07 R - SozR 4-4300 § 158 Nr 4 RdNr 13; Urteil vom 6.5.2009 - B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 14; vgl zu diesem Grundsatz Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2010, vor §§ 422 ff RdNr 2 ff; Brandts in Brand, SGB III, 6. Aufl 2012, vor §§ 422 ff RdNr 6 f).

44

Welcher der genannten Grundsätze des intertemporalen Rechts zur Anwendung gelangt, richtet sich letztlich danach, wie das einschlägige Recht auszulegen ist (vgl BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 12/03 R - SozR 4-2700 § 70 Nr 1 RdNr 13). Dementsprechend sind diese Grundsätze nicht geeignet, ein eindeutiges Auslegungsergebnis - wie im vorliegenden Fall - umzukehren.

45

ddd) Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck des HBeglG 2011 für eine Anwendung des § 2 Abs 2 S 2 BEEG auf laufende Leistungsfälle. Dieser bestand darin, zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte - sowohl im Hinblick auf die Defizitgrenze des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes als auch die "Schuldenbremse" der Art 109 Abs 3, Art 115 Abs 2 GG - Staatsausgaben einzusparen (vgl BT-Drucks 17/3030 S 1). Hierbei könne - so die Begründung zum Gesetzentwurf - auch der Bereich der Familienleistungen nicht ausgespart werden (BT-Drucks 17/3030 S 47). Dieser Gesetzeszweck legt es nahe, die Herabsetzung des Bemessungssatzes für das Elterngeld ab dem Inkrafttreten des § 2 Abs 2 S 2 BEEG auch auf laufende Leistungsfälle anzuwenden(ebenso Dau, jurisPR-SozR 24/2011, Anm 4). Denn nur so konnte das beabsichtigte Sparziel erreicht werden (vgl dazu BT-Drucks 17/3030 S 27).

46

d) Damit sind im Falle der Klägerin die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 1 SGB X für eine teilweise Aufhebung der Elterngeldbewilligung mit Wirkung für die Zukunft gegeben gewesen. Diese Zukunftswirkung bezieht sich auf die Zeit ab Beginn des Lebensmonats des Kindes, der auf die Bekanntgabe des angefochtenen Verwaltungsakts folgt (vgl dazu BSG Urteil vom 24.4.1997 - 13 RJ 23/96 - BSGE 80, 186, 196 = SozR 3-7140 § 1 Nr 1 S 12 f; BSG Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 38). Da der Aufhebungsbescheid am 24.1.2011 ergangen und der Klägerin durch Post übermittelt worden ist, gilt er gemäß § 37 Abs 2 SGB X - abhängig von dem berufungsgerichtlich nicht festgestellten Zeitpunkt der Aufgabe zur Post - frühestens als am 27.1.2011 bekannt gegeben. Eine Zukunftswirkung hat er mithin erst ab dem sechsten Lebensmonat des Kindes entfalten können, der am 24.2.2011 begann.

47

3. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Beklagte die Höhe des der Klägerin zustehenden Elterngeldes ab dem sechsten Lebensmonat des Kindes zutreffend festgestellt. Er ist hierbei von dem von ihm ermittelten monatlichen Bemessungseinkommen von 1958,93 Euro ausgegangen und hat mit dem Bemessungssatz von 65 % eine Leistung in Höhe von 636,65 Euro errechnet.

48

4. Der erkennende Senat ist nicht davon überzeugt (vgl Art 100 Abs 1 GG), dass die Anwendung des § 2 Abs 2 S 2 BEEG im vorliegenden Fall Grundrechte der Klägerin verletzt.

49

a) Nach Art 14 Abs 1 GG geschützte Eigentumsrechte sind durch die Herabsetzung des Bemessungssatzes nicht betroffen. Der Anspruch auf Elterngeld begründet für den Berechtigten keine Eigentums- oder eigentumsähnlichen Rechte, da er nicht auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Berechtigten beruht (vgl zu dieser Voraussetzung BVerfG Urteil vom 16.7.1985 - 1 BvL 5/80 ua - BVerfGE 69, 272, 301 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 126 f). Die Ausgaben für das Elterngeld trägt der Bund (§ 12 Abs 2 BEEG) aus allgemeinen Steuermitteln (vgl ebenso zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90, 101 ff = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23 RdNr 30 ff; vgl zum Kindergeld BSG Urteil vom 22.1.1986 - 10 RKg 20/84 - SozR 5870 § 10 Nr 8 S 12; ebenso zum Elterngeld Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, vor §§ 1-14 BEEG RdNr 12).

50

b) Ebenso wenig verstößt die Geltung der Absenkung des Bemessungssatzes auch für laufende Leistungsfälle gegen die rechtsstaatlichen Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art 20 Abs 3 GG iVm Art 2 Abs 1 GG).

51

Zunächst liegt hierin keine echte Rückwirkung bzw keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn eine solche ist nur anzunehmen, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90, 106 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23 RdNr 45 mwN). Art 14 Nr 2 Buchst b HBeglG 2011, der am 14.12.2010 verkündet worden ist (BGBl I 1885), hat den Anspruch auf Elterngeld in früheren, bereits vollständig abgeschlossenen Zeiträumen unberührt gelassen. Diese Regelung wirkt sich lediglich auf Elterngeldansprüche für Lebensmonate nach seiner Verkündung aus (vgl Art 24 Abs 2 HBeglG 2011).

52

Die Änderung des BEEG hat allerdings eine unechte Rückwirkung bzw eine tatbestandliche Rückanknüpfung, soweit sie auch für laufende Leistungsfälle gilt. Eine solche liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl BVerfG Urteil vom 16.7.1985 - 1 BvL 5/80 ua - BVerfGE 69, 272, 309 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 132; Beschluss vom 13.5.1986 - 1 BvL 55/83 - BVerfGE 72, 141, 154 = SozR 2200 § 1265 Nr 78 S 260; Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - BVerfGE 123, 186, 257 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 212) bzw wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl BVerfG Beschluss vom 14.5.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 242; Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67, 78 f; Beschluss vom 5.2.2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93 - BVerfGE 105, 17, 37 f; Urteil vom 5.2.2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133, 181). Der Klägerin ist zunächst Elterngeld für den Zeitraum vom 24.9.2010 bis 23.9.2011 bewilligt worden. In Abänderung dieser Entscheidung hat der Beklagte ihr für den fünften bis 20. Lebensmonat halbe Monatsbeträge gewährt. In diese Rechtsposition greift § 2 Abs 2 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011 mit Wirkung vom 1.1.2011 und damit ab Beginn des nächsten Lebensmonats am 24.1.2011 ein.

53

Die unechte Rückwirkung eines Gesetzes ist grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Verfassungsrechtliche Grenzen ergeben sich für sie allerdings aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Rechtssicherheit. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz. Daher ist ein Gesetz mit unechter Rückwirkung ausnahmsweise unzulässig, wenn es einen Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (BVerfG Beschluss vom 28.11.1984 - 1 BvR 1157/82 - BVerfGE 68, 287, 307). Darüber hinaus muss das Vertrauen des Betroffenen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung schutzwürdiger sein als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen (vgl zu diesen beiden kumulativen Voraussetzungen Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 20 RdNr 74 mwN). Dies ist anzunehmen, wenn bei der gebotenen Interessenabwägung das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen überwiegt (BVerfG Beschluss vom 24.3.1998 - 1 BvL 6/92 - BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 34; Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; Beschluss vom 14.3.2001 - 1 BvR 2402/97 - SozR 3-4100 § 242q Nr 2 S 11 - zur zeitlichen Anspruchsbegrenzung der originären Arbeitslosenhilfe; BSG Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 30). Eine Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und dem Vertrauensschutz des Einzelnen hat der Gesetzgeber vor allem dann zu treffen, wenn die finanzielle Lage des Staates Einsparungen von Staatsausgaben notwendig macht. Er hat insoweit die Prioritäten zu setzen und eine politische Entscheidung zu treffen (BSG Urteil vom 22.1.1986 - 10 RKg 20/84 - SozR 5870 § 10 Nr 8 S 11). Dabei steht dem Gesetzgeber ein erheblicher Spielraum zur Verfügung (vgl BVerfG Beschluss vom 10.4.1984 - 2 BvL 19/82 - BVerfGE 67, 1, 15; Beschluss vom 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 359 f). Danach wird der Grundsatz des Vertrauensschutzes durch die auf den Elterngeldanspruch der Klägerin anwendbare Änderung des § 2 Abs 2 BEEG nicht verletzt.

54

Die Zulässigkeit der Absenkung des Bemessungssatzes des Elterngeldes ergibt sich allerdings noch nicht daraus, dass die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Geburt ihrer Tochter am 2010 mit dieser Änderung hätte sicher rechnen müssen. Zwar gibt es keinen generellen Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand gesetzlicher Vorschriften (vgl BVerfG Urteil vom 3.4.2001 - 1 BvR 1681/94 ua - BVerfGE 103, 271, 287). Das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts wird jedoch in der Regel solange geschützt, bis der Bundestag ein änderndes Gesetz beschließt (vgl BVerfG Beschluss vom 22.6.1971 - 2 BvL 6/70 - BVerfGE 31, 222, 227 mwN). Demnach ist ein Vertrauensschutz der Klägerin in den Fortbestand des alten Rechts frühestens am 28.10.2010 (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 17/68, S 7279; Beschluss des Bundesrates vom 26.11.2010, BR-Drucks 680/10 ) entfallen.

55

Gegenüber dem Bestandsinteresse der Klägerin überwiegt jedoch das vom Gesetzgeber verfolgte Anliegen zum Wohl der Allgemeinheit.

56

Das Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand der Regelung des § 2 Abs 2 BEEG ist nicht sehr hoch einzuschätzen. Allgemein ist ein Vertrauen in staatliches Handeln insoweit nicht geschützt, als es darauf gerichtet ist, dass insbesondere Leistungen der gewährenden Staatstätigkeit - also finanzielle Leistungen, denen keine finanziellen Leistungen des Bürgers an den Staat vorausgegangen sind - grundsätzlich und in gleicher Höhe weiter gewährt werden (vgl BSG Urteil vom 22.1.1986 - 10 RKg 20/84 - SozR 5870 § 10 Nr 8 S 11). Zunächst bestand die Rechtslage, die geändert wurde, erst seit dem 1.1.2007; es wurde also kein seit langer Zeit bestehendes Recht (vgl zu diesem Gesichtspunkt BVerfG Beschluss vom 14.3.2001 - 1 BvR 2402/97 - SozR 3-4100 § 242q Nr 2 S 11) geändert. Es geht hier demnach nicht um den unveränderten Fortbestand einer über viele Jahre gewährten Rechtsposition (vgl hierzu BVerfG Beschluss vom 24.3.1998 - 1 BvL 6/92 - BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 34). Darüber hinaus zeichnete sich die Absenkung der Leistungshöhe des Elterngeldes schon frühzeitig ab. Der Beschluss des so genannten Konsolidierungspakets, das die Änderung der Bemessung des Elterngeldes bereits umfasst hatte, ist im Rahmen der Kabinettsklausur der Bundesregierung am 6. und 7.6.2010 gefasst worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist am 3.9.2010 an den Bundesrat (BR-Drucks 532/10) und am 27.9.2010 an den Bundestag (BT-Drucks 17/3030) übersandt worden.

57

Ferner kann ein Elternteil Elterngeld insgesamt nur für zwölf bzw in Ausnahmefällen für 14 Monate beziehen. Die Klägerin erhielt wegen der Anrechnung des Bezugs von Mutterschaftsgeld Elterngeld für elf Lebensmonate des Kindes, von denen acht von der Absenkung des Bemessungssatzes betroffen sind (wegen der Auszahlung von halben Monatsbeträgen wirkt sich dies auf 16 Monate aus). Überdies ist der monatliche Elterngeldanspruch der Klägerin lediglich um 19,59 Euro, also um ca 3 %, reduziert worden. Angesichts dieser geringen Höhe kann die im Gesetzgebungsverfahren getroffene Einschätzung, die Auswirkungen der Absenkung der Ersatzrate seien moderat (vgl BT-Drucks 17/3030 S 47), noch nachvollzogen werden (vgl LSG NRW Urteil vom 11.11.2011 - L 13 EG 41/11 - juris RdNr 31, vom 9.3.2012 - L 13 EG 52/11 - juris RdNr 19 sowie Urteil vom 6.5.2013 - L 13 EG 5/13 - juris RdNr 25; ebenso Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG, Stand 9/2011, § 2 BEEG RdNr 35; grundsätzlich zustimmend, wenn auch mit Bedenken: Stellungnahme des Deutschen Vereins zum Gesetzentwurf des HBeglG 2011, NDV 2010, 477).

58

Auf der anderen Seite verfolgte der Gesetzgeber mit der Reduzierung der Sozialausgaben eine Konsolidierung des Haushalts und damit wichtige Gemeinwohlinteressen. Ihm stand dabei eine weite Gestaltungsfreiheit auch im Hinblick darauf zu, dass er mit Blick auf die erstmals für das Haushaltsjahr 2011 geltende so genannte Schuldenbremse (Art 109 Abs 3, Art 115 Abs 2 GG iVm Art 143d Abs 1 S 1 und 2 sowie S 6 GG idF des Gesetzes vom 29.7.2009 ) eine nach seiner Einschätzung unvertretbar hohe Neuverschuldung vermeiden wollte. Das Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ist eine übergreifende und legitime Aufgabe des Gesetzgebers zu Gunsten des Staatsganzen (BVerfG Beschluss vom 14.3.2001 - 1 BvR 2402/97 - SozR 3-4100 § 242q Nr 2 S 10 f mwN). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die beabsichtigte Haushaltsentlastung für die kommunale Ebene in Höhe von jährlich 37 Mio bis 47 Mio Euro Bezug nimmt (vgl BT-Drucks 17/3361 S 1), sind diese Zahlen für die Änderung des BEEG nicht aussagekräftig. Denn die Ausgaben für das Elterngeld trägt nicht die kommunale Ebene, sondern der Bund (§ 12 Abs 2 BEEG). Die für den Bund erwartete Haushaltsentlastung beim Elterngeld allein durch die Absenkung der Ersatzquote sowie durch die Nichtberücksichtigung bestimmter Einnahmen (vgl die weiteren Änderungen in § 2 BEEG durch das HBeglG 2011) betrug nach den Gesetzesmaterialien in den Jahren 2011 bis 2014 jeweils 155 Mio Euro (vgl BT-Drucks 17/3030 S 27) und überstieg damit die von der Klägerin zugrunde gelegten Beträge um ein Vielfaches. Gerade um bereits im Haushaltsjahr 2011, in dem nach Art 143d Abs 1 S 6 GG mit dem Abbau des bestehenden Defizits begonnen werden sollte, eine hohe Haushaltsentlastung zu erreichen, war es erforderlich, die Änderung des § 2 Abs 2 BEEG ohne Übergangsregelung in Kraft treten und damit auch für laufende Leistungsfälle eingreifen zu lassen.

59

Vor dem Hintergrund der Bedeutung des vom Gesetzgeber mit dem HBeglG 2011 verfolgten Zieles sowie unter Abwägung dieses Anliegens mit der verhältnismäßig geringen Absenkung der Höhe des Elterngeldes um ca 3 % erachtet der Senat es für zumutbar, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der laufenden Leistungsfälle auf eine Übergangsregelung verzichtet hat.

60

c) Schließlich liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG (iVm Art 6 Abs 1 GG) vor.

61

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschlüsse vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN und vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240, 252 f mwN = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1).

62

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG Beschlüsse vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359 mwN; vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfen, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfG Urteile vom 20.12.1966 - 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63 - BVerfGE 21, 12, 26; Beschluss vom 7.5.1968 - 1 BvR 420/64 - BVerfGE 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfG Beschlüsse vom 14.4.1964 - 2 BvR 69/62 - BVerfGE 17, 319, 330; vom 11.3.1980 - 1 BvL 20/76, 1 BvR 826/76 - BVerfGE 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12; vom 15.5.1984 - 1 BvR 464/81 ua - BVerfGE 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt des Gleichheitssatzes erfährt seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfG Beschlüsse vom 8.4.1987 - 2 BvR 909/82 ua - BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (zB BVerfG Beschlüsse vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 418 mwN - BVerfGE 126, 400).

63

Im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26). Für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung gilt insoweit ein Willkürmaßstab. Hinzu kommt, dass die Regelungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs nicht an Persönlichkeitsmerkmalen anknüpfen, die dem Einzelnen nicht verfügbar sind (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215). Im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, muss der Staat allerdings zusätzlich den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55).

64

Vor diesem Hintergrund kann der Senat einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG nicht feststellen. Soweit Berechtigte je nach dem Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes und der Lage der Bezugsmonate unterschiedlich hohe Elterngeldleistungen erhalten, beruht dies auf dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1.1.2011. Dieser Termin orientiert sich sachgerecht an dem Beginn des Haushaltsjahres 2011. Auf Grund der Änderung des § 2 Abs 2 BEEG durch das HBeglG 2011 werden auch Elterngeldberechtigte mit einem durchschnittlichen monatlichen vorgeburtlichen Erwerbseinkommen bis einschließlich 1200 Euro anders behandelt als Berechtigte mit einem höheren Einkommen, da die Absenkung des Bemessungssatzes nur für die zuletzt genannte Gruppe gilt. Für Berechtigte mit einem niedrigeren Einkommen bleibt der Bemessungssatz unverändert bei mindestens 67 %, nach § 2 Abs 2 S 1 BEEG wird er sogar auf bis zu 100 % angehoben. Diese Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt.

65

Die Rechtfertigung ergibt sich aus dem Zweck, den der Gesetzgeber bereits mit § 2 Abs 2 BEEG idF des Gesetzes vom 5.12.2006 (BGBl I 2748) - jetzt § 2 Abs 2 S 1 BEEG - verfolgt. Mit der darin vorgesehenen, stufenweisen Erhöhung des Bemessungssatzes sollten nach der Begründung des Gesetzentwurfes gezielt gering verdienende Eltern und insbesondere die Ausübung gering bezahlter Teilzeit- oder Kurzzeitbeschäftigungen unterstützt werden. Weil in diesen Fällen häufig auch das Partnereinkommen gering sei, sollten Familien mit kleinem Familieneinkommen mit dem Elterngeld eine Familienleistung erhalten, ohne dass eine aufwändige Ermittlung des gesamten Familieneinkommens erforderlich sei (BT-Drucks 16/1889 S 20). Diese Unterstützung gering verdienender Eltern hat der Gesetzgeber des HBeglG 2011 fortgeführt und nicht nur die Erhöhung des Bemessungssatzes unverändert beibehalten, sondern darüber hinaus die gestaffelte Absenkung des Bemessungssatzes erst bei einem Einkommen von mehr als 1200 Euro beginnen lassen. Die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Berechtigten mit einem geringeren Einkommen ist ein ausreichender Sachgrund für deren Besserstellung gegenüber Berechtigten, die - wie die Klägerin - vor der Geburt des Kindes ein höheres Einkommen erzielt haben.

66

Im Rahmen der Prüfung einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nicht darüber zu entscheiden, ob der Gesetzgeber die Grenze für die Absenkung des Bemessungssatzes mit einem Einkommen von mehr als 1200 Euro zutreffend gewählt hat oder ob nicht ein höheres Einkommen zweckmäßiger gewesen wäre. Diese Frage liegt innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Ebenso wenig ist der Frage nachzugehen, ob statt der Absenkung der Ersatzquote die Reduzierung des Höchstbetrages des Elterngeldes von monatlich 1800 Euro zu einer sozial gerechteren Konturierung der Sparmaßnahme geführt hätte (vgl zu dieser Überlegung Stellungnahme des Deutschen Vereins zum Gesetzentwurf des HBeglG 2011, NDV 2010, 477 f).

67

An dieser Beurteilung ändert auch Art 6 Abs 1 GG nichts. Danach hat der Staat ua die Pflicht, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern (vgl BVerfG Beschlüsse vom 29.10.2002 - 1 BvL 16/95 ua - BVerfGE 106, 166, 177 f = SozR 3-5870 § 3 Nr 4 S 15; vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436; vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97 - BVerfGE 111, 160, 172 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 53; BSG Urteil vom 13.10.2005 - B 10 EG 4/05 R - SozR 4-7833 § 6 Nr 3 RdNr 20; Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 28 f). Dieser Pflicht hat der Gesetzgeber mit dem BEEG Rechnung getragen. Aus Art 6 Abs 1 GG ergibt sich weder eine Verpflichtung, jegliche die Familie treffenden finanziellen Belastungen auszugleichen, noch erwachsen daraus konkrete Ansprüche auf staatliche Leistungen. Der Gesetzgeber konnte sich daher ohne Verstoß gegen seine Pflicht zur Familienförderung dafür entscheiden, den Bemessungssatz für die Bestimmung der Höhe des Elterngeldes ab einer bestimmten Höhe des Bemessungseinkommens geringfügig abzusenken. Er durfte auch davon ausgehen, dass diese Absenkung der Ersatzquote weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Zwang auf die Eltern ausübt, auf die persönliche Betreuung des Kindes zu verzichten und stattdessen eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Ziele, aber auch fiskalischen Interessen des Staates dienen (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 EG 19/11 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 1 RdNr 39 mwN).

68

5. Soweit der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 24.1.2011 den Elterngeldanspruch der Klägerin für den fünften Lebensmonat des Kindes (24.1.2011 bis 23.2.2011) betrifft, wirkt er für die Vergangenheit. Gemäß § 48 Abs 1 S 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr 1),
- der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesent-
 licher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht
 nach gekommen ist (Nr 2),
- nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt
 worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr 3),
 oder
- der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwe-
 rem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft
Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr 4).

69

Während die Nr 1 bis 3 offensichtlich nicht gegeben sind, kommt die Nr 4 hier in Betracht. Ob deren Voraussetzungen vorliegen, vermag der Senat nicht zu beurteilen, weil insoweit die erforderlichen Tatsachenfeststellungen - insbesondere zu einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin - fehlen, die im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (vgl § 163 SGG). In diesem Umfang ist das Berufungsurteil daher aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

70

6. Das LSG wird - soweit erforderlich - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.