Sozialgericht Mannheim Urteil, 09. Nov. 2007 - S 9 R 2887/07

bei uns veröffentlicht am09.11.2007

Tenor

1. Der Überprüfungsbescheid vom 04.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 wird aufgehoben und die Beklagte unter Rücknahme bzw. Änderung des Rentenbescheides vom 14.07.2005 verurteilt, die Rente wegen Erwerbsminderung ohne Verminderung des Zugangsfaktors zu gewähren und den Rentenbescheid vom 04.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 ebenfalls entsprechend abzuändern.

2. Die Beklagte erstattet der Klägerin die außergerichtlichen Kosten.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob die jetzt 54jährige Klägerin (geb. am ... 1953) eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann; dabei ist vor allem streitig, ob dieser Rente ein ungekürzter Zugangsfaktor (1,0) oder nur ein um 10,8 % verminderter Zugangsfaktor (0,892) zugrunde zu legen ist.
Mit dem Bescheid vom 14.07.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.08.2005 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 30.06.2007. Hierbei kürzte sie den Zugangsfaktor um 10,8 %, so dass sich ein Zugangsfaktor von nur 0,892 ergab. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Aufgrund des BSG-Urteils vom 16.05.2006 (B 4 RA 22/05 R) beantragte die Klägerin am 01.09.2006 die Überprüfung dieses Rentenbescheides und machte gelten, dass bei Personen, bei denen die Erwerbsminderung vor dem 60. Lebensjahr eingetreten ist, ein Abschlag nicht anfällt.
In ihrer Replik vom 07.09.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Rentenversicherungsträger die Rechtsauffassung des BSG nicht teilen.
In der Folge kamen die Beteiligten zunächst überein, das Überprüfungsverfahren ruhen zu lassen.
Nachdem die Klägerin am 05.02.2007 die Weiterzahlung ihrer Rente wegen Erwerbsminderung beantragt hatte und gebeten hatte, das Überprüfungsverfahren abzuschließen, bekräftigte die Beklagte mit dem Überprüfungsbescheid vom 04.05.2007 ihren Standpunkt: Die Beklagte interpretierte § 77 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) so, dass die Höhe des Abschlages bei einer Rente wegen Erwerbsminderung, die vor der Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wird, auf die Höhe begrenzt wird, die für den Zeitpunkt ab Vollendung des 60. Lebensjahres gilt. Daher nahm sie eine Minderung des Zugangsfaktors um 10,8 % an.
Mit einem weiteren Bescheid vom 04.05.2007 wandelte die Beklagte die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.07.2007 in eine entsprechende Dauerrente um. Auch hierbei wurde ein verminderter Zugangsfaktor zugrunde gelegt.
Am 10.05.2007 erhob die Klägerin unter Bezugnahme auf den Standpunkt des Bundessozialgerichtes Widerspruch.
In dem abweisenden Widerspruchsbescheid vom 19.07.2007 hielt die Beklagte ihre Auffassung aufrecht und machte ergänzend darauf aufmerksam, dass die Nachteile, die sich aus der Reduzierung des Zugangsfaktors ergeben, zum Teil dadurch kompensiert werden, dass die Zurechnungszeit verlängert worden ist.
10 
Am 20.08.2007 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht erhoben und führt nochmals aus, dass nach der BSG-Entscheidung vom 16.05.2006 eine Verminderung des Zugangsfaktors für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen ist. Die Argumentation der Beklagten, die Minderung des Zugangsfaktors werde durch eine verlängerte Zurechnungszeit ausgeglichen, könne nicht überzeugen, denn hierdurch könne eine rechtswidrige Verwaltungspraxis nicht begründet werden.
11 
Somit beantragt die Klägerin sinngemäß,
12 
den Überprüfungsbescheid vom 04.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme bzw. Änderung des Rentenbescheides vom 14.07.2005 zu verurteilen, die Rente wegen Erwerbsminderung ohne Verminderung des Zugangsfaktors zu gewähren und den Rentenbescheid vom 04.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 ebenfalls entsprechend abzuändern.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie macht darauf aufmerksam, dass ihr Standpunkt der gefestigten Verwaltungspraxis, der Gesetzgebungsgeschichte und der (bisherigen) Rechtsprechung entspricht. Die Entscheidung des 4. Senates des BSG sei lediglich eine Einzelmeinung. Insoweit verweist die Beklagte auf laufende Musterverfahren.
16 
Die Beteiligten stimmen einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich zu.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte der Beklagten und die vorliegende Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
19 
Nach Auffassung des Gerichtes ist es rechtswidrig, dass die Beklagte bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente der noch nicht 60jährigen Klägerin den Zugangsfaktor um einen Abschlag gemindert hat. Daher ist die Beklagte verpflichtet, den Rentenbescheid vom 14.07.2005 insoweit zurückzunehmen (§ 44 Sozialgesetzbuch X - SGB X) bzw. den nachfolgenden Rentenbescheid vom 04.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 entsprechend abzuändern und der Klägerin eine höhere Erwerbsminderungsrente zu gewähren.
20 
§ 63 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) sieht vor, dass sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen richtet. Dieses durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Besondere Bedeutung kommt bei der Rente wegen Erwerbsminderung der sogenannten Zurechnungszeit (§ 59 SGB VI) zu. Sie beginnt im Falle der Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung und endet mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Bei ihr handelt es sich um eine beitragsfreie Zeit (§ 54 Abs. 4 SGB VI), die über die Gesamtleistungsbewertung (§ 71 SGB VI) rentensteigernd wirkt. Vereinfacht bedeutet dies, dass die Zurechnungszeit - fiktiv - mit den Entgeltpunkten bewertet wird, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. § 66 SGB VI sieht sodann vor, dass die somit insgesamt zu berücksichtigenden Entgeltpunkte u.a. nach Multiplikation mit dem Zugangsfaktor in persönliche Entgeltpunkte umgerechnet werden. Die Funktion des Zugangsfaktors besteht nach § 63 Abs. 5 SGB VI darin, Vor- bzw. Nachteile, die aus einer vom typischen Regelfall abweichenden Rentenbezugsdauer resultieren, auszugleichen bzw. zu vermeiden. In diesem Zusammenhang stellt § 77 Abs. 1 SGB VI klar, dass sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn (oder bei Tod) richtet und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrages der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Entsprechend der Regelaltersgrenze von derzeit noch 65 Jahren ergibt sich aus § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, dass bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren der Zugangsfaktor 1,0 beträgt. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente ermäßigt sich der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat um 0,003, während er beim Hinausschieben des Rentenbeginnes für jeden Kalendermonat um 0,005 wächst.
21 
Für die Rente wegen Erwerbsminderung sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI vor, dass sich bei ihr der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat, für den die Rente vor Ablauf des Kalendermonates, in dem das 63. Lebensjahr vollendet wird, in Anspruch genommen wird, um 0,003 vermindert. Nach § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, wenn die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Die Zeit des Bezuges einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme (§ 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI).
22 
Zu diesen - systematisch und inhaltlich schwer verständlichen - Vorschriften führt das BSG in seinem Urteil vom 16.05.2006 (B 4 RA 22/05 R) aus, dass eine Verminderung des Zugangsfaktors bei einer Erwerbsminderungsrente nicht eintritt, wenn und so lange diese vor der Vollendung des 60. Lebensjahres bezogen wird. Hierbei stützt sich das Bundessozialgericht in besonderer Weise auf den Wortlaut von § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI und Sinn und Zweck der Vorschriften: Dieser besteht nämlich darin, bei Personen, denen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Regelaltersrente Abschläge drohen, eine Ausweichreaktion in die - ansonsten abschlagsfreie - Rente wegen Erwerbsminderung zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die Rente wegen Erwerbsminderung in ihrer Höhe der vorgezogenen Altersrente anzupassen. Da jedoch eine vorgezogene Altersrente frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden kann, besteht nach Auffassung des Bundessozialgerichts keine Veranlassung, eine Erwerbsminderungsrente, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, über einen Abschlag zu kürzen. Im Übrigen kommentiert das Bundessozialgericht auch damit, dass der wohl auf Artikel 14 Grundgesetz (GG) beruhende Grundsatz der „Vorleistungsbezogenheit der Rente“ eine Kürzung des Zugangsfaktors nur dann erlaubt, wenn dies ausdrücklich durch ein (verfassungsgemäßes) Gesetz erlaubt wird. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
23 
Diese Entscheidung wird von den Rentenversicherungsträgern soweit ersichtlich nicht umgesetzt. Darüber hinaus ist die Argumentation des Bundessozialgerichtes in der juristischen Literatur und der Rechtsprechung der Instanzgerichte auf Kritik gestoßen (beispielsweise Bredt, Erwerbsminderungsrentenreform 2001 neu aufgelegt: Keine Abschläge für Rentner unter 60 Jahren, NZS 2007, S. 192 ff sowie Koch/Kolakowski, Der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung, Sozialgerichtsbarkeit 2007, S. 71 ff sowie Sozialgericht für das Saarland, Gerichtsbescheid vom 08.05.2007 - S 14 R 82/07, SG Aachen, Urteil vom 15.05.2007 - S 13/4 R 55/07, SG Leipzig, Urteil vom 16.05.2007 - S 3 R 624/06, SG Nürnberg, Urteil vom 30.05.2007 - S 14 R 4013/07, SG Berlin, Urteil vom 05.06.2007 - S 26 R 742/07, SG Freiburg, Urteil vom 14.06.2007 - S 6 R 886/07, SG Detmold, Urteil vom 26.06.2007 - S 20 R 68/05, SG Duisburg, Urteil vom 02.07.2007 - S 21 R 145/07, SG Leipzig, Urteil vom 03.07.2007 - S 3 R 1397/06, SG Köln, Urteil vom 13.08.2007 - S 3 R 85/07, LSG Hessen, Urteil vom 24.08.2007 - L 5 R 228/06, LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.09.2007 - L 7 R 97/07, SG Berlin, Urteil vom 24.09.2007 - S 15 R 1830/07). Im Wesentlichen wird die Kritik damit begründet, dass die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte, auf denen die zitierte BSG-Entscheidung beruht, wenig nachvollziehbar erscheinen. Die Besonderheit einer Rente wegen Erwerbsminderung besteht nämlich darin, dass diese in nicht unwesentlicher Weise der Höhe nach auf der Zurechnungszeit nach § 59 SGB VI beruht, der gerade keine eigene Vorleistung bzw. keine eigenen Beiträge des Versicherten gegenüberstehen. Zudem berufen sich die Kritiker auf die Gesetzesmaterialien und den Sinn und Zweck der zitierten Normen, der gerade darin besteht, Ausweichreaktionen in die Rente wegen Erwerbsminderung zu vermeiden. Dies erfordere es gerade auch, bei einer Rente wegen Erwerbsminderung, die vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen wird, entsprechende Abschläge vorzunehmen. Im Übrigen verweisen die Kritiker darauf, dass anlässlich der Gesetzesreform 2001 bei der Rente wegen Erwerbsminderung nicht nur eine Verminderung des Zugangsfaktors angeordnet worden ist, sondern auf der anderen Seite auch die Zurechnungszeit, die zuvor mit der Vollendung des 55. Lebensjahres endete, um fünf Jahre verlängert worden ist. Hieraus wird abgeleitet, dass die Verminderung des Zugangsfaktors durch die verlängerte Zurechnungszeit wenigstens teilweise wieder kompensiert wird, so dass real durchschnittlich bei einer Erwerbsminderungsrente lediglich eine Rentenkürzung von 3,3 % (so SG Leipzig), bzw. 3,5 % (so LSG Schleswig-Holstein) oder aber nur von 3,8 % (hiervon geht das BSG aus) eintritt. Vom Standpunkt des BSG aus führe das gesetzgeberische Gesamtpaket aufgrund der Verlängerung der Zurechnungszeit für Rentner, die eine Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beziehen, zu einer nicht beabsichtigen Überkompensation. Im Übrigen sei es vollkommen systemfremd, wenn das BSG offensichtlich davon ausgehe, dass die vor Vollendung des 60. Lebensjahres abschlagsfrei bezogene Rente wegen Erwerbsminderung mit Vollendung des 60. Lebensjahres nunmehr Abschlägen unterliegen soll (hierzu vor allem SG Freiburg).
24 
Dem hingegen wird die Auffassung des Bundessozialgerichtes von einigen Instanzgerichten ausdrücklich geteilt (LSG für das Saarland, Urteile vom 09.02.2007 - L 7 R 61/06 und L 7 R 40/06, SG Nürnberg, Urteil vom 22.02.2007 - S 17 R 4366/06, SG Lübeck, Urteile vom 26.04.2007, S 14 R 301/07 und S 14 R 191/07 und S 14 R 235/07 sowie SG Mannheim, Urteil vom 18.05.2007 - S 4 R 4155/06). Wie das Bundessozialgericht stützen sich diese Entscheidungen im Wesentlichen auf den Wortlaut von § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI und betonen, dass in Anbetracht des Umstandes, dass eine Altersrente frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden kann, auch erst ab diesem Zeitpunkt eine Flucht in die Erwerbsminderungsrente in Betracht kommen kann. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass es bei einer Rente wegen Erwerbsminderung zynisch ist, von einem „vorzeitigen“ Rentenbeginn zu sprechen. Denn die Erwerbsminderung tritt unabhängig vom Willen des Betroffenen ein, so dass aus der Dauer des Rentenbezuges kein Vorteil erwächst, der durch eine Verkürzung des Zugangsfaktors abgeschöpft werden könnte. Schließlich sei die gesetzliche Regelung, insbesondere das Zusammenspiel von der Verminderung des Zugangsfaktors auf der einen Seite und der Verlängerung der Zurechnungszeit auf der anderen Seite völlig offen und lasse ein klares gesetzgeberisches Konzept nicht erkennen (zu den beiden letzten Gesichtspunkten vor allem SG Lübeck).
25 
Auch wenn die an der Auffassung des BSG geäußerte Kritik zum Teil berechtigt sein dürfte, folgt das Sozialgericht Mannheim im Ergebnis gleichwohl der zitierten Entscheidung. Zu Recht wenden die Kritiker ein, dass den grundrechtlichen Argumenten wohl keine entscheidende Bedeutung zukommt. Artikel 14 GG kommt nämlich im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung nur insoweit zur Anwendung, als es um Rentenanwartschaften geht, die überwiegend auf einer eigene Beitragszahlung des Versicherten beruhen (so grundlegend BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvL 9/00, 11/00, 12/00, 05/01, 10/04 und zuletzt Beschluss vom 26.07.2007 - 1 BvR 824/03, 1247/07). Dies ist bei einer Rente wegen Erwerbsminderung in der Regel nicht bzw. nicht zwingend der Fall. Besonderes Gewicht kommt nach Auffassung des Gerichtes jedoch den vom SG Lübeck formulierten Gedanken zu: In der Tat verbietet es sich bei einer Rente wegen Erwerbsminderung in Abhängigkeit vom Lebensalter des Versicherten bei Eintritt der Erwerbsminderung von einem vorzeitigen Rentenbeginn zu sprechen. Zu Recht betont das SG Lübeck, dass der Eintritt der Erwerbsminderung vom Versicherten nicht beeinflusst bzw. nicht gesteuert werden kann und somit keine Disposition des Versicherten vorliegt, die es rechtfertigt, bei einem „vorzeitigen“ Rentenbeginn die daraus resultierenden Vorteile abzuschöpfen. Eine solche Regelung bzw. Argumentation dürfte der sozialpolitischen bzw. sozialstaatlichen Funktion der Rente wegen Erwerbsminderung zuwider laufen. Vor diesem Hintergrund ist die Reduzierung des Zugangsfaktors bei einer Rente wegen Erwerbsminderung als vollkommen systemwidrig zu bezeichnen. Die Regelung des § 77 Abs. 2 SGB VI steht somit mit der allgemeinen Funktionsbeschreibung des Zugangsfaktors in § 63 Abs. 5 SGB VI nicht in Einklang. Im Übrigen nimmt § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI nach seinem klaren Wortlaut die Kürzung des Zugangsfaktors im Falle einer Rente wegen Erwerbsminderung für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausdrücklich wieder zurück. Insoweit liegt nämlich „eine vorzeitige Inanspruchnahme“ nicht vor.
26 
Somit sprechen der Wortlaut der zitierten Vorschriften und systematische Gründe in deutlicher Weise für eine einschränkende Auslegung, die eine Verminderung des Zugangsfaktors bei einer Rente wegen Erwerbsminderung wenigstens für die Zeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausschließt. Dieses Auslegungsergebnis kann nicht alleine durch den Hinweis auf die Gesetzesmaterialien widerlegt werden. Denn auch insoweit gehen das Bundessozialgericht und die zitierten Instanzgerichte zu Recht davon aus, dass für Zeiträume, in denen eine Altersrente nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden kann (also für Zeiträume vor Vollendung des 60. Lebensjahres), kein Bedarf besteht, eine Flucht in die Erwerbsminderungsrente zu vermeiden.
27 
Auch die Erwägung, dass die nachteiligen Rechtsfolgen, die sich im Falle einer Erwerbsminderungsrente aus der Kürzung des Zugangsfaktors ergeben, durch die gleichzeitige Verlängerung der Zurechnungszeit teilweise wieder kompensiert werden, kann ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. In diesem Zusammenhang weist das SG Lübeck zu Recht darauf hin, dass das gesamte gesetzliche Konzept völlig offen ist und eine klare gesetzgeberische Konzeption nicht erkennen lässt. Das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit erfordert aber, dass der Normadressat dem Gesetzestext entnehmen kann, welche Rechtsfolge eintreten soll. Auch wenn die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verständlichkeit einer Norm von der Intensität der Grundrechtsbetroffenheit abhängen, ist doch stets ein Mindestmaß an Verständlichkeit erforderlich. Dies gilt auch für Normen, die Leistungsansprüche begründen. Wenn zur Regelung eines bestimmten Lebenssachverhaltes ein Normengefüge besteht, das mehrere Einzelregelungen umfasst, ist zudem erforderlich, dass das Gesamtgefüge in seinem Zusammenspiel widerspruchsfrei ist, einem einheitliches Regelungsziel dient und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, welche Rechtsfolge eintreten soll (hierzu BVerfG, Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88, 78/89 und zuletzt Beschluss vom 09.04.2003 - 1 BvL 1/01, 1749/01). Diese verfassungsrechtlichen Kriterien müssen vorliegend im Rahmen der Gesetzesauslegung berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund kann die vom Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI kaum gedeckte Auffassung der Rentenversicherungsträger und der zitierten Instanzgerichte nicht überzeugen. Der systematische Bruch, dass der Zugangsfaktor entgegen seiner Grundfunktion (vgl. § 63 Abs. 5 SGB VI) auch dann zu einer Rentenkürzung führt, wenn eine vorzeitige Inanspruchnahme der betreffenden Rente nicht vorliegt, kann nicht dadurch wieder aus der Welt geschaffen werden, dass an anderer Stelle des Gesetzes eine gegenläufige Norm besteht, die dieses unbillige Ergebnis nur teilweise in nicht näher bestimmbarer Weise wieder zurücknimmt. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers insoweit für eine nachvollziehbare, in sich schlüssige gesetzliche Gesamtkonzeption Sorge zu tragen, die sich in die Systematik des SGB VI widerspruchsfrei einfügt. Vor diesem Hintergrund muss die von den Kritikern ins Feld geführte Überkompensation, die sich vom Standpunkt des BSG und der ihm folgenden Instanzgerichte durch die verlängerte Zurechnungszeit ergibt, hingenommen werden.
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Somit erweist sich die Klage als begründet. Dies berücksichtigt die auf § 193 SGG berufende Kostenentscheidung.

Gründe

 
18 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
19 
Nach Auffassung des Gerichtes ist es rechtswidrig, dass die Beklagte bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente der noch nicht 60jährigen Klägerin den Zugangsfaktor um einen Abschlag gemindert hat. Daher ist die Beklagte verpflichtet, den Rentenbescheid vom 14.07.2005 insoweit zurückzunehmen (§ 44 Sozialgesetzbuch X - SGB X) bzw. den nachfolgenden Rentenbescheid vom 04.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 entsprechend abzuändern und der Klägerin eine höhere Erwerbsminderungsrente zu gewähren.
20 
§ 63 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) sieht vor, dass sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen richtet. Dieses durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Besondere Bedeutung kommt bei der Rente wegen Erwerbsminderung der sogenannten Zurechnungszeit (§ 59 SGB VI) zu. Sie beginnt im Falle der Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung und endet mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Bei ihr handelt es sich um eine beitragsfreie Zeit (§ 54 Abs. 4 SGB VI), die über die Gesamtleistungsbewertung (§ 71 SGB VI) rentensteigernd wirkt. Vereinfacht bedeutet dies, dass die Zurechnungszeit - fiktiv - mit den Entgeltpunkten bewertet wird, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. § 66 SGB VI sieht sodann vor, dass die somit insgesamt zu berücksichtigenden Entgeltpunkte u.a. nach Multiplikation mit dem Zugangsfaktor in persönliche Entgeltpunkte umgerechnet werden. Die Funktion des Zugangsfaktors besteht nach § 63 Abs. 5 SGB VI darin, Vor- bzw. Nachteile, die aus einer vom typischen Regelfall abweichenden Rentenbezugsdauer resultieren, auszugleichen bzw. zu vermeiden. In diesem Zusammenhang stellt § 77 Abs. 1 SGB VI klar, dass sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn (oder bei Tod) richtet und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrages der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Entsprechend der Regelaltersgrenze von derzeit noch 65 Jahren ergibt sich aus § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, dass bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren der Zugangsfaktor 1,0 beträgt. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente ermäßigt sich der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat um 0,003, während er beim Hinausschieben des Rentenbeginnes für jeden Kalendermonat um 0,005 wächst.
21 
Für die Rente wegen Erwerbsminderung sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI vor, dass sich bei ihr der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat, für den die Rente vor Ablauf des Kalendermonates, in dem das 63. Lebensjahr vollendet wird, in Anspruch genommen wird, um 0,003 vermindert. Nach § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, wenn die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Die Zeit des Bezuges einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme (§ 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI).
22 
Zu diesen - systematisch und inhaltlich schwer verständlichen - Vorschriften führt das BSG in seinem Urteil vom 16.05.2006 (B 4 RA 22/05 R) aus, dass eine Verminderung des Zugangsfaktors bei einer Erwerbsminderungsrente nicht eintritt, wenn und so lange diese vor der Vollendung des 60. Lebensjahres bezogen wird. Hierbei stützt sich das Bundessozialgericht in besonderer Weise auf den Wortlaut von § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI und Sinn und Zweck der Vorschriften: Dieser besteht nämlich darin, bei Personen, denen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Regelaltersrente Abschläge drohen, eine Ausweichreaktion in die - ansonsten abschlagsfreie - Rente wegen Erwerbsminderung zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die Rente wegen Erwerbsminderung in ihrer Höhe der vorgezogenen Altersrente anzupassen. Da jedoch eine vorgezogene Altersrente frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden kann, besteht nach Auffassung des Bundessozialgerichts keine Veranlassung, eine Erwerbsminderungsrente, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, über einen Abschlag zu kürzen. Im Übrigen kommentiert das Bundessozialgericht auch damit, dass der wohl auf Artikel 14 Grundgesetz (GG) beruhende Grundsatz der „Vorleistungsbezogenheit der Rente“ eine Kürzung des Zugangsfaktors nur dann erlaubt, wenn dies ausdrücklich durch ein (verfassungsgemäßes) Gesetz erlaubt wird. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
23 
Diese Entscheidung wird von den Rentenversicherungsträgern soweit ersichtlich nicht umgesetzt. Darüber hinaus ist die Argumentation des Bundessozialgerichtes in der juristischen Literatur und der Rechtsprechung der Instanzgerichte auf Kritik gestoßen (beispielsweise Bredt, Erwerbsminderungsrentenreform 2001 neu aufgelegt: Keine Abschläge für Rentner unter 60 Jahren, NZS 2007, S. 192 ff sowie Koch/Kolakowski, Der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung, Sozialgerichtsbarkeit 2007, S. 71 ff sowie Sozialgericht für das Saarland, Gerichtsbescheid vom 08.05.2007 - S 14 R 82/07, SG Aachen, Urteil vom 15.05.2007 - S 13/4 R 55/07, SG Leipzig, Urteil vom 16.05.2007 - S 3 R 624/06, SG Nürnberg, Urteil vom 30.05.2007 - S 14 R 4013/07, SG Berlin, Urteil vom 05.06.2007 - S 26 R 742/07, SG Freiburg, Urteil vom 14.06.2007 - S 6 R 886/07, SG Detmold, Urteil vom 26.06.2007 - S 20 R 68/05, SG Duisburg, Urteil vom 02.07.2007 - S 21 R 145/07, SG Leipzig, Urteil vom 03.07.2007 - S 3 R 1397/06, SG Köln, Urteil vom 13.08.2007 - S 3 R 85/07, LSG Hessen, Urteil vom 24.08.2007 - L 5 R 228/06, LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.09.2007 - L 7 R 97/07, SG Berlin, Urteil vom 24.09.2007 - S 15 R 1830/07). Im Wesentlichen wird die Kritik damit begründet, dass die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte, auf denen die zitierte BSG-Entscheidung beruht, wenig nachvollziehbar erscheinen. Die Besonderheit einer Rente wegen Erwerbsminderung besteht nämlich darin, dass diese in nicht unwesentlicher Weise der Höhe nach auf der Zurechnungszeit nach § 59 SGB VI beruht, der gerade keine eigene Vorleistung bzw. keine eigenen Beiträge des Versicherten gegenüberstehen. Zudem berufen sich die Kritiker auf die Gesetzesmaterialien und den Sinn und Zweck der zitierten Normen, der gerade darin besteht, Ausweichreaktionen in die Rente wegen Erwerbsminderung zu vermeiden. Dies erfordere es gerade auch, bei einer Rente wegen Erwerbsminderung, die vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen wird, entsprechende Abschläge vorzunehmen. Im Übrigen verweisen die Kritiker darauf, dass anlässlich der Gesetzesreform 2001 bei der Rente wegen Erwerbsminderung nicht nur eine Verminderung des Zugangsfaktors angeordnet worden ist, sondern auf der anderen Seite auch die Zurechnungszeit, die zuvor mit der Vollendung des 55. Lebensjahres endete, um fünf Jahre verlängert worden ist. Hieraus wird abgeleitet, dass die Verminderung des Zugangsfaktors durch die verlängerte Zurechnungszeit wenigstens teilweise wieder kompensiert wird, so dass real durchschnittlich bei einer Erwerbsminderungsrente lediglich eine Rentenkürzung von 3,3 % (so SG Leipzig), bzw. 3,5 % (so LSG Schleswig-Holstein) oder aber nur von 3,8 % (hiervon geht das BSG aus) eintritt. Vom Standpunkt des BSG aus führe das gesetzgeberische Gesamtpaket aufgrund der Verlängerung der Zurechnungszeit für Rentner, die eine Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beziehen, zu einer nicht beabsichtigen Überkompensation. Im Übrigen sei es vollkommen systemfremd, wenn das BSG offensichtlich davon ausgehe, dass die vor Vollendung des 60. Lebensjahres abschlagsfrei bezogene Rente wegen Erwerbsminderung mit Vollendung des 60. Lebensjahres nunmehr Abschlägen unterliegen soll (hierzu vor allem SG Freiburg).
24 
Dem hingegen wird die Auffassung des Bundessozialgerichtes von einigen Instanzgerichten ausdrücklich geteilt (LSG für das Saarland, Urteile vom 09.02.2007 - L 7 R 61/06 und L 7 R 40/06, SG Nürnberg, Urteil vom 22.02.2007 - S 17 R 4366/06, SG Lübeck, Urteile vom 26.04.2007, S 14 R 301/07 und S 14 R 191/07 und S 14 R 235/07 sowie SG Mannheim, Urteil vom 18.05.2007 - S 4 R 4155/06). Wie das Bundessozialgericht stützen sich diese Entscheidungen im Wesentlichen auf den Wortlaut von § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI und betonen, dass in Anbetracht des Umstandes, dass eine Altersrente frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden kann, auch erst ab diesem Zeitpunkt eine Flucht in die Erwerbsminderungsrente in Betracht kommen kann. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass es bei einer Rente wegen Erwerbsminderung zynisch ist, von einem „vorzeitigen“ Rentenbeginn zu sprechen. Denn die Erwerbsminderung tritt unabhängig vom Willen des Betroffenen ein, so dass aus der Dauer des Rentenbezuges kein Vorteil erwächst, der durch eine Verkürzung des Zugangsfaktors abgeschöpft werden könnte. Schließlich sei die gesetzliche Regelung, insbesondere das Zusammenspiel von der Verminderung des Zugangsfaktors auf der einen Seite und der Verlängerung der Zurechnungszeit auf der anderen Seite völlig offen und lasse ein klares gesetzgeberisches Konzept nicht erkennen (zu den beiden letzten Gesichtspunkten vor allem SG Lübeck).
25 
Auch wenn die an der Auffassung des BSG geäußerte Kritik zum Teil berechtigt sein dürfte, folgt das Sozialgericht Mannheim im Ergebnis gleichwohl der zitierten Entscheidung. Zu Recht wenden die Kritiker ein, dass den grundrechtlichen Argumenten wohl keine entscheidende Bedeutung zukommt. Artikel 14 GG kommt nämlich im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung nur insoweit zur Anwendung, als es um Rentenanwartschaften geht, die überwiegend auf einer eigene Beitragszahlung des Versicherten beruhen (so grundlegend BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvL 9/00, 11/00, 12/00, 05/01, 10/04 und zuletzt Beschluss vom 26.07.2007 - 1 BvR 824/03, 1247/07). Dies ist bei einer Rente wegen Erwerbsminderung in der Regel nicht bzw. nicht zwingend der Fall. Besonderes Gewicht kommt nach Auffassung des Gerichtes jedoch den vom SG Lübeck formulierten Gedanken zu: In der Tat verbietet es sich bei einer Rente wegen Erwerbsminderung in Abhängigkeit vom Lebensalter des Versicherten bei Eintritt der Erwerbsminderung von einem vorzeitigen Rentenbeginn zu sprechen. Zu Recht betont das SG Lübeck, dass der Eintritt der Erwerbsminderung vom Versicherten nicht beeinflusst bzw. nicht gesteuert werden kann und somit keine Disposition des Versicherten vorliegt, die es rechtfertigt, bei einem „vorzeitigen“ Rentenbeginn die daraus resultierenden Vorteile abzuschöpfen. Eine solche Regelung bzw. Argumentation dürfte der sozialpolitischen bzw. sozialstaatlichen Funktion der Rente wegen Erwerbsminderung zuwider laufen. Vor diesem Hintergrund ist die Reduzierung des Zugangsfaktors bei einer Rente wegen Erwerbsminderung als vollkommen systemwidrig zu bezeichnen. Die Regelung des § 77 Abs. 2 SGB VI steht somit mit der allgemeinen Funktionsbeschreibung des Zugangsfaktors in § 63 Abs. 5 SGB VI nicht in Einklang. Im Übrigen nimmt § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI nach seinem klaren Wortlaut die Kürzung des Zugangsfaktors im Falle einer Rente wegen Erwerbsminderung für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausdrücklich wieder zurück. Insoweit liegt nämlich „eine vorzeitige Inanspruchnahme“ nicht vor.
26 
Somit sprechen der Wortlaut der zitierten Vorschriften und systematische Gründe in deutlicher Weise für eine einschränkende Auslegung, die eine Verminderung des Zugangsfaktors bei einer Rente wegen Erwerbsminderung wenigstens für die Zeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausschließt. Dieses Auslegungsergebnis kann nicht alleine durch den Hinweis auf die Gesetzesmaterialien widerlegt werden. Denn auch insoweit gehen das Bundessozialgericht und die zitierten Instanzgerichte zu Recht davon aus, dass für Zeiträume, in denen eine Altersrente nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden kann (also für Zeiträume vor Vollendung des 60. Lebensjahres), kein Bedarf besteht, eine Flucht in die Erwerbsminderungsrente zu vermeiden.
27 
Auch die Erwägung, dass die nachteiligen Rechtsfolgen, die sich im Falle einer Erwerbsminderungsrente aus der Kürzung des Zugangsfaktors ergeben, durch die gleichzeitige Verlängerung der Zurechnungszeit teilweise wieder kompensiert werden, kann ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. In diesem Zusammenhang weist das SG Lübeck zu Recht darauf hin, dass das gesamte gesetzliche Konzept völlig offen ist und eine klare gesetzgeberische Konzeption nicht erkennen lässt. Das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit erfordert aber, dass der Normadressat dem Gesetzestext entnehmen kann, welche Rechtsfolge eintreten soll. Auch wenn die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verständlichkeit einer Norm von der Intensität der Grundrechtsbetroffenheit abhängen, ist doch stets ein Mindestmaß an Verständlichkeit erforderlich. Dies gilt auch für Normen, die Leistungsansprüche begründen. Wenn zur Regelung eines bestimmten Lebenssachverhaltes ein Normengefüge besteht, das mehrere Einzelregelungen umfasst, ist zudem erforderlich, dass das Gesamtgefüge in seinem Zusammenspiel widerspruchsfrei ist, einem einheitliches Regelungsziel dient und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, welche Rechtsfolge eintreten soll (hierzu BVerfG, Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88, 78/89 und zuletzt Beschluss vom 09.04.2003 - 1 BvL 1/01, 1749/01). Diese verfassungsrechtlichen Kriterien müssen vorliegend im Rahmen der Gesetzesauslegung berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund kann die vom Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI kaum gedeckte Auffassung der Rentenversicherungsträger und der zitierten Instanzgerichte nicht überzeugen. Der systematische Bruch, dass der Zugangsfaktor entgegen seiner Grundfunktion (vgl. § 63 Abs. 5 SGB VI) auch dann zu einer Rentenkürzung führt, wenn eine vorzeitige Inanspruchnahme der betreffenden Rente nicht vorliegt, kann nicht dadurch wieder aus der Welt geschaffen werden, dass an anderer Stelle des Gesetzes eine gegenläufige Norm besteht, die dieses unbillige Ergebnis nur teilweise in nicht näher bestimmbarer Weise wieder zurücknimmt. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers insoweit für eine nachvollziehbare, in sich schlüssige gesetzliche Gesamtkonzeption Sorge zu tragen, die sich in die Systematik des SGB VI widerspruchsfrei einfügt. Vor diesem Hintergrund muss die von den Kritikern ins Feld geführte Überkompensation, die sich vom Standpunkt des BSG und der ihm folgenden Instanzgerichte durch die verlängerte Zurechnungszeit ergibt, hingenommen werden.
28 
Somit erweist sich die Klage als begründet. Dies berücksichtigt die auf § 193 SGG berufende Kostenentscheidung.

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Sozialgericht Mannheim Urteil, 09. Nov. 2007 - S 9 R 2887/07 zitiert 12 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 77 Zugangsfaktor


(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. (

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 63 Grundsätze


(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. (2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 54 Begriffsbestimmungen


(1) Rentenrechtliche Zeiten sind 1. Beitragszeiten, a) als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen,b) als beitragsgeminderte Zeiten,2. beitragsfreie Zeiten und3. Berücksichtigungszeiten. (2) Zeiten mit vollwertigen Beiträgen sind Kalendermonate, die mi

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 66 Persönliche Entgeltpunkte


(1) Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für1.Beitragszeiten,2.beitragsfreie Zeiten,3.Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten,4.Zuschläge oder Abschläge aus ei

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 71 Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (Gesamtleistungsbewertung)


(1) Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen o

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 59 Zurechnungszeit


(1) Zurechnungszeit ist die Zeit, die bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Todes hinzugerechnet wird, wenn die versicherte Person das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. (2) Die Zurechnungszeit beginnt 1. bei einer R

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Sozialgericht Mannheim Urteil, 09. Nov. 2007 - S 9 R 2887/07 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Sept. 2007 - L 7 R 97/07

bei uns veröffentlicht am 04.09.2007

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 26. April 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugela

Sozialgericht Freiburg Urteil, 14. Juni 2007 - S 6 R 886/07

bei uns veröffentlicht am 14.06.2007

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1  Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Neuberechnung seiner Rente. 2  Der am ... 1962 gebo

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(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Zurechnungszeit ist die Zeit, die bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Todes hinzugerechnet wird, wenn die versicherte Person das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(2) Die Zurechnungszeit beginnt

1.
bei einer Rente wegen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung,
2.
bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, mit Beginn dieser Rente,
3.
bei einer Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente mit dem Tod der versicherten Person und
4.
bei einer Erziehungsrente mit Beginn dieser Rente.
Die Zurechnungszeit endet mit Vollendung des 67. Lebensjahres.

(3) Hat die verstorbene versicherte Person eine Altersrente bezogen, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nicht zu berücksichtigen.

(1) Rentenrechtliche Zeiten sind

1.
Beitragszeiten,
a)
als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen,
b)
als beitragsgeminderte Zeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten und
3.
Berücksichtigungszeiten.

(2) Zeiten mit vollwertigen Beiträgen sind Kalendermonate, die mit Beiträgen belegt und nicht beitragsgeminderte Zeiten sind.

(3) Beitragsgeminderte Zeiten sind Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) belegt sind. Als beitragsgeminderte Zeiten gelten Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung).

(4) Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind.

(1) Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen.

(2) Für beitragsgeminderte Zeiten ist die Summe der Entgeltpunkte um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als Zeiten wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie Zeiten hätten. Diese zusätzlichen Entgeltpunkte werden den jeweiligen Kalendermonaten mit beitragsgeminderten Zeiten zu gleichen Teilen zugeordnet.

(3) Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat

1.
an Berücksichtigungszeit die Entgeltpunkte zugeordnet, die sich ergeben würden, wenn diese Kalendermonate Kindererziehungszeiten wären,
2.
mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung mindestens 0,0833 Entgeltpunkte zugrunde gelegt und diese Kalendermonate insoweit nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt.
Bei der Anwendung von Satz 1 Nr. 2 gelten die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Eine Zuordnung an Entgeltpunkten für Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten unterbleibt in dem Umfang, in dem bereits nach § 70 Abs. 3a Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben worden sind. Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für Kalendermonate mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, für die bereits Entgeltpunkte nach Satz 1 Nr. 1 zugeordnet werden.

(4) Soweit beitragsfreie Zeiten mit Zeiten zusammentreffen, die bei einer Versorgung aus einem

1.
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder
2.
Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen
ruhegehaltfähig sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalls als ruhegehaltfähig anerkannt werden, bleiben sie bei der Gesamtleistungsbewertung unberücksichtigt.

(1) Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten,
3.
Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten,
4.
Zuschläge oder Abschläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder Rentensplitting,
5.
Zuschläge aus Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder bei Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder von Anrechten bei der Versorgungsausgleichskasse,
6.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung,
7.
Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Vierten Buches aufgelösten Wertguthaben,
8.
Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters,
9.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung,
10.
Zuschläge an Entgeltpunkten für nachversicherte Soldaten auf Zeit und
11.
Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung
mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt und bei Witwenrenten und Witwerrenten sowie bei Waisenrenten um einen Zuschlag erhöht wird. Persönliche Entgeltpunkte nach Satz 1 Nummer 11 sind für die Anwendung von § 97a von den übrigen persönlichen Entgeltpunkten getrennt zu ermitteln, indem der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.

(2) Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sind die Entgeltpunkte

1.
des Versicherten bei einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei einer Erziehungsrente,
2.
des verstorbenen Versicherten bei einer Witwenrente, Witwerrente und Halbwaisenrente,
3.
der zwei verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten bei einer Vollwaisenrente.

(3) Bei einer Teilrente (§ 42 Absatz 1) ergeben sich die in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus der Summe aller Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der Teilrente zu der Vollrente.

(3a) Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters werden mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze und anschließend jährlich zum 1. Juli berücksichtigt. Dabei sind für die jährliche Berücksichtigung zum 1. Juli die für das vergangene Kalenderjahr ermittelten Zuschläge maßgebend.

(4) Bei einer nur teilweise zu leistenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ergeben sich die jeweils in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus dem Monatsbetrag der Rente nach Anrechnung des Hinzuverdienstes im Wege einer Rückrechnung unter Berücksichtigung des maßgeblichen aktuellen Rentenwerts, des Rentenartfaktors und des jeweiligen Zugangsfaktors.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Neuberechnung seiner Rente.
Der am ... 1962 geborene Kläger bezieht auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 7.10.2002 seit 1.4.2002 von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die persönlichen Entgeltpunkte, die dieser Rente zugrunde liegen, sind nach einem um 0,048 auf 0,952 geminderten Zugangsfaktor berechnet, also mit einem Abschlag von 4,8 % versehen.
Am 20.9.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.5.2006 (B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr 2) die Neufeststellung der Rente ohne Abschläge.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2006 mit der Begründung ab, der Rentenbescheid sei rechtmäßig. Die zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts sei in einem Einzelfall ergangen. Darüber hinaus könne die Beklagte ihm nicht folgen.
Auch der am 24.11.2006 erhobene Widerspruch des Klägers blieb im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8.2.2007 mit im Wesentlichen gleicher Begründung erfolglos.
Gegen die Ablehnung seines Antrags im Bescheid vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 hat der Kläger am 14.2.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten zur Neuberechnung seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Abschläge begehrt. Er ist der Auffassung, dass die vorgenommene Kürzung rechts- und verfassungswidrig sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 7.10.2002 über die Rentengewährung und die Folgebescheide insoweit abzuändern, dass statt eines auf 0,952 geminderten Zugangsfaktors die Rente für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres unter Zugrundelegung von nach einem Zugangsfaktor von 1,0 berechneten persönlichen Entgeltpunkten festgestellt wird.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Der Rentenbescheid sei rechtmäßig. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts stehe allein mit seiner Auffassung, bei vor Vollendung des 60. Lebensjahres bezogenen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit seien nach geltendem Recht keine Abschläge zulässig.
12 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten im Gerichts- und Verwaltungsverfahren sowie wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten über den Kläger (1 Band Rentenakten zur Rentenversicherungsnummer ...) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die Kammer konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben.
14 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheides vom 7.10.2002.
15 
Die Aufhebung von Verwaltungsakten ist in den §§ 44–49 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) geregelt. Diese Vorschriften treffen für die Aufhebung verschiedener Gruppen von Verwaltungsakten unterschiedliche Regelungen. Sie unterscheiden nach von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakten (§§ 44, 45 SGB X), von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakten (§§ 46, 47 SGB X) und Verwaltungsakten, in deren Entscheidungsgrundlage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eine Änderung eintritt (§ 48 SGB X). § 49 SGB X schließlich trifft Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung im Verfahren über Widerspruch oder Klage eines von dem Verwaltungsakt betroffenen Dritten. Innerhalb der Gruppen der von Anfang an rechtswidrigen und von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakte unterscheidet das Gesetz jeweils erneut zwischen nicht begünstigenden (§§ 44 und 46 SGB X) und begünstigenden (§§ 45 und 47 SGB X) Verwaltungsakten.
16 
Der hier angefochtene Bescheid ist dabei an § 44 Abs. 1 SGB X zu messen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
17 
Bei Erlass des Rentenbescheides vom 7.10.2002 ist – soweit er von der Beklagten zu überprüfen war – das Recht nicht unrichtig angewandt und nicht von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweist. Der Kläger hatte und hat keinen Anspruch auf Gewährung einer mit einem ungeminderten Zugangsfaktor berechneten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
18 
Die Höhe einer nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung auszuzahlenden Rente bestimmt sich nach § 64 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, (2.) der Rentenartfaktor und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags einer Rente aus eigener Versicherung ergeben sich nach § 66 Abs. 1 SGB VI, indem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten, für bestimmte, in der Vorschrift enumerativ genannte Zuschläge und Arbeitsentgelt aus nicht verwendeten Wertguthaben mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.
19 
Die Höhe des Zugangsfaktors bestimmt sich nach § 77 SGB VI, für Renten, die – wie hier – vor dem 1.1.2004 begannen, in Verbindung mit § 264c SGB VI. Er richtet sich gemäß § 77 Abs. 1 SGB VI nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.
20 
Hiernach hat die Beklagte den der Rentenberechnung des Klägers zu Grunde zu legenden Zugangsfaktor korrekt für alle maßgeblichen Entgeltpunkte mit 0,952 bestimmt.
21 
Der Zugangsfaktor ist nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0.
22 
Der Kläger hatte bei Rentenbeginn das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet. Daher musste die Beklagte nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI den Zugangsfaktor niedriger als mit 1,0 zu Grunde legen.
23 
Zu Recht hat die Beklagte dabei nur eine Kürzung für 16 Monate zu Grunde gelegt. Denn zwar begann die Rente des Klägers mehr als 16 Monate vor Ablauf des Monats der Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers. Der Kläger hatte aber bei Rentenbeginn auch das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.
24 
Nach den Sätzen 2 und 3 des § 77 Abs. 2 SGB VI ist, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
25 
Nach der Übergangsregel in § 264c SGB VI ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor dem 1.1.2004 beginnen, anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 angegebenen Lebensalters maßgebend. Für einen Rentenbeginn am 1.4.2002 sieht Anlage 23 zum SGB VI als maßgebliches Lebensalter ein Lebensalter von 61 Jahren und 8 Monaten vor. Zwischen dem Kalendermonat der Vollendung des 61. Lebensjahres und 8. Lebensmonats und dem Kalendermonat der Vollendung des 63. Lebensjahres liegen 16 Monate.
26 
Hiernach hat die Beklagte zutreffend den Zugangsfaktor um 16 mal 0,003 niedriger als 1,0000, also mit 0,952 bestimmt.
27 
Die Kammer folgt nicht der durch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 16.5.2006 (B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr 3; Randnummern im Folgenden beziehen sich auf die auf der Internetseite des Bundessozialgerichts www.bundessozialgericht.de veröffentlichte Fassung) vorgenommenen Auslegung des § 77 SGB VI, nach der nach dem Gesetzeswortlaut eine Kürzung der vor Vollendung des 60. Lebensjahres begonnenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur für Bezugszeiten ab der Vollendung des 60. Lebensjahres möglich sei (wie hier: SG Saarbrücken, 8.5.2007 – S 14 R 82/07; SG Köln, 12.4.2007 – S 29 (25) R 337/06; SG Altenburg, 22.3.2007 – S 14 KN 64/07; SG Aachen, 20.3.2007 – S 13 R 76/06; SG Aachen, 9.2.2007 – S 8 R 96/06; SG Bremen, 21.11.2006 – S 8 RA 180/03; ähnlich LSG Niedersachsen-Bremen, 13.12.2006 – L 2 R 466/06 ER; aus der Literatur wie hier: Bredt, NZS 2007, 192–195; Plagemann, jurisPR-SozR 20/2006 Anm. 4; wie das Bundessozialgericht: SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 235/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 191/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 301/07; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 40/06; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 61/06; wohl auch Schaller, SozSich 2006, 215–216). Gegen die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung sprechen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der Norm.
28 
So weisen von Koch und Kolakowski ( von Koch/Kolakowski, Der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung, Die Sozialgerichtsbarkeit [SGb.] 2007, 71, 73) unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/4230, S. 23 u. 24) zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber entgegen der Annahme des Bundessozialgerichts ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 30–37) durchaus davon ausging, dass eine Kürzung der Rente durch Minderung des Zugangsfaktors auch für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres wirken sollte. Denn in den Materialien wird ausdrücklich auf einen Ausgleich dieser Regelung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr gegenüber dem Rechtszustand vor dem EM-ReformG eingegangen. Solche Zurechnungszeiten kommen aber nur Versicherten zu Gute, bei denen der Versicherungsfall der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres eingetreten ist (§ 59 SGB VI). Typischerweise (wenn auch wegen des Antragserfordernisses nicht zwingend) beginnt in diesen Fällen die Rente ebenfalls vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Auch die Bezugnahme auf Prof. Dr. Ruland in den Entscheidungsgründen des Bundessozialgerichts (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 35) geht, wie von Koch/Kolakowski (SGb. 2007, 71, 73 re. Sp.) nachweisen, fehl. Denn auch Prof. Dr. Ruland vom damaligen Verband Deutscher Rentenversicherungsträger erwähnt unmittelbar vor der vom Bundessozialgericht zitierten Stelle die Höherbewertung der Zurechnungszeit gegenüber dem früheren Rechtszustand als Ausgleich für die Kürzung der Rente (Ausschuss-Protokoll des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung 14/57, S. 8, zitiert nach von Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 re. Sp. bei Fn. 7 im Text).
29 
Hinsichtlich des Wortlauts stellt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 26–29) darauf ab, dass nach § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI Zeiten des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme gelten. Hieraus entnimmt es, dass während dieser Bezugszeit eine Kürzung nicht stattfinden dürfe. § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI stellt vielmehr eine reine Rechenregel dar, die die Deckelung der Kürzung auf 36 Monate vornimmt (ebensovon Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 li. Sp.).
30 
Auch die Systematik des Gesetzes spricht gegen die Auslegung durch das Bundessozialgericht.
31 
Zum einen nimmt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) – wenn auch in einem obiter Dictum – an, dass bei seiner Auslegung die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten mit einem ungeminderten Zugangsfaktor, ab Vollendung des 60. bis zum Eintritt in die Altersrente dagegen mit einem geminderten Zugangsfaktor zu berechnen wäre. Eine solche Änderung der Grundlagen der Rentenberechnung ist dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung fremd. Die Rente wird aus mehreren Faktoren berechnet. Davon ist in aller Regel nur ein einziger – der aktuelle Rentenwert, vom Bundessozialgericht Kurswert genannt – während der Bezugszeit variabel, die anderen Faktoren – persönliche Entgeltpunkte, Rentenartfaktor, rentenartspezifische Zuschläge – bleiben demgegenüber regelmäßig konstant. Durchbrechungen dieses Prinzips sind jeweils ausdrücklich geregelt: Bei Hinterbliebenenrenten sehen beispielsweise § 67 Nr. 5 und 6 SGB VI Absenkungen des Rentenartfaktors nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach dem Tod des Versicherten vor, Zeiten nach Rentenbeginn werden gemäß §§ 75, 76b SGB VI als Zuschläge an Entgeltpunkten berücksichtigt, Zu- oder Abschläge nach Versorgungsausgleich werden gemäß § 101 Abs. 3 SGB VI wirksam. Da der Gesetzgeber eine solche ausdrückliche Regelung in § 77 SGB VI nicht getroffen hat, kann das Prinzip der gleichbleibenden Berechnungsfaktoren nicht durchbrochen werden.
32 
Zudem widerspricht die Absenkung derselben Rente während ihrer Bezugszeit einem anderen, in § 88 SGB VI niedergelegten Strukturprinzip der gesetzlichen Rente. Nach dieser Vorschrift werden für Folgerenten – nach § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auch für Renten, die auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit folgen – mindestens die der früheren Rente zu Grunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte zu Grunde gelegt. Dies hat zur Folge, dass eine Folgerente – gleichen Rentenartfaktor und aktuellen Rentenwert vorausgesetzt – stets mindestens ebenso hoch ist wie eine zuvor bezogene Rente. Hiermit lässt sich die Annahme, die einer Rente zu Grunde zu legenden persönlichen Entgeltpunkte und damit bei gleichbleibenden übrigen Faktoren die Rentenhöhe könnte sich während des Bezugs dieser Rente vermindern, in keiner Weise in Einklang bringen: Wenn in § 88 SGB VI schon das Vertrauen des Versicherten in die Höhe einer Folgerente geschützt ist, dann muss erst recht das Vertrauen in die Höhe der gleichen, weiterhin bezogenen Rente geschützt sein.
33 
Zum anderen beraubt die durch das Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung von § 77 SGB VI die Vorschrift des § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI weit gehend ihres Anwendungsbereichs. In § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist vorgesehen, dass grundsätzlich eine einmal wirksam gewordene Kürzung durch Minderung des Zugangsfaktors auch in eine Folgerente übernommen wird: Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt jedoch nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI unter anderem nicht für Entgeltpunkte, die Versicherte bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben. In diesen Fällen wird der verminderte Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI wieder erhöht. Folgte man der Auslegung des Bundessozialgerichts, hätte diese Vorschrift nur Auswirkungen für die praktisch sehr seltenen Fälle, in denen eine vom Versicherten bezogene Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach Vollendung von dessen 60. Lebensjahr endete, vor Erreichen der Regelaltersgrenze jedoch eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begänne. Bei der Auslegung, die die Kammer der Vorschrift beigibt, erfasst § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI alle Fälle, in denen irgendwann vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen worden ist und nach deren Ende, jedoch vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beginnt.
34 
Die Kammer hält die von ihr vorgenommene Auslegung des § 77 SGB VI auch – anders als das Bundessozialgericht – nicht für verfassungswidrig.
35 
Das Bundessozialgericht sieht in der von der Kammer vorgenommenen Auslegung von § 77 SGB VI einen Verfassungsverstoß. Da das Bundessozialgericht in seinem Urteil keine Norm des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ausdrücklich nennt, die es als verletzt ansieht, kann die Kammer nur vermuten, dass es die Art. 3 und 14 GG verletzt sieht. Dies folgert die Kammer daraus, dass das Bundessozialgericht einerseits an mehreren Stellen von einer Rechtfertigung für eine „Durchbrechung des Prinzips der ‚leistungsbezogenen Rente‘ “ (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 17; Anführungszeichen im Zitat vom Bundessozialgericht), andererseits davon spricht, dass eine bestimmte Gruppenbildung objektiv willkürlich sei (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 22).
36 
Die Kammer ist davon überzeugt, dass ihre Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall Art. 14 GG nicht verletzt.
37 
Nach Art. 14 Abs. 1 GG werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen (seit BVerfG, 28.2.1980 – 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 [Versorgungsausgleich I], BVerfGE 53, 257–313 = SozR 7610 § 1587 Nr 1, juris-Rn. 145–152; BVerfG, 16.7.1985 – 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1052/83, 1 BvR 1227/84 [beitragsfreie Krankenversicherung], BVerfGE 69, 272–315 = SozR 2200 § 165 Nr 81, juris-Rn. 104; BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58; BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen ( BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58 m. Nachw.). Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt.
38 
Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der Intensität des Eigentumsschutzes danach differenziert, inwieweit die erworbenen Anwartschaften auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. So hat es die Begrenzung von Zeiten, die nicht auf Beiträgen des Versicherten beruhen, in weitem Maße für zulässig gehalten ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7; ebenso jüngst BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Grenze des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers sei insoweit die Verhältnismäßigkeit ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 112).
39 
Zudem hat es festgestellt, dass „Gegenstand des Schutzes des Art. 14 GG der Anspruch oder die Anwartschaft [sind], wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben (vgl. BVerfGE 53, 257 (293))“ ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99). Eine Beschränkung der Betrachtung allein auf eine bestimmte Regelungsänderung, ohne dass die Auswirkungen dieser Änderung auf die Renten oder Rentenanwartschaften insgesamt an Art. 14 Abs. 1 GG gemessen werden, hält es für unzulässig. Schutzobjekt der Vorschrift sei die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99).
40 
Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung durch die Kammer ist zunächst, dass § 77 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung unzweifelhaft mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar war. Nach dem damaligen Recht waren für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Abschläge nicht vorgesehen. Diese Abschläge, technisch durch die Minderung des Zugangsfaktors verwirklicht, wurden erst durch das EM-ReformG mit Wirkung vom 1.1.2001 eingeführt. Gleichzeitig wurde die Bewertung der zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr des Versicherten liegenden Zurechnungszeiten um ein Drittel erhöht. Dies geschah ausdrücklich, um die Folgen der Einführung der Abschläge auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abzumildern (BT-Druck. 14/4230, S. 26). Für Renten, die vor dem 1.1.2004 begannen, sieht § 264c SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Kürzungsvorschriften nur gestuft in Kraft gesetzt werden. Parallel dazu sieht § 253a SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Höherbewertung der Zurechnungszeiten gestuft in Kraft gesetzt werden.
41 
Ausgehend von den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben ist festzustellen, dass die Anwartschaft des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch das EM-ReformG nicht aufgehoben, sondern lediglich modifiziert wurde (vgl. zu den Modifikationen durch das HBeglG 1984 BSG, 27.2.1997 – 13 RJ 63/96, BSGE 80, 108–119 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 22). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Gesamtheit der Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch im Hinblick speziell auf die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das EM-ReformG hat zwar einerseits die genannten Abschläge eingeführt, andererseits aber – wie gezeigt – durch eine höhere Anrechnung fiktiver Eigenleistungen des Versicherten einen Ausgleich geschaffen. Für Versicherte, bei denen – wie beim Kläger – der Versicherungsfall der Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahres liegt, führt dies praktisch dazu, dass rechnerisch zwar ein Abschlag von der auszukehrenden Rente vorzunehmen ist, der vorher nicht vorhanden war, dass sich andererseits aber bei der Rentenberechnung Zeiten stärker bemerkbar machen, die nicht auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. Das bedeutet, dass die Einschnitte durch die Einführung der Abschläge für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit letztlich umso leichter zu rechtfertigen sind, je jünger der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalls war. Denn je jünger der Versicherte zu diesem Zeitpunkt ist, desto weniger beruht die ihm gewährte Rente auf seiner eigenen Leistung und desto weniger greifen die Abschläge in diesen auf Eigenleistungen beruhenden Teil der Anwartschaft ein.
42 
Zwar kommt dem Kläger die Höherbewertung der Zurechnungszeiten wegen der Übergangsregelung in § 253a SGB VI nicht in vollem Umfang zu Gute. Andererseits trifft ihn die Minderungsregelung des § 264c SGB VI aber nur in gemindertem Maße, sodass die Kammer dennoch in der Höherbewertung der Zurechnungszeiten einen Ausgleich sieht.
43 
Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob die Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden, verfassungsgemäß ist. Denn der Kläger dieses Verfahrens gehört dieser Gruppe nicht an. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Einschränkung der in diesen Fällen vollständig auf Eigenleistungen beruhenden Anwartschaft durch den vom EM-ReformG verfolgten Zweck gerechtfertigt sind, einem Ausweichen von Versicherten aus der vorzeitigen, nur mit Abschlägen möglichen Altersrente in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken.
44 
Demgegenüber hat die Kammer keinerlei Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden. Denn für diese Rentner wird die in § 77 SGB VI vorgesehene Kürzung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten ausgeglichen. Zwar betrifft dies Rentner verschiedener Jahrgänge unterschiedlich stark. Jedenfalls für den Fall des Klägers, der noch weit von der Vollendung des 60. Lebensjahres entfernt ist, stellt sich die Regelung als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar.
45 
Die Kammer sieht weiter in ihrer Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
46 
Nach dieser Vorschrift sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt hieraus jedoch kein Verbot für den Gesetzgeber, Differenzierungen vorzunehmen. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (st. Rspr., statt vieler BVerfG, 28.02.2007 – 1 BvL 5/03, FamRZ 2007, 529–531, juris-Rn. 31).
47 
Zwar ist dem Bundessozialgericht ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) zuzugeben, dass das EM-ReformG unterschiedliche Gruppen von Rentnern unterschiedlich stark trifft. So sind ältere Versicherte von der Kürzung stärker in ihren auf Eigenleistungen beruhenden Teilen der Rentenanwartschaft betroffen als jüngere Versicherte, für die ein Ausgleich geschaffen worden ist. Da der Kläger, der von der Vollendung des 60. Lebensjahres noch weit entfernt ist, jedenfalls zu einer der besser behandelten Gruppen gehört, kann er sich zur Begründung einer einschränkenden Auslegung von § 77 SGB VI, wie sie das Bundessozialgericht vorgenommen hat, auf eine Schlechterbehandlung älterer Versicherter nicht berufen.
48 
Da der Kläger erstmals Rente bezog, musste die Beklagte den verminderten Zugangsfaktor zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte auf die Summe aller Entgeltpunkte anwenden.
49 
Weitere Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
13 
Die Kammer konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben.
14 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheides vom 7.10.2002.
15 
Die Aufhebung von Verwaltungsakten ist in den §§ 44–49 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) geregelt. Diese Vorschriften treffen für die Aufhebung verschiedener Gruppen von Verwaltungsakten unterschiedliche Regelungen. Sie unterscheiden nach von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakten (§§ 44, 45 SGB X), von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakten (§§ 46, 47 SGB X) und Verwaltungsakten, in deren Entscheidungsgrundlage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eine Änderung eintritt (§ 48 SGB X). § 49 SGB X schließlich trifft Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung im Verfahren über Widerspruch oder Klage eines von dem Verwaltungsakt betroffenen Dritten. Innerhalb der Gruppen der von Anfang an rechtswidrigen und von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakte unterscheidet das Gesetz jeweils erneut zwischen nicht begünstigenden (§§ 44 und 46 SGB X) und begünstigenden (§§ 45 und 47 SGB X) Verwaltungsakten.
16 
Der hier angefochtene Bescheid ist dabei an § 44 Abs. 1 SGB X zu messen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
17 
Bei Erlass des Rentenbescheides vom 7.10.2002 ist – soweit er von der Beklagten zu überprüfen war – das Recht nicht unrichtig angewandt und nicht von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweist. Der Kläger hatte und hat keinen Anspruch auf Gewährung einer mit einem ungeminderten Zugangsfaktor berechneten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
18 
Die Höhe einer nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung auszuzahlenden Rente bestimmt sich nach § 64 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, (2.) der Rentenartfaktor und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags einer Rente aus eigener Versicherung ergeben sich nach § 66 Abs. 1 SGB VI, indem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten, für bestimmte, in der Vorschrift enumerativ genannte Zuschläge und Arbeitsentgelt aus nicht verwendeten Wertguthaben mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.
19 
Die Höhe des Zugangsfaktors bestimmt sich nach § 77 SGB VI, für Renten, die – wie hier – vor dem 1.1.2004 begannen, in Verbindung mit § 264c SGB VI. Er richtet sich gemäß § 77 Abs. 1 SGB VI nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.
20 
Hiernach hat die Beklagte den der Rentenberechnung des Klägers zu Grunde zu legenden Zugangsfaktor korrekt für alle maßgeblichen Entgeltpunkte mit 0,952 bestimmt.
21 
Der Zugangsfaktor ist nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0.
22 
Der Kläger hatte bei Rentenbeginn das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet. Daher musste die Beklagte nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI den Zugangsfaktor niedriger als mit 1,0 zu Grunde legen.
23 
Zu Recht hat die Beklagte dabei nur eine Kürzung für 16 Monate zu Grunde gelegt. Denn zwar begann die Rente des Klägers mehr als 16 Monate vor Ablauf des Monats der Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers. Der Kläger hatte aber bei Rentenbeginn auch das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.
24 
Nach den Sätzen 2 und 3 des § 77 Abs. 2 SGB VI ist, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
25 
Nach der Übergangsregel in § 264c SGB VI ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor dem 1.1.2004 beginnen, anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 angegebenen Lebensalters maßgebend. Für einen Rentenbeginn am 1.4.2002 sieht Anlage 23 zum SGB VI als maßgebliches Lebensalter ein Lebensalter von 61 Jahren und 8 Monaten vor. Zwischen dem Kalendermonat der Vollendung des 61. Lebensjahres und 8. Lebensmonats und dem Kalendermonat der Vollendung des 63. Lebensjahres liegen 16 Monate.
26 
Hiernach hat die Beklagte zutreffend den Zugangsfaktor um 16 mal 0,003 niedriger als 1,0000, also mit 0,952 bestimmt.
27 
Die Kammer folgt nicht der durch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 16.5.2006 (B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr 3; Randnummern im Folgenden beziehen sich auf die auf der Internetseite des Bundessozialgerichts www.bundessozialgericht.de veröffentlichte Fassung) vorgenommenen Auslegung des § 77 SGB VI, nach der nach dem Gesetzeswortlaut eine Kürzung der vor Vollendung des 60. Lebensjahres begonnenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur für Bezugszeiten ab der Vollendung des 60. Lebensjahres möglich sei (wie hier: SG Saarbrücken, 8.5.2007 – S 14 R 82/07; SG Köln, 12.4.2007 – S 29 (25) R 337/06; SG Altenburg, 22.3.2007 – S 14 KN 64/07; SG Aachen, 20.3.2007 – S 13 R 76/06; SG Aachen, 9.2.2007 – S 8 R 96/06; SG Bremen, 21.11.2006 – S 8 RA 180/03; ähnlich LSG Niedersachsen-Bremen, 13.12.2006 – L 2 R 466/06 ER; aus der Literatur wie hier: Bredt, NZS 2007, 192–195; Plagemann, jurisPR-SozR 20/2006 Anm. 4; wie das Bundessozialgericht: SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 235/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 191/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 301/07; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 40/06; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 61/06; wohl auch Schaller, SozSich 2006, 215–216). Gegen die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung sprechen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der Norm.
28 
So weisen von Koch und Kolakowski ( von Koch/Kolakowski, Der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung, Die Sozialgerichtsbarkeit [SGb.] 2007, 71, 73) unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/4230, S. 23 u. 24) zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber entgegen der Annahme des Bundessozialgerichts ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 30–37) durchaus davon ausging, dass eine Kürzung der Rente durch Minderung des Zugangsfaktors auch für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres wirken sollte. Denn in den Materialien wird ausdrücklich auf einen Ausgleich dieser Regelung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr gegenüber dem Rechtszustand vor dem EM-ReformG eingegangen. Solche Zurechnungszeiten kommen aber nur Versicherten zu Gute, bei denen der Versicherungsfall der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres eingetreten ist (§ 59 SGB VI). Typischerweise (wenn auch wegen des Antragserfordernisses nicht zwingend) beginnt in diesen Fällen die Rente ebenfalls vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Auch die Bezugnahme auf Prof. Dr. Ruland in den Entscheidungsgründen des Bundessozialgerichts (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 35) geht, wie von Koch/Kolakowski (SGb. 2007, 71, 73 re. Sp.) nachweisen, fehl. Denn auch Prof. Dr. Ruland vom damaligen Verband Deutscher Rentenversicherungsträger erwähnt unmittelbar vor der vom Bundessozialgericht zitierten Stelle die Höherbewertung der Zurechnungszeit gegenüber dem früheren Rechtszustand als Ausgleich für die Kürzung der Rente (Ausschuss-Protokoll des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung 14/57, S. 8, zitiert nach von Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 re. Sp. bei Fn. 7 im Text).
29 
Hinsichtlich des Wortlauts stellt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 26–29) darauf ab, dass nach § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI Zeiten des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme gelten. Hieraus entnimmt es, dass während dieser Bezugszeit eine Kürzung nicht stattfinden dürfe. § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI stellt vielmehr eine reine Rechenregel dar, die die Deckelung der Kürzung auf 36 Monate vornimmt (ebensovon Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 li. Sp.).
30 
Auch die Systematik des Gesetzes spricht gegen die Auslegung durch das Bundessozialgericht.
31 
Zum einen nimmt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) – wenn auch in einem obiter Dictum – an, dass bei seiner Auslegung die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten mit einem ungeminderten Zugangsfaktor, ab Vollendung des 60. bis zum Eintritt in die Altersrente dagegen mit einem geminderten Zugangsfaktor zu berechnen wäre. Eine solche Änderung der Grundlagen der Rentenberechnung ist dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung fremd. Die Rente wird aus mehreren Faktoren berechnet. Davon ist in aller Regel nur ein einziger – der aktuelle Rentenwert, vom Bundessozialgericht Kurswert genannt – während der Bezugszeit variabel, die anderen Faktoren – persönliche Entgeltpunkte, Rentenartfaktor, rentenartspezifische Zuschläge – bleiben demgegenüber regelmäßig konstant. Durchbrechungen dieses Prinzips sind jeweils ausdrücklich geregelt: Bei Hinterbliebenenrenten sehen beispielsweise § 67 Nr. 5 und 6 SGB VI Absenkungen des Rentenartfaktors nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach dem Tod des Versicherten vor, Zeiten nach Rentenbeginn werden gemäß §§ 75, 76b SGB VI als Zuschläge an Entgeltpunkten berücksichtigt, Zu- oder Abschläge nach Versorgungsausgleich werden gemäß § 101 Abs. 3 SGB VI wirksam. Da der Gesetzgeber eine solche ausdrückliche Regelung in § 77 SGB VI nicht getroffen hat, kann das Prinzip der gleichbleibenden Berechnungsfaktoren nicht durchbrochen werden.
32 
Zudem widerspricht die Absenkung derselben Rente während ihrer Bezugszeit einem anderen, in § 88 SGB VI niedergelegten Strukturprinzip der gesetzlichen Rente. Nach dieser Vorschrift werden für Folgerenten – nach § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auch für Renten, die auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit folgen – mindestens die der früheren Rente zu Grunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte zu Grunde gelegt. Dies hat zur Folge, dass eine Folgerente – gleichen Rentenartfaktor und aktuellen Rentenwert vorausgesetzt – stets mindestens ebenso hoch ist wie eine zuvor bezogene Rente. Hiermit lässt sich die Annahme, die einer Rente zu Grunde zu legenden persönlichen Entgeltpunkte und damit bei gleichbleibenden übrigen Faktoren die Rentenhöhe könnte sich während des Bezugs dieser Rente vermindern, in keiner Weise in Einklang bringen: Wenn in § 88 SGB VI schon das Vertrauen des Versicherten in die Höhe einer Folgerente geschützt ist, dann muss erst recht das Vertrauen in die Höhe der gleichen, weiterhin bezogenen Rente geschützt sein.
33 
Zum anderen beraubt die durch das Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung von § 77 SGB VI die Vorschrift des § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI weit gehend ihres Anwendungsbereichs. In § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist vorgesehen, dass grundsätzlich eine einmal wirksam gewordene Kürzung durch Minderung des Zugangsfaktors auch in eine Folgerente übernommen wird: Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt jedoch nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI unter anderem nicht für Entgeltpunkte, die Versicherte bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben. In diesen Fällen wird der verminderte Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI wieder erhöht. Folgte man der Auslegung des Bundessozialgerichts, hätte diese Vorschrift nur Auswirkungen für die praktisch sehr seltenen Fälle, in denen eine vom Versicherten bezogene Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach Vollendung von dessen 60. Lebensjahr endete, vor Erreichen der Regelaltersgrenze jedoch eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begänne. Bei der Auslegung, die die Kammer der Vorschrift beigibt, erfasst § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI alle Fälle, in denen irgendwann vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen worden ist und nach deren Ende, jedoch vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beginnt.
34 
Die Kammer hält die von ihr vorgenommene Auslegung des § 77 SGB VI auch – anders als das Bundessozialgericht – nicht für verfassungswidrig.
35 
Das Bundessozialgericht sieht in der von der Kammer vorgenommenen Auslegung von § 77 SGB VI einen Verfassungsverstoß. Da das Bundessozialgericht in seinem Urteil keine Norm des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ausdrücklich nennt, die es als verletzt ansieht, kann die Kammer nur vermuten, dass es die Art. 3 und 14 GG verletzt sieht. Dies folgert die Kammer daraus, dass das Bundessozialgericht einerseits an mehreren Stellen von einer Rechtfertigung für eine „Durchbrechung des Prinzips der ‚leistungsbezogenen Rente‘ “ (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 17; Anführungszeichen im Zitat vom Bundessozialgericht), andererseits davon spricht, dass eine bestimmte Gruppenbildung objektiv willkürlich sei (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 22).
36 
Die Kammer ist davon überzeugt, dass ihre Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall Art. 14 GG nicht verletzt.
37 
Nach Art. 14 Abs. 1 GG werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen (seit BVerfG, 28.2.1980 – 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 [Versorgungsausgleich I], BVerfGE 53, 257–313 = SozR 7610 § 1587 Nr 1, juris-Rn. 145–152; BVerfG, 16.7.1985 – 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1052/83, 1 BvR 1227/84 [beitragsfreie Krankenversicherung], BVerfGE 69, 272–315 = SozR 2200 § 165 Nr 81, juris-Rn. 104; BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58; BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen ( BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58 m. Nachw.). Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt.
38 
Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der Intensität des Eigentumsschutzes danach differenziert, inwieweit die erworbenen Anwartschaften auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. So hat es die Begrenzung von Zeiten, die nicht auf Beiträgen des Versicherten beruhen, in weitem Maße für zulässig gehalten ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7; ebenso jüngst BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Grenze des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers sei insoweit die Verhältnismäßigkeit ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 112).
39 
Zudem hat es festgestellt, dass „Gegenstand des Schutzes des Art. 14 GG der Anspruch oder die Anwartschaft [sind], wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben (vgl. BVerfGE 53, 257 (293))“ ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99). Eine Beschränkung der Betrachtung allein auf eine bestimmte Regelungsänderung, ohne dass die Auswirkungen dieser Änderung auf die Renten oder Rentenanwartschaften insgesamt an Art. 14 Abs. 1 GG gemessen werden, hält es für unzulässig. Schutzobjekt der Vorschrift sei die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99).
40 
Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung durch die Kammer ist zunächst, dass § 77 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung unzweifelhaft mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar war. Nach dem damaligen Recht waren für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Abschläge nicht vorgesehen. Diese Abschläge, technisch durch die Minderung des Zugangsfaktors verwirklicht, wurden erst durch das EM-ReformG mit Wirkung vom 1.1.2001 eingeführt. Gleichzeitig wurde die Bewertung der zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr des Versicherten liegenden Zurechnungszeiten um ein Drittel erhöht. Dies geschah ausdrücklich, um die Folgen der Einführung der Abschläge auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abzumildern (BT-Druck. 14/4230, S. 26). Für Renten, die vor dem 1.1.2004 begannen, sieht § 264c SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Kürzungsvorschriften nur gestuft in Kraft gesetzt werden. Parallel dazu sieht § 253a SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Höherbewertung der Zurechnungszeiten gestuft in Kraft gesetzt werden.
41 
Ausgehend von den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben ist festzustellen, dass die Anwartschaft des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch das EM-ReformG nicht aufgehoben, sondern lediglich modifiziert wurde (vgl. zu den Modifikationen durch das HBeglG 1984 BSG, 27.2.1997 – 13 RJ 63/96, BSGE 80, 108–119 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 22). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Gesamtheit der Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch im Hinblick speziell auf die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das EM-ReformG hat zwar einerseits die genannten Abschläge eingeführt, andererseits aber – wie gezeigt – durch eine höhere Anrechnung fiktiver Eigenleistungen des Versicherten einen Ausgleich geschaffen. Für Versicherte, bei denen – wie beim Kläger – der Versicherungsfall der Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahres liegt, führt dies praktisch dazu, dass rechnerisch zwar ein Abschlag von der auszukehrenden Rente vorzunehmen ist, der vorher nicht vorhanden war, dass sich andererseits aber bei der Rentenberechnung Zeiten stärker bemerkbar machen, die nicht auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. Das bedeutet, dass die Einschnitte durch die Einführung der Abschläge für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit letztlich umso leichter zu rechtfertigen sind, je jünger der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalls war. Denn je jünger der Versicherte zu diesem Zeitpunkt ist, desto weniger beruht die ihm gewährte Rente auf seiner eigenen Leistung und desto weniger greifen die Abschläge in diesen auf Eigenleistungen beruhenden Teil der Anwartschaft ein.
42 
Zwar kommt dem Kläger die Höherbewertung der Zurechnungszeiten wegen der Übergangsregelung in § 253a SGB VI nicht in vollem Umfang zu Gute. Andererseits trifft ihn die Minderungsregelung des § 264c SGB VI aber nur in gemindertem Maße, sodass die Kammer dennoch in der Höherbewertung der Zurechnungszeiten einen Ausgleich sieht.
43 
Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob die Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden, verfassungsgemäß ist. Denn der Kläger dieses Verfahrens gehört dieser Gruppe nicht an. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Einschränkung der in diesen Fällen vollständig auf Eigenleistungen beruhenden Anwartschaft durch den vom EM-ReformG verfolgten Zweck gerechtfertigt sind, einem Ausweichen von Versicherten aus der vorzeitigen, nur mit Abschlägen möglichen Altersrente in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken.
44 
Demgegenüber hat die Kammer keinerlei Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden. Denn für diese Rentner wird die in § 77 SGB VI vorgesehene Kürzung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten ausgeglichen. Zwar betrifft dies Rentner verschiedener Jahrgänge unterschiedlich stark. Jedenfalls für den Fall des Klägers, der noch weit von der Vollendung des 60. Lebensjahres entfernt ist, stellt sich die Regelung als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar.
45 
Die Kammer sieht weiter in ihrer Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
46 
Nach dieser Vorschrift sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt hieraus jedoch kein Verbot für den Gesetzgeber, Differenzierungen vorzunehmen. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (st. Rspr., statt vieler BVerfG, 28.02.2007 – 1 BvL 5/03, FamRZ 2007, 529–531, juris-Rn. 31).
47 
Zwar ist dem Bundessozialgericht ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) zuzugeben, dass das EM-ReformG unterschiedliche Gruppen von Rentnern unterschiedlich stark trifft. So sind ältere Versicherte von der Kürzung stärker in ihren auf Eigenleistungen beruhenden Teilen der Rentenanwartschaft betroffen als jüngere Versicherte, für die ein Ausgleich geschaffen worden ist. Da der Kläger, der von der Vollendung des 60. Lebensjahres noch weit entfernt ist, jedenfalls zu einer der besser behandelten Gruppen gehört, kann er sich zur Begründung einer einschränkenden Auslegung von § 77 SGB VI, wie sie das Bundessozialgericht vorgenommen hat, auf eine Schlechterbehandlung älterer Versicherter nicht berufen.
48 
Da der Kläger erstmals Rente bezog, musste die Beklagte den verminderten Zugangsfaktor zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte auf die Summe aller Entgeltpunkte anwenden.
49 
Weitere Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 26. April 2007 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Erwerbsminderungsrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

2

Der ... 1953 geborenen Klägerin wurde von der Beklagten in Ausführung eines gerichtlichen Vergleichs mit Bescheid vom 12. Dezember 2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2003 bewilligt. Der Berechnung der Rentenhöhe legt die Beklagte einen Zugangsfaktor von 0,898 zugrunde. Mit Bescheid vom 15. März 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2009 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,892.

3

Am 22. Juni 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Neufeststellung der Rente und machte geltend, dass ihr höhere Leistungen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zustünden. Zur Begründung bezog sie sich auf ein Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R).

4

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 und Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Entgegen der Auffassung, die der 4. Senat des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 vertreten habe, sei der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung auch bei Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI zu vermindern. Die Höhe des Abschlags betrage grundsätzlich 10,8 %. Der Prozentsatz bei Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2004 ergebe sich aus § 264c SGB VI in Verbindung mit Anlage 23 zum SGB VI. Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprächen für die Auslegung der Rentenversicherungsträger und gegen die Auslegung des 4. Senats des Bundessozialgerichts.

5

Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 15. Februar 2007 bei dem Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage gewandt, zu deren Begründung sie weiterhin auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R) Bezug nimmt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2007 zu verurteilen, die Bescheide vom 12. Dezember 2005 und 15. März 2006 dahin abzuändern, dass ihr unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 ab Rentenbeginn eine höhere Rente gewährt wird.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung hat sie auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

11

Mit Urteil vom 26. April 2007 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und sich in der Begründung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R) angeschlossen. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es sich auch der Auslegung des Deutschen Gewerkschaftsbundes anschließe, der zu Recht ausführe, dass es bei Erwerbsminderungsrenten geradezu zynisch wäre, den Eintritt des Leistungsfalles vor dem 60. Lebensjahr mit einem „vorzeitigen“ Rentenbezug zu vergleichen. Die Erwerbsminderung trete völlig unabhängig vom Willen der Versicherten ein. Diese hätten im Gegensatz zu den Altersrentnern keine Wahlmöglichkeit, ob sie bis zum Erreichen der Regelaltersrente weiterarbeiten oder eine vorzeitige Rente in Anspruch nehmen möchten. Plagemann führe zu Recht an, dass man auch mit dem Bundessozialgericht aus sozialstaatlicher Sicht argumentieren könnte, dass eine Rente wegen Erwerbsminderung vor dem 60. Lebensjahr gerade nicht die gleiche Funktion habe wie eine Erwerbsminderungsrente danach. Es könnte zwar zutreffen, dass der Gesetzgeber einen verminderten Zugangsfaktor auch für die Inanspruchnahme von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 60. Lebensjahr habe einführen wollen. Die Ausgestaltung, die der Gesetzgeber dazu - unterstellt, er habe eine solche Regelung beabsichtigt - gewählt habe, erfülle nicht die Anforderungen, die an eine solche Regelung zu stellen seien. Eine Kürzung der Erwerbsminderungsrente entgegen dem Systemgrundsatz der (vor-) leistungsbezogenen Rente erfordere eine ausdrückliche und klar ausgestaltete Regelung. Der Gesetzgeber habe stattdessen eine völlig offene Regelung gewählt, die mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulasse. Die Auslegung habe daher verfassungskonform zum Schutz der Versicherten zu erfolgen. Bei verfassungskonformer Auslegung seien Gerichte und Behörden dazu berechtigt und verpflichtet, von mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige vorzuziehen, die mit der Verfassung am besten im Einklang stehe. Diese Auslegung müsse sich lediglich innerhalb des Rahmens halten, der durch den Wortlaut und die eindeutigen gesetzgeberischen Ziele gezogen sei. Solche eindeutigen Ziele seien im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Allein der Tatsache, dass der Gesetzgeber gleichzeitig die Zurechnungszeit erhöht habe, sei ein „klar erkennbarer“ Wille nicht zu entnehmen. Die Erhöhung der Zurechnungszeit mildere die Abschläge für Versicherte, die vor Beginn des 60. Lebensjahres und darüber hinaus eine Erwerbsminderungsrente bezögen. Gerade die Versicherten, die nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert würden und somit erstmals an ein „Ausweichen“ in die Erwerbsminderungsrente denken könnten, profitierten nicht von der Anhebung der Zurechnungszeit. Die ausgelösten Folgekosten dürften für die Auslegung einer Norm keine Bedeutung haben.

12

Gegen das ihr am 22. Mai 2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 8. Juni 2007 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie auf einen Aufsatz von Mey (RV aktuell 3/2007, S. 44) Bezug nimmt. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass inzwischen zahlreiche Sozialgerichte der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts nicht gefolgt seien.

13

Die Beklagte beantragt,

14

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 26. April 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R).

18

Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Bescheide vom 12. Dezember 2005 und vom 5. März 2006 zurückzunehmen und der Klägerin höhere Erwerbsminderungsrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.

20

Rechtsgrundlage des Begehrens der Klägerin ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Liegen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, weil der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Rentenversicherungsträger ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt gemäß § 100 Abs. 4 SGB VI in der seit dem 1. Mai 2007 geltenden Fassung, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit ab dem Beginn des Kalendermonats nach Wirksamwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

21

Unter welchen Voraussetzungen § 44 SGB X bei bestandskräftigen Entscheidungen den Eintritt in eine sachliche Prüfung verlangt (vgl. dazu BSG, Urt. v. 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33; BSG, Urt. v. 3. April 2001 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88,75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20; BSG, Urt. v. 5. September 2006 - B 2 U 24/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 18, zur Veröffentlichung vorgesehen für BSGE) kann vorliegend dahingestellt bleiben. Die Voraussetzungen einer Rücknahme der Bescheide vom 12. Dezember 2005 und vom 15. März 2006 liegen jedenfalls nicht vor, weil bei Erlass dieser Verwaltungsakte weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Die Beklagte hat der Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 zu Recht einen Zugangsfaktor von 0,898 und der Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2009 zu Recht einen Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt.

22

Nach § 77 SGB VI in der hier maßgebenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind (§ 77 Abs. 1 SGB VI). Für die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI folgende Regelung vor:

23

„Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1.“

24

Daran anknüpfend enthalten § 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI folgende Regelungen:

25

„Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 60. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Beginns einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme.“

26

Diese Regelungen führen im Falle der Klägerin, die sowohl die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 als auch die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2006 vor Vollendung ihres 60. Lebensjahres in Anspruch genommen hat, dazu, dass der Zugangsfaktor für jeden Monat der Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres um 0,003 niedriger als 1,0 zu bewerten ist (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI). Da die Rente vor Beginn des 60. Lebensjahres der Klägerin beginnt, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Anders formuliert: Die Tatsache, dass die Klägerin die Rente vor Beginn des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen hat, bleibt bei der Berechnung des Zugangsfaktors außer Betracht und führt nicht zu einer weiteren Reduzierung. Eine Verminderung um 0,003 pro Kalendermonat ist nur für die Monate vom 60. bis zum 63. Lebensjahr und damit für 36 Kalendermonate vorzunehmen. Multipliziert mit 0,003 ergibt sich ein um 0,108 niedrigerer Zugangsfaktor als 1,0 (entsprechend einer Rentenkürzung um 10,8%) und damit ein Zugangsfaktor von 0,892. Diesen Zugangsfaktor hat die Beklagte der Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2009 zugrunde gelegt. Für die Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2003 ist ergänzend die Übergangsregelung in § 264c SGB VI zu berücksichtigen. Danach gilt folgendes: Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Rente wegen Todes vor dem 1. Januar 2004, ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 angegebenen Lebensalters maßgebend. Nach dieser Anlage ist bei einem Rentenbeginn im Oktober 2003 anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres das 60. Lebensjahr zuzüglich zwei Monaten zugrunde zu legen. Daher ist der Zugangsfaktor für die ab 1. Oktober 2003 zu gewährende Rente der Klägerin um 0,006 (zweimal 0,003) höher als der Zugangsfaktor, der ihrer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2006 zugrunde zu legen ist. Auch diese Regelung hat die Beklagte zutreffend umgesetzt und der Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 einen Zugangsfaktor von 0,898 zugrunde gelegt.

27

Der Senat folgt damit nicht der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts aus dem Urteil vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R - SozR 4-2600 § 77 Nr. 3 = BSGE 96, 209). Entgegen der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts richtet sich die Berechnung der Höhe des Zugangsfaktors nach § 77 SGB VI und nicht nach § 63 SGB VI. Auch soweit mit dem 4. Senat des Bundessozialgerichts dem § 63 SGB VI ein „Systemgrundsatz der vorleistungsbezogenen Rente“ entnommen werden könnte, wäre ein solcher Grundsatz jedenfalls nicht geeignet, § 77 SGB VI entgegen seinem klaren Wortlaut auszulegen. Der Wortlaut des § 77 SGB VI ist nach Auffassung des Senats jedenfalls bezogen auf die hier maßgebende Regelung eindeutig. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts begründet seine davon abweichende Auffassung u. a., indem er zunächst die Regelung des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI isoliert und ohne die nachfolgenden Sätze 2 und 3 betrachtet und zu dem Ergebnis kommt, dass diese Regelung „schlechthin objektiv willkürlich“ wäre, „wenn man sie nicht verfassungskonform reduzierte“. In Übereinstimmung mit dem 4. Senat des Bundessozialgerichts hält der Senat es für sehr naheliegend, dass eine Regelung, wie sie in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI getroffen worden ist, ohne die Ergänzung in Abs. 2 Sätze 2 und 3 als willkürlich angesehen werden müsste. Darauf kommt es jedoch nicht an. Es ist nach Auffassung des Senats nicht zulässig, eine unselbstständige Teilregelung wie die des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI aus dem Zusammenhang zu nehmen und isoliert darauf zu untersuchen, ob sie verfassungsgemäß ist, um dann - nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit - eine eigenständig entwickelte verfassungskonforme Regelung an die Stelle der für verfassungswidrig befundenen Regelung zu setzen. § 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI stellen sicher, dass der Zugangsfaktor auch bei Inanspruchnahme einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht auf einen Wert von weniger als 0,892 reduziert werden kann. Damit wird erreicht, dass die Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund der „vorzeitigen“ Inanspruchnahme höchstens um 10,8 % reduziert werden kann. Die in der oben genannten Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts angenommene Reduzierung auf einen Zugangsfaktor von 0,0 für einen Versicherten, der die Rente wegen Erwerbsminderung im Alter von 35 Jahren und zwei Monaten in Anspruch nimmt, ist damit von vornherein ausgeschlossen, ohne dass es einer „verfassungskonformen Auslegung“ bedarf.

28

Entgegen der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts regeln § 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht die Frage, ob eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, durch einen Zugangsfaktor kleiner als 1,0 zu reduzieren ist, sondern allein die Frage des Wie bei der Berechnung des Zugangsfaktors. Geregelt wird - wie oben dargelegt - eine Begrenzung des Rentenabschlags auf maximal 10,8 %. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI die Regelung des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI im Sinne einer Klarstellung wiederholt oder ob § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch eine eigenständige Bedeutung in Fällen des vorübergehenden Bezugs einer Rente wegen Erwerbsminderung und eines späteren Bezugs einer Altersrente in Gestalt einer Modifikation des § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zukommt (so die Auffassung der Rentenversicherungsträger, vgl. Mey, in RV aktuell 3/2007, S. 44, 46; von Koch/Kolakowski, SGb 2007, 71, 73; Wollschläger, DRV 2001, 276, 282). Jedenfalls kann die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht dahin ausgelegt werden, dass eine Verminderung des Zugangsfaktors auf weniger als 1,0 bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen wäre.

29

Die Auslegung nach dem Wortlaut steht auch mit Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte im Einklang. Dass der Gesetzgeber von einer Reduzierung des Zugangsfaktors auch bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausgegangen ist, ergibt sich eindeutig aus der Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen eines Gesetzes zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BT-Drucks. 14/4230, S. 23 f sowie S. 26 zu § 59). Dort wird ausgeführt, dass den Auswirkungen mit einer Anhebung der Zurechnungszeit für die Versicherten begegnet werden sollte, deren Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Dies setzt voraus, dass Versicherte mit einem Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres von der Absenkung des Zugangsfaktors betroffen sind. Der Zusammenhang zwischen der Reduzierung des Zugangsfaktors und der Anhebung der Zurechnungszeit bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres wird auch an der Ausgestaltung der Übergangsregelungen in § 253a SGB VI und § 264c SGB VI deutlich, die ein schrittweises Wirksamwerden beider Vorschriften in synchron verlaufenden Stufen vorsehen. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Zielsetzung der in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SGB VI getroffenen Regelungen in dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz, BR-Drucks. 2/07, S. 91) im Zusammenhang mit der vorgesehenen Anhebung der Altersgrenzen in § 77 SGB VI (hier: 62. statt 60. Lebensjahr) wie folgt beschrieben wird: „Die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten in Höhe von 10,8 Prozent sind entsprechend der ursprünglichen Zielsetzung des Gesetzes und entgegen einer Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16. Mai 2006 - B 4 RA 22/05 R) in allen Fällen vorzunehmen, in denen die Rente mit oder vor Vollendung des 62. Lebensjahres beginnt, also auch dann, wenn die Rente in jungen Jahren in Anspruch genommen wird.“

30

Im Übrigen weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Vorschriften des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SGB VI bis zu der oben genannten Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts in Literatur und Rechtsprechung einheitlich in der hier dargelegten Weise verstanden worden sind. Das Sozialgericht weist zutreffend darauf hin, dass die Reduzierung des Zugangsfaktors im Gesetzgebungsverfahren u. a. vom Deutschen Gewerkschaftsbund kritisiert worden ist (vgl. Ausschuss für Arbeit und Soziales, Drs. 14/890 vom 19. Oktober 2000). Mit dieser Auffassung haben sich der Deutsche Gewerkschaftsbund und weitere Verbände jedoch nicht durchsetzen können. Der Kritik des Deutschen Gewerkschaftsbundes und anderer Verbände im Gesetzgebungsverfahren ist gerade zu entnehmen, dass diese Verbände die Regelung so verstanden haben wie die Rentenversicherungsträger und nicht so wie der 4. Senat in der oben genannten Entscheidung vom 16. Mai 2006.

31

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts kann sich mit seiner Auffassung auch nicht auf die Anhörung des Sachverständigen Ruland vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales am 20. Oktober 2000 (Protokoll 14/57, S. 8) stützen, der ausgeführt hatte, dass „die Abschläge im Wesentlichen ja die treffen, die ab 60 dann erwerbsunfähig werden und aus diesem Grunde dann zwangsweise aus dem Arbeitsprozess ausscheiden“. Zum einen folgt aus der Formulierung „im Wesentlichen“ eindeutig, dass auch Personen mit einem Rentenbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahres von den Abschlägen betroffen sind. Zum anderen vernachlässigt der 4. Senat des Bundessozialgerichts den Zusammenhang, in dem diese Äußerung steht, nämlich der oben dargestellten parallelen Verlängerung der Zurechnungszeit, die dazu führen soll, dass die Rentenabschläge von maximal 10,8 % durch die Absenkung des Zugangsfaktors für Versicherte mit einem Rentenbeginn bis zur Vollendung des 56. Lebensjahres und 8 Monate auf im Durchschnitt etwa 3,5 % reduziert werden (vgl. die Berechnungsbeispiele in: Mitteilungen der LVA Oberfranken 2001, S. 10, 53 f.). Allein vor diesem Hintergrund hat Ruland die Auffassung geäußert, dass die Abschläge „im Wesentlichen“ die treffen, die ab Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsunfähig werden. Diese Versicherten profitieren nämlich nicht mehr von der Verlängerung der Zurechnungszeit auf die Vollendung des 60. Lebensjahres (vgl. dazu auch Ruland, NJW 2007, 2086, 2088: „Mir zu unterstellen, ich hätte mich in der Anhörung des Bundestagsausschusses im Sinne der Auslegung des BSG geäußert, ist ebenfalls falsch. Das - nachlesbare - Gegenteil ist richtig…“).

32

Die mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SGB VI geregelte Absenkung des Zugangsfaktors begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung verletzt weder Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

33

Die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung der gesetzlichen Rentenversicherung ist durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - NJW 2007, 1577). Daran ändert sich nach Auffassung des Senats nichts dadurch, dass in die Berechnung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit jedenfalls bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres auch eine Zurechnungszeit einfließt, der keine Beitragszahlung unmittelbar entspricht. Gegenstand des Schutzes des Art. 14 Abs. 1 GG ist die Anwartschaft, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbstständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art. 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt (BVerfG, Beschl. vom 27. Februar 2007, a. a. O., m. w. N., juris Rz. 51 bezogen auf die Minderung der rentenrechtlichen Bewertung der ersten Berufsjahre; wohl anderer Ansicht Plagemann, juris PR-SozR 20/2006, Anm. 4). Die Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lässt sich von der Zurechnungszeit nicht trennen, weil nur durch die Zurechnungszeit das Sicherungsziel dieser Rentenart - die Gewährleistung eines Einkommensersatzes oberhalb des Niveaus der Grundsicherung für den Fall der Verminderung der Erwerbsfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze - überhaupt erreicht werden kann.

34

Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art. 14 GG für Rentenanwartschaften schließt nach ständiger Rechtsprechung deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht generell aus (BVerfG, Beschl. v. 13. Juni 2006 - 1 BvL 9/00, u. a. - BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr. 5; BVerfG, Beschl. v. 27. Februar 2007, a. a. O., beide m. w. N.). Insbesondere lässt die Eigentumsgarantie eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften grundsätzlich zu. Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein. Der in der Änderung des § 77 SGB VI mit der Reduzierung des Zugangsfaktors liegende Eingriff in die Anwartschaft genügt diesen Anforderungen, weil er durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.

35

Bei der vorzunehmenden Prüfung ist die Änderung des § 77 SGB VI durch das Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit der gleichzeitig vorgenommenen Erhöhung der Zurechnungszeit. Bis zum 31. Dezember 2000 wurde die Zeit zwischen der Vollendung des 55. und des 60. Lebensjahres gemäß § 59 Abs. 2 SGB VI nur zu einem Drittel als Zurechnungszeit bewertet. Seit dem 1. Januar 2001 ist die Zurechnungszeit schrittweise - parallel mit der Absenkung des Zugangsfaktors - in der Weise erhöht worden, dass dieser Zeitraum voll als Zurechnungszeit bewertet wird. Deshalb müssen Versicherte im Falle des Eintritts der Erwerbsminderung mit Vollendung des 60. Lebensjahres eine Reduzierung der Rente um die vollen 10,8 % hinnehmen, während die Reduzierung bei einem Eintritt der Erwerbsminderung mit Vollendung des 56. Lebensjahres zuzüglich 8 Monate oder früher nur etwa 3,5 % beträgt (s. o.). In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4230, S. 26, zu § 77) ist diese Reduzierung mit der Notwendigkeit der Vermeidung von Ausweichreaktionen begründet worden. Bezogen auf Versicherte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben oder bei denen die Vollendung des 60. Lebensjahres zeitnah bevorsteht, mag es sich um einen legitimen Grund für den Eingriff handeln. Schließlich hängt der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung auch nach § 43 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auch von der Arbeitsmarktlage und davon ab, ob der Antragsteller einen Arbeitsplatz inne hat. Unter diesen Umständen kann das Verhalten des Versicherten Einfluss auf das Bestehen eines Rentenanspruchs haben. So kann im Einzelfall die Aufgabe eines Arbeitsplatzes dazu führen, dass ein Rentenanspruch begründet wird. Allerdings stellt sich die Frage, ob eine im Einzelfall bestehende Möglichkeit den Rentenanspruch durch die Aufgabe des Arbeitsplatzes zu begründen eine flächendeckende Reduzierung der Höhe der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründen kann, obwohl der Mehrzahl der leistungsgeminderten Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kein „Ausweichen“ aus der vorgezogenen Altersrente entgegenzuhalten sein dürfte. Das gilt in besondere Weise für Versicherte, bei denen die Minderung der Erwerbsfähigkeit viele Jahre vor Vollendung des 60. Lebensjahres eintritt und bei denen ein Zusammenhang mit einer möglichen vorgezogenen Altersrente nicht hergestellt werden kann. Zwar verringert sich bezogen auf diesen Personenkreis der Eingriff, weil die Reduzierung der Rente aus den oben genannten Gründen in der Summe nur etwa 3,5 % und nicht - wie bei Beginn der Rente mit Vollendung des 60. Lebensjahres 10,8 % - beträgt. Eine Begründung für die Reduzierung der Rentenhöhe auch für Versicherte, bei denen ein Zusammenhang mit der Anhebung der Altersgrenzen für die Altersrente oder der Gefahr von Ausweichreaktionen nicht hergestellt werden kann, ist weder dem Allgemeinen Teil noch dem Besonderen Teil der Begründung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BT-Drucks. 14/4230, S. 23 ff.) ohne weiteres zu entnehmen.

36

Eine Begründung für die Reduzierung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird jedoch in der Zusammenschau mit dem Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998) deutlich. Das Rentenreformgesetz 1999 hatte eine weitaus gravierendere Kürzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vorgesehen als das zum 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im Rentenreformgesetz 1999 war eine Reduzierung nicht nur um bis zu 10,8 %, sondern um 18 % vorgesehen. Statt der seit 2001 geltenden vollen Berücksichtigung der Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr als Zurechnungszeit war eine Berücksichtigung mit nur zwei Dritteln vorgesehen. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 1998 war das Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1999 zunächst um ein Jahr aufgeschoben worden (vgl. Art. 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998, BGBl. I S. 3843). Mit dem in seinen wesentlichen Teilen zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wurden Regelungen aus dem Rentenreformgesetz 1999 schließlich teilweise übernommen, wobei die Kürzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgemildert wurde; das Rentenreformgesetz 1999 wurde gleichzeitig in wesentlichen Teilen aufgehoben, noch bevor es in Kraft getreten war. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass das 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit keine Ausführungen zur Begründung der Notwendigkeit von Einsparungen im Bereich der Renten wegen Erwerbsminderung enthält. Schließlich erwartete der Gesetzgeber von diesem Gesetz keine weiteren Einsparungen, sondern - wegen der gleichzeitigen Aufhebung des Rentenreformgesetzes 1999 - einen Anstieg der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung um 1 bis 2 Zehntel (vgl. BT-Drucks. 14/4230, S. 2). Bei der Kürzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auch für Versicherte mit einem Rentenbeginn vor Vollendung eines Lebensalters von 56 Jahren und 8 Monaten um durchschnittlich 3,5 % handelt es sich also um einen Teil der ursprünglich mit dem Rentenreformgesetz 1999 vorgesehenen deutlich gravierenderen Einschnitte. Diese waren u. a. mit dem Ziel der Zurückführung der Sozialabgabenquote und der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland in Zeiten der Globalisierung der Wirtschaft begründet worden. Der Faktor Arbeit sollte kurz- und mittelfristig durch eine Absenkung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung und langfristig durch eine stärkere Dämpfung des Beitragssatzes entlastet werden. Von diesem Ziel hat sich der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vollständig gelöst. Mit der 2001 in Kraft getretenen Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sollte nach dem „Finanziellen Teil“ der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4230, S. 36) eine Reduzierung des Beitragssatzes um 0,5 Beitragssatzpunkte bewirkt werden. Hintergrund der Reduzierung der Renten für die verminderte Erwerbsfähigkeit war daher erkennbar auch die Erzielung von Einsparungen.

37

Bei derartigen finanziellen Erwägungen handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um einen legitimen Grund für einen Eingriff in bestehende Rentenanwartschaften. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Bezieher von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in besonderer Weise von Kürzungen betroffen sind, weil sich neben der Absenkung durch die Reduzierung des Zugangsfaktors auch die allgemeine Absenkung des Rentenniveaus seit den 90er Jahren auswirkt (vgl. dazu Rademacker, SozSich 2001, 74, 79 ff.). Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass diese Maßnahme nicht nur geeignet ist, gemeinsam mit zahlreichen weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen, zur Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung beizutragen, sondern dass diese Reduzierung angesichts eines Kürzungsfaktors von etwa 3,5 % bis höchstens 10,8 % auch verhältnismäßig ist. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht im Einzelfall selbst Kürzungen um bis zu 30 % mit dem Ziel, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern, als verhältnismäßig angesehen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13. Juni 2006, a. a. O., zu den Kürzungen der auf dem Fremdrentengesetz beruhenden Entgeltpunkte, juris Rz. 91).

38

Auch eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Die Klägerin wird nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt gegenüber Versicherten, deren Rente vor dem 1. Januar 2001 beginnt. Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit der schrittweisen Einführung des reduzierten Zugangsfaktors (§ 264c sowie Anlage 23 zum SGB VI) zur Abmilderung von Benachteiligungen eine Übergangsregelung geschaffen, von der die Klägerin bei der zum 1. Oktober 2003 gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch - wenn auch in geringem Umfang - profitiert hat.

39

Nach allem hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine höhere Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Der Senat hat auch im Übrigen keinen Anlass, an der Richtigkeit der Berechnung der Rente zu zweifeln, und dies ist von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Wegen der Berechnungsweise der Rente im Einzelnen wird auf den Inhalt der Bescheide vom 12. Dezember 2005 und vom 15. März 2006 (Blatt 353 bis Blatt 414 der Verwaltungsakte) Bezug genommen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

41

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er von der Entscheidung des - für Rechtsfragen der vorliegenden Art allerdings für die seit dem 1. Juli 2007 anhängig werdenden Verfahren nicht mehr zuständigen - 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (a. a. O.) abgewichen ist.


(1) Zurechnungszeit ist die Zeit, die bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Todes hinzugerechnet wird, wenn die versicherte Person das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(2) Die Zurechnungszeit beginnt

1.
bei einer Rente wegen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung,
2.
bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, mit Beginn dieser Rente,
3.
bei einer Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente mit dem Tod der versicherten Person und
4.
bei einer Erziehungsrente mit Beginn dieser Rente.
Die Zurechnungszeit endet mit Vollendung des 67. Lebensjahres.

(3) Hat die verstorbene versicherte Person eine Altersrente bezogen, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nicht zu berücksichtigen.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Zurechnungszeit ist die Zeit, die bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Todes hinzugerechnet wird, wenn die versicherte Person das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(2) Die Zurechnungszeit beginnt

1.
bei einer Rente wegen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung,
2.
bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, mit Beginn dieser Rente,
3.
bei einer Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente mit dem Tod der versicherten Person und
4.
bei einer Erziehungsrente mit Beginn dieser Rente.
Die Zurechnungszeit endet mit Vollendung des 67. Lebensjahres.

(3) Hat die verstorbene versicherte Person eine Altersrente bezogen, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nicht zu berücksichtigen.

(1) Rentenrechtliche Zeiten sind

1.
Beitragszeiten,
a)
als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen,
b)
als beitragsgeminderte Zeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten und
3.
Berücksichtigungszeiten.

(2) Zeiten mit vollwertigen Beiträgen sind Kalendermonate, die mit Beiträgen belegt und nicht beitragsgeminderte Zeiten sind.

(3) Beitragsgeminderte Zeiten sind Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) belegt sind. Als beitragsgeminderte Zeiten gelten Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung).

(4) Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind.

(1) Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen.

(2) Für beitragsgeminderte Zeiten ist die Summe der Entgeltpunkte um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als Zeiten wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie Zeiten hätten. Diese zusätzlichen Entgeltpunkte werden den jeweiligen Kalendermonaten mit beitragsgeminderten Zeiten zu gleichen Teilen zugeordnet.

(3) Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat

1.
an Berücksichtigungszeit die Entgeltpunkte zugeordnet, die sich ergeben würden, wenn diese Kalendermonate Kindererziehungszeiten wären,
2.
mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung mindestens 0,0833 Entgeltpunkte zugrunde gelegt und diese Kalendermonate insoweit nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt.
Bei der Anwendung von Satz 1 Nr. 2 gelten die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Eine Zuordnung an Entgeltpunkten für Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten unterbleibt in dem Umfang, in dem bereits nach § 70 Abs. 3a Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben worden sind. Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für Kalendermonate mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, für die bereits Entgeltpunkte nach Satz 1 Nr. 1 zugeordnet werden.

(4) Soweit beitragsfreie Zeiten mit Zeiten zusammentreffen, die bei einer Versorgung aus einem

1.
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder
2.
Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen
ruhegehaltfähig sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalls als ruhegehaltfähig anerkannt werden, bleiben sie bei der Gesamtleistungsbewertung unberücksichtigt.

(1) Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten,
3.
Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten,
4.
Zuschläge oder Abschläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder Rentensplitting,
5.
Zuschläge aus Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder bei Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder von Anrechten bei der Versorgungsausgleichskasse,
6.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung,
7.
Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Vierten Buches aufgelösten Wertguthaben,
8.
Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters,
9.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung,
10.
Zuschläge an Entgeltpunkten für nachversicherte Soldaten auf Zeit und
11.
Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung
mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt und bei Witwenrenten und Witwerrenten sowie bei Waisenrenten um einen Zuschlag erhöht wird. Persönliche Entgeltpunkte nach Satz 1 Nummer 11 sind für die Anwendung von § 97a von den übrigen persönlichen Entgeltpunkten getrennt zu ermitteln, indem der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.

(2) Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sind die Entgeltpunkte

1.
des Versicherten bei einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei einer Erziehungsrente,
2.
des verstorbenen Versicherten bei einer Witwenrente, Witwerrente und Halbwaisenrente,
3.
der zwei verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten bei einer Vollwaisenrente.

(3) Bei einer Teilrente (§ 42 Absatz 1) ergeben sich die in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus der Summe aller Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der Teilrente zu der Vollrente.

(3a) Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters werden mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze und anschließend jährlich zum 1. Juli berücksichtigt. Dabei sind für die jährliche Berücksichtigung zum 1. Juli die für das vergangene Kalenderjahr ermittelten Zuschläge maßgebend.

(4) Bei einer nur teilweise zu leistenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ergeben sich die jeweils in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus dem Monatsbetrag der Rente nach Anrechnung des Hinzuverdienstes im Wege einer Rückrechnung unter Berücksichtigung des maßgeblichen aktuellen Rentenwerts, des Rentenartfaktors und des jeweiligen Zugangsfaktors.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Neuberechnung seiner Rente.
Der am ... 1962 geborene Kläger bezieht auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 7.10.2002 seit 1.4.2002 von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die persönlichen Entgeltpunkte, die dieser Rente zugrunde liegen, sind nach einem um 0,048 auf 0,952 geminderten Zugangsfaktor berechnet, also mit einem Abschlag von 4,8 % versehen.
Am 20.9.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.5.2006 (B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr 2) die Neufeststellung der Rente ohne Abschläge.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2006 mit der Begründung ab, der Rentenbescheid sei rechtmäßig. Die zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts sei in einem Einzelfall ergangen. Darüber hinaus könne die Beklagte ihm nicht folgen.
Auch der am 24.11.2006 erhobene Widerspruch des Klägers blieb im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8.2.2007 mit im Wesentlichen gleicher Begründung erfolglos.
Gegen die Ablehnung seines Antrags im Bescheid vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 hat der Kläger am 14.2.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten zur Neuberechnung seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Abschläge begehrt. Er ist der Auffassung, dass die vorgenommene Kürzung rechts- und verfassungswidrig sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 7.10.2002 über die Rentengewährung und die Folgebescheide insoweit abzuändern, dass statt eines auf 0,952 geminderten Zugangsfaktors die Rente für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres unter Zugrundelegung von nach einem Zugangsfaktor von 1,0 berechneten persönlichen Entgeltpunkten festgestellt wird.
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Der Rentenbescheid sei rechtmäßig. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts stehe allein mit seiner Auffassung, bei vor Vollendung des 60. Lebensjahres bezogenen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit seien nach geltendem Recht keine Abschläge zulässig.
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Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten im Gerichts- und Verwaltungsverfahren sowie wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten über den Kläger (1 Band Rentenakten zur Rentenversicherungsnummer ...) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Kammer konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheides vom 7.10.2002.
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Die Aufhebung von Verwaltungsakten ist in den §§ 44–49 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) geregelt. Diese Vorschriften treffen für die Aufhebung verschiedener Gruppen von Verwaltungsakten unterschiedliche Regelungen. Sie unterscheiden nach von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakten (§§ 44, 45 SGB X), von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakten (§§ 46, 47 SGB X) und Verwaltungsakten, in deren Entscheidungsgrundlage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eine Änderung eintritt (§ 48 SGB X). § 49 SGB X schließlich trifft Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung im Verfahren über Widerspruch oder Klage eines von dem Verwaltungsakt betroffenen Dritten. Innerhalb der Gruppen der von Anfang an rechtswidrigen und von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakte unterscheidet das Gesetz jeweils erneut zwischen nicht begünstigenden (§§ 44 und 46 SGB X) und begünstigenden (§§ 45 und 47 SGB X) Verwaltungsakten.
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Der hier angefochtene Bescheid ist dabei an § 44 Abs. 1 SGB X zu messen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
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Bei Erlass des Rentenbescheides vom 7.10.2002 ist – soweit er von der Beklagten zu überprüfen war – das Recht nicht unrichtig angewandt und nicht von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweist. Der Kläger hatte und hat keinen Anspruch auf Gewährung einer mit einem ungeminderten Zugangsfaktor berechneten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
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Die Höhe einer nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung auszuzahlenden Rente bestimmt sich nach § 64 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, (2.) der Rentenartfaktor und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags einer Rente aus eigener Versicherung ergeben sich nach § 66 Abs. 1 SGB VI, indem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten, für bestimmte, in der Vorschrift enumerativ genannte Zuschläge und Arbeitsentgelt aus nicht verwendeten Wertguthaben mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.
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Die Höhe des Zugangsfaktors bestimmt sich nach § 77 SGB VI, für Renten, die – wie hier – vor dem 1.1.2004 begannen, in Verbindung mit § 264c SGB VI. Er richtet sich gemäß § 77 Abs. 1 SGB VI nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.
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Hiernach hat die Beklagte den der Rentenberechnung des Klägers zu Grunde zu legenden Zugangsfaktor korrekt für alle maßgeblichen Entgeltpunkte mit 0,952 bestimmt.
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Der Zugangsfaktor ist nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0.
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Der Kläger hatte bei Rentenbeginn das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet. Daher musste die Beklagte nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI den Zugangsfaktor niedriger als mit 1,0 zu Grunde legen.
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Zu Recht hat die Beklagte dabei nur eine Kürzung für 16 Monate zu Grunde gelegt. Denn zwar begann die Rente des Klägers mehr als 16 Monate vor Ablauf des Monats der Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers. Der Kläger hatte aber bei Rentenbeginn auch das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.
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Nach den Sätzen 2 und 3 des § 77 Abs. 2 SGB VI ist, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
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Nach der Übergangsregel in § 264c SGB VI ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor dem 1.1.2004 beginnen, anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 angegebenen Lebensalters maßgebend. Für einen Rentenbeginn am 1.4.2002 sieht Anlage 23 zum SGB VI als maßgebliches Lebensalter ein Lebensalter von 61 Jahren und 8 Monaten vor. Zwischen dem Kalendermonat der Vollendung des 61. Lebensjahres und 8. Lebensmonats und dem Kalendermonat der Vollendung des 63. Lebensjahres liegen 16 Monate.
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Hiernach hat die Beklagte zutreffend den Zugangsfaktor um 16 mal 0,003 niedriger als 1,0000, also mit 0,952 bestimmt.
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Die Kammer folgt nicht der durch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 16.5.2006 (B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr 3; Randnummern im Folgenden beziehen sich auf die auf der Internetseite des Bundessozialgerichts www.bundessozialgericht.de veröffentlichte Fassung) vorgenommenen Auslegung des § 77 SGB VI, nach der nach dem Gesetzeswortlaut eine Kürzung der vor Vollendung des 60. Lebensjahres begonnenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur für Bezugszeiten ab der Vollendung des 60. Lebensjahres möglich sei (wie hier: SG Saarbrücken, 8.5.2007 – S 14 R 82/07; SG Köln, 12.4.2007 – S 29 (25) R 337/06; SG Altenburg, 22.3.2007 – S 14 KN 64/07; SG Aachen, 20.3.2007 – S 13 R 76/06; SG Aachen, 9.2.2007 – S 8 R 96/06; SG Bremen, 21.11.2006 – S 8 RA 180/03; ähnlich LSG Niedersachsen-Bremen, 13.12.2006 – L 2 R 466/06 ER; aus der Literatur wie hier: Bredt, NZS 2007, 192–195; Plagemann, jurisPR-SozR 20/2006 Anm. 4; wie das Bundessozialgericht: SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 235/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 191/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 301/07; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 40/06; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 61/06; wohl auch Schaller, SozSich 2006, 215–216). Gegen die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung sprechen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der Norm.
28 
So weisen von Koch und Kolakowski ( von Koch/Kolakowski, Der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung, Die Sozialgerichtsbarkeit [SGb.] 2007, 71, 73) unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/4230, S. 23 u. 24) zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber entgegen der Annahme des Bundessozialgerichts ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 30–37) durchaus davon ausging, dass eine Kürzung der Rente durch Minderung des Zugangsfaktors auch für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres wirken sollte. Denn in den Materialien wird ausdrücklich auf einen Ausgleich dieser Regelung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr gegenüber dem Rechtszustand vor dem EM-ReformG eingegangen. Solche Zurechnungszeiten kommen aber nur Versicherten zu Gute, bei denen der Versicherungsfall der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres eingetreten ist (§ 59 SGB VI). Typischerweise (wenn auch wegen des Antragserfordernisses nicht zwingend) beginnt in diesen Fällen die Rente ebenfalls vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Auch die Bezugnahme auf Prof. Dr. Ruland in den Entscheidungsgründen des Bundessozialgerichts (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 35) geht, wie von Koch/Kolakowski (SGb. 2007, 71, 73 re. Sp.) nachweisen, fehl. Denn auch Prof. Dr. Ruland vom damaligen Verband Deutscher Rentenversicherungsträger erwähnt unmittelbar vor der vom Bundessozialgericht zitierten Stelle die Höherbewertung der Zurechnungszeit gegenüber dem früheren Rechtszustand als Ausgleich für die Kürzung der Rente (Ausschuss-Protokoll des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung 14/57, S. 8, zitiert nach von Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 re. Sp. bei Fn. 7 im Text).
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Hinsichtlich des Wortlauts stellt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 26–29) darauf ab, dass nach § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI Zeiten des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme gelten. Hieraus entnimmt es, dass während dieser Bezugszeit eine Kürzung nicht stattfinden dürfe. § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI stellt vielmehr eine reine Rechenregel dar, die die Deckelung der Kürzung auf 36 Monate vornimmt (ebensovon Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 li. Sp.).
30 
Auch die Systematik des Gesetzes spricht gegen die Auslegung durch das Bundessozialgericht.
31 
Zum einen nimmt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) – wenn auch in einem obiter Dictum – an, dass bei seiner Auslegung die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten mit einem ungeminderten Zugangsfaktor, ab Vollendung des 60. bis zum Eintritt in die Altersrente dagegen mit einem geminderten Zugangsfaktor zu berechnen wäre. Eine solche Änderung der Grundlagen der Rentenberechnung ist dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung fremd. Die Rente wird aus mehreren Faktoren berechnet. Davon ist in aller Regel nur ein einziger – der aktuelle Rentenwert, vom Bundessozialgericht Kurswert genannt – während der Bezugszeit variabel, die anderen Faktoren – persönliche Entgeltpunkte, Rentenartfaktor, rentenartspezifische Zuschläge – bleiben demgegenüber regelmäßig konstant. Durchbrechungen dieses Prinzips sind jeweils ausdrücklich geregelt: Bei Hinterbliebenenrenten sehen beispielsweise § 67 Nr. 5 und 6 SGB VI Absenkungen des Rentenartfaktors nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach dem Tod des Versicherten vor, Zeiten nach Rentenbeginn werden gemäß §§ 75, 76b SGB VI als Zuschläge an Entgeltpunkten berücksichtigt, Zu- oder Abschläge nach Versorgungsausgleich werden gemäß § 101 Abs. 3 SGB VI wirksam. Da der Gesetzgeber eine solche ausdrückliche Regelung in § 77 SGB VI nicht getroffen hat, kann das Prinzip der gleichbleibenden Berechnungsfaktoren nicht durchbrochen werden.
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Zudem widerspricht die Absenkung derselben Rente während ihrer Bezugszeit einem anderen, in § 88 SGB VI niedergelegten Strukturprinzip der gesetzlichen Rente. Nach dieser Vorschrift werden für Folgerenten – nach § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auch für Renten, die auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit folgen – mindestens die der früheren Rente zu Grunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte zu Grunde gelegt. Dies hat zur Folge, dass eine Folgerente – gleichen Rentenartfaktor und aktuellen Rentenwert vorausgesetzt – stets mindestens ebenso hoch ist wie eine zuvor bezogene Rente. Hiermit lässt sich die Annahme, die einer Rente zu Grunde zu legenden persönlichen Entgeltpunkte und damit bei gleichbleibenden übrigen Faktoren die Rentenhöhe könnte sich während des Bezugs dieser Rente vermindern, in keiner Weise in Einklang bringen: Wenn in § 88 SGB VI schon das Vertrauen des Versicherten in die Höhe einer Folgerente geschützt ist, dann muss erst recht das Vertrauen in die Höhe der gleichen, weiterhin bezogenen Rente geschützt sein.
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Zum anderen beraubt die durch das Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung von § 77 SGB VI die Vorschrift des § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI weit gehend ihres Anwendungsbereichs. In § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist vorgesehen, dass grundsätzlich eine einmal wirksam gewordene Kürzung durch Minderung des Zugangsfaktors auch in eine Folgerente übernommen wird: Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt jedoch nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI unter anderem nicht für Entgeltpunkte, die Versicherte bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben. In diesen Fällen wird der verminderte Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI wieder erhöht. Folgte man der Auslegung des Bundessozialgerichts, hätte diese Vorschrift nur Auswirkungen für die praktisch sehr seltenen Fälle, in denen eine vom Versicherten bezogene Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach Vollendung von dessen 60. Lebensjahr endete, vor Erreichen der Regelaltersgrenze jedoch eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begänne. Bei der Auslegung, die die Kammer der Vorschrift beigibt, erfasst § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI alle Fälle, in denen irgendwann vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen worden ist und nach deren Ende, jedoch vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beginnt.
34 
Die Kammer hält die von ihr vorgenommene Auslegung des § 77 SGB VI auch – anders als das Bundessozialgericht – nicht für verfassungswidrig.
35 
Das Bundessozialgericht sieht in der von der Kammer vorgenommenen Auslegung von § 77 SGB VI einen Verfassungsverstoß. Da das Bundessozialgericht in seinem Urteil keine Norm des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ausdrücklich nennt, die es als verletzt ansieht, kann die Kammer nur vermuten, dass es die Art. 3 und 14 GG verletzt sieht. Dies folgert die Kammer daraus, dass das Bundessozialgericht einerseits an mehreren Stellen von einer Rechtfertigung für eine „Durchbrechung des Prinzips der ‚leistungsbezogenen Rente‘ “ (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 17; Anführungszeichen im Zitat vom Bundessozialgericht), andererseits davon spricht, dass eine bestimmte Gruppenbildung objektiv willkürlich sei (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 22).
36 
Die Kammer ist davon überzeugt, dass ihre Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall Art. 14 GG nicht verletzt.
37 
Nach Art. 14 Abs. 1 GG werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen (seit BVerfG, 28.2.1980 – 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 [Versorgungsausgleich I], BVerfGE 53, 257–313 = SozR 7610 § 1587 Nr 1, juris-Rn. 145–152; BVerfG, 16.7.1985 – 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1052/83, 1 BvR 1227/84 [beitragsfreie Krankenversicherung], BVerfGE 69, 272–315 = SozR 2200 § 165 Nr 81, juris-Rn. 104; BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58; BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen ( BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58 m. Nachw.). Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt.
38 
Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der Intensität des Eigentumsschutzes danach differenziert, inwieweit die erworbenen Anwartschaften auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. So hat es die Begrenzung von Zeiten, die nicht auf Beiträgen des Versicherten beruhen, in weitem Maße für zulässig gehalten ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7; ebenso jüngst BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Grenze des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers sei insoweit die Verhältnismäßigkeit ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 112).
39 
Zudem hat es festgestellt, dass „Gegenstand des Schutzes des Art. 14 GG der Anspruch oder die Anwartschaft [sind], wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben (vgl. BVerfGE 53, 257 (293))“ ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99). Eine Beschränkung der Betrachtung allein auf eine bestimmte Regelungsänderung, ohne dass die Auswirkungen dieser Änderung auf die Renten oder Rentenanwartschaften insgesamt an Art. 14 Abs. 1 GG gemessen werden, hält es für unzulässig. Schutzobjekt der Vorschrift sei die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99).
40 
Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung durch die Kammer ist zunächst, dass § 77 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung unzweifelhaft mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar war. Nach dem damaligen Recht waren für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Abschläge nicht vorgesehen. Diese Abschläge, technisch durch die Minderung des Zugangsfaktors verwirklicht, wurden erst durch das EM-ReformG mit Wirkung vom 1.1.2001 eingeführt. Gleichzeitig wurde die Bewertung der zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr des Versicherten liegenden Zurechnungszeiten um ein Drittel erhöht. Dies geschah ausdrücklich, um die Folgen der Einführung der Abschläge auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abzumildern (BT-Druck. 14/4230, S. 26). Für Renten, die vor dem 1.1.2004 begannen, sieht § 264c SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Kürzungsvorschriften nur gestuft in Kraft gesetzt werden. Parallel dazu sieht § 253a SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Höherbewertung der Zurechnungszeiten gestuft in Kraft gesetzt werden.
41 
Ausgehend von den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben ist festzustellen, dass die Anwartschaft des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch das EM-ReformG nicht aufgehoben, sondern lediglich modifiziert wurde (vgl. zu den Modifikationen durch das HBeglG 1984 BSG, 27.2.1997 – 13 RJ 63/96, BSGE 80, 108–119 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 22). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Gesamtheit der Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch im Hinblick speziell auf die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das EM-ReformG hat zwar einerseits die genannten Abschläge eingeführt, andererseits aber – wie gezeigt – durch eine höhere Anrechnung fiktiver Eigenleistungen des Versicherten einen Ausgleich geschaffen. Für Versicherte, bei denen – wie beim Kläger – der Versicherungsfall der Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahres liegt, führt dies praktisch dazu, dass rechnerisch zwar ein Abschlag von der auszukehrenden Rente vorzunehmen ist, der vorher nicht vorhanden war, dass sich andererseits aber bei der Rentenberechnung Zeiten stärker bemerkbar machen, die nicht auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. Das bedeutet, dass die Einschnitte durch die Einführung der Abschläge für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit letztlich umso leichter zu rechtfertigen sind, je jünger der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalls war. Denn je jünger der Versicherte zu diesem Zeitpunkt ist, desto weniger beruht die ihm gewährte Rente auf seiner eigenen Leistung und desto weniger greifen die Abschläge in diesen auf Eigenleistungen beruhenden Teil der Anwartschaft ein.
42 
Zwar kommt dem Kläger die Höherbewertung der Zurechnungszeiten wegen der Übergangsregelung in § 253a SGB VI nicht in vollem Umfang zu Gute. Andererseits trifft ihn die Minderungsregelung des § 264c SGB VI aber nur in gemindertem Maße, sodass die Kammer dennoch in der Höherbewertung der Zurechnungszeiten einen Ausgleich sieht.
43 
Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob die Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden, verfassungsgemäß ist. Denn der Kläger dieses Verfahrens gehört dieser Gruppe nicht an. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Einschränkung der in diesen Fällen vollständig auf Eigenleistungen beruhenden Anwartschaft durch den vom EM-ReformG verfolgten Zweck gerechtfertigt sind, einem Ausweichen von Versicherten aus der vorzeitigen, nur mit Abschlägen möglichen Altersrente in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken.
44 
Demgegenüber hat die Kammer keinerlei Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden. Denn für diese Rentner wird die in § 77 SGB VI vorgesehene Kürzung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten ausgeglichen. Zwar betrifft dies Rentner verschiedener Jahrgänge unterschiedlich stark. Jedenfalls für den Fall des Klägers, der noch weit von der Vollendung des 60. Lebensjahres entfernt ist, stellt sich die Regelung als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar.
45 
Die Kammer sieht weiter in ihrer Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
46 
Nach dieser Vorschrift sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt hieraus jedoch kein Verbot für den Gesetzgeber, Differenzierungen vorzunehmen. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (st. Rspr., statt vieler BVerfG, 28.02.2007 – 1 BvL 5/03, FamRZ 2007, 529–531, juris-Rn. 31).
47 
Zwar ist dem Bundessozialgericht ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) zuzugeben, dass das EM-ReformG unterschiedliche Gruppen von Rentnern unterschiedlich stark trifft. So sind ältere Versicherte von der Kürzung stärker in ihren auf Eigenleistungen beruhenden Teilen der Rentenanwartschaft betroffen als jüngere Versicherte, für die ein Ausgleich geschaffen worden ist. Da der Kläger, der von der Vollendung des 60. Lebensjahres noch weit entfernt ist, jedenfalls zu einer der besser behandelten Gruppen gehört, kann er sich zur Begründung einer einschränkenden Auslegung von § 77 SGB VI, wie sie das Bundessozialgericht vorgenommen hat, auf eine Schlechterbehandlung älterer Versicherter nicht berufen.
48 
Da der Kläger erstmals Rente bezog, musste die Beklagte den verminderten Zugangsfaktor zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte auf die Summe aller Entgeltpunkte anwenden.
49 
Weitere Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
13 
Die Kammer konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben.
14 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheides vom 7.10.2002.
15 
Die Aufhebung von Verwaltungsakten ist in den §§ 44–49 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) geregelt. Diese Vorschriften treffen für die Aufhebung verschiedener Gruppen von Verwaltungsakten unterschiedliche Regelungen. Sie unterscheiden nach von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakten (§§ 44, 45 SGB X), von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakten (§§ 46, 47 SGB X) und Verwaltungsakten, in deren Entscheidungsgrundlage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eine Änderung eintritt (§ 48 SGB X). § 49 SGB X schließlich trifft Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung im Verfahren über Widerspruch oder Klage eines von dem Verwaltungsakt betroffenen Dritten. Innerhalb der Gruppen der von Anfang an rechtswidrigen und von Anfang an und weiterhin rechtmäßigen Verwaltungsakte unterscheidet das Gesetz jeweils erneut zwischen nicht begünstigenden (§§ 44 und 46 SGB X) und begünstigenden (§§ 45 und 47 SGB X) Verwaltungsakten.
16 
Der hier angefochtene Bescheid ist dabei an § 44 Abs. 1 SGB X zu messen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
17 
Bei Erlass des Rentenbescheides vom 7.10.2002 ist – soweit er von der Beklagten zu überprüfen war – das Recht nicht unrichtig angewandt und nicht von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweist. Der Kläger hatte und hat keinen Anspruch auf Gewährung einer mit einem ungeminderten Zugangsfaktor berechneten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
18 
Die Höhe einer nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung auszuzahlenden Rente bestimmt sich nach § 64 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, (2.) der Rentenartfaktor und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags einer Rente aus eigener Versicherung ergeben sich nach § 66 Abs. 1 SGB VI, indem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten, für bestimmte, in der Vorschrift enumerativ genannte Zuschläge und Arbeitsentgelt aus nicht verwendeten Wertguthaben mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.
19 
Die Höhe des Zugangsfaktors bestimmt sich nach § 77 SGB VI, für Renten, die – wie hier – vor dem 1.1.2004 begannen, in Verbindung mit § 264c SGB VI. Er richtet sich gemäß § 77 Abs. 1 SGB VI nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.
20 
Hiernach hat die Beklagte den der Rentenberechnung des Klägers zu Grunde zu legenden Zugangsfaktor korrekt für alle maßgeblichen Entgeltpunkte mit 0,952 bestimmt.
21 
Der Zugangsfaktor ist nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0.
22 
Der Kläger hatte bei Rentenbeginn das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet. Daher musste die Beklagte nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI den Zugangsfaktor niedriger als mit 1,0 zu Grunde legen.
23 
Zu Recht hat die Beklagte dabei nur eine Kürzung für 16 Monate zu Grunde gelegt. Denn zwar begann die Rente des Klägers mehr als 16 Monate vor Ablauf des Monats der Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers. Der Kläger hatte aber bei Rentenbeginn auch das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.
24 
Nach den Sätzen 2 und 3 des § 77 Abs. 2 SGB VI ist, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
25 
Nach der Übergangsregel in § 264c SGB VI ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor dem 1.1.2004 beginnen, anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 angegebenen Lebensalters maßgebend. Für einen Rentenbeginn am 1.4.2002 sieht Anlage 23 zum SGB VI als maßgebliches Lebensalter ein Lebensalter von 61 Jahren und 8 Monaten vor. Zwischen dem Kalendermonat der Vollendung des 61. Lebensjahres und 8. Lebensmonats und dem Kalendermonat der Vollendung des 63. Lebensjahres liegen 16 Monate.
26 
Hiernach hat die Beklagte zutreffend den Zugangsfaktor um 16 mal 0,003 niedriger als 1,0000, also mit 0,952 bestimmt.
27 
Die Kammer folgt nicht der durch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 16.5.2006 (B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr 3; Randnummern im Folgenden beziehen sich auf die auf der Internetseite des Bundessozialgerichts www.bundessozialgericht.de veröffentlichte Fassung) vorgenommenen Auslegung des § 77 SGB VI, nach der nach dem Gesetzeswortlaut eine Kürzung der vor Vollendung des 60. Lebensjahres begonnenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur für Bezugszeiten ab der Vollendung des 60. Lebensjahres möglich sei (wie hier: SG Saarbrücken, 8.5.2007 – S 14 R 82/07; SG Köln, 12.4.2007 – S 29 (25) R 337/06; SG Altenburg, 22.3.2007 – S 14 KN 64/07; SG Aachen, 20.3.2007 – S 13 R 76/06; SG Aachen, 9.2.2007 – S 8 R 96/06; SG Bremen, 21.11.2006 – S 8 RA 180/03; ähnlich LSG Niedersachsen-Bremen, 13.12.2006 – L 2 R 466/06 ER; aus der Literatur wie hier: Bredt, NZS 2007, 192–195; Plagemann, jurisPR-SozR 20/2006 Anm. 4; wie das Bundessozialgericht: SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 235/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 191/07; SG Lübeck, 26.4.2007 – S 14 R 301/07; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 40/06; LSG Saarland, 9.2.2007 – L 7 R 61/06; wohl auch Schaller, SozSich 2006, 215–216). Gegen die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung sprechen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der Norm.
28 
So weisen von Koch und Kolakowski ( von Koch/Kolakowski, Der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung, Die Sozialgerichtsbarkeit [SGb.] 2007, 71, 73) unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/4230, S. 23 u. 24) zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber entgegen der Annahme des Bundessozialgerichts ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 30–37) durchaus davon ausging, dass eine Kürzung der Rente durch Minderung des Zugangsfaktors auch für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres wirken sollte. Denn in den Materialien wird ausdrücklich auf einen Ausgleich dieser Regelung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr gegenüber dem Rechtszustand vor dem EM-ReformG eingegangen. Solche Zurechnungszeiten kommen aber nur Versicherten zu Gute, bei denen der Versicherungsfall der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres eingetreten ist (§ 59 SGB VI). Typischerweise (wenn auch wegen des Antragserfordernisses nicht zwingend) beginnt in diesen Fällen die Rente ebenfalls vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Auch die Bezugnahme auf Prof. Dr. Ruland in den Entscheidungsgründen des Bundessozialgerichts (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 35) geht, wie von Koch/Kolakowski (SGb. 2007, 71, 73 re. Sp.) nachweisen, fehl. Denn auch Prof. Dr. Ruland vom damaligen Verband Deutscher Rentenversicherungsträger erwähnt unmittelbar vor der vom Bundessozialgericht zitierten Stelle die Höherbewertung der Zurechnungszeit gegenüber dem früheren Rechtszustand als Ausgleich für die Kürzung der Rente (Ausschuss-Protokoll des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung 14/57, S. 8, zitiert nach von Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 re. Sp. bei Fn. 7 im Text).
29 
Hinsichtlich des Wortlauts stellt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 26–29) darauf ab, dass nach § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI Zeiten des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme gelten. Hieraus entnimmt es, dass während dieser Bezugszeit eine Kürzung nicht stattfinden dürfe. § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI stellt vielmehr eine reine Rechenregel dar, die die Deckelung der Kürzung auf 36 Monate vornimmt (ebensovon Koch/Kolakowski, SGb. 2007, 71, 73 li. Sp.).
30 
Auch die Systematik des Gesetzes spricht gegen die Auslegung durch das Bundessozialgericht.
31 
Zum einen nimmt das Bundessozialgericht (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) – wenn auch in einem obiter Dictum – an, dass bei seiner Auslegung die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten mit einem ungeminderten Zugangsfaktor, ab Vollendung des 60. bis zum Eintritt in die Altersrente dagegen mit einem geminderten Zugangsfaktor zu berechnen wäre. Eine solche Änderung der Grundlagen der Rentenberechnung ist dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung fremd. Die Rente wird aus mehreren Faktoren berechnet. Davon ist in aller Regel nur ein einziger – der aktuelle Rentenwert, vom Bundessozialgericht Kurswert genannt – während der Bezugszeit variabel, die anderen Faktoren – persönliche Entgeltpunkte, Rentenartfaktor, rentenartspezifische Zuschläge – bleiben demgegenüber regelmäßig konstant. Durchbrechungen dieses Prinzips sind jeweils ausdrücklich geregelt: Bei Hinterbliebenenrenten sehen beispielsweise § 67 Nr. 5 und 6 SGB VI Absenkungen des Rentenartfaktors nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach dem Tod des Versicherten vor, Zeiten nach Rentenbeginn werden gemäß §§ 75, 76b SGB VI als Zuschläge an Entgeltpunkten berücksichtigt, Zu- oder Abschläge nach Versorgungsausgleich werden gemäß § 101 Abs. 3 SGB VI wirksam. Da der Gesetzgeber eine solche ausdrückliche Regelung in § 77 SGB VI nicht getroffen hat, kann das Prinzip der gleichbleibenden Berechnungsfaktoren nicht durchbrochen werden.
32 
Zudem widerspricht die Absenkung derselben Rente während ihrer Bezugszeit einem anderen, in § 88 SGB VI niedergelegten Strukturprinzip der gesetzlichen Rente. Nach dieser Vorschrift werden für Folgerenten – nach § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auch für Renten, die auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit folgen – mindestens die der früheren Rente zu Grunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte zu Grunde gelegt. Dies hat zur Folge, dass eine Folgerente – gleichen Rentenartfaktor und aktuellen Rentenwert vorausgesetzt – stets mindestens ebenso hoch ist wie eine zuvor bezogene Rente. Hiermit lässt sich die Annahme, die einer Rente zu Grunde zu legenden persönlichen Entgeltpunkte und damit bei gleichbleibenden übrigen Faktoren die Rentenhöhe könnte sich während des Bezugs dieser Rente vermindern, in keiner Weise in Einklang bringen: Wenn in § 88 SGB VI schon das Vertrauen des Versicherten in die Höhe einer Folgerente geschützt ist, dann muss erst recht das Vertrauen in die Höhe der gleichen, weiterhin bezogenen Rente geschützt sein.
33 
Zum anderen beraubt die durch das Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung von § 77 SGB VI die Vorschrift des § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI weit gehend ihres Anwendungsbereichs. In § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist vorgesehen, dass grundsätzlich eine einmal wirksam gewordene Kürzung durch Minderung des Zugangsfaktors auch in eine Folgerente übernommen wird: Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt jedoch nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI unter anderem nicht für Entgeltpunkte, die Versicherte bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben. In diesen Fällen wird der verminderte Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI wieder erhöht. Folgte man der Auslegung des Bundessozialgerichts, hätte diese Vorschrift nur Auswirkungen für die praktisch sehr seltenen Fälle, in denen eine vom Versicherten bezogene Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach Vollendung von dessen 60. Lebensjahr endete, vor Erreichen der Regelaltersgrenze jedoch eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begänne. Bei der Auslegung, die die Kammer der Vorschrift beigibt, erfasst § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI alle Fälle, in denen irgendwann vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen worden ist und nach deren Ende, jedoch vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beginnt.
34 
Die Kammer hält die von ihr vorgenommene Auslegung des § 77 SGB VI auch – anders als das Bundessozialgericht – nicht für verfassungswidrig.
35 
Das Bundessozialgericht sieht in der von der Kammer vorgenommenen Auslegung von § 77 SGB VI einen Verfassungsverstoß. Da das Bundessozialgericht in seinem Urteil keine Norm des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ausdrücklich nennt, die es als verletzt ansieht, kann die Kammer nur vermuten, dass es die Art. 3 und 14 GG verletzt sieht. Dies folgert die Kammer daraus, dass das Bundessozialgericht einerseits an mehreren Stellen von einer Rechtfertigung für eine „Durchbrechung des Prinzips der ‚leistungsbezogenen Rente‘ “ (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 17; Anführungszeichen im Zitat vom Bundessozialgericht), andererseits davon spricht, dass eine bestimmte Gruppenbildung objektiv willkürlich sei (BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 22).
36 
Die Kammer ist davon überzeugt, dass ihre Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall Art. 14 GG nicht verletzt.
37 
Nach Art. 14 Abs. 1 GG werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen (seit BVerfG, 28.2.1980 – 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 [Versorgungsausgleich I], BVerfGE 53, 257–313 = SozR 7610 § 1587 Nr 1, juris-Rn. 145–152; BVerfG, 16.7.1985 – 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1052/83, 1 BvR 1227/84 [beitragsfreie Krankenversicherung], BVerfGE 69, 272–315 = SozR 2200 § 165 Nr 81, juris-Rn. 104; BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58; BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen ( BVerfG, 18.2.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 [Hinterbliebenenrenten], BVerfGE 97, 271–297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1, juris-Rn. 58 m. Nachw.). Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt.
38 
Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der Intensität des Eigentumsschutzes danach differenziert, inwieweit die erworbenen Anwartschaften auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. So hat es die Begrenzung von Zeiten, die nicht auf Beiträgen des Versicherten beruhen, in weitem Maße für zulässig gehalten ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7; ebenso jüngst BVerfG, 13.6.2006 – 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 [§ 22 Abs. 4 FRG], SozR 4-5050 § 22 Nr 5, juris-Rn. 79). Grenze des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers sei insoweit die Verhältnismäßigkeit ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 112).
39 
Zudem hat es festgestellt, dass „Gegenstand des Schutzes des Art. 14 GG der Anspruch oder die Anwartschaft [sind], wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben (vgl. BVerfGE 53, 257 (293))“ ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99). Eine Beschränkung der Betrachtung allein auf eine bestimmte Regelungsänderung, ohne dass die Auswirkungen dieser Änderung auf die Renten oder Rentenanwartschaften insgesamt an Art. 14 Abs. 1 GG gemessen werden, hält es für unzulässig. Schutzobjekt der Vorschrift sei die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt ( BVerfG, 1.7.1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 [Ausfallzeiten], BVerfGE 58, 81–136 = SozR 2200 § 1255a Nr 7, juris-Rn. 99).
40 
Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung durch die Kammer ist zunächst, dass § 77 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung unzweifelhaft mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar war. Nach dem damaligen Recht waren für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Abschläge nicht vorgesehen. Diese Abschläge, technisch durch die Minderung des Zugangsfaktors verwirklicht, wurden erst durch das EM-ReformG mit Wirkung vom 1.1.2001 eingeführt. Gleichzeitig wurde die Bewertung der zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr des Versicherten liegenden Zurechnungszeiten um ein Drittel erhöht. Dies geschah ausdrücklich, um die Folgen der Einführung der Abschläge auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abzumildern (BT-Druck. 14/4230, S. 26). Für Renten, die vor dem 1.1.2004 begannen, sieht § 264c SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Kürzungsvorschriften nur gestuft in Kraft gesetzt werden. Parallel dazu sieht § 253a SGB VI eine gestufte Übergangsregelung vor, nach der die Höherbewertung der Zurechnungszeiten gestuft in Kraft gesetzt werden.
41 
Ausgehend von den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben ist festzustellen, dass die Anwartschaft des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch das EM-ReformG nicht aufgehoben, sondern lediglich modifiziert wurde (vgl. zu den Modifikationen durch das HBeglG 1984 BSG, 27.2.1997 – 13 RJ 63/96, BSGE 80, 108–119 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 22). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Gesamtheit der Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch im Hinblick speziell auf die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Das EM-ReformG hat zwar einerseits die genannten Abschläge eingeführt, andererseits aber – wie gezeigt – durch eine höhere Anrechnung fiktiver Eigenleistungen des Versicherten einen Ausgleich geschaffen. Für Versicherte, bei denen – wie beim Kläger – der Versicherungsfall der Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahres liegt, führt dies praktisch dazu, dass rechnerisch zwar ein Abschlag von der auszukehrenden Rente vorzunehmen ist, der vorher nicht vorhanden war, dass sich andererseits aber bei der Rentenberechnung Zeiten stärker bemerkbar machen, die nicht auf Eigenleistungen des Versicherten beruhen. Das bedeutet, dass die Einschnitte durch die Einführung der Abschläge für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit letztlich umso leichter zu rechtfertigen sind, je jünger der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalls war. Denn je jünger der Versicherte zu diesem Zeitpunkt ist, desto weniger beruht die ihm gewährte Rente auf seiner eigenen Leistung und desto weniger greifen die Abschläge in diesen auf Eigenleistungen beruhenden Teil der Anwartschaft ein.
42 
Zwar kommt dem Kläger die Höherbewertung der Zurechnungszeiten wegen der Übergangsregelung in § 253a SGB VI nicht in vollem Umfang zu Gute. Andererseits trifft ihn die Minderungsregelung des § 264c SGB VI aber nur in gemindertem Maße, sodass die Kammer dennoch in der Höherbewertung der Zurechnungszeiten einen Ausgleich sieht.
43 
Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob die Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden, verfassungsgemäß ist. Denn der Kläger dieses Verfahrens gehört dieser Gruppe nicht an. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Einschränkung der in diesen Fällen vollständig auf Eigenleistungen beruhenden Anwartschaft durch den vom EM-ReformG verfolgten Zweck gerechtfertigt sind, einem Ausweichen von Versicherten aus der vorzeitigen, nur mit Abschlägen möglichen Altersrente in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken.
44 
Demgegenüber hat die Kammer keinerlei Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 77 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG für Rentner, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert werden. Denn für diese Rentner wird die in § 77 SGB VI vorgesehene Kürzung durch die Höherbewertung der Zurechnungszeiten ausgeglichen. Zwar betrifft dies Rentner verschiedener Jahrgänge unterschiedlich stark. Jedenfalls für den Fall des Klägers, der noch weit von der Vollendung des 60. Lebensjahres entfernt ist, stellt sich die Regelung als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar.
45 
Die Kammer sieht weiter in ihrer Auslegung von § 77 SGB VI im konkreten Fall keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
46 
Nach dieser Vorschrift sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt hieraus jedoch kein Verbot für den Gesetzgeber, Differenzierungen vorzunehmen. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (st. Rspr., statt vieler BVerfG, 28.02.2007 – 1 BvL 5/03, FamRZ 2007, 529–531, juris-Rn. 31).
47 
Zwar ist dem Bundessozialgericht ( BSG, 16.5.2006 – B 4 RA 22/05 R, Rn. 37) zuzugeben, dass das EM-ReformG unterschiedliche Gruppen von Rentnern unterschiedlich stark trifft. So sind ältere Versicherte von der Kürzung stärker in ihren auf Eigenleistungen beruhenden Teilen der Rentenanwartschaft betroffen als jüngere Versicherte, für die ein Ausgleich geschaffen worden ist. Da der Kläger, der von der Vollendung des 60. Lebensjahres noch weit entfernt ist, jedenfalls zu einer der besser behandelten Gruppen gehört, kann er sich zur Begründung einer einschränkenden Auslegung von § 77 SGB VI, wie sie das Bundessozialgericht vorgenommen hat, auf eine Schlechterbehandlung älterer Versicherter nicht berufen.
48 
Da der Kläger erstmals Rente bezog, musste die Beklagte den verminderten Zugangsfaktor zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte auf die Summe aller Entgeltpunkte anwenden.
49 
Weitere Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 26. April 2007 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Erwerbsminderungsrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

2

Der ... 1953 geborenen Klägerin wurde von der Beklagten in Ausführung eines gerichtlichen Vergleichs mit Bescheid vom 12. Dezember 2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2003 bewilligt. Der Berechnung der Rentenhöhe legt die Beklagte einen Zugangsfaktor von 0,898 zugrunde. Mit Bescheid vom 15. März 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2009 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,892.

3

Am 22. Juni 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Neufeststellung der Rente und machte geltend, dass ihr höhere Leistungen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zustünden. Zur Begründung bezog sie sich auf ein Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R).

4

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 und Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Entgegen der Auffassung, die der 4. Senat des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 vertreten habe, sei der Zugangsfaktor bei Renten wegen Erwerbsminderung auch bei Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI zu vermindern. Die Höhe des Abschlags betrage grundsätzlich 10,8 %. Der Prozentsatz bei Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2004 ergebe sich aus § 264c SGB VI in Verbindung mit Anlage 23 zum SGB VI. Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprächen für die Auslegung der Rentenversicherungsträger und gegen die Auslegung des 4. Senats des Bundessozialgerichts.

5

Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 15. Februar 2007 bei dem Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage gewandt, zu deren Begründung sie weiterhin auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R) Bezug nimmt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2007 zu verurteilen, die Bescheide vom 12. Dezember 2005 und 15. März 2006 dahin abzuändern, dass ihr unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 ab Rentenbeginn eine höhere Rente gewährt wird.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung hat sie auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

11

Mit Urteil vom 26. April 2007 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und sich in der Begründung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R) angeschlossen. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es sich auch der Auslegung des Deutschen Gewerkschaftsbundes anschließe, der zu Recht ausführe, dass es bei Erwerbsminderungsrenten geradezu zynisch wäre, den Eintritt des Leistungsfalles vor dem 60. Lebensjahr mit einem „vorzeitigen“ Rentenbezug zu vergleichen. Die Erwerbsminderung trete völlig unabhängig vom Willen der Versicherten ein. Diese hätten im Gegensatz zu den Altersrentnern keine Wahlmöglichkeit, ob sie bis zum Erreichen der Regelaltersrente weiterarbeiten oder eine vorzeitige Rente in Anspruch nehmen möchten. Plagemann führe zu Recht an, dass man auch mit dem Bundessozialgericht aus sozialstaatlicher Sicht argumentieren könnte, dass eine Rente wegen Erwerbsminderung vor dem 60. Lebensjahr gerade nicht die gleiche Funktion habe wie eine Erwerbsminderungsrente danach. Es könnte zwar zutreffen, dass der Gesetzgeber einen verminderten Zugangsfaktor auch für die Inanspruchnahme von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 60. Lebensjahr habe einführen wollen. Die Ausgestaltung, die der Gesetzgeber dazu - unterstellt, er habe eine solche Regelung beabsichtigt - gewählt habe, erfülle nicht die Anforderungen, die an eine solche Regelung zu stellen seien. Eine Kürzung der Erwerbsminderungsrente entgegen dem Systemgrundsatz der (vor-) leistungsbezogenen Rente erfordere eine ausdrückliche und klar ausgestaltete Regelung. Der Gesetzgeber habe stattdessen eine völlig offene Regelung gewählt, die mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulasse. Die Auslegung habe daher verfassungskonform zum Schutz der Versicherten zu erfolgen. Bei verfassungskonformer Auslegung seien Gerichte und Behörden dazu berechtigt und verpflichtet, von mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige vorzuziehen, die mit der Verfassung am besten im Einklang stehe. Diese Auslegung müsse sich lediglich innerhalb des Rahmens halten, der durch den Wortlaut und die eindeutigen gesetzgeberischen Ziele gezogen sei. Solche eindeutigen Ziele seien im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Allein der Tatsache, dass der Gesetzgeber gleichzeitig die Zurechnungszeit erhöht habe, sei ein „klar erkennbarer“ Wille nicht zu entnehmen. Die Erhöhung der Zurechnungszeit mildere die Abschläge für Versicherte, die vor Beginn des 60. Lebensjahres und darüber hinaus eine Erwerbsminderungsrente bezögen. Gerade die Versicherten, die nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert würden und somit erstmals an ein „Ausweichen“ in die Erwerbsminderungsrente denken könnten, profitierten nicht von der Anhebung der Zurechnungszeit. Die ausgelösten Folgekosten dürften für die Auslegung einer Norm keine Bedeutung haben.

12

Gegen das ihr am 22. Mai 2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 8. Juni 2007 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie auf einen Aufsatz von Mey (RV aktuell 3/2007, S. 44) Bezug nimmt. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass inzwischen zahlreiche Sozialgerichte der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts nicht gefolgt seien.

13

Die Beklagte beantragt,

14

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 26. April 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R).

18

Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Bescheide vom 12. Dezember 2005 und vom 5. März 2006 zurückzunehmen und der Klägerin höhere Erwerbsminderungsrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.

20

Rechtsgrundlage des Begehrens der Klägerin ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Liegen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, weil der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Rentenversicherungsträger ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt gemäß § 100 Abs. 4 SGB VI in der seit dem 1. Mai 2007 geltenden Fassung, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit ab dem Beginn des Kalendermonats nach Wirksamwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

21

Unter welchen Voraussetzungen § 44 SGB X bei bestandskräftigen Entscheidungen den Eintritt in eine sachliche Prüfung verlangt (vgl. dazu BSG, Urt. v. 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33; BSG, Urt. v. 3. April 2001 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88,75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20; BSG, Urt. v. 5. September 2006 - B 2 U 24/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 18, zur Veröffentlichung vorgesehen für BSGE) kann vorliegend dahingestellt bleiben. Die Voraussetzungen einer Rücknahme der Bescheide vom 12. Dezember 2005 und vom 15. März 2006 liegen jedenfalls nicht vor, weil bei Erlass dieser Verwaltungsakte weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Die Beklagte hat der Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 zu Recht einen Zugangsfaktor von 0,898 und der Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2009 zu Recht einen Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt.

22

Nach § 77 SGB VI in der hier maßgebenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind (§ 77 Abs. 1 SGB VI). Für die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI folgende Regelung vor:

23

„Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1.“

24

Daran anknüpfend enthalten § 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI folgende Regelungen:

25

„Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 60. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Beginns einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme.“

26

Diese Regelungen führen im Falle der Klägerin, die sowohl die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 als auch die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2006 vor Vollendung ihres 60. Lebensjahres in Anspruch genommen hat, dazu, dass der Zugangsfaktor für jeden Monat der Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres um 0,003 niedriger als 1,0 zu bewerten ist (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI). Da die Rente vor Beginn des 60. Lebensjahres der Klägerin beginnt, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Anders formuliert: Die Tatsache, dass die Klägerin die Rente vor Beginn des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen hat, bleibt bei der Berechnung des Zugangsfaktors außer Betracht und führt nicht zu einer weiteren Reduzierung. Eine Verminderung um 0,003 pro Kalendermonat ist nur für die Monate vom 60. bis zum 63. Lebensjahr und damit für 36 Kalendermonate vorzunehmen. Multipliziert mit 0,003 ergibt sich ein um 0,108 niedrigerer Zugangsfaktor als 1,0 (entsprechend einer Rentenkürzung um 10,8%) und damit ein Zugangsfaktor von 0,892. Diesen Zugangsfaktor hat die Beklagte der Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2009 zugrunde gelegt. Für die Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2003 ist ergänzend die Übergangsregelung in § 264c SGB VI zu berücksichtigen. Danach gilt folgendes: Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Rente wegen Todes vor dem 1. Januar 2004, ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 angegebenen Lebensalters maßgebend. Nach dieser Anlage ist bei einem Rentenbeginn im Oktober 2003 anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahres das 60. Lebensjahr zuzüglich zwei Monaten zugrunde zu legen. Daher ist der Zugangsfaktor für die ab 1. Oktober 2003 zu gewährende Rente der Klägerin um 0,006 (zweimal 0,003) höher als der Zugangsfaktor, der ihrer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2006 zugrunde zu legen ist. Auch diese Regelung hat die Beklagte zutreffend umgesetzt und der Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2003 einen Zugangsfaktor von 0,898 zugrunde gelegt.

27

Der Senat folgt damit nicht der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts aus dem Urteil vom 16. Mai 2006 (B 4 RA 22/05 R - SozR 4-2600 § 77 Nr. 3 = BSGE 96, 209). Entgegen der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts richtet sich die Berechnung der Höhe des Zugangsfaktors nach § 77 SGB VI und nicht nach § 63 SGB VI. Auch soweit mit dem 4. Senat des Bundessozialgerichts dem § 63 SGB VI ein „Systemgrundsatz der vorleistungsbezogenen Rente“ entnommen werden könnte, wäre ein solcher Grundsatz jedenfalls nicht geeignet, § 77 SGB VI entgegen seinem klaren Wortlaut auszulegen. Der Wortlaut des § 77 SGB VI ist nach Auffassung des Senats jedenfalls bezogen auf die hier maßgebende Regelung eindeutig. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts begründet seine davon abweichende Auffassung u. a., indem er zunächst die Regelung des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI isoliert und ohne die nachfolgenden Sätze 2 und 3 betrachtet und zu dem Ergebnis kommt, dass diese Regelung „schlechthin objektiv willkürlich“ wäre, „wenn man sie nicht verfassungskonform reduzierte“. In Übereinstimmung mit dem 4. Senat des Bundessozialgerichts hält der Senat es für sehr naheliegend, dass eine Regelung, wie sie in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI getroffen worden ist, ohne die Ergänzung in Abs. 2 Sätze 2 und 3 als willkürlich angesehen werden müsste. Darauf kommt es jedoch nicht an. Es ist nach Auffassung des Senats nicht zulässig, eine unselbstständige Teilregelung wie die des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI aus dem Zusammenhang zu nehmen und isoliert darauf zu untersuchen, ob sie verfassungsgemäß ist, um dann - nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit - eine eigenständig entwickelte verfassungskonforme Regelung an die Stelle der für verfassungswidrig befundenen Regelung zu setzen. § 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI stellen sicher, dass der Zugangsfaktor auch bei Inanspruchnahme einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht auf einen Wert von weniger als 0,892 reduziert werden kann. Damit wird erreicht, dass die Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund der „vorzeitigen“ Inanspruchnahme höchstens um 10,8 % reduziert werden kann. Die in der oben genannten Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts angenommene Reduzierung auf einen Zugangsfaktor von 0,0 für einen Versicherten, der die Rente wegen Erwerbsminderung im Alter von 35 Jahren und zwei Monaten in Anspruch nimmt, ist damit von vornherein ausgeschlossen, ohne dass es einer „verfassungskonformen Auslegung“ bedarf.

28

Entgegen der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts regeln § 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht die Frage, ob eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, durch einen Zugangsfaktor kleiner als 1,0 zu reduzieren ist, sondern allein die Frage des Wie bei der Berechnung des Zugangsfaktors. Geregelt wird - wie oben dargelegt - eine Begrenzung des Rentenabschlags auf maximal 10,8 %. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI die Regelung des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI im Sinne einer Klarstellung wiederholt oder ob § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch eine eigenständige Bedeutung in Fällen des vorübergehenden Bezugs einer Rente wegen Erwerbsminderung und eines späteren Bezugs einer Altersrente in Gestalt einer Modifikation des § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zukommt (so die Auffassung der Rentenversicherungsträger, vgl. Mey, in RV aktuell 3/2007, S. 44, 46; von Koch/Kolakowski, SGb 2007, 71, 73; Wollschläger, DRV 2001, 276, 282). Jedenfalls kann die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht dahin ausgelegt werden, dass eine Verminderung des Zugangsfaktors auf weniger als 1,0 bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen wäre.

29

Die Auslegung nach dem Wortlaut steht auch mit Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte im Einklang. Dass der Gesetzgeber von einer Reduzierung des Zugangsfaktors auch bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausgegangen ist, ergibt sich eindeutig aus der Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen eines Gesetzes zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BT-Drucks. 14/4230, S. 23 f sowie S. 26 zu § 59). Dort wird ausgeführt, dass den Auswirkungen mit einer Anhebung der Zurechnungszeit für die Versicherten begegnet werden sollte, deren Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Dies setzt voraus, dass Versicherte mit einem Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres von der Absenkung des Zugangsfaktors betroffen sind. Der Zusammenhang zwischen der Reduzierung des Zugangsfaktors und der Anhebung der Zurechnungszeit bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres wird auch an der Ausgestaltung der Übergangsregelungen in § 253a SGB VI und § 264c SGB VI deutlich, die ein schrittweises Wirksamwerden beider Vorschriften in synchron verlaufenden Stufen vorsehen. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Zielsetzung der in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SGB VI getroffenen Regelungen in dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz, BR-Drucks. 2/07, S. 91) im Zusammenhang mit der vorgesehenen Anhebung der Altersgrenzen in § 77 SGB VI (hier: 62. statt 60. Lebensjahr) wie folgt beschrieben wird: „Die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten in Höhe von 10,8 Prozent sind entsprechend der ursprünglichen Zielsetzung des Gesetzes und entgegen einer Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16. Mai 2006 - B 4 RA 22/05 R) in allen Fällen vorzunehmen, in denen die Rente mit oder vor Vollendung des 62. Lebensjahres beginnt, also auch dann, wenn die Rente in jungen Jahren in Anspruch genommen wird.“

30

Im Übrigen weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Vorschriften des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SGB VI bis zu der oben genannten Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts in Literatur und Rechtsprechung einheitlich in der hier dargelegten Weise verstanden worden sind. Das Sozialgericht weist zutreffend darauf hin, dass die Reduzierung des Zugangsfaktors im Gesetzgebungsverfahren u. a. vom Deutschen Gewerkschaftsbund kritisiert worden ist (vgl. Ausschuss für Arbeit und Soziales, Drs. 14/890 vom 19. Oktober 2000). Mit dieser Auffassung haben sich der Deutsche Gewerkschaftsbund und weitere Verbände jedoch nicht durchsetzen können. Der Kritik des Deutschen Gewerkschaftsbundes und anderer Verbände im Gesetzgebungsverfahren ist gerade zu entnehmen, dass diese Verbände die Regelung so verstanden haben wie die Rentenversicherungsträger und nicht so wie der 4. Senat in der oben genannten Entscheidung vom 16. Mai 2006.

31

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts kann sich mit seiner Auffassung auch nicht auf die Anhörung des Sachverständigen Ruland vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales am 20. Oktober 2000 (Protokoll 14/57, S. 8) stützen, der ausgeführt hatte, dass „die Abschläge im Wesentlichen ja die treffen, die ab 60 dann erwerbsunfähig werden und aus diesem Grunde dann zwangsweise aus dem Arbeitsprozess ausscheiden“. Zum einen folgt aus der Formulierung „im Wesentlichen“ eindeutig, dass auch Personen mit einem Rentenbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahres von den Abschlägen betroffen sind. Zum anderen vernachlässigt der 4. Senat des Bundessozialgerichts den Zusammenhang, in dem diese Äußerung steht, nämlich der oben dargestellten parallelen Verlängerung der Zurechnungszeit, die dazu führen soll, dass die Rentenabschläge von maximal 10,8 % durch die Absenkung des Zugangsfaktors für Versicherte mit einem Rentenbeginn bis zur Vollendung des 56. Lebensjahres und 8 Monate auf im Durchschnitt etwa 3,5 % reduziert werden (vgl. die Berechnungsbeispiele in: Mitteilungen der LVA Oberfranken 2001, S. 10, 53 f.). Allein vor diesem Hintergrund hat Ruland die Auffassung geäußert, dass die Abschläge „im Wesentlichen“ die treffen, die ab Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsunfähig werden. Diese Versicherten profitieren nämlich nicht mehr von der Verlängerung der Zurechnungszeit auf die Vollendung des 60. Lebensjahres (vgl. dazu auch Ruland, NJW 2007, 2086, 2088: „Mir zu unterstellen, ich hätte mich in der Anhörung des Bundestagsausschusses im Sinne der Auslegung des BSG geäußert, ist ebenfalls falsch. Das - nachlesbare - Gegenteil ist richtig…“).

32

Die mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SGB VI geregelte Absenkung des Zugangsfaktors begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung verletzt weder Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

33

Die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung der gesetzlichen Rentenversicherung ist durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - NJW 2007, 1577). Daran ändert sich nach Auffassung des Senats nichts dadurch, dass in die Berechnung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit jedenfalls bei Beginn der Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres auch eine Zurechnungszeit einfließt, der keine Beitragszahlung unmittelbar entspricht. Gegenstand des Schutzes des Art. 14 Abs. 1 GG ist die Anwartschaft, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbstständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art. 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt (BVerfG, Beschl. vom 27. Februar 2007, a. a. O., m. w. N., juris Rz. 51 bezogen auf die Minderung der rentenrechtlichen Bewertung der ersten Berufsjahre; wohl anderer Ansicht Plagemann, juris PR-SozR 20/2006, Anm. 4). Die Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lässt sich von der Zurechnungszeit nicht trennen, weil nur durch die Zurechnungszeit das Sicherungsziel dieser Rentenart - die Gewährleistung eines Einkommensersatzes oberhalb des Niveaus der Grundsicherung für den Fall der Verminderung der Erwerbsfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze - überhaupt erreicht werden kann.

34

Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art. 14 GG für Rentenanwartschaften schließt nach ständiger Rechtsprechung deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht generell aus (BVerfG, Beschl. v. 13. Juni 2006 - 1 BvL 9/00, u. a. - BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr. 5; BVerfG, Beschl. v. 27. Februar 2007, a. a. O., beide m. w. N.). Insbesondere lässt die Eigentumsgarantie eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften grundsätzlich zu. Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein. Der in der Änderung des § 77 SGB VI mit der Reduzierung des Zugangsfaktors liegende Eingriff in die Anwartschaft genügt diesen Anforderungen, weil er durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.

35

Bei der vorzunehmenden Prüfung ist die Änderung des § 77 SGB VI durch das Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit der gleichzeitig vorgenommenen Erhöhung der Zurechnungszeit. Bis zum 31. Dezember 2000 wurde die Zeit zwischen der Vollendung des 55. und des 60. Lebensjahres gemäß § 59 Abs. 2 SGB VI nur zu einem Drittel als Zurechnungszeit bewertet. Seit dem 1. Januar 2001 ist die Zurechnungszeit schrittweise - parallel mit der Absenkung des Zugangsfaktors - in der Weise erhöht worden, dass dieser Zeitraum voll als Zurechnungszeit bewertet wird. Deshalb müssen Versicherte im Falle des Eintritts der Erwerbsminderung mit Vollendung des 60. Lebensjahres eine Reduzierung der Rente um die vollen 10,8 % hinnehmen, während die Reduzierung bei einem Eintritt der Erwerbsminderung mit Vollendung des 56. Lebensjahres zuzüglich 8 Monate oder früher nur etwa 3,5 % beträgt (s. o.). In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4230, S. 26, zu § 77) ist diese Reduzierung mit der Notwendigkeit der Vermeidung von Ausweichreaktionen begründet worden. Bezogen auf Versicherte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben oder bei denen die Vollendung des 60. Lebensjahres zeitnah bevorsteht, mag es sich um einen legitimen Grund für den Eingriff handeln. Schließlich hängt der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung auch nach § 43 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auch von der Arbeitsmarktlage und davon ab, ob der Antragsteller einen Arbeitsplatz inne hat. Unter diesen Umständen kann das Verhalten des Versicherten Einfluss auf das Bestehen eines Rentenanspruchs haben. So kann im Einzelfall die Aufgabe eines Arbeitsplatzes dazu führen, dass ein Rentenanspruch begründet wird. Allerdings stellt sich die Frage, ob eine im Einzelfall bestehende Möglichkeit den Rentenanspruch durch die Aufgabe des Arbeitsplatzes zu begründen eine flächendeckende Reduzierung der Höhe der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründen kann, obwohl der Mehrzahl der leistungsgeminderten Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kein „Ausweichen“ aus der vorgezogenen Altersrente entgegenzuhalten sein dürfte. Das gilt in besondere Weise für Versicherte, bei denen die Minderung der Erwerbsfähigkeit viele Jahre vor Vollendung des 60. Lebensjahres eintritt und bei denen ein Zusammenhang mit einer möglichen vorgezogenen Altersrente nicht hergestellt werden kann. Zwar verringert sich bezogen auf diesen Personenkreis der Eingriff, weil die Reduzierung der Rente aus den oben genannten Gründen in der Summe nur etwa 3,5 % und nicht - wie bei Beginn der Rente mit Vollendung des 60. Lebensjahres 10,8 % - beträgt. Eine Begründung für die Reduzierung der Rentenhöhe auch für Versicherte, bei denen ein Zusammenhang mit der Anhebung der Altersgrenzen für die Altersrente oder der Gefahr von Ausweichreaktionen nicht hergestellt werden kann, ist weder dem Allgemeinen Teil noch dem Besonderen Teil der Begründung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BT-Drucks. 14/4230, S. 23 ff.) ohne weiteres zu entnehmen.

36

Eine Begründung für die Reduzierung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird jedoch in der Zusammenschau mit dem Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998) deutlich. Das Rentenreformgesetz 1999 hatte eine weitaus gravierendere Kürzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vorgesehen als das zum 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im Rentenreformgesetz 1999 war eine Reduzierung nicht nur um bis zu 10,8 %, sondern um 18 % vorgesehen. Statt der seit 2001 geltenden vollen Berücksichtigung der Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr als Zurechnungszeit war eine Berücksichtigung mit nur zwei Dritteln vorgesehen. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 1998 war das Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1999 zunächst um ein Jahr aufgeschoben worden (vgl. Art. 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998, BGBl. I S. 3843). Mit dem in seinen wesentlichen Teilen zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wurden Regelungen aus dem Rentenreformgesetz 1999 schließlich teilweise übernommen, wobei die Kürzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgemildert wurde; das Rentenreformgesetz 1999 wurde gleichzeitig in wesentlichen Teilen aufgehoben, noch bevor es in Kraft getreten war. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass das 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit keine Ausführungen zur Begründung der Notwendigkeit von Einsparungen im Bereich der Renten wegen Erwerbsminderung enthält. Schließlich erwartete der Gesetzgeber von diesem Gesetz keine weiteren Einsparungen, sondern - wegen der gleichzeitigen Aufhebung des Rentenreformgesetzes 1999 - einen Anstieg der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung um 1 bis 2 Zehntel (vgl. BT-Drucks. 14/4230, S. 2). Bei der Kürzung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auch für Versicherte mit einem Rentenbeginn vor Vollendung eines Lebensalters von 56 Jahren und 8 Monaten um durchschnittlich 3,5 % handelt es sich also um einen Teil der ursprünglich mit dem Rentenreformgesetz 1999 vorgesehenen deutlich gravierenderen Einschnitte. Diese waren u. a. mit dem Ziel der Zurückführung der Sozialabgabenquote und der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland in Zeiten der Globalisierung der Wirtschaft begründet worden. Der Faktor Arbeit sollte kurz- und mittelfristig durch eine Absenkung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung und langfristig durch eine stärkere Dämpfung des Beitragssatzes entlastet werden. Von diesem Ziel hat sich der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vollständig gelöst. Mit der 2001 in Kraft getretenen Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sollte nach dem „Finanziellen Teil“ der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4230, S. 36) eine Reduzierung des Beitragssatzes um 0,5 Beitragssatzpunkte bewirkt werden. Hintergrund der Reduzierung der Renten für die verminderte Erwerbsfähigkeit war daher erkennbar auch die Erzielung von Einsparungen.

37

Bei derartigen finanziellen Erwägungen handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um einen legitimen Grund für einen Eingriff in bestehende Rentenanwartschaften. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Bezieher von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in besonderer Weise von Kürzungen betroffen sind, weil sich neben der Absenkung durch die Reduzierung des Zugangsfaktors auch die allgemeine Absenkung des Rentenniveaus seit den 90er Jahren auswirkt (vgl. dazu Rademacker, SozSich 2001, 74, 79 ff.). Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass diese Maßnahme nicht nur geeignet ist, gemeinsam mit zahlreichen weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen, zur Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung beizutragen, sondern dass diese Reduzierung angesichts eines Kürzungsfaktors von etwa 3,5 % bis höchstens 10,8 % auch verhältnismäßig ist. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht im Einzelfall selbst Kürzungen um bis zu 30 % mit dem Ziel, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern, als verhältnismäßig angesehen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13. Juni 2006, a. a. O., zu den Kürzungen der auf dem Fremdrentengesetz beruhenden Entgeltpunkte, juris Rz. 91).

38

Auch eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Die Klägerin wird nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt gegenüber Versicherten, deren Rente vor dem 1. Januar 2001 beginnt. Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit der schrittweisen Einführung des reduzierten Zugangsfaktors (§ 264c sowie Anlage 23 zum SGB VI) zur Abmilderung von Benachteiligungen eine Übergangsregelung geschaffen, von der die Klägerin bei der zum 1. Oktober 2003 gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch - wenn auch in geringem Umfang - profitiert hat.

39

Nach allem hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine höhere Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Der Senat hat auch im Übrigen keinen Anlass, an der Richtigkeit der Berechnung der Rente zu zweifeln, und dies ist von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Wegen der Berechnungsweise der Rente im Einzelnen wird auf den Inhalt der Bescheide vom 12. Dezember 2005 und vom 15. März 2006 (Blatt 353 bis Blatt 414 der Verwaltungsakte) Bezug genommen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

41

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er von der Entscheidung des - für Rechtsfragen der vorliegenden Art allerdings für die seit dem 1. Juli 2007 anhängig werdenden Verfahren nicht mehr zuständigen - 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 (a. a. O.) abgewichen ist.


(1) Zurechnungszeit ist die Zeit, die bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Todes hinzugerechnet wird, wenn die versicherte Person das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(2) Die Zurechnungszeit beginnt

1.
bei einer Rente wegen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung,
2.
bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, mit Beginn dieser Rente,
3.
bei einer Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente mit dem Tod der versicherten Person und
4.
bei einer Erziehungsrente mit Beginn dieser Rente.
Die Zurechnungszeit endet mit Vollendung des 67. Lebensjahres.

(3) Hat die verstorbene versicherte Person eine Altersrente bezogen, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nicht zu berücksichtigen.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

(1) Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen.

(2) Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt.

(3) Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist.

(4) Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt.

(5) Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden.

(6) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden.

(7) Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.