Sozialgericht Karlsruhe Entscheidung, 04. Nov. 2013 - S 1 SO 2637/13

bei uns veröffentlicht am04.11.2013

Tenor

Die Klage wird (als unzulässig) abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB IV) für die Zeitspanne vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013.
Der 1949 geborene Kläger erhält von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See seit dem 01.12.2011 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 31.01.2012). Er steht bei der Beklagten seit dem 01.03.2012 in Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des SGB XII. Zuletzt hatte die Beklagte diese Leistungen für den Monat Juli 2013 auf 558,12 EUR und für die Zeitspanne von August bis Dezember 2013 auf monatlich 557,18 EUR festgesetzt. Von der Gesamtleistung zahlt die Beklagte die Kaltmiete in Höhe von 455,00 EUR unmittelbar an den Vermieter des Klägers, außerdem eine Pauschale für Nebenkosten in Höhe von 91,00 EUR monatlich an die Stadtwerke Karlsruhe. Den Restbetrag in Höhe von monatlich 11,18 EUR überweist die Beklagte unmittelbar auf das Konto des Klägers (Bescheid vom 05.07.2013).
Über den dagegen am 17.07.2013 erhobenen Widerspruch des Klägers hat die Beklagte bislang nicht entschieden.
Mit seiner am 26.07.2013 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen Klage begehrt der Kläger - soweit das erkennende Gericht dessen handschriftliche Ausführungen überhaupt entziffern kann - die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und möglicherweise auch einmalige Bedarfe für eine Wohnungserstausstattung.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 05. Juli 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Juli 2013 bis zum 31. Dezember 2013 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sach- und Rechtslage geäußert.
Mit Schreiben vom 02.10.2013 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.10.2013 eingeräumt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
10 
Die Klage, über die die Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte (§ 105 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ), weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, hat keinen Erfolg. Denn die Klage ist bereits unzulässig, weil bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Bescheids vom 05.07.2013 nicht - wie erforderlich (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) - in einem Vorverfahren nachgeprüft worden ist.
11 
Nach dieser Bestimmung ist vor der Erhebung einer - wie hier - Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die Durchführung des Vorverfahrens stellt eine unverzichtbare Prozess- und Sachurteilsvoraussetzung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Vorb § 68, Rn. 6) dar, deren Fehlen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BSG vom 25.04.2007 - B 12 AL 2/06 R - ; Binder in Hk-SGG, 4. Aufl. 2012, § 78, Rn. 4 und Kopp/Schenke, a.a.O.). Durchgeführt ist ein Vorverfahren erst dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Verwaltungsentscheidung (Bescheid) ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergangen ist (vgl. BSG, a.a.O.). Da das Vorverfahren, das den Erlass des Widerspruchsbescheids einschließt (§ 62, 2. Halbsatz des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - in Verbindung mit § 8, 2. Halbsatz SGB X und § 85 Abs. 2 und 3 SGG), hier bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht durchgeführt worden ist und auch keine der in § 78 Abs. 1 S. 2 SGG genannten Ausnahmefälle vorliegt, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 04.03.2009 - 9 S 371/08 - ). Dies entspricht dem Wortlaut von § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG und nimmt dem Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes), weil er nach Erlass des Widerspruchsbescheids gegebenenfalls erneut Klage beim Sozialgericht erheben kann. Die Abweisung der Klage als unzulässig trägt außerdem den drei Funktionen des Widerspruchsverfahrens, nämlich der Wahrung der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch Selbstkontrolle von Recht- und Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, der erweiterten Rechtsschutzmöglichkeit für den einzelnen Bürger durch Eröffnung einer nochmaligen Überprüfung des Verwaltungsakts im Bereich der Verwaltung selbst und Entlastung der Gerichte (vgl. hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 1), besser Rechnung (vgl. SG Stuttgart vom 09.05.2011 - S 20 SO 1922/11 - ).
12 
Die gegenteilige Ansicht, dass eine Klage ohne Durchführung des Widerspruchsverfahrens zwar unzulässig, der Rechtsstreit aber bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids auszusetzen ist (vgl. u.a. BSG SozR 3-5540 Anl. 1 § 10 Nr. 1 m.w.N.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 78, Rn. 3a und Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl. 2011, Kap. IV, Rn. 23), überzeugt dagegen nicht. Insbesondere dient eine Aussetzung des Klageverfahrens bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides nicht der Prozessökonomie, vor allem nicht dem Schutzzweck der Entlastung der Sozialgerichte durch ein vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren (vgl. SG Stuttgart, a.a.O. sowie Binder, a.a.O., Rn. 8; im Ergebnis ähnlich auch Bay. LSG vom 18.03.2013 - L 7 AS 142/12 - ). Denn die Gerichte werden zu einem Zeitpunkt in einen Rechtsstreit einbezogen, der der gesetzgeberischen Zielsetzung widerspricht. Wird die - unzulässige - Klage nicht als solche abgewiesen, sondern das Verfahren ausgesetzt, verlängert sich die gerichtliche Verfahrensdauer um die Dauer des nachzuholenden Vorverfahrens, in dem gegebenenfalls auch noch weitere Ermittlungen der Behörde zur Klärung des Sachverhalts notwendig werden können. Wird in solchen Fällen dem Widerspruch durch die Widerspruchsbehörde stattgegeben, wurde das Gericht unnötigerweise mit einem Verfahren befasst.
13 
Ergänzend verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die sehr instruktive Begründung im Gerichtsbescheid des SG Stuttgart vom 09.05.2011 (S 20 SO 1922/11 ), der sie sich nach eigener Prüfung - mit Ausnahme der dortigen Ausführungen zur fehlenden Prozessökonomie auch aus kostenrechtlichen Gründen (vgl. Rn. 23 a.a.O.; - die Sozialhilfeträger sind gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Verpflichtung zur Zahlung einer Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit, was das SG Stuttgart übersehen hat) - in vollem Umfang anschließt.
14 
Da es vorliegend an einer zwingenden Prozessvoraussetzung - einem durch Widerspruchsbescheid abgeschlossenen Vorverfahren - fehlt, war die Klage - ohne Sachprüfung durch das erkennende Gericht - (als unzulässig) abzuweisen.
15 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.

Gründe

 
10 
Die Klage, über die die Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte (§ 105 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ), weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, hat keinen Erfolg. Denn die Klage ist bereits unzulässig, weil bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Bescheids vom 05.07.2013 nicht - wie erforderlich (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) - in einem Vorverfahren nachgeprüft worden ist.
11 
Nach dieser Bestimmung ist vor der Erhebung einer - wie hier - Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die Durchführung des Vorverfahrens stellt eine unverzichtbare Prozess- und Sachurteilsvoraussetzung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Vorb § 68, Rn. 6) dar, deren Fehlen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BSG vom 25.04.2007 - B 12 AL 2/06 R - ; Binder in Hk-SGG, 4. Aufl. 2012, § 78, Rn. 4 und Kopp/Schenke, a.a.O.). Durchgeführt ist ein Vorverfahren erst dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Verwaltungsentscheidung (Bescheid) ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergangen ist (vgl. BSG, a.a.O.). Da das Vorverfahren, das den Erlass des Widerspruchsbescheids einschließt (§ 62, 2. Halbsatz des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - in Verbindung mit § 8, 2. Halbsatz SGB X und § 85 Abs. 2 und 3 SGG), hier bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht durchgeführt worden ist und auch keine der in § 78 Abs. 1 S. 2 SGG genannten Ausnahmefälle vorliegt, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 04.03.2009 - 9 S 371/08 - ). Dies entspricht dem Wortlaut von § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG und nimmt dem Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes), weil er nach Erlass des Widerspruchsbescheids gegebenenfalls erneut Klage beim Sozialgericht erheben kann. Die Abweisung der Klage als unzulässig trägt außerdem den drei Funktionen des Widerspruchsverfahrens, nämlich der Wahrung der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch Selbstkontrolle von Recht- und Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, der erweiterten Rechtsschutzmöglichkeit für den einzelnen Bürger durch Eröffnung einer nochmaligen Überprüfung des Verwaltungsakts im Bereich der Verwaltung selbst und Entlastung der Gerichte (vgl. hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 1), besser Rechnung (vgl. SG Stuttgart vom 09.05.2011 - S 20 SO 1922/11 - ).
12 
Die gegenteilige Ansicht, dass eine Klage ohne Durchführung des Widerspruchsverfahrens zwar unzulässig, der Rechtsstreit aber bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids auszusetzen ist (vgl. u.a. BSG SozR 3-5540 Anl. 1 § 10 Nr. 1 m.w.N.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 78, Rn. 3a und Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl. 2011, Kap. IV, Rn. 23), überzeugt dagegen nicht. Insbesondere dient eine Aussetzung des Klageverfahrens bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides nicht der Prozessökonomie, vor allem nicht dem Schutzzweck der Entlastung der Sozialgerichte durch ein vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren (vgl. SG Stuttgart, a.a.O. sowie Binder, a.a.O., Rn. 8; im Ergebnis ähnlich auch Bay. LSG vom 18.03.2013 - L 7 AS 142/12 - ). Denn die Gerichte werden zu einem Zeitpunkt in einen Rechtsstreit einbezogen, der der gesetzgeberischen Zielsetzung widerspricht. Wird die - unzulässige - Klage nicht als solche abgewiesen, sondern das Verfahren ausgesetzt, verlängert sich die gerichtliche Verfahrensdauer um die Dauer des nachzuholenden Vorverfahrens, in dem gegebenenfalls auch noch weitere Ermittlungen der Behörde zur Klärung des Sachverhalts notwendig werden können. Wird in solchen Fällen dem Widerspruch durch die Widerspruchsbehörde stattgegeben, wurde das Gericht unnötigerweise mit einem Verfahren befasst.
13 
Ergänzend verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die sehr instruktive Begründung im Gerichtsbescheid des SG Stuttgart vom 09.05.2011 (S 20 SO 1922/11 ), der sie sich nach eigener Prüfung - mit Ausnahme der dortigen Ausführungen zur fehlenden Prozessökonomie auch aus kostenrechtlichen Gründen (vgl. Rn. 23 a.a.O.; - die Sozialhilfeträger sind gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Verpflichtung zur Zahlung einer Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit, was das SG Stuttgart übersehen hat) - in vollem Umfang anschließt.
14 
Da es vorliegend an einer zwingenden Prozessvoraussetzung - einem durch Widerspruchsbescheid abgeschlossenen Vorverfahren - fehlt, war die Klage - ohne Sachprüfung durch das erkennende Gericht - (als unzulässig) abzuweisen.
15 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

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(1) Für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. Abweichend von Satz 1 erhalten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für jede auf der Grundlage des § 74a Absatz 2 und 3 erteilte Ausku

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Sozialgericht Stuttgart Entscheidung, 09. Mai 2011 - S 20 SO 1922/11

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand  1 Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.2 Die 1970 geborene Klägerin ist dauerhaf

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet, so ist ihm abzuhelfen.

(2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so erläßt den Widerspruchsbescheid

1.
die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
2.
in Angelegenheiten der Sozialversicherung die von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle,
3.
in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit mit Ausnahme der Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch die von dem Vorstand bestimmte Stelle,
4.
in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 1 Nr. 1 ist in Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und, soweit Landesrecht nichts Abweichendes vorsieht, in Angelegenheiten nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch der zuständige Träger, der den dem Widerspruch zugrunde liegenden Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig; § 44b Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt. Vorschriften, nach denen im Vorverfahren Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Satz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekanntzugeben. Nimmt die Behörde eine Zustellung vor, gelten die §§ 2 bis 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 als Bevollmächtigte zugelassenen Personen entsprechend anzuwenden. Die Beteiligten sind hierbei über die Zulässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren.

(4) Über ruhend gestellte Widersprüche kann durch eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung entschieden werden, wenn die den angefochtenen Verwaltungsakten zugrunde liegende Gesetzeslage durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wurde, Widerspruchsbescheide gegenüber einer Vielzahl von Widerspruchsführern zur gleichen Zeit ergehen müssen und durch sie die Rechtsstellung der Betroffenen ausschließlich nach einem für alle identischen Maßstab verändert wird. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung der Entscheidung über den Internetauftritt der Behörde, im Bundesanzeiger und in mindestens drei überregional erscheinenden Tageszeitungen. Auf die öffentliche Bekanntgabe, den Ort ihrer Bekanntgabe sowie die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 3 ist bereits in der Ruhensmitteilung hinzuweisen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06

- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob das in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordnete Vorverfahren entbehrlich ist, wenn sich die Beklagte sachlich auf die Klage eingelassen hat oder wenn die ablehnende Auffassung der Aufsichtsbehörde bereits anderweitig zum Ausdruck gekommen ist. Die Klägerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr durchgeführte Praxisabwicklung in Höhe von 139.746,-- EUR.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft. Sie wurde nach dem Tod eines in Einzelpraxis selbständig tätigen Steuerberaters von der Beklagten am 24.12.1998 zum Praxisabwickler gemäß § 70 des Steuerberatungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.11.1975 (BGBl. I S. 2735; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2008, BGBl. I S. 2955 - StBerG -) bestellt. Die Praxis befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem chaotischen Zustand. Teilweise über Jahre hinweg waren Mandate offenbar unbearbeitet geblieben und die Unterlagen unsystematisch auf dem Fußboden gestapelt. Nach Angaben der Klägerin war ein Einsatz von insgesamt 22 Mitarbeitern mit einem Gesamtzeitaufwand von 5.655 Arbeitsstunden erforderlich, um die Unterlagen den betreffenden Akten zuzuordnen, die Rückstände aufzuarbeiten und die laufenden Aufträge fortzuführen. Durch Kaufvertrag vom 26.08.1999 wurde die Praxis schließlich zu einem Kaufpreis von 150.000,-- DM verkauft. Der Verkaufserlös wurde in voller Höhe an die Erben des verstorbenen Steuerberaters ausgezahlt, die hiervon 60.000,-- DM an die Klägerin leisteten.
Die Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung ist im vorhinein nicht bestimmt worden. In der Bestellung vom 24.12.1998 findet sich hierzu lediglich der Hinweis, dass ihr „Anspruch auf eine angemessene Vergütung“ zustehe. Die Klägerin selbst berechnete ihren Anspruch anhand des Zeitaufwands der von ihr eingesetzten Steuerberater und Diplombetriebswirte, den sie auf 2.150,87 Stunden bezifferte. Als Stundensatz legte die Klägerin den rechnerischen Mittelwert von 127,50 DM der in § 13 Abs. 2 StBGebV festgelegten Stundensätze zugrunde und errechnete so (unter Berücksichtigung von 16 % Mehrwertsteuer) eine Summe von 347.693,66 DM. In der hierauf vor dem Landgericht Mannheim gegen die Erben des verstorbenen Praxisinhabers erhobenen Zahlungsklage (2 O 319/99) wurde - nachdem die Klägerin der gerichtlichen Anregung, einen Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung gemäß § 70 i.V.m. § 69 StBerG bei der Steuerberaterkammer zu stellen, nicht näher getreten war - ein Sachverständigengutachten bei der Steuerberaterkammer eingeholt. Dieses kam im Ergebnis zu einem reduzierten Stundenansatz von 1.732,5 Stunden und errechnete damit eine angemessene Vergütung in Höhe von 256.236,75 DM.
Nachdem der zuständige Einzelrichter infolge eines eingetretenen Berichterstatterwechsels ausgetauscht worden war, wies das Landgericht darauf hin, dass die Höhe der Vergütung nach vorläufiger Rechtsauffassung des Gerichts nur durch Festsetzung der Steuerberaterkammer bestimmt werden könne. Den daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11.04.2005 ab. Für eine Festsetzung der Abwicklervergütung durch die Steuerberaterkammer sei kein Raum, weil § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG nicht die Fälle betreffe, in denen - wie hier - die Bestellung des Praxisabwicklers auf Antrag der Erben erfolgt sei. Mit Schreiben vom 20.04.2005 erinnerte die Klägerin hiergegen, dass die Bestellung des Praxisabwicklers nach § 70 StBerG stets von Amts wegen erfolge und die Frage, ob dies auf Antrag der Erben erfolge, daher keine ausschlaggebende Bedeutung haben könne. Durch Schriftsatz vom 17.06.2005 bekräftigte die Beklagte indes ihre Rechtsauffassung und hielt an der Ablehnung fest.
Mit Schreiben vom 29.06.2005 wandte sich das Landgericht daraufhin an das Finanzministerium Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde der Beklagten, welches unter dem 04.08.2005 ausführte, es teile die Rechtsauffassung des Landgerichts. Die Steuerberaterkammer habe gemäß § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG auf Antrag die Vergütung festzusetzen; eine Differenzierung für die Fälle, in denen die Bestellung „auf Antrag“ erfolgt, sehe das Gesetz nicht vor. Aus der Festsetzung folge überdies, dass die Beklagte für diese Vergütung wie ein Bürge hafte. Unter Hinweis auf dieses Schreiben des Finanzministeriums beantragte die Klägerin am 11.08.2005 erneut die Festsetzung der angemessenen Abwicklungsvergütung und bezifferte diese auf 131.011,77 EUR zuzüglich Zinsen. Die Beklagte hielt mit Schreiben vom 29.08.2005 jedoch daran fest, dass im vorliegenden Fall eine Festsetzungsverpflichtung nicht bestehe. Nachdem das Finanzministerium sich unter dem 07.09.2005 direkt an die Beklagte gewandt hatte, widersprach diese der Rechtsauffassung des Ministerium durch Schriftsatz vom 19.09.2005. Mit Schreiben vom 04.11.2005 teilte das Finanzministerium der Beklagten daraufhin mit, aus Sicht des Finanzministeriums könne festgestellt werden, dass der von der Steuerberaterkammer bestellte Praxisabwickler nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG Anspruch auf eine angemessene Vergütung habe. Im vorliegenden Fall erscheine es dem Finanzministerium angemessen, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Die Beklagte werde gebeten, unter Beachtung der vorstehenden Kriterien die Abwicklervergütung festzusetzen.
Mit Bescheid vom 11.11.2005 setzte die Beklagte daraufhin die Höhe der angemessenen Vergütung auf 30.000,-- EUR fest. Zwar sei sie in Ansehung der besonderen Umstände nach wie vor der Auffassung, dass eine Verpflichtung zur Festsetzung der angemessenen Vergütung nicht bestehe; im Interesse des Fortgangs der Angelegenheit habe das Präsidium dessen ungeachtet entschieden, der Bitte des Finanzministeriums zu entsprechen und eine Festsetzung vorzunehmen. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung sei von einer Tätigkeitsdauer von sechs Monaten auszugehen, weil die Tätigkeit spätestens mit der Aufgabe von Verkaufsinseraten als abgeschlossen anzusehen sei. Auch hinsichtlich der Bemessung habe sich die Beklagte an dem Hinweis im Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 orientiert, der auf den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsatz zurückgehe, dass zwischen der Vergütung des Abwicklers und der von diesem im Zusammenhang mit der Abwicklung gemachten Aufwendungen unterschieden werden müsse. Nur für die Festsetzung der erstgenannten Vergütung des Abwicklers selbst sei die Kammer zuständig. Das insoweit anzusetzende durchschnittliche Monatsgehalt eines angestellten Steuerberaters liege ausweislich einer im Jahr 1999 durchgeführten Umfrage bei ungefähr 5.000,-- EUR, sodass sich ein Gesamtbetrag von 30.000,-- EUR ergebe. Eine Rechtsmittelbelehrung war dem Bescheid nicht beigefügt.
Mit Verfügung vom 18.11.2005 wies das Landgericht darauf hin, dass die Festsetzung der Abwicklervergütung ausweislich der vom Finanzministerium in seiner Stellungnahme beigefügten Kopie des StBerG-Kommentars vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden könne. Mit Schriftsatz vom 30.11.2005 teilte die Klägerin daraufhin mit, am Bestehen des Verwaltungsrechtswegs bestünden Bedenken; darüber hinaus habe die Steuerberaterkammer zwischen der eigentlichen Abwicklungsvergütung einerseits und dem der Klägerin darüber hinaus gemäß § 69 Abs. 2 StBerG i.V.m. § 670 BGB zustehenden Aufwendungsersatz unterschieden. Jedenfalls der Anspruch auf Aufwendungsersatz falle in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Auch der Vergütungsanspruch insgesamt richte sich aber gegen die zivilrechtlich Beklagten, weil das Rechtsverhältnis zwischen ihnen - trotz amtlicher Bestellung - privatrechtlicher Natur sei. Für Streitigkeiten zwischen der Klägerin und den Erben des Vertretenen sei daher ausschließlich die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig. Öffentlich-rechtlich geregelt sei dagegen nur das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Steuerberaterkammer. Die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Vergütung erfolge durch die Steuerberaterkammer mittels Verwaltungsakt, der allerdings der Klägerin nicht die Möglichkeit gebe, unmittelbar gegen die zivilrechtlich Beklagten vorzugehen. Insoweit verbleibe es vielmehr beim ordentlichen Rechtsweg, sodass die Klägerin in jedem Fall einen vollstreckbaren Titel gegen die zivilrechtlich Beklagten benötige. Das angerufene Landgericht sei auch befugt, die offensichtlich fehlerhaft erfolgte Vergütungsfestsetzung der Steuerberaterkammer zu korrigieren; vertrete man eine andere Auffassung, müsse zunächst das Verwaltungsgericht angerufen und die Steuerberaterkammer im Wege der Verpflichtungsklage zur ordnungsgemäßen Festsetzung der Abwicklungsvergütung verpflicht werden. Auch die auf diesem Wege festgesetzte Vergütung müsse dann aber - neben den Aufwendungsersatzansprüchen - vor dem Landgericht weiterverfolgt und tituliert werden. Da der am 15.11.2005 zugestellte Festsetzungsbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalte, könne insoweit gemäß § 58 VwGO Klage beim Verwaltungsgericht noch binnen Jahresfrist erhoben werden. Angesichts der Tatsache, dass das Verfahren bereits seit sechs Jahren anhängig sei, werde aber um möglichst zeitnahe Rechtswegentscheidung gebeten.
Nachdem die Bemühungen des Landgerichts eine vergleichsweise Einigung herbeizuführen von den zivilrechtlich Beklagten mit Schriftsatz vom 12.04.2006 endgültig abgelehnt worden waren, erhob die Klägerin am 27.04.2006 die streitgegenständliche Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2005 auf 139.746,-- EUR zuzüglich Zinsen festzusetzen. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, die Beklagte selbst sei in dem für das Landgericht Mannheim angefertigten Sachverständigengutachten vom 19.11.2003 von einer Vergütung in Höhe von 131.011,77 EUR ausgegangen. An diese Feststellungen sei sie auch im Rahmen der Festsetzung nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG gebunden. Die im angefochtenen Bescheid vom 11.11.2005 vorgenommene Herabsetzung von mehr als 100.000,-- EUR gehe ersichtlich auf den Hinweis des Finanzministeriums zurück, die Steuerberaterkammer habe für die festgesetzte Vergütung wie ein Bürge zu haften. Die Beklagte habe mithin ein ureigenes Interesse daran, die Vergütung im Rahmen der Festsetzung so gering wie möglich zu halten. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe die Bestimmung der angemessenen Vergütung jedoch nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer, sondern unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Soweit die Beklagte vorgetragen habe, im Gutachten vom 19.11.2003 seien auch Aufwendungsersatzansprüche mitberücksichtigt, treffe dies nicht zu.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat insbesondere erwidert, die Klage erweise sich mangels Durchführung des nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig. Hieran ändere auch das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung nichts, weil § 58 Abs. 2 VwGO insoweit lediglich eine Fristverlängerung, nicht aber den Verzicht auf die Notwendigkeit der Durchführung des Vorverfahrens anordne. Nur fürsorglich und unter ausdrücklicher Klarstellung, dass damit ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens nicht verbunden sei, nahm die Beklagte auch zur Begründetheit der Klage Stellung. Materiell stehe dem Anspruch auf Höhersetzung der Vergütung eine Verletzung der der Klägerin obliegenden Nebenpflichten entgegen. Denn sie habe sich ohne Abstimmung mit der Beklagten in ganz erheblichem Umfang in die Arbeit „gestürzt“, obwohl nach ihren eigenen Darstellungen auf der Hand gelegen habe, dass die Abwicklungstätigkeit aus den Erträgen der Kanzlei bzw. aus dem Verkauf der Praxis nicht zu vergüten sein würde. Diese Vorgehensweise stehe auch im Widerspruch zu den Hinweisen der Bundessteuerberaterkammer zur Tätigkeit des Steuerberaters als Praxisabwickler vom 06./07.07.1998, wonach vor Aufnahme der Tätigkeit des Praxisabwicklers dieser mit einem Vertreter der Steuerberaterkammer durch vorherige Inaugenscheinnahme den voraussichtlichen arbeitsmäßigen und finanziellen Umfang der zu erledigenden Praxisabwicklung abzuschätzen habe. Darüber hinaus sei Gegenstand der angegriffenen Festsetzung lediglich die Vergütung des Abwicklers selbst, nicht aber die von diesem geltend gemachten (Personal-)Aufwendungen. Hierfür fehle es vielmehr bereits an einer Zuständigkeit der Steuerberaterkammer, wie sich aus dem in § 69 Abs. 2 Satz 3 StBerG angeordneten Verweis auf § 670 BGB ergebe.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 15.03.2007 als unzulässig abgewiesen, weil es an dem nach § 68 VwGO erforderlichen Vorverfahren fehle. Die Durchführung des Vorverfahrens sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 11.11.2005 führe lediglich zu einer Verlängerung der Widerspruchsfrist, nicht aber zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens selbst. Auch die sachliche Einlassung auf die Klage mache die Durchführung des Vorverfahrens nicht entbehrlich, weil sich die Beklagte nicht vorbehaltlos zur Sache eingelassen, sondern ausdrücklich nur hilfsweise zur Begründung Stellung genommen habe. Schließlich könne auch im Hinblick auf die Zweckstellung des Widerspruchsverfahrens nicht von einer Entbehrlichkeit ausgegangen werden, weil das Verhalten der Widerspruchsbehörde für die Feststellung nicht ausreiche, dass die Durchführung des Vorverfahrens ohnehin sinnlos gewesen wäre. Denn in den vorangegangenen Stellungnahmen habe lediglich die Frage im Vordergrund gestanden, ob eine Festsetzung überhaupt stattzufinden habe. Ausführungen zur Höhe der angemessenen Höhe dagegen seien erstmals im Bescheid vom 11.11.2005 getroffen worden, sodass insoweit eine Vorfestlegung der Widerspruchsbehörde nicht ersichtlich sei. Auch aus der Befassung des Finanzministeriums ergebe sich keine andere Beurteilung, weil das Schreiben vom 04.11.2005 lediglich eine Empfehlung oder Bitte enthalten habe.
11 
Die Klägerin hat hiergegen die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die Durchführung eines Vorverfahrens habe angesichts der Tatsache, dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde hier identisch seien, eine reine Förmelei bedeutet. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Beklagte über Jahre hinweg mit der Angelegenheit befasst gewesen sei und ihre Einschätzung wiederholt zum Ausdruck gebracht habe. Dementsprechend habe sie auch in der Klageerwiderung an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass bereits die Dienstaufsichtsbehörde ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht habe, sodass im Ergebnis ein Gang zum Gericht ohnehin nicht zu vermeiden gewesen sei. Schließlich könne nicht unerwähnt bleiben, dass die Beklagte durch ihr fehlerhaftes Verhalten den Rechtsstreit verursacht habe und ihren Auskunfts-, Hinweis- und Fürsorgepflichten nicht nachgekommen sei. Angesichts der Gesamtumstände liege daher eine Fallgruppe vor, bei der sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine nochmalige Anrufung der Behörde erübrige. Danach reiche es aus, wenn die Widerspruchsbehörde auch außerhalb eines förmlichen Widerspruchsverfahrens unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen wolle. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als es sich bei der „Bitte“ des Finanzministeriums faktisch gesehen um eine als Anordnung zu wertende dienstaufsichtliche Anweisung gehandelt habe.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06 - zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende angemessene Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2005 auf 139.746,-- EUR zuzüglich Zinsen festzusetzen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, die konkrete Fallgestaltung sei mit den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens nicht vergleichbar. Ein abweichendes Ergebnis könne auch nicht aus dem Schreiben des Finanzministeriums gefolgert werden. Eine verbindliche Anordnung könne darin allenfalls insoweit erblickt werden, als es um die Festsetzung der Abwicklervergütung überhaupt gehe. Der dabei anzuwendende Maßstab und damit auch die Höhe der festgesetzten Vergütung aber falle in den Bereich der Zweckmäßigkeitserwägungen, der im hier vorliegenden Bereich der Selbstverwaltung nicht der auf Rechtsaufsicht beschränkten Kontrolle durch das Finanzministerium unterliege. Schließlich müsse auch darauf hingewiesen werden, dass die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung vom 08.06.2006 auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen habe. Die Klägerin habe aber gleichwohl auf die Einlegung eines fürsorglichen Widerspruchs verzichtet, obwohl die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO noch nicht verstrichen gewesen sei. Sie habe daher nun die Folgen ihrer Beharrung zu tragen.
17 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie die Akten des Zivilrechtsstreits vor dem Landgericht Mannheim (2 O 319/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Zulässigkeitsanforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechende Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Es fehlt an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren (I.). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor (II.). Dies gilt auch in Ansehung des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2005 (III.).
I.
19 
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.
20 
1. Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Aufhebung des von der Beklagten unter dem 11.11.2005 erlassenen Festsetzungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, die der Klägerin zustehende Vergütung auf 139.746,-- EUR auszusprechen.
21 
Die danach begehrte Festsetzung der angemessenen Vergütung eines von der Steuerberaterkammer bestellten Praxisabwicklers nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG stellt einen Verwaltungsakt dar. Sie beinhaltet die unmittelbare Ausgestaltung des Rechtverhältnisses zwischen dem Praxisabwickler und den Erben des durch ihn Vertretenen und löst darüber hinaus die in § 69 Abs. 4 Satz 7 StBerG angeordnete Bürgenhaftung der Berufskammer aus. Das Begehren, die Vergütung auf eine bestimmte, von der Steuerberaterkammer bislang unterlassene Höhe festzusetzen, ist daher auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Statthafte Klageart hierfür ist die - von der Klägerin auch erhobene - Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
22 
2. Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ein Vorverfahren durchzuführen.
23 
a) Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO benannten Ausnahmekonstellationen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, liegt nicht vor.
24 
b) Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens wird durch die Tatsache, dass die Steuerberaterkammer selbst zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufen ist, nicht beeinträchtigt.
25 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt in Selbstverwaltungsangelegenheiten grundsätzlich die Selbstverwaltungsbehörde selbst den Widerspruchsbescheid. Da die Aufsicht über die Tätigkeit der Steuerberaterkammern gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG auf die Beachtung der Rechtsvorgaben beschränkt ist, liegt eine Selbstverwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vor (vgl. auch Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl. 2005, § 88 RdNr. 5). Der im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs zu erlassende Widerspruchsbescheid ist daher gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO von der Steuerberaterkammer zu erlassen.
26 
Diese Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde führt jedoch nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Dies ergibt sich bereits aus den eindeutigen Festlegungen des Gesetzes, denn andernfalls wäre die Zuständigkeitsbestimmung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - ebenso wie diejenige in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und die Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 3 VwGO - überflüssig. Die Zuständigkeitsbestimmung der genannten Vorschriften belegt vielmehr, dass die Identität von Erlass- und Widerspruchsbehörde nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
27 
Eine abweichende Regelung ist in Baden-Württemberg gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 6a Satz 1 AGVwGO zwar vorgeschrieben, wenn das Regierungspräsidium als Ausgangsbehörde zuständig ist. Eine entsprechende Regelung für Selbstverwaltungsangelegenheiten im Allgemeinen oder die Steuerberaterkammer im Besonderen findet sich dagegen nicht.
28 
c) Eine Ausnahme von der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Erforderlichkeit des Vorverfahrens folgt auch nicht daraus, dass dem Bescheid der Beklagten vom 11.11.2005 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war und somit auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist.
29 
Die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO geregelt. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Durchführung des Vorverfahrens durch eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung überflüssig oder entbehrlich werden könnte, ist dort nicht getroffen. Über die in § 58 VwGO angeordneten Folgen hinaus entfaltet die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung indes grundsätzlich keine Wirkungen; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in § 58 VwGO vielmehr abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2/93 -, BVerwGE 95, 321).
30 
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn man - obwohl eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird - die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung als Ursache des Versäumnisses bewertete. Zwar könnte das Fehlen der Widerspruchserhebung dann möglicherweise ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Die insoweit denkbare Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die hierfür einzuhaltende Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt hat und mittlerweile auch die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstrichen ist. Denn das fehlende Vorverfahren war der Klägerin spätestens mit Zugang des Klagerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 08.06.2006 bekannt.
II.
31 
Die Durchführung des Vorverfahrens war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
32 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und dem Widerspruch abzuhelfen, falls sie die Einwendungen für berechtigt ansehe. Diesem Zweck sei auch Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen will. Auch in dieser Konstellation habe sich die Behörde mit der Sache befasst und darüber entschieden, sodass der Zweck des Vorverfahrens erfüllt sei (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507).
33 
Nicht sicher entnommen werden kann der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes, ob die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens auch dann angenommen werden kann, wenn sich der Beklagte auf das Fehlen der Vorverfahren ausdrücklich berufen und zur Sache nur hilfsweise eingelassen hat. Während sich in einigen Entscheidungen - insbesondere des 2. Senats - die Feststellung findet, Entbehrlichkeit durch sachliche Einlassung liege vor, obwohl sich der Beklagte im Verwaltungsprozess ausdrücklich auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502; Urteil vom 09.05.1985 - 2 C 16/83 -, NVwZ 1986, 374; wohl auch Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507: „zumindest hilfsweise für in der Sache unbegründet erklärt“), findet sich in anderen Entscheidungen der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.1989 - 8 B 39/89 -, Buchholz 310 § 68 Nr. 35). Auch die jüngste ersichtliche Entscheidung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts scheint in diese Richtung zu tendieren, weil dort ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass sich der Beklagte nicht auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14/98 -, DVBl. 2000, 485).
34 
In der Kommentarliteratur wird die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt (vgl. etwa Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Großkommentar, § 68 RdNr. 29; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 28; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 29 m.w.N.).
35 
Auch der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass bei ausdrücklicher Berufung auf die fehlende Durchführung des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Sacheinlassung kein ausreichender Grund dafür ersichtlich ist, von dem in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Es sprechen bereits gute Gründe dafür, das von der Verwaltungsgerichtsordnung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmekonstellationen als verpflichtend anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass die zur Entscheidung über den Widerspruchsbescheid einerseits und zur Abfassung der Klageerwiderung andererseits zuständige Stelle vielfach nicht identisch ist und auch dem Kläger damit die im Gesetz angelegte Prüfung einer weiteren, regelmäßig übergeordneten (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) Behörde genommen wird. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass eine ergebnisoffene Nachprüfung im Rahmen der Erwiderung auf eine bereits anhängig gemachte Klage regelmäßig nicht mehr stattfinden wird; jedenfalls nicht mehr in der gleichen Weise wie in der von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehenen, noch von Prozesserwägungen unabhängigen Station. Jedenfalls aber setzt die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit nach Auffassung des Senats eine entsprechende Disposition der Beklagten voraus. Diese fehlt indes in Konstellationen, in denen - wie hier - auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens kann in diesem Prozessverhalten bei objektiver Betrachtungsweise nicht gesehen werden.
36 
Schließlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum in der Berufung auf eine gesetzlich angeordnete Sachurteilsvoraussetzung ein „schwer verständlicher Formalismus“ liegen könnte. Zwar liegt in dem in § 68 ff. VwGO angeordneten Vorverfahren zweifellos eine „formale“ Zulässigkeitshürde. Diese erscheint im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke jedoch nicht schwerer verständlich, als etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Fristen oder anderer Zulässigkeitserfordernisse. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die erneute und vertiefte Befassung einer regelmäßig der Erlassbehörde übergeordneten Verwaltungsinstanz - auch im Interesse des Widerspruchsführers, der mit dem Widerspruchsverfahren ein kostengünstiges und „niederschwelliges“ Rechtsschutzsystem erhält - im Gegensatz zu anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann.
37 
Der Umstand, dass sich die Beklagte hier hilfsweise auch zur Sache eingelassen hat, vermag daher nichts daran zu ändern, dass es an der in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.
38 
2. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweist sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als „unabänderlich“ erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen sei.
39 
Allerdings sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus Entscheidungen ersichtlich, nach denen die Durchführung des förmlichen Vorverfahrens entbehrlich sein soll, wenn sich die ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde bereits aus einer anderweitigen Sachbefassung ergibt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.09.1980 - 1 C 89/79 -, BVerwGE 61, 40; Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15/92 -, NVwZ 1995, 76). Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation einer Selbstverwaltungsbehörde übertragen werden kann, erscheint indes - unabhängig von den bereits dargelegten Bedenken an der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens an sich - deshalb zweifelhaft, weil diese Situation angesichts der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO angeordneten Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bei Selbstverwaltungskörperschaften regelmäßig und typischerweise vorliegen dürfte. Es wäre mit der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO enthaltenen gesetzgeberischen Anordnung, die gerade von der Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgeht, indes schwer zur vereinbaren, eine Auslegung zu wählen, die regelmäßig zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
40 
Die Frage kann hier jedoch dahinstehen, weil es an einer sachlichen Befassung der Beklagten mit der zutreffenden Höhe der nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG festzusetzenden Vergütung außerhalb des angefochtenen Ausgangsbescheides fehlt. Die vorangegangene - im Übrigen zwar wiederholte, im Ergebnis dann aber doch geänderte - Befassung der Beklagten bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob überhaupt eine Pflicht der Beklagten besteht, auch im Falle der Klägerin eine angemessene Vergütung festzusetzen. Hinsichtlich der in diesem Verfahren allein streitigen Höhe hat sich die Beklagte dagegen gegenüber der Klägerin nie geäußert. Angesichts der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bedurfte es hierzu auch keiner Ausführungen, weil von ihr bereits eine Verpflichtung dem Grunde nach bestritten worden ist. Die von der Klägerin mit der vorliegenden Verpflichtungsklage primär angegriffene Höhe der festgesetzten Vergütung auf 30.000,-- EUR findet sich erstmals im Bescheid vom 11.11.2005. Weder hinsichtlich des zum Maßstab herangezogenen durchschnittlichen Monatsgehalts eines angestellten Steuerberaters noch zu der insoweit angesetzten Höhe von 5.000,-- EUR noch zu der angenommenen Tätigkeitsdauer von sechs Monaten hatte es zuvor zwischen der Klägerin und der Beklagten einen Schriftwechsel gegeben. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Position der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und deren Modalitäten dergestalt vorgefestigt und verhärtet gewesen sein sollte, dass ein Widerspruchsverfahren hierzu von vornherein sinnlos hätte erscheinen müssen. Auch in Bezug auf den Zweck des Vorverfahrens kann hier daher nicht von einer - außergesetzlichen - Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgegangen werden.
III.
41 
Auch die Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg rechtfertigen es schließlich nicht, die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage abweichend von § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten.
42 
1. Allerdings ist zuzugeben, dass die Durchführung eines Vorverfahrens materiell sinnlos erscheint, wenn in derselben Angelegenheit bereits eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde vorliegen sollte. Denn in diesen Fallkonstellationen besteht die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit im Widerspruchsverfahren nicht mehr, sodass die Durchführung weder für den Kläger noch aus Behördenperspektive einen Sinn ergibt und das Prozedere daher als zweckentfremdete Formalie erscheint (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502).
43 
2. Auch diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, weil eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der hier streitigen Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliegt.
44 
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich dies indes nicht bereits daraus, dass die Vergütungsfestsetzung eine Selbstverwaltungsangelegenheit darstelle und der Aufsicht daher gar nicht zugänglich wäre. Nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG hat die Steuerberaterkammer auf Antrag die Vergütung festzusetzen, die gemäß § 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG angemessen zu sein hat. Die Bestimmung der Vergütung steht damit nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer; der Begriff der angemessenen Vergütung ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.1992 - AnwZ (B) 27/92 -, NJW 1993, 1334 für die gleichlautende Vorschrift in § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO; VG Frankfurt, Urteil vom 15.03.2006 - 12 E 300/05 -). Ein Selbstverwaltungs- oder Ermessensbereich, der der in § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG angeordneten Rechtsaufsicht des Finanzministeriums entzogen sein könnte, liegt damit nicht vor.
45 
b) Dem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg kann indes keine verbindliche Weisung entnommen werden, aus der sich die Sinnlosigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ergeben könnte.
46 
aa) Zu Recht hat die Klägerin allerdings darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 nicht lediglich eine „Empfehlung bzw. Bitte“ darstellt, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung „unter Beachtung der vorstehenden Kriterien“ festzusetzen. Bereits der Erklärungsgehalt des Schreibens für sich genommen lässt daher kaum Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene Bitte verbindlich gemeint ist und die Aufsichtsbehörde im Falle der Weigerung ihrem Anliegen durch eine Anordnung nach § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG Nachdruck verleihen würde.
47 
Der verbindliche „Aufsichtscharakter“ des Schreibens wird aber insbesondere bei Berücksichtigung der Vorgeschichte deutlich. Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Finanzministerium dem Landgericht Mannheim auf dessen Anfrage hin mitgeteilt, auch das Finanzministerium teile die Auffassung, dass die Steuerberaterkammer zur Festsetzung der umstrittenen Vergütung verpflichtet sei. Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Spielraum für andere Interpretationen entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die recht deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung nach außen hin festgelegt hat, spricht sehr deutlich dafür, dass die „Empfehlung“ der Beklagten gegenüber mit hoher Verbindlichkeit ausgesprochen worden ist. Dies wird schließlich auch durch das Schreiben des Finanzministeriums vom 07.09.2005 bestätigt, in dem es der Beklagten gegenüber wiederholt und bekräftigt, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Die in dem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die „Staatsaufsicht“, auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte und auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium lassen am Durchsetzungswillen wenig Zweifel.
48 
Das Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 musste von der Beklagten daher als verbindlich betrachtet werden; tatsächlich hat sie sich im Bescheid vom 11.11.2005 - wenn auch unter Bekräftigung der fortbestehenden gegenteiligen Rechtsauffassung - dem Druck denn auch gebeugt und die umstrittene Vergütungsfestsetzung vorgenommen.
49 
bb) Die inhaltliche Reichweite des vom Finanzministerium verbindlich Vorgegebenen bezieht sich jedoch nicht auf die im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung, sondern lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen.
50 
Allein diese Frage war Gegenstand des an das Landgericht gerichteten Schreibens vom 04.08.2005 und damit der außenwirksamen Festlegung des Finanzministeriums. Auch das an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 07.09.2005 betrifft inhaltlich nur die Frage, ob die Beklagte auch in den Fällen, in denen die Bestellung auf Antrag der Erben erfolgt, zur Vergütungsfestsetzung verpflichtet ist. Schließlich ist diese Verpflichtung dem Grunde nach ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 04.11.2005 auch der Gegenstand der Besprechung vom 25.10.2005 gewesen.
51 
Allerdings enthält das Schreiben vom 04.11.2005 auch Hinweise zur höhenmäßigen Festsetzung der streitigen Vergütung. Zum einen wird „aus Sicht des Finanzministeriums“ festgestellt, dass die Abwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Verkaufsanzeigen abgeschlossen war. Zum anderen führt das Finanzministerium am Ende aus, dass es im vorliegenden Fall angemessen erscheine, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Diese Erwägungen zur Maßstabsbildung sind durch das Finanzministerium indes neu aufgegriffen und gehen ersichtlich auf die Stellungnahme der Beklagten vom 19.09.2005 zurück. Anlass für die Aufsichtsbehörde, insoweit mit Nachdruck oder Verbindlichkeit aufzutreten, bestand insoweit daher schon deshalb nicht; vielmehr wurden im Wesentlichen nur die Vorschläge der Beklagten aufgegriffen. In dieser Frage hatte auch eine Vorfestlegung des Finanzministeriums bislang nicht stattgefunden. Dementsprechend erweist sich das Schreiben im Hinblick auf die Maßstäbe der Höhenbestimmung auch sprachlich deutlich zurückhaltender abgefasst. Die fehlende Verbindlichkeit der Ausführungen zur Maßstabsbildung bestätigt schließlich auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 17.11.2005 an die Klägerin, in dem ausgeführt wird, das Ministerium habe im Schreiben vom 04.11.2005 „einen möglichen Bemessungsmaßstab“ für die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgezeigt.
52 
Nach dem objektiven Erklärungsgehalt der vorliegenden Schreiben und deren Entstehungsgeschichte kann daher nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich der im Schreiben vom 04.11.2005 erwähnten Maßstäbe eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist. Dass insoweit ein weiteres Tätigwerden der Beklagten erforderlich war, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass jedenfalls die Höhe der Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters von keiner Seite beziffert worden war.
53 
cc) Angesichts der Gesamtumstände hält der Senat das Tätigwerden des Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde daher hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, überhaupt eine angemessene Vergütung festzusetzen, für dergestalt verbindlich, dass eine eigenständige Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde nicht mehr angenommen werden kann und das Widerspruchsverfahren daher „zwecklos“ erscheinen mag. Gleiches gilt indes nicht für die im Bescheid vom 11.11.2005 festgesetzte Höhe der angemessenen Vergütung, die allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch insoweit hat das Finanzministerium im Schreiben vom 04.11.2005 zwar Hinweise gegeben; diese sind jedoch nicht nur inhaltlich unvollständig, sie werden vielmehr auch ersichtlich nicht vom unbedingten Durchsetzungswillen der Aufsichtsbehörde getragen. Es erscheint daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch die Aufsichtsbehörde bei einer nachfolgenden Abweichung der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von der Durchsetzung der Maßstäbe Abstand genommen hätte. Auch im Hinblick auf die mögliche Fallgruppe der Entbehrlichkeit bei bereits manifest gewordenem, unabänderlichem Willen der Aufsichtsbehörde kann hier daher nicht von der „Zwecklosigkeit“ des Vorverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Klägerin zwar die Jahresfrist aus § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Auge behalten, die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens aber nicht beachtet hat (vgl. dazu bereits die Hinweise auf die Möglichkeit der Klageerhebung binnen Jahresfrist im Schriftsatz vom 30.11.2005 im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim).
IV.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55 
Die Revision wird zugelassen, weil die in dem Rechtsstreit zu entscheidende Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmetatbestände grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
56 
Beschluss vom 4. März 2009
57 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 109.746,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
18 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Zulässigkeitsanforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechende Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Es fehlt an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren (I.). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor (II.). Dies gilt auch in Ansehung des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2005 (III.).
I.
19 
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.
20 
1. Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Aufhebung des von der Beklagten unter dem 11.11.2005 erlassenen Festsetzungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, die der Klägerin zustehende Vergütung auf 139.746,-- EUR auszusprechen.
21 
Die danach begehrte Festsetzung der angemessenen Vergütung eines von der Steuerberaterkammer bestellten Praxisabwicklers nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG stellt einen Verwaltungsakt dar. Sie beinhaltet die unmittelbare Ausgestaltung des Rechtverhältnisses zwischen dem Praxisabwickler und den Erben des durch ihn Vertretenen und löst darüber hinaus die in § 69 Abs. 4 Satz 7 StBerG angeordnete Bürgenhaftung der Berufskammer aus. Das Begehren, die Vergütung auf eine bestimmte, von der Steuerberaterkammer bislang unterlassene Höhe festzusetzen, ist daher auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Statthafte Klageart hierfür ist die - von der Klägerin auch erhobene - Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
22 
2. Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ein Vorverfahren durchzuführen.
23 
a) Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO benannten Ausnahmekonstellationen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, liegt nicht vor.
24 
b) Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens wird durch die Tatsache, dass die Steuerberaterkammer selbst zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufen ist, nicht beeinträchtigt.
25 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt in Selbstverwaltungsangelegenheiten grundsätzlich die Selbstverwaltungsbehörde selbst den Widerspruchsbescheid. Da die Aufsicht über die Tätigkeit der Steuerberaterkammern gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG auf die Beachtung der Rechtsvorgaben beschränkt ist, liegt eine Selbstverwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vor (vgl. auch Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl. 2005, § 88 RdNr. 5). Der im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs zu erlassende Widerspruchsbescheid ist daher gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO von der Steuerberaterkammer zu erlassen.
26 
Diese Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde führt jedoch nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Dies ergibt sich bereits aus den eindeutigen Festlegungen des Gesetzes, denn andernfalls wäre die Zuständigkeitsbestimmung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - ebenso wie diejenige in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und die Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 3 VwGO - überflüssig. Die Zuständigkeitsbestimmung der genannten Vorschriften belegt vielmehr, dass die Identität von Erlass- und Widerspruchsbehörde nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
27 
Eine abweichende Regelung ist in Baden-Württemberg gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 6a Satz 1 AGVwGO zwar vorgeschrieben, wenn das Regierungspräsidium als Ausgangsbehörde zuständig ist. Eine entsprechende Regelung für Selbstverwaltungsangelegenheiten im Allgemeinen oder die Steuerberaterkammer im Besonderen findet sich dagegen nicht.
28 
c) Eine Ausnahme von der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Erforderlichkeit des Vorverfahrens folgt auch nicht daraus, dass dem Bescheid der Beklagten vom 11.11.2005 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war und somit auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist.
29 
Die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO geregelt. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Durchführung des Vorverfahrens durch eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung überflüssig oder entbehrlich werden könnte, ist dort nicht getroffen. Über die in § 58 VwGO angeordneten Folgen hinaus entfaltet die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung indes grundsätzlich keine Wirkungen; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in § 58 VwGO vielmehr abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2/93 -, BVerwGE 95, 321).
30 
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn man - obwohl eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird - die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung als Ursache des Versäumnisses bewertete. Zwar könnte das Fehlen der Widerspruchserhebung dann möglicherweise ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Die insoweit denkbare Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die hierfür einzuhaltende Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt hat und mittlerweile auch die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstrichen ist. Denn das fehlende Vorverfahren war der Klägerin spätestens mit Zugang des Klagerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 08.06.2006 bekannt.
II.
31 
Die Durchführung des Vorverfahrens war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
32 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und dem Widerspruch abzuhelfen, falls sie die Einwendungen für berechtigt ansehe. Diesem Zweck sei auch Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen will. Auch in dieser Konstellation habe sich die Behörde mit der Sache befasst und darüber entschieden, sodass der Zweck des Vorverfahrens erfüllt sei (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507).
33 
Nicht sicher entnommen werden kann der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes, ob die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens auch dann angenommen werden kann, wenn sich der Beklagte auf das Fehlen der Vorverfahren ausdrücklich berufen und zur Sache nur hilfsweise eingelassen hat. Während sich in einigen Entscheidungen - insbesondere des 2. Senats - die Feststellung findet, Entbehrlichkeit durch sachliche Einlassung liege vor, obwohl sich der Beklagte im Verwaltungsprozess ausdrücklich auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502; Urteil vom 09.05.1985 - 2 C 16/83 -, NVwZ 1986, 374; wohl auch Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507: „zumindest hilfsweise für in der Sache unbegründet erklärt“), findet sich in anderen Entscheidungen der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.1989 - 8 B 39/89 -, Buchholz 310 § 68 Nr. 35). Auch die jüngste ersichtliche Entscheidung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts scheint in diese Richtung zu tendieren, weil dort ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass sich der Beklagte nicht auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14/98 -, DVBl. 2000, 485).
34 
In der Kommentarliteratur wird die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt (vgl. etwa Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Großkommentar, § 68 RdNr. 29; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 28; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 29 m.w.N.).
35 
Auch der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass bei ausdrücklicher Berufung auf die fehlende Durchführung des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Sacheinlassung kein ausreichender Grund dafür ersichtlich ist, von dem in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Es sprechen bereits gute Gründe dafür, das von der Verwaltungsgerichtsordnung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmekonstellationen als verpflichtend anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass die zur Entscheidung über den Widerspruchsbescheid einerseits und zur Abfassung der Klageerwiderung andererseits zuständige Stelle vielfach nicht identisch ist und auch dem Kläger damit die im Gesetz angelegte Prüfung einer weiteren, regelmäßig übergeordneten (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) Behörde genommen wird. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass eine ergebnisoffene Nachprüfung im Rahmen der Erwiderung auf eine bereits anhängig gemachte Klage regelmäßig nicht mehr stattfinden wird; jedenfalls nicht mehr in der gleichen Weise wie in der von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehenen, noch von Prozesserwägungen unabhängigen Station. Jedenfalls aber setzt die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit nach Auffassung des Senats eine entsprechende Disposition der Beklagten voraus. Diese fehlt indes in Konstellationen, in denen - wie hier - auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens kann in diesem Prozessverhalten bei objektiver Betrachtungsweise nicht gesehen werden.
36 
Schließlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum in der Berufung auf eine gesetzlich angeordnete Sachurteilsvoraussetzung ein „schwer verständlicher Formalismus“ liegen könnte. Zwar liegt in dem in § 68 ff. VwGO angeordneten Vorverfahren zweifellos eine „formale“ Zulässigkeitshürde. Diese erscheint im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke jedoch nicht schwerer verständlich, als etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Fristen oder anderer Zulässigkeitserfordernisse. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die erneute und vertiefte Befassung einer regelmäßig der Erlassbehörde übergeordneten Verwaltungsinstanz - auch im Interesse des Widerspruchsführers, der mit dem Widerspruchsverfahren ein kostengünstiges und „niederschwelliges“ Rechtsschutzsystem erhält - im Gegensatz zu anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann.
37 
Der Umstand, dass sich die Beklagte hier hilfsweise auch zur Sache eingelassen hat, vermag daher nichts daran zu ändern, dass es an der in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.
38 
2. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweist sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als „unabänderlich“ erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen sei.
39 
Allerdings sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus Entscheidungen ersichtlich, nach denen die Durchführung des förmlichen Vorverfahrens entbehrlich sein soll, wenn sich die ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde bereits aus einer anderweitigen Sachbefassung ergibt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.09.1980 - 1 C 89/79 -, BVerwGE 61, 40; Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15/92 -, NVwZ 1995, 76). Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation einer Selbstverwaltungsbehörde übertragen werden kann, erscheint indes - unabhängig von den bereits dargelegten Bedenken an der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens an sich - deshalb zweifelhaft, weil diese Situation angesichts der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO angeordneten Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bei Selbstverwaltungskörperschaften regelmäßig und typischerweise vorliegen dürfte. Es wäre mit der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO enthaltenen gesetzgeberischen Anordnung, die gerade von der Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgeht, indes schwer zur vereinbaren, eine Auslegung zu wählen, die regelmäßig zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
40 
Die Frage kann hier jedoch dahinstehen, weil es an einer sachlichen Befassung der Beklagten mit der zutreffenden Höhe der nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG festzusetzenden Vergütung außerhalb des angefochtenen Ausgangsbescheides fehlt. Die vorangegangene - im Übrigen zwar wiederholte, im Ergebnis dann aber doch geänderte - Befassung der Beklagten bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob überhaupt eine Pflicht der Beklagten besteht, auch im Falle der Klägerin eine angemessene Vergütung festzusetzen. Hinsichtlich der in diesem Verfahren allein streitigen Höhe hat sich die Beklagte dagegen gegenüber der Klägerin nie geäußert. Angesichts der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bedurfte es hierzu auch keiner Ausführungen, weil von ihr bereits eine Verpflichtung dem Grunde nach bestritten worden ist. Die von der Klägerin mit der vorliegenden Verpflichtungsklage primär angegriffene Höhe der festgesetzten Vergütung auf 30.000,-- EUR findet sich erstmals im Bescheid vom 11.11.2005. Weder hinsichtlich des zum Maßstab herangezogenen durchschnittlichen Monatsgehalts eines angestellten Steuerberaters noch zu der insoweit angesetzten Höhe von 5.000,-- EUR noch zu der angenommenen Tätigkeitsdauer von sechs Monaten hatte es zuvor zwischen der Klägerin und der Beklagten einen Schriftwechsel gegeben. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Position der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und deren Modalitäten dergestalt vorgefestigt und verhärtet gewesen sein sollte, dass ein Widerspruchsverfahren hierzu von vornherein sinnlos hätte erscheinen müssen. Auch in Bezug auf den Zweck des Vorverfahrens kann hier daher nicht von einer - außergesetzlichen - Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgegangen werden.
III.
41 
Auch die Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg rechtfertigen es schließlich nicht, die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage abweichend von § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten.
42 
1. Allerdings ist zuzugeben, dass die Durchführung eines Vorverfahrens materiell sinnlos erscheint, wenn in derselben Angelegenheit bereits eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde vorliegen sollte. Denn in diesen Fallkonstellationen besteht die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit im Widerspruchsverfahren nicht mehr, sodass die Durchführung weder für den Kläger noch aus Behördenperspektive einen Sinn ergibt und das Prozedere daher als zweckentfremdete Formalie erscheint (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502).
43 
2. Auch diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, weil eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der hier streitigen Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliegt.
44 
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich dies indes nicht bereits daraus, dass die Vergütungsfestsetzung eine Selbstverwaltungsangelegenheit darstelle und der Aufsicht daher gar nicht zugänglich wäre. Nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG hat die Steuerberaterkammer auf Antrag die Vergütung festzusetzen, die gemäß § 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG angemessen zu sein hat. Die Bestimmung der Vergütung steht damit nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer; der Begriff der angemessenen Vergütung ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.1992 - AnwZ (B) 27/92 -, NJW 1993, 1334 für die gleichlautende Vorschrift in § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO; VG Frankfurt, Urteil vom 15.03.2006 - 12 E 300/05 -). Ein Selbstverwaltungs- oder Ermessensbereich, der der in § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG angeordneten Rechtsaufsicht des Finanzministeriums entzogen sein könnte, liegt damit nicht vor.
45 
b) Dem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg kann indes keine verbindliche Weisung entnommen werden, aus der sich die Sinnlosigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ergeben könnte.
46 
aa) Zu Recht hat die Klägerin allerdings darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 nicht lediglich eine „Empfehlung bzw. Bitte“ darstellt, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung „unter Beachtung der vorstehenden Kriterien“ festzusetzen. Bereits der Erklärungsgehalt des Schreibens für sich genommen lässt daher kaum Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene Bitte verbindlich gemeint ist und die Aufsichtsbehörde im Falle der Weigerung ihrem Anliegen durch eine Anordnung nach § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG Nachdruck verleihen würde.
47 
Der verbindliche „Aufsichtscharakter“ des Schreibens wird aber insbesondere bei Berücksichtigung der Vorgeschichte deutlich. Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Finanzministerium dem Landgericht Mannheim auf dessen Anfrage hin mitgeteilt, auch das Finanzministerium teile die Auffassung, dass die Steuerberaterkammer zur Festsetzung der umstrittenen Vergütung verpflichtet sei. Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Spielraum für andere Interpretationen entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die recht deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung nach außen hin festgelegt hat, spricht sehr deutlich dafür, dass die „Empfehlung“ der Beklagten gegenüber mit hoher Verbindlichkeit ausgesprochen worden ist. Dies wird schließlich auch durch das Schreiben des Finanzministeriums vom 07.09.2005 bestätigt, in dem es der Beklagten gegenüber wiederholt und bekräftigt, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Die in dem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die „Staatsaufsicht“, auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte und auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium lassen am Durchsetzungswillen wenig Zweifel.
48 
Das Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 musste von der Beklagten daher als verbindlich betrachtet werden; tatsächlich hat sie sich im Bescheid vom 11.11.2005 - wenn auch unter Bekräftigung der fortbestehenden gegenteiligen Rechtsauffassung - dem Druck denn auch gebeugt und die umstrittene Vergütungsfestsetzung vorgenommen.
49 
bb) Die inhaltliche Reichweite des vom Finanzministerium verbindlich Vorgegebenen bezieht sich jedoch nicht auf die im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung, sondern lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen.
50 
Allein diese Frage war Gegenstand des an das Landgericht gerichteten Schreibens vom 04.08.2005 und damit der außenwirksamen Festlegung des Finanzministeriums. Auch das an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 07.09.2005 betrifft inhaltlich nur die Frage, ob die Beklagte auch in den Fällen, in denen die Bestellung auf Antrag der Erben erfolgt, zur Vergütungsfestsetzung verpflichtet ist. Schließlich ist diese Verpflichtung dem Grunde nach ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 04.11.2005 auch der Gegenstand der Besprechung vom 25.10.2005 gewesen.
51 
Allerdings enthält das Schreiben vom 04.11.2005 auch Hinweise zur höhenmäßigen Festsetzung der streitigen Vergütung. Zum einen wird „aus Sicht des Finanzministeriums“ festgestellt, dass die Abwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Verkaufsanzeigen abgeschlossen war. Zum anderen führt das Finanzministerium am Ende aus, dass es im vorliegenden Fall angemessen erscheine, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Diese Erwägungen zur Maßstabsbildung sind durch das Finanzministerium indes neu aufgegriffen und gehen ersichtlich auf die Stellungnahme der Beklagten vom 19.09.2005 zurück. Anlass für die Aufsichtsbehörde, insoweit mit Nachdruck oder Verbindlichkeit aufzutreten, bestand insoweit daher schon deshalb nicht; vielmehr wurden im Wesentlichen nur die Vorschläge der Beklagten aufgegriffen. In dieser Frage hatte auch eine Vorfestlegung des Finanzministeriums bislang nicht stattgefunden. Dementsprechend erweist sich das Schreiben im Hinblick auf die Maßstäbe der Höhenbestimmung auch sprachlich deutlich zurückhaltender abgefasst. Die fehlende Verbindlichkeit der Ausführungen zur Maßstabsbildung bestätigt schließlich auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 17.11.2005 an die Klägerin, in dem ausgeführt wird, das Ministerium habe im Schreiben vom 04.11.2005 „einen möglichen Bemessungsmaßstab“ für die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgezeigt.
52 
Nach dem objektiven Erklärungsgehalt der vorliegenden Schreiben und deren Entstehungsgeschichte kann daher nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich der im Schreiben vom 04.11.2005 erwähnten Maßstäbe eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist. Dass insoweit ein weiteres Tätigwerden der Beklagten erforderlich war, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass jedenfalls die Höhe der Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters von keiner Seite beziffert worden war.
53 
cc) Angesichts der Gesamtumstände hält der Senat das Tätigwerden des Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde daher hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, überhaupt eine angemessene Vergütung festzusetzen, für dergestalt verbindlich, dass eine eigenständige Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde nicht mehr angenommen werden kann und das Widerspruchsverfahren daher „zwecklos“ erscheinen mag. Gleiches gilt indes nicht für die im Bescheid vom 11.11.2005 festgesetzte Höhe der angemessenen Vergütung, die allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch insoweit hat das Finanzministerium im Schreiben vom 04.11.2005 zwar Hinweise gegeben; diese sind jedoch nicht nur inhaltlich unvollständig, sie werden vielmehr auch ersichtlich nicht vom unbedingten Durchsetzungswillen der Aufsichtsbehörde getragen. Es erscheint daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch die Aufsichtsbehörde bei einer nachfolgenden Abweichung der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von der Durchsetzung der Maßstäbe Abstand genommen hätte. Auch im Hinblick auf die mögliche Fallgruppe der Entbehrlichkeit bei bereits manifest gewordenem, unabänderlichem Willen der Aufsichtsbehörde kann hier daher nicht von der „Zwecklosigkeit“ des Vorverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Klägerin zwar die Jahresfrist aus § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Auge behalten, die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens aber nicht beachtet hat (vgl. dazu bereits die Hinweise auf die Möglichkeit der Klageerhebung binnen Jahresfrist im Schriftsatz vom 30.11.2005 im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim).
IV.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55 
Die Revision wird zugelassen, weil die in dem Rechtsstreit zu entscheidende Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmetatbestände grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
56 
Beschluss vom 4. März 2009
57 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 109.746,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Die 1970 geborene Klägerin ist dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Ihre Tochter J. lebt beim geschiedenen Ehemann der Klägerin in H., ihr Sohn K. wurde nach der Geburt von Dritten an Kindes statt angenommen, ihr Sohn P. ist in einer Pflegefamilie untergebracht. Seit Februar 2007 steht sie bei der Beklagten im Leistungsbezug nach dem vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der monatliche Regelsatz wurde ihr in mehreren Raten ausgezahlt. Die Kosten für die Hotels in S., in denen die Klägerin jedenfalls seit Februar 2010 wieder wohnt, wurden von der Beklagten direkt an den Hotelbetreiber überwiesen.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 7.6.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 9.6.2010 in der Fassung des Bescheides vom 15.9.2010 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.7.2010 bis 30.6.2011 in Höhe von monatlich insgesamt 1.039,90 Euro. Dabei wurde geregelt, dass die Auszahlung des monatlichen Regelsatzes von 359 Euro in zwei Teilbeträgen von 259 Euro zum 1. des Monats und weiterer 100 Euro zum 15. des Monats durch Überweisung auf das Girokonto der Klägerin bei der P.-Bank erfolgt. Außerdem wurde festgelegt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 138,40 Euro direkt an den Versicherer und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft im Hotel in Höhe von 542,50 Euro direkt an den Hotelbetreiber gezahlt werden. Die Klägerin wurde sowohl mit Bescheid vom 9.6.2010 als auch mit Bescheid vom 15.9.2010 über ihr Recht belehrt, hiergegen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bei der Landeshauptstadt S. mit Sitz in S. schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch einlegen zu können. Davon machte die Klägerin keinen Gebrauch.
Mit Schreiben vom 6.10.2010 bat die Klägerin die Beklagte, „die Gesamtsumme [von] 364 Euro auf einmal in einem Monat auf mein Konto zu überweisen … [und] nicht mehr auf zwei Raten.“ Mit undatiertem, am 8.10.2010 befördertem Schreiben, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass für die Gewährung eines um fünf Euro auf 364 Euro erhöhten Regelsatzes keine Rechtsgrundlage bestehe.
Am 30.3.2011 hat die Klägerin vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der mit Beschluss vom 15.4.2011 abgelehnt worden ist (Az.: S 20 SO 1923/11 ER). Sie beantragt die Gewährung höherer Leistungen, behauptet, alleinerziehend zu sein, und meint, dass deshalb ein Mehrbedarf anzuerkennen sei. Außerdem behauptet sie, Leistungen lediglich in Höhe von 259 Euro erhalten zu haben. Diese reichten nicht aus, um die im März und April anfallenden Ausgaben von 298 Euro zu decken. Insbesondere könne sie nicht zum Frauenarzt gehen, da sie dort noch 15 Euro bezahlen müsse. Des weiteren seien ihre Leistungen entgegen der Ankündigung der Beklagten nicht erhöht worden.
Mit Änderungsbescheid vom 4.4.2011 hat die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2011 bis 30.4.2011 eine Nachzahlung von insgesamt 20 Euro und für die Zeit vom 1.5.2011 bis 30.6.2011 monatliche Leistungen in Höhe von 502,40 Euro bewilligt. Der dabei zugrundegelegte Regelbedarf von 364 Euro wird in zwei Raten zum 1. (264 Euro) und zum 15. des Monats (100 Euro) auf das Konto der Klägerin überwiesen, die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 138,40 Euro werden weiterhin direkt an den Träger der Versicherung geleistet.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den am 8.10.2010 beförderten Bescheid aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
10 
Mit Schreiben vom 14.4.2011 sind die Beteiligten über die Absicht des Gerichts, den Rechtsstreit nach Ablauf des 6.5.2011 durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, in Kenntnis gesetzt worden. Sie haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die für die Klägerin geführte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
13 
Das Gericht kann den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).
II.
14 
Streitgegenstand ist die Aufhebung des am 8.10.2010 beförderten Bescheides und die Abänderung des Bescheids vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2010 (§ 96 SGG) hinsichtlich der Höhe der darin bewilligten Grundsicherungsleistungen. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 ist als Überprüfungsantrag im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auszulegen. Der Wortlaut des Schreibens lässt mit hinreichender Deutlichkeit den Willen der Klägerin erkennen, dass die Beklagte der Klägerin einen monatlichen Regelsatz von 364 Euro bewilligen soll. Dies setzt notwendigerweise die Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 und die rückwirkende Gewährung höherer Hilfen zum Lebensunterhalt voraus. Ein solcher Überprüfungsantrag ist auch vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.9.2010 zulässig („auch nachdem er unanfechtbar geworden ist“). Dass die Klägerin mit dem Schreiben vom 6.10.2010 Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.9.2010 erheben wollte, ist dagegen nicht anzunehmen. Wenngleich der Rechtsbehelf nicht ausdrücklich als Widerspruch zu bezeichnen ist, um als solcher zu gelten, muss in dem Schriftstück doch zum Ausdruck kommen, dass sich die Klägerin durch einen Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und gerade im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs eine Überprüfung durch die Verwaltung anstrebt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 84 Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 enthält keinen Hinweis auf den Bescheid vom 15.9.2010 oder einen sonstigen Verwaltungsakt. Es ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin gerade einen förmlichen Rechtsbehelf gegen eine bestimmte Verwaltungsentscheidung einlegen wollte. Demgegenüber ist das am 8.10.2010 beförderte Schreiben der Beklagten ist als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X einzuordnen, mit dem die Änderung der Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 hinsichtlich der Regelsatzhöhe abgelehnt wird. Da auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 38 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ein Anspruch besteht, ist zur Verwirklichung dieses Klagebegehrens die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 56 SGG statthafte Klageart.
15 
Eine weitergehende Fassung des Streitgegenstandes ist nicht angezeigt. Denn soweit die Klägerin in der Klageschrift über die Höhe der Grundsicherungsleistungen hinaus auch Art und Maß der Leistungserbringung (Auszahlung des monatlichen Regelsatzes in zwei Raten, keine Übersendung der Zusicherungen für die Übernahme der Hotelkosten an die Wohnanschrift der Klägerin) rügt, wäre die am 30.3.2011 anhängig gewordene Klage, über die hier zu entscheiden ist, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig (§ 202 SGG i. V. m. § 261 Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung, § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Denn diesbezüglich hat die Klägerin bereits am 28.3.2011 eine unter dem Aktenzeichen S 20 SO 1877/11 geführte Klage erhoben.
III.
16 
Die Klage ist unzulässig. Bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des am 8.10.2010 beförderten Bescheides in der Fassung des Bescheides vom 4.4.2011 (§ 96 SGG), mit dem die Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 für die Zeit ab 1.1.2011 hinsichtlich der Höhe des Regelsatzes abgeändert, die Bewilligung höherer Leistungen (insbesondere für die Zeit bis zum 31.12.2010) jedoch abgelehnt worden ist, nicht in einem Vorverfahren nachgeprüft worden.
17 
Die Durchführung des Vorverfahrens stellt jedoch gemäß §§ 78 Abs. 3, 1 Satz 1 SGG eine unverzichtbare Sachurteilsvoraussetzung dar(vgl. BSG, Urteil vom 25.4.2007 - B 12 AL 2/06 R -, in: juris, Rn. 20). Durchgeführt ist ein Vorverfahren erst dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Verwaltungsentscheidung ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergangen ist (vgl. BSG, a. a. O., in: juris, Rn. 15). Hieran fehlt es. Auch in der am 30.3.2011 erhobenen Klage ist nicht zugleich die - innerhalb der hier laufenden Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zulässige - Einlegung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid zu sehen. Denn die Klägerin nimmt hierauf mit keinem Wort Bezug und legte jenes Schreiben der Beklagten auch auf Nachfrage des Gerichts nicht vor. Der Wortlaut der Klageschrift ermöglicht auch unter Berücksichtigung der beigefügten Anlagen keine eindeutige Bestimmung des Verwaltungsakts, durch den sich die Klägerin beeinträchtigt fühlt und dessen nochmalige Überprüfung sie im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs anstrebt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin mit Klageerhebung die Überprüfung des am 8.10.2010 beförderten Schreibens der Beklagten begehrt.
18 
Die Klage wäre jedoch selbst dann unzulässig, wenn in der Klageschrift gleichwohl die Erhebung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid der Beklagten gesehen werden will. Da das Vorverfahren, das den Erlass des Widerspruchsbescheides einschließt (§ 62 Halbsatz 2 SGB X i. V. m. § 8 Halbsatz 2 SGB X), bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht durchgeführt worden ist und auch keine der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG benannten Ausnahmekonstellationen vorliegt, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, ist die Klage als unzulässig abzuweisen(vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4.3.2009 - 9 S 371/08 -, in: juris, Rn. 18). Dies entspricht dem Wortlaut des § 78 SGG und nimmt der Klägerin keinen Rechtsschutz, da sie nach Erlass des Widerspruchsbescheides erneut klagen kann. Außerdem trägt die Abweisung der Klage als unzulässig den drei Funktionen des Widerspruchsverfahrens - Selbstkontrolle der Verwaltung, erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit für den Einzelnen durch Überprüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts, Entlastung der Gerichte - besser Rechnung.
19 
Die gegenteilige Ansicht, wonach eine Klage ohne Durchführung des Widerspruchsverfahrens zwar unzulässig, das Verfahren aber bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides auszusetzen ist, überzeugt nicht. Jene Ansicht, die auf einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.2.1964 (vgl. BSG, Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21) gründet und mit Urteil vom 22.6.1966 (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21), 3.3.1999 (vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 28, 32) und 13.12.2000 (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R -, in: juris, Rn. 25) bestätigt worden ist, führt zur Begründung pauschal lediglich die Prozessökonomie an. Weitere Begründungen liefert sie nicht.
20 
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hat sich am Maßstab von Fällen gebildet, in denen - wie hier - innerhalb der laufenden Widerspruchsfrist lediglich Klage zum Sozialgericht erhoben worden ist, und hierzu zutreffend ausgeführt, dass in dieser Klageerhebung zugleich auch ein Widerspruch zu erblicken ist. Zu Unrecht wird diese Ansicht jedoch in einen nicht vorhandenen Sachzusammenhang mit dem Fortgang des gerichtlichen Verfahrens gestellt. Zwar liefe die Klägerin Gefahr, infolge Versäumung der Widerspruchsfrist ihrer Rechte verlustig zu gehen, wenn die Klage nicht zugleich auch als Widerspruch zu verstehen wäre. Es ist aber nicht ersichtlich, warum es „bei dieser Rechtslage … auch aus prozessökonomischen Gründen geboten“ sein soll, das gerichtliche Verfahren bis zu einer Entscheidung auszusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21. Das Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21, verbindet diese beiden Erwägungen nur mit einem Semikolon). Die überkommene höchstgerichtliche Ansicht würdigt nicht hinreichend, dass das prozessuale Schicksal einer Klage, die mangels durchgeführten Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen wird, keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit und Begründetheit des Widerspruchs zeitigt, der zugleich mit der Klage erhoben worden ist. Da Widerspruch und Klage auch dann, wenn sie wie in den höchstgerichtlich entschiedenen Fällen in einem Schriftsatz gemeinsam erhoben werden, eigenständige Rechtsbehelfe darstellen, droht die Klägerin durch Abweisung der Klage als unzulässig keiner Rechte verlustig zu gehen, die sie nicht auch mit dem weiterhin zulässigen Widerspruch und ggf. einer anschließenden Gestaltungsklage geltend machen kann. Diese Rechtsverfolgung wird durch das Prozessurteil nicht berührt, weil nur die dadurch entschiedene Prozessfrage in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1990 - VIII ZB 42/90 -, in: juris, Rn. 9 f.).
21 
Der Auffassung des Bundessozialgerichts ist außerdem entgegenzuhalten, dass die Aussetzung des Verfahrens bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheid weder aus materiell-rechtlichen noch aus kostenrechtlichen Gesichtspunkten prozessökonomisch ist.
22 
Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem Schutzzweck der Entlastung der Gerichte (Filterfunktion). Diese werden zu einem Zeitpunkt in den Rechtsstreit einbezogen, der der gesetzgeberischen Zielsetzung widerspricht. Wird die - unzulässige - Klage nicht abgewiesen, sondern das Verfahren ausgesetzt, verlängert sich die gerichtliche Verfahrensdauer um die Dauer des nachzuholenden Vorverfahrens, in dem auch noch Ermittlungen notwendig werden können. Wird dem Widerspruch stattgegeben, wurde das Gericht unnötigerweise mit einem Verfahren befasst (vgl. Binder, in: Lüdtke (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage 2009, § 78 Rn. 8). Die nach höchstrichterlicher Ansicht erforderliche Aussetzung des Verfahrens hat zudem das in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verortete Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz zu beachten. Im Interesse der Rechtssicherheit sind strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit zu klären (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 BvR 404/10 -, in: juris, Rn. 11 m. w. N.; Beschluss vom 20.7.2000 - 1 BvR 352/00 - in: juris, Rn. 10; Beschluss vom 17.11.1999 - 1 BvR 1708/99 -, in: juris, Rn. 8; Beschluss vom 6.5.1997 - 1 BvR 711/96 -, in: juris, Rn. 34). Bei einer ablehnenden Widerspruchsentscheidung wird das Verfahren um die Zeit, die das Widerspruchsverfahren benötigt, verlängert, was angesichts der Entschädigungspflicht des Staates für überlange Verfahrensdauern gemäß Art. 6 Abs. 1, 41 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht prozessökonomisch ist(vgl. EGMR, Urteil vom 13.1.2011 - 397/04, 2322/07 -, in: juris, Rn. 55 - 57 und 65 m. w. N.). Die Aussetzung des Klageverfahrens ist auch nicht erforderlich, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Weigert sich eine Behörde, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen oder braucht sie zu lange, berechtigt § 88 SGG die Klägerin zur Erhebung einer Untätigkeitsklage. Im Falle der Eilbedürftigkeit kann einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 86b SGG in Anspruch genommen werden, dessen Zulässigkeit kein abgeschlossenes Vorverfahren voraussetzt. Die höchstgerichtlich erwogene Verpflichtung der Behörde zur Widerspruchsentscheidung durch Zwischenurteil des Gerichts (§ 202 SGG i. V. m. § 303 Zivilprozessordnung, vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 32) stellt hierzu keine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit dar und gleicht die Nachteile mit Blick auf die Verfahrensdauer nicht aus. Vielmehr ist das Gericht infolge der Aussetzung des Verfahrens bis zur Widerspruchsentscheidung zusätzlich gehalten, von Amts wegen zu prüfen, ob das ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 114a Rn. 10a).
23 
Die Aussetzung von Verfahren, die - wie hier - für die Klägerin gerichtskostenfrei sind (§ 183 Satz 1 SGG), ist auch aus kostenrechtlicher Sicht nicht prozessökonomisch. Die vom Grundsicherungsträger zu entrichtende Pauschgebühr (§ 184 SGG) steht der Abweisung der Klage als unzulässig gleichfalls nicht entgegen, da diese Gebühr unabhängig davon entsteht, ob die Klägerin obsiegt oder unterliegt.
IV.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 SGG.

Gründe

 
12 
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
13 
Das Gericht kann den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).
II.
14 
Streitgegenstand ist die Aufhebung des am 8.10.2010 beförderten Bescheides und die Abänderung des Bescheids vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2010 (§ 96 SGG) hinsichtlich der Höhe der darin bewilligten Grundsicherungsleistungen. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 ist als Überprüfungsantrag im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auszulegen. Der Wortlaut des Schreibens lässt mit hinreichender Deutlichkeit den Willen der Klägerin erkennen, dass die Beklagte der Klägerin einen monatlichen Regelsatz von 364 Euro bewilligen soll. Dies setzt notwendigerweise die Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 und die rückwirkende Gewährung höherer Hilfen zum Lebensunterhalt voraus. Ein solcher Überprüfungsantrag ist auch vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.9.2010 zulässig („auch nachdem er unanfechtbar geworden ist“). Dass die Klägerin mit dem Schreiben vom 6.10.2010 Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.9.2010 erheben wollte, ist dagegen nicht anzunehmen. Wenngleich der Rechtsbehelf nicht ausdrücklich als Widerspruch zu bezeichnen ist, um als solcher zu gelten, muss in dem Schriftstück doch zum Ausdruck kommen, dass sich die Klägerin durch einen Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und gerade im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs eine Überprüfung durch die Verwaltung anstrebt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 84 Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 enthält keinen Hinweis auf den Bescheid vom 15.9.2010 oder einen sonstigen Verwaltungsakt. Es ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin gerade einen förmlichen Rechtsbehelf gegen eine bestimmte Verwaltungsentscheidung einlegen wollte. Demgegenüber ist das am 8.10.2010 beförderte Schreiben der Beklagten ist als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X einzuordnen, mit dem die Änderung der Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 hinsichtlich der Regelsatzhöhe abgelehnt wird. Da auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 38 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ein Anspruch besteht, ist zur Verwirklichung dieses Klagebegehrens die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 56 SGG statthafte Klageart.
15 
Eine weitergehende Fassung des Streitgegenstandes ist nicht angezeigt. Denn soweit die Klägerin in der Klageschrift über die Höhe der Grundsicherungsleistungen hinaus auch Art und Maß der Leistungserbringung (Auszahlung des monatlichen Regelsatzes in zwei Raten, keine Übersendung der Zusicherungen für die Übernahme der Hotelkosten an die Wohnanschrift der Klägerin) rügt, wäre die am 30.3.2011 anhängig gewordene Klage, über die hier zu entscheiden ist, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig (§ 202 SGG i. V. m. § 261 Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung, § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Denn diesbezüglich hat die Klägerin bereits am 28.3.2011 eine unter dem Aktenzeichen S 20 SO 1877/11 geführte Klage erhoben.
III.
16 
Die Klage ist unzulässig. Bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des am 8.10.2010 beförderten Bescheides in der Fassung des Bescheides vom 4.4.2011 (§ 96 SGG), mit dem die Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 für die Zeit ab 1.1.2011 hinsichtlich der Höhe des Regelsatzes abgeändert, die Bewilligung höherer Leistungen (insbesondere für die Zeit bis zum 31.12.2010) jedoch abgelehnt worden ist, nicht in einem Vorverfahren nachgeprüft worden.
17 
Die Durchführung des Vorverfahrens stellt jedoch gemäß §§ 78 Abs. 3, 1 Satz 1 SGG eine unverzichtbare Sachurteilsvoraussetzung dar(vgl. BSG, Urteil vom 25.4.2007 - B 12 AL 2/06 R -, in: juris, Rn. 20). Durchgeführt ist ein Vorverfahren erst dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Verwaltungsentscheidung ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergangen ist (vgl. BSG, a. a. O., in: juris, Rn. 15). Hieran fehlt es. Auch in der am 30.3.2011 erhobenen Klage ist nicht zugleich die - innerhalb der hier laufenden Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zulässige - Einlegung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid zu sehen. Denn die Klägerin nimmt hierauf mit keinem Wort Bezug und legte jenes Schreiben der Beklagten auch auf Nachfrage des Gerichts nicht vor. Der Wortlaut der Klageschrift ermöglicht auch unter Berücksichtigung der beigefügten Anlagen keine eindeutige Bestimmung des Verwaltungsakts, durch den sich die Klägerin beeinträchtigt fühlt und dessen nochmalige Überprüfung sie im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs anstrebt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin mit Klageerhebung die Überprüfung des am 8.10.2010 beförderten Schreibens der Beklagten begehrt.
18 
Die Klage wäre jedoch selbst dann unzulässig, wenn in der Klageschrift gleichwohl die Erhebung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid der Beklagten gesehen werden will. Da das Vorverfahren, das den Erlass des Widerspruchsbescheides einschließt (§ 62 Halbsatz 2 SGB X i. V. m. § 8 Halbsatz 2 SGB X), bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht durchgeführt worden ist und auch keine der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG benannten Ausnahmekonstellationen vorliegt, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, ist die Klage als unzulässig abzuweisen(vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4.3.2009 - 9 S 371/08 -, in: juris, Rn. 18). Dies entspricht dem Wortlaut des § 78 SGG und nimmt der Klägerin keinen Rechtsschutz, da sie nach Erlass des Widerspruchsbescheides erneut klagen kann. Außerdem trägt die Abweisung der Klage als unzulässig den drei Funktionen des Widerspruchsverfahrens - Selbstkontrolle der Verwaltung, erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit für den Einzelnen durch Überprüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts, Entlastung der Gerichte - besser Rechnung.
19 
Die gegenteilige Ansicht, wonach eine Klage ohne Durchführung des Widerspruchsverfahrens zwar unzulässig, das Verfahren aber bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides auszusetzen ist, überzeugt nicht. Jene Ansicht, die auf einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.2.1964 (vgl. BSG, Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21) gründet und mit Urteil vom 22.6.1966 (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21), 3.3.1999 (vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 28, 32) und 13.12.2000 (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R -, in: juris, Rn. 25) bestätigt worden ist, führt zur Begründung pauschal lediglich die Prozessökonomie an. Weitere Begründungen liefert sie nicht.
20 
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hat sich am Maßstab von Fällen gebildet, in denen - wie hier - innerhalb der laufenden Widerspruchsfrist lediglich Klage zum Sozialgericht erhoben worden ist, und hierzu zutreffend ausgeführt, dass in dieser Klageerhebung zugleich auch ein Widerspruch zu erblicken ist. Zu Unrecht wird diese Ansicht jedoch in einen nicht vorhandenen Sachzusammenhang mit dem Fortgang des gerichtlichen Verfahrens gestellt. Zwar liefe die Klägerin Gefahr, infolge Versäumung der Widerspruchsfrist ihrer Rechte verlustig zu gehen, wenn die Klage nicht zugleich auch als Widerspruch zu verstehen wäre. Es ist aber nicht ersichtlich, warum es „bei dieser Rechtslage … auch aus prozessökonomischen Gründen geboten“ sein soll, das gerichtliche Verfahren bis zu einer Entscheidung auszusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21. Das Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21, verbindet diese beiden Erwägungen nur mit einem Semikolon). Die überkommene höchstgerichtliche Ansicht würdigt nicht hinreichend, dass das prozessuale Schicksal einer Klage, die mangels durchgeführten Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen wird, keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit und Begründetheit des Widerspruchs zeitigt, der zugleich mit der Klage erhoben worden ist. Da Widerspruch und Klage auch dann, wenn sie wie in den höchstgerichtlich entschiedenen Fällen in einem Schriftsatz gemeinsam erhoben werden, eigenständige Rechtsbehelfe darstellen, droht die Klägerin durch Abweisung der Klage als unzulässig keiner Rechte verlustig zu gehen, die sie nicht auch mit dem weiterhin zulässigen Widerspruch und ggf. einer anschließenden Gestaltungsklage geltend machen kann. Diese Rechtsverfolgung wird durch das Prozessurteil nicht berührt, weil nur die dadurch entschiedene Prozessfrage in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1990 - VIII ZB 42/90 -, in: juris, Rn. 9 f.).
21 
Der Auffassung des Bundessozialgerichts ist außerdem entgegenzuhalten, dass die Aussetzung des Verfahrens bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheid weder aus materiell-rechtlichen noch aus kostenrechtlichen Gesichtspunkten prozessökonomisch ist.
22 
Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem Schutzzweck der Entlastung der Gerichte (Filterfunktion). Diese werden zu einem Zeitpunkt in den Rechtsstreit einbezogen, der der gesetzgeberischen Zielsetzung widerspricht. Wird die - unzulässige - Klage nicht abgewiesen, sondern das Verfahren ausgesetzt, verlängert sich die gerichtliche Verfahrensdauer um die Dauer des nachzuholenden Vorverfahrens, in dem auch noch Ermittlungen notwendig werden können. Wird dem Widerspruch stattgegeben, wurde das Gericht unnötigerweise mit einem Verfahren befasst (vgl. Binder, in: Lüdtke (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage 2009, § 78 Rn. 8). Die nach höchstrichterlicher Ansicht erforderliche Aussetzung des Verfahrens hat zudem das in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verortete Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz zu beachten. Im Interesse der Rechtssicherheit sind strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit zu klären (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 BvR 404/10 -, in: juris, Rn. 11 m. w. N.; Beschluss vom 20.7.2000 - 1 BvR 352/00 - in: juris, Rn. 10; Beschluss vom 17.11.1999 - 1 BvR 1708/99 -, in: juris, Rn. 8; Beschluss vom 6.5.1997 - 1 BvR 711/96 -, in: juris, Rn. 34). Bei einer ablehnenden Widerspruchsentscheidung wird das Verfahren um die Zeit, die das Widerspruchsverfahren benötigt, verlängert, was angesichts der Entschädigungspflicht des Staates für überlange Verfahrensdauern gemäß Art. 6 Abs. 1, 41 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht prozessökonomisch ist(vgl. EGMR, Urteil vom 13.1.2011 - 397/04, 2322/07 -, in: juris, Rn. 55 - 57 und 65 m. w. N.). Die Aussetzung des Klageverfahrens ist auch nicht erforderlich, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Weigert sich eine Behörde, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen oder braucht sie zu lange, berechtigt § 88 SGG die Klägerin zur Erhebung einer Untätigkeitsklage. Im Falle der Eilbedürftigkeit kann einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 86b SGG in Anspruch genommen werden, dessen Zulässigkeit kein abgeschlossenes Vorverfahren voraussetzt. Die höchstgerichtlich erwogene Verpflichtung der Behörde zur Widerspruchsentscheidung durch Zwischenurteil des Gerichts (§ 202 SGG i. V. m. § 303 Zivilprozessordnung, vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 32) stellt hierzu keine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit dar und gleicht die Nachteile mit Blick auf die Verfahrensdauer nicht aus. Vielmehr ist das Gericht infolge der Aussetzung des Verfahrens bis zur Widerspruchsentscheidung zusätzlich gehalten, von Amts wegen zu prüfen, ob das ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 114a Rn. 10a).
23 
Die Aussetzung von Verfahren, die - wie hier - für die Klägerin gerichtskostenfrei sind (§ 183 Satz 1 SGG), ist auch aus kostenrechtlicher Sicht nicht prozessökonomisch. Die vom Grundsicherungsträger zu entrichtende Pauschgebühr (§ 184 SGG) steht der Abweisung der Klage als unzulässig gleichfalls nicht entgegen, da diese Gebühr unabhängig davon entsteht, ob die Klägerin obsiegt oder unterliegt.
IV.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 SGG.

(1) Für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. Abweichend von Satz 1 erhalten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für jede auf der Grundlage des § 74a Absatz 2 und 3 erteilte Auskunft eine Gebühr von 10,20 Euro.

(2) Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, sind kostenfrei. Dies gilt auch für die im Gerichts- und Notarkostengesetz bestimmten Gerichtskosten. Von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten sind befreit Urkunden, die

1.
in der Sozialversicherung bei den Versicherungsträgern und Versicherungsbehörden erforderlich werden, um die Rechtsverhältnisse zwischen den Versicherungsträgern einerseits und den Arbeitgebern, Versicherten oder ihren Hinterbliebenen andererseits abzuwickeln,
2.
im Sozialhilferecht, im Recht der Eingliederungshilfe, im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Kinder- und Jugendhilferecht sowie im Recht der Kriegsopferfürsorge aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer nach dem Zwölften Buch, dem Neunten Buch, dem Zweiten und dem Achten Buch oder dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistung benötigt werden,
3.
im Schwerbehindertenrecht von der zuständigen Stelle im Zusammenhang mit der Verwendung der Ausgleichsabgabe für erforderlich gehalten werden,
4.
im Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für erforderlich gehalten werden,
5.
im Kindergeldrecht für erforderlich gehalten werden.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt auch für gerichtliche Verfahren, auf die das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden ist. Im Verfahren nach der Zivilprozessordnung, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit sind die Träger der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge von den Gerichtskosten befreit; § 197a des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt.

(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.

(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren

vor den Sozialgerichten auf150 Euro,
vor den Landessozialgerichten auf225 Euro,
vor dem Bundessozialgericht auf300 Euro

festgesetzt.

(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet, so ist ihm abzuhelfen.

(2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so erläßt den Widerspruchsbescheid

1.
die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
2.
in Angelegenheiten der Sozialversicherung die von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle,
3.
in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit mit Ausnahme der Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch die von dem Vorstand bestimmte Stelle,
4.
in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 1 Nr. 1 ist in Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und, soweit Landesrecht nichts Abweichendes vorsieht, in Angelegenheiten nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch der zuständige Träger, der den dem Widerspruch zugrunde liegenden Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig; § 44b Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt. Vorschriften, nach denen im Vorverfahren Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Satz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekanntzugeben. Nimmt die Behörde eine Zustellung vor, gelten die §§ 2 bis 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 als Bevollmächtigte zugelassenen Personen entsprechend anzuwenden. Die Beteiligten sind hierbei über die Zulässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren.

(4) Über ruhend gestellte Widersprüche kann durch eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung entschieden werden, wenn die den angefochtenen Verwaltungsakten zugrunde liegende Gesetzeslage durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wurde, Widerspruchsbescheide gegenüber einer Vielzahl von Widerspruchsführern zur gleichen Zeit ergehen müssen und durch sie die Rechtsstellung der Betroffenen ausschließlich nach einem für alle identischen Maßstab verändert wird. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung der Entscheidung über den Internetauftritt der Behörde, im Bundesanzeiger und in mindestens drei überregional erscheinenden Tageszeitungen. Auf die öffentliche Bekanntgabe, den Ort ihrer Bekanntgabe sowie die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 3 ist bereits in der Ruhensmitteilung hinzuweisen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06

- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob das in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordnete Vorverfahren entbehrlich ist, wenn sich die Beklagte sachlich auf die Klage eingelassen hat oder wenn die ablehnende Auffassung der Aufsichtsbehörde bereits anderweitig zum Ausdruck gekommen ist. Die Klägerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr durchgeführte Praxisabwicklung in Höhe von 139.746,-- EUR.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft. Sie wurde nach dem Tod eines in Einzelpraxis selbständig tätigen Steuerberaters von der Beklagten am 24.12.1998 zum Praxisabwickler gemäß § 70 des Steuerberatungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.11.1975 (BGBl. I S. 2735; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2008, BGBl. I S. 2955 - StBerG -) bestellt. Die Praxis befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem chaotischen Zustand. Teilweise über Jahre hinweg waren Mandate offenbar unbearbeitet geblieben und die Unterlagen unsystematisch auf dem Fußboden gestapelt. Nach Angaben der Klägerin war ein Einsatz von insgesamt 22 Mitarbeitern mit einem Gesamtzeitaufwand von 5.655 Arbeitsstunden erforderlich, um die Unterlagen den betreffenden Akten zuzuordnen, die Rückstände aufzuarbeiten und die laufenden Aufträge fortzuführen. Durch Kaufvertrag vom 26.08.1999 wurde die Praxis schließlich zu einem Kaufpreis von 150.000,-- DM verkauft. Der Verkaufserlös wurde in voller Höhe an die Erben des verstorbenen Steuerberaters ausgezahlt, die hiervon 60.000,-- DM an die Klägerin leisteten.
Die Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung ist im vorhinein nicht bestimmt worden. In der Bestellung vom 24.12.1998 findet sich hierzu lediglich der Hinweis, dass ihr „Anspruch auf eine angemessene Vergütung“ zustehe. Die Klägerin selbst berechnete ihren Anspruch anhand des Zeitaufwands der von ihr eingesetzten Steuerberater und Diplombetriebswirte, den sie auf 2.150,87 Stunden bezifferte. Als Stundensatz legte die Klägerin den rechnerischen Mittelwert von 127,50 DM der in § 13 Abs. 2 StBGebV festgelegten Stundensätze zugrunde und errechnete so (unter Berücksichtigung von 16 % Mehrwertsteuer) eine Summe von 347.693,66 DM. In der hierauf vor dem Landgericht Mannheim gegen die Erben des verstorbenen Praxisinhabers erhobenen Zahlungsklage (2 O 319/99) wurde - nachdem die Klägerin der gerichtlichen Anregung, einen Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung gemäß § 70 i.V.m. § 69 StBerG bei der Steuerberaterkammer zu stellen, nicht näher getreten war - ein Sachverständigengutachten bei der Steuerberaterkammer eingeholt. Dieses kam im Ergebnis zu einem reduzierten Stundenansatz von 1.732,5 Stunden und errechnete damit eine angemessene Vergütung in Höhe von 256.236,75 DM.
Nachdem der zuständige Einzelrichter infolge eines eingetretenen Berichterstatterwechsels ausgetauscht worden war, wies das Landgericht darauf hin, dass die Höhe der Vergütung nach vorläufiger Rechtsauffassung des Gerichts nur durch Festsetzung der Steuerberaterkammer bestimmt werden könne. Den daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag auf Festsetzung der angemessenen Vergütung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11.04.2005 ab. Für eine Festsetzung der Abwicklervergütung durch die Steuerberaterkammer sei kein Raum, weil § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG nicht die Fälle betreffe, in denen - wie hier - die Bestellung des Praxisabwicklers auf Antrag der Erben erfolgt sei. Mit Schreiben vom 20.04.2005 erinnerte die Klägerin hiergegen, dass die Bestellung des Praxisabwicklers nach § 70 StBerG stets von Amts wegen erfolge und die Frage, ob dies auf Antrag der Erben erfolge, daher keine ausschlaggebende Bedeutung haben könne. Durch Schriftsatz vom 17.06.2005 bekräftigte die Beklagte indes ihre Rechtsauffassung und hielt an der Ablehnung fest.
Mit Schreiben vom 29.06.2005 wandte sich das Landgericht daraufhin an das Finanzministerium Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde der Beklagten, welches unter dem 04.08.2005 ausführte, es teile die Rechtsauffassung des Landgerichts. Die Steuerberaterkammer habe gemäß § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG auf Antrag die Vergütung festzusetzen; eine Differenzierung für die Fälle, in denen die Bestellung „auf Antrag“ erfolgt, sehe das Gesetz nicht vor. Aus der Festsetzung folge überdies, dass die Beklagte für diese Vergütung wie ein Bürge hafte. Unter Hinweis auf dieses Schreiben des Finanzministeriums beantragte die Klägerin am 11.08.2005 erneut die Festsetzung der angemessenen Abwicklungsvergütung und bezifferte diese auf 131.011,77 EUR zuzüglich Zinsen. Die Beklagte hielt mit Schreiben vom 29.08.2005 jedoch daran fest, dass im vorliegenden Fall eine Festsetzungsverpflichtung nicht bestehe. Nachdem das Finanzministerium sich unter dem 07.09.2005 direkt an die Beklagte gewandt hatte, widersprach diese der Rechtsauffassung des Ministerium durch Schriftsatz vom 19.09.2005. Mit Schreiben vom 04.11.2005 teilte das Finanzministerium der Beklagten daraufhin mit, aus Sicht des Finanzministeriums könne festgestellt werden, dass der von der Steuerberaterkammer bestellte Praxisabwickler nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG Anspruch auf eine angemessene Vergütung habe. Im vorliegenden Fall erscheine es dem Finanzministerium angemessen, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Die Beklagte werde gebeten, unter Beachtung der vorstehenden Kriterien die Abwicklervergütung festzusetzen.
Mit Bescheid vom 11.11.2005 setzte die Beklagte daraufhin die Höhe der angemessenen Vergütung auf 30.000,-- EUR fest. Zwar sei sie in Ansehung der besonderen Umstände nach wie vor der Auffassung, dass eine Verpflichtung zur Festsetzung der angemessenen Vergütung nicht bestehe; im Interesse des Fortgangs der Angelegenheit habe das Präsidium dessen ungeachtet entschieden, der Bitte des Finanzministeriums zu entsprechen und eine Festsetzung vorzunehmen. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung sei von einer Tätigkeitsdauer von sechs Monaten auszugehen, weil die Tätigkeit spätestens mit der Aufgabe von Verkaufsinseraten als abgeschlossen anzusehen sei. Auch hinsichtlich der Bemessung habe sich die Beklagte an dem Hinweis im Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 orientiert, der auf den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsatz zurückgehe, dass zwischen der Vergütung des Abwicklers und der von diesem im Zusammenhang mit der Abwicklung gemachten Aufwendungen unterschieden werden müsse. Nur für die Festsetzung der erstgenannten Vergütung des Abwicklers selbst sei die Kammer zuständig. Das insoweit anzusetzende durchschnittliche Monatsgehalt eines angestellten Steuerberaters liege ausweislich einer im Jahr 1999 durchgeführten Umfrage bei ungefähr 5.000,-- EUR, sodass sich ein Gesamtbetrag von 30.000,-- EUR ergebe. Eine Rechtsmittelbelehrung war dem Bescheid nicht beigefügt.
Mit Verfügung vom 18.11.2005 wies das Landgericht darauf hin, dass die Festsetzung der Abwicklervergütung ausweislich der vom Finanzministerium in seiner Stellungnahme beigefügten Kopie des StBerG-Kommentars vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden könne. Mit Schriftsatz vom 30.11.2005 teilte die Klägerin daraufhin mit, am Bestehen des Verwaltungsrechtswegs bestünden Bedenken; darüber hinaus habe die Steuerberaterkammer zwischen der eigentlichen Abwicklungsvergütung einerseits und dem der Klägerin darüber hinaus gemäß § 69 Abs. 2 StBerG i.V.m. § 670 BGB zustehenden Aufwendungsersatz unterschieden. Jedenfalls der Anspruch auf Aufwendungsersatz falle in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Auch der Vergütungsanspruch insgesamt richte sich aber gegen die zivilrechtlich Beklagten, weil das Rechtsverhältnis zwischen ihnen - trotz amtlicher Bestellung - privatrechtlicher Natur sei. Für Streitigkeiten zwischen der Klägerin und den Erben des Vertretenen sei daher ausschließlich die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig. Öffentlich-rechtlich geregelt sei dagegen nur das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Steuerberaterkammer. Die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Vergütung erfolge durch die Steuerberaterkammer mittels Verwaltungsakt, der allerdings der Klägerin nicht die Möglichkeit gebe, unmittelbar gegen die zivilrechtlich Beklagten vorzugehen. Insoweit verbleibe es vielmehr beim ordentlichen Rechtsweg, sodass die Klägerin in jedem Fall einen vollstreckbaren Titel gegen die zivilrechtlich Beklagten benötige. Das angerufene Landgericht sei auch befugt, die offensichtlich fehlerhaft erfolgte Vergütungsfestsetzung der Steuerberaterkammer zu korrigieren; vertrete man eine andere Auffassung, müsse zunächst das Verwaltungsgericht angerufen und die Steuerberaterkammer im Wege der Verpflichtungsklage zur ordnungsgemäßen Festsetzung der Abwicklungsvergütung verpflicht werden. Auch die auf diesem Wege festgesetzte Vergütung müsse dann aber - neben den Aufwendungsersatzansprüchen - vor dem Landgericht weiterverfolgt und tituliert werden. Da der am 15.11.2005 zugestellte Festsetzungsbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalte, könne insoweit gemäß § 58 VwGO Klage beim Verwaltungsgericht noch binnen Jahresfrist erhoben werden. Angesichts der Tatsache, dass das Verfahren bereits seit sechs Jahren anhängig sei, werde aber um möglichst zeitnahe Rechtswegentscheidung gebeten.
Nachdem die Bemühungen des Landgerichts eine vergleichsweise Einigung herbeizuführen von den zivilrechtlich Beklagten mit Schriftsatz vom 12.04.2006 endgültig abgelehnt worden waren, erhob die Klägerin am 27.04.2006 die streitgegenständliche Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2005 auf 139.746,-- EUR zuzüglich Zinsen festzusetzen. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, die Beklagte selbst sei in dem für das Landgericht Mannheim angefertigten Sachverständigengutachten vom 19.11.2003 von einer Vergütung in Höhe von 131.011,77 EUR ausgegangen. An diese Feststellungen sei sie auch im Rahmen der Festsetzung nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 StBerG gebunden. Die im angefochtenen Bescheid vom 11.11.2005 vorgenommene Herabsetzung von mehr als 100.000,-- EUR gehe ersichtlich auf den Hinweis des Finanzministeriums zurück, die Steuerberaterkammer habe für die festgesetzte Vergütung wie ein Bürge zu haften. Die Beklagte habe mithin ein ureigenes Interesse daran, die Vergütung im Rahmen der Festsetzung so gering wie möglich zu halten. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe die Bestimmung der angemessenen Vergütung jedoch nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer, sondern unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Soweit die Beklagte vorgetragen habe, im Gutachten vom 19.11.2003 seien auch Aufwendungsersatzansprüche mitberücksichtigt, treffe dies nicht zu.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat insbesondere erwidert, die Klage erweise sich mangels Durchführung des nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig. Hieran ändere auch das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung nichts, weil § 58 Abs. 2 VwGO insoweit lediglich eine Fristverlängerung, nicht aber den Verzicht auf die Notwendigkeit der Durchführung des Vorverfahrens anordne. Nur fürsorglich und unter ausdrücklicher Klarstellung, dass damit ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens nicht verbunden sei, nahm die Beklagte auch zur Begründetheit der Klage Stellung. Materiell stehe dem Anspruch auf Höhersetzung der Vergütung eine Verletzung der der Klägerin obliegenden Nebenpflichten entgegen. Denn sie habe sich ohne Abstimmung mit der Beklagten in ganz erheblichem Umfang in die Arbeit „gestürzt“, obwohl nach ihren eigenen Darstellungen auf der Hand gelegen habe, dass die Abwicklungstätigkeit aus den Erträgen der Kanzlei bzw. aus dem Verkauf der Praxis nicht zu vergüten sein würde. Diese Vorgehensweise stehe auch im Widerspruch zu den Hinweisen der Bundessteuerberaterkammer zur Tätigkeit des Steuerberaters als Praxisabwickler vom 06./07.07.1998, wonach vor Aufnahme der Tätigkeit des Praxisabwicklers dieser mit einem Vertreter der Steuerberaterkammer durch vorherige Inaugenscheinnahme den voraussichtlichen arbeitsmäßigen und finanziellen Umfang der zu erledigenden Praxisabwicklung abzuschätzen habe. Darüber hinaus sei Gegenstand der angegriffenen Festsetzung lediglich die Vergütung des Abwicklers selbst, nicht aber die von diesem geltend gemachten (Personal-)Aufwendungen. Hierfür fehle es vielmehr bereits an einer Zuständigkeit der Steuerberaterkammer, wie sich aus dem in § 69 Abs. 2 Satz 3 StBerG angeordneten Verweis auf § 670 BGB ergebe.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 15.03.2007 als unzulässig abgewiesen, weil es an dem nach § 68 VwGO erforderlichen Vorverfahren fehle. Die Durchführung des Vorverfahrens sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 11.11.2005 führe lediglich zu einer Verlängerung der Widerspruchsfrist, nicht aber zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens selbst. Auch die sachliche Einlassung auf die Klage mache die Durchführung des Vorverfahrens nicht entbehrlich, weil sich die Beklagte nicht vorbehaltlos zur Sache eingelassen, sondern ausdrücklich nur hilfsweise zur Begründung Stellung genommen habe. Schließlich könne auch im Hinblick auf die Zweckstellung des Widerspruchsverfahrens nicht von einer Entbehrlichkeit ausgegangen werden, weil das Verhalten der Widerspruchsbehörde für die Feststellung nicht ausreiche, dass die Durchführung des Vorverfahrens ohnehin sinnlos gewesen wäre. Denn in den vorangegangenen Stellungnahmen habe lediglich die Frage im Vordergrund gestanden, ob eine Festsetzung überhaupt stattzufinden habe. Ausführungen zur Höhe der angemessenen Höhe dagegen seien erstmals im Bescheid vom 11.11.2005 getroffen worden, sodass insoweit eine Vorfestlegung der Widerspruchsbehörde nicht ersichtlich sei. Auch aus der Befassung des Finanzministeriums ergebe sich keine andere Beurteilung, weil das Schreiben vom 04.11.2005 lediglich eine Empfehlung oder Bitte enthalten habe.
11 
Die Klägerin hat hiergegen die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die Durchführung eines Vorverfahrens habe angesichts der Tatsache, dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde hier identisch seien, eine reine Förmelei bedeutet. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Beklagte über Jahre hinweg mit der Angelegenheit befasst gewesen sei und ihre Einschätzung wiederholt zum Ausdruck gebracht habe. Dementsprechend habe sie auch in der Klageerwiderung an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass bereits die Dienstaufsichtsbehörde ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht habe, sodass im Ergebnis ein Gang zum Gericht ohnehin nicht zu vermeiden gewesen sei. Schließlich könne nicht unerwähnt bleiben, dass die Beklagte durch ihr fehlerhaftes Verhalten den Rechtsstreit verursacht habe und ihren Auskunfts-, Hinweis- und Fürsorgepflichten nicht nachgekommen sei. Angesichts der Gesamtumstände liege daher eine Fallgruppe vor, bei der sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine nochmalige Anrufung der Behörde erübrige. Danach reiche es aus, wenn die Widerspruchsbehörde auch außerhalb eines förmlichen Widerspruchsverfahrens unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen wolle. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als es sich bei der „Bitte“ des Finanzministeriums faktisch gesehen um eine als Anordnung zu wertende dienstaufsichtliche Anweisung gehandelt habe.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 - 9 K 1149/06 - zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin zustehende angemessene Vergütung für die Praxisabwicklung unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2005 auf 139.746,-- EUR zuzüglich Zinsen festzusetzen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, die konkrete Fallgestaltung sei mit den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens nicht vergleichbar. Ein abweichendes Ergebnis könne auch nicht aus dem Schreiben des Finanzministeriums gefolgert werden. Eine verbindliche Anordnung könne darin allenfalls insoweit erblickt werden, als es um die Festsetzung der Abwicklervergütung überhaupt gehe. Der dabei anzuwendende Maßstab und damit auch die Höhe der festgesetzten Vergütung aber falle in den Bereich der Zweckmäßigkeitserwägungen, der im hier vorliegenden Bereich der Selbstverwaltung nicht der auf Rechtsaufsicht beschränkten Kontrolle durch das Finanzministerium unterliege. Schließlich müsse auch darauf hingewiesen werden, dass die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung vom 08.06.2006 auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen habe. Die Klägerin habe aber gleichwohl auf die Einlegung eines fürsorglichen Widerspruchs verzichtet, obwohl die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO noch nicht verstrichen gewesen sei. Sie habe daher nun die Folgen ihrer Beharrung zu tragen.
17 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie die Akten des Zivilrechtsstreits vor dem Landgericht Mannheim (2 O 319/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Zulässigkeitsanforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechende Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Es fehlt an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren (I.). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor (II.). Dies gilt auch in Ansehung des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2005 (III.).
I.
19 
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.
20 
1. Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Aufhebung des von der Beklagten unter dem 11.11.2005 erlassenen Festsetzungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, die der Klägerin zustehende Vergütung auf 139.746,-- EUR auszusprechen.
21 
Die danach begehrte Festsetzung der angemessenen Vergütung eines von der Steuerberaterkammer bestellten Praxisabwicklers nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG stellt einen Verwaltungsakt dar. Sie beinhaltet die unmittelbare Ausgestaltung des Rechtverhältnisses zwischen dem Praxisabwickler und den Erben des durch ihn Vertretenen und löst darüber hinaus die in § 69 Abs. 4 Satz 7 StBerG angeordnete Bürgenhaftung der Berufskammer aus. Das Begehren, die Vergütung auf eine bestimmte, von der Steuerberaterkammer bislang unterlassene Höhe festzusetzen, ist daher auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Statthafte Klageart hierfür ist die - von der Klägerin auch erhobene - Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
22 
2. Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ein Vorverfahren durchzuführen.
23 
a) Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO benannten Ausnahmekonstellationen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, liegt nicht vor.
24 
b) Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens wird durch die Tatsache, dass die Steuerberaterkammer selbst zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufen ist, nicht beeinträchtigt.
25 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt in Selbstverwaltungsangelegenheiten grundsätzlich die Selbstverwaltungsbehörde selbst den Widerspruchsbescheid. Da die Aufsicht über die Tätigkeit der Steuerberaterkammern gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG auf die Beachtung der Rechtsvorgaben beschränkt ist, liegt eine Selbstverwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vor (vgl. auch Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl. 2005, § 88 RdNr. 5). Der im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs zu erlassende Widerspruchsbescheid ist daher gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO von der Steuerberaterkammer zu erlassen.
26 
Diese Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde führt jedoch nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Dies ergibt sich bereits aus den eindeutigen Festlegungen des Gesetzes, denn andernfalls wäre die Zuständigkeitsbestimmung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - ebenso wie diejenige in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und die Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 3 VwGO - überflüssig. Die Zuständigkeitsbestimmung der genannten Vorschriften belegt vielmehr, dass die Identität von Erlass- und Widerspruchsbehörde nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
27 
Eine abweichende Regelung ist in Baden-Württemberg gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 6a Satz 1 AGVwGO zwar vorgeschrieben, wenn das Regierungspräsidium als Ausgangsbehörde zuständig ist. Eine entsprechende Regelung für Selbstverwaltungsangelegenheiten im Allgemeinen oder die Steuerberaterkammer im Besonderen findet sich dagegen nicht.
28 
c) Eine Ausnahme von der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Erforderlichkeit des Vorverfahrens folgt auch nicht daraus, dass dem Bescheid der Beklagten vom 11.11.2005 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war und somit auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist.
29 
Die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO geregelt. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Durchführung des Vorverfahrens durch eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung überflüssig oder entbehrlich werden könnte, ist dort nicht getroffen. Über die in § 58 VwGO angeordneten Folgen hinaus entfaltet die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung indes grundsätzlich keine Wirkungen; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in § 58 VwGO vielmehr abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2/93 -, BVerwGE 95, 321).
30 
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn man - obwohl eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird - die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung als Ursache des Versäumnisses bewertete. Zwar könnte das Fehlen der Widerspruchserhebung dann möglicherweise ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Die insoweit denkbare Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die hierfür einzuhaltende Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt hat und mittlerweile auch die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstrichen ist. Denn das fehlende Vorverfahren war der Klägerin spätestens mit Zugang des Klagerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 08.06.2006 bekannt.
II.
31 
Die Durchführung des Vorverfahrens war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
32 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und dem Widerspruch abzuhelfen, falls sie die Einwendungen für berechtigt ansehe. Diesem Zweck sei auch Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen will. Auch in dieser Konstellation habe sich die Behörde mit der Sache befasst und darüber entschieden, sodass der Zweck des Vorverfahrens erfüllt sei (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507).
33 
Nicht sicher entnommen werden kann der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes, ob die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens auch dann angenommen werden kann, wenn sich der Beklagte auf das Fehlen der Vorverfahren ausdrücklich berufen und zur Sache nur hilfsweise eingelassen hat. Während sich in einigen Entscheidungen - insbesondere des 2. Senats - die Feststellung findet, Entbehrlichkeit durch sachliche Einlassung liege vor, obwohl sich der Beklagte im Verwaltungsprozess ausdrücklich auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502; Urteil vom 09.05.1985 - 2 C 16/83 -, NVwZ 1986, 374; wohl auch Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507: „zumindest hilfsweise für in der Sache unbegründet erklärt“), findet sich in anderen Entscheidungen der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.1989 - 8 B 39/89 -, Buchholz 310 § 68 Nr. 35). Auch die jüngste ersichtliche Entscheidung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts scheint in diese Richtung zu tendieren, weil dort ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass sich der Beklagte nicht auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14/98 -, DVBl. 2000, 485).
34 
In der Kommentarliteratur wird die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt (vgl. etwa Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Großkommentar, § 68 RdNr. 29; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 28; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 29 m.w.N.).
35 
Auch der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass bei ausdrücklicher Berufung auf die fehlende Durchführung des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Sacheinlassung kein ausreichender Grund dafür ersichtlich ist, von dem in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Es sprechen bereits gute Gründe dafür, das von der Verwaltungsgerichtsordnung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmekonstellationen als verpflichtend anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass die zur Entscheidung über den Widerspruchsbescheid einerseits und zur Abfassung der Klageerwiderung andererseits zuständige Stelle vielfach nicht identisch ist und auch dem Kläger damit die im Gesetz angelegte Prüfung einer weiteren, regelmäßig übergeordneten (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) Behörde genommen wird. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass eine ergebnisoffene Nachprüfung im Rahmen der Erwiderung auf eine bereits anhängig gemachte Klage regelmäßig nicht mehr stattfinden wird; jedenfalls nicht mehr in der gleichen Weise wie in der von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehenen, noch von Prozesserwägungen unabhängigen Station. Jedenfalls aber setzt die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit nach Auffassung des Senats eine entsprechende Disposition der Beklagten voraus. Diese fehlt indes in Konstellationen, in denen - wie hier - auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens kann in diesem Prozessverhalten bei objektiver Betrachtungsweise nicht gesehen werden.
36 
Schließlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum in der Berufung auf eine gesetzlich angeordnete Sachurteilsvoraussetzung ein „schwer verständlicher Formalismus“ liegen könnte. Zwar liegt in dem in § 68 ff. VwGO angeordneten Vorverfahren zweifellos eine „formale“ Zulässigkeitshürde. Diese erscheint im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke jedoch nicht schwerer verständlich, als etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Fristen oder anderer Zulässigkeitserfordernisse. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die erneute und vertiefte Befassung einer regelmäßig der Erlassbehörde übergeordneten Verwaltungsinstanz - auch im Interesse des Widerspruchsführers, der mit dem Widerspruchsverfahren ein kostengünstiges und „niederschwelliges“ Rechtsschutzsystem erhält - im Gegensatz zu anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann.
37 
Der Umstand, dass sich die Beklagte hier hilfsweise auch zur Sache eingelassen hat, vermag daher nichts daran zu ändern, dass es an der in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.
38 
2. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweist sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als „unabänderlich“ erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen sei.
39 
Allerdings sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus Entscheidungen ersichtlich, nach denen die Durchführung des förmlichen Vorverfahrens entbehrlich sein soll, wenn sich die ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde bereits aus einer anderweitigen Sachbefassung ergibt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.09.1980 - 1 C 89/79 -, BVerwGE 61, 40; Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15/92 -, NVwZ 1995, 76). Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation einer Selbstverwaltungsbehörde übertragen werden kann, erscheint indes - unabhängig von den bereits dargelegten Bedenken an der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens an sich - deshalb zweifelhaft, weil diese Situation angesichts der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO angeordneten Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bei Selbstverwaltungskörperschaften regelmäßig und typischerweise vorliegen dürfte. Es wäre mit der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO enthaltenen gesetzgeberischen Anordnung, die gerade von der Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgeht, indes schwer zur vereinbaren, eine Auslegung zu wählen, die regelmäßig zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
40 
Die Frage kann hier jedoch dahinstehen, weil es an einer sachlichen Befassung der Beklagten mit der zutreffenden Höhe der nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG festzusetzenden Vergütung außerhalb des angefochtenen Ausgangsbescheides fehlt. Die vorangegangene - im Übrigen zwar wiederholte, im Ergebnis dann aber doch geänderte - Befassung der Beklagten bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob überhaupt eine Pflicht der Beklagten besteht, auch im Falle der Klägerin eine angemessene Vergütung festzusetzen. Hinsichtlich der in diesem Verfahren allein streitigen Höhe hat sich die Beklagte dagegen gegenüber der Klägerin nie geäußert. Angesichts der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bedurfte es hierzu auch keiner Ausführungen, weil von ihr bereits eine Verpflichtung dem Grunde nach bestritten worden ist. Die von der Klägerin mit der vorliegenden Verpflichtungsklage primär angegriffene Höhe der festgesetzten Vergütung auf 30.000,-- EUR findet sich erstmals im Bescheid vom 11.11.2005. Weder hinsichtlich des zum Maßstab herangezogenen durchschnittlichen Monatsgehalts eines angestellten Steuerberaters noch zu der insoweit angesetzten Höhe von 5.000,-- EUR noch zu der angenommenen Tätigkeitsdauer von sechs Monaten hatte es zuvor zwischen der Klägerin und der Beklagten einen Schriftwechsel gegeben. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Position der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und deren Modalitäten dergestalt vorgefestigt und verhärtet gewesen sein sollte, dass ein Widerspruchsverfahren hierzu von vornherein sinnlos hätte erscheinen müssen. Auch in Bezug auf den Zweck des Vorverfahrens kann hier daher nicht von einer - außergesetzlichen - Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgegangen werden.
III.
41 
Auch die Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg rechtfertigen es schließlich nicht, die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage abweichend von § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten.
42 
1. Allerdings ist zuzugeben, dass die Durchführung eines Vorverfahrens materiell sinnlos erscheint, wenn in derselben Angelegenheit bereits eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde vorliegen sollte. Denn in diesen Fallkonstellationen besteht die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit im Widerspruchsverfahren nicht mehr, sodass die Durchführung weder für den Kläger noch aus Behördenperspektive einen Sinn ergibt und das Prozedere daher als zweckentfremdete Formalie erscheint (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502).
43 
2. Auch diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, weil eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der hier streitigen Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliegt.
44 
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich dies indes nicht bereits daraus, dass die Vergütungsfestsetzung eine Selbstverwaltungsangelegenheit darstelle und der Aufsicht daher gar nicht zugänglich wäre. Nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG hat die Steuerberaterkammer auf Antrag die Vergütung festzusetzen, die gemäß § 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG angemessen zu sein hat. Die Bestimmung der Vergütung steht damit nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer; der Begriff der angemessenen Vergütung ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.1992 - AnwZ (B) 27/92 -, NJW 1993, 1334 für die gleichlautende Vorschrift in § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO; VG Frankfurt, Urteil vom 15.03.2006 - 12 E 300/05 -). Ein Selbstverwaltungs- oder Ermessensbereich, der der in § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG angeordneten Rechtsaufsicht des Finanzministeriums entzogen sein könnte, liegt damit nicht vor.
45 
b) Dem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg kann indes keine verbindliche Weisung entnommen werden, aus der sich die Sinnlosigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ergeben könnte.
46 
aa) Zu Recht hat die Klägerin allerdings darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 nicht lediglich eine „Empfehlung bzw. Bitte“ darstellt, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung „unter Beachtung der vorstehenden Kriterien“ festzusetzen. Bereits der Erklärungsgehalt des Schreibens für sich genommen lässt daher kaum Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene Bitte verbindlich gemeint ist und die Aufsichtsbehörde im Falle der Weigerung ihrem Anliegen durch eine Anordnung nach § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG Nachdruck verleihen würde.
47 
Der verbindliche „Aufsichtscharakter“ des Schreibens wird aber insbesondere bei Berücksichtigung der Vorgeschichte deutlich. Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Finanzministerium dem Landgericht Mannheim auf dessen Anfrage hin mitgeteilt, auch das Finanzministerium teile die Auffassung, dass die Steuerberaterkammer zur Festsetzung der umstrittenen Vergütung verpflichtet sei. Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Spielraum für andere Interpretationen entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die recht deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung nach außen hin festgelegt hat, spricht sehr deutlich dafür, dass die „Empfehlung“ der Beklagten gegenüber mit hoher Verbindlichkeit ausgesprochen worden ist. Dies wird schließlich auch durch das Schreiben des Finanzministeriums vom 07.09.2005 bestätigt, in dem es der Beklagten gegenüber wiederholt und bekräftigt, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Die in dem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die „Staatsaufsicht“, auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte und auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium lassen am Durchsetzungswillen wenig Zweifel.
48 
Das Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 musste von der Beklagten daher als verbindlich betrachtet werden; tatsächlich hat sie sich im Bescheid vom 11.11.2005 - wenn auch unter Bekräftigung der fortbestehenden gegenteiligen Rechtsauffassung - dem Druck denn auch gebeugt und die umstrittene Vergütungsfestsetzung vorgenommen.
49 
bb) Die inhaltliche Reichweite des vom Finanzministerium verbindlich Vorgegebenen bezieht sich jedoch nicht auf die im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung, sondern lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen.
50 
Allein diese Frage war Gegenstand des an das Landgericht gerichteten Schreibens vom 04.08.2005 und damit der außenwirksamen Festlegung des Finanzministeriums. Auch das an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 07.09.2005 betrifft inhaltlich nur die Frage, ob die Beklagte auch in den Fällen, in denen die Bestellung auf Antrag der Erben erfolgt, zur Vergütungsfestsetzung verpflichtet ist. Schließlich ist diese Verpflichtung dem Grunde nach ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 04.11.2005 auch der Gegenstand der Besprechung vom 25.10.2005 gewesen.
51 
Allerdings enthält das Schreiben vom 04.11.2005 auch Hinweise zur höhenmäßigen Festsetzung der streitigen Vergütung. Zum einen wird „aus Sicht des Finanzministeriums“ festgestellt, dass die Abwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Verkaufsanzeigen abgeschlossen war. Zum anderen führt das Finanzministerium am Ende aus, dass es im vorliegenden Fall angemessen erscheine, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Diese Erwägungen zur Maßstabsbildung sind durch das Finanzministerium indes neu aufgegriffen und gehen ersichtlich auf die Stellungnahme der Beklagten vom 19.09.2005 zurück. Anlass für die Aufsichtsbehörde, insoweit mit Nachdruck oder Verbindlichkeit aufzutreten, bestand insoweit daher schon deshalb nicht; vielmehr wurden im Wesentlichen nur die Vorschläge der Beklagten aufgegriffen. In dieser Frage hatte auch eine Vorfestlegung des Finanzministeriums bislang nicht stattgefunden. Dementsprechend erweist sich das Schreiben im Hinblick auf die Maßstäbe der Höhenbestimmung auch sprachlich deutlich zurückhaltender abgefasst. Die fehlende Verbindlichkeit der Ausführungen zur Maßstabsbildung bestätigt schließlich auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 17.11.2005 an die Klägerin, in dem ausgeführt wird, das Ministerium habe im Schreiben vom 04.11.2005 „einen möglichen Bemessungsmaßstab“ für die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgezeigt.
52 
Nach dem objektiven Erklärungsgehalt der vorliegenden Schreiben und deren Entstehungsgeschichte kann daher nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich der im Schreiben vom 04.11.2005 erwähnten Maßstäbe eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist. Dass insoweit ein weiteres Tätigwerden der Beklagten erforderlich war, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass jedenfalls die Höhe der Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters von keiner Seite beziffert worden war.
53 
cc) Angesichts der Gesamtumstände hält der Senat das Tätigwerden des Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde daher hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, überhaupt eine angemessene Vergütung festzusetzen, für dergestalt verbindlich, dass eine eigenständige Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde nicht mehr angenommen werden kann und das Widerspruchsverfahren daher „zwecklos“ erscheinen mag. Gleiches gilt indes nicht für die im Bescheid vom 11.11.2005 festgesetzte Höhe der angemessenen Vergütung, die allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch insoweit hat das Finanzministerium im Schreiben vom 04.11.2005 zwar Hinweise gegeben; diese sind jedoch nicht nur inhaltlich unvollständig, sie werden vielmehr auch ersichtlich nicht vom unbedingten Durchsetzungswillen der Aufsichtsbehörde getragen. Es erscheint daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch die Aufsichtsbehörde bei einer nachfolgenden Abweichung der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von der Durchsetzung der Maßstäbe Abstand genommen hätte. Auch im Hinblick auf die mögliche Fallgruppe der Entbehrlichkeit bei bereits manifest gewordenem, unabänderlichem Willen der Aufsichtsbehörde kann hier daher nicht von der „Zwecklosigkeit“ des Vorverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Klägerin zwar die Jahresfrist aus § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Auge behalten, die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens aber nicht beachtet hat (vgl. dazu bereits die Hinweise auf die Möglichkeit der Klageerhebung binnen Jahresfrist im Schriftsatz vom 30.11.2005 im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim).
IV.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55 
Die Revision wird zugelassen, weil die in dem Rechtsstreit zu entscheidende Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmetatbestände grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
56 
Beschluss vom 4. März 2009
57 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 109.746,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
18 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Zulässigkeitsanforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechende Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Es fehlt an dem gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahren (I.). Eine Fallkonstellation, in der die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als ausnahmsweise entbehrlich bewertet werden könnte, liegt nicht vor (II.). Dies gilt auch in Ansehung des Schreibens des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2005 (III.).
I.
19 
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.
20 
1. Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Aufhebung des von der Beklagten unter dem 11.11.2005 erlassenen Festsetzungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, die der Klägerin zustehende Vergütung auf 139.746,-- EUR auszusprechen.
21 
Die danach begehrte Festsetzung der angemessenen Vergütung eines von der Steuerberaterkammer bestellten Praxisabwicklers nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG stellt einen Verwaltungsakt dar. Sie beinhaltet die unmittelbare Ausgestaltung des Rechtverhältnisses zwischen dem Praxisabwickler und den Erben des durch ihn Vertretenen und löst darüber hinaus die in § 69 Abs. 4 Satz 7 StBerG angeordnete Bürgenhaftung der Berufskammer aus. Das Begehren, die Vergütung auf eine bestimmte, von der Steuerberaterkammer bislang unterlassene Höhe festzusetzen, ist daher auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Statthafte Klageart hierfür ist die - von der Klägerin auch erhobene - Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
22 
2. Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage ist gemäß § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ein Vorverfahren durchzuführen.
23 
a) Eine der in § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO benannten Ausnahmekonstellationen, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, liegt nicht vor.
24 
b) Die Erforderlichkeit des Vorverfahrens wird durch die Tatsache, dass die Steuerberaterkammer selbst zum Erlass des Widerspruchsbescheids berufen ist, nicht beeinträchtigt.
25 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt in Selbstverwaltungsangelegenheiten grundsätzlich die Selbstverwaltungsbehörde selbst den Widerspruchsbescheid. Da die Aufsicht über die Tätigkeit der Steuerberaterkammern gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG auf die Beachtung der Rechtsvorgaben beschränkt ist, liegt eine Selbstverwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vor (vgl. auch Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl. 2005, § 88 RdNr. 5). Der im Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchs zu erlassende Widerspruchsbescheid ist daher gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO von der Steuerberaterkammer zu erlassen.
26 
Diese Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde führt jedoch nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Dies ergibt sich bereits aus den eindeutigen Festlegungen des Gesetzes, denn andernfalls wäre die Zuständigkeitsbestimmung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO - ebenso wie diejenige in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und die Anordnung in § 73 Abs. 1 Satz 3 VwGO - überflüssig. Die Zuständigkeitsbestimmung der genannten Vorschriften belegt vielmehr, dass die Identität von Erlass- und Widerspruchsbehörde nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
27 
Eine abweichende Regelung ist in Baden-Württemberg gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 6a Satz 1 AGVwGO zwar vorgeschrieben, wenn das Regierungspräsidium als Ausgangsbehörde zuständig ist. Eine entsprechende Regelung für Selbstverwaltungsangelegenheiten im Allgemeinen oder die Steuerberaterkammer im Besonderen findet sich dagegen nicht.
28 
c) Eine Ausnahme von der in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Erforderlichkeit des Vorverfahrens folgt auch nicht daraus, dass dem Bescheid der Beklagten vom 11.11.2005 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war und somit auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs nicht hingewiesen worden ist.
29 
Die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO geregelt. Eine Anordnung des Inhalts, dass die Durchführung des Vorverfahrens durch eine unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung überflüssig oder entbehrlich werden könnte, ist dort nicht getroffen. Über die in § 58 VwGO angeordneten Folgen hinaus entfaltet die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung indes grundsätzlich keine Wirkungen; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in § 58 VwGO vielmehr abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1994 - 11 C 2/93 -, BVerwGE 95, 321).
30 
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn man - obwohl eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung von der Rechtsprechung nicht anerkannt wird - die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung als Ursache des Versäumnisses bewertete. Zwar könnte das Fehlen der Widerspruchserhebung dann möglicherweise ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Die insoweit denkbare Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die hierfür einzuhaltende Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt hat und mittlerweile auch die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstrichen ist. Denn das fehlende Vorverfahren war der Klägerin spätestens mit Zugang des Klagerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 08.06.2006 bekannt.
II.
31 
Die Durchführung des Vorverfahrens war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
32 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und dem Widerspruch abzuhelfen, falls sie die Einwendungen für berechtigt ansehe. Diesem Zweck sei auch Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen will. Auch in dieser Konstellation habe sich die Behörde mit der Sache befasst und darüber entschieden, sodass der Zweck des Vorverfahrens erfüllt sei (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507).
33 
Nicht sicher entnommen werden kann der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes, ob die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens auch dann angenommen werden kann, wenn sich der Beklagte auf das Fehlen der Vorverfahren ausdrücklich berufen und zur Sache nur hilfsweise eingelassen hat. Während sich in einigen Entscheidungen - insbesondere des 2. Senats - die Feststellung findet, Entbehrlichkeit durch sachliche Einlassung liege vor, obwohl sich der Beklagte im Verwaltungsprozess ausdrücklich auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502; Urteil vom 09.05.1985 - 2 C 16/83 -, NVwZ 1986, 374; wohl auch Urteil vom 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, NVwZ 1984, 507: „zumindest hilfsweise für in der Sache unbegründet erklärt“), findet sich in anderen Entscheidungen der gegenteilige Hinweis, wonach die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens wegen sachlicher Einlassung ausgeschlossen sei, wenn der Beklagte in der Klageerwiderung zwar Ausführungen zur Sache mache, zugleich aber das Fehlen eines Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.1989 - 8 B 39/89 -, Buchholz 310 § 68 Nr. 35). Auch die jüngste ersichtliche Entscheidung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts scheint in diese Richtung zu tendieren, weil dort ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass sich der Beklagte nicht auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14/98 -, DVBl. 2000, 485).
34 
In der Kommentarliteratur wird die Auffassung, die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens könne bereits durch die hilfsweise Einlassung zur Sache geheilt und die Berufung auf die fehlenden Zulässigkeitsvoraussetzungen damit unbeachtlich werden, einhellig abgelehnt (vgl. etwa Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Großkommentar, § 68 RdNr. 29; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 29; Geis, in: Sodan/Ziekow, Nomos-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 162; Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 28; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 68 RdNr. 29 m.w.N.).
35 
Auch der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass bei ausdrücklicher Berufung auf die fehlende Durchführung des Vorverfahrens und lediglich hilfsweiser Sacheinlassung kein ausreichender Grund dafür ersichtlich ist, von dem in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Durchführung einer Verpflichtungsklage zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren abzusehen. Es sprechen bereits gute Gründe dafür, das von der Verwaltungsgerichtsordnung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmekonstellationen als verpflichtend anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass die zur Entscheidung über den Widerspruchsbescheid einerseits und zur Abfassung der Klageerwiderung andererseits zuständige Stelle vielfach nicht identisch ist und auch dem Kläger damit die im Gesetz angelegte Prüfung einer weiteren, regelmäßig übergeordneten (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) Behörde genommen wird. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass eine ergebnisoffene Nachprüfung im Rahmen der Erwiderung auf eine bereits anhängig gemachte Klage regelmäßig nicht mehr stattfinden wird; jedenfalls nicht mehr in der gleichen Weise wie in der von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehenen, noch von Prozesserwägungen unabhängigen Station. Jedenfalls aber setzt die im Hinblick auf die Disponibilität des Widerspruchsverfahrens angenommene Entbehrlichkeit nach Auffassung des Senats eine entsprechende Disposition der Beklagten voraus. Diese fehlt indes in Konstellationen, in denen - wie hier - auch in der Klageerwiderung zunächst und ausdrücklich auf das fehlende Vorverfahren hingewiesen und deshalb Klagabweisung beantragt worden ist. Ein Verzicht der Beklagten auf die Durchführung des Vorverfahrens kann in diesem Prozessverhalten bei objektiver Betrachtungsweise nicht gesehen werden.
36 
Schließlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum in der Berufung auf eine gesetzlich angeordnete Sachurteilsvoraussetzung ein „schwer verständlicher Formalismus“ liegen könnte. Zwar liegt in dem in § 68 ff. VwGO angeordneten Vorverfahren zweifellos eine „formale“ Zulässigkeitshürde. Diese erscheint im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke jedoch nicht schwerer verständlich, als etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Fristen oder anderer Zulässigkeitserfordernisse. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die erneute und vertiefte Befassung einer regelmäßig der Erlassbehörde übergeordneten Verwaltungsinstanz - auch im Interesse des Widerspruchsführers, der mit dem Widerspruchsverfahren ein kostengünstiges und „niederschwelliges“ Rechtsschutzsystem erhält - im Gegensatz zu anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann.
37 
Der Umstand, dass sich die Beklagte hier hilfsweise auch zur Sache eingelassen hat, vermag daher nichts daran zu ändern, dass es an der in § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.
38 
2. Entgegen der von der Klägerin vorgebrachten Meinung erweist sich das Vorverfahren auch nicht deshalb als entbehrlich, weil sich die Einschätzung der Beklagten bereits als „unabänderlich“ erwiesen habe und die Durchführung eines Vorverfahrens daher zwecklos gewesen sei.
39 
Allerdings sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus Entscheidungen ersichtlich, nach denen die Durchführung des förmlichen Vorverfahrens entbehrlich sein soll, wenn sich die ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde bereits aus einer anderweitigen Sachbefassung ergibt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.09.1980 - 1 C 89/79 -, BVerwGE 61, 40; Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15/92 -, NVwZ 1995, 76). Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation einer Selbstverwaltungsbehörde übertragen werden kann, erscheint indes - unabhängig von den bereits dargelegten Bedenken an der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens an sich - deshalb zweifelhaft, weil diese Situation angesichts der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO angeordneten Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bei Selbstverwaltungskörperschaften regelmäßig und typischerweise vorliegen dürfte. Es wäre mit der in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO enthaltenen gesetzgeberischen Anordnung, die gerade von der Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgeht, indes schwer zur vereinbaren, eine Auslegung zu wählen, die regelmäßig zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens führt.
40 
Die Frage kann hier jedoch dahinstehen, weil es an einer sachlichen Befassung der Beklagten mit der zutreffenden Höhe der nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG festzusetzenden Vergütung außerhalb des angefochtenen Ausgangsbescheides fehlt. Die vorangegangene - im Übrigen zwar wiederholte, im Ergebnis dann aber doch geänderte - Befassung der Beklagten bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob überhaupt eine Pflicht der Beklagten besteht, auch im Falle der Klägerin eine angemessene Vergütung festzusetzen. Hinsichtlich der in diesem Verfahren allein streitigen Höhe hat sich die Beklagte dagegen gegenüber der Klägerin nie geäußert. Angesichts der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bedurfte es hierzu auch keiner Ausführungen, weil von ihr bereits eine Verpflichtung dem Grunde nach bestritten worden ist. Die von der Klägerin mit der vorliegenden Verpflichtungsklage primär angegriffene Höhe der festgesetzten Vergütung auf 30.000,-- EUR findet sich erstmals im Bescheid vom 11.11.2005. Weder hinsichtlich des zum Maßstab herangezogenen durchschnittlichen Monatsgehalts eines angestellten Steuerberaters noch zu der insoweit angesetzten Höhe von 5.000,-- EUR noch zu der angenommenen Tätigkeitsdauer von sechs Monaten hatte es zuvor zwischen der Klägerin und der Beklagten einen Schriftwechsel gegeben. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Position der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und deren Modalitäten dergestalt vorgefestigt und verhärtet gewesen sein sollte, dass ein Widerspruchsverfahren hierzu von vornherein sinnlos hätte erscheinen müssen. Auch in Bezug auf den Zweck des Vorverfahrens kann hier daher nicht von einer - außergesetzlichen - Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens ausgegangen werden.
III.
41 
Auch die Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg rechtfertigen es schließlich nicht, die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage abweichend von § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens für zulässig zu erachten.
42 
1. Allerdings ist zuzugeben, dass die Durchführung eines Vorverfahrens materiell sinnlos erscheint, wenn in derselben Angelegenheit bereits eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde vorliegen sollte. Denn in diesen Fallkonstellationen besteht die in § 72 VwGO vorgesehene Abhilfemöglichkeit im Widerspruchsverfahren nicht mehr, sodass die Durchführung weder für den Kläger noch aus Behördenperspektive einen Sinn ergibt und das Prozedere daher als zweckentfremdete Formalie erscheint (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.09.1988 - 1 C 3/85 -, DVBl. 1989, 252; Urteil vom 23.10.1980 - 2 A 4/78 -, DVBl. 1981, 502).
43 
2. Auch diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, weil eine verbindliche Weisung der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der hier streitigen Höhe der der Klägerin zustehenden Vergütung nicht vorliegt.
44 
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich dies indes nicht bereits daraus, dass die Vergütungsfestsetzung eine Selbstverwaltungsangelegenheit darstelle und der Aufsicht daher gar nicht zugänglich wäre. Nach § 70 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 4 Satz 5 StBerG hat die Steuerberaterkammer auf Antrag die Vergütung festzusetzen, die gemäß § 69 Abs. 4 Satz 4 StBerG angemessen zu sein hat. Die Bestimmung der Vergütung steht damit nicht im Ermessen der Steuerberaterkammer; der Begriff der angemessenen Vergütung ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.1992 - AnwZ (B) 27/92 -, NJW 1993, 1334 für die gleichlautende Vorschrift in § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO; VG Frankfurt, Urteil vom 15.03.2006 - 12 E 300/05 -). Ein Selbstverwaltungs- oder Ermessensbereich, der der in § 88 Abs. 3 Satz 1 StBerG angeordneten Rechtsaufsicht des Finanzministeriums entzogen sein könnte, liegt damit nicht vor.
45 
b) Dem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg kann indes keine verbindliche Weisung entnommen werden, aus der sich die Sinnlosigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ergeben könnte.
46 
aa) Zu Recht hat die Klägerin allerdings darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte gerichtete Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 nicht lediglich eine „Empfehlung bzw. Bitte“ darstellt, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn unbeschadet der höflich gehaltenen Formulierung wird die Beklagte darin durch ihre Aufsichtsbehörde aufgefordert, die Vergütung „unter Beachtung der vorstehenden Kriterien“ festzusetzen. Bereits der Erklärungsgehalt des Schreibens für sich genommen lässt daher kaum Zweifel daran aufkommen, dass die vom Finanzministerium vorgetragene Bitte verbindlich gemeint ist und die Aufsichtsbehörde im Falle der Weigerung ihrem Anliegen durch eine Anordnung nach § 88 Abs. 3 Satz 2 StBerG Nachdruck verleihen würde.
47 
Der verbindliche „Aufsichtscharakter“ des Schreibens wird aber insbesondere bei Berücksichtigung der Vorgeschichte deutlich. Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Finanzministerium dem Landgericht Mannheim auf dessen Anfrage hin mitgeteilt, auch das Finanzministerium teile die Auffassung, dass die Steuerberaterkammer zur Festsetzung der umstrittenen Vergütung verpflichtet sei. Dabei wird vom Finanzministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Spielraum für andere Interpretationen entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer nicht bestehe. Sowohl die recht deutliche Formulierung des Schreibens als auch die Tatsache, dass sich das Finanzministerium mit seiner Auffassung nach außen hin festgelegt hat, spricht sehr deutlich dafür, dass die „Empfehlung“ der Beklagten gegenüber mit hoher Verbindlichkeit ausgesprochen worden ist. Dies wird schließlich auch durch das Schreiben des Finanzministeriums vom 07.09.2005 bestätigt, in dem es der Beklagten gegenüber wiederholt und bekräftigt, dass eine Rechtspflicht der Beklagten zur Festsetzung der angemessenen Abwicklervergütung bestehe. Die in dem Schreiben enthaltenen Hinweise auf die „Staatsaufsicht“, auf die bislang fehlende Abstimmung durch die Beklagte und auf die Möglichkeit einer Vergütungsfestsetzung von Amts wegen durch das Finanzministerium lassen am Durchsetzungswillen wenig Zweifel.
48 
Das Schreiben des Finanzministeriums vom 04.11.2005 musste von der Beklagten daher als verbindlich betrachtet werden; tatsächlich hat sie sich im Bescheid vom 11.11.2005 - wenn auch unter Bekräftigung der fortbestehenden gegenteiligen Rechtsauffassung - dem Druck denn auch gebeugt und die umstrittene Vergütungsfestsetzung vorgenommen.
49 
bb) Die inhaltliche Reichweite des vom Finanzministerium verbindlich Vorgegebenen bezieht sich jedoch nicht auf die im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren umstrittene Höhe der angemessenen Vergütung, sondern lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten, überhaupt eine Vergütung festzusetzen.
50 
Allein diese Frage war Gegenstand des an das Landgericht gerichteten Schreibens vom 04.08.2005 und damit der außenwirksamen Festlegung des Finanzministeriums. Auch das an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 07.09.2005 betrifft inhaltlich nur die Frage, ob die Beklagte auch in den Fällen, in denen die Bestellung auf Antrag der Erben erfolgt, zur Vergütungsfestsetzung verpflichtet ist. Schließlich ist diese Verpflichtung dem Grunde nach ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 04.11.2005 auch der Gegenstand der Besprechung vom 25.10.2005 gewesen.
51 
Allerdings enthält das Schreiben vom 04.11.2005 auch Hinweise zur höhenmäßigen Festsetzung der streitigen Vergütung. Zum einen wird „aus Sicht des Finanzministeriums“ festgestellt, dass die Abwicklung ab Januar 1999 erfolgte und spätestens im Juni 1999 durch die Verkaufsanzeigen abgeschlossen war. Zum anderen führt das Finanzministerium am Ende aus, dass es im vorliegenden Fall angemessen erscheine, die Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters als Maßstab für die Abwicklervergütung heranzuziehen. Diese Erwägungen zur Maßstabsbildung sind durch das Finanzministerium indes neu aufgegriffen und gehen ersichtlich auf die Stellungnahme der Beklagten vom 19.09.2005 zurück. Anlass für die Aufsichtsbehörde, insoweit mit Nachdruck oder Verbindlichkeit aufzutreten, bestand insoweit daher schon deshalb nicht; vielmehr wurden im Wesentlichen nur die Vorschläge der Beklagten aufgegriffen. In dieser Frage hatte auch eine Vorfestlegung des Finanzministeriums bislang nicht stattgefunden. Dementsprechend erweist sich das Schreiben im Hinblick auf die Maßstäbe der Höhenbestimmung auch sprachlich deutlich zurückhaltender abgefasst. Die fehlende Verbindlichkeit der Ausführungen zur Maßstabsbildung bestätigt schließlich auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 17.11.2005 an die Klägerin, in dem ausgeführt wird, das Ministerium habe im Schreiben vom 04.11.2005 „einen möglichen Bemessungsmaßstab“ für die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgezeigt.
52 
Nach dem objektiven Erklärungsgehalt der vorliegenden Schreiben und deren Entstehungsgeschichte kann daher nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass auch hinsichtlich der im Schreiben vom 04.11.2005 erwähnten Maßstäbe eine verbindliche Anordnung getroffen worden ist. Dass insoweit ein weiteres Tätigwerden der Beklagten erforderlich war, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass jedenfalls die Höhe der Durchschnittsmonatsvergütung eines angestellten Steuerberaters von keiner Seite beziffert worden war.
53 
cc) Angesichts der Gesamtumstände hält der Senat das Tätigwerden des Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde daher hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, überhaupt eine angemessene Vergütung festzusetzen, für dergestalt verbindlich, dass eine eigenständige Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde nicht mehr angenommen werden kann und das Widerspruchsverfahren daher „zwecklos“ erscheinen mag. Gleiches gilt indes nicht für die im Bescheid vom 11.11.2005 festgesetzte Höhe der angemessenen Vergütung, die allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch insoweit hat das Finanzministerium im Schreiben vom 04.11.2005 zwar Hinweise gegeben; diese sind jedoch nicht nur inhaltlich unvollständig, sie werden vielmehr auch ersichtlich nicht vom unbedingten Durchsetzungswillen der Aufsichtsbehörde getragen. Es erscheint daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch die Aufsichtsbehörde bei einer nachfolgenden Abweichung der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von der Durchsetzung der Maßstäbe Abstand genommen hätte. Auch im Hinblick auf die mögliche Fallgruppe der Entbehrlichkeit bei bereits manifest gewordenem, unabänderlichem Willen der Aufsichtsbehörde kann hier daher nicht von der „Zwecklosigkeit“ des Vorverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Klägerin zwar die Jahresfrist aus § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Auge behalten, die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens aber nicht beachtet hat (vgl. dazu bereits die Hinweise auf die Möglichkeit der Klageerhebung binnen Jahresfrist im Schriftsatz vom 30.11.2005 im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim).
IV.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55 
Die Revision wird zugelassen, weil die in dem Rechtsstreit zu entscheidende Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens außerhalb der gesetzlich angeordneten Ausnahmetatbestände grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
56 
Beschluss vom 4. März 2009
57 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 109.746,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Die 1970 geborene Klägerin ist dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Ihre Tochter J. lebt beim geschiedenen Ehemann der Klägerin in H., ihr Sohn K. wurde nach der Geburt von Dritten an Kindes statt angenommen, ihr Sohn P. ist in einer Pflegefamilie untergebracht. Seit Februar 2007 steht sie bei der Beklagten im Leistungsbezug nach dem vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der monatliche Regelsatz wurde ihr in mehreren Raten ausgezahlt. Die Kosten für die Hotels in S., in denen die Klägerin jedenfalls seit Februar 2010 wieder wohnt, wurden von der Beklagten direkt an den Hotelbetreiber überwiesen.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 7.6.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 9.6.2010 in der Fassung des Bescheides vom 15.9.2010 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.7.2010 bis 30.6.2011 in Höhe von monatlich insgesamt 1.039,90 Euro. Dabei wurde geregelt, dass die Auszahlung des monatlichen Regelsatzes von 359 Euro in zwei Teilbeträgen von 259 Euro zum 1. des Monats und weiterer 100 Euro zum 15. des Monats durch Überweisung auf das Girokonto der Klägerin bei der P.-Bank erfolgt. Außerdem wurde festgelegt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 138,40 Euro direkt an den Versicherer und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft im Hotel in Höhe von 542,50 Euro direkt an den Hotelbetreiber gezahlt werden. Die Klägerin wurde sowohl mit Bescheid vom 9.6.2010 als auch mit Bescheid vom 15.9.2010 über ihr Recht belehrt, hiergegen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bei der Landeshauptstadt S. mit Sitz in S. schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch einlegen zu können. Davon machte die Klägerin keinen Gebrauch.
Mit Schreiben vom 6.10.2010 bat die Klägerin die Beklagte, „die Gesamtsumme [von] 364 Euro auf einmal in einem Monat auf mein Konto zu überweisen … [und] nicht mehr auf zwei Raten.“ Mit undatiertem, am 8.10.2010 befördertem Schreiben, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass für die Gewährung eines um fünf Euro auf 364 Euro erhöhten Regelsatzes keine Rechtsgrundlage bestehe.
Am 30.3.2011 hat die Klägerin vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der mit Beschluss vom 15.4.2011 abgelehnt worden ist (Az.: S 20 SO 1923/11 ER). Sie beantragt die Gewährung höherer Leistungen, behauptet, alleinerziehend zu sein, und meint, dass deshalb ein Mehrbedarf anzuerkennen sei. Außerdem behauptet sie, Leistungen lediglich in Höhe von 259 Euro erhalten zu haben. Diese reichten nicht aus, um die im März und April anfallenden Ausgaben von 298 Euro zu decken. Insbesondere könne sie nicht zum Frauenarzt gehen, da sie dort noch 15 Euro bezahlen müsse. Des weiteren seien ihre Leistungen entgegen der Ankündigung der Beklagten nicht erhöht worden.
Mit Änderungsbescheid vom 4.4.2011 hat die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2011 bis 30.4.2011 eine Nachzahlung von insgesamt 20 Euro und für die Zeit vom 1.5.2011 bis 30.6.2011 monatliche Leistungen in Höhe von 502,40 Euro bewilligt. Der dabei zugrundegelegte Regelbedarf von 364 Euro wird in zwei Raten zum 1. (264 Euro) und zum 15. des Monats (100 Euro) auf das Konto der Klägerin überwiesen, die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 138,40 Euro werden weiterhin direkt an den Träger der Versicherung geleistet.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den am 8.10.2010 beförderten Bescheid aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
10 
Mit Schreiben vom 14.4.2011 sind die Beteiligten über die Absicht des Gerichts, den Rechtsstreit nach Ablauf des 6.5.2011 durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, in Kenntnis gesetzt worden. Sie haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die für die Klägerin geführte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
13 
Das Gericht kann den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).
II.
14 
Streitgegenstand ist die Aufhebung des am 8.10.2010 beförderten Bescheides und die Abänderung des Bescheids vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2010 (§ 96 SGG) hinsichtlich der Höhe der darin bewilligten Grundsicherungsleistungen. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 ist als Überprüfungsantrag im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auszulegen. Der Wortlaut des Schreibens lässt mit hinreichender Deutlichkeit den Willen der Klägerin erkennen, dass die Beklagte der Klägerin einen monatlichen Regelsatz von 364 Euro bewilligen soll. Dies setzt notwendigerweise die Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 und die rückwirkende Gewährung höherer Hilfen zum Lebensunterhalt voraus. Ein solcher Überprüfungsantrag ist auch vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.9.2010 zulässig („auch nachdem er unanfechtbar geworden ist“). Dass die Klägerin mit dem Schreiben vom 6.10.2010 Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.9.2010 erheben wollte, ist dagegen nicht anzunehmen. Wenngleich der Rechtsbehelf nicht ausdrücklich als Widerspruch zu bezeichnen ist, um als solcher zu gelten, muss in dem Schriftstück doch zum Ausdruck kommen, dass sich die Klägerin durch einen Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und gerade im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs eine Überprüfung durch die Verwaltung anstrebt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 84 Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 enthält keinen Hinweis auf den Bescheid vom 15.9.2010 oder einen sonstigen Verwaltungsakt. Es ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin gerade einen förmlichen Rechtsbehelf gegen eine bestimmte Verwaltungsentscheidung einlegen wollte. Demgegenüber ist das am 8.10.2010 beförderte Schreiben der Beklagten ist als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X einzuordnen, mit dem die Änderung der Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 hinsichtlich der Regelsatzhöhe abgelehnt wird. Da auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 38 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ein Anspruch besteht, ist zur Verwirklichung dieses Klagebegehrens die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 56 SGG statthafte Klageart.
15 
Eine weitergehende Fassung des Streitgegenstandes ist nicht angezeigt. Denn soweit die Klägerin in der Klageschrift über die Höhe der Grundsicherungsleistungen hinaus auch Art und Maß der Leistungserbringung (Auszahlung des monatlichen Regelsatzes in zwei Raten, keine Übersendung der Zusicherungen für die Übernahme der Hotelkosten an die Wohnanschrift der Klägerin) rügt, wäre die am 30.3.2011 anhängig gewordene Klage, über die hier zu entscheiden ist, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig (§ 202 SGG i. V. m. § 261 Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung, § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Denn diesbezüglich hat die Klägerin bereits am 28.3.2011 eine unter dem Aktenzeichen S 20 SO 1877/11 geführte Klage erhoben.
III.
16 
Die Klage ist unzulässig. Bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des am 8.10.2010 beförderten Bescheides in der Fassung des Bescheides vom 4.4.2011 (§ 96 SGG), mit dem die Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 für die Zeit ab 1.1.2011 hinsichtlich der Höhe des Regelsatzes abgeändert, die Bewilligung höherer Leistungen (insbesondere für die Zeit bis zum 31.12.2010) jedoch abgelehnt worden ist, nicht in einem Vorverfahren nachgeprüft worden.
17 
Die Durchführung des Vorverfahrens stellt jedoch gemäß §§ 78 Abs. 3, 1 Satz 1 SGG eine unverzichtbare Sachurteilsvoraussetzung dar(vgl. BSG, Urteil vom 25.4.2007 - B 12 AL 2/06 R -, in: juris, Rn. 20). Durchgeführt ist ein Vorverfahren erst dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Verwaltungsentscheidung ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergangen ist (vgl. BSG, a. a. O., in: juris, Rn. 15). Hieran fehlt es. Auch in der am 30.3.2011 erhobenen Klage ist nicht zugleich die - innerhalb der hier laufenden Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zulässige - Einlegung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid zu sehen. Denn die Klägerin nimmt hierauf mit keinem Wort Bezug und legte jenes Schreiben der Beklagten auch auf Nachfrage des Gerichts nicht vor. Der Wortlaut der Klageschrift ermöglicht auch unter Berücksichtigung der beigefügten Anlagen keine eindeutige Bestimmung des Verwaltungsakts, durch den sich die Klägerin beeinträchtigt fühlt und dessen nochmalige Überprüfung sie im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs anstrebt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin mit Klageerhebung die Überprüfung des am 8.10.2010 beförderten Schreibens der Beklagten begehrt.
18 
Die Klage wäre jedoch selbst dann unzulässig, wenn in der Klageschrift gleichwohl die Erhebung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid der Beklagten gesehen werden will. Da das Vorverfahren, das den Erlass des Widerspruchsbescheides einschließt (§ 62 Halbsatz 2 SGB X i. V. m. § 8 Halbsatz 2 SGB X), bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht durchgeführt worden ist und auch keine der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG benannten Ausnahmekonstellationen vorliegt, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, ist die Klage als unzulässig abzuweisen(vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4.3.2009 - 9 S 371/08 -, in: juris, Rn. 18). Dies entspricht dem Wortlaut des § 78 SGG und nimmt der Klägerin keinen Rechtsschutz, da sie nach Erlass des Widerspruchsbescheides erneut klagen kann. Außerdem trägt die Abweisung der Klage als unzulässig den drei Funktionen des Widerspruchsverfahrens - Selbstkontrolle der Verwaltung, erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit für den Einzelnen durch Überprüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts, Entlastung der Gerichte - besser Rechnung.
19 
Die gegenteilige Ansicht, wonach eine Klage ohne Durchführung des Widerspruchsverfahrens zwar unzulässig, das Verfahren aber bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides auszusetzen ist, überzeugt nicht. Jene Ansicht, die auf einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.2.1964 (vgl. BSG, Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21) gründet und mit Urteil vom 22.6.1966 (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21), 3.3.1999 (vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 28, 32) und 13.12.2000 (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R -, in: juris, Rn. 25) bestätigt worden ist, führt zur Begründung pauschal lediglich die Prozessökonomie an. Weitere Begründungen liefert sie nicht.
20 
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hat sich am Maßstab von Fällen gebildet, in denen - wie hier - innerhalb der laufenden Widerspruchsfrist lediglich Klage zum Sozialgericht erhoben worden ist, und hierzu zutreffend ausgeführt, dass in dieser Klageerhebung zugleich auch ein Widerspruch zu erblicken ist. Zu Unrecht wird diese Ansicht jedoch in einen nicht vorhandenen Sachzusammenhang mit dem Fortgang des gerichtlichen Verfahrens gestellt. Zwar liefe die Klägerin Gefahr, infolge Versäumung der Widerspruchsfrist ihrer Rechte verlustig zu gehen, wenn die Klage nicht zugleich auch als Widerspruch zu verstehen wäre. Es ist aber nicht ersichtlich, warum es „bei dieser Rechtslage … auch aus prozessökonomischen Gründen geboten“ sein soll, das gerichtliche Verfahren bis zu einer Entscheidung auszusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21. Das Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21, verbindet diese beiden Erwägungen nur mit einem Semikolon). Die überkommene höchstgerichtliche Ansicht würdigt nicht hinreichend, dass das prozessuale Schicksal einer Klage, die mangels durchgeführten Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen wird, keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit und Begründetheit des Widerspruchs zeitigt, der zugleich mit der Klage erhoben worden ist. Da Widerspruch und Klage auch dann, wenn sie wie in den höchstgerichtlich entschiedenen Fällen in einem Schriftsatz gemeinsam erhoben werden, eigenständige Rechtsbehelfe darstellen, droht die Klägerin durch Abweisung der Klage als unzulässig keiner Rechte verlustig zu gehen, die sie nicht auch mit dem weiterhin zulässigen Widerspruch und ggf. einer anschließenden Gestaltungsklage geltend machen kann. Diese Rechtsverfolgung wird durch das Prozessurteil nicht berührt, weil nur die dadurch entschiedene Prozessfrage in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1990 - VIII ZB 42/90 -, in: juris, Rn. 9 f.).
21 
Der Auffassung des Bundessozialgerichts ist außerdem entgegenzuhalten, dass die Aussetzung des Verfahrens bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheid weder aus materiell-rechtlichen noch aus kostenrechtlichen Gesichtspunkten prozessökonomisch ist.
22 
Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem Schutzzweck der Entlastung der Gerichte (Filterfunktion). Diese werden zu einem Zeitpunkt in den Rechtsstreit einbezogen, der der gesetzgeberischen Zielsetzung widerspricht. Wird die - unzulässige - Klage nicht abgewiesen, sondern das Verfahren ausgesetzt, verlängert sich die gerichtliche Verfahrensdauer um die Dauer des nachzuholenden Vorverfahrens, in dem auch noch Ermittlungen notwendig werden können. Wird dem Widerspruch stattgegeben, wurde das Gericht unnötigerweise mit einem Verfahren befasst (vgl. Binder, in: Lüdtke (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage 2009, § 78 Rn. 8). Die nach höchstrichterlicher Ansicht erforderliche Aussetzung des Verfahrens hat zudem das in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verortete Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz zu beachten. Im Interesse der Rechtssicherheit sind strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit zu klären (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 BvR 404/10 -, in: juris, Rn. 11 m. w. N.; Beschluss vom 20.7.2000 - 1 BvR 352/00 - in: juris, Rn. 10; Beschluss vom 17.11.1999 - 1 BvR 1708/99 -, in: juris, Rn. 8; Beschluss vom 6.5.1997 - 1 BvR 711/96 -, in: juris, Rn. 34). Bei einer ablehnenden Widerspruchsentscheidung wird das Verfahren um die Zeit, die das Widerspruchsverfahren benötigt, verlängert, was angesichts der Entschädigungspflicht des Staates für überlange Verfahrensdauern gemäß Art. 6 Abs. 1, 41 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht prozessökonomisch ist(vgl. EGMR, Urteil vom 13.1.2011 - 397/04, 2322/07 -, in: juris, Rn. 55 - 57 und 65 m. w. N.). Die Aussetzung des Klageverfahrens ist auch nicht erforderlich, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Weigert sich eine Behörde, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen oder braucht sie zu lange, berechtigt § 88 SGG die Klägerin zur Erhebung einer Untätigkeitsklage. Im Falle der Eilbedürftigkeit kann einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 86b SGG in Anspruch genommen werden, dessen Zulässigkeit kein abgeschlossenes Vorverfahren voraussetzt. Die höchstgerichtlich erwogene Verpflichtung der Behörde zur Widerspruchsentscheidung durch Zwischenurteil des Gerichts (§ 202 SGG i. V. m. § 303 Zivilprozessordnung, vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 32) stellt hierzu keine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit dar und gleicht die Nachteile mit Blick auf die Verfahrensdauer nicht aus. Vielmehr ist das Gericht infolge der Aussetzung des Verfahrens bis zur Widerspruchsentscheidung zusätzlich gehalten, von Amts wegen zu prüfen, ob das ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 114a Rn. 10a).
23 
Die Aussetzung von Verfahren, die - wie hier - für die Klägerin gerichtskostenfrei sind (§ 183 Satz 1 SGG), ist auch aus kostenrechtlicher Sicht nicht prozessökonomisch. Die vom Grundsicherungsträger zu entrichtende Pauschgebühr (§ 184 SGG) steht der Abweisung der Klage als unzulässig gleichfalls nicht entgegen, da diese Gebühr unabhängig davon entsteht, ob die Klägerin obsiegt oder unterliegt.
IV.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 SGG.

Gründe

 
12 
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
13 
Das Gericht kann den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).
II.
14 
Streitgegenstand ist die Aufhebung des am 8.10.2010 beförderten Bescheides und die Abänderung des Bescheids vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2010 (§ 96 SGG) hinsichtlich der Höhe der darin bewilligten Grundsicherungsleistungen. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 ist als Überprüfungsantrag im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auszulegen. Der Wortlaut des Schreibens lässt mit hinreichender Deutlichkeit den Willen der Klägerin erkennen, dass die Beklagte der Klägerin einen monatlichen Regelsatz von 364 Euro bewilligen soll. Dies setzt notwendigerweise die Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 und die rückwirkende Gewährung höherer Hilfen zum Lebensunterhalt voraus. Ein solcher Überprüfungsantrag ist auch vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.9.2010 zulässig („auch nachdem er unanfechtbar geworden ist“). Dass die Klägerin mit dem Schreiben vom 6.10.2010 Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.9.2010 erheben wollte, ist dagegen nicht anzunehmen. Wenngleich der Rechtsbehelf nicht ausdrücklich als Widerspruch zu bezeichnen ist, um als solcher zu gelten, muss in dem Schriftstück doch zum Ausdruck kommen, dass sich die Klägerin durch einen Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und gerade im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs eine Überprüfung durch die Verwaltung anstrebt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 84 Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall. Das Schreiben der Klägerin vom 6.10.2010 enthält keinen Hinweis auf den Bescheid vom 15.9.2010 oder einen sonstigen Verwaltungsakt. Es ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin gerade einen förmlichen Rechtsbehelf gegen eine bestimmte Verwaltungsentscheidung einlegen wollte. Demgegenüber ist das am 8.10.2010 beförderte Schreiben der Beklagten ist als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X einzuordnen, mit dem die Änderung der Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 hinsichtlich der Regelsatzhöhe abgelehnt wird. Da auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 38 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ein Anspruch besteht, ist zur Verwirklichung dieses Klagebegehrens die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 56 SGG statthafte Klageart.
15 
Eine weitergehende Fassung des Streitgegenstandes ist nicht angezeigt. Denn soweit die Klägerin in der Klageschrift über die Höhe der Grundsicherungsleistungen hinaus auch Art und Maß der Leistungserbringung (Auszahlung des monatlichen Regelsatzes in zwei Raten, keine Übersendung der Zusicherungen für die Übernahme der Hotelkosten an die Wohnanschrift der Klägerin) rügt, wäre die am 30.3.2011 anhängig gewordene Klage, über die hier zu entscheiden ist, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig (§ 202 SGG i. V. m. § 261 Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung, § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Denn diesbezüglich hat die Klägerin bereits am 28.3.2011 eine unter dem Aktenzeichen S 20 SO 1877/11 geführte Klage erhoben.
III.
16 
Die Klage ist unzulässig. Bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des am 8.10.2010 beförderten Bescheides in der Fassung des Bescheides vom 4.4.2011 (§ 96 SGG), mit dem die Bescheide vom 9.6.2010 und 15.9.2010 für die Zeit ab 1.1.2011 hinsichtlich der Höhe des Regelsatzes abgeändert, die Bewilligung höherer Leistungen (insbesondere für die Zeit bis zum 31.12.2010) jedoch abgelehnt worden ist, nicht in einem Vorverfahren nachgeprüft worden.
17 
Die Durchführung des Vorverfahrens stellt jedoch gemäß §§ 78 Abs. 3, 1 Satz 1 SGG eine unverzichtbare Sachurteilsvoraussetzung dar(vgl. BSG, Urteil vom 25.4.2007 - B 12 AL 2/06 R -, in: juris, Rn. 20). Durchgeführt ist ein Vorverfahren erst dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Verwaltungsentscheidung ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergangen ist (vgl. BSG, a. a. O., in: juris, Rn. 15). Hieran fehlt es. Auch in der am 30.3.2011 erhobenen Klage ist nicht zugleich die - innerhalb der hier laufenden Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zulässige - Einlegung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid zu sehen. Denn die Klägerin nimmt hierauf mit keinem Wort Bezug und legte jenes Schreiben der Beklagten auch auf Nachfrage des Gerichts nicht vor. Der Wortlaut der Klageschrift ermöglicht auch unter Berücksichtigung der beigefügten Anlagen keine eindeutige Bestimmung des Verwaltungsakts, durch den sich die Klägerin beeinträchtigt fühlt und dessen nochmalige Überprüfung sie im Wege eines förmlichen Rechtsbehelfs anstrebt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin mit Klageerhebung die Überprüfung des am 8.10.2010 beförderten Schreibens der Beklagten begehrt.
18 
Die Klage wäre jedoch selbst dann unzulässig, wenn in der Klageschrift gleichwohl die Erhebung eines Widerspruchs gegen den am 8.10.2010 beförderten Bescheid der Beklagten gesehen werden will. Da das Vorverfahren, das den Erlass des Widerspruchsbescheides einschließt (§ 62 Halbsatz 2 SGB X i. V. m. § 8 Halbsatz 2 SGB X), bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht durchgeführt worden ist und auch keine der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG benannten Ausnahmekonstellationen vorliegt, in denen es einer solchen Nachprüfung nicht bedarf, ist die Klage als unzulässig abzuweisen(vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4.3.2009 - 9 S 371/08 -, in: juris, Rn. 18). Dies entspricht dem Wortlaut des § 78 SGG und nimmt der Klägerin keinen Rechtsschutz, da sie nach Erlass des Widerspruchsbescheides erneut klagen kann. Außerdem trägt die Abweisung der Klage als unzulässig den drei Funktionen des Widerspruchsverfahrens - Selbstkontrolle der Verwaltung, erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit für den Einzelnen durch Überprüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts, Entlastung der Gerichte - besser Rechnung.
19 
Die gegenteilige Ansicht, wonach eine Klage ohne Durchführung des Widerspruchsverfahrens zwar unzulässig, das Verfahren aber bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides auszusetzen ist, überzeugt nicht. Jene Ansicht, die auf einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.2.1964 (vgl. BSG, Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21) gründet und mit Urteil vom 22.6.1966 (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21), 3.3.1999 (vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 28, 32) und 13.12.2000 (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 6 KA 1/00 R -, in: juris, Rn. 25) bestätigt worden ist, führt zur Begründung pauschal lediglich die Prozessökonomie an. Weitere Begründungen liefert sie nicht.
20 
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hat sich am Maßstab von Fällen gebildet, in denen - wie hier - innerhalb der laufenden Widerspruchsfrist lediglich Klage zum Sozialgericht erhoben worden ist, und hierzu zutreffend ausgeführt, dass in dieser Klageerhebung zugleich auch ein Widerspruch zu erblicken ist. Zu Unrecht wird diese Ansicht jedoch in einen nicht vorhandenen Sachzusammenhang mit dem Fortgang des gerichtlichen Verfahrens gestellt. Zwar liefe die Klägerin Gefahr, infolge Versäumung der Widerspruchsfrist ihrer Rechte verlustig zu gehen, wenn die Klage nicht zugleich auch als Widerspruch zu verstehen wäre. Es ist aber nicht ersichtlich, warum es „bei dieser Rechtslage … auch aus prozessökonomischen Gründen geboten“ sein soll, das gerichtliche Verfahren bis zu einer Entscheidung auszusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 64/62 -, in: juris, Rn. 21. Das Urteil vom 18.2.1964 - 11/1 RA 90/61 -, in: juris, Rn. 21, verbindet diese beiden Erwägungen nur mit einem Semikolon). Die überkommene höchstgerichtliche Ansicht würdigt nicht hinreichend, dass das prozessuale Schicksal einer Klage, die mangels durchgeführten Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen wird, keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit und Begründetheit des Widerspruchs zeitigt, der zugleich mit der Klage erhoben worden ist. Da Widerspruch und Klage auch dann, wenn sie wie in den höchstgerichtlich entschiedenen Fällen in einem Schriftsatz gemeinsam erhoben werden, eigenständige Rechtsbehelfe darstellen, droht die Klägerin durch Abweisung der Klage als unzulässig keiner Rechte verlustig zu gehen, die sie nicht auch mit dem weiterhin zulässigen Widerspruch und ggf. einer anschließenden Gestaltungsklage geltend machen kann. Diese Rechtsverfolgung wird durch das Prozessurteil nicht berührt, weil nur die dadurch entschiedene Prozessfrage in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1990 - VIII ZB 42/90 -, in: juris, Rn. 9 f.).
21 
Der Auffassung des Bundessozialgerichts ist außerdem entgegenzuhalten, dass die Aussetzung des Verfahrens bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheid weder aus materiell-rechtlichen noch aus kostenrechtlichen Gesichtspunkten prozessökonomisch ist.
22 
Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem Schutzzweck der Entlastung der Gerichte (Filterfunktion). Diese werden zu einem Zeitpunkt in den Rechtsstreit einbezogen, der der gesetzgeberischen Zielsetzung widerspricht. Wird die - unzulässige - Klage nicht abgewiesen, sondern das Verfahren ausgesetzt, verlängert sich die gerichtliche Verfahrensdauer um die Dauer des nachzuholenden Vorverfahrens, in dem auch noch Ermittlungen notwendig werden können. Wird dem Widerspruch stattgegeben, wurde das Gericht unnötigerweise mit einem Verfahren befasst (vgl. Binder, in: Lüdtke (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage 2009, § 78 Rn. 8). Die nach höchstrichterlicher Ansicht erforderliche Aussetzung des Verfahrens hat zudem das in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verortete Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz zu beachten. Im Interesse der Rechtssicherheit sind strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit zu klären (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 BvR 404/10 -, in: juris, Rn. 11 m. w. N.; Beschluss vom 20.7.2000 - 1 BvR 352/00 - in: juris, Rn. 10; Beschluss vom 17.11.1999 - 1 BvR 1708/99 -, in: juris, Rn. 8; Beschluss vom 6.5.1997 - 1 BvR 711/96 -, in: juris, Rn. 34). Bei einer ablehnenden Widerspruchsentscheidung wird das Verfahren um die Zeit, die das Widerspruchsverfahren benötigt, verlängert, was angesichts der Entschädigungspflicht des Staates für überlange Verfahrensdauern gemäß Art. 6 Abs. 1, 41 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht prozessökonomisch ist(vgl. EGMR, Urteil vom 13.1.2011 - 397/04, 2322/07 -, in: juris, Rn. 55 - 57 und 65 m. w. N.). Die Aussetzung des Klageverfahrens ist auch nicht erforderlich, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Weigert sich eine Behörde, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen oder braucht sie zu lange, berechtigt § 88 SGG die Klägerin zur Erhebung einer Untätigkeitsklage. Im Falle der Eilbedürftigkeit kann einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 86b SGG in Anspruch genommen werden, dessen Zulässigkeit kein abgeschlossenes Vorverfahren voraussetzt. Die höchstgerichtlich erwogene Verpflichtung der Behörde zur Widerspruchsentscheidung durch Zwischenurteil des Gerichts (§ 202 SGG i. V. m. § 303 Zivilprozessordnung, vgl. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R -, in: juris, Rn. 32) stellt hierzu keine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit dar und gleicht die Nachteile mit Blick auf die Verfahrensdauer nicht aus. Vielmehr ist das Gericht infolge der Aussetzung des Verfahrens bis zur Widerspruchsentscheidung zusätzlich gehalten, von Amts wegen zu prüfen, ob das ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 114a Rn. 10a).
23 
Die Aussetzung von Verfahren, die - wie hier - für die Klägerin gerichtskostenfrei sind (§ 183 Satz 1 SGG), ist auch aus kostenrechtlicher Sicht nicht prozessökonomisch. Die vom Grundsicherungsträger zu entrichtende Pauschgebühr (§ 184 SGG) steht der Abweisung der Klage als unzulässig gleichfalls nicht entgegen, da diese Gebühr unabhängig davon entsteht, ob die Klägerin obsiegt oder unterliegt.
IV.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 SGG.

(1) Für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. Abweichend von Satz 1 erhalten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für jede auf der Grundlage des § 74a Absatz 2 und 3 erteilte Auskunft eine Gebühr von 10,20 Euro.

(2) Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, sind kostenfrei. Dies gilt auch für die im Gerichts- und Notarkostengesetz bestimmten Gerichtskosten. Von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten sind befreit Urkunden, die

1.
in der Sozialversicherung bei den Versicherungsträgern und Versicherungsbehörden erforderlich werden, um die Rechtsverhältnisse zwischen den Versicherungsträgern einerseits und den Arbeitgebern, Versicherten oder ihren Hinterbliebenen andererseits abzuwickeln,
2.
im Sozialhilferecht, im Recht der Eingliederungshilfe, im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Kinder- und Jugendhilferecht sowie im Recht der Kriegsopferfürsorge aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer nach dem Zwölften Buch, dem Neunten Buch, dem Zweiten und dem Achten Buch oder dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistung benötigt werden,
3.
im Schwerbehindertenrecht von der zuständigen Stelle im Zusammenhang mit der Verwendung der Ausgleichsabgabe für erforderlich gehalten werden,
4.
im Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für erforderlich gehalten werden,
5.
im Kindergeldrecht für erforderlich gehalten werden.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt auch für gerichtliche Verfahren, auf die das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden ist. Im Verfahren nach der Zivilprozessordnung, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit sind die Träger der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge von den Gerichtskosten befreit; § 197a des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt.

(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.

(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren

vor den Sozialgerichten auf150 Euro,
vor den Landessozialgerichten auf225 Euro,
vor dem Bundessozialgericht auf300 Euro

festgesetzt.

(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.