Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 25. Nov. 2015 - S 2 KA 153/15

ECLI:ECLI:DE:SGD:2015:1125.S2KA153.15.00
bei uns veröffentlicht am25.11.2015

Tenor

Unter Abänderung des Abrechnungsergänzungsbescheides vom 24.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 bezüglich der Quartale 2/2007 und 4/2007 sowie unter Abänderung der Bescheide über sachlich-rechnerische Berichtigung vom 26.09.2007 (Quartal 2/2007) und 01.04.2008 (Quartal 4/2007) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 wird die Beklagte verurteilt, über die Honoraransprüche der Klägerin für die Quartale 2/2007 und 4/2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.


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Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 25. Nov. 2015 - S 2 KA 153/15 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 120 Vergütung ambulanter Krankenhausleistungen


(1) Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte, die in stationären Pflegeeinrichtungen erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen von nach § 119b Absatz 1 Satz 4 ermächtigten Ärzten, ambulante är

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 6. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 6. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe des dem Kläger für das Quartal II/2009 zuzuweisenden Regelleistungsvolumens (RLV).

2

Der Kläger nimmt als Praktischer Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) teil. Nachdem die Beklagte ihm für das Quartal I/2009 ein RLV in Höhe von 41 848 Euro zugewiesen hatte, setzte sie mit Bescheid vom 24.2.2009 - der dem Kläger nach den Feststellungen des SG am 9.3.2009 zugegangen ist - das RLV des Klägers für das Quartal II/2009 auf 37 981,44 Euro fest. Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid vom 27.5.2009), hat das SG auf dessen Klage hin die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene RLV zugrunde zu legen (Urteil vom 6.4.2011). Da die Zuweisung des neuen RLV nicht spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartals II/2009 erfolgt sei, gelte auch für dieses Quartal das höhere RLV des Quartals I/2009 fort. Dies folge aus § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V(in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung ), nach dem das bisherige RLV vorläufig fortgelte, wenn ein RLV nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums zugewiesen werden könne. Diese Regelung verweise nicht ausdrücklich auf die Frist des § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF, doch könne der Begriff "rechtzeitig" nur als Bezugnahme auf diese Frist verstanden werden. Auch die in § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisher zugewiesenen RLV korrespondiere allein mit der in Satz 5 aaO geregelten Rechtsfolge, dass Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV rückwirkend zu erfüllen seien, was auch bedeute, dass ein ggf zu hohes fortgeltendes RLV nicht nachträglich korrigiert werden dürfe. Die Regelungen des § 87b Abs 5 SGB V aF könnten deswegen nur dahin verstanden werden, dass der Arzt Zahlungsansprüche aus dem höheren RLV habe, wenn die Mitteilung des RLV später als vier Wochen vor Quartalsbeginn erfolge.

3

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Ein bisheriges RLV gelte vorläufig fort, wenn die Zuweisung des neuen RLV nicht vor dem Beginn des Geltungszeitraums - dem Abrechnungsquartal - zugewiesen sei. § 87b Abs 5 SGB V aF solle sicherstellen, dass das Mengensteuerungsinstrument RLV kontinuierlich Anwendung finde und kein regelungsfreier Raum entstehe. Um dieses Ziel zu erreichen, habe es dem Gesetzgeber für den Fall der Zuweisung des RLV noch vor seinem Geltungsbeginn genügt, in § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF lediglich eine Ordnungsfrist zu normieren. Der Begriff "rechtzeitig" in § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF solle lediglich die Bedeutung des Beginns des Abrechnungsquartales unterstreichen. Zudem sei sie - die Beklagte - zu Unrecht verpflichtet worden, das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene RLV für das gesamte Quartal II/2009 zugrunde zu legen. Der vorläufige Geltungscharakter des nicht rechtzeitig bekannt gegebenen RLV ergebe sich daraus, dass gemäß § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV (rückwirkend) zu erfüllen seien, und dass das bisher zugewiesene RLV "vorläufig" fortgelte. Selbst für den Fall, dass ein RLV erst nach Beginn seines Geltungszeitraums bekannt gegeben werde, gelte das bisher zugewiesene RLV nur bis zur Bekanntgabe des neuen RLV.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 6.4.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Der Gesetzgeber habe RLV eingeführt, um eine Planbarkeit des ärztlichen Honorars ex ante - vor Beginn des Quartals - zu realisieren. Für den Fall der nachträglichen Zuweisung eines niedrigeren RLV habe er keine Regelung getroffen. Jedoch ergebe sich unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie bei systematischer Betrachtung, dass er die Kalkulationssicherheit für den einzelnen Arzt hoch bewertet habe. § 87b Abs 5 Satz 1 SGB V aF normiere eine zwingend einzuhaltende Frist; daher sei eine nachträgliche Korrektur durch ein niedrigeres RLV im Regelfall nicht mehr möglich. Das RLV gelte für das gesamte Folgequartal fort; für eine Anwendung "pro-rata-temporis" sei ausweislich des Gesetzeswortlauts kein Raum. Eine auf die Zeit bis zur verspäteten Zuweisung des neuen niedrigeren RLV beschränkte Fortgeltung stelle in Anbetracht der gesetzlichen Regelung in § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF eine unzulässige Rückwirkung dar. Das RLV solle gerade nicht einer nachträglichen Korrektur vorbehaltlich der endgültigen Festsetzung im Honorarbescheid unterliegen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist begründet.

8

Im Streit steht allein die Höhe des dem Kläger für das Quartal II/2009 zugewiesenen RLV, wiederum beschränkt auf die Frage, ob das ihm für das Quartal I/2009 zugewiesene (höhere) RLV auch für das Quartal II/2009 zugrunde zu legen ist. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass das ihm für das Quartal II/2009 zugewiesene RLV fehlerhaft berechnet worden oder aus anderen Gründen rechtswidrig ist. Dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte.

9

Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene RLV zugrunde zu legen. Das RLV war dem Kläger noch rechtzeitig vor Beginn des Quartals II/2009 zugewiesen worden.

10

1. a) Die Zuweisung eines RLV ist gesondert anfechtbar. Dies folgt bereits aus der in § 87b Abs 5 Satz 2 SGB V aF angeordneten Geltung des § 85 Abs 4 Satz 9 SGB V, welcher bestimmt, dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben. Dieser Geltungsanordnung hätte es nicht bedurft, wenn die Zuweisung nicht gesondert, sondern nur zusammen mit dem Honorarbescheid anfechtbar wäre. Die Zuweisung des RLV erfolgt im Übrigen in Form einer eigenständigen Regelung und stellt daher einen Verwaltungsakt dar. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats zur eigenständigen Bedeutung einer gesonderten Feststellung der Bemessungsgrundlagen im Rahmen von Individualbudgets (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 193; BSGE 83, 52, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202)und der Festsetzung von Praxisbudgets (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9), die unabhängig von den Honorarbescheiden angefochten werden können.

11

b) Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folgt zum einen, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann. Zum anderen ist (umgekehrt) für die Klärung der Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines RLV nur solange Raum - und ein Rechtschutzbedürfnis gegeben -, als die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (vgl bereits BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 30/11 B - RdNr 6 - für Individualbudgets).

12

In der Rechtsprechung des Senats sind Voraussetzungen und Konsequenzen der gesonderten Anfechtbarkeit von Regelungen im Zusammenhang mit der Vergütung allerdings nicht einheitlich beurteilt worden. So lässt sich den älteren - zu Individualbudgets im zahnärztlichen Bereich sowie zu Praxis- und Zusatzbudgets im ärztlichen Bereich ergangenen - Entscheidungen des Senats die Auffassung entnehmen, dass eine Anfechtung der gesondert ergangenen Bescheide auch dann zulässig ist, wenn die jeweiligen Quartalshonorarbescheide nicht angefochten worden sind (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 193; BSGE 83, 52, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9). Demgegenüber hat der Senat in neueren Entscheidungen gefordert, dass die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Honorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 12, 14 - zur Vergütung von Dialyseleistungen ohne Anwendung von RLV; grundlegend BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 30/11 B - RdNr 6 f; s auch BSG Urteil vom 8.2.2012 - B 6 KA 14/11 R - RdNr 11 - SozR 4-2500 § 85 Nr 69).

13

Zur Vereinheitlichung seiner Rechtsprechung stellt der Senat - unter Modifikation seiner in früheren Entscheidungen getroffenen Aussagen - nunmehr klar, dass für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars nur dann und solange Raum ist, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Feststellungen durch gesonderten Verwaltungsakt erfolgt sind.

14

Der Honorarbescheid würde seine Funktion einer abschließenden verbindlichen Regelung des Honoraranspruchs des Arztes verlieren, wenn er - trotz formeller Bestandskraft - und ohne ausdrückliche Kennzeichnung als vorläufig in der Sache kaum verlässlich Auskunft darüber gibt, wie hoch der Vergütungsanspruch des Arztes im jeweiligen Quartal ist. Wenn etwa wegen des Streits über das für die Höhe des Honoraranspruchs entscheidenden RLV eine verbindliche Festlegung des Honorars nicht möglich ist, spiegelt die Bestandskraft eine Sicherheit vor, die es tatsächlich nicht gibt, wenn mit umfassenden Änderungen des Bescheides nach endgültiger Festlegung des RLV zu rechnen wäre. Die Gewährleistungsfunktion von bestandskräftigen Honorarbescheiden erfordert deshalb, dass die arztbezogenen Grundlagen des Honoraranspruchs nicht mehr umstritten sind; sind diese ungeklärt, muss die endgültige Honorarhöhe zwischen KÄV und Arzt offenbleiben (Widerspruch gegen Honorarbescheid, Vorläufigkeitserklärung durch KÄV). Ergeht eine als abschließend gedachte Regelung und wird diese bestandskräftig, besteht an der Klärung von Vorfragen zum Honorar - wie etwa RLV - kein rechtlich geschütztes Interesse des Arztes mehr.

15

Die Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft muss nicht notwendig in der Weise erfolgen, dass der Vertragsarzt gegen den abschließenden Honorarbescheid Widerspruch einlegt. Es reicht auch aus, wenn die KÄV gegenüber Vertragsärzten, deren RLV noch im Streit steht, die Verpflichtung übernimmt, den Honorarbescheid einer eventuell geänderten RLV-Festsetzung anzupassen oder generell verlautbart, dass sie neue Honorarbescheide erlassen wird, wenn sich beim einzelnen Arzt Änderungen bei dem RLV ergeben.

16

Der Senat weist darauf hin, dass die KÄVen ggf zu prüfen haben, ob Vertragsärzten, die im Vertrauen auf die (ältere) Rechtsprechung des Senats von einer gleichzeitigen Anfechtung der Honorarbescheide abgesehen haben, Vertrauensschutz zu gewähren sein kann. Hierfür besteht ggf Veranlassung, weil durch die nicht einheitliche Rechtsprechung des Senats Rechtsunsicherheit eingetreten sein kann und zudem die grundlegenden Ausführungen des Senats im Beschluss vom 17.8.2011 (B 6 KA 30/11 B) nicht veröffentlicht worden sind, sodass hiervon keine Kenntnis genommen werden konnte. Dies gilt jedenfalls für Honorarbescheide, bei denen vor Veröffentlichung der Entscheidung des Senats vom heutigen Tag Bestandskraft eingetreten ist.

17

Vorliegend hat der Kläger - nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - auch den Honorarbescheid für das Quartal II/2009 angefochten.

18

2. Die Beklagte hat der Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal II/2009 zu Recht das mit Bescheid vom 24.2.2009 zugewiesene RLV zugrunde gelegt. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das ihm für das Vorquartal zugewiesene (höhere) RLV weiterhin zur Anwendung gelangt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine (ausnahmsweise) Fortgeltung des bisherigen RLV nicht gegeben sind.

19

Nach § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF gilt das bisherige, dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene RLV vorläufig fort, wenn ein RLV "nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums" zugewiesen werden kann. Voraussetzung für eine Fortgeltung des bisherigen RLV ist mithin eine "nicht rechtzeitige" Zuweisung des neuen RLV. "Nicht rechtzeitig" iS des § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF ist die Zuweisung nach dem Wortlaut der Norm dann, wenn das RLV nicht "vor Beginn des Geltungszeitraums" zugewiesen worden ist. Geltungszeitraum des RLV ist der "Abrechnungszeitraum" (vgl § 87b Abs 2 Satz 5 SGB V aF), mithin das Quartal. Das RLV für das Quartal II/2009 ist dem Kläger am 9.3.2009 und damit rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums - hier der 1.4.2009 - zugewiesen worden.

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Der Auffassung des SG, dass das Merkmal "rechtzeitig" auf die Vier-Wochen-Frist in § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF verweise, folgt der Senat nicht. Nach dieser Bestimmung hat die Zuweisung der RLV wie auch die Mitteilung der maßgeblichen Preise jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des RLV zu erfolgen. Der Annahme, eine Überschreitung dieser Frist stelle eine nicht rechtzeitige Zuweisung iS des § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF dar, steht schon der Wortlaut der Norm entgegen. Der Gesetzgeber hat den Begriff "rechtzeitig" gerade nicht mit dem Zeitpunkt der Zuweisung, sondern ausdrücklich mit dem Beginn des Geltungszeitraums des RLV verknüpft; hätte er an die Zuweisungsfrist anknüpfen wollen, hätte er dies unschwer umsetzen können, indem er in § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF die Formulierung "nicht innerhalb der Frist nach Satz 1 zugewiesen" gebraucht hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen. Auch die Argumentation, die Verwendung des Wortes "rechtzeitig" könne nur als Bezugnahme auf die Frist des § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF verstanden werden, weil es andernfalls des Wortes "rechtzeitig" nicht bedurft hätte, ist nicht zwingend. Zwar würde sich die rechtliche Aussage, dass der Beginn des Geltungszeitraums maßgeblich ist, durch das Weglassen des Wortes nicht verändern ("nicht vor Beginn ... zugewiesen"), jedoch ändert dies nichts an der verstärkenden Wirkung des Wortes, dass eine nicht bis zum Beginn des Geltungszeitraums erfolgte Zuweisung eben nicht rechtzeitig ist.

21

Dieses Auslegungsergebnis wird durch den Zweck der die Fortgeltung des bisherigen RLV anordnenden Regelung bestätigt. Durch § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF soll eine kontinuierliche Geltung des Mengensteuerungsinstruments RLV gewährleistet werden(Fraktionsentwurf GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 126 zu § 85b Abs 6). Der Gesetzgeber wollte mithin ausschließen, dass durch eine nicht rechtzeitige Zuweisung des RLV eine Geltungslücke entsteht. Mit vergleichbarer Zielsetzung bestimmt zB § 84 Abs 1 Satz 3 SGB V für Arzneimittelvereinbarungen, dass die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung weiter gilt. Zur Wahrung der Kontinuität bzw zur Vermeidung einer Geltungslücke ist es jedoch ausreichend, wenn die Zuweisung des neuen RLV jedenfalls noch vor dem Beginn seines Geltungszeitraums erfolgt.

22

Gegen die Annahme, für die Rechtzeitigkeit der Zuweisung sei auf die Vier-Wochen-Frist des Satzes 1 aaO abzustellen, spricht auch die Regelung des § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF. Dort ist bestimmt, dass Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV rückwirkend zu erfüllen sind. Würde man die Begriffe "nicht rechtzeitig" (Satz 4 aaO) und "zu einem späteren Zeitpunkt" (Satz 5 aaO), die aufeinander aufbauen und daher einheitlich auszulegen sind, jeweils in Bezug zur Frist des § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF setzen, würde dies bei der Anwendung des Satzes 5 aaO zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führen. Gälte eine noch vor Beginn des Geltungszeitraums, aber nicht innerhalb der Vier-Wochen-Frist erfolgte Zuweisung bereits als verspätet, bedürfte es keiner "rückwirkenden" Erfüllung etwaiger Zahlungsansprüche, weil das (höhere) RLV bereits von Beginn des Quartals an gelten würde.

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Dass § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF zugleich dem Zweck dienen soll, einen Verstoß gegen die in Satz 1 aaO normierte Frist zu sanktionieren, ist weder den Gesetzesmaterialien zu entnehmen noch sonst erkennbar. Im Übrigen ginge die Regelung des Satzes 4 aaO als derartige Sanktion ins Leere, weil es in der Zeit zwischen dem Ende der Vier-Wochen-Frist und dem Beginn der Geltungsdauer des neuen RLV der vorläufigen Weitergeltung des bisherigen RLV nicht bedürfte, da das alte RLV ohnehin noch gelten würde. Zwar hat das SG - nach seiner Auslegung der Vorschrift konsequent - angenommen, dass bei verspäteter Zuweisung das bisherige RLV für das gesamte (Folge-)Quartal fort gilt, doch kann auch dieser Auffassung nicht gefolgt werden.

24

Hiergegen spricht schon der Wortlaut des § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF; danach gilt das bisherige RLV "vorläufig" fort. Dieses Einschubs hätte es nicht bedurft, wenn die Fortgeltung der bisherigen Regelung das gesamte (weitere) Quartal erfassen sollte. Um die bloße Endlichkeit der Fortgeltung anzuzeigen, wäre das Wort überflüssig, weil das RLV ohnehin für jeden Abrechnungszeitraum neu zuzuweisen ist. Für eine Fortgeltung pro rata temporis spricht zudem § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF. Danach sind Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV rückwirkend zu erfüllen. Schon der Wortlaut der Norm spricht von einem (verspätet) "zugewiesenen", nicht nur als zugewiesen "geltenden" RLV. Dies setzt voraus, dass eine wirksame Zuweisung des neuen RLV noch im Laufe des maßgeblichen Quartals erfolgen kann. Gälte das alte RLV zwingend für das gesamte (Folge-)Quartal, käme es überhaupt nicht zur "späteren" Zuweisung eines neuen RLV; damit liefe die Regelung leer. Zudem kann sich der als Tatbestandsvoraussetzung normierte "Anspruch" aus einem verspätet zugewiesenen (höheren) RLV nur dann ergeben, wenn auch diesem verspäteten RLV Rechtsfolgen beigemessen werden; gälte das bisherige RLV das gesamte Folgequartal fort, wäre dies nicht der Fall.

25

§ 87b Abs 5 Satz 5 SGB V kann auch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass ausschließlich höhere RLV zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesen werden dürfen. Die Norm regelt die Zulässigkeit einer späteren Zuweisung nicht, sondern setzt diese voraus. Geregelt wird ausschließlich, dass höhere Zahlungsansprüche rückwirkend zu erfüllen sind; es sollen die durch eine zeitverzögerte Festsetzung und Zuweisung von höheren Regelleistungsvolumina beim einzelnen Arzt auftretenden "Vergütungsnachteile" ausgeglichen werden (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 12 zu § 85b Abs 6). Die Annahme, dass der Gesetzgeber einem (verspätet) zugewiesenen RLV nur für den Fall Rechtsfolgen beimessen wollte, dass sich ein höheres RLV ergeben hätte, ist auch deswegen fernliegend, weil dies zu Lasten der übrigen Vertragsärzte ginge.

26

Nach alledem handelt es sich bei der Frist nach § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF um eine bloße Ordnungsfrist(ebenso Freudenberg in jurisPK SGB V, 1. Aufl 2008, § 87b RdNr 79; Rompf in Liebold/Zalewski, Stand April 2010, § 87b RdNr C 87b-23; aA Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 87b RdNr 7), um deren Einhaltung die KÄV pflichtgemäß besorgt sein muss, die aber keine Ausschlussfrist in dem Sinne darstellt, dass bei ihrem Verstreichen das alte RLV weitergilt. Dass die Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der Frist nicht geregelt sind, stellt - ungeachtet der vom Gesetzgeber hervorgehobenen Bedeutung der Kalkulationssicherheit (vgl FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 126 zu § 85b Abs 4) - auch keine Lücke dar, die der Ausfüllung im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung bedarf. Eine bewusste Nichtbeachtung der Frist stellte eine Rechtsverletzung dar, die der für die Beklagte zuständigen Aufsichtsbehörde (vgl § 78 Abs 2 Satz 1 SGB V)im Rahmen der ihr obliegenden Rechtsaufsicht (vgl § 78 Abs 3 Satz 1 SGB V)Veranlassung zum Einschreiten gäbe.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte, die in stationären Pflegeeinrichtungen erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen von nach § 119b Absatz 1 Satz 4 ermächtigten Ärzten, ambulante ärztliche Leistungen, die in ermächtigten Einrichtungen erbracht werden, und Leistungen, die im Rahmen einer Inanspruchnahme nach § 27b Absatz 3 Nummer 4 oder nach § 75 Absatz 1b Satz 2, § 76 Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 1a, § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 sowie nach § 87 Absatz 2a Satz 14 erbracht werden, werden nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Die mit diesen Leistungen verbundenen allgemeinen Praxiskosten, die durch die Anwendung von ärztlichen Geräten entstehenden Kosten sowie die sonstigen Sachkosten sind mit den Gebühren abgegolten, soweit in den einheitlichen Bewertungsmaßstäben nichts Abweichendes bestimmt ist. Die den ermächtigten Krankenhausärzten zustehende Vergütung wird für diese vom Krankenhausträger mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet und nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der dem Krankenhaus nach Satz 2 entstehenden Kosten an die berechtigten Krankenhausärzte weitergeleitet. Die Vergütung der von nach § 119b Absatz 1 Satz 4 ermächtigten Ärzten erbrachten Leistungen wird von der stationären Pflegeeinrichtung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet. Die Vergütung der Leistungen, die im Rahmen einer Inanspruchnahme nach § 76 Absatz 1a erbracht werden, wird vom Krankenhausträger nach Maßgabe der regionalen Euro-Gebührenordnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet.

(1a) Ergänzend zur Vergütung nach Absatz 1 sollen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich für die in kinder- und jugendmedizinischen, kinderchirurgischen und kinderorthopädischen sowie insbesondere pädaudiologischen und kinderradiologischen Fachabteilungen von Krankenhäusern erbrachten ambulanten Leistungen mit dem Krankenhausträger fall- oder einrichtungsbezogene Pauschalen vereinbaren, wenn diese erforderlich sind, um die Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die auf Überweisung erfolgt, angemessen zu vergüten. Die Pauschalen werden von der Krankenkasse unmittelbar vergütet. § 295 Absatz 1b Satz 1 gilt entsprechend. Das Nähere über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen und der erforderlichen Vordrucke wird in der Vereinbarung nach § 301 Absatz 3 geregelt. Soweit für ein Jahr für diese Leistungen erstmals Pauschalen nach Satz 1 vereinbart werden, sind bei besonderen Einrichtungen einmalig die Erlössumme nach § 6 Absatz 3 des Krankenhausentgeltgesetzes für dieses Jahr in Höhe der Summe der nach Satz 1 vereinbarten Pauschalen zu vermindern. Der jeweilige Minderungsbetrag ist bereits bei der Vereinbarung der Vergütung nach Satz 1 festzulegen. Bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwerts nach § 10 des Krankenhausentgeltgesetzes ist die Summe der für das jeweilige Jahr erstmalig vereinbarten ambulanten Pauschalen ausgabenmindernd zu berücksichtigen.

(2) Die Leistungen der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren und der medizinischen Behandlungszentren werden unmittelbar von der Krankenkasse vergütet. Die Vergütung wird von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken, den Krankenhäusern oder den sie vertretenden Vereinigungen im Land vereinbart; die Höhe der Vergütung für die Leistungen der jeweiligen Hochschulambulanz gilt auch für andere Krankenkassen im Inland, wenn deren Versicherte durch diese Hochschulambulanz behandelt werden. Sie muss die Leistungsfähigkeit der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren und der medizinischen Behandlungszentren bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten. Bei der Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen sind die Grundsätze nach Absatz 3 Satz 4 erstmals bis zum 1. Juli 2017 und danach jeweils innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Anpassung der Grundsätze nach Absatz 3 Satz 4 zu berücksichtigen. Bei den Vergütungsvereinbarungen für Hochschulambulanzen nach Satz 2 sind Vereinbarungen nach Absatz 1a Satz 1 zu berücksichtigen. Die Vereinbarungen nach Satz 2 über die Vergütung von Leistungen der sozialpädiatrischen Zentren und medizinischen Behandlungszentren sind, auf Grund der besonderen Situation dieser Einrichtungen durch die SARS-CoV-2-Pandemie, bis zum 20. Juni 2020 vorübergehend anzupassen. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 hat die Vergütung der Leistungen, die die psychiatrischen Institutsambulanzen im Rahmen der Versorgung nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b erbringen, nach den entsprechenden Bestimmungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen mit dem Preis der jeweiligen regionalen Euro-Gebührenordnung zu erfolgen.

(3) Die Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren, der medizinischen Behandlungszentren und sonstiger ermächtigter ärztlich geleiteter Einrichtungen kann pauschaliert werden. § 295 Absatz 1b Satz 1 gilt entsprechend. Das Nähere über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen und der erforderlichen Vordrucke wird für die Hochschulambulanzen, die psychiatrischen Institutsambulanzen, die sozial-pädiatrischen Zentren und die medizinischen Behandlungszentren von den Vertragsparteien nach § 301 Absatz 3, für die sonstigen ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen von den Vertragsparteien nach § 83 Satz 1 vereinbart. Die Vertragsparteien nach § 301 Absatz 3 vereinbaren bis zum 23. Januar 2016 bundeseinheitliche Grundsätze, die die Besonderheiten der Hochschulambulanzen angemessen abbilden, insbesondere zur Vergütungsstruktur und zur Leistungsdokumentation.

(3a) Die Vergütung der Leistungen, die im Rahmen einer Inanspruchnahme nach § 76 Absatz 1a erbracht werden, erfolgt mit den festen Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung zu Lasten des Anteils der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen, der für den Bereich der fachärztlichen Versorgung zu bilden ist, es sei denn, die Vertragsparteien nach § 87a Absatz 2 Satz 1 haben für diese Leistungen Vergütungen nach § 87a Absatz 2 Satz 3 oder § 87a Absatz 3 Satz 5 und 6 vereinbart. Eine Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität ist nicht vorzunehmen. Das Nähere über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen und der erforderlichen Vordrucke bestimmt die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit der Landeskrankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich unter Berücksichtigung der Regelungen nach § 87 Absatz 1 Satz 2 bis zum 23. Januar 2016; § 115 Absatz 3 gilt entsprechend. Die in § 112 Absatz 1 genannten Vertragspartner treffen eine Vereinbarung über eine pauschale Vergütung und Abrechnung des Sprechstundenbedarfs mit den Krankenkassen im Rahmen der Inanspruchnahme nach § 76 Absatz 1a; § 112 Absatz 5 gilt entsprechend.

(3b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 30. Juni 2023 eine Richtlinie, die Vorgaben zur Durchführung einer qualifizierten und standardisierten Ersteinschätzung des medizinischen Versorgungsbedarfs von Hilfesuchenden, die sich zur Behandlung eines Notfalls nach § 76 Absatz 1 Satz 2 an ein Krankenhaus wenden, beinhaltet. Die nach § 136c Absatz 4 beschlossenen Festlegungen sind zu berücksichtigen. Dabei ist auch das Nähere vorzugeben

1.
zur Qualifikation des medizinischen Personals, das die Ersteinschätzung vornimmt,
2.
zur Einbeziehung ärztlichen Personals bei der Feststellung des Nichtvorliegens eines sofortigen Behandlungsbedarfs,
3.
zur Form und zum Inhalt des Nachweises der Durchführung der Ersteinschätzung,
4.
zum Nachweis gegenüber der Terminservicestelle, dass ein Fall nach § 75 Absatz 1a Satz 4 Nummer 2 vorliegt,
5.
zur Weiterleitung an Notdienstpraxen gemäß § 75 Absatz 1b Satz 3 und
6.
zu Übergangsfristen für die Umsetzung der Richtlinie, soweit diese für eine rechtzeitige Integration der Richtlinie in die organisatorischen Abläufe der Krankenhäuser erforderlich sind.
Die Vergütung ambulanter Leistungen zur Behandlung von Notfällen nach § 76 Absatz 1 Satz 2 im Krankenhaus setzt ab dem Inkrafttreten der Richtlinie nach Satz 1 voraus, dass bei der Durchführung der Ersteinschätzung nach Satz 1 ein sofortiger Behandlungsbedarf festgestellt wurde oder zu diesem Zeitpunkt keine Notdienstpraxis in oder an dem jeweiligen Krankenhaus gemäß § 75 Absatz 1b Satz 3 in unmittelbarer Nähe geöffnet ist. Der ergänzte Bewertungsausschuss in seiner Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a beschließt bis zum Beginn des übernächsten auf das Inkrafttreten der Richtlinie nach Satz 1 folgenden Quartals die sich aus der Richtlinie nach Satz 1 ergebenden notwendigen Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Auswirkungen der Richtlinie nach Satz 1 hinsichtlich der Entwicklung der Inanspruchnahme der Notaufnahmen, der Auswirkungen auf die Patientenversorgung sowie die Erforderlichkeit einer Anpassung seiner Regelungen bis zum 31. Dezember 2026 zu prüfen. Der ergänzte Bewertungsausschuss in seiner Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a hat die Entwicklung der Leistungen in Notaufnahmen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2026 zu berichten; § 87 Absatz 3a gilt entsprechend.

(4) Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1a Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 2 oder eine Berücksichtigung der Grundsätze nach Absatz 2 Satz 4 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer Vertragspartei die Vergütung fest; im Falle von Vereinbarungen nach Absatz 1a Satz 1 hat die Schiedsstelle zunächst festzustellen, ob die Vereinbarung erforderlich ist, um die Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die auf Überweisung erfolgt, angemessen zu vergüten. Kommt die Vereinbarung nach Absatz 3 Satz 4 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Besetzung ohne den Vertreter des Verbandes der privaten Krankenversicherung auf Antrag einer Vertragspartei den Inhalt innerhalb von sechs Wochen fest. Kommt die Vereinbarung nach Absatz 3a Satz 4 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 114 auf Antrag einer Vertragspartei den Inhalt innerhalb von sechs Wochen fest.

(5) Beamtenrechtliche Vorschriften über die Entrichtung eines Entgelts bei der Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn oder vertragliche Regelungen über ein weitergehendes Nutzungsentgelt, das neben der Kostenerstattung auch einen Vorteilsausgleich umfaßt, und sonstige Abgaben der Ärzte werden durch die Absätze 1 bis 4 nicht berührt.

(6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 6. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe des dem Kläger für das Quartal II/2009 zuzuweisenden Regelleistungsvolumens (RLV).

2

Der Kläger nimmt als Praktischer Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) teil. Nachdem die Beklagte ihm für das Quartal I/2009 ein RLV in Höhe von 41 848 Euro zugewiesen hatte, setzte sie mit Bescheid vom 24.2.2009 - der dem Kläger nach den Feststellungen des SG am 9.3.2009 zugegangen ist - das RLV des Klägers für das Quartal II/2009 auf 37 981,44 Euro fest. Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid vom 27.5.2009), hat das SG auf dessen Klage hin die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene RLV zugrunde zu legen (Urteil vom 6.4.2011). Da die Zuweisung des neuen RLV nicht spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartals II/2009 erfolgt sei, gelte auch für dieses Quartal das höhere RLV des Quartals I/2009 fort. Dies folge aus § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V(in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung ), nach dem das bisherige RLV vorläufig fortgelte, wenn ein RLV nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums zugewiesen werden könne. Diese Regelung verweise nicht ausdrücklich auf die Frist des § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF, doch könne der Begriff "rechtzeitig" nur als Bezugnahme auf diese Frist verstanden werden. Auch die in § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisher zugewiesenen RLV korrespondiere allein mit der in Satz 5 aaO geregelten Rechtsfolge, dass Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV rückwirkend zu erfüllen seien, was auch bedeute, dass ein ggf zu hohes fortgeltendes RLV nicht nachträglich korrigiert werden dürfe. Die Regelungen des § 87b Abs 5 SGB V aF könnten deswegen nur dahin verstanden werden, dass der Arzt Zahlungsansprüche aus dem höheren RLV habe, wenn die Mitteilung des RLV später als vier Wochen vor Quartalsbeginn erfolge.

3

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Ein bisheriges RLV gelte vorläufig fort, wenn die Zuweisung des neuen RLV nicht vor dem Beginn des Geltungszeitraums - dem Abrechnungsquartal - zugewiesen sei. § 87b Abs 5 SGB V aF solle sicherstellen, dass das Mengensteuerungsinstrument RLV kontinuierlich Anwendung finde und kein regelungsfreier Raum entstehe. Um dieses Ziel zu erreichen, habe es dem Gesetzgeber für den Fall der Zuweisung des RLV noch vor seinem Geltungsbeginn genügt, in § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF lediglich eine Ordnungsfrist zu normieren. Der Begriff "rechtzeitig" in § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF solle lediglich die Bedeutung des Beginns des Abrechnungsquartales unterstreichen. Zudem sei sie - die Beklagte - zu Unrecht verpflichtet worden, das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene RLV für das gesamte Quartal II/2009 zugrunde zu legen. Der vorläufige Geltungscharakter des nicht rechtzeitig bekannt gegebenen RLV ergebe sich daraus, dass gemäß § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV (rückwirkend) zu erfüllen seien, und dass das bisher zugewiesene RLV "vorläufig" fortgelte. Selbst für den Fall, dass ein RLV erst nach Beginn seines Geltungszeitraums bekannt gegeben werde, gelte das bisher zugewiesene RLV nur bis zur Bekanntgabe des neuen RLV.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 6.4.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Der Gesetzgeber habe RLV eingeführt, um eine Planbarkeit des ärztlichen Honorars ex ante - vor Beginn des Quartals - zu realisieren. Für den Fall der nachträglichen Zuweisung eines niedrigeren RLV habe er keine Regelung getroffen. Jedoch ergebe sich unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie bei systematischer Betrachtung, dass er die Kalkulationssicherheit für den einzelnen Arzt hoch bewertet habe. § 87b Abs 5 Satz 1 SGB V aF normiere eine zwingend einzuhaltende Frist; daher sei eine nachträgliche Korrektur durch ein niedrigeres RLV im Regelfall nicht mehr möglich. Das RLV gelte für das gesamte Folgequartal fort; für eine Anwendung "pro-rata-temporis" sei ausweislich des Gesetzeswortlauts kein Raum. Eine auf die Zeit bis zur verspäteten Zuweisung des neuen niedrigeren RLV beschränkte Fortgeltung stelle in Anbetracht der gesetzlichen Regelung in § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF eine unzulässige Rückwirkung dar. Das RLV solle gerade nicht einer nachträglichen Korrektur vorbehaltlich der endgültigen Festsetzung im Honorarbescheid unterliegen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist begründet.

8

Im Streit steht allein die Höhe des dem Kläger für das Quartal II/2009 zugewiesenen RLV, wiederum beschränkt auf die Frage, ob das ihm für das Quartal I/2009 zugewiesene (höhere) RLV auch für das Quartal II/2009 zugrunde zu legen ist. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass das ihm für das Quartal II/2009 zugewiesene RLV fehlerhaft berechnet worden oder aus anderen Gründen rechtswidrig ist. Dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte.

9

Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene RLV zugrunde zu legen. Das RLV war dem Kläger noch rechtzeitig vor Beginn des Quartals II/2009 zugewiesen worden.

10

1. a) Die Zuweisung eines RLV ist gesondert anfechtbar. Dies folgt bereits aus der in § 87b Abs 5 Satz 2 SGB V aF angeordneten Geltung des § 85 Abs 4 Satz 9 SGB V, welcher bestimmt, dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben. Dieser Geltungsanordnung hätte es nicht bedurft, wenn die Zuweisung nicht gesondert, sondern nur zusammen mit dem Honorarbescheid anfechtbar wäre. Die Zuweisung des RLV erfolgt im Übrigen in Form einer eigenständigen Regelung und stellt daher einen Verwaltungsakt dar. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats zur eigenständigen Bedeutung einer gesonderten Feststellung der Bemessungsgrundlagen im Rahmen von Individualbudgets (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 193; BSGE 83, 52, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202)und der Festsetzung von Praxisbudgets (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9), die unabhängig von den Honorarbescheiden angefochten werden können.

11

b) Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folgt zum einen, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann. Zum anderen ist (umgekehrt) für die Klärung der Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines RLV nur solange Raum - und ein Rechtschutzbedürfnis gegeben -, als die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (vgl bereits BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 30/11 B - RdNr 6 - für Individualbudgets).

12

In der Rechtsprechung des Senats sind Voraussetzungen und Konsequenzen der gesonderten Anfechtbarkeit von Regelungen im Zusammenhang mit der Vergütung allerdings nicht einheitlich beurteilt worden. So lässt sich den älteren - zu Individualbudgets im zahnärztlichen Bereich sowie zu Praxis- und Zusatzbudgets im ärztlichen Bereich ergangenen - Entscheidungen des Senats die Auffassung entnehmen, dass eine Anfechtung der gesondert ergangenen Bescheide auch dann zulässig ist, wenn die jeweiligen Quartalshonorarbescheide nicht angefochten worden sind (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 193; BSGE 83, 52, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9). Demgegenüber hat der Senat in neueren Entscheidungen gefordert, dass die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Honorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 12, 14 - zur Vergütung von Dialyseleistungen ohne Anwendung von RLV; grundlegend BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 30/11 B - RdNr 6 f; s auch BSG Urteil vom 8.2.2012 - B 6 KA 14/11 R - RdNr 11 - SozR 4-2500 § 85 Nr 69).

13

Zur Vereinheitlichung seiner Rechtsprechung stellt der Senat - unter Modifikation seiner in früheren Entscheidungen getroffenen Aussagen - nunmehr klar, dass für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars nur dann und solange Raum ist, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Feststellungen durch gesonderten Verwaltungsakt erfolgt sind.

14

Der Honorarbescheid würde seine Funktion einer abschließenden verbindlichen Regelung des Honoraranspruchs des Arztes verlieren, wenn er - trotz formeller Bestandskraft - und ohne ausdrückliche Kennzeichnung als vorläufig in der Sache kaum verlässlich Auskunft darüber gibt, wie hoch der Vergütungsanspruch des Arztes im jeweiligen Quartal ist. Wenn etwa wegen des Streits über das für die Höhe des Honoraranspruchs entscheidenden RLV eine verbindliche Festlegung des Honorars nicht möglich ist, spiegelt die Bestandskraft eine Sicherheit vor, die es tatsächlich nicht gibt, wenn mit umfassenden Änderungen des Bescheides nach endgültiger Festlegung des RLV zu rechnen wäre. Die Gewährleistungsfunktion von bestandskräftigen Honorarbescheiden erfordert deshalb, dass die arztbezogenen Grundlagen des Honoraranspruchs nicht mehr umstritten sind; sind diese ungeklärt, muss die endgültige Honorarhöhe zwischen KÄV und Arzt offenbleiben (Widerspruch gegen Honorarbescheid, Vorläufigkeitserklärung durch KÄV). Ergeht eine als abschließend gedachte Regelung und wird diese bestandskräftig, besteht an der Klärung von Vorfragen zum Honorar - wie etwa RLV - kein rechtlich geschütztes Interesse des Arztes mehr.

15

Die Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft muss nicht notwendig in der Weise erfolgen, dass der Vertragsarzt gegen den abschließenden Honorarbescheid Widerspruch einlegt. Es reicht auch aus, wenn die KÄV gegenüber Vertragsärzten, deren RLV noch im Streit steht, die Verpflichtung übernimmt, den Honorarbescheid einer eventuell geänderten RLV-Festsetzung anzupassen oder generell verlautbart, dass sie neue Honorarbescheide erlassen wird, wenn sich beim einzelnen Arzt Änderungen bei dem RLV ergeben.

16

Der Senat weist darauf hin, dass die KÄVen ggf zu prüfen haben, ob Vertragsärzten, die im Vertrauen auf die (ältere) Rechtsprechung des Senats von einer gleichzeitigen Anfechtung der Honorarbescheide abgesehen haben, Vertrauensschutz zu gewähren sein kann. Hierfür besteht ggf Veranlassung, weil durch die nicht einheitliche Rechtsprechung des Senats Rechtsunsicherheit eingetreten sein kann und zudem die grundlegenden Ausführungen des Senats im Beschluss vom 17.8.2011 (B 6 KA 30/11 B) nicht veröffentlicht worden sind, sodass hiervon keine Kenntnis genommen werden konnte. Dies gilt jedenfalls für Honorarbescheide, bei denen vor Veröffentlichung der Entscheidung des Senats vom heutigen Tag Bestandskraft eingetreten ist.

17

Vorliegend hat der Kläger - nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - auch den Honorarbescheid für das Quartal II/2009 angefochten.

18

2. Die Beklagte hat der Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal II/2009 zu Recht das mit Bescheid vom 24.2.2009 zugewiesene RLV zugrunde gelegt. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das ihm für das Vorquartal zugewiesene (höhere) RLV weiterhin zur Anwendung gelangt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine (ausnahmsweise) Fortgeltung des bisherigen RLV nicht gegeben sind.

19

Nach § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF gilt das bisherige, dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene RLV vorläufig fort, wenn ein RLV "nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums" zugewiesen werden kann. Voraussetzung für eine Fortgeltung des bisherigen RLV ist mithin eine "nicht rechtzeitige" Zuweisung des neuen RLV. "Nicht rechtzeitig" iS des § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF ist die Zuweisung nach dem Wortlaut der Norm dann, wenn das RLV nicht "vor Beginn des Geltungszeitraums" zugewiesen worden ist. Geltungszeitraum des RLV ist der "Abrechnungszeitraum" (vgl § 87b Abs 2 Satz 5 SGB V aF), mithin das Quartal. Das RLV für das Quartal II/2009 ist dem Kläger am 9.3.2009 und damit rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums - hier der 1.4.2009 - zugewiesen worden.

20

Der Auffassung des SG, dass das Merkmal "rechtzeitig" auf die Vier-Wochen-Frist in § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF verweise, folgt der Senat nicht. Nach dieser Bestimmung hat die Zuweisung der RLV wie auch die Mitteilung der maßgeblichen Preise jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des RLV zu erfolgen. Der Annahme, eine Überschreitung dieser Frist stelle eine nicht rechtzeitige Zuweisung iS des § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF dar, steht schon der Wortlaut der Norm entgegen. Der Gesetzgeber hat den Begriff "rechtzeitig" gerade nicht mit dem Zeitpunkt der Zuweisung, sondern ausdrücklich mit dem Beginn des Geltungszeitraums des RLV verknüpft; hätte er an die Zuweisungsfrist anknüpfen wollen, hätte er dies unschwer umsetzen können, indem er in § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF die Formulierung "nicht innerhalb der Frist nach Satz 1 zugewiesen" gebraucht hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen. Auch die Argumentation, die Verwendung des Wortes "rechtzeitig" könne nur als Bezugnahme auf die Frist des § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF verstanden werden, weil es andernfalls des Wortes "rechtzeitig" nicht bedurft hätte, ist nicht zwingend. Zwar würde sich die rechtliche Aussage, dass der Beginn des Geltungszeitraums maßgeblich ist, durch das Weglassen des Wortes nicht verändern ("nicht vor Beginn ... zugewiesen"), jedoch ändert dies nichts an der verstärkenden Wirkung des Wortes, dass eine nicht bis zum Beginn des Geltungszeitraums erfolgte Zuweisung eben nicht rechtzeitig ist.

21

Dieses Auslegungsergebnis wird durch den Zweck der die Fortgeltung des bisherigen RLV anordnenden Regelung bestätigt. Durch § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF soll eine kontinuierliche Geltung des Mengensteuerungsinstruments RLV gewährleistet werden(Fraktionsentwurf GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 126 zu § 85b Abs 6). Der Gesetzgeber wollte mithin ausschließen, dass durch eine nicht rechtzeitige Zuweisung des RLV eine Geltungslücke entsteht. Mit vergleichbarer Zielsetzung bestimmt zB § 84 Abs 1 Satz 3 SGB V für Arzneimittelvereinbarungen, dass die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung weiter gilt. Zur Wahrung der Kontinuität bzw zur Vermeidung einer Geltungslücke ist es jedoch ausreichend, wenn die Zuweisung des neuen RLV jedenfalls noch vor dem Beginn seines Geltungszeitraums erfolgt.

22

Gegen die Annahme, für die Rechtzeitigkeit der Zuweisung sei auf die Vier-Wochen-Frist des Satzes 1 aaO abzustellen, spricht auch die Regelung des § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF. Dort ist bestimmt, dass Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV rückwirkend zu erfüllen sind. Würde man die Begriffe "nicht rechtzeitig" (Satz 4 aaO) und "zu einem späteren Zeitpunkt" (Satz 5 aaO), die aufeinander aufbauen und daher einheitlich auszulegen sind, jeweils in Bezug zur Frist des § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF setzen, würde dies bei der Anwendung des Satzes 5 aaO zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führen. Gälte eine noch vor Beginn des Geltungszeitraums, aber nicht innerhalb der Vier-Wochen-Frist erfolgte Zuweisung bereits als verspätet, bedürfte es keiner "rückwirkenden" Erfüllung etwaiger Zahlungsansprüche, weil das (höhere) RLV bereits von Beginn des Quartals an gelten würde.

23

Dass § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF zugleich dem Zweck dienen soll, einen Verstoß gegen die in Satz 1 aaO normierte Frist zu sanktionieren, ist weder den Gesetzesmaterialien zu entnehmen noch sonst erkennbar. Im Übrigen ginge die Regelung des Satzes 4 aaO als derartige Sanktion ins Leere, weil es in der Zeit zwischen dem Ende der Vier-Wochen-Frist und dem Beginn der Geltungsdauer des neuen RLV der vorläufigen Weitergeltung des bisherigen RLV nicht bedürfte, da das alte RLV ohnehin noch gelten würde. Zwar hat das SG - nach seiner Auslegung der Vorschrift konsequent - angenommen, dass bei verspäteter Zuweisung das bisherige RLV für das gesamte (Folge-)Quartal fort gilt, doch kann auch dieser Auffassung nicht gefolgt werden.

24

Hiergegen spricht schon der Wortlaut des § 87b Abs 5 Satz 4 SGB V aF; danach gilt das bisherige RLV "vorläufig" fort. Dieses Einschubs hätte es nicht bedurft, wenn die Fortgeltung der bisherigen Regelung das gesamte (weitere) Quartal erfassen sollte. Um die bloße Endlichkeit der Fortgeltung anzuzeigen, wäre das Wort überflüssig, weil das RLV ohnehin für jeden Abrechnungszeitraum neu zuzuweisen ist. Für eine Fortgeltung pro rata temporis spricht zudem § 87b Abs 5 Satz 5 SGB V aF. Danach sind Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren RLV rückwirkend zu erfüllen. Schon der Wortlaut der Norm spricht von einem (verspätet) "zugewiesenen", nicht nur als zugewiesen "geltenden" RLV. Dies setzt voraus, dass eine wirksame Zuweisung des neuen RLV noch im Laufe des maßgeblichen Quartals erfolgen kann. Gälte das alte RLV zwingend für das gesamte (Folge-)Quartal, käme es überhaupt nicht zur "späteren" Zuweisung eines neuen RLV; damit liefe die Regelung leer. Zudem kann sich der als Tatbestandsvoraussetzung normierte "Anspruch" aus einem verspätet zugewiesenen (höheren) RLV nur dann ergeben, wenn auch diesem verspäteten RLV Rechtsfolgen beigemessen werden; gälte das bisherige RLV das gesamte Folgequartal fort, wäre dies nicht der Fall.

25

§ 87b Abs 5 Satz 5 SGB V kann auch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass ausschließlich höhere RLV zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesen werden dürfen. Die Norm regelt die Zulässigkeit einer späteren Zuweisung nicht, sondern setzt diese voraus. Geregelt wird ausschließlich, dass höhere Zahlungsansprüche rückwirkend zu erfüllen sind; es sollen die durch eine zeitverzögerte Festsetzung und Zuweisung von höheren Regelleistungsvolumina beim einzelnen Arzt auftretenden "Vergütungsnachteile" ausgeglichen werden (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 12 zu § 85b Abs 6). Die Annahme, dass der Gesetzgeber einem (verspätet) zugewiesenen RLV nur für den Fall Rechtsfolgen beimessen wollte, dass sich ein höheres RLV ergeben hätte, ist auch deswegen fernliegend, weil dies zu Lasten der übrigen Vertragsärzte ginge.

26

Nach alledem handelt es sich bei der Frist nach § 87b Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V aF um eine bloße Ordnungsfrist(ebenso Freudenberg in jurisPK SGB V, 1. Aufl 2008, § 87b RdNr 79; Rompf in Liebold/Zalewski, Stand April 2010, § 87b RdNr C 87b-23; aA Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 87b RdNr 7), um deren Einhaltung die KÄV pflichtgemäß besorgt sein muss, die aber keine Ausschlussfrist in dem Sinne darstellt, dass bei ihrem Verstreichen das alte RLV weitergilt. Dass die Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der Frist nicht geregelt sind, stellt - ungeachtet der vom Gesetzgeber hervorgehobenen Bedeutung der Kalkulationssicherheit (vgl FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 126 zu § 85b Abs 4) - auch keine Lücke dar, die der Ausfüllung im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung bedarf. Eine bewusste Nichtbeachtung der Frist stellte eine Rechtsverletzung dar, die der für die Beklagte zuständigen Aufsichtsbehörde (vgl § 78 Abs 2 Satz 1 SGB V)im Rahmen der ihr obliegenden Rechtsaufsicht (vgl § 78 Abs 3 Satz 1 SGB V)Veranlassung zum Einschreiten gäbe.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal II/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Für die dort im Quartal II/2008 erbrachten Leistungen setzte die Beklagte mit Honorarbescheid vom 21.10.2008 ein Honorar in Höhe von 81 011,45 Euro fest. Dabei stellte sie die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) Nr 01211 (Zusatzpauschale zur Nr 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01215 (Zusatzpauschale zur Nr 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01217 (Zusatzpauschale zur Nr 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) und Nr 01219 (Zusatzpauschale zur Nr 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2008 - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) richtig. Widerspruch und Klage der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 19.3.2009, Urteil des SG vom 2.11.2011).

3

Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Klägerin lägen nicht vor. Die Neugestaltung des EBM-Ä durch gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft verstoße auch weder unmittelbar noch mittelbar gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG. Die seit der Einführung des EBM-Ä 2008 bestehende Aufspaltung der Leistungen in der Notfallversorgung - ambulante Notfallbehandlungen auf der einen und Besuchsbereitschaft auf der anderen Seite - sei nicht sachwidrig, sondern diene der Vergütungsgerechtigkeit, die insbesondere bei pauschalierenden Honorarregelungen zu beachten sei. Die Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen sei neutral gehalten und treffe unmittelbar keine Unterscheidung zwischen Vertragsärzten und Nichtvertragsärzten. Grundsätzlich sei deren Abrechnung auch Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern nicht verwehrt. Allerdings setze dies eine Beteiligung am Notfalldienst voraus, weil nur in diesem Rahmen die ständige ärztliche Bereitschaft für das Aufsuchen der Patienten zur ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld notwendig sei. Dass Krankenhäusern die Abrechnung der Zusatzpauschale verwehrt sei, weil sie nicht am organisierten Notfalldienst teilnehmen könnten oder dürften, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gleicher Normadressaten dar, weil die Differenzierung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zulässige vertragliche Einbeziehung von Krankenhäusern in den von der Beklagten zusammen mit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt organisierten Notfalldienst sei nicht erfolgt. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung oder Berechtigung eines Krankenhauses zur Beteiligung am ambulanten Notfalldienst bestehe nicht.

4

Durch die dargestellte Systematik entstünden zwei Gruppen von Leistungserbringern bei Notfallbehandlungen, von denen die eine nur in einen Teil der Notfallversorgung eingebunden sei, weil sie nur von Patienten in Anspruch genommen werde, die selbstständig zur Ambulanz kämen. Die zusätzliche Verpflichtung der Notdienstärzte zur Bereithaltung für und Durchführung von Krankenbesuchen rechtfertige die isoliert auf den organisierten Notfalldienst bezogene Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen. Diese Vergütung sollten nur diejenigen erhalten, die auch entsprechende Leistungen erbrächten, sich also für Hausbesuche bereithielten. Eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung der Klägerin könne nicht darin liegen, dass ihr die Vergütung für eine Leistung verwehrt werde, die sie gar nicht erbringen dürfe. Der Verpflichtung, sich zur Durchführung von Hausbesuchen ständig bereit zu halten, komme eigenes Gewicht zu. Dies rechtfertige es, diese Leistung herausgelöst gesondert zu vergüten und sie bei denjenigen nicht zu berücksichtigen, die diese Bereitschaftspflicht nicht treffe. Eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Krankenhäusern sei auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 vorgesehenen Punktzahlen für die Vergütung der Grund- und Zusatzpauschalen zu sehen. Es falle in den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses (BewA), dass er die Vergütung für die Besuchsbereitschaft pauschal an die Inanspruchnahme durch einen Notfallpatienten und nicht an die Anzahl der tatsächlichen Hausbesuche geknüpft habe.

5

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung ergebe sich in erster Linie aus dem in den streitbefangenen GOPen genannten Merkmal der Besuchsbereitschaft als solchem. Notfallambulanzen von Krankenhäusern sei es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich, Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft abzurechnen, da ihnen die Unterhaltung eines Besuchsdienstes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt sei. Da Krankenhäuser keinen Hausbesuchsdienst unterhalten dürften, könne es auch keine Vorhaltung von Besuchsbereitschaft geben. Die für die Besuchsbereitschaft gezahlten Zusatzpauschalen führten zu erheblichen Vergütungsunterschieden zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern; letztere erhielten dadurch eine um 39 % geringere Vergütung. Das Vorhalten einer Besuchsbereitschaft rechtfertige keine derart gravierende Ungleichbehandlung.

6

Die GOP "Besuchsbereitschaft" umfasse weder den Besuch und die Behandlung während des Besuchs noch die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, da diese Leistungen bereits gesondert abgegolten seien; Leistungsinhalt sei vielmehr allein das Sich-Bereithalten des Vertragsarztes. Auch Notfallambulanzen hielten eine Besuchsbereitschaft vor und hätten ihre Erreichbarkeit für Notfälle sicherzustellen. Damit seien zusätzliche (Personal-)Kosten und zusätzlicher Organisationsbedarf verbunden, der sich nicht wesentlich von demjenigen des organisierten ambulanten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte unterscheide. Die aktiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Ärzte und die passiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Notfallambulanzen seien im Wesentlichen gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BewA der Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit einen solchen Stellenwert einräume, dass er große Teile der Vergütung davon abhängig mache. Im isolierten Herausgreifen eines Elements der Leistungen von Vertragsärzten und dessen nicht zu rechtfertigender Bewertung bei der Honorierung von Notfallleistungen liege der Kern des Ungleichbehandlungsvorwurfs. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben. Den Kosten, die Vertragsärzten durch eine Besuchsbereitschaft entstünden, stünden vergleichbare Kosten der Krankenhäuser gegenüber. Auch die Schaffung eines Anreizes für die Teilnahme am Notfalldienst genüge nicht.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2.11.2011 sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein höheres Honorar für das Quartal II/2008 unter Berücksichtigung der für die Leistungen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 angeforderten Vergütung neu festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die strittigen Regelungen des EBM-Ä 2008 verstießen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG, da die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sachlich gerechtfertigt sei. Für Vertragsärzte ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen aus § 17 Abs 4 bis 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 13 Abs 12 bis 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bestehe eine solche Verpflichtung hingegen nicht. Zugelassene Krankenhäuser könnten nur im Rahmen des § 116a SGB V an der allgemeinen ambulanten Behandlung teilnehmen und ansonsten nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Durchführung von Hausbesuchen sei mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Daher sei es wichtig, dass gerade die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfalldienst mit einer Zusatzpauschale vergütet werde, damit die KÄVen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notfalldienstes nachkommen könnten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, da die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä 2008 nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die beklagte KÄV muss - nach einer rückwirkenden Neuregelung der Notfallvergütungen durch den BewA - erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen entscheiden.

11

1. Das Verfahren vor dem SG leidet nicht unter dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel der Beiladung des BewA (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6)oder der ihn tragenden Institutionen (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6; speziell zu Notfallambulanzen: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12 f). Zu Verfahren, in denen inzident über die Rechtmäßigkeit von Regelungen des EBM-Ä gestritten wird, ist der BewA nicht notwendig (iS des § 75 Abs 2 SGG)beizuladen. Allein die Unterlassung einer in diesem Sinne notwendigen Beiladung stellt einen auch im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar. Der Senat hält allerdings in Verfahren, in denen - wie hier - in der Sache über die Wirksamkeit einer alle Notfallambulanzen in Deutschland betreffenden Vergütungsregelung gestritten wird, eine einfache Beiladung der Trägerorganisationen des BewA für sachgerecht.

12

2. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden, da infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts insoweit entsprechend gelten (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14). Diese Gleichstellung bewirkt nicht allein die Anwendung der für Vertragsärzte geltenden Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts - einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG aaO).

13

3. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind jedoch nicht rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vordergründig zu Recht die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 richtig gestellt - dh unvergütet gelassen -, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden (a). Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die Vergütung der Notfallbehandlungen stehen jedoch mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, weil die in den genannten GOPen geregelte gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der von Vertragsärzten im organisierten Not(fall)dienst auf der einen und von Krankenhausambulanzen auf der anderen Seite erbrachten Notfallbehandlungen darstellt (b). Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.

14

a. Das SG hat richtig gesehen, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung schon deshalb nicht erfüllt, weil die KÄV bei ihr nicht die "Besuchsbereitschaft" festgestellt hat (aa.). Dabei ist unerheblich, ob der Krankenhausträger von sich aus keinen Antrag auf Feststellung dieser Bereitschaft gestellt hat, oder ob die Beklagte diese Feststellung abgelehnt hat. Eine derartige Feststellung ist nämlich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen (bb.).

15

aa. Bei den streitgegenständlichen GOPen Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 handelt es sich jeweils um Zusatzpauschalen zu anderen, die Versorgung im Notfall und im organisierten Notfalldienst betreffenden GOPen (Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen I bis III "im organisierten Notfalldienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser"). Diese Zusatzpauschalen werden jeweils "für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not(fall)dienst" gezahlt. Hierzu bestimmt die Nr 3 der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.2 EBM-Ä 2008, dass nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser die Zusatzpauschalen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur abrechnen dürfen, wenn die zuständige KÄV ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen bzw im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes festgestellt hat.

16

Der Begriff "Besuchsbereitschaft" wird im EBM-Ä 2008 nicht näher erläutert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass hiermit nicht die "passive" Besuchsbereitschaft abgegolten werden soll, also die Ermöglichung einer Inanspruchnahme durch Patienten, sondern die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass Ärzte sich bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Dies ergibt sich aus dem Begriffsteil "Besuch", welcher in der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.4 EBM-Ä 2008 unter Nr 1 Satz 1 als "ärztliche Inanspruchnahme, zu der der Arzt seine Praxis, Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um sich an eine andere Stelle zur Behandlung eines Erkrankten zu begeben", definiert ist.

17

bb. Die Durchführung von Besuchen im Notfalldienst gehört jedoch nicht zu den Aufgaben, die den Krankenhäusern im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung obliegen. Daher kann von ihnen weder der Nachweis einer Besuchsbereitschaft gefordert werden, noch können sie davon profitieren, dass sie eine solche behaupten.

18

(1) Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ist die ambulante Versorgung der Versicherten primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen (BSG aaO). Gesetzliche Aufgabe der Krankenhäuser ist die Krankenhausbehandlung (vgl § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V); diese umfasst gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie - im Rahmen des § 115b SGB V - die ambulante Behandlung. Über § 115b SGB V (ambulantes Operieren) hinaus sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung der Versicherten - bei Außerbetrachtlassung der für Hochschulambulanzen(§ 117 SGB V) und Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) geltenden Sonderregelungen - nur in Form der vor- oder nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) und der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V) vor. Darüber hinaus kommt eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung in Ausnahmesituationen - bei Unterversorgung (§ 116a SGB V) sowie in "Notfällen" bei Nichterreichbarkeit von Vertragsärzten (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V) - in Betracht.

19

Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit, sodass ihre Durchführung von vornherein auf Personen bzw Einrichtungen beschränkt ist, die an dieser Versorgung teilnehmen. Da die ambulante Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Vertragsärzte ist, sind schon vom Grundsatz her nur diese zu Hausbesuchen berechtigt (und verpflichtet). Die anderen Personen bzw Einrichtungen durch das Gesetz eingeräumte Befugnis, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass diese damit auch zu einer Besuchstätigkeit berechtigt wären. So bestimmt § 17 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä, dass die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist. Schon Gebietsärzte, die nicht zugleich die Funktion des Hausarztes wahrnehmen, sind nur in besonderen Fällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet (vgl § 17 Abs 6 Satz 2 BMV-Ä). Erst recht dürfen deshalb Leistungserbringer, die lediglich im Ausnahmefall an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind, Hausbesuche allenfalls dann ausführen, wenn eine eindeutige Ermächtigung hierzu vorliegt. Hieran fehlt es jedoch in Bezug auf Krankenhausambulanzen.

20

(2) Eine Berechtigung der Krankenhausambulanzen, Hausbesuche durchzuführen, besteht auch dann nicht, wenn sie nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V in Notfällen - über den Rettungsdienst ist hier nicht zu entscheiden - in Anspruch genommen werden.

21

Es ist gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der KÄVen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst); ausdrücklich ausgenommen ist allein die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Somit entspricht es der Entscheidung des Gesetzgebers, den KÄVen (bzw berufsrechtlich den Ärztekammern) und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 26). Teil dieser den KÄVen übertragenen Gewährleistungspflicht ist die Ausgestaltung des Notdienstes, einschließlich der Organisation eines aufsuchenden Fahrdienstes. In diese Organisationshoheit der KÄVen würden Krankenhäuser eingreifen, wenn sie einen eigenen Hausbesuchsdienst organisieren würden.

22

Das Gesetz sieht neben der den KÄVen gemäß § 75 SGB V obliegenden Sicherstellung (auch) eines Not(fall)dienstes und dem - gemäß § 133 SGB V landesrechtlich geprägten - Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor. Wäre eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung beabsichtigt, hätte der Gesetzgeber dies unschwer regeln können. Statt dessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen (als "andere Ärzte") lediglich in einer Auffangvorschrift vor. Zwar sind Versicherte nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der KÄVen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20 - unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr gewährt ihnen § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalls zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruchs auf Behandlung auch Nichtvertragsärzte - und damit auch Krankenhäuser - für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren(BSG aaO). Das schließt jedoch nicht das Recht ein, an Stelle des vertragsärztlichen Notdienstes einen (etwaigen) Besuchsdienst einer Krankenhausambulanz in Anspruch zu nehmen.

23

Die Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Notfallversorgung ist nur passiv in dem Sinne möglich, dass im Krankenhaus Patienten behandelt werden, die sich in einem Notfall dorthin begeben haben. Zur Abwicklung solcher Behandlungen dürfen Krankenhäuser auch spezielle Ambulanzen betreiben, ohne dass sie allein wegen der entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen Teilnehmer am organisierten Not(fall)dienst sind. Für die Einrichtung von Notfallambulanzen sprechen bereits praktische Erwägungen; gäbe es keine Notfallambulanz, so müssten - unter Störung des übrigen Krankenhausbetriebs - andere Krankenhausärzte einspringen. Damit ist jedoch nicht die Berechtigung zu einem aufsuchenden Besuchsdienst verbunden. Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ärztlichen - insbesondere hausärztlichen - Versorgung; der Gesetzgeber hat die Teilnahme am Notdienst als Annex zur Niederlassung in eigener Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Ist der Hausarzt des Patienten nicht verfügbar, so tritt in den sprechstundenfreien Zeiten der organisierte Not(fall)dienst an dessen Stelle. Den in diesem Rahmen tätigen Ärzten obliegt auch die Durchführung von Notfallbesuchen, wenn der Patient den diensthabenden Arzt im Notfall nicht selbst aufsuchen kann. Die Durchführung von Besuchen im regulären Praxisbetrieb wie im Not(fall)dienst ist ein zentrales Element der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Besuchsdienst ist dagegen nicht mit dem "Wesen" eines Krankenhauses vereinbar. Dazu gehört es, dass das Krankenhaus von Patienten aufgesucht wird und nicht selbst Patienten aufsucht. Dieses ist zur Teilnahme am Notfalldienst gerade wegen der Vorhaltung von Ärzten und Behandlungsmöglichkeiten in den Häusern berechtigt; Patienten wenden sich dorthin, weil sie sicher sein können, dort zu jeder Zeit einen behandlungsbereiten Arzt zu finden.

24

(3) Keine abweichende Beurteilung folgt daraus, dass gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V auch "die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes" Vertragsinhalt der dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten ist. Ob Krankenhausambulanzen überhaupt durch Verträge nach § 115 SGB V (auch) an einem Hausbesuchsdienst beteiligt werden könnten, spielt jedoch bei der Beurteilung einer abstrakt-generellen Regelung keine Rolle, zumal weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, dass entsprechende vertragliche Regelungen existieren.

25

b. Auf der Basis der vorstehend dargestellten Rechtslage hinsichtlich der Mitwirkung von Krankenhäusern im Notfall stellt der daraus resultierende generelle Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä 2008 eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhausambulanzen dar.

26

aa. Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Bei dieser Prüfung sind vorrangig die vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze (1), die Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung der vom BewA getroffenen Regelungen (2) sowie die Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG (3) zu berücksichtigen.

27

(1) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich demnach dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Sie sind mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).

28

Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18), sondern lediglich eine an die gesetzliche Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V anknüpfende pauschale Honorarminderung in Höhe von 10 % für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser akzeptiert(s die Nachweise in BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

29

(2) Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR aaO Nr 12 S 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen)oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).

30

(3) Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt dabei unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177; BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).

31

bb. Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu bejahen. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft führen zu einer mittelbaren Benachteiligung der Krankenhausambulanzen, die weder mit Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Grundsatz vereinbar ist, die Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten wie diejenigen der Vertragsärzte. Die strittigen Zusatzpauschalen bewirken eine Ungleichbehandlung (1), die nach der Rechtsprechung des Senats einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte; eine solche ist jedoch nicht zu erkennen (2).

32

(1) Der BewA hat in Reaktion auf das Senatsurteil vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8), mit dem die bisherige Regelung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Krankenhausambulanzen beanstandet worden war, die Notfallvergütungen für die Zeit ab 1.1.2008 neu geregelt. Nach neuem Recht setzt sich die Honorierung von Leistungen im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst aus drei Teilelementen zusammen. Als Grundpauschale ist eine "Notfallpauschale" bei Vorliegen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts abrechenbar (Nr 01210 EBM-Ä 2008, bewertet mit 445 Punkten); hinzu kommt für jeden weiteren persönlichen oder anderen Arzt-Patienten-Kontakt eine "Notfallkonsultationspauschale" - wiederum differenziert nach der Zeit der Inanspruchnahme (Nrn 01214, 01216 und 01218 EBM-Ä 2008, bewertet mit 110, 365 bzw 445 Punkten). Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen werden jeweils durch die bereits erwähnten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft ergänzt (Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008, bewertet mit 280, 55, 225 bzw 280 Punkten). Die Zusatzpauschalen führen zu einer Erhöhung der Vergütungen - je nach Grundleistung - um ca 63 %, 50 %, ca 61 % bzw ca 63 %. Im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes durchgeführte Hausbesuche werden gesondert vergütet ("Dringender Besuch" nach Nr 01411 EBM-Ä 2008, bewertet mit 1325 Punkten).

33

Die Vergütung der Notfallleistungen ist somit zum einen davon abhängig, ob der Patient die Praxis aufsucht oder ob ein Hausbesuch durchgeführt wird - Letzteres ist bei einem Fahrdienst die Regel -, zum anderen davon, wer die Leistung erbringt. Wird der Arzt in der Praxis aufgesucht, erhält er für den Erstkontakt die Notfallpauschale von 445 Punkten sowie die Zusatzpauschale von 280 Punkten, also 725 Punkte; wird ein Hausbesuch durchgeführt, kommt die Nr 01411 EBM-Ä 2008 mit 1325 Punkten hinzu, sodass insgesamt 2050 Punkte (sowie die Wegepauschale) angesetzt werden können. Demgegenüber erhält die von einem Patienten aufgesuchte Notfallambulanz eines Krankenhauses nur die 445 Punkte der Grundpauschale.

34

Diese Rechtslage hat zur Folge, dass im Not(fall)dienst tätige Vertragsärzte regelhaft auch bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als Krankenhausambulanzen. Diese Differenzierung wird dadurch bewirkt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" ausschließlich Vertragsärzten gewährt wird, weil Krankenhäuser - wie dargestellt - nicht am Besuchsdienst teilnehmen (können). Die Zusatzpauschalen werden allen am Not(fall)dienst teilnehmenden Ärzten gewährt, weil sie - Kraft ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst - als "besuchsbereit" gelten, also auch solchen, die den Notdienst in einer vertragsärztlichen Notfallambulanz verrichten und dort ausschließlich von Patienten aufgesucht werden. Diese Ärzte erbringen letztlich identische Leistungen wie die in einer Krankenhausambulanz tätigen Ärzte, erhalten hierfür aber einen Zuschlag, der 50 % bis 63 % der Grundvergütung beträgt.

35

Mit der Zusatzpauschale "Besuchsbereitschaft" wird zudem keine eigenständige ärztliche "Leistung" abgegolten. Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen ist - wie dargestellt - die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens einer Bereitschaft bzw Motivation zur Teilnahme am Notdienst stellt schon deswegen keine "Leistung" eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet ist; dies folgt aus seinem Zulassungsstatus (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14).

36

Allenfalls der mit der Besuchsbereitschaft verbundene zeitliche Aufwand des Arztes käme als gesondert zu vergütende "Leistung" in Betracht. Dies unterstellt allerdings zum einen, dass der den Not(fall)dienst versehende Arzt über längere Zeit nicht in Anspruch genommen wird und diese Zeit nicht anderweitig vergütet erhält. Zum anderen stellt sich damit die Situation für den Notdienst tuenden Arzt mit Besuchsbereitschaft nicht anders dar als bei einem solchen, der keine Besuche durchführt, sondern in einer Ambulanz tätig ist. "Wartezeiten" fallen auch im Rahmen einer "passiven" Besuchsbereitschaft an. Schon der Begriff des "Notfalls" verdeutlicht, dass es sich hierbei um nicht planbare, unvorhersehbare Inanspruchnahmen handelt, und deshalb die Inanspruchnahme starken Schwankungen unterliegen kann. Ob die Notfallpatienten noch in der Lage sind, eine Praxis bzw Notfallambulanz aufzusuchen, oder ob ein Hausbesuch erforderlich ist, spielt insofern keine Rolle.

37

Hinzu kommt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" nicht an die Leistung "dringender Besuch" geknüpft sind, sondern an den Arzt-Patienten-Kontakt im Notdienst bzw Notfall. Potentiell für Besuche zur Verfügung stehende Ärzte erhalten die Zusatzpauschale mithin unabhängig davon, wie viele Hausbesuche sie durchführen bzw ob dies überhaupt der Fall ist. Auch der fehlende Zusammenhang zwischen den Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" und der tatsächlichen Durchführung von Besuchen legt die Annahme nahe, dass die zusätzliche Vergütung nicht für eine Besuchsbereitschaft, sondern allein für die Teilnahme am ärztlichen Not(fall)dienst gewährt wird und damit letztlich weiterhin eine höhere Vergütung der im ärztlichen Not(fall)dienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte an sich beabsichtigt ist.

38

(2) Ausnahmen von dem Grundsatz gleicher Vergütung von Vertragsärzten und Krankenhäusern in Notfällen bedürfen zwingender Gründe. Eine sachliche Rechtfertigung für die zusätzliche Gewährung der Zusatzpauschalen "Besuchsbereitschaft" an Vertragsärzte vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

39

Soweit hierzu auf einen nicht unerheblichen sächlichen und organisatorischen Aufwand für die Besuchsbereitschaft verwiesen wird, zu dem die Bereithaltung eines Fahrzeugs mit entsprechender Versicherung, eine Notfallausrüstung und ein Mobiltelefon (mit entsprechenden Kosten) gehören, trägt dies nicht. Es ist nicht erkennbar, dass mit einer bloßen "Besuchsbereitschaft" substantielle Kosten für den Arzt verbunden sind. Soweit etwaige Vorhaltekosten nicht ohnehin dadurch entfallen, dass die Tätigkeit in einer ärztlichen Notfallambulanz oder im Rahmen eines organisierten Fahrdienstes ausgeübt wird, beschränken sich diese darauf, dass der am Not(fall)dienst teilnehmende Arzt zwecks Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon und zwecks Mobilität über ein Kraftfahrzeug verfügen muss. Es dürfte kaum Ärzte geben, die entsprechende Anschaffungen allein wegen der Besuchsbereitschaft getätigt haben. Fahrzeugkosten werden im Übrigen durch die - im Falle der Inanspruchnahme gezahlte - Wegepauschale mit abgedeckt.

40

Im Übrigen sind auch mit einer "passiven" Rufbereitschaft Kosten verbunden (insbesondere mit der erweiterten Raumnutzung verbundene Heiz- und Beleuchtungskosten), die nicht gesondert vergütet werden. Dem Argument, nur die im organisierten Notfalldienst tätigen Ärzte hätten zusätzlichen Organisationsaufwand und ggf weitere Kosten, ist der Senat bereits entgegen getreten (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Die Situation in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von denen des organisierten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; aA allerdings noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - mwN = USK 95125).

41

Dass eine Besserstellung der Vergütung von Vertragsärzten zur Stärkung des Anreizes für die Teilnahme am Notdienst kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20). Die Steigerung der Motivation zur Erfüllung einer ohnehin bestehenden Verpflichtung ist kein sachlicher Grund für eine Vergütungsprivilegierung, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20). Auch die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft dient letztlich dazu, einen besonderen "Anreiz" für Vertragsärzte zu schaffen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten mit den - nur von den Ärzten zu tragenden - Beschwernissen der Hausbesuchstätigkeit verdeutlicht. Die mit Hausbesuchen verbundenen besonderen Belastungen vermögen zwar eine erhöhte Besuchsvergütung, nicht jedoch Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" zu rechtfertigen. Nicht gebilligt hat das BSG schließlich das ordnungspolitische Ziel, einer Inanspruchnahme von Krankenhäusern für Notfallbehandlungen entgegenzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20).

42

4. Die dargestellten Verstöße des EBM-Ä 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern führen nicht automatisch dazu, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderungen der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr ist sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher ist zunächst dem BewA als Normgeber des EBM-Ä Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (vgl BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113 f; speziell zur Notfallvergütung: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22 sowie BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 20). Anlass für eine entsprechende Fristsetzung sieht der Senat nicht, weil er von einer zügigen Umsetzung der Neuregelung ausgeht. Sodann hat die Beklagte erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen zu entscheiden.

43

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal I/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Mit Schreiben vom 22.1.2008 beantragte sie bei der Beklagten, ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen festzustellen; nach den Feststellungen des SG beschied die Beklagte diesen Antrag nicht. Für die in der Notfallambulanz der Klägerin im Quartal I/2008 erbrachten Leistungen setzte die Beklagte mit undatiertem Honorarbescheid ein Honorar in Höhe von 47 687,16 Euro fest. Dabei stellte sie die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) Nr 01211 (Zusatzpauschale zur Nr 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01215 (Zusatzpauschale zur Nr 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01217 (Zusatzpauschale zur Nr 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) und Nr 01219 (Zusatzpauschale zur Nr 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2008 - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) richtig. Widerspruch und Klage der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 4.3.2009, Urteil des SG vom 2.11.2011).

3

Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Klägerin lägen nicht vor. Die Neugestaltung des EBM-Ä durch gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft verstoße auch weder unmittelbar noch mittelbar gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG. Die seit der Einführung des EBM-Ä 2008 bestehende Aufspaltung der Leistungen in der Notfallversorgung - ambulante Notfallbehandlungen auf der einen und Besuchsbereitschaft auf der anderen Seite - sei nicht sachwidrig, sondern diene der Vergütungsgerechtigkeit, die insbesondere bei pauschalierenden Honorarregelungen zu beachten sei. Die Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen sei neutral gehalten und treffe unmittelbar keine Unterscheidung zwischen Vertragsärzten und Nichtvertragsärzten. Grundsätzlich sei deren Abrechnung auch Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern nicht verwehrt. Allerdings setze dies eine Beteiligung am Notfalldienst voraus, weil nur in diesem Rahmen die ständige ärztliche Bereitschaft für das Aufsuchen der Patienten zur ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld notwendig sei. Dass Krankenhäusern die Abrechnung der Zusatzpauschale verwehrt sei, weil sie nicht am organisierten Notfalldienst teilnehmen könnten oder dürften, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gleicher Normadressaten dar, weil die Differenzierung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zulässige vertragliche Einbeziehung von Krankenhäusern in den von der Beklagten zusammen mit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt organisierten Notfalldienst sei nicht erfolgt. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung oder Berechtigung eines Krankenhauses zur Beteiligung am ambulanten Notfalldienst bestehe nicht.

4

Durch die dargestellte Systematik entstünden zwei Gruppen von Leistungserbringern bei Notfallbehandlungen, von denen die eine nur in einen Teil der Notfallversorgung eingebunden sei, weil sie nur von Patienten in Anspruch genommen werde, die selbstständig zur Ambulanz kämen. Die zusätzliche Verpflichtung der Notdienstärzte zur Bereithaltung für und Durchführung von Krankenbesuchen rechtfertige die isoliert auf den organisierten Notfalldienst bezogene Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen. Diese Vergütung sollten nur diejenigen erhalten, die auch entsprechende Leistungen erbrächten, sich also für Hausbesuche bereithielten. Eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung der Klägerin könne nicht darin liegen, dass ihr die Vergütung für eine Leistung verwehrt werde, die sie gar nicht erbringen dürfe. Der Verpflichtung, sich zur Durchführung von Hausbesuchen ständig bereit zu halten, komme eigenes Gewicht zu. Dies rechtfertige es, diese Leistung herausgelöst gesondert zu vergüten und sie bei denjenigen nicht zu berücksichtigen, die diese Bereitschaftspflicht nicht treffe. Eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Krankenhäusern sei auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 vorgesehenen Punktzahlen für die Vergütung der Grund- und Zusatzpauschalen zu sehen. Es falle in den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses (BewA), dass er die Vergütung für die Besuchsbereitschaft pauschal an die Inanspruchnahme durch einen Notfallpatienten und nicht an die Anzahl der tatsächlichen Hausbesuche geknüpft habe.

5

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung ergebe sich in erster Linie aus dem in den streitbefangenen GOPen genannten Merkmal der Besuchsbereitschaft als solchem. Notfallambulanzen von Krankenhäusern sei es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich, Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft abzurechnen, da ihnen die Unterhaltung eines Besuchsdienstes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt sei. Da Krankenhäuser keinen Hausbesuchsdienst unterhalten dürften, könne es auch keine Vorhaltung von Besuchsbereitschaft geben. Die für die Besuchsbereitschaft gezahlten Zusatzpauschalen führten zu erheblichen Vergütungsunterschieden zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern; letztere erhielten dadurch eine um 39 % geringere Vergütung. Das Vorhalten einer Besuchsbereitschaft rechtfertige keine derart gravierende Ungleichbehandlung.

6

Die GOP "Besuchsbereitschaft" umfasse weder den Besuch und die Behandlung während des Besuchs noch die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, da diese Leistungen bereits gesondert abgegolten seien; Leistungsinhalt sei vielmehr allein das Sich-Bereithalten des Vertragsarztes. Auch Notfallambulanzen hielten eine Besuchsbereitschaft vor und hätten ihre Erreichbarkeit für Notfälle sicherzustellen. Damit seien zusätzliche (Personal-)Kosten und zusätzlicher Organisationsbedarf verbunden, der sich nicht wesentlich von demjenigen des organisierten ambulanten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte unterscheide. Die aktiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Ärzte und die passiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Notfallambulanzen seien im Wesentlichen gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BewA der Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit einen solchen Stellenwert einräume, dass er große Teile der Vergütung davon abhängig mache. Im isolierten Herausgreifen eines Elements der Leistungen von Vertragsärzten und dessen nicht zu rechtfertigender Bewertung bei der Honorierung von Notfallleistungen liege der Kern des Ungleichbehandlungsvorwurfs. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben. Den Kosten, die Vertragsärzten durch eine Besuchsbereitschaft entstünden, stünden vergleichbare Kosten der Krankenhäuser gegenüber. Auch die Schaffung eines Anreizes für die Teilnahme am Notfalldienst genüge nicht.

7

Die Klägerin beantragt;
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2.11.2011 sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal I/2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein höheres Honorar für das Quartal I/2008 unter Berücksichtigung der für die Leistungen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 angeforderten Vergütung neu festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die strittigen Regelungen des EBM-Ä 2008 verstießen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG, da die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sachlich gerechtfertigt sei. Für Vertragsärzte ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen aus § 17 Abs 4 bis 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 13 Abs 12 bis 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bestehe eine solche Verpflichtung hingegen nicht. Zugelassene Krankenhäuser könnten nur im Rahmen des § 116a SGB V an der allgemeinen ambulanten Behandlung teilnehmen und ansonsten nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Durchführung von Hausbesuchen sei mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Daher sei es wichtig, dass gerade die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfalldienst mit einer Zusatzpauschale vergütet werde, damit die KÄVen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notfalldienstes nachkommen könnten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich -rechnerisch richtig zu stellen, da die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä 2008 nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die beklagte KÄV muss - nach einer rückwirkenden Neuregelung der Notfallvergütungen durch den BewA - erneut über die Vergütung der im Quartal I/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen entscheiden.

11

1. Das Verfahren vor dem SG leidet nicht unter dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel der Beiladung des BewA (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6)oder der ihn tragenden Institutionen (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6; speziell zu Notfallambulanzen: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12 f). Zu Verfahren, in denen inzident über die Rechtmäßigkeit von Regelungen des EBM-Ä gestritten wird, ist der BewA nicht notwendig (iS des § 75 Abs 2 SGG) beizuladen. Allein die Unterlassung einer in diesem Sinne notwendigen Beiladung stellt einen auch im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar. Der Senat hält allerdings in Verfahren, in denen - wie hier - in der Sache über die Wirksamkeit einer alle Notfallambulanzen in Deutschland betreffenden Vergütungsregelung gestritten wird, eine einfache Beiladung der Trägerorganisationen des BewA für sachgerecht.

12

2. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden, da infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts insoweit entsprechend gelten (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14). Diese Gleichstellung bewirkt nicht allein die Anwendung der für Vertragsärzte geltenden Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts - einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG aaO).

13

3. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind jedoch nicht rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vordergründig zu Recht die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 richtig gestellt - dh unvergütet gelassen -, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden (a). Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die Vergütung der Notfallbehandlungen stehen jedoch mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, weil die in den genannten GOPen geregelte gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der von Vertragsärzten im organisierten Not(fall)dienst auf der einen und von Krankenhausambulanzen auf der anderen Seite erbrachten Notfallbehandlungen darstellt (b). Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.

14

a. Das SG hat richtig gesehen, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung schon deshalb nicht erfüllt, weil die KÄV bei ihr nicht die "Besuchsbereitschaft" festgestellt hat (aa.). Dabei ist unerheblich, ob der Krankenhausträger von sich aus keinen Antrag auf Feststellung dieser Bereitschaft gestellt hat, oder ob die Beklagte diese Feststellung abgelehnt hat. Eine derartige Feststellung ist nämlich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen (bb.).

15

aa. Bei den streitgegenständlichen GOPen Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 handelt es sich jeweils um Zusatzpauschalen zu anderen, die Versorgung im Notfall und im organisierten Notfalldienst betreffenden GOPen (Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen I bis III "im organisierten Notfalldienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser"). Diese Zusatzpauschalen werden jeweils "für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not(fall)dienst" gezahlt. Hierzu bestimmt die Nr 3 der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.2 EBM-Ä 2008, dass nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser die Zusatzpauschalen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur abrechnen dürfen, wenn die zuständige KÄV ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen bzw im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes festgestellt hat.

16

Der Begriff "Besuchsbereitschaft" wird im EBM-Ä 2008 nicht näher erläutert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass hiermit nicht die "passive" Besuchsbereitschaft abgegolten werden soll, also die Ermöglichung einer Inanspruchnahme durch Patienten, sondern die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass Ärzte sich bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Dies ergibt sich aus dem Begriffsteil "Besuch", welcher in der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.4 EBM-Ä 2008 unter Nr 1 Satz 1 als "ärztliche Inanspruchnahme, zu der der Arzt seine Praxis, Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um sich an eine andere Stelle zur Behandlung eines Erkrankten zu begeben", definiert ist.

17

bb. Die Durchführung von Besuchen im Notfalldienst gehört jedoch nicht zu den Aufgaben, die den Krankenhäusern im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung obliegen. Daher kann von ihnen weder der Nachweis einer Besuchsbereitschaft gefordert werden, noch können sie davon profitieren, dass sie eine solche behaupten.

18

(1) Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ist die ambulante Versorgung der Versicherten primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen (BSG aaO). Gesetzliche Aufgabe der Krankenhäuser ist die Krankenhausbehandlung (vgl § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V); diese umfasst gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie - im Rahmen des § 115b SGB V - die ambulante Behandlung. Über § 115b SGB V (ambulantes Operieren) hinaus sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung der Versicherten - bei Außerbetrachtlassung der für Hochschulambulanzen(§ 117 SGB V) und Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) geltenden Sonderregelungen - nur in Form der vor- oder nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) und der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V) vor. Darüber hinaus kommt eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung in Ausnahmesituationen - bei Unterversorgung (§ 116a SGB V) sowie in "Notfällen" bei Nichterreichbarkeit von Vertragsärzten (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V) - in Betracht.

19

Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit, sodass ihre Durchführung von vornherein auf Personen bzw Einrichtungen beschränkt ist, die an dieser Versorgung teilnehmen. Da die ambulante Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Vertragsärzte ist, sind schon vom Grundsatz her nur diese zu Hausbesuchen berechtigt (und verpflichtet). Die anderen Personen bzw Einrichtungen durch das Gesetz eingeräumte Befugnis, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass diese damit auch zu einer Besuchstätigkeit berechtigt wären. So bestimmt § 17 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä, dass die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist. Schon Gebietsärzte, die nicht zugleich die Funktion des Hausarztes wahrnehmen, sind nur in besonderen Fällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet (vgl § 17 Abs 6 Satz 2 BMV-Ä). Erst recht dürfen deshalb Leistungserbringer, die lediglich im Ausnahmefall an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind, Hausbesuche allenfalls dann ausführen, wenn eine eindeutige Ermächtigung hierzu vorliegt. Hieran fehlt es jedoch in Bezug auf Krankenhausambulanzen.

20

(2) Eine Berechtigung der Krankenhausambulanzen, Hausbesuche durchzuführen, besteht auch dann nicht, wenn sie nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V in Notfällen - über den Rettungsdienst ist hier nicht zu entscheiden - in Anspruch genommen werden.

21

Es ist gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der KÄVen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst); ausdrücklich ausgenommen ist allein die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Somit entspricht es der Entscheidung des Gesetzgebers, den KÄVen (bzw berufsrechtlich den Ärztekammern) und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 26). Teil dieser den KÄVen übertragenen Gewährleistungspflicht ist die Ausgestaltung des Notdienstes, einschließlich der Organisation eines aufsuchenden Fahrdienstes. In diese Organisationshoheit der KÄVen würden Krankenhäuser eingreifen, wenn sie einen eigenen Hausbesuchsdienst organisieren würden.

22

Das Gesetz sieht neben der den KÄVen gemäß § 75 SGB V obliegenden Sicherstellung (auch) eines Not(fall)dienstes und dem - gemäß § 133 SGB V landesrechtlich geprägten - Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor. Wäre eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung beabsichtigt, hätte der Gesetzgeber dies unschwer regeln können. Statt dessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen (als "andere Ärzte") lediglich in einer Auffangvorschrift vor. Zwar sind Versicherte nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der KÄVen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20 - unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr gewährt ihnen § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalls zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruchs auf Behandlung auch Nichtvertragsärzte - und damit auch Krankenhäuser - für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren(BSG aaO). Das schließt jedoch nicht das Recht ein, an Stelle des vertragsärztlichen Notdienstes einen (etwaigen) Besuchsdienst einer Krankenhausambulanz in Anspruch zu nehmen.

23

Die Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Notfallversorgung ist nur passiv in dem Sinne möglich, dass im Krankenhaus Patienten behandelt werden, die sich in einem Notfall dorthin begeben haben. Zur Abwicklung solcher Behandlungen dürfen Krankenhäuser auch spezielle Ambulanzen betreiben, ohne dass sie allein wegen der entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen Teilnehmer am organisierten Not(fall)dienst sind. Für die Einrichtung von Notfallambulanzen sprechen bereits praktische Erwägungen; gäbe es keine Notfallambulanz, so müssten - unter Störung des übrigen Krankenhausbetriebs - andere Krankenhausärzte einspringen. Damit ist jedoch nicht die Berechtigung zu einem aufsuchenden Besuchsdienst verbunden. Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ärztlichen - insbesondere hausärztlichen - Versorgung; der Gesetzgeber hat die Teilnahme am Notdienst als Annex zur Niederlassung in eigener Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Ist der Hausarzt des Patienten nicht verfügbar, so tritt in den sprechstundenfreien Zeiten der organisierte Not(fall)dienst an dessen Stelle. Den in diesem Rahmen tätigen Ärzten obliegt auch die Durchführung von Notfallbesuchen, wenn der Patient den diensthabenden Arzt im Notfall nicht selbst aufsuchen kann. Die Durchführung von Besuchen im regulären Praxisbetrieb wie im Not(fall)dienst ist ein zentrales Element der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Besuchsdienst ist dagegen nicht mit dem "Wesen" eines Krankenhauses vereinbar. Dazu gehört es, dass das Krankenhaus von Patienten aufgesucht wird und nicht selbst Patienten aufsucht. Dieses ist zur Teilnahme am Notfalldienst gerade wegen der Vorhaltung von Ärzten und Behandlungsmöglichkeiten in den Häusern berechtigt; Patienten wenden sich dorthin, weil sie sicher sein können, dort zu jeder Zeit einen behandlungsbereiten Arzt zu finden.

24

(3) Keine abweichende Beurteilung folgt daraus, dass gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V auch "die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes" Vertragsinhalt der dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten ist. Ob Krankenhausambulanzen überhaupt durch Verträge nach § 115 SGB V (auch) an einem Hausbesuchsdienst beteiligt werden könnten, spielt jedoch bei der Beurteilung einer abstrakt -generellen Regelung keine Rolle, zumal weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, dass entsprechende vertragliche Regelungen existieren.

25

b. Auf der Basis der vorstehend dargestellten Rechtslage hinsichtlich der Mitwirkung von Krankenhäusern im Notfall stellt der daraus resultierende generelle Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä 2008 eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhausambulanzen dar.

26

aa. Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Bei dieser Prüfung sind vorrangig die vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze (1), die Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung der vom BewA getroffenen Regelungen (2) sowie die Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG (3) zu berücksichtigen.

27

(1) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich demnach dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Sie sind mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).

28

Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18), sondern lediglich eine an die gesetzliche Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V anknüpfende pauschale Honorarminderung in Höhe von 10 % für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser akzeptiert(s die Nachweise in BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

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(2) Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR aaO Nr 12 S 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen)oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).

30

(3) Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt dabei unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177; BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).

31

bb. Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu bejahen. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft führen zu einer mittelbaren Benachteiligung der Krankenhausambulanzen, die weder mit Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Grundsatz vereinbar ist, die Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten wie diejenigen der Vertragsärzte. Die strittigen Zusatzpauschalen bewirken eine Ungleichbehandlung (1), die nach der Rechtsprechung des Senats einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte; eine solche ist jedoch nicht zu erkennen (2).

32

(1) Der BewA hat in Reaktion auf das Senatsurteil vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8), mit dem die bisherige Regelung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Krankenhausambulanzen beanstandet worden war, die Notfallvergütungen für die Zeit ab 1.1.2008 neu geregelt. Nach neuem Recht setzt sich die Honorierung von Leistungen im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst aus drei Teilelementen zusammen. Als Grundpauschale ist eine "Notfallpauschale" bei Vorliegen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts abrechenbar (Nr 01210 EBM-Ä 2008, bewertet mit 445 Punkten); hinzu kommt für jeden weiteren persönlichen oder anderen Arzt-Patienten-Kontakt eine "Notfallkonsultationspauschale" - wiederum differenziert nach der Zeit der Inanspruchnahme (Nrn 01214, 01216 und 01218 EBM-Ä 2008, bewertet mit 110, 365 bzw 445 Punkten). Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen werden jeweils durch die bereits erwähnten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft ergänzt (Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008, bewertet mit 280, 55, 225 bzw 280 Punkten). Die Zusatzpauschalen führen zu einer Erhöhung der Vergütungen - je nach Grundleistung - um ca 63 %, 50 %, ca 61 % bzw ca 63 %. Im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes durchgeführte Hausbesuche werden gesondert vergütet ("Dringender Besuch" nach Nr 01411 EBM-Ä 2008, bewertet mit 1325 Punkten).

33

Die Vergütung der Notfallleistungen ist somit zum einen davon abhängig, ob der Patient die Praxis aufsucht oder ob ein Hausbesuch durchgeführt wird - Letzteres ist bei einem Fahrdienst die Regel -, zum anderen davon, wer die Leistung erbringt. Wird der Arzt in der Praxis aufgesucht, erhält er für den Erstkontakt die Notfallpauschale von 445 Punkten sowie die Zusatzpauschale von 280 Punkten, also 725 Punkte; wird ein Hausbesuch durchgeführt, kommt die Nr 01411 EBM-Ä 2008 mit 1325 Punkten hinzu, sodass insgesamt 2050 Punkte (sowie die Wegepauschale) angesetzt werden können. Demgegenüber erhält die von einem Patienten aufgesuchte Notfallambulanz eines Krankenhauses nur die 445 Punkte der Grundpauschale.

34

Diese Rechtslage hat zur Folge, dass im Not(fall)dienst tätige Vertragsärzte regelhaft auch bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als Krankenhausambulanzen. Diese Differenzierung wird dadurch bewirkt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" ausschließlich Vertragsärzten gewährt wird, weil Krankenhäuser - wie dargestellt - nicht am Besuchsdienst teilnehmen (können). Die Zusatzpauschalen werden allen am Not(fall)dienst teilnehmenden Ärzten gewährt, weil sie - Kraft ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst - als "besuchsbereit" gelten, also auch solchen, die den Notdienst in einer vertragsärztlichen Notfallambulanz verrichten und dort ausschließlich von Patienten aufgesucht werden. Diese Ärzte erbringen letztlich identische Leistungen wie die in einer Krankenhausambulanz tätigen Ärzte, erhalten hierfür aber einen Zuschlag, der 50 % bis 63 % der Grundvergütung beträgt.

35

Mit der Zusatzpauschale "Besuchsbereitschaft" wird zudem keine eigenständige ärztliche "Leistung" abgegolten. Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen ist - wie dargestellt - die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens einer Bereitschaft bzw Motivation zur Teilnahme am Notdienst stellt schon deswegen keine "Leistung" eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet ist; dies folgt aus seinem Zulassungsstatus (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14).

36

Allenfalls der mit der Besuchsbereitschaft verbundene zeitliche Aufwand des Arztes käme als gesondert zu vergütende "Leistung" in Betracht. Dies unterstellt allerdings zum einen, dass der den Not(fall)dienst versehende Arzt über längere Zeit nicht in Anspruch genommen wird und diese Zeit nicht anderweitig vergütet erhält. Zum anderen stellt sich damit die Situation für den Notdienst tuenden Arzt mit Besuchsbereitschaft nicht anders dar als bei einem solchen, der keine Besuche durchführt, sondern in einer Ambulanz tätig ist. "Wartezeiten" fallen auch im Rahmen einer "passiven" Besuchsbereitschaft an. Schon der Begriff des "Notfalls" verdeutlicht, dass es sich hierbei um nicht planbare, unvorhersehbare Inanspruchnahmen handelt, und deshalb die Inanspruchnahme starken Schwankungen unterliegen kann. Ob die Notfallpatienten noch in der Lage sind, eine Praxis bzw Notfallambulanz aufzusuchen, oder ob ein Hausbesuch erforderlich ist, spielt insofern keine Rolle.

37

Hinzu kommt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" nicht an die Leistung "dringender Besuch" geknüpft sind, sondern an den Arzt-Patienten-Kontakt im Notdienst bzw Notfall. Potentiell für Besuche zur Verfügung stehende Ärzte erhalten die Zusatzpauschale mithin unabhängig davon, wie viele Hausbesuche sie durchführen bzw ob dies überhaupt der Fall ist. Auch der fehlende Zusammenhang zwischen den Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" und der tatsächlichen Durchführung von Besuchen legt die Annahme nahe, dass die zusätzliche Vergütung nicht für eine Besuchsbereitschaft, sondern allein für die Teilnahme am ärztlichen Not(fall)dienst gewährt wird und damit letztlich weiterhin eine höhere Vergütung der im ärztlichen Not(fall)dienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte an sich beabsichtigt ist.

38

(2) Ausnahmen von dem Grundsatz gleicher Vergütung von Vertragsärzten und Krankenhäusern in Notfällen bedürfen zwingender Gründe. Eine sachliche Rechtfertigung für die zusätzliche Gewährung der Zusatzpauschalen "Besuchsbereitschaft" an Vertragsärzte vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

39

Soweit hierzu auf einen nicht unerheblichen sächlichen und organisatorischen Aufwand für die Besuchsbereitschaft verwiesen wird, zu dem die Bereithaltung eines Fahrzeugs mit entsprechender Versicherung, eine Notfallausrüstung und ein Mobiltelefon (mit entsprechenden Kosten) gehören, trägt dies nicht. Es ist nicht erkennbar, dass mit einer bloßen "Besuchsbereitschaft" substantielle Kosten für den Arzt verbunden sind. Soweit etwaige Vorhaltekosten nicht ohnehin dadurch entfallen, dass die Tätigkeit in einer ärztlichen Notfallambulanz oder im Rahmen eines organisierten Fahrdienstes ausgeübt wird, beschränken sich diese darauf, dass der am Not(fall)dienst teilnehmende Arzt zwecks Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon und zwecks Mobilität über ein Kraftfahrzeug verfügen muss. Es dürfte kaum Ärzte geben, die entsprechende Anschaffungen allein wegen der Besuchsbereitschaft getätigt haben. Fahrzeugkosten werden im Übrigen durch die - im Falle der Inanspruchnahme gezahlte - Wegepauschale mit abgedeckt.

40

Im Übrigen sind auch mit einer "passiven" Rufbereitschaft Kosten verbunden (insbesondere mit der erweiterten Raumnutzung verbundene Heiz- und Beleuchtungskosten), die nicht gesondert vergütet werden. Dem Argument, nur die im organisierten Notfalldienst tätigen Ärzte hätten zusätzlichen Organisationsaufwand und ggf weitere Kosten, ist der Senat bereits entgegen getreten (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Die Situation in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von denen des organisierten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; aA allerdings noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - mwN = USK 95125).

41

Dass eine Besserstellung der Vergütung von Vertragsärzten zur Stärkung des Anreizes für die Teilnahme am Notdienst kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20). Die Steigerung der Motivation zur Erfüllung einer ohnehin bestehenden Verpflichtung ist kein sachlicher Grund für eine Vergütungsprivilegierung, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20). Auch die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft dient letztlich dazu, einen besonderen "Anreiz" für Vertragsärzte zu schaffen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten mit den - nur von den Ärzten zu tragenden - Beschwernissen der Hausbesuchstätigkeit verdeutlicht. Die mit Hausbesuchen verbundenen besonderen Belastungen vermögen zwar eine erhöhte Besuchsvergütung, nicht jedoch Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" zu rechtfertigen. Nicht gebilligt hat das BSG schließlich das ordnungspolitische Ziel, einer Inanspruchnahme von Krankenhäusern für Notfallbehandlungen entgegenzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20).

42

4. Die dargestellten Verstöße des EBM-Ä 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern führen nicht automatisch dazu, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderungen der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr ist sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher ist zunächst dem BewA als Normgeber des EBM-Ä Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (vgl BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113 f; speziell zur Notfallvergütung: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22 sowie BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 20). Anlass für eine entsprechende Fristsetzung sieht der Senat nicht, weil er von einer zügigen Umsetzung der Neuregelung ausgeht. Sodann hat die Beklagte erneut über die Vergütung der im Quartal I/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen zu entscheiden.

43

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal II/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Für die dort im Quartal II/2008 erbrachten Leistungen setzte die Beklagte mit Honorarbescheid vom 21.10.2008 ein Honorar in Höhe von 81 011,45 Euro fest. Dabei stellte sie die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) Nr 01211 (Zusatzpauschale zur Nr 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01215 (Zusatzpauschale zur Nr 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01217 (Zusatzpauschale zur Nr 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) und Nr 01219 (Zusatzpauschale zur Nr 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2008 - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) richtig. Widerspruch und Klage der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 19.3.2009, Urteil des SG vom 2.11.2011).

3

Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Klägerin lägen nicht vor. Die Neugestaltung des EBM-Ä durch gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft verstoße auch weder unmittelbar noch mittelbar gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG. Die seit der Einführung des EBM-Ä 2008 bestehende Aufspaltung der Leistungen in der Notfallversorgung - ambulante Notfallbehandlungen auf der einen und Besuchsbereitschaft auf der anderen Seite - sei nicht sachwidrig, sondern diene der Vergütungsgerechtigkeit, die insbesondere bei pauschalierenden Honorarregelungen zu beachten sei. Die Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen sei neutral gehalten und treffe unmittelbar keine Unterscheidung zwischen Vertragsärzten und Nichtvertragsärzten. Grundsätzlich sei deren Abrechnung auch Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern nicht verwehrt. Allerdings setze dies eine Beteiligung am Notfalldienst voraus, weil nur in diesem Rahmen die ständige ärztliche Bereitschaft für das Aufsuchen der Patienten zur ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld notwendig sei. Dass Krankenhäusern die Abrechnung der Zusatzpauschale verwehrt sei, weil sie nicht am organisierten Notfalldienst teilnehmen könnten oder dürften, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gleicher Normadressaten dar, weil die Differenzierung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zulässige vertragliche Einbeziehung von Krankenhäusern in den von der Beklagten zusammen mit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt organisierten Notfalldienst sei nicht erfolgt. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung oder Berechtigung eines Krankenhauses zur Beteiligung am ambulanten Notfalldienst bestehe nicht.

4

Durch die dargestellte Systematik entstünden zwei Gruppen von Leistungserbringern bei Notfallbehandlungen, von denen die eine nur in einen Teil der Notfallversorgung eingebunden sei, weil sie nur von Patienten in Anspruch genommen werde, die selbstständig zur Ambulanz kämen. Die zusätzliche Verpflichtung der Notdienstärzte zur Bereithaltung für und Durchführung von Krankenbesuchen rechtfertige die isoliert auf den organisierten Notfalldienst bezogene Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen. Diese Vergütung sollten nur diejenigen erhalten, die auch entsprechende Leistungen erbrächten, sich also für Hausbesuche bereithielten. Eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung der Klägerin könne nicht darin liegen, dass ihr die Vergütung für eine Leistung verwehrt werde, die sie gar nicht erbringen dürfe. Der Verpflichtung, sich zur Durchführung von Hausbesuchen ständig bereit zu halten, komme eigenes Gewicht zu. Dies rechtfertige es, diese Leistung herausgelöst gesondert zu vergüten und sie bei denjenigen nicht zu berücksichtigen, die diese Bereitschaftspflicht nicht treffe. Eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Krankenhäusern sei auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 vorgesehenen Punktzahlen für die Vergütung der Grund- und Zusatzpauschalen zu sehen. Es falle in den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses (BewA), dass er die Vergütung für die Besuchsbereitschaft pauschal an die Inanspruchnahme durch einen Notfallpatienten und nicht an die Anzahl der tatsächlichen Hausbesuche geknüpft habe.

5

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung ergebe sich in erster Linie aus dem in den streitbefangenen GOPen genannten Merkmal der Besuchsbereitschaft als solchem. Notfallambulanzen von Krankenhäusern sei es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich, Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft abzurechnen, da ihnen die Unterhaltung eines Besuchsdienstes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt sei. Da Krankenhäuser keinen Hausbesuchsdienst unterhalten dürften, könne es auch keine Vorhaltung von Besuchsbereitschaft geben. Die für die Besuchsbereitschaft gezahlten Zusatzpauschalen führten zu erheblichen Vergütungsunterschieden zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern; letztere erhielten dadurch eine um 39 % geringere Vergütung. Das Vorhalten einer Besuchsbereitschaft rechtfertige keine derart gravierende Ungleichbehandlung.

6

Die GOP "Besuchsbereitschaft" umfasse weder den Besuch und die Behandlung während des Besuchs noch die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, da diese Leistungen bereits gesondert abgegolten seien; Leistungsinhalt sei vielmehr allein das Sich-Bereithalten des Vertragsarztes. Auch Notfallambulanzen hielten eine Besuchsbereitschaft vor und hätten ihre Erreichbarkeit für Notfälle sicherzustellen. Damit seien zusätzliche (Personal-)Kosten und zusätzlicher Organisationsbedarf verbunden, der sich nicht wesentlich von demjenigen des organisierten ambulanten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte unterscheide. Die aktiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Ärzte und die passiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Notfallambulanzen seien im Wesentlichen gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BewA der Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit einen solchen Stellenwert einräume, dass er große Teile der Vergütung davon abhängig mache. Im isolierten Herausgreifen eines Elements der Leistungen von Vertragsärzten und dessen nicht zu rechtfertigender Bewertung bei der Honorierung von Notfallleistungen liege der Kern des Ungleichbehandlungsvorwurfs. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben. Den Kosten, die Vertragsärzten durch eine Besuchsbereitschaft entstünden, stünden vergleichbare Kosten der Krankenhäuser gegenüber. Auch die Schaffung eines Anreizes für die Teilnahme am Notfalldienst genüge nicht.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2.11.2011 sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein höheres Honorar für das Quartal II/2008 unter Berücksichtigung der für die Leistungen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 angeforderten Vergütung neu festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die strittigen Regelungen des EBM-Ä 2008 verstießen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG, da die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sachlich gerechtfertigt sei. Für Vertragsärzte ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen aus § 17 Abs 4 bis 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 13 Abs 12 bis 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bestehe eine solche Verpflichtung hingegen nicht. Zugelassene Krankenhäuser könnten nur im Rahmen des § 116a SGB V an der allgemeinen ambulanten Behandlung teilnehmen und ansonsten nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Durchführung von Hausbesuchen sei mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Daher sei es wichtig, dass gerade die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfalldienst mit einer Zusatzpauschale vergütet werde, damit die KÄVen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notfalldienstes nachkommen könnten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, da die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä 2008 nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die beklagte KÄV muss - nach einer rückwirkenden Neuregelung der Notfallvergütungen durch den BewA - erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen entscheiden.

11

1. Das Verfahren vor dem SG leidet nicht unter dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel der Beiladung des BewA (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6)oder der ihn tragenden Institutionen (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6; speziell zu Notfallambulanzen: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12 f). Zu Verfahren, in denen inzident über die Rechtmäßigkeit von Regelungen des EBM-Ä gestritten wird, ist der BewA nicht notwendig (iS des § 75 Abs 2 SGG)beizuladen. Allein die Unterlassung einer in diesem Sinne notwendigen Beiladung stellt einen auch im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar. Der Senat hält allerdings in Verfahren, in denen - wie hier - in der Sache über die Wirksamkeit einer alle Notfallambulanzen in Deutschland betreffenden Vergütungsregelung gestritten wird, eine einfache Beiladung der Trägerorganisationen des BewA für sachgerecht.

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2. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden, da infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts insoweit entsprechend gelten (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14). Diese Gleichstellung bewirkt nicht allein die Anwendung der für Vertragsärzte geltenden Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts - einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG aaO).

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3. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind jedoch nicht rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vordergründig zu Recht die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 richtig gestellt - dh unvergütet gelassen -, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden (a). Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die Vergütung der Notfallbehandlungen stehen jedoch mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, weil die in den genannten GOPen geregelte gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der von Vertragsärzten im organisierten Not(fall)dienst auf der einen und von Krankenhausambulanzen auf der anderen Seite erbrachten Notfallbehandlungen darstellt (b). Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.

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a. Das SG hat richtig gesehen, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung schon deshalb nicht erfüllt, weil die KÄV bei ihr nicht die "Besuchsbereitschaft" festgestellt hat (aa.). Dabei ist unerheblich, ob der Krankenhausträger von sich aus keinen Antrag auf Feststellung dieser Bereitschaft gestellt hat, oder ob die Beklagte diese Feststellung abgelehnt hat. Eine derartige Feststellung ist nämlich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen (bb.).

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aa. Bei den streitgegenständlichen GOPen Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 handelt es sich jeweils um Zusatzpauschalen zu anderen, die Versorgung im Notfall und im organisierten Notfalldienst betreffenden GOPen (Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen I bis III "im organisierten Notfalldienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser"). Diese Zusatzpauschalen werden jeweils "für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not(fall)dienst" gezahlt. Hierzu bestimmt die Nr 3 der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.2 EBM-Ä 2008, dass nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser die Zusatzpauschalen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur abrechnen dürfen, wenn die zuständige KÄV ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen bzw im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes festgestellt hat.

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Der Begriff "Besuchsbereitschaft" wird im EBM-Ä 2008 nicht näher erläutert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass hiermit nicht die "passive" Besuchsbereitschaft abgegolten werden soll, also die Ermöglichung einer Inanspruchnahme durch Patienten, sondern die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass Ärzte sich bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Dies ergibt sich aus dem Begriffsteil "Besuch", welcher in der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.4 EBM-Ä 2008 unter Nr 1 Satz 1 als "ärztliche Inanspruchnahme, zu der der Arzt seine Praxis, Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um sich an eine andere Stelle zur Behandlung eines Erkrankten zu begeben", definiert ist.

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bb. Die Durchführung von Besuchen im Notfalldienst gehört jedoch nicht zu den Aufgaben, die den Krankenhäusern im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung obliegen. Daher kann von ihnen weder der Nachweis einer Besuchsbereitschaft gefordert werden, noch können sie davon profitieren, dass sie eine solche behaupten.

18

(1) Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ist die ambulante Versorgung der Versicherten primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen (BSG aaO). Gesetzliche Aufgabe der Krankenhäuser ist die Krankenhausbehandlung (vgl § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V); diese umfasst gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie - im Rahmen des § 115b SGB V - die ambulante Behandlung. Über § 115b SGB V (ambulantes Operieren) hinaus sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung der Versicherten - bei Außerbetrachtlassung der für Hochschulambulanzen(§ 117 SGB V) und Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) geltenden Sonderregelungen - nur in Form der vor- oder nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) und der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V) vor. Darüber hinaus kommt eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung in Ausnahmesituationen - bei Unterversorgung (§ 116a SGB V) sowie in "Notfällen" bei Nichterreichbarkeit von Vertragsärzten (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V) - in Betracht.

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Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit, sodass ihre Durchführung von vornherein auf Personen bzw Einrichtungen beschränkt ist, die an dieser Versorgung teilnehmen. Da die ambulante Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Vertragsärzte ist, sind schon vom Grundsatz her nur diese zu Hausbesuchen berechtigt (und verpflichtet). Die anderen Personen bzw Einrichtungen durch das Gesetz eingeräumte Befugnis, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass diese damit auch zu einer Besuchstätigkeit berechtigt wären. So bestimmt § 17 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä, dass die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist. Schon Gebietsärzte, die nicht zugleich die Funktion des Hausarztes wahrnehmen, sind nur in besonderen Fällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet (vgl § 17 Abs 6 Satz 2 BMV-Ä). Erst recht dürfen deshalb Leistungserbringer, die lediglich im Ausnahmefall an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind, Hausbesuche allenfalls dann ausführen, wenn eine eindeutige Ermächtigung hierzu vorliegt. Hieran fehlt es jedoch in Bezug auf Krankenhausambulanzen.

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(2) Eine Berechtigung der Krankenhausambulanzen, Hausbesuche durchzuführen, besteht auch dann nicht, wenn sie nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V in Notfällen - über den Rettungsdienst ist hier nicht zu entscheiden - in Anspruch genommen werden.

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Es ist gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der KÄVen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst); ausdrücklich ausgenommen ist allein die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Somit entspricht es der Entscheidung des Gesetzgebers, den KÄVen (bzw berufsrechtlich den Ärztekammern) und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 26). Teil dieser den KÄVen übertragenen Gewährleistungspflicht ist die Ausgestaltung des Notdienstes, einschließlich der Organisation eines aufsuchenden Fahrdienstes. In diese Organisationshoheit der KÄVen würden Krankenhäuser eingreifen, wenn sie einen eigenen Hausbesuchsdienst organisieren würden.

22

Das Gesetz sieht neben der den KÄVen gemäß § 75 SGB V obliegenden Sicherstellung (auch) eines Not(fall)dienstes und dem - gemäß § 133 SGB V landesrechtlich geprägten - Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor. Wäre eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung beabsichtigt, hätte der Gesetzgeber dies unschwer regeln können. Statt dessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen (als "andere Ärzte") lediglich in einer Auffangvorschrift vor. Zwar sind Versicherte nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der KÄVen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20 - unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr gewährt ihnen § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalls zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruchs auf Behandlung auch Nichtvertragsärzte - und damit auch Krankenhäuser - für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren(BSG aaO). Das schließt jedoch nicht das Recht ein, an Stelle des vertragsärztlichen Notdienstes einen (etwaigen) Besuchsdienst einer Krankenhausambulanz in Anspruch zu nehmen.

23

Die Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Notfallversorgung ist nur passiv in dem Sinne möglich, dass im Krankenhaus Patienten behandelt werden, die sich in einem Notfall dorthin begeben haben. Zur Abwicklung solcher Behandlungen dürfen Krankenhäuser auch spezielle Ambulanzen betreiben, ohne dass sie allein wegen der entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen Teilnehmer am organisierten Not(fall)dienst sind. Für die Einrichtung von Notfallambulanzen sprechen bereits praktische Erwägungen; gäbe es keine Notfallambulanz, so müssten - unter Störung des übrigen Krankenhausbetriebs - andere Krankenhausärzte einspringen. Damit ist jedoch nicht die Berechtigung zu einem aufsuchenden Besuchsdienst verbunden. Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ärztlichen - insbesondere hausärztlichen - Versorgung; der Gesetzgeber hat die Teilnahme am Notdienst als Annex zur Niederlassung in eigener Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Ist der Hausarzt des Patienten nicht verfügbar, so tritt in den sprechstundenfreien Zeiten der organisierte Not(fall)dienst an dessen Stelle. Den in diesem Rahmen tätigen Ärzten obliegt auch die Durchführung von Notfallbesuchen, wenn der Patient den diensthabenden Arzt im Notfall nicht selbst aufsuchen kann. Die Durchführung von Besuchen im regulären Praxisbetrieb wie im Not(fall)dienst ist ein zentrales Element der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Besuchsdienst ist dagegen nicht mit dem "Wesen" eines Krankenhauses vereinbar. Dazu gehört es, dass das Krankenhaus von Patienten aufgesucht wird und nicht selbst Patienten aufsucht. Dieses ist zur Teilnahme am Notfalldienst gerade wegen der Vorhaltung von Ärzten und Behandlungsmöglichkeiten in den Häusern berechtigt; Patienten wenden sich dorthin, weil sie sicher sein können, dort zu jeder Zeit einen behandlungsbereiten Arzt zu finden.

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(3) Keine abweichende Beurteilung folgt daraus, dass gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V auch "die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes" Vertragsinhalt der dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten ist. Ob Krankenhausambulanzen überhaupt durch Verträge nach § 115 SGB V (auch) an einem Hausbesuchsdienst beteiligt werden könnten, spielt jedoch bei der Beurteilung einer abstrakt-generellen Regelung keine Rolle, zumal weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, dass entsprechende vertragliche Regelungen existieren.

25

b. Auf der Basis der vorstehend dargestellten Rechtslage hinsichtlich der Mitwirkung von Krankenhäusern im Notfall stellt der daraus resultierende generelle Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä 2008 eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhausambulanzen dar.

26

aa. Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Bei dieser Prüfung sind vorrangig die vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze (1), die Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung der vom BewA getroffenen Regelungen (2) sowie die Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG (3) zu berücksichtigen.

27

(1) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich demnach dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Sie sind mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).

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Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18), sondern lediglich eine an die gesetzliche Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V anknüpfende pauschale Honorarminderung in Höhe von 10 % für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser akzeptiert(s die Nachweise in BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

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(2) Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR aaO Nr 12 S 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen)oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).

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(3) Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt dabei unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177; BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).

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bb. Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu bejahen. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft führen zu einer mittelbaren Benachteiligung der Krankenhausambulanzen, die weder mit Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Grundsatz vereinbar ist, die Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten wie diejenigen der Vertragsärzte. Die strittigen Zusatzpauschalen bewirken eine Ungleichbehandlung (1), die nach der Rechtsprechung des Senats einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte; eine solche ist jedoch nicht zu erkennen (2).

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(1) Der BewA hat in Reaktion auf das Senatsurteil vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8), mit dem die bisherige Regelung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Krankenhausambulanzen beanstandet worden war, die Notfallvergütungen für die Zeit ab 1.1.2008 neu geregelt. Nach neuem Recht setzt sich die Honorierung von Leistungen im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst aus drei Teilelementen zusammen. Als Grundpauschale ist eine "Notfallpauschale" bei Vorliegen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts abrechenbar (Nr 01210 EBM-Ä 2008, bewertet mit 445 Punkten); hinzu kommt für jeden weiteren persönlichen oder anderen Arzt-Patienten-Kontakt eine "Notfallkonsultationspauschale" - wiederum differenziert nach der Zeit der Inanspruchnahme (Nrn 01214, 01216 und 01218 EBM-Ä 2008, bewertet mit 110, 365 bzw 445 Punkten). Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen werden jeweils durch die bereits erwähnten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft ergänzt (Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008, bewertet mit 280, 55, 225 bzw 280 Punkten). Die Zusatzpauschalen führen zu einer Erhöhung der Vergütungen - je nach Grundleistung - um ca 63 %, 50 %, ca 61 % bzw ca 63 %. Im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes durchgeführte Hausbesuche werden gesondert vergütet ("Dringender Besuch" nach Nr 01411 EBM-Ä 2008, bewertet mit 1325 Punkten).

33

Die Vergütung der Notfallleistungen ist somit zum einen davon abhängig, ob der Patient die Praxis aufsucht oder ob ein Hausbesuch durchgeführt wird - Letzteres ist bei einem Fahrdienst die Regel -, zum anderen davon, wer die Leistung erbringt. Wird der Arzt in der Praxis aufgesucht, erhält er für den Erstkontakt die Notfallpauschale von 445 Punkten sowie die Zusatzpauschale von 280 Punkten, also 725 Punkte; wird ein Hausbesuch durchgeführt, kommt die Nr 01411 EBM-Ä 2008 mit 1325 Punkten hinzu, sodass insgesamt 2050 Punkte (sowie die Wegepauschale) angesetzt werden können. Demgegenüber erhält die von einem Patienten aufgesuchte Notfallambulanz eines Krankenhauses nur die 445 Punkte der Grundpauschale.

34

Diese Rechtslage hat zur Folge, dass im Not(fall)dienst tätige Vertragsärzte regelhaft auch bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als Krankenhausambulanzen. Diese Differenzierung wird dadurch bewirkt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" ausschließlich Vertragsärzten gewährt wird, weil Krankenhäuser - wie dargestellt - nicht am Besuchsdienst teilnehmen (können). Die Zusatzpauschalen werden allen am Not(fall)dienst teilnehmenden Ärzten gewährt, weil sie - Kraft ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst - als "besuchsbereit" gelten, also auch solchen, die den Notdienst in einer vertragsärztlichen Notfallambulanz verrichten und dort ausschließlich von Patienten aufgesucht werden. Diese Ärzte erbringen letztlich identische Leistungen wie die in einer Krankenhausambulanz tätigen Ärzte, erhalten hierfür aber einen Zuschlag, der 50 % bis 63 % der Grundvergütung beträgt.

35

Mit der Zusatzpauschale "Besuchsbereitschaft" wird zudem keine eigenständige ärztliche "Leistung" abgegolten. Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen ist - wie dargestellt - die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens einer Bereitschaft bzw Motivation zur Teilnahme am Notdienst stellt schon deswegen keine "Leistung" eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet ist; dies folgt aus seinem Zulassungsstatus (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14).

36

Allenfalls der mit der Besuchsbereitschaft verbundene zeitliche Aufwand des Arztes käme als gesondert zu vergütende "Leistung" in Betracht. Dies unterstellt allerdings zum einen, dass der den Not(fall)dienst versehende Arzt über längere Zeit nicht in Anspruch genommen wird und diese Zeit nicht anderweitig vergütet erhält. Zum anderen stellt sich damit die Situation für den Notdienst tuenden Arzt mit Besuchsbereitschaft nicht anders dar als bei einem solchen, der keine Besuche durchführt, sondern in einer Ambulanz tätig ist. "Wartezeiten" fallen auch im Rahmen einer "passiven" Besuchsbereitschaft an. Schon der Begriff des "Notfalls" verdeutlicht, dass es sich hierbei um nicht planbare, unvorhersehbare Inanspruchnahmen handelt, und deshalb die Inanspruchnahme starken Schwankungen unterliegen kann. Ob die Notfallpatienten noch in der Lage sind, eine Praxis bzw Notfallambulanz aufzusuchen, oder ob ein Hausbesuch erforderlich ist, spielt insofern keine Rolle.

37

Hinzu kommt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" nicht an die Leistung "dringender Besuch" geknüpft sind, sondern an den Arzt-Patienten-Kontakt im Notdienst bzw Notfall. Potentiell für Besuche zur Verfügung stehende Ärzte erhalten die Zusatzpauschale mithin unabhängig davon, wie viele Hausbesuche sie durchführen bzw ob dies überhaupt der Fall ist. Auch der fehlende Zusammenhang zwischen den Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" und der tatsächlichen Durchführung von Besuchen legt die Annahme nahe, dass die zusätzliche Vergütung nicht für eine Besuchsbereitschaft, sondern allein für die Teilnahme am ärztlichen Not(fall)dienst gewährt wird und damit letztlich weiterhin eine höhere Vergütung der im ärztlichen Not(fall)dienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte an sich beabsichtigt ist.

38

(2) Ausnahmen von dem Grundsatz gleicher Vergütung von Vertragsärzten und Krankenhäusern in Notfällen bedürfen zwingender Gründe. Eine sachliche Rechtfertigung für die zusätzliche Gewährung der Zusatzpauschalen "Besuchsbereitschaft" an Vertragsärzte vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

39

Soweit hierzu auf einen nicht unerheblichen sächlichen und organisatorischen Aufwand für die Besuchsbereitschaft verwiesen wird, zu dem die Bereithaltung eines Fahrzeugs mit entsprechender Versicherung, eine Notfallausrüstung und ein Mobiltelefon (mit entsprechenden Kosten) gehören, trägt dies nicht. Es ist nicht erkennbar, dass mit einer bloßen "Besuchsbereitschaft" substantielle Kosten für den Arzt verbunden sind. Soweit etwaige Vorhaltekosten nicht ohnehin dadurch entfallen, dass die Tätigkeit in einer ärztlichen Notfallambulanz oder im Rahmen eines organisierten Fahrdienstes ausgeübt wird, beschränken sich diese darauf, dass der am Not(fall)dienst teilnehmende Arzt zwecks Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon und zwecks Mobilität über ein Kraftfahrzeug verfügen muss. Es dürfte kaum Ärzte geben, die entsprechende Anschaffungen allein wegen der Besuchsbereitschaft getätigt haben. Fahrzeugkosten werden im Übrigen durch die - im Falle der Inanspruchnahme gezahlte - Wegepauschale mit abgedeckt.

40

Im Übrigen sind auch mit einer "passiven" Rufbereitschaft Kosten verbunden (insbesondere mit der erweiterten Raumnutzung verbundene Heiz- und Beleuchtungskosten), die nicht gesondert vergütet werden. Dem Argument, nur die im organisierten Notfalldienst tätigen Ärzte hätten zusätzlichen Organisationsaufwand und ggf weitere Kosten, ist der Senat bereits entgegen getreten (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Die Situation in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von denen des organisierten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; aA allerdings noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - mwN = USK 95125).

41

Dass eine Besserstellung der Vergütung von Vertragsärzten zur Stärkung des Anreizes für die Teilnahme am Notdienst kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20). Die Steigerung der Motivation zur Erfüllung einer ohnehin bestehenden Verpflichtung ist kein sachlicher Grund für eine Vergütungsprivilegierung, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20). Auch die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft dient letztlich dazu, einen besonderen "Anreiz" für Vertragsärzte zu schaffen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten mit den - nur von den Ärzten zu tragenden - Beschwernissen der Hausbesuchstätigkeit verdeutlicht. Die mit Hausbesuchen verbundenen besonderen Belastungen vermögen zwar eine erhöhte Besuchsvergütung, nicht jedoch Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" zu rechtfertigen. Nicht gebilligt hat das BSG schließlich das ordnungspolitische Ziel, einer Inanspruchnahme von Krankenhäusern für Notfallbehandlungen entgegenzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20).

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4. Die dargestellten Verstöße des EBM-Ä 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern führen nicht automatisch dazu, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderungen der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr ist sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher ist zunächst dem BewA als Normgeber des EBM-Ä Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (vgl BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113 f; speziell zur Notfallvergütung: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22 sowie BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 20). Anlass für eine entsprechende Fristsetzung sieht der Senat nicht, weil er von einer zügigen Umsetzung der Neuregelung ausgeht. Sodann hat die Beklagte erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen zu entscheiden.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal I/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Mit Schreiben vom 22.1.2008 beantragte sie bei der Beklagten, ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen festzustellen; nach den Feststellungen des SG beschied die Beklagte diesen Antrag nicht. Für die in der Notfallambulanz der Klägerin im Quartal I/2008 erbrachten Leistungen setzte die Beklagte mit undatiertem Honorarbescheid ein Honorar in Höhe von 47 687,16 Euro fest. Dabei stellte sie die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) Nr 01211 (Zusatzpauschale zur Nr 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01215 (Zusatzpauschale zur Nr 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01217 (Zusatzpauschale zur Nr 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) und Nr 01219 (Zusatzpauschale zur Nr 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2008 - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) richtig. Widerspruch und Klage der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 4.3.2009, Urteil des SG vom 2.11.2011).

3

Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Klägerin lägen nicht vor. Die Neugestaltung des EBM-Ä durch gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft verstoße auch weder unmittelbar noch mittelbar gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG. Die seit der Einführung des EBM-Ä 2008 bestehende Aufspaltung der Leistungen in der Notfallversorgung - ambulante Notfallbehandlungen auf der einen und Besuchsbereitschaft auf der anderen Seite - sei nicht sachwidrig, sondern diene der Vergütungsgerechtigkeit, die insbesondere bei pauschalierenden Honorarregelungen zu beachten sei. Die Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen sei neutral gehalten und treffe unmittelbar keine Unterscheidung zwischen Vertragsärzten und Nichtvertragsärzten. Grundsätzlich sei deren Abrechnung auch Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern nicht verwehrt. Allerdings setze dies eine Beteiligung am Notfalldienst voraus, weil nur in diesem Rahmen die ständige ärztliche Bereitschaft für das Aufsuchen der Patienten zur ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld notwendig sei. Dass Krankenhäusern die Abrechnung der Zusatzpauschale verwehrt sei, weil sie nicht am organisierten Notfalldienst teilnehmen könnten oder dürften, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gleicher Normadressaten dar, weil die Differenzierung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zulässige vertragliche Einbeziehung von Krankenhäusern in den von der Beklagten zusammen mit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt organisierten Notfalldienst sei nicht erfolgt. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung oder Berechtigung eines Krankenhauses zur Beteiligung am ambulanten Notfalldienst bestehe nicht.

4

Durch die dargestellte Systematik entstünden zwei Gruppen von Leistungserbringern bei Notfallbehandlungen, von denen die eine nur in einen Teil der Notfallversorgung eingebunden sei, weil sie nur von Patienten in Anspruch genommen werde, die selbstständig zur Ambulanz kämen. Die zusätzliche Verpflichtung der Notdienstärzte zur Bereithaltung für und Durchführung von Krankenbesuchen rechtfertige die isoliert auf den organisierten Notfalldienst bezogene Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen. Diese Vergütung sollten nur diejenigen erhalten, die auch entsprechende Leistungen erbrächten, sich also für Hausbesuche bereithielten. Eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung der Klägerin könne nicht darin liegen, dass ihr die Vergütung für eine Leistung verwehrt werde, die sie gar nicht erbringen dürfe. Der Verpflichtung, sich zur Durchführung von Hausbesuchen ständig bereit zu halten, komme eigenes Gewicht zu. Dies rechtfertige es, diese Leistung herausgelöst gesondert zu vergüten und sie bei denjenigen nicht zu berücksichtigen, die diese Bereitschaftspflicht nicht treffe. Eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Krankenhäusern sei auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 vorgesehenen Punktzahlen für die Vergütung der Grund- und Zusatzpauschalen zu sehen. Es falle in den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses (BewA), dass er die Vergütung für die Besuchsbereitschaft pauschal an die Inanspruchnahme durch einen Notfallpatienten und nicht an die Anzahl der tatsächlichen Hausbesuche geknüpft habe.

5

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung ergebe sich in erster Linie aus dem in den streitbefangenen GOPen genannten Merkmal der Besuchsbereitschaft als solchem. Notfallambulanzen von Krankenhäusern sei es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich, Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft abzurechnen, da ihnen die Unterhaltung eines Besuchsdienstes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt sei. Da Krankenhäuser keinen Hausbesuchsdienst unterhalten dürften, könne es auch keine Vorhaltung von Besuchsbereitschaft geben. Die für die Besuchsbereitschaft gezahlten Zusatzpauschalen führten zu erheblichen Vergütungsunterschieden zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern; letztere erhielten dadurch eine um 39 % geringere Vergütung. Das Vorhalten einer Besuchsbereitschaft rechtfertige keine derart gravierende Ungleichbehandlung.

6

Die GOP "Besuchsbereitschaft" umfasse weder den Besuch und die Behandlung während des Besuchs noch die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, da diese Leistungen bereits gesondert abgegolten seien; Leistungsinhalt sei vielmehr allein das Sich-Bereithalten des Vertragsarztes. Auch Notfallambulanzen hielten eine Besuchsbereitschaft vor und hätten ihre Erreichbarkeit für Notfälle sicherzustellen. Damit seien zusätzliche (Personal-)Kosten und zusätzlicher Organisationsbedarf verbunden, der sich nicht wesentlich von demjenigen des organisierten ambulanten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte unterscheide. Die aktiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Ärzte und die passiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Notfallambulanzen seien im Wesentlichen gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BewA der Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit einen solchen Stellenwert einräume, dass er große Teile der Vergütung davon abhängig mache. Im isolierten Herausgreifen eines Elements der Leistungen von Vertragsärzten und dessen nicht zu rechtfertigender Bewertung bei der Honorierung von Notfallleistungen liege der Kern des Ungleichbehandlungsvorwurfs. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben. Den Kosten, die Vertragsärzten durch eine Besuchsbereitschaft entstünden, stünden vergleichbare Kosten der Krankenhäuser gegenüber. Auch die Schaffung eines Anreizes für die Teilnahme am Notfalldienst genüge nicht.

7

Die Klägerin beantragt;
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2.11.2011 sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal I/2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein höheres Honorar für das Quartal I/2008 unter Berücksichtigung der für die Leistungen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 angeforderten Vergütung neu festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die strittigen Regelungen des EBM-Ä 2008 verstießen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG, da die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sachlich gerechtfertigt sei. Für Vertragsärzte ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen aus § 17 Abs 4 bis 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 13 Abs 12 bis 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bestehe eine solche Verpflichtung hingegen nicht. Zugelassene Krankenhäuser könnten nur im Rahmen des § 116a SGB V an der allgemeinen ambulanten Behandlung teilnehmen und ansonsten nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Durchführung von Hausbesuchen sei mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Daher sei es wichtig, dass gerade die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfalldienst mit einer Zusatzpauschale vergütet werde, damit die KÄVen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notfalldienstes nachkommen könnten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich -rechnerisch richtig zu stellen, da die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä 2008 nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die beklagte KÄV muss - nach einer rückwirkenden Neuregelung der Notfallvergütungen durch den BewA - erneut über die Vergütung der im Quartal I/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen entscheiden.

11

1. Das Verfahren vor dem SG leidet nicht unter dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel der Beiladung des BewA (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6)oder der ihn tragenden Institutionen (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6; speziell zu Notfallambulanzen: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12 f). Zu Verfahren, in denen inzident über die Rechtmäßigkeit von Regelungen des EBM-Ä gestritten wird, ist der BewA nicht notwendig (iS des § 75 Abs 2 SGG) beizuladen. Allein die Unterlassung einer in diesem Sinne notwendigen Beiladung stellt einen auch im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar. Der Senat hält allerdings in Verfahren, in denen - wie hier - in der Sache über die Wirksamkeit einer alle Notfallambulanzen in Deutschland betreffenden Vergütungsregelung gestritten wird, eine einfache Beiladung der Trägerorganisationen des BewA für sachgerecht.

12

2. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden, da infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts insoweit entsprechend gelten (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14). Diese Gleichstellung bewirkt nicht allein die Anwendung der für Vertragsärzte geltenden Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts - einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG aaO).

13

3. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind jedoch nicht rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vordergründig zu Recht die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 richtig gestellt - dh unvergütet gelassen -, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden (a). Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die Vergütung der Notfallbehandlungen stehen jedoch mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, weil die in den genannten GOPen geregelte gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der von Vertragsärzten im organisierten Not(fall)dienst auf der einen und von Krankenhausambulanzen auf der anderen Seite erbrachten Notfallbehandlungen darstellt (b). Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.

14

a. Das SG hat richtig gesehen, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung schon deshalb nicht erfüllt, weil die KÄV bei ihr nicht die "Besuchsbereitschaft" festgestellt hat (aa.). Dabei ist unerheblich, ob der Krankenhausträger von sich aus keinen Antrag auf Feststellung dieser Bereitschaft gestellt hat, oder ob die Beklagte diese Feststellung abgelehnt hat. Eine derartige Feststellung ist nämlich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen (bb.).

15

aa. Bei den streitgegenständlichen GOPen Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 handelt es sich jeweils um Zusatzpauschalen zu anderen, die Versorgung im Notfall und im organisierten Notfalldienst betreffenden GOPen (Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen I bis III "im organisierten Notfalldienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser"). Diese Zusatzpauschalen werden jeweils "für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not(fall)dienst" gezahlt. Hierzu bestimmt die Nr 3 der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.2 EBM-Ä 2008, dass nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser die Zusatzpauschalen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur abrechnen dürfen, wenn die zuständige KÄV ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen bzw im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes festgestellt hat.

16

Der Begriff "Besuchsbereitschaft" wird im EBM-Ä 2008 nicht näher erläutert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass hiermit nicht die "passive" Besuchsbereitschaft abgegolten werden soll, also die Ermöglichung einer Inanspruchnahme durch Patienten, sondern die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass Ärzte sich bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Dies ergibt sich aus dem Begriffsteil "Besuch", welcher in der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.4 EBM-Ä 2008 unter Nr 1 Satz 1 als "ärztliche Inanspruchnahme, zu der der Arzt seine Praxis, Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um sich an eine andere Stelle zur Behandlung eines Erkrankten zu begeben", definiert ist.

17

bb. Die Durchführung von Besuchen im Notfalldienst gehört jedoch nicht zu den Aufgaben, die den Krankenhäusern im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung obliegen. Daher kann von ihnen weder der Nachweis einer Besuchsbereitschaft gefordert werden, noch können sie davon profitieren, dass sie eine solche behaupten.

18

(1) Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ist die ambulante Versorgung der Versicherten primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen (BSG aaO). Gesetzliche Aufgabe der Krankenhäuser ist die Krankenhausbehandlung (vgl § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V); diese umfasst gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie - im Rahmen des § 115b SGB V - die ambulante Behandlung. Über § 115b SGB V (ambulantes Operieren) hinaus sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung der Versicherten - bei Außerbetrachtlassung der für Hochschulambulanzen(§ 117 SGB V) und Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) geltenden Sonderregelungen - nur in Form der vor- oder nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) und der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V) vor. Darüber hinaus kommt eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung in Ausnahmesituationen - bei Unterversorgung (§ 116a SGB V) sowie in "Notfällen" bei Nichterreichbarkeit von Vertragsärzten (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V) - in Betracht.

19

Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit, sodass ihre Durchführung von vornherein auf Personen bzw Einrichtungen beschränkt ist, die an dieser Versorgung teilnehmen. Da die ambulante Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Vertragsärzte ist, sind schon vom Grundsatz her nur diese zu Hausbesuchen berechtigt (und verpflichtet). Die anderen Personen bzw Einrichtungen durch das Gesetz eingeräumte Befugnis, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass diese damit auch zu einer Besuchstätigkeit berechtigt wären. So bestimmt § 17 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä, dass die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist. Schon Gebietsärzte, die nicht zugleich die Funktion des Hausarztes wahrnehmen, sind nur in besonderen Fällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet (vgl § 17 Abs 6 Satz 2 BMV-Ä). Erst recht dürfen deshalb Leistungserbringer, die lediglich im Ausnahmefall an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind, Hausbesuche allenfalls dann ausführen, wenn eine eindeutige Ermächtigung hierzu vorliegt. Hieran fehlt es jedoch in Bezug auf Krankenhausambulanzen.

20

(2) Eine Berechtigung der Krankenhausambulanzen, Hausbesuche durchzuführen, besteht auch dann nicht, wenn sie nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V in Notfällen - über den Rettungsdienst ist hier nicht zu entscheiden - in Anspruch genommen werden.

21

Es ist gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der KÄVen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst); ausdrücklich ausgenommen ist allein die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Somit entspricht es der Entscheidung des Gesetzgebers, den KÄVen (bzw berufsrechtlich den Ärztekammern) und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 26). Teil dieser den KÄVen übertragenen Gewährleistungspflicht ist die Ausgestaltung des Notdienstes, einschließlich der Organisation eines aufsuchenden Fahrdienstes. In diese Organisationshoheit der KÄVen würden Krankenhäuser eingreifen, wenn sie einen eigenen Hausbesuchsdienst organisieren würden.

22

Das Gesetz sieht neben der den KÄVen gemäß § 75 SGB V obliegenden Sicherstellung (auch) eines Not(fall)dienstes und dem - gemäß § 133 SGB V landesrechtlich geprägten - Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor. Wäre eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung beabsichtigt, hätte der Gesetzgeber dies unschwer regeln können. Statt dessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen (als "andere Ärzte") lediglich in einer Auffangvorschrift vor. Zwar sind Versicherte nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der KÄVen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20 - unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr gewährt ihnen § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalls zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruchs auf Behandlung auch Nichtvertragsärzte - und damit auch Krankenhäuser - für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren(BSG aaO). Das schließt jedoch nicht das Recht ein, an Stelle des vertragsärztlichen Notdienstes einen (etwaigen) Besuchsdienst einer Krankenhausambulanz in Anspruch zu nehmen.

23

Die Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Notfallversorgung ist nur passiv in dem Sinne möglich, dass im Krankenhaus Patienten behandelt werden, die sich in einem Notfall dorthin begeben haben. Zur Abwicklung solcher Behandlungen dürfen Krankenhäuser auch spezielle Ambulanzen betreiben, ohne dass sie allein wegen der entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen Teilnehmer am organisierten Not(fall)dienst sind. Für die Einrichtung von Notfallambulanzen sprechen bereits praktische Erwägungen; gäbe es keine Notfallambulanz, so müssten - unter Störung des übrigen Krankenhausbetriebs - andere Krankenhausärzte einspringen. Damit ist jedoch nicht die Berechtigung zu einem aufsuchenden Besuchsdienst verbunden. Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ärztlichen - insbesondere hausärztlichen - Versorgung; der Gesetzgeber hat die Teilnahme am Notdienst als Annex zur Niederlassung in eigener Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Ist der Hausarzt des Patienten nicht verfügbar, so tritt in den sprechstundenfreien Zeiten der organisierte Not(fall)dienst an dessen Stelle. Den in diesem Rahmen tätigen Ärzten obliegt auch die Durchführung von Notfallbesuchen, wenn der Patient den diensthabenden Arzt im Notfall nicht selbst aufsuchen kann. Die Durchführung von Besuchen im regulären Praxisbetrieb wie im Not(fall)dienst ist ein zentrales Element der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Besuchsdienst ist dagegen nicht mit dem "Wesen" eines Krankenhauses vereinbar. Dazu gehört es, dass das Krankenhaus von Patienten aufgesucht wird und nicht selbst Patienten aufsucht. Dieses ist zur Teilnahme am Notfalldienst gerade wegen der Vorhaltung von Ärzten und Behandlungsmöglichkeiten in den Häusern berechtigt; Patienten wenden sich dorthin, weil sie sicher sein können, dort zu jeder Zeit einen behandlungsbereiten Arzt zu finden.

24

(3) Keine abweichende Beurteilung folgt daraus, dass gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V auch "die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes" Vertragsinhalt der dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten ist. Ob Krankenhausambulanzen überhaupt durch Verträge nach § 115 SGB V (auch) an einem Hausbesuchsdienst beteiligt werden könnten, spielt jedoch bei der Beurteilung einer abstrakt -generellen Regelung keine Rolle, zumal weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, dass entsprechende vertragliche Regelungen existieren.

25

b. Auf der Basis der vorstehend dargestellten Rechtslage hinsichtlich der Mitwirkung von Krankenhäusern im Notfall stellt der daraus resultierende generelle Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä 2008 eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhausambulanzen dar.

26

aa. Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Bei dieser Prüfung sind vorrangig die vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze (1), die Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung der vom BewA getroffenen Regelungen (2) sowie die Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG (3) zu berücksichtigen.

27

(1) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich demnach dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Sie sind mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).

28

Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18), sondern lediglich eine an die gesetzliche Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V anknüpfende pauschale Honorarminderung in Höhe von 10 % für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser akzeptiert(s die Nachweise in BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

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(2) Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR aaO Nr 12 S 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen)oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).

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(3) Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt dabei unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177; BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).

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bb. Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu bejahen. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft führen zu einer mittelbaren Benachteiligung der Krankenhausambulanzen, die weder mit Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Grundsatz vereinbar ist, die Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten wie diejenigen der Vertragsärzte. Die strittigen Zusatzpauschalen bewirken eine Ungleichbehandlung (1), die nach der Rechtsprechung des Senats einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte; eine solche ist jedoch nicht zu erkennen (2).

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(1) Der BewA hat in Reaktion auf das Senatsurteil vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8), mit dem die bisherige Regelung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Krankenhausambulanzen beanstandet worden war, die Notfallvergütungen für die Zeit ab 1.1.2008 neu geregelt. Nach neuem Recht setzt sich die Honorierung von Leistungen im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst aus drei Teilelementen zusammen. Als Grundpauschale ist eine "Notfallpauschale" bei Vorliegen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts abrechenbar (Nr 01210 EBM-Ä 2008, bewertet mit 445 Punkten); hinzu kommt für jeden weiteren persönlichen oder anderen Arzt-Patienten-Kontakt eine "Notfallkonsultationspauschale" - wiederum differenziert nach der Zeit der Inanspruchnahme (Nrn 01214, 01216 und 01218 EBM-Ä 2008, bewertet mit 110, 365 bzw 445 Punkten). Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen werden jeweils durch die bereits erwähnten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft ergänzt (Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008, bewertet mit 280, 55, 225 bzw 280 Punkten). Die Zusatzpauschalen führen zu einer Erhöhung der Vergütungen - je nach Grundleistung - um ca 63 %, 50 %, ca 61 % bzw ca 63 %. Im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes durchgeführte Hausbesuche werden gesondert vergütet ("Dringender Besuch" nach Nr 01411 EBM-Ä 2008, bewertet mit 1325 Punkten).

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Die Vergütung der Notfallleistungen ist somit zum einen davon abhängig, ob der Patient die Praxis aufsucht oder ob ein Hausbesuch durchgeführt wird - Letzteres ist bei einem Fahrdienst die Regel -, zum anderen davon, wer die Leistung erbringt. Wird der Arzt in der Praxis aufgesucht, erhält er für den Erstkontakt die Notfallpauschale von 445 Punkten sowie die Zusatzpauschale von 280 Punkten, also 725 Punkte; wird ein Hausbesuch durchgeführt, kommt die Nr 01411 EBM-Ä 2008 mit 1325 Punkten hinzu, sodass insgesamt 2050 Punkte (sowie die Wegepauschale) angesetzt werden können. Demgegenüber erhält die von einem Patienten aufgesuchte Notfallambulanz eines Krankenhauses nur die 445 Punkte der Grundpauschale.

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Diese Rechtslage hat zur Folge, dass im Not(fall)dienst tätige Vertragsärzte regelhaft auch bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als Krankenhausambulanzen. Diese Differenzierung wird dadurch bewirkt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" ausschließlich Vertragsärzten gewährt wird, weil Krankenhäuser - wie dargestellt - nicht am Besuchsdienst teilnehmen (können). Die Zusatzpauschalen werden allen am Not(fall)dienst teilnehmenden Ärzten gewährt, weil sie - Kraft ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst - als "besuchsbereit" gelten, also auch solchen, die den Notdienst in einer vertragsärztlichen Notfallambulanz verrichten und dort ausschließlich von Patienten aufgesucht werden. Diese Ärzte erbringen letztlich identische Leistungen wie die in einer Krankenhausambulanz tätigen Ärzte, erhalten hierfür aber einen Zuschlag, der 50 % bis 63 % der Grundvergütung beträgt.

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Mit der Zusatzpauschale "Besuchsbereitschaft" wird zudem keine eigenständige ärztliche "Leistung" abgegolten. Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen ist - wie dargestellt - die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens einer Bereitschaft bzw Motivation zur Teilnahme am Notdienst stellt schon deswegen keine "Leistung" eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet ist; dies folgt aus seinem Zulassungsstatus (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14).

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Allenfalls der mit der Besuchsbereitschaft verbundene zeitliche Aufwand des Arztes käme als gesondert zu vergütende "Leistung" in Betracht. Dies unterstellt allerdings zum einen, dass der den Not(fall)dienst versehende Arzt über längere Zeit nicht in Anspruch genommen wird und diese Zeit nicht anderweitig vergütet erhält. Zum anderen stellt sich damit die Situation für den Notdienst tuenden Arzt mit Besuchsbereitschaft nicht anders dar als bei einem solchen, der keine Besuche durchführt, sondern in einer Ambulanz tätig ist. "Wartezeiten" fallen auch im Rahmen einer "passiven" Besuchsbereitschaft an. Schon der Begriff des "Notfalls" verdeutlicht, dass es sich hierbei um nicht planbare, unvorhersehbare Inanspruchnahmen handelt, und deshalb die Inanspruchnahme starken Schwankungen unterliegen kann. Ob die Notfallpatienten noch in der Lage sind, eine Praxis bzw Notfallambulanz aufzusuchen, oder ob ein Hausbesuch erforderlich ist, spielt insofern keine Rolle.

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Hinzu kommt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" nicht an die Leistung "dringender Besuch" geknüpft sind, sondern an den Arzt-Patienten-Kontakt im Notdienst bzw Notfall. Potentiell für Besuche zur Verfügung stehende Ärzte erhalten die Zusatzpauschale mithin unabhängig davon, wie viele Hausbesuche sie durchführen bzw ob dies überhaupt der Fall ist. Auch der fehlende Zusammenhang zwischen den Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" und der tatsächlichen Durchführung von Besuchen legt die Annahme nahe, dass die zusätzliche Vergütung nicht für eine Besuchsbereitschaft, sondern allein für die Teilnahme am ärztlichen Not(fall)dienst gewährt wird und damit letztlich weiterhin eine höhere Vergütung der im ärztlichen Not(fall)dienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte an sich beabsichtigt ist.

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(2) Ausnahmen von dem Grundsatz gleicher Vergütung von Vertragsärzten und Krankenhäusern in Notfällen bedürfen zwingender Gründe. Eine sachliche Rechtfertigung für die zusätzliche Gewährung der Zusatzpauschalen "Besuchsbereitschaft" an Vertragsärzte vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

39

Soweit hierzu auf einen nicht unerheblichen sächlichen und organisatorischen Aufwand für die Besuchsbereitschaft verwiesen wird, zu dem die Bereithaltung eines Fahrzeugs mit entsprechender Versicherung, eine Notfallausrüstung und ein Mobiltelefon (mit entsprechenden Kosten) gehören, trägt dies nicht. Es ist nicht erkennbar, dass mit einer bloßen "Besuchsbereitschaft" substantielle Kosten für den Arzt verbunden sind. Soweit etwaige Vorhaltekosten nicht ohnehin dadurch entfallen, dass die Tätigkeit in einer ärztlichen Notfallambulanz oder im Rahmen eines organisierten Fahrdienstes ausgeübt wird, beschränken sich diese darauf, dass der am Not(fall)dienst teilnehmende Arzt zwecks Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon und zwecks Mobilität über ein Kraftfahrzeug verfügen muss. Es dürfte kaum Ärzte geben, die entsprechende Anschaffungen allein wegen der Besuchsbereitschaft getätigt haben. Fahrzeugkosten werden im Übrigen durch die - im Falle der Inanspruchnahme gezahlte - Wegepauschale mit abgedeckt.

40

Im Übrigen sind auch mit einer "passiven" Rufbereitschaft Kosten verbunden (insbesondere mit der erweiterten Raumnutzung verbundene Heiz- und Beleuchtungskosten), die nicht gesondert vergütet werden. Dem Argument, nur die im organisierten Notfalldienst tätigen Ärzte hätten zusätzlichen Organisationsaufwand und ggf weitere Kosten, ist der Senat bereits entgegen getreten (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Die Situation in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von denen des organisierten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; aA allerdings noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - mwN = USK 95125).

41

Dass eine Besserstellung der Vergütung von Vertragsärzten zur Stärkung des Anreizes für die Teilnahme am Notdienst kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20). Die Steigerung der Motivation zur Erfüllung einer ohnehin bestehenden Verpflichtung ist kein sachlicher Grund für eine Vergütungsprivilegierung, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20). Auch die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft dient letztlich dazu, einen besonderen "Anreiz" für Vertragsärzte zu schaffen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten mit den - nur von den Ärzten zu tragenden - Beschwernissen der Hausbesuchstätigkeit verdeutlicht. Die mit Hausbesuchen verbundenen besonderen Belastungen vermögen zwar eine erhöhte Besuchsvergütung, nicht jedoch Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" zu rechtfertigen. Nicht gebilligt hat das BSG schließlich das ordnungspolitische Ziel, einer Inanspruchnahme von Krankenhäusern für Notfallbehandlungen entgegenzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20).

42

4. Die dargestellten Verstöße des EBM-Ä 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern führen nicht automatisch dazu, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderungen der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr ist sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher ist zunächst dem BewA als Normgeber des EBM-Ä Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (vgl BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113 f; speziell zur Notfallvergütung: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22 sowie BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 20). Anlass für eine entsprechende Fristsetzung sieht der Senat nicht, weil er von einer zügigen Umsetzung der Neuregelung ausgeht. Sodann hat die Beklagte erneut über die Vergütung der im Quartal I/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen zu entscheiden.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.