Sozialgericht Dortmund Urteil, 22. Mai 2015 - S 18 U 113/10
Gericht
Tenor
Unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2012 wird festgestellt, dass die bei dem Kläger vorliegende Kniegelenksarthrose rechts Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ist, und die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der BK-Folgen ab dem 31.01.2013 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu leisten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung seiner Kniegelenksarthrose rechts als Folge einer Berufskrankheit (BK) nach Nummer 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) i.V.m. dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII).
3Der am 17.03.1948 geborene Kläger war von 1962 bis 2003 überwiegend in seinem Lehrberuf als Gas- und Wasserinstallateur bzw. Bauklempner mehr als 20.000 Stunden kniebelastend tätig. Auf die Ausführungen in den Stellungnahmen der Abteilung Prävention der Beklagten vom 19.02.2008 sowie vom 31.05.2012 wird Bezug genommen.
4Am 05.10.1981 erlitt der Kläger einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Radiusköpfchenfraktur links mit Anbruch am Kronenfortsatz der Elle sowie eine distale Radiusmeißelfraktur zuzog, die eine dauerhaft bestehende Minderbelastbarkeit und –beweglichkeit der linken Hand und des Unterarms verursachte.
5Am 02.12.2008 schlossen die Beteiligten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Dortmund aufgrund eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens von dem Chirurgen XXX Chefarzt i.R. der Chirurgischen Abteilung XXX, vom 09.07.2007 einen Vergleich über die Anerkennung einer BK nach Nummer 2105 der Anlage 1 zur BKV (S 36 U 326/06) aufgrund einer Schleimbeutelerkrankung an den Knien mit einer rechtsseitigen Entfernung des Schleimbeutels. Wegen einer etwaigen Wiedererkrankung am rechten Knie ist ein weiteres Klageverfahren bei dem Sozialgericht Dortmund anhängig (S 18 U 984/10), in welchem der Kläger durch den Chirurgen und Orthopäden XXX, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie des XXX, am 28.09.2011 untersuchen und begutachten. Dieser beurteilte, dass es zu einer Wiedererkrankung im Rahmen der BK gekommen sei.
6Als Ausfluss des Verfahrens in Bezug auf die Anerkennung der Schleimbeutelerkrankung als Berufskrankheit ermittelte die Beklagte in Bezug auf die hier streitige Berufskrankheit. Ursprünglich ging die Beklagte allerdings von nichterfüllten arbeitstechnischen Voraussetzungen aus, so dass sie den Anspruch mit Bescheid vom 20.10.2009 ablehnte.
7Dagegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass weitere Tätigkeitsanteile, wie Klempnerei-, Blech- und Falzarbeiten auf dem Dach zusätzlich zu berücksichtigen seien. Ohne weitere Ermittlungen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2010 den Widerspruch weiterhin mangels erfüllter arbeitstechnischer Voraussetzungen zurück.
8Hiergegen hat der Kläger am 18.02.2010 Klage erhoben.
9Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen der begehrten BK nach Nr. 2112 bei ihm einseitig vorliegen, da er tätigkeits- und kräftebedingt überwiegend in einer Fechterstellung gekniet habe, und er aufgrund der bildgebenden Befunde ab 2009 einen Anspruch auf die Leistung einer Verletztenrente hat.
10Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2010 festzustellen, dass die bei ihm vorliegenden Kniegelenksarthrose rechts die Folge einer BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der BK-Folgen ab dem 02.12.2008 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. zu leisten.
11Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte bezweifelt unter Bezugnahme auf die Begründungen der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sowie die Darstellung der von ihr beteiligten Mediziner im Wesentlichen eine hinreichende Exposition und die Verursachungswahrscheinlichkeit wegen der Einseitigkeit der Gonarthrose.
13Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Durchführung eines Erörterungstermins, in dem der Kläger zu seinen beruflichen Belastungen gehört wurde und der Beklagten aufgegeben wurde, weitere Ermittlungen zu den beruflichen Belastungen anzustellen. Nachdem die Beklagte die Stellungnahme der Abteilung Prävention vom 31.05.2012 vorgelegt hat, nach der die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen, hat das Gericht weiter Beweis erhoben durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens sowie ergänzenden Stellungnahmen von Amts wegen von dem Orthopäden XXX; niedergelassen in Stadthagen.
14XXX hat ausgeführt, dass der röntgenologische Vergleich mit der Altersgruppe, das Krankheitsbild und das Verteilungsmuster für eine berufsbedingte Kniegelenksschädigung sprächen. Die Einseitigkeit der Veränderung lasse sich mit der vom Kläger angegebenen überwiegend rechtsseitig eingenommenen Fechterstellung begründen. Die körperlichen Veränderungen begründeten auch eine MdE i.H.v. 20 v.H.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachs- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie die beigezogenen Akten in Bezug auf die BK nach Nummer 2105 der Beklagten und des Gerichts (S 36 U 326/06 und S 18 U 984/10) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungs- sowie (unechte) Leistungsklage ist im tenorierten Umfang begründet.
18Der Kläger ist im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG (SGG) beschwert, denn der angefochtene Bescheid vom 20.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die bei dem Kläger vorliegende rechtsseitige Kniegelenksarthrose ist Folge einer BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV. Der Kläger hat daraus einen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 31.01.2013.
19BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
20Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art, Dauer und Stärke der tätigkeitsbezogenen schädigenden Einwirkung und das Vorliegen der (Listen-)Erkrankung voll beweisen sein – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Für die Kausalität zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung reicht die Wahrscheinlichkeit (Bereiter-Hahn/Mehrtens in "Gesetzliche Unfallversicherung", § 9 Rdnr. 3.2). Für eine wahrscheinliche Kausalität sind in der Regel eine hinreichende Exposition sowie ein kongruenter Krankheitsverlauf bei zurücktretenden außerberuflichen Einflussfaktoren nachzuweisen.
21Für das Vorliegen der BK nach Nummer 2112 muss bei dem Versicherten eine Gonarthrose infolge seiner versicherten Tätigkeit im Knien oder vergleichbaren Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht vorliegen.
22Von der Erfüllung der Voraussetzungen für die begehrte BK geht das Gericht beim Kläger aus.
23Der Kläger hat mehr als 13.000 Stunden kniebelastende Tätigkeiten mit einer Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde pro Schicht im Rahmen seines Berufslebens geleistet. Das Gericht folgt damit den Ausführungen der Abteilung Prävention in der Stellungnahme vom 31.05.2012 der Beklagten, die sich umfassend und nachvollziehbar mit der Erwerbsbiographie sowie den Arbeitsbedingungen des Klägers unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse (z.B. in GonKatast) auseinander gesetzt hat. Den Ausführungen des Beratungsarztes der Beklagten, Dr. Schröter, ist die Kammer ausdrücklich nicht gefolgt. Es ist von diesem nicht hinreichend begründet, warum den letzten Ausführungen der Abteilung Prävention nicht zu folgen ist. Der Beratungsarzt stellt darauf ab, dass die früheren – für den Kläger negativen – Stellungnahmen überzeugender seien, weil diese nicht im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers und seiner Arbeitskollegen beruhten, sondern auf den "tatsächlichen" Ermittlungen der Beklagten. Es ist für die Kammer aber nicht zu erkennen, dass in der Stellungnahme der Abteilung Prävention unreflektiert nur den Angaben des Klägers gefolgt wurde oder sachfremde Erwägungen eine Rolle spielten. Die Beklagte ist vielmehr nach den Anweisungen des Gerichts der konkreten Ermittlung der Belastungen des Klägers nachgekommen und hat nicht überwiegend auf allgemeine Werte abgestellt. Es ist anerkannt, dass die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung die konkrete Belastung des Betroffenen nach einer eingehenden Befragung der Versicherten besser einschätzen können. Warum diese Vorgehensweise im vorliegenden Fall keine Anwendung finden soll, ist nicht nachvollziehbar.
24Die Kammer kommt allerdings zu der Auffassung, dass die hinreichende Belastung der zu prüfenden BK (13.000 Stunden bei einer Belastung von mindestens einer Stunde pro Arbeitsschicht) nur im rechten Kniegelenk vorliegt. Nach Anhörung des Klägers hält es die Kammer für sehr nachvollziehbar, dass ein Knien im erforderlichen Umfang nur auf der rechten Seite erfolgt ist, da der Kläger überwiegend in einer sog. Fechterstellung mit Knien auf dem händigen, rechten Knie und Beugestellung im linken Knie bearbeitet hat. Bei der Einschätzung der regelmäßigen Körperhaltung bei der beruflichen Tätigkeit lässt sich die Kammer auch von eigenen Erkenntnissen leiten, die die Mitglieder bei selbst vorgenommenen handwerklichen Arbeiten gewonnen haben. Aber auch aus der Beobachtung von handwerklich tätigen Personen schöpft die Kammer ihre Erkenntnisse. Es ist überzeugend, dass jeder handwerklich Tätige eine bestimmte Haltung überwiegend einnimmt. Zum einen sind hierbei Automatismen von Bedeutung, die ständig wiederkehrende und unbeachtliche Handlungen des täglichen Lebens wesentlich bestimmen. Diese Handlungen werden ohne besondere Vorüberlegung und Planung in überwiegend gleicher Form vorgenommen – so auch das Hinknien. Zum anderen sind die tätigkeitsbedingten Notwendigkeiten zu beachten. So sind regelmäßig die Händigkeit und die auszuführende Tätigkeit zu beachten – immerhin kommt es für die Verrichtung der Arbeit auf die notwendigen physikalischen Kräfte an. Schon aufgrund der vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten ist ein Knien auf dem rechten Knie nachvollziehbar. Der Kläger ist Rechtshänder und kann daher mit der rechten Hand mehr Kraft aufbringen. Beachtlich ist im konkreten Fall des Klägers aber auch, dass er anerkannte Schäden eines Arbeitsunfalls hat, die zu einer Minderbelastbarkeit der linken Hand bzw. des linken Arms geführt haben. Wissenschaftliche Erkenntnisse stehen der Auffassung der Kammer nicht entgegen. Insbesondere dem Forschungswerk GonKatast ist keine differenzierte Betrachtung der Kniebelastungen nach Ein- und Beidseitigkeit zu entnehmen. Die Einwendungen des Beratungsarztes der Beklagten gegen die einseitige Belastung überzeugen die Kammer nicht. Dieser ist der Auffassung, dass einseitige Kniebelastungen von den Betroffenen nicht toleriert würden. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, woraus der Mediziner seine Erkenntnisse zieht. Immerhin ist zu berücksichtigen, dass für eine dieser BKV entsprechenden beruflichen Belastung kein dauerhaftes Knien am Stück erforderlich ist. Die Zeiten der kniebelastenden Tätigkeiten in einer Arbeitsschicht müssen sich nur auf eine Stunde aufaddieren. Es ist nicht erkennbar, warum eine überwiegend einseitige Belastung mit Unterbrechungen nicht toleriert werden sollte. Letztlich sprechen auch die Befunde aus 2007 in dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. XXX zur BK 2105 in Form von vor beiden Kniegelenken bestehender derber, quergefälteter, vernarbter Haut, die etwas schuppt, einer im wesentlichen einseitigen Belastung nicht entgegen. Zum einen lässt sich dieser Befund aufgrund seiner Einmaligkeit nicht zwingend verallgemeinern. Zum anderen hat der Kläger ein Knien auf beiden Knien (wechselseitig oder gleichzeitig) nicht ausgeschlossen. Es ist vielmehr so, dass der Kläger eine weit überwiegende Belastung rechts angab. Dies lässt sich mit dem angegeben Befund vereinbaren. Ein seitengleicher identischer Beschwielungsbefund ist bei einer unterschiedlichen Belastung nicht zwingend erforderlich. Immerhin ist nur bei einer grundsätzlichen Belastung auch eine grundsätzliche Beschwielung zu erwarten. Diese liegt vor. Zudem ist der Befund von dem damals Untersuchenden nicht ausdrücklich als seitengleich beschreiben worden. In dem Gutachten von Prof. Dr. XXX aus dem Jahr 2011 werden die Beschwielungen an den Knien dann auch nicht als seitengleich beschrieben. Prof. Dr. XXX führt ausdrücklich auf, dass die derberen Hautareale auf der linken Seite nicht so ausgeprägt sind, wie auf der rechten Seite. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Befunde zu einem Zeitpunkt erhoben wurden, als die konkreten Belastungen schon lange geendet hatten – und dies für beide Seiten (Belastungsende 2003 und Befund aus 2007 bzw. 2011).
25Es liegt bei dem Kläger auch die für die BK erforderliche Erkrankung in Form einer Gonarthrose dritten Grades nach Kellgren vor.
26Diese ist auch rechtlich wesentlich auf die berufliche Belastung zurückzuführen.
27Die Kammer schließt sich insoweit nach eigener Prüfung den überzeugenden Ausführungen des erfahrenen gerichtlichen Sachverständigen nach § 106 SGG, Dr.XXX, an. Die Darstellungen des gerichtlichen Gutachters lassen Unrichtigkeiten oder Fehlschlüsse nicht erkennen. Sie sind erkennbar auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft erstattet worden und haben sich mit den erhobenen Befunden, den aktenkundigen Befunden und dem Vorbringen der Beteiligten differenziert auseinander gesetzt.
28Für einen kausalen Zusammenhang sprechen dem gerichtlichen Sachverständigen folgend der Vergleich mit der Altersgruppe (dazu unter 1.), der belastungskonforme Verlauf (dazu unter 2.) und das Verteilungsmuster der bildtechnischen Veränderungen (dazu unter 3.).
291. Es liegt nach der Einschätzung von Dr. XXX ein zweifelsfrei altersvorauseilender Befund im rechten Kniegelenk in Form einer drittgradigen Umformung des Gelenks nach Kellgren vor. Der Befund ergibt sich aus den bildgebenden Befunden und dem Arthroskopiebericht. Dieser Befund ist auch altersvorauseilend, da eine mindestens zweitgradige röntgenologische Umformung in der Einteilung nach Kellgren vor dem 60. Lebensjahr gesichert wird.
302. Der (krankhafte) Befund entstand auch erst nach der erforderlichen beruflichen Exposition. Die Gonarthrose konnte erst am 06.01.2004 gesichert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die kniebelastenden Tätigkeiten nach Erreichen des Grenzwertes aber bereits aufgegeben. Der Annahme dieses Beurteilungskriteriums steht – anders als von Beratungsarzt der Beklagten PD Dr. XXX beurteilt – nicht entgegen, dass der Kläger in 2004 bereits über 20.000 Stunden kniebelastende Tätigkeiten im Sinne der BK 2112 verrichtet hatte. Es entspricht keiner Kommentierung, dass eine BK bereits mit Überschreiten des erforderlichen Expositionsgrenzwertes entstehen muss, um anerkannt werden zu können. Eine solche Sichtweise besteht weder bei der BK 2112 noch bei älteren Berufskrankheiten mit einem erforderlichen Belastungsgrenzwert. Bei der BK 2108 der Anlage 1 zu BKV (Bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können), bei der nach dem von der Rechtsprechung anerkannten Mainz-Dortmunder-Dosismodell ein Orientierungswert besteht, existiert kein anerkannter Erfahrungswert, nach dem bei einer weitergehenden Überschreitung des Orientierungswertes die BK nicht mehr anerkannt werden kann.
313. Auch das Verteilungsmuster spricht nicht gegen, sondern eher für eine berufsbedingte Verursachung der Veränderungen im rechten Kniegelenk. Nach den aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen kann kein konkretes berufstypisches Verteilungsmuster im Sinne eines BK-typischen Schadensbildes beschrieben werden. Auch die jüngst von der Gesetzlichen Unfallversicherung herausgegebenen Begutachtungsempfehlungen für die BK 2112 (zitiert nach: http://www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand-20140613.pdf) ist kein entsprechendes Verteilungsmuster zu entnehmen. Nach den Ausführungen von Dr. XXX kann den bisherigen Untersuchungen nur entnommen werden, dass bei einer beruflich verursachten Erkrankung einer Beteiligung aller Kniegelenkscompartimente zu fordern sei, so dass im Umkehrschluss eine lediglich ein Compartiment betreffende Arthrose keine BK-typische Verteilung darstelle. Bei dem Kläger liegt eine BK-typische Verteilung der Arthrose im rechten Kniegelenk in Form einer altersuntypischen Umformung sowohl der Kniescheibenrückfläche als auch des inneren Anteils des Kniegelenks vor.
32Der BK-typischen Körperveränderung steht die Einseitigkeit der arthrotischen Veränderung in den Knien nicht entgegen. Die Einseitigkeit spricht im vorliegenden Fall sogar für einen hinreichenden kausalen Zusammenhang.
33Nach der Begutachtungsempfehlung (a.a.O.) ist lediglich bei einer symmetrischen Belastung auch eine symmetrische Verteilung der Umbauschäden zu erwarten. Bei dem Kläger liegt aber keine symmetrische Belastung vor. Nach den obigen Ausführungen liegt bei dem Kläger eine stärkere Belastung auf der rechten Seite vor, da der Kläger oft in der sog. Fechterstellung gearbeitet hat. Bei einer solchen Belastung spricht die Einseitigkeit der krankhaften Veränderung nach Dr. XXX nicht gegen die Annahme einer Verursachungswahrscheinlichkeit. Dem schließt sich die Kammer nach eigener Überprüfung an.
34Einer Anerkennung steht nach Auffassung der Kammer die Einseitigkeit auch deshalb nicht entgegen, weil bei der BK 2112 eine Mindestgesamtbelastung von 13.000 Stunden bei einer Schichtbelastung von mindestens einer Stunde erreicht werden muss, um Veränderungen als berufsbedingt anerkennen zu können. Damit ist es bei der oben dargestellten (einseitigen) Belastung nachvollziehbar oder sogar zwingend, dass das linke Knie keine arthrotischen Veränderungen aufweist: Wenn links zwar Belastungen vorliegen, diese aber die Mindestbelastungen nicht erreichen, dann darf auf dieser Seite keine Umformung vorliegen, auch wenn rechts eine Umformung bei hinreichender Exposition besteht.
35Letztlich hat die Kammer als Hilfserwägung berücksichtigt, dass bei dem Kläger auch die Schleimbeutelerkrankung beachtlich ist. Diese Erkrankung ist zwar beidseitig anerkannt, hat aber nur rechtsseitig zu einer Entfernung des Schleimbeutels geführt. Damit entfiel die Pufferfunktion des Schleimbeutels in diesem Gelenk, was die Entstehung der BK 2112 kombinatorisch begünstigt hat, ohne den Schaden zu einer mittelbaren Folge der anerkannten BK 2105 zu machen.
36Es liegen auch keine konkurrierenden Ursachen vor, die begründen könnten, dass in der beruflichen Belastung nicht eine zumindest wesentliche Mitursache gesehen werden kann. Die bei dem Kläger bestehende O-Bein-Stellung stellt keine bedeutsame Ursache im Rahmen dieser BK dar. Der Wissenschaftlichen Begründung der BK (in Mehrtens/Brandenburger "Die Berufskrankheitenverordnung (BKV)", Stand Februar 2015, M 2112, Rdnr. 4) ist mit Hinweis auf die aktuelleren Begutachtungsempfehlungen zur BK 2112 (a.a.O.) nicht zu folgen. Nach den Begutachtungsempfehlungen ist wissenschaftlich nicht zu belegen, dass die O-Bein-Stellung das Entstehen einer Gonarthrose – insbesondere mit einem spezifischen Verteilungsmuster – wesentlich begünstigt. Aber auch das Übergewicht des Klägers steht der Anerkennung nicht entgegen. Zum einen ist – worauf Dr. XXX schon zutreffend hinweist – ein dauerhaftes Übergewicht während langer Zeiten der beruflichen Belastung nicht belegt. Und zum anderen ist nach den Begutachtungsempfehlungen ein Übergewicht zwar geeignet, das Entstehen einer Kniegelenksarthrose zu beeinflussen, allerdings ist bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen und des geeigneten Krankheitsbildes auch bei adipösen Personen die BK anzuerkennen. Außerdem wäre bei einem (allein) wesentlich ursächlichen Übergewicht eine seitengleiche Schädigung an den Knien zu erwarten gewesen, die beim Kläger aber nicht besteht.
37Andere Erkrankungen, wie z.B. ein Gichtleiden, die das Leiden wesentlich verursacht haben könnten, sind nicht hinreichend beweisen.
38Der Kläger hat auch ab dem 31.01.2013 einen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H.
39Gemäß § 56 SGB VII wird eine Verletztenrente gewährt, wenn der Verletzte in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus wenigstens 20 v. H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Gemäß § 56 Abs. 3 SGB VII wird bei Verlust der Erwerbsfähigkeit eine Vollrente, ansonsten eine Rente nach dem Vomhundertsatz gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus den Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
40Das Ausmaß der wegen der Folgen des Versicherungsfalls bestehenden verminderten Zugangsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (MdE) bestimmt sich nach abstrakten Gesichtspunkten (Bereiter-Hahn/Mehrtens "Gesetzliche Unfallversicherung", Stand August 2011, § 56 Rdnr. 10.1). Die Beurteilung der Funktionseinschränkung und die Bemessung der MdE erfolgen dabei unter Berücksichtigung der medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte (Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O. Rdnr. 10.2). Um die MdE einzuschätzen, sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Diese Erfahrungssätze binden das Gericht nicht. Sie bilden aber eine Basis für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (Bundessozialgericht, Urteile vom 26. Juni 1985, AZ: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23, vom 26. November 1987, AZ: 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27 und vom 30. Juni 1998, AZ: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rdnr 10.3). Sie sind in MdE-Tabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Grundlage für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffenen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, AZ: B 2 U 49/99 R, HVBG-INFO 2001, 499, 500ff.).
41Auch hier folgt die Kammer den Darstellungen von Dr. XXX:
42Als Folgen der BK bestehen bei dem Kläger eine Minderbelastbarkeit des rechten Knies, eine endgradige Bewegungseinschränkung (0-5-125 rechts zu 0-0-135 links) bei einer Konturverplumpung mit Ergussbildung im Kniegelenk (Umfang am Kniegelenk 41 cm rechts und 38 cm links), einer Muskelabmagering (Umfang 10 cm über dem med. Kniegelenkspalt 42 cm rechts und 43 cm links) und eine rechtsseitige Beschwielungsverminderung. Die Vergleichswerte, die regelmäßig im Wesentlichen auf die Bewegungsmaße abstellen, können hier nicht maßgeblich heran gezogen werden (so z.B. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin "Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 8. Auflage, S. 655), da bei dem Kläger die Bewegungsmaße relativ gut sind. Aber insbesondere die Verplumpung des Gelenks mit Ergussbildung, die Muskelminderung und die Beschwielungsminderung an der rechten Ferse sprechen für eine deutlich verminderte Belastbarkeit, was der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. XXX, nicht beachtet und allein auf die Bewegungsmaße abstellt. Eine verminderte Belastbarkeit muss sich aber nicht zwingend in den Bewegungsmaßen widerspiegeln. Es sind daher weitere Vergleichswerte hinzuzuziehen. Nachvollziehbar verweist Dr. XXX auf die MdE von 20 v.H. für eine rezidivierende Synovialis (Reizknie) oder eine endoprothetische Versorgung bei einem guten Implantationsergebnis in Form einer freien Funktion. Insbesondere mit einer gelungenen endoprothetischen Versorgung ist der Kläger auch nach Auffassung der Kammer angemessen zu vergleichen. Es bestehen Belastungseinschränkungen, aber ein flüssiges Gangbild bei nur endgradiger Bewegungseinschränkung.
43Die vorliegende Belastungseinschränkung ist aber erst ab der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 31.01.2013 belegt, so dass damit auch erst ab diesem Datum die MdE mit 20 v.H. angenommen werden kann.
44Bei der Begutachtung durch Dr. XXX am 07.07.2007 lag noch eine deutlich günstigere Situation vor, da noch eine seitengleiche Beweglichkeit bestand. Zudem beschrieb Prof. Dr. XXX keinen Gelenkerguss.
45Auch der Untersuchungsbefund von Prof. Dr. XXX vom 28.09.2011 spricht noch nicht für eine rentenberechtigende MdE zum damaligen Zeitpunkt. Prof. Dr. XXX beschrieb in dem Gutachten vom 08.11.2011, dass die Konturen des rechten Knies leicht verstrichen seien und eine leichte Kapselschwellung vorliege. Zudem lagen nach den Angaben in dem Gutachten ein leichter endgradiger Beugeschmerz bei einer Beweglichkeit von 0-0-120° und ein Beugerotationsschmerz über der Innenseite des Kniegelenks bei einem deutlichen Reiben hinter der Kniescheibe vor. Diese Befunde stellen sich noch deutlich günstiger als bei der Begutachtung durch Dr. XXX dar. Es lag weder die deutliche Verplumpung oder Ergussbildung vor, noch beschrieb Prof. Dr.XXX ein leichtes Streckdefizit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein geringes Streckdefizit funktionell eine bedeutsamere Einschränkung darstellt, als eine endgradige Beugehemmung.
46Das klägerseitige Vorbringen, dass die rentenberechtigende MdE aufgrund der MRT-Befunde schon zumindest ab 2009 zu begründen sei, führt zu keiner anderen Sichtweise. Die Einschätzung der MdE hat aufgrund einer Funktionsbegutachtung zu erfolgen. Die Ergebnisse von apparativen und bildgebenden Untersuchungen dienen dabei der Validierung. Das konkrete Ausmaß der Funktionseinschränkungen ist aus den bildgebenden Befunden nicht abzuleiten. Es ist daher auf die Zeitpunkte der körperlichen Untersuchungen des Klägers abzustellen.
47Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Es entsprach hier der Billigkeit, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen. Immerhin hatte sie die Anerkennung der BK vor dem gerichtlichen Verfahren abgelehnt, weil sie davon ausging, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen, was sich nicht halten ließ. Dass eine frühere Annahme der rentenberechtigenden MdE nicht möglich war, schließt eine vollständige Kostenübernahme der Beklagten nicht aus, da frühere Ermittlungen der Beklagten möglicherweise zu einem früheren Rentenanspruch geführt hätten. Zudem tritt der konkrete Leistungsanspruch in Bezug auf die (erst später gewährte) Verletztenrente im Verhältnis und in ihrer Bedeutung hinter die Gesamtleistungen der Beklagten bei Anerkennung eines Versicherungsfalls zurück.
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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Kraft Gesetzes sind versichert
- 1.
Beschäftigte, - 2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen, - 3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind, - 4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind, - 5.
Personen, die - a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, - b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind, - c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind, - d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen, - e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
- 6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, - 7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, - 8.
- a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt, - b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen, - c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
- 9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind, - 10.
Personen, die - a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, - b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
- 11.
Personen, die - a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden, - b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
- 12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen, - 13.
Personen, die - a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten, - b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden, - c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen, - d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben - aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder - bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
- 14.
Personen, die - a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen, - b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
- 15.
Personen, die - a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, - b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen, - c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen, - d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
- 16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind, - 17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.
(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.
(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.
(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für
- 1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind, - 2.
Personen, die - a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten, - b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten, - c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
- 3.
Personen, die - a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht, - b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder - c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind
- 1.
Verwandte bis zum dritten Grade, - 2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade, - 3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf
- 1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, - 2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend, - 3.
Personen, die - a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden, - b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind, - 4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte, - 5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.
(2) Absatz 1 gilt nicht für
- 1.
Haushaltsführende, - 2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, - 3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen, - 4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.
(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern
- 1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste, - 2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind, - 3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen, - 4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, - 5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.
(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.
(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.
(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.
(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist, - 2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.
(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.
(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.
(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.
(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.
(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
- 1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten, - 2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen, - 3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.
(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.
(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.
(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.
(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
- 1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen, - 2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen, - 3.
Auskünfte jeder Art einholen, - 4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen, - 5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen, - 6.
andere beiladen, - 7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.
(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.
(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.
(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.