Sozialgericht Augsburg Beschluss, 28. Feb. 2017 - S 14 AS 189/17 ER

bei uns veröffentlicht am28.02.2017

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und 02.02.2017 wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilverfahrens gegen die Eingliederungsverwaltungsakte des Antragsgegners vom 12.01.2017 und 02.02.2017.

Der Antragsteller steht beim Antragsgegner im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Nachdem im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Antragstellers beim Antragsgegner am 12.01.2017 der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung gescheitert war, erließ der Antragsgegner noch am selben Tag einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 12.01.2017 bis auf weiteres.

Nachdem der Antragsteller per E-Mail vom 29.01.2017 die ihm im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 12.01.2017 nahegelegte Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung kategorisch abgelehnt hatte, erließ der Antragsgegner am 02.02.2017 einen weiteren Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 02.02.2017 bis auf weiteres.

Als Förderungsleistungen waren in dem Eingliederungsverwaltungsakt u.a. vorgesehen:

– Teilnahme an der Maßnahme „Bewerbungscenter“ bei der bfz gGmbH,

– Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen,

– Übernahme von Bewerbungs- und Fahrtkosten.

Im Gegenzug erlegte der Eingliederungsverwaltungsakt dem Antragsteller u.a. folgende Pflichten auf:

– Teilnahme an der Maßnahme „Bewerbungscenter“ bei der bfz gGmbH,

– Nachweis von monatlich vier Bewerbungsbemühungen,

– Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners spätestens nach drei Werktagen.

Am 09.02.2017 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die „Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und 02.02.2017“, über den der Antragsgegner bislang noch nicht entschieden hat.

Am 16.02.2017 wandte sich der Antragsteller an das Sozialgericht Augsburg und beantragte,

„die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 anzuordnen.“

Zugleich beantragte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Der Antragsgegner erwiderte mit Schriftsatz vom 23.02.2017 und beantragte,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 ist mangels Rechtsschutzinteresse des Antragstellers bereits unzulässig. Die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist nicht geeignet, dem Antragsteller einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen, denn der Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 wurde durch den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 konkludent aufgehoben (§ 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X) und hat damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X seine Wirksamkeit und folglich auch seine Vollziehbarkeit verloren.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 ist zulässig. Er ist statthaft, weil der Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat. Auch ist ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers zu bejahen, da dieser vorliegend nicht nur eine mögliche drohende Sanktion abwenden, sondern sich auch im Übrigen gegen den Eingliederungsverwaltungsakt insgesamt wenden möchte (vgl. Bayerisches Landessozialgericht - BayLSG -, Beschluss vom 01.08.2016, Az.: L 7 AS 415/16 B ER, juris-Rdnr. 29 unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 09.11.2015, Az.: 1 BvR 3460/13).

In der Sache ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 jedoch unbegründet.

Denn im Eilverfahren sind Eingliederungsverwaltungsakte nur summarisch zu prüfen. Eilrechtsschutz ist nur dann zu gewähren, wenn die summarische Prüfung nicht nur Zweifel, sondern erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit ergibt. Dieser Prüfungsmaßstab ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 86b SGG, 39 SGB II (BayLSG, Beschluss vom 12.01.2017, Az.: L 7 AS 913/16 B ER, juris-Rdnr. 38).

Im Rahmen eines Eilverfahrens gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt ist daher nur summarisch zu prüfen, dass eine Eingliederungsvereinbarung gescheitert ist, und dann im Eingliederungsverwaltungsakt entsprechend der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.06.2016, Az.: B 16 AS 30/15 R und B 14 AS 42/15 R ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen erkennbar und die Eignung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten berücksichtigt worden ist.

Für den Fall, dass ein solches ausgewogenes Verhältnis erkennbar ist, muss der Eingliederungsverwaltungsakt nicht einmal eine Ermessensausübung enthalten (BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 39).

Gemessen hieran ist der Inhalt des Eingliederungsverwaltungsakts vom 02.02.2017 jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig.

Die Eingliederungsvereinbarung ist nicht zustande gekommen.

Im Rahmen der summarischen Prüfung lässt sich keine Unausgewogenheit der wechselseitigen Verpflichtungen erkennen, wie sich anhand des Inhalts des Eingliederungsverwaltungsaktes und der diesem zugrundeliegenden Akten des Antragsgegners ergibt.

Die angebotene Maßnahme erscheint im Hinblick auf das sich aus den Akten ergebende Profil des Antragsstellers angemessen. Ein Bewerbungstraining erscheint angesichts bisheriger erfolgloser Bewerbungen des Antragstellers zielführend. Soweit der Antragsteller gesundheitliche Einschränkungen geltend macht, ist nicht ersichtlich, dass diese einer Teilnahme an der angebotenen Maßnahme entgegenstehen könnten. So hat der Internist Prof. Dr. med. J. in einem im Auftrag des Sozialgerichts Augsburg (Az.: S 15 AS 470/16) erstellten Gutachten vom 27.07.2016 festgestellt, dass der Antragsteller physisch ohne Einschränkung in der Lage ist, an einem vergleichbaren Bewerbertraining teilzunehmen. Eine seither eingetretene relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers wird weder vorgetragen noch ist sie anderweitig ersichtlich.

Die Maßnahme ist hinreichend bestimmt (vgl. hierzu BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 44), nachdem der Antragsgegner beschrieben hat, um welche Maßnahme es sich handelt und Einzelheiten mit dem zuständigen Träger vom Antragsteller ohne Weiteres hätten geklärt werden können.

Anhaltspunkte dafür, dass die angeforderte Anzahl der Bewerbungen vorliegend unzumutbar sein könnte, finden sich nicht (vgl. hierzu BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 45). Gleiches gilt für die Verpflichtung, sich auf Vermittlungsvorschläge spätestens nach drei Werktagen zu bewerben. Die vom Antragsgegner hierfür zugesagte Kostenerstattung lässt keine Unausgewogenheit der wechselseitigen Verpflichtung erkennen (vgl. BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 45).

Nachdem die gegenseitigen Verpflichtungen im Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 schon ausgewogen erscheinen, bedurfte es auch keiner weiteren Ermessensausübung des Antragsgegners im Eingliederungsverwaltungsakt (BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 46).

Insgesamt ergibt die summarische Prüfung keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 02.02.2017, so dass der Antrag auf Eilrechtsschutz abzulehnen ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

III.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen, weil der Antrag aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).

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Sozialgericht Augsburg Beschluss, 28. Feb. 2017 - S 14 AS 189/17 ER zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 39 Sofortige Vollziehbarkeit


Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,1.der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsans

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Bundessozialgericht Urteil, 23. Juni 2016 - B 14 AS 42/15 R

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

Tenor Auf die Revision des Klägers wird unter Änderung der Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2015 und des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2014 festgestellt, dass

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(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird unter Änderung der Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2015 und des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2014 festgestellt, dass der Verwaltungsakt vom 20. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sowie des Änderungsbescheids vom 1. August 2014 für die Zeit vom 20. Mai 2014 bis 19. November 2014 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für alle Instanzen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen Eingliederungsvereinbarungen (EinglVb) nach dem SGB II ersetzende Verwaltungsakte (im Folgenden: Eingliederungsverwaltungsakte).

2

Der 1978 geborene Kläger bezieht vom beklagten Jobcenter laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nachdem die ihm gesetzte Frist zur Unterzeichnung einer EinglVb verstrichen war, ersetzte der Beklagte die EinglVb unter Hinweis auf die nicht zustande gekommene Vereinbarung und die Notwendigkeit der Verbesserung der beruflichen Integrationschancen des Klägers für die Dauer vom 20.5.2014 bis 19.11.2014 durch einen Verwaltungsakt ua folgenden Inhalts:

"1. Unterstützung durch Jobcenter …
Das Jobcenter unterbreitet Ihnen Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen.
Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB III, sofern Sie diese zuvor beantragt haben.
Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB III durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt durch Sie beantragt wurde.


2. Bemühungen von G
- …
- Sie unternehmen von Mai 2014 bis einschließlich Oktober 2014 mindestens 6 Bewerbungen pro Monat für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber folgende Nachweise … vor:
- Vorlage dieser Dokumentation bei jeder Einladung durch die Arbeitsvermittlung!
- … "
(Bescheid vom 20.5.2014 und Widerspruchsbescheid vom 21.5.2014).

3

Nach Erhebung der Klage hiergegen und noch vor Ablauf des Geltungszeitraums dieses Eingliederungsverwaltungsakts erließ der Beklagte auf Hinweise, dass die geforderten Bewerbungen des Klägers bei den Arbeitgebern nicht eingegangen seien, und nach Nichtzustandekommen einer ihm deswegen unterbreiteten ändernden EinglVb einen den ursprünglichen Bescheid teilweise ersetzenden neuen Eingliederungsverwaltungsakt für die Zeit vom 1.8.2014 bis 31.1.2015, wonach bei unveränderter Fassung im Übrigen nunmehr Bewerbungsschreiben innerhalb von drei Werktagen zum Postversand beim Beklagten einzureichen seien (Bescheid vom 1.8.2014 und Widerspruchsbescheid vom 13.8.2014).

4

Gestützt auf ein vom Kläger nicht angenommenes Teilanerkenntnis des Beklagten hat das SG den Bescheid vom 1.8.2014 aufgehoben, soweit der Geltungszeitraum des Eingliederungsverwaltungsakts durch ihn über den 19.11.2014 hinaus verlängert worden ist, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 30.10.2014). Das LSG hat die Berufung hiergegen nach Umstellung der Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage zurückgewiesen (Urteil vom 26.2.2015): Der Eingliederungsverwaltungsakt beruhe auf einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage und sei auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere seien dem Kläger sechs Bewerbungen monatlich zumutbar. Nicht zu beanstanden sei auch die partielle Änderung des Eingliederungsverwaltungsakts. Eine hierzu berechtigende rechtlich wesentliche Änderung der Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X bestehe, wenn aus begründetem Anlass während der Geltungsdauer eines Eingliederungsverwaltungsakts Verhandlungen über eine neue EinglVb aufgenommen würden. So liege es hier wegen der Feststellung des Beklagten, dass entgegen der Angaben des Klägers keine Bewerbungen bei potentiellen Arbeitgebern eingegangen seien. In dieser Lage dürfe das Jobcenter die Vorlage von Bewerbungskopien fordern.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 15 Abs 1 SGB II sowie seiner Grundrechte aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 GG sowie aus Art 2 Abs 1, Art 12 Abs 1 sowie Art 3 Abs 1 GG. Die in Ziff 1 des Eingliederungsverwaltungsakts umschriebenen Unterstützungsleistungen des Beklagten seien unbestimmt und daher unzureichend, insbesondere im Hinblick auf Bewerbungs- und Fahrkosten. Der tatsächliche Zugang von Bewerbungen in der Vergangenheit stelle keinen rechtlich wesentlichen Umstand für den Fortbestand des ursprünglichen Eingliederungsverwaltungsakts dar und rechtfertige daher nicht den Erlass des Änderungsbescheids. Verfassungswidrig sei, dass er über die Sanktionsnormen der §§ 31 ff SGB II dazu angehalten werde, jede zumutbare Arbeit aufzunehmen, unabhängig davon, ob dies seinem Willen oder seinem Verständnis von guter Arbeit entspreche.

6

Der Kläger beantragt,
unter Änderung der Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2015 und des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2014 festzustellen, dass der Verwaltungsakt vom 20. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sowie des Änderungsbescheids vom 1. August 2014 für die Zeit vom 20. Mai 2014 bis 19. November 2014 rechtswidrig war.

7

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Ersetzung der EinglVb war mangels einer ausreichenden Ermessensbetätigung seitens des beklagten Jobcenters zu den ihm zu gewährenden Leistungen zur Eingliederung in Arbeit rechtswidrig.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nach Ablauf des Geltungszeitraums des Eingliederungsverwaltungsakts vom 20.5.2014 und dessen teilweiser Aufhebung durch das SG für die Zeit ab dem 20.11.2014 das Begehren des Klägers, für den verbliebenen Zeitraum vom 20.5.2014 bis 19.11.2014 seine Rechtswidrigkeit in der Gestalt feststellen zu lassen, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 21.5.2014 und den Änderungsbescheid vom 1.8.2014 erhalten hat. Dieses Interesse verfolgt der Kläger zulässig mit der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG(vgl zum berechtigten Interesse nach zeitbedingter Erledigung eines Eingliederungsverwaltungsakts BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 16).

10

2. Rechtsgrundlage des Eingliederungsverwaltungsakts ist § 15 Abs 1 Satz 6 iVm § 15 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II(hier idF der Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011, BGBl I 850). Hiernach soll die Agentur für Arbeit (AA) im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Diese soll insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben (Satz 1 und 2). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen (Satz 6).

11

Hiernach war, nachdem der Kläger den ihm unterbreiteten Entwurf einer EinglVb nicht unterzeichnet hatte, jedenfalls deshalb (vgl BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 17 ff; weitergehend BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 13/09 R - BSGE 104, 185 = SozR 4-4200 § 15 Nr 1, RdNr 17) Raum für den Erlass eines ersetzenden Eingliederungsverwaltungsakts. Dafür war der Beklagte in Wahrnehmung der Aufgaben der AA auch sachlich zuständig (§ 44b Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II). Bei dem dabei auszuübenden Ermessen hat er aber die Anforderungen verfehlt, die bei Ersetzungsentscheidungen nach § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II zu beachten sind.

12

3. Ersetzt das Jobcenter eine EinglVb durch Verwaltungsakt, sind die ersetzenden Regelungen im Rahmen pflichtgemäßem Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie sie für die konsensuale EinglVb gelten.

13

a) Ob und mit welchen Inhalten eine EinglVb durch Verwaltungsakt ersetzt wird, hat das Jobcenter gemäß § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II ("sollen die Regelungen … durch Verwaltungsakt erfolgen") nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Entsprechend § 39 Abs 1 SGB I ist daher die Ersetzungsentscheidung an den Zwecken auszurichten, die nach dem Regelungskonzept des SGB II mit der zu ersetzenden EinglVb verfolgt werden, und es sind die Grenzen einzuhalten, die auch bei einer vertraglichen Verständigung über die Inhalte der EinglVb zu wahren sind. Auch die Regelungen eines Eingliederungsverwaltungsakts müssen danach zunächst den Anforderungen genügen, die je für sich aus den möglichen Inhalten nach § 15 Abs 1 Satz 2 SGB II abzuleiten sind. Zu beachten sind zudem weiter die Maßgaben, die aus der Vertragsform der zu ersetzenden EinglVb resultieren. Als öffentlich-rechtlicher Vertrag (so Urteil vom heutigen Tag, BSG Urteil vom 23.6.2016 - B 14 AS 30/15 R - RdNr 16) unterliegt der Abschluss einer EinglVb den Anforderungen des § 55 Abs 1 Satz 2 SGB X(dazu näher ebenda RdNr 16). Muss danach die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde verpflichtet, "den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen", so gilt nichts anderes, wenn das Jobcenter "die Regelungen" (§ 15 Abs 1 Satz 6 SGB II) durch Verwaltungsakt zu ersetzen hat; auch in dieser Handlungsform wahrt die verbindliche und ggf die Sanktionsfolgen nach §§ 31a, 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II auslösende Konkretisierung der Eigenbemühungen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den durch § 55 Abs 1 Satz 2 SGB X vorgegebenen Rahmen nur, wenn ihr eine iS der Vorschrift den Umständen nach angemessene Bestimmung der "vertraglichen Leistung der Behörde", also: der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 15 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II, gegenübersteht.

14

b) Nichts anderes folgt aus dem bei der Ersetzungsentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu beachtenden Sinn und Zweck von § 15 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II selbst. Wie die Materialien und die Verankerung der Verpflichtung zum Abschluss einer EinglVb bereits in die zentrale Bestimmung des § 2 Abs 1 Satz 2 SGB II zur Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten erweisen, misst der Gesetzgeber der wechselbezüglichen Konkretisierung von Pflichten und Obliegenheiten im Rahmen von EinglVben entgegen verbreiteter Skepsis(vgl etwa Ebsen in von Wulffen/Krasney, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, S 725, 736 ff; von Koppenfels-Spies, NZS 2011, 1, 5 ff) eine herausgehobene Bedeutung für die Eingliederung in Arbeit zu (vgl BT-Drucks 15/1516 S 43). Getragen von der Erwartung, dass bei personalintensiverer Betreuung und individuellen Eingliederungskonzepten insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit besser abgebaut werden könne, soll das einem Fallmanagement dienen, das unter aktiver Mitarbeit des Leistungsberechtigten aufbauend auf einer Erhebung seiner konkreten Bedarfslage ein individuelles Angebot mit einer "maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen" planen und steuern soll (vgl BT-Drucks 15/1516 S 44). Demgemäß soll die EinglVb in Konkretisierung des Sozialrechtsverhältnisses zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und AA (vgl BT-Drucks 15/1516 S 54) sicherstellen, dass einerseits die AA Angebote unterbreitet, die den individuellen Bedürfnissen des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit entsprechen, und zugleich soll mit jedem Leistungsberechtigten vereinbart werden, welche Anstrengungen von ihm selbst im Rahmen des Eingliederungsprozesses erwartet werden (vgl BT-Drucks 15/1516 S 46). Diesem Zweck würde es nicht genügen, würde das Jobcenter nicht auch bei Ersetzungsentscheidungen nach § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II eine der individuellen Bedarfslage des erwerbsfähigen Leistungsbeziehers gerecht werdende Konkretisierung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit vornehmen.

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c) Nur so versteht sich in systematischer Hinsicht auch, dass mit dem Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II "die" Regelungen nach § 15 Abs 1 Satz 2 SGB II zu ersetzen und im Unterschied zur Arbeitsförderung nicht nur die Eigenbemühungen des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu konkretisieren sind. Soweit dort das Instrumentarium der EinglVb (zunächst § 35 Abs 4 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001, BGBl I 3443; seit 1.1.2009: § 37 Abs 2 SGB III idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) zwischenzeitlich in § 37 Abs 3 Satz 4 SGB III ebenfalls um eine Regelung zur Ersetzung durch Verwaltungsakt ergänzt worden ist, beschränkt sie sich ausschließlich auf die Festsetzung der "erforderlichen Eigenbemühungen" iS von § 37 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III. Ob die Arbeitsagentur darüber hinaus in dem die EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt auch Leistungen der aktiven Arbeitsförderung gewährt, ist hingegen in ihr Ermessen gestellt (vgl Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 37 SGB III RdNr 28, Stand der Einzelkommentierung Juli 2013). Diese unterschiedliche Ausgestaltung erweist ebenfalls, dass sich die Eingliederungsverwaltungsakte nach dem SGB II auch in Bezug auf das Sanktionsregime der §§ 31a, 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II nicht auf die Bestimmung der von den Leistungsberechtigten erwarteten Eigenbemühungen beschränken dürfen(zu den Motiven für die Einführung des Eingliederungsverwaltungsakts in das SGB III durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vgl dagegen BT-Drucks 16/10810 S 30), sondern dass sie zur Meidung eines Formenmissbrauchs jeweils ebenso situationsangepasste Eingliederungszusagen vorzusehen haben.

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d) Gestützt wird das schließlich auch durch die Weiterentwicklung, die § 15 SGB II nach dem Entwurf der Bundesregierung eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung (im Folgenden: 9. SGB II-ÄndG-E) erfahren soll. Danach soll den Vorschriften über die EinglVb in Anlehnung an § 37 Abs 1 SGB III eine Pflicht zur Durchführung von Potentialanalysen vorangestellt werden(§ 15 Abs 1 Satz 1 SGB II idF 9. SGB II-ÄndG-E, vgl BT-Drucks 18/8041 S 7), wie es in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 15 SGB II im Rahmen des sogenannten Profilings bereits zugrunde gelegt wird(vgl Brühl/Hofmann, Durchführungshinweise der BA für die Anwendung des SGB II, 8. Aufl 2011, Anlage zu § 15). Auch das unterstreicht, dass die EinglVb nach der Konzeption des SGB II als das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung des Eingliederungsprozesses und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten anzusehen und dabei an den jeweiligen individuellen Umständen auszurichten ist (vgl BT-Drucks 18/8041 S 37), was auch bei Ersetzungsentscheidungen durch Verwaltungsakt entsprechend zu berücksichtigen ist.

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4. Hieran gemessen war der streitbefangene Eingliederungsverwaltungsakt sowohl in seiner ursprünglichen Fassung vom 20.5.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.5.2014 als auch in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1.8.2014 in der noch im Streit stehenden Zeit vom 20.5.2014 bis 19.11.2014 rechtswidrig, ohne dass es auf die Berechtigung zu der Änderung selbst noch ankommt.

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a) Dahinstehen kann dabei, ob bereits das an den Kläger gerichtete Verlangen rechtswidrig war, mindestens sechs Bewerbungen pro Monat für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber Nachweis zu führen. Zwar können solche Aufforderungen nach dem Maßstab von § 2 Abs 2 Satz 2 SGB II und § 10 SGB II zumutbar sein, wie das BSG zu entsprechenden Anforderungen aus dem Regelungsbereich des SGB III bereits entschieden hat(BSG Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3, RdNr 29; BSG Urteil vom 31.1.2006 - B 11a AL 13/05 R - RdNr 21). Hiernach müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen (§ 2 Abs 2 Satz 2 SGB II), soweit nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 10 Abs 1 SGB II vorliegt. Jedoch entzieht sich auch das einer schematischen, die Umstände des Einzelfalls außer Betracht lassenden Bewertung. Wie der erkennende Senat schon entschieden hat, darf in Eingliederungsvereinbarungen nicht an Zielen starr festgehalten werden, die sich als erfolglos erwiesen haben (BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 21). Ebenso hat der 4. Senat des BSG darauf hingewiesen, dass die Chancen, eine Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erlangen, bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die die Voraussetzungen des § 16d Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllen, deutlich herabgesetzt sind(BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R - BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, RdNr 25 zu § 16 Abs 3 Satz 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Von Bedeutung ist schließlich ebenfalls die Arbeitsmarktlage in der konkreten Bewerbersituation (vgl BSG Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3, RdNr 29).

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Daher ist die Rechtsprechung des BSG zu § 119 Abs 1 Nr 1 SGB III(in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, inzwischen entsprechend: § 138 Abs 1 Nr 2 SGB III) nicht dahin zu verstehen, dass aus der Selbsthilfeobliegenheit des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II eine allgemeingültige Zahl monatlicher Bewerbungsbemühungen abzuleiten sein könnte, die von besonderen und entsprechend darzulegenden Umständen des Einzelfalls abgesehen grundsätzlich als zumutbar anzusehen wäre. Vielmehr ist nach der aufgezeigten Regelungsintention des Gesetzgebers jeweils im Einzelfall zu beurteilen, welche Eigenbemühungen von dem Arbeitsuchenden mit Blick auf die individuellen Fähigkeiten und gesundheitliche Situation einerseits (vgl etwa Müller in Hauck/Noftz, SGB II, § 15 RdNr 49, Stand Einzelkommentierung Juli 2012; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 15 RdNr 26; Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 15 RdNr 43; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 15 RdNr 88 ff; zur Rechtslage nach dem BSHG auch BVerwG Urteil vom 17.5.1995 - 5 C 20/93 - BVerwGE 98, 203, Juris RdNr 17) und die Arbeitsmarktlage andererseits zumutbar verlangt werden können. Ob die hier im Streit stehenden Anforderungen dem genügt haben, vermochte der Senat mangels näherer Feststellungen der Vorinstanzen (vgl § 163 SGG) nicht zu beurteilen. Das konnte indes dahinstehen, weil sich jedenfalls die Eingliederungszusagen des streitbefangenen Eingliederungsverwaltungsakts als unzureichend erweisen und er deshalb insgesamt rechtswidrig ist.

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b) Die Eingliederungszusagen sind allerdings entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon hinsichtlich der Erklärung unzureichend, Bewerbungsaktivitäten nach "Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB III" zu unterstützen durch Übernahme von "angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen …, sofern Sie diese zuvor beantragt haben" bzw "von angemessenen und nachgewiesenen Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt durch Sie beantragt wurde". Darin liegt zwar eine verbindliche Verpflichtung dem Grunde nach und nicht lediglich ein nicht bindender Verweis auf die Rechtslage (zu einer solchen Fallgestaltung vgl dagegen Urteil vom heutigen Tag, BSG Urteil vom 23.6.2016 - B 14 AS 30/15 R - RdNr 21 ff). Das ist auch ausgehend von der Rechtsprechung des BSG zum Eintritt einer Sperrzeit im Arbeitsförderungsrecht nicht entbehrlich (vgl BSG Urteil vom 15.2.1979 - 7/12 RAr 43/77 - SozR 4100 § 119 Nr 7 S 32; BSG Urteil vom 16.10.1990 - 11 RAr 65/89 - SozR 3-4100 § 119 Nr 4 S 16 ff). In der Ausgestaltung hat das BSG es indes regelmäßig ausreichen lassen, wenn die auf Antrag bestehenden Ansprüche dem Grunde nach verbindlich bezeichnet waren (vgl BSG Urteil vom 15.2.1979 - 7/12 RAr 43/77 - SozR 4100 § 119 Nr 7 S 32; BSG Urteil vom 16.10.1990 - 11 RAr 65/89 - SozR 3-4100 § 119 Nr 4 S 17). Hiervon abzuweichen besteht jedenfalls in Fällen wie hier kein Anlass. Zwar mögen Gestaltungen denkbar sein, bei denen angesichts der geforderten Eigenbemühungen mit hohen Bewerbungskosten zu rechnen ist und deren Höhe im Vorhinein abschätzbar ist. Dass es hier so lag, ist indes weder den Feststellungen des LSG noch dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen. Angesichts dessen lässt es keinen Ermessensfehler erkennen, dass die zu beanspruchenden Leistungen in den streitbefangenen Verfügungen nach Art und Rechtsgrundlage lediglich dem Grunde nach bezeichnet worden sind und die Bestimmung ihrer Höhe im Einzelnen dem Antragsverfahren überlassen geblieben ist.

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c) Unzureichend war jedoch, dass der streitbefangene Eingliederungsverwaltungsakt über den Verweis auf die Rechtsansprüche zur Erstattung von Bewerbungskosten und der Zusage, bei geeigneten Angeboten Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, hinaus keine konkreten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne der angestrebten "maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen" (vgl BT-Drucks 15/1516 S 44) bezeichnet hat, ohne dass dies von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen wäre. Zwar mag es dafür im Einzelfall Gründe geben. Soll auf Eingliederungsangebote nach § 15 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II, die auf die individuelle Situation zugeschnitten sind, verzichtet werden, setzt das jedoch gemäß § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II ("sollen" die Regelungen von Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen) die Ausübung pflichtgemäßem Ermessens voraus(§ 39 Abs 1 SGB I), wofür mangels jeder Begründung der angefochtenen Entscheidungen (§ 35 Abs 1 Satz 3 SGB X) hier nichts erkennbar ist. Damit erschöpften sich die streitbefangenen Entscheidungen von der Bezeichnung ohnehin bestehender gesetzlicher Ansprüche abgesehen in der Konkretisierung von Eigenbemühungen des Klägers, womit sie im Ergebnis auf eine Anknüpfungsgrundlage für mögliche Sanktionsentscheidungen reduziert worden sind; das entspricht der gesetzlichen Konzeption nicht (vgl ebenso etwa LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 22.1.2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B - RdNr 6; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 12.1.2012 - L 7 AS 242/10 B - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 14.7.2015 - L 9 AS 609/15 - RdNr 25).

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d) Dieser Ermessensausfall begründete die Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Eingliederungsverwaltungsakte insgesamt. Zwar konnte der Kläger etwaige weitergehende Eingliederungsleistungen auch ohne Fixierung im Eingliederungsverwaltungsakt beanspruchen. Ebenso bestand eine entsprechende Verpflichtung auf Seiten des Beklagten, ohne dass es auf die ersetzten EinglVben ankam (vgl § 14 SGB II). Nach dem dargelegten Konzept des § 15 SGB II mit der Wechselbezüglichkeit konkret zu fassender Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auf der einen und konkret zu bestimmender Anforderungen an die Eigenbemühungen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf der anderen Seite ist eine auf Absatz 1 Satz 6 gestützte Ersetzungsentscheidung nach dem Rechtsgedanken des § 58 Abs 3 SGB X aber insgesamt zu Lasten des Regelungsadressaten rechtswidrig, wenn sie sich auf die Vorgabe allein ihn verpflichtender Maßgaben beschränkt. Hiernach ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag bei der Nichtigkeit auch eines Teils im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Das gilt für den eine EinglVb als öffentlich-rechtlichen Vertrag ersetzenden Verwaltungsakt entsprechend, weil es nach der gesetzlichen Konzeption, wie ausgeführt, ausgeschlossen ist, dass das Jobcenter die Ersetzungsentscheidung von besonderen Ausnahmefällen abgesehen regelhaft auf die Bestimmung ausschließlich von Pflichten der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beschränken darf. Sind keine Gründe dargelegt, die ermessensfehlerfrei ausnahmsweise das Absehen von situationsangepassten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit tragen, ist der die EinglVb ersetzende Verwaltungsakt in einer das Regelungskonzept des SGB II verfehlenden Weise allein auf die die sanktionsbewehrte Kontrolle der Eigenaktivitäten des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beschränkt und insgesamt rechtswidrig.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.