Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Juni 2017 - L 16 AS 291/17 B ER

bei uns veröffentlicht am08.06.2017

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 28. Februar 2017 unter Ziffer I und II aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.04.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 angeordnet.

II. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers.

III. Dem Beschwerdeführer wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung in Höhe der Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung von 150 EUR bewilligt und Rechtsanwältin C. B., B-Straße, B-Stadt beigeordnet.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 04.04.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017.

Der 1966 geborene Bf erhält seit 2005 laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antrags-und Beschwerdegegner (Bg). Am 12.01.2017 fand eine persönliche Vorsprache des Bf beim Bg statt. Es wurde mit ihm über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung gesprochen. Laut einem Aktenvermerk wurden Maßnahmen zur Wiedereingliederung auf den Arbeitsmarkt angeboten und erläutert. Der Bf habe mitgeteilt, dass er an keiner Maßnahme interessiert sei. Er habe sich geweigert eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, unabhängig von den Inhalten, er wolle sie auch nicht mit nach Hause nehmen und durchlesen, weil er prinzipiell keine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben werde. Er möchte, dass die Eingliederungsvereinbarung gleich per Verwaltungsakt geschlossen werde. Der Bf erließ am gleichen Tag einen Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II, „gültig von 12.01.2017 bis auf weiteres“. Der Verwaltungsakt könne mit einer Nebenbestimmung gemäß § 32 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) versehen werden. Hiervon werde Gebrauch gemacht, um die Gültigkeit zu konkretisieren. Der Bescheid werde regelmäßig überprüft und im gegebenen Falle mit neuem ersetzendem Verwaltungsakt fortgeschrieben. Dies erfolge insbesondere, wenn eine wesentliche Änderung in den persönlichen Verhältnissen eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen, Leistungen des Jobcenters und der Pflichten des Bf erforderlich mache. Das Gleiche gelte, wenn das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen erreicht bzw. beschleunigt werden könne. Das Ziel der Eingliederungsvereinbarung sei die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Bg unterstütze die Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme der angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen, sofern diese zuvor beantragt worden seien. Außerdem übernehme er die Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen. Der Bf wurde verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen und vier Bewerbungen pro Kalendermonat nachzuweisen und auf Vermittlungsvorschläge unverzüglich zu reagieren.

Mit einer E-Mail vom 29.01.2017 lehnte der Bf die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme ab, unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme sowie den fehlenden PKW und seine Unfähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Daraufhin erließ der Bg am 02.02.2017 einen Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II, mit dem die Eingliederungsvereinbarung „vom 02.02.2017“ fortgeschrieben werde mit einer Gültigkeit „von 02.02.2017 bis auf weiteres“. Eine Eingliederungsvereinbarung sei nicht zu Stande gekommen. Der Bescheid vom 02.02.2017 wiederholte den Inhalt des Eingliederungsverwaltungsakts vom 12.01.2017 und sah zusätzlich die Teilnahme des Bf am Bewerbungscenter bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft mit den Bausteinen: Einführung in das Bewerbungscenter, Bewerbungscoaching, aktive IT-gestützte Bewerbungsbemühungen, Eigenrecherche sowie weitere Schulungsmodule für die Dauer von zwei Wochen jeweils Montag bis Freitag von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr vor. Die Einladung würde direkt vom Träger zugeschickt werden.

Mit Schreiben vom 09.02.2017 wurde gegen die Bescheide vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 durch die Bevollmächtigte des Bf Widerspruch eingelegt. Es sei nicht gestattet, zunächst eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt zu erlassen und wenige Wochen später eine weitere Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt hinterherzuschieben. Es sei vor Erlass der weiteren Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt nicht versucht worden eine Eingliederungsvereinbarung zu schließen. Außerdem sei es dem Bf aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen (mangelnde Mobilität) nicht möglich, an der Schulungsveranstaltung teilzunehmen.

Am 16.02.2017 stellte die Bevollmächtigte des Bf beim Sozialgericht Augsburg einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017. Sie wiederholte die Begründung des Widerspruchs und führte ergänzend aus, dass bereits Sanktionsbescheide angedroht worden seien. Sie legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Bf vom 13.02.2017 vor, wonach dieser voraussichtlich bis zum 26.02.2017 arbeitsunfähig sei.

Der Bg führte aus, dass mit dem Bf am 12.01.2017 vereinbart worden sei, dass er sich verschiedene Maßnahmen zur Wiedereingliederung auf den Arbeitsmarkt in Ruhe zuhause ansehen und sich bis zum 19.01.2017 zurückmelden solle. Daher sei der Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 ohne Zuweisung zu einer Maßnahme erlassen worden. Nachdem am 29.01.2017 eine E-Mail des Bf eingegangen sei, mit der er es erneut abgelehnt habe, eine Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit anzutreten, sei am 02.02.2017 die Fortschreibung der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1, 2 und 3 SGB II vorgenommen worden. Als wesentliche Änderung sei die Zuweisung zur Maßnahme „Bewerbungscenter“ aufgenommen worden. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei abzulehnen, da ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zumutbar sei. Es könne keine Eilbedürftigkeit erkannt werden. Der Bf sei nicht sanktioniert worden. Es sei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum 13.02.2017 bis 26.02.2017 eingereicht worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass vorgetragen werde, dem Bf werde vorgeworfen nicht an der Maßnahme teilzunehmen. Im Übrigen sei die Fortschreibung des Eingliederungsverwaltungsaktes rechtmäßig und zulässig und kein Hinterherschieben eines neuen Verwaltungsaktes. Soweit der Bf ausführe, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Maßnahme teilnehmen, sei dies durch das ärztliche Gutachten vom 27.07.2016, das in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg eingeholt worden sei, widerlegt. Darin sei festgestellt, dass der Bf keine körperlichen Einschränkungen habe, die ihn an der Teilnahme an einer Maßnahme hindern würden. Mit Beschluss vom 28.02.2017 lehnte das Sozialgericht Augsburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 ab. Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 werde durch den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 konkludent aufgehoben (§ 48 SGB X) und habe damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X seine Wirksamkeit verloren. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 sei im Übrigen zulässig jedoch unbegründet. Eingliederungsverwaltungsakte seien lediglich summarisch dahingehend zu prüfen, ob eine Eingliederungsvereinbarung gescheitert sei und ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen erkennbar sei und die Eignung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten berücksichtigt worden sei. Gemessen hieran sei der Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 nicht offensichtlich rechtswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2017 wurden die Widersprüche gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und 02.02.2017 zurückgewiesen. Die Fortschreibung des Verwaltungsaktes sei zulässig und kein Hinterherschieben eines neuen Verwaltungsaktes. Auch inhaltlich sei der Eingliederungsverwaltungsakt rechtmäßig. Die auferlegten Verpflichtungen seien zumutbar, die Maßnahme sei vom Bf auch aus gesundheitlichen Gründen zu bewältigen, was sich aus dem im Verfahren S. 15 AS 470 /16 erstellten gerichtlichen Gutachten ergebe. Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Bevollmächtigte des Bf am 04.04.2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 381/17).

Am 04.04.2017 hat die Bevollmächtigte des Bf Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.04.2017 gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 anzuordnen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die richterlichen Ausführungen nicht nachvollziehbar seien. Es seien bereits früher Sanktionsbescheide erlassen worden. Im Übrigen hat sie den erstinstanzlichen Vortrag wiederholt. Zugleich hat sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt, der sich auf die Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung in Höhe von 150 EUR erstrecke.

Der Bg hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und den Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen. Es bestünden keine Bedenken gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 28.02.2017. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Bg sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verfahrensakte des Sozialgerichts Augsburg S 15 AS 470/16 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Bf wendet sich gegen eine mögliche drohende Sanktion, wofür ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich ist, weil es sich insoweit um das Begehren vorbeugenden Rechtsschutzes handelt. Es kann vorliegend jedoch dahinstehen, ob ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse besteht, weil der Bf auch Rechtsschutz gegen die durch die Eingliederungsverwaltungsakte auferlegten Handlungspflichten begehrt und insoweit das Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.02.2017 - L 7 AS 113/17 B ER -, Rn. 25, juris). Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht erhoben.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht Augsburg hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu Unrecht abgelehnt.

Der Eilantrag wurde als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der zwischenzeitlich am 04.04.2017 erhobenen Klage gestellt. Ein Eingliederungsverwaltungsakt hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, d.h. er ist sofort vollziehbar. In einem solchen Fall kann gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist begründet. Die Entscheidung beruht auf einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen der Abwägung hat neben den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache die Frage der Eilbedürftigkeit wesentliche Bedeutung. Nur bei offenbarer Rechtswidrigkeit der angegriffenen Regelung ist die Feststellung einer besonderen Eilbedürftigkeit entbehrlich. In Fällen des § 39 SGB II, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug den Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt, ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung die mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 12c ff).

Danach war die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Eingliederungsverwaltungsakte anzuordnen. Bei summarischer Prüfung sind die angefochtenen Eingliederungsverwaltungsakte aufgrund ihrer Geltungsdauer rechtswidrig. Der Bg hat dem Wortlaut der Neuregelung des § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II folgend für die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 keine Beschränkung der Geltungsdauer vorgenommen. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Nebenbestimmung. Vielmehr hat er geregelt, dass sie bis auf weiteres gelten sollen. Der Gesetzgeber hat mit der durch das 9. Änderungsgesetz zum SGB II (9. SGB IIÄndG) vom 26.07.2016 geschaffenen Neufassung des § 15 SGB II keine ausdrückliche Änderung hinsichtlich der Geltungsdauer von Eingliederungsverwaltungsakten nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. (vorher: § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F.) vorgenommen. Nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, „soweit“ eine Vereinbarung nicht zu Stande kommt. Diese Formulierung stellt gegenüber § 15 Absatz 1 Satz 6 SGB II a.F. nur eine redaktionelle und grammatikalische Modifikation dar. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8041, S. 36) lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber im Bezug auf den Eingliederungsverwaltungsakt neue Regelungen treffen wollte. Die Neufassung des § 15 SGB II war nach den Ausführungen der Gesetzesbegründung vor allem von dem Wunsch getragen, eine möglichst zügige, passgenaue und motivationsfördernde Eingliederung in Arbeit durch Eingliederungsvereinbarung zu erreichen. Betont wird, dass dem Zusammenspiel von Eingliederungsvereinbarung und der Bestimmung von Pflichten und ihrer Nachhaltung bis hin zur Durchsetzung im Rahmen von Sanktionen eine große Bedeutung zukomme. Das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung des Eingliederungsprozesses und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten sei die Eingliederungsvereinbarung. Es sei angemessen, die Inhalte der Vereinbarung hoheitlich festzusetzen, wenn im Integrationsprozess eine einverständliche Regelung über Leistungen und Pflichten nicht gelinge, aber eine verbindliche Festlegung erforderlich sei. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. soll die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden. Diese Neuregelung folgt dem gesetzgeberischen Regelungskonzept von Eingliederungsvereinbarung und zielgerichteter Eingliederung in Arbeit.

Der Senat bezweifelt, dass diese Neuregelung für Eingliederungsvereinbarungen auch Eingliederungsverwaltungsakte gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. betrifft. Aus dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb spricht viel dafür, die zu § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn die gesetzlich vorgesehene Geltungsdauer ohne Ermessenserwägungen überschritten wird (BSG, Urteil vom 14.02. 2013 - B 14 AS 195/11 R -, BSGE 113, 70-75, SozR 4-4200 § 15 Nr. 2), auch auf Eingliederungsverwaltungsakte nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F anzuwenden. Dann ist auch nach neuem Recht davon auszugehen, dass die Überprüfungsfrist von sechs Monaten bei fehlender Ermessensausübung die Höchstfrist für eine einseitig festzulegende Laufzeit bei einem Eingliederungsverwaltungsakt ist (so auch Berlit in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 6. Aufl. 2017, § 15, Rn. 62; derselbe in info also 2016, 195 ff).

Die nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht des Beschwerdeverfahrens ist bei summarischer Prüfung nicht zu verneinen. Die hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsstreites ist ebenso wie die Erforderlichkeit einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt gegeben, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zumindest vertretbar gehalten werden kann (vgl. Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 73a, Rn. 7a). Der Bf kann nach den vorliegenden Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung die Kosten der Prozessführung in Höhe der Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung von 150 EUR nach § 114 ZPO nicht aufbringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Juni 2017 - L 16 AS 291/17 B ER

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Juni 2017 - L 16 AS 291/17 B ER

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Juni 2017 - L 16 AS 291/17 B ER zitiert 13 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 15 Potenzialanalyse und Kooperationsplan


(1) Die Agentur für Arbeit soll unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit erforderlichen persönlichen Merkmale, die beruflichen Fähigkeiten und die Eignung feststel

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 39 Sofortige Vollziehbarkeit


Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,1.der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsans

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Juni 2017 - L 16 AS 291/17 B ER zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Juni 2017 - L 16 AS 291/17 B ER zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Feb. 2013 - B 14 AS 195/11 R

bei uns veröffentlicht am 14.02.2013

Tenor Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Juli 2009 aufgehoben. Es wird fe

Referenzen

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Juli 2009 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 19. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids 26. März 2008 rechtswidrig war.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Verfahrens für alle Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Verwaltungsakt, mit dem der Beklagte im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat (im Folgenden: Eingliederungsverwaltungsakt).

2

Der 1964 geborene Kläger erhält seit Juli 2006 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Unter dem 11.2.2008 legte der Beklagte dem Kläger eine vorformulierte Eingliederungsvereinbarung vor, die bis zum 11.8.2008 gültig sein sollte. Nachdem der Kläger sich geweigert hatte, diese Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, ersetzte der Beklagte sie durch einen Verwaltungsakt vom 19.2.2008. Hierin wurde als Geltungsdauer die Zeit vom 19.2.2008 bis zum 31.12.2008 festgelegt, soweit zwischendurch nichts anderes vereinbart werde. Als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit wurden vom Beklagten ua zugesagt: die Unterstützung bei der Arbeitsuche/-aufnahme durch Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen, durch finanzielle Leistungen wie zB Bewerbungskosten, Leistungen zur Aufnahme einer Arbeit, zB Mobilitätshilfen, sowie öffentlich geförderte Beschäftigung und evtl ein Angebot einer außerbetrieblichen Trainingsmaßnahme.

3

Als Verpflichtung, die der Kläger im Rahmen der Eingliederungsbemühungen zu erfüllen und entsprechend zu dokumentieren habe, wurde die intensive und initiative Bewerbung auch während einer Arbeitsgelegenheit oder einer Trainingsmaßnahme auferlegt; der Kläger sollte seine Bewerbungsbemühungen auf den gesamten Helferbereich ausdehnen. Der Kläger wurde verpflichtet, eine angebotene Arbeitsgelegenheit anzutreten bzw eine außerbetriebliche Trainingsmaßnahme anzunehmen. Er dürfe außerdem während der Arbeitsgelegenheit oder der Trainingsmaßnahme keinerlei Anlässe dafür bieten, dass aufgrund seines Verhaltens oder seiner Arbeitsweise die Maßnahme abgebrochen werden müsse. Der Kläger sollte außerdem angebotene Unterstützungen der Fachdienste (psychologischer Dienst/ärztlicher Dienst) annehmen, ebenso wie weitere individuelle Unterstützung wie Förderung beruflicher Weiterbildung/Schuldnerberatung/Suchtberatung/psychosoziale Betreuung. Er wurde verpflichtet, alle Termine wahrzunehmen und bei Arbeitsunfähigkeit eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen. Dem Bescheid war eine Rechtsfolgenbelehrung bezüglich Grundpflichten, Meldepflicht und "Gemeinsamen Vorschriften" beigefügt.

4

Gegen diesen Eingliederungsverwaltungsakt legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, der Beklagte habe es versäumt, Ermessenserwägungen darzulegen. Mit Datum vom 18.3.2008 verfasste der Beklagte erneut eine vorformulierte Eingliederungsvereinbarung. Bei einer persönlichen Vorsprache am 20.3.2008 lehnte es der Kläger ab, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen; die Unterschrift wurde auch in der Folgezeit nicht nachgeholt. Im Rahmen der Vorsprache bot der Beklagte dem Kläger eine betriebliche Trainingsmaßnahme als Mitarbeiter in einem landwirtschaftlichen Betrieb an, diese Maßnahme lehnte der Kläger ebenfalls ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.3.2008 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt zurück und machte geltend, Ermessenserwägungen seien nicht darzulegen. Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) erhoben.

5

Mit Bescheid vom 25.4.2008 senkte der Beklagte für die Zeit vom 1.5. bis 31.7.2008 die Leistungen nach dem SGB II um 30 vH der maßgeblichen Regelleistung ab und hob den (Bewilligungs-)Änderungsbescheid vom 4.2.2008 in Höhe von 104 Euro monatlich für den genannten Zeitraum auf, weil der Kläger seine Pflichten aus "der Eingliederungsvereinbarung vom 20.3.2008" verletzt habe, da er an einer angebotenen Trainingsmaßnahme nicht teilgenommen habe. Der gegen den Bescheid vom 25.4.2008 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.5.2008 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG abgewiesen; die Nichtzulassungsbeschwerde ist noch beim Landessozialgericht (LSG) anhängig. Mit erneutem Bescheid vom 30.6.2008 hat der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.2008 in Höhe von 588,45 Euro bewilligt.

6

Das SG hat die gegen den Eingliederungsverwaltungsakt gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 30.7.2009). Das LSG hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 14.7.2010). Entgegen der Auffassung des SG sei die Klage zwar nicht unzulässig, insbesondere habe sich der Bescheid vom 19.2.2008 nicht durch Abschluss einer nachfolgenden Eingliederungsvereinbarung erledigt. Der Bescheid vom 25.4.2008, mit dem die bewilligten Leistungen abgesenkt worden seien, zeige auch, dass der Verwaltungsakt seine regelnde Wirkung noch nicht verloren habe. Die Klage sei allerdings nicht begründet, denn der angefochtene Bescheid enthalte alle von Gesetzes wegen vorgeschriebenen Elemente. Soweit der Kläger eine unzureichende Ermessensausübung rüge, sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei § 15 Abs 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift handele. Der Grundsicherungsträger treffe insoweit eine nicht justitiable Opportunitätsentscheidung darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wähle. Dass der angefochtene Bescheid nicht im Einzelnen darauf eingehe, was den Beklagten zu den vom Kläger beanstandeten Regelungen bewogen habe, sei unschädlich. Die Begründungsanforderungen richteten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Es reiche aus, dass dem Kläger hier der dem angefochtenen Verwaltungsakt faktisch zugrunde liegende Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vom 11.2.2008 persönlich ausgehändigt worden und dieser mit ihm besprochen worden sei. Dies führe dazu, dass der Kläger seine Rechte sachgemäß wahrnehmen könne. Im Übrigen würden in dem Bescheid Intensität und Quantität der geforderten Eigenbemühungen festgelegt und auch der sachliche Umfang der Bewerbungsbemühungen eingegrenzt ("gesamter Helferbereich"). Da zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses die weitere Entwicklung für den zu regelnden Zeitraum nicht in allen Einzelheiten überblickt werden könne, sei es regelmäßig ausreichend, die Fördermaßnahmen zunächst allgemeiner zu formulieren.

7

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt sei aus verschiedenen Gründen rechtswidrig. Zunächst sei eine umfassende und gründliche Potentialanalyse zu erstellen, was nicht geschehen sei. Der Verwaltungsakt sei auch allein schon deshalb rechtswidrig, weil er für eine Dauer von erheblich mehr als sechs Monate habe gelten sollen, ohne dass hierfür eine Begründung gegeben worden sei. Außerdem sei die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt rechtswidrig, weil aus diesem nicht ersichtlich sei, welche Eingliederungsleistungen des Trägers konkret angeboten würden, die ihm auferlegten Verpflichtungen seien so unbestimmt, dass er nicht erkennen könne, welche Verpflichtungen ihn tatsächlich träfen. Im Übrigen müssten, soweit Ermessensleistungen bewilligt würden, in dem Bescheid auch Ermessenserwägungen enthalten sein.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Juli 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 19. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. März 2008 rechtswidrig war.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die Klage bereits für unzulässig, da der angefochtene, eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt seine Wirkung durch Zeitablauf verloren habe. Im Übrigen sei die festgesetzte Sanktion ausweislich eines Schreibens vom 19.1.2010 an das SG wieder aufgehoben worden. Er erkläre zudem verbindlich, dass auch keine weiteren Rechtsfolgen, wie etwa eine Rückforderung bereits ausgezahlter Sanktionsbeträge mehr in Betracht komme. Nachdem somit eine Beschwer des Klägers nicht mehr vorliege, sei die Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 19.2.2008 war rechtswidrig, weil der Beklagte entgegen der gesetzlichen Vorgabe in § 15 Abs 1 Satz 6 iVm Satz 3 SGB II ohne Ermessenserwägungen eine Geltungsdauer von zehn Monaten angeordnet hat.

12

1. Die Zulässigkeit der Revision begegnet keinen Bedenken. Insbesondere die Umstellung des Klageantrags auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch im Revisionsverfahren zulässig; § 168 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) steht dem nicht entgegen(vgl BSGE 99, 145, 146 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4; s auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 131 RdNr 8a und Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 168 RdNr 2b; Lüdtke in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 168 RdNr 4, jeweils mwN).

13

Der Kläger hat sich ursprünglich zutreffend mit der Anfechtungsklage gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 19.2.2008 gewandt. Die mit der Anfechtungsklage angestrebte Aufhebung dieses Verwaltungsaktes war ua erforderlich, um mögliche Sanktionen abzuwehren. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Bescheid vom 19.2.2008 nicht, wie das SG angenommen hat, nach § 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) durch den Abschluss einer nachfolgenden Eingliederungsvereinbarung erledigt hatte. Die vom SG angenommene nachfolgende Eingliederungsvereinbarung vom "20.3." (tatsächlich datierte sie vom 18.3.2008) ist nicht zustande gekommen. Aufgrund der Erklärungen des Beklagten im Revisionsverfahren steht jedoch fest, dass der angefochtene Bescheid keine Regelungswirkung mehr entfaltet und eine Anfechtungsklage daher nicht mehr in Betracht kam.

14

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Es ist mit Wirkung vom 1.1.2011 als Rechtsnachfolger kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten (vgl dazu im Einzelnen ua Bundessozialgericht Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5). Dieser Beteiligtenwechsel stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar, das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen.

15

2. Die zulässige Revision des Klägers ist auch begründet. Der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 19.2.2008 war rechtswidrig.

16

a) Die vom Kläger im Revisionsverfahren aufrecht erhaltene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG hier die richtige Klageart. Nach dieser Vorschrift kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 7 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 131 RdNr 10 bis 10 f; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IV, RdNr 102). Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn der Verlauf des Verfahrens zeigt, dass der Beklagte wiederholt versucht hat, den Kläger in Eingliederungsmaßnahmen einzubeziehen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Maßnahmen zu erwarten sind.

17

b) Der Beklagte hat über Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gegenüber dem Kläger zu Recht durch Verwaltungsakt entschieden. Zwar legt § 15 Abs 1 Satz 1 SGB II zunächst fest, die Agentur für Arbeit solle im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II bestimmt dann jedoch: Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die in Satz 2 aufgeführten Regelungen einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erfolgen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, denn der Kläger hat nach den tatrichterlichen Feststellungen den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ohne Begründung abgelehnt. In einem solchen Fall steht dem Grundsicherungsträger nur die Handlungsform Verwaltungsakt zur Verfügung (Müller in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/12, K § 15 RdNr 24 f).

18

Der Gesetzeswortlaut legt damit für die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit einen Vorrang der konsensualen Lösung gegenüber dem hoheitlichen Handeln durch Verwaltungsakt nahe (so insbes Huckenbeck in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 15 RdNr 10; Müller, aaO, § 15 RdNr 13; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 15 RdNr 24). Hierfür spricht auch die Entstehungsgeschichte des SGB II. Der Gesetzentwurf zum SGB II betont mehrfach den besonderen Stellenwert, den man der aktiven Mitarbeit des Leistungsberechtigten bei der gemeinsamen Ausarbeitung einer Eingliederungsvereinbarung beimisst (BT-Drucks 15/1516, S 44, 46). Der Gesetzgeber versprach sich hiervon offensichtlich eine Steigerung der Motivation des Betroffenen, an der Eingliederung in den Arbeitsmarkt aktiv mitzuwirken. Dieses gesetzgeberische Anliegen ist auch nicht deshalb vernachlässigenswert, weil die Durchsetzung der Ansprüche auf Eingliederungsleistungen nicht davon abhängt, ob diese in einer Eingliederungsvereinbarung oder einem ersetzenden Verwaltungsakt festgelegt worden sind und zudem der jeweilige Sachbearbeiter des Jobcenters womöglich am besten beurteilen kann, welcher Weg am ehesten einen raschen Eingliederungserfolg verspricht (so aber BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 13/09 R - BSGE 104, 185, 188 = SozR 4-4200 § 15 Nr 1, RdNr 17). Zum einen stellt das Anliegen, auf der Basis konsensualer Lösungsversuche langfristig größere Eingliederungserfolge erreichen zu wollen, ein legitimes gesetzgeberisches Ziel dar; zum anderen ist im Schrifttum zutreffend deutlich gemacht worden, dass die Leistungsangebote des Grundsicherungsträgers wie auch die Selbstverpflichtungen des Grundsicherungsempfängers - in den Grenzen des § 58 SGB X - vertraglich deutlich weitergehend ausgestaltet werden können, als dies bei einer Entscheidung durch Verwaltungsakt möglich ist(Siefert, SGb 2010, 612, 616).

19

Eine Gleichrangigkeit der Handlungsformen Vereinbarung und Verwaltungsakt kann schließlich auch nicht daraus abgeleitet werden, dass im Gesetzgebungsverfahren zwar die Notwendigkeit einer Einbeziehung des Arbeitsuchenden sprachlich stärker betont worden sei, dass letztlich jedoch die fehlende Parität zwischen Grundsicherungsträger und Arbeitsuchendem im Ergebnis nicht korrigiert worden sei, die Eingliederungsvereinbarung bilde vor allem eine Grundlage für Sanktionen bei Nichterfüllung von Pflichten durch den Arbeitsuchenden und liege damit eher im Interesse des Grundsicherungsträgers (BSGE 104, 185, 188 = SozR 4-4200 § 15 Nr 1). Zum einen gibt es zahlreiche Lebensbereiche, in denen trotz vergleichbar asymmetrischer Verhandlungspositionen die Akzeptanz vertraglicher Regelungen nicht in Zweifel gezogen wird (Siefert, SGb 2010, 612, 615); zum anderen muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber das konsensuale Vorgehen gerade als Konfliktvermeidungsstrategie gesehen hat (Müller in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/12, K § 15 RdNr 15). Wortlaut, Entstehungsgeschichte (hierzu speziell: Müller, aaO, RdNr 17) und Sinn und Zweck des § 15 Abs 1 SGB II sprechen nach allem eher dafür, dass ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt nur in Betracht kommt, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden Verwaltungsakt im Einzelnen darzulegen wäre(Huckenbeck, aaO, § 15 RdNr 11).

20

Die Rechtswidrigkeit des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakts, mit dem der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat, ergibt sich hier aus der Tatsache, dass der Beklagte entgegen der gesetzlichen Vorgabe ohne Ermessenserwägungen eine Geltungsdauer von zehn Monaten angeordnet hat. Zwar verweist Satz 6 des § 15 Abs 1 SGB II wegen des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts allein auf "die Regelungen nach Satz 2". Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass der Grundsicherungsträger die Geltungsdauer eines ersetzenden Verwaltungsakts ohne Bindung an die Vorgabe des Satzes 3 nach freiem Ermessen festlegen können sollte. Nach § 15 Abs 1 Satz 3 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen werden. Aufgrund des Verhältnisses der Regelungen in Satz 1 und 2 des § 15 Abs 1 SGB II zu Satz 6 dieser Vorschrift gilt dies auch für den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt.

21

Bei der Entscheidung über die Geltungsdauer ist das Ermessen des Grundsicherungsträgers danach gebunden. Für den Regelfall sieht der Gesetzgeber sechs Monate als angemessen an. Die sechsmonatige Regellaufzeit entspricht dem Bewilligungszeitraum für Leistungen nach dem SGB II gemäß § 41 Abs 1 Satz 2 SGB II. Bis zum 31.12.2006 galt als Übergangsregelung zur Entlastung der Verwaltung noch eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten (vgl dazu Fuchsloch in Gagel, SGB II, Stand Juni 2006, § 15 RdNr 73). Die nunmehr geltende kürzere Frist von sechs Monaten gibt dem Hilfebedürftigen einerseits einen stabilen, verlässlichen Rahmen, garantiert aber andererseits durch kontinuierliche Beobachtung, dass nicht an Zielen starr festgehalten wird, die sich als erfolglos erwiesen haben (vgl Fuchsloch, aaO; Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 15 RdNr 36 f). Deshalb "soll" nach Satz 4 des § 15 Abs 1 SGB II nach Ablauf von sechs Monaten eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden.

22

c) Eine Anfrage beim 4. Senat des BSG nach § 41 Abs 3 Satz 1 SGG war nicht geboten. Eine Anfrage kommt danach nur in Betracht, wenn der erkennende Senat mit einem in der zu treffenden Entscheidung beabsichtigten Rechtssatz von einem in einem früheren Urteil enthaltenen tragenden Rechtssatz eines anderen Senats abweichen will (BSGE 58, 183, 186 f = SozR 1500 § 42 Nr 10; vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Kap V E, RdNr 133, 136). Es ist nicht erkennbar, dass es für das Urteil vom 22.9.2009 (BSGE 104, 185 = SozR 4-4200 § 15 Nr 1), in dem allein über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung zu entscheiden war, auf die dort geäußerte Rechtsauffassung ankam, die Handlungsformen Vereinbarung und Verwaltungsakt seien bei der Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gleichrangig (so auch Siefert, SGb 2010, 612, 615).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.