Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 08. März 2016 - 2 UF 9/16
Gericht
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1. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 1. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht zu Recht dem Antrag des weiteren Beteiligten zu 2 auf Feststellung seiner Vaterschaft zu dem betroffenen Kind stattgegeben.
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Für das Kind besteht keine Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB; nach den übereinstimmenden Erklärungen der weiteren Beteiligten ist der weitere Beteiligte zu 2 der leibliche Vater des Kindes, weil er der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat und die Kindesmutter in dieser Zeit ausschließlich mit ihm Geschlechtsverkehr hatte. Damit liegen die Voraussetzungen für die gerichtliche Anerkennung des weiteren Beteiligten zu 2 als Vater des betroffenen Kindes vor (§ 1600 d BGB).
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Das Recht des weiteren Beteiligten zu 2 auf Feststellung seiner Vaterschaft ist nicht ausgeschlossen.
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Der leibliche, aber nicht rechtliche Vater ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 9. April 2003 - 1 BvR 1493/96 und 1724/01, zitiert nach juris) durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in seinem Interesse geschützt, die rechtliche Stellung als Vater einzunehmen. Er hat das Recht, (auch) die rechtliche Vaterposition zu erlangen, wenn dem der Schutz einer familiären Beziehung zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern nicht entgegen steht. Hier ist ein solches dem Recht des leiblichen Vaters auf Einräumung seiner rechtlichen Vaterstellung entgegenstehendes (vorrangiges) Elternrecht schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderer Mann die rechtliche Verantwortung als Vater für das Kind übernommen hat. Die Kindesmutter ist nicht verheiratet; eine Vaterschaftsanerkennung durch ihren Lebenspartner liegt nicht vor.
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Es bedarf keiner Klärung der streitigen Behauptung der Kindesmutter, der weitere Beteiligte zu 2 habe sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes ihr gegenüber erklärt, dass er auf seine Vaterrechte verzichte und keine Rechte an dem Kind geltend machen werde. Diese Erklärungen wären rechtlich unverbindlich, so dass ihre Annahme durch die weitere Beteiligte zu 1 nicht zu einer rechtlich verbindlichen Entbindung von Vaterpflichten führen könnte. Als bloße Absichtserklärungen könnten sie das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht nicht einschränken.
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Ein Ausschluss des Anerkennungsrechts des weiteren Beteiligten zu 2 ergibt sich auch nicht aus einer (doppelt) analogen Anwendung des § 1600 Abs. 5 BGB.
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Nach § 1600 Abs. 5 BGB ist die Anfechtung der Vaterschaft durch die rechtlichen Eltern ausgeschlossen, wenn das Kind mit ihrer Einwilligung durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden ist. In analoger Anwendung dieser Vorschrift ist in diesem Fall auch das - nach § 1600 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende - Anfechtungsrecht des Samen spendenden biologischen Vaters ausgeschlossen (BGH Urteil vom 15. Mai 2013 - XII ZR 49/11, zitiert nach juris).
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Diese Konstellationen sind mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar. Das betroffene Kind wurde unstreitig nicht durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende, sondern auf natürlichem Weg gezeugt; seine leiblichen Eltern haben einander während der Empfängniszeit beigewohnt. Demzufolge lag der Zeugung des Kindes auch keine Einwilligung des Lebenspartners der weiteren Beteiligten zu 1 in die künstliche Befruchtung durch Samenspende zu Grunde.
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Zudem liegt hier auch deshalb keine den Ausschluss des Anfechtungsrechts des biologischen Vaters in analoger Anwendung des § 1600 Abs. 5 BGB rechtfertigende vergleichbare Fallkonstellation vor, weil es keinen Wunschvater gibt, der die rechtliche Verantwortung für das Kind durch Anerkennung seiner Vaterschaft übernommen hat.
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Damit fehlt es an einer Rechtfertigung dafür, dem leiblichen Vater den Zugang zur rechtlichen Vaterschaft zu versagen.
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2. Die weitere Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 84 FamFG).
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3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 FamGKG i.V.m. § 169 Nr. 1 FamFG).
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4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).
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Annotations
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
- 1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht, - 2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, - 3.
die Mutter und - 4.
das Kind.
(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.
(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
(1) In Abstammungssachen nach § 169 Nr. 1 und 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beträgt der Verfahrenswert 2 000 Euro, in den übrigen Abstammungssachen 1 000 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
Abstammungssachen sind Verfahren
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auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses, insbesondere der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft, - 2.
auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme, - 3.
auf Einsicht in ein Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift oder - 4.
auf Anfechtung der Vaterschaft.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.