Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 Ws 348/16

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2017:0111.1WS348.16.0A
11.01.2017

Tenor

1. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 2. Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. November 2016 sowie der Antrag der Staatsanwaltschaft, die Rückgabe der aufgrund der genannten Verfügung herausgegebenen Datenträger anzuordnen, werden als unzulässig verworfen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

1

Gegen die Angeklagten wird vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) seit dem 4. Oktober 2016 ein Strafverfahren wegen Betruges geführt. Mit Verfügung vom 2. November 2016 hat der Vorsitzende der 2. Strafkammer die Übersendung je einer Kopie des Datenträgers mit dem Inhalt der Telefonüberwachung, die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens im Zeitraum vom 4. April 2011 bis 18. Mai 2011 durchgeführt wurde, an die Verteidiger der Angeklagten angeordnet. Der Datenträger mit der Bezeichnung „DVD TKÜ, Stand: 19.10.2016“ war dem Landgericht zuvor am 24. Oktober 2016 von der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde und ihrem Antrag vom 11. November 2016.

II.

2

1. Die Beschwerde ist unzulässig.

3

§ 147 Abs. 4 S. 2 StPO schließt die Anfechtbarkeit der Entscheidung des Gerichts über die Art und Weise der Besichtigung von Akten(-teilen) umfassend, d.h. auch für die Staatsanwaltschaft, aus (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26. August 2016 - 1 Ws 415/16, juris, Rn. 8 ff. m.w.N.; Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 27. Mai 2016 - 2 Ws 88/16, juris, Rn. 10 ff. m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. August 2015 - 3 Ws 438/15, juris, Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 147, Rn. 32; § 304, Rn. 5; a.A. etwa OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. Februar 2015, juris, Rn. 8 ff. m.w.N., OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 2 Ws 146/12, juris, Rn. 2, die sich jedoch nicht zu der Frage der Zulässigkeit i.H.a. § 147 Abs. 4 S. 2 StPO verhalten). Bei den herausgegebenen Datenträgern und den darauf gespeicherten Daten handelt es sich nicht um nicht herausgabefähige Beweisstücke i.S.d. § 147 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 StPO. Sie stellen verkörperte Kopien dar, die nicht - aus Gründen des Substanz- und Integritätsschutzes von Beweisstücken - dem Mitgabeverbot unterliegen (vgl. hierzu Wettley/Nöding, NStZ 2016, 633 <634> m.w.N.; LG Bremen, StV 2015, 682). Durch die Übergabe des Datenträgers an das Gericht wurde dieser vielmehr Bestandteil der Akte (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 15, 17 m.w.N.). Die - hier erfolgte - Anfertigung von Kopien stellt einen Unterfall der Akteneinsicht dar (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 6). Der umfassende Anfechtungsausschluss erstreckt sich auch auf das Begehren, die gewährte Einsichtnahme rückgängig zu machen.

4

2. Das Rechtsmittel wäre allerdings auch unbegründet. Die Aushändigung und Mitgabe der (jeweiligen) Datenträger-Kopie an die Verteidiger begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken.

5

a) Rechte Dritter stehen der Herausgabe der Datenträger-Kopie nicht entgegen. § 147 Abs. 4 S. 1 StPO lässt die Aushändigung und Mitgabe von Akten und Aktenbestandteilen nur zu, wenn nicht wichtige Gründe dem entgegenstehen. Persönlichkeits- und Datenschutzrechte Dritter stellen in der Regel keine derartigen Ausschlussgründe dar (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 29 m.w.N.; a.A. OLG Hamburg, Beschluss vom 16. Februar 2016 - 3 Ws 11-12/16, juris, Rn. 12; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 6). Dies belegt ein systematischer Vergleich zu der Vorschrift des § 147 Abs. 7 StPO: Einem nichtverteidigten Beschuldigten sind Auskünfte und Abschriften aus der Akte nur zu erteilen, wenn - u.a. - überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Diese Einschränkung dient der „Wahrung der Intimsphäre Dritter“ (BT-Dr. 14/1484, 22). Bei Gewährung von Akteneinsicht an einen Verteidiger hat der Gesetzgeber von dieser Einschränkung hingegen abgesehen. Im Übrigen wird der nur für unverteidigte Beschuldigte geltende Verweis auf den datenschutzrechtlichen Zweckbindungsgrundsatz des § 477 Abs. 2 StPO ausweislich der Gesetzesbegründung für den Verteidiger als obsolet angesehen, da sich für diesen die Zweckbindung der Akteneinsicht bereits aus der Aufgabe der Verteidigung und der besonderen Stellung des anwaltlichen Verteidigers, eines Organs der Rechtspflege, ergebe (BT-Dr. 14/1484, 22). Etwaigen Kernbereichsverletzungen - die mit Weitergabe eine Vertiefung erfahren würden - wird bereits im Rahmen der Datenerhebung durch die §§ 100a Abs. 4 S. 1-3 StPO begegnet, so dass es eines „subsidiären“ Schutzes durch eine extensive Auslegung von § 147 Abs. 4 S. 1 StPO oder gar einer analogen Anwendung des § 147 Abs. 7 StPO nicht bedarf.

6

b) Eine weitergehende „Eingriffsvertiefung“ ist bei Mitgabe an den Verteidiger nicht zu befürchten, da dieser lediglich an einem anderen Ort von seinem ohnehin bestehenden Einsichtsrecht Gebrauch macht. Die Gefahr einer unkontrollierten Weitergabe an Dritte besteht bei Verteidigern - als Organen der Rechtspflege - nicht (so auch KG, Beschluss vom 15. März 2015 - 2 StE 14/15, juris, Rn. 11 für dem Gericht bekannte Verteidiger); im Übrigen beugt auch das Standesrecht dem vor, vgl. §§ 19 BORA, 43, 43a BRAO. Schließlich würde sich eine etwaige Gefahr der unkontrollierten Weitergabe von Akteninhalten auch bei - unstreitig an den Verteidiger zu übersendenden - schriftlichen Aktenbestandteilen nicht verneinen lassen. Die in § 101 Abs. 8 S. 1 StPO statuierte Verpflichtung zur Löschung der gewonnenen Daten wird durch die Aushändigung an den Verteidiger ebenfalls nicht vereitelt (KG, a.a.O.; a.A. OLG Hamburg, Beschluss vom 16. Februar 2016 - 3 Ws 11-12/16, juris, Rn. 12 ff.; OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 14); denn dieser ist, als Organ der Rechtspflege auch ohne besonderen Hinweis oder vorheriger Verpflichtungserklärung verpflichtet, die erhaltenen Datenträger (und eventuell angefertigte Kopien) an das Gericht zurückzugeben.

7

c) Darüber hinaus bestünde hier, worauf die Verteidigung zu Recht hinweist, bei bloßer Zugänglichmachung der Tonaufnahmen in den Räumen der PP Südhessen in Darmstadt sowie des PP Rheinpfalz ein dem Grundsatz des fairen Verfahrens zuwiderlaufendes Defizit auf Seiten der Verteidigung bei der Möglichkeit zur Kenntnisnahme der für sie notwendigen Informationen. Diese läge nicht nur in einer räumlich und zeitlich begrenzten, sondern auch gegenüber Gericht und Staatsanwaltschaft unterlegenen Möglichkeit zur Kenntnisnahme. Das Verfahren hatte bereits am 4. Oktober 2016 begonnen. Der Datenträger mit dem „Stand: 19.10.2016“ war dem Gericht am 24. Oktober 2016 übergeben worden und das Abspielen zur Beweisaufnahme war bereits für die Hauptverhandlung vom 8. November 2016 geplant.

8

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 Ws 348/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 Ws 348/16

Referenzen - Gesetze

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 Ws 348/16 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 100a Telekommunikationsüberwachung


(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn 1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in F

Strafprozeßordnung - StPO | § 147 Akteneinsichtsrecht, Besichtigungsrecht; Auskunftsrecht des Beschuldigten


(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. (2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht

Strafprozeßordnung - StPO | § 101 Verfahrensregelungen bei verdeckten Maßnahmen


(1) Für Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 100a bis 100f, 100h, 100i, 110a, 163d bis 163g gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die nachstehenden Regelungen. (2) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach den §§ 100b, 100c, 100f

Strafprozeßordnung - StPO | § 477 Datenübermittlung von Amts wegen


(1) Von Amts wegen dürfen personenbezogene Daten aus Strafverfahren Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten für Zwecke der Strafverfolgung sowie den zuständigen Behörden und Gerichten für Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten übermittelt

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 Ws 348/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 Ws 348/16 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 27. Mai 2016 - 2 Ws 88/16

bei uns veröffentlicht am 27.05.2016

Tenor Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung des Vorsitzenden der Großen Strafkammer ... vom 6. Mai 2016, dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt …, Kopien der Audiodateien der in den Sonderbänden I und III zusammenfassend

Referenzen

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung des Vorsitzenden der Großen Strafkammer ... vom 6. Mai 2016, dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt …, Kopien der Audiodateien der in den Sonderbänden I und III zusammenfassend verschriftlichten Telefongespräche zur Mitnahme auszuhändigen, wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

1

Gegen den Angeklagten und mehrere Mitangeklagte ist ab Mitte 2015 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Herstellens von Betäubungsmitteln und weiterer Delikte geführt worden, in dessen Rahmen die Telekommunikation unter anderem des Angeklagten überwacht und aufgezeichnet worden ist.

2

Unter dem 22. Februar 2016 ist gegen den Angeklagten und vier Mitangeklagte Anklage zur Großen Strafkammer des Landgerichts Hamburg erhoben worden. Ein zunächst gesondert geführtes Verfahren gegen einen weiteren Mitangeklagten ist inzwischen zu diesem Verfahren hinzu verbunden worden. Durch Beschluss vom 20. April 2016 hat die Große Strafkammer ..., bei der die Sache anhängig geworden ist, die Anklage mit Abweichungen zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren insoweit eröffnet. Am 26. April 2016 hat der Kammervorsitzende die Hauptverhandlung für die Zeit ab dem 26. Mai 2016 anberaumt.

3

Der Verteidiger des Angeklagten hat im Dezember 2015 Einsicht in eine Kopieakte und im März 2016 Akteneinsicht durch Übersendung einer so genannten E-Akte sowie eines am 17.März 2016 zurück gegebenen Sonderbandes „DNA“ erhalten. Am 27. April 2016 ist ihm eine aktualisierte „E-Akte“ zugesandt worden. Audiodateien von aufgezeichneten Telefongesprächen befanden sich noch nicht bei den Akten, die insoweit lediglich in zwei Sonderbänden, den Sonderbänden I und III, schriftliche Zusammenfassungen ausgewählter Gespräche enthielten.

4

Am 22. April 2016 hat der Verteidiger beantragt, ihm zum Zwecke der Überprüfung der Verschriftlichungen der Telefongespräche die betreffenden Audiodateien bzw. Kopien dieser Dateien zur Verfügung zu stellen.

5

Der Kammervorsitzende hat darauf am 27. April 2016 das Landeskriminalamt um Übermittlung der bisher weder im Original noch in Kopien bei den Akten befindlichen Audiodateien der Telefongespräche in einem für die „IT-Abteilung“ des Landgerichts „praktikablen Format (mp-3)“ gebeten. Am 29. April 2016 hat der Kammervorsitzende angeordnet, dass dem Verteidiger des Angeklagten die Möglichkeit eingeräumt wird, „sämtliche aufgezeichneten Gespräche, die in den Sonderbänden I (Relevante TKÜ-Protokolle) und III (TKÜ 07. 11.15) zusammengefasst sind, als Audio-Dateien anzuhören“. Dazu hat er ergänzend ausgeführt: „Die Anhörmöglichkeit wird - nach freier Raumkapazität - in den Räumen des Landgerichts Hamburg (Strafjustizgebäude) bestehen; nähere Vereinbarung von Zeit und Ort erfolgt über die IuK-Abtei-lung des Landgerichts (Tel.: …, Herr …). Zur Durchführung dieser Anordnung sind die genannten Audiodateien umgehend vom LKA Hamburg an die IuK-Abteilung des Landgerichts zu übermitteln“.

6

Dagegen hat der Verteidiger eingewandt, er sehe sich gegenwärtig nicht in der Lage, mit dem Angeklagten - der sich lediglich vom 19. November 2015 bis zum 15. April 2016 in Polizei- und Untersuchungshaft befunden hat - die Audiodateien im Gericht, „offenbar auch noch in wechselnden Räumen, abzuhören“; er wolle die Gespräche in den „eigenen Kanzleiräumen und abgeschirmt anhören und diese ggf. auch mit dem Mandanten erörtern“. Zugleich hat er beantragt, von den Audiodateien Kopien zu machen und ihm diese zur Einsicht oder zum Verbleib zu überlassen.

7

Der Kammervorsitzende hat sodann am 6. Mai 2016 seine Anordnung vom 29. April 2016 dahin abgeändert, dass dem Verteidiger Kopien der Audiodateien von sämtlichen Telefongesprächen, die in den Sonderbänden I und III zusammenfassend verschriftlicht sind, auf einem Datenträger auszuhändigen sind.

8

Dagegen hat die Staatsanwaltschaft am 11. Mai 2016 Beschwerde eingelegt, welcher der Kammervorsitzende nicht abgeholfen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 17. Mai 2016 beantragt, die Anordnung des Kammervorsitzenden vom 6. Mai 2016 aufzuheben und zu bestimmen, dass die auf Grund dieser Anordnung an den Verteidiger des Angeklagten herausgegebenen Kopien von Audiodateien an die Große Strafkammer ... des Landgerichts Hamburg zurückzugeben sind.

9

Auf Grund Anordnung des Kammervorsitzenden vom 19. Mai 2016 ist am selben Tag eine CD mit Kopien der Audiodateien zu den Sonderbänden I und III unter anderem an den Verteidiger des Angeklagten herausgegeben worden.

II.

10

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung des Vorsitzenden der Großen Strafkammer ... des Landgerichts Hamburg vom 6. Mai 2016 ist unzulässig. Sie ist bereits nicht statthaft, weil es an einer Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft fehlt, da die Anfechtbarkeit hier gemäß § 147 Abs. 4 S. 2 StPO allgemein und auch für die Staatsanwaltschaft ausgeschlossen ist.

11

1. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung des Kammervorsitzenden, Kopien der Audiodateien zu den in den Sonderbänden I und III zusammengefassten verschriftlichten Telefongesprächen an den Verteidiger herauszugeben, richtet sich allgemein und auch für die Staatsanwaltschaft nach § 147 Abs. 4 S. 2 StPO, der eine Anfechtbarkeit ausschließt.

12

a) § 147 StPO, nach dessen Absatz 1 das Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke für einen Beschuldigten durch den Verteidiger wahrgenommen wird und nach dessen Absatz 5 Satz 1 im vorbereitenden Verfahren sowie nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft und im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts über die Einsichtsgewährung entscheidet, sieht zur Art und Weise der Einsichtsgewährung in Absatz 4 vor, dass „auf Antrag“ „dem Verteidiger, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben werden“ sollen (Satz 1) und „die Entscheidung“ „nicht anfechtbar“ ist (Satz 2).

13

b) § 147 StPO geht, soweit er konkrete Regelungen enthält, als spezielle Einzelvorschrift allgemeinen strafprozessualen Vorschriften und damit auch den allgemeinen beschwerderechtlichen Regelungen der §§ 304, 305 StPO vor (vgl. allgemein zum Vorrang von Einzelvorschriften Meyer-Goßner/Schmitt Vor § 304 Rn. 1). Dem entspricht § 304 Abs. 1 StPO, wonach die Beschwerde gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig ist, „soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht“. Einen solchen speziellen Anfechtungsausschluss enthält § 147 Abs. 4 S. 2 StPO (Meyer-Goßner, a.a.O., § 304 Rn. 5).

14

Die Regelung des § 304 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 StPO, wonach eine Beschwerde gegen die Akteneinsicht betreffende Entscheidungen in bestimmten Fällen ausnahmsweise nicht ausgeschlossen ist, greift hier schon deshalb nicht ein, weil diese Ausnahmeregelung allein Entscheidungen und Verfügungen der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug betrifft, während vorliegend eine Kammervorsitzendenentscheidung im landgerichtlichen erstinstanzlichen Verfahren in Rede steht. Ob die Regelung des § 304 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 StPO zudem in sachlicher Hinsicht andere Fragen der Akteneinsichtsgewährung als die in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO geregelte Art und Weise der Einsichtsgewährung erfasst und deswegen schon grundsätzlich den § 147 Abs. 4 S. 2 StPO unberührt lässt (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 16), kann danach hier dahin stehen.

15

c) Die Auslegung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO erbringt, dass die unter diese Regelung fallenden Gerichtsentscheidungen allgemein und auch für die Staatsanwaltschaft nicht anfechtbar sind.

16

aa) Wortlaut und Wortsinn der beiden in § 147 Abs. 4 StPO enthaltenen Regelungen erbringen Folgendes:

17

§ 147 Abs. 4 S. 1 StPO regelt die Entscheidung über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Akten und Beweisstücke durch Gewährung der Mitgabe an den Verteidiger bzw. deren Versagung (unter Einsichts-gewährung bei einer amtlichen Stelle).

18

Die hier maßgebliche Vorschrift des Satz 2 des § 147 Abs. 4 StPO („Die Entscheidung ist nicht anfechtbar“) enthält nach Wortlaut und Wortsinn einen allgemein geltenden Anfechtungsausschluss, der sich nach seiner Stellung innerhalb des gesamten § 147 StPO und seiner Einordnung innerhalb des Ansatz 4 auf Entscheidungen nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO über die Art und Weise der Einsichtsgewährung bezieht. Eine Beschränkung auf einzelne Entscheidungsgegenstände des vorangehenden Satz 1 bzw. eine Unterscheidung nach verschiedenen potentiellen Rechtmittelführern, enthält Satz 2 des § 147 Abs. 4 StPO nach seinem Wortlaut und seinem Wortsinn nicht.

19

Da hier eine Entscheidung des nach § 147 Abs. 5 S. 1 StPO zuständigen Kammervorsitzenden über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Aktenteile bzw. Beweisstücke in Gestalt einer Anordnung der Herausgabe einer DVD mit Kopien von Audiodateien an den Verteidiger nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO - mit damit einhergehender Ablehnung der von der Staatsanwaltschaft begehrten Versagung der Mitgabe - in Rede steht, ist nach Wortlaut und Wortsinn des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO eine Anfechtung der Anordnung allgemein und damit von Seiten des Beschuldigten wie auch der Staatsanwaltschaft ausgeschlossen (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. August 2015, Az. 3 Ws 438/15; OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 3. Dezember 2012, Az. 2 Ws 295/12, betreffend Beschwerde eines Verteidigers, sowie vom 12. November 2002, Az. 4 Ws 267/02, betreffend eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung der Übersendung einer Kopie der Videoaufzeichnung einer Zeugenvernehmung an einen Verteidiger, in OLGSt § 58a Nr. 1; SK-StPO/Wohlers § 147 Rn. 76 m.w.N.; SSW-StPO/Beulke § 147 Rn. 57 m.w.N.; KK-Laufhütte/Willnow § 147 Rn. 28; Knauer/Pretsch in NStZ 206, 307).

20

Ob die vorliegend herausgegebene DVD mit Kopien von Audiodateien ein Beweisstück darstellt oder, wie richtigerweise anzunehmen ist, es sich bei einer Kopie im Gegensatz zu Original-Tonaufzeichnungen von abgehörten Telefongesprächen um sonstige Aktenbestandteile handelt (so auch OLG Stuttgart in OLGSt § 58a Nr. 1; Pfeiffer § 147 Rn. 6), kann hier dahin stehen (offen lassend OLG Celle, Beschluss vom 24. Juli 2015, Az. 2 Ws 116/15, auszugsweise abgedruckt in NStZ 2015, 305 ff.; HansOLG, Beschluss vom 16. Februar 2016, Az. 3 Ws 11-12/16; a.A., mit Bewertung der Tonaufzeichnungen von abgehörten Telefongesprächen allgemein als Beweisstücke im Sinne des § 147 Abs. 4 S. 1 StPO, OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. Februar 2015, Az. 2 Ws 8/15, in wistra 2015, 246f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2012, Az. 2 Ws 146/12), denn nach Wortlaut und Wortsinn bezieht sich der Anfechtungsausschluss nach § 147 Abs. 4 S. 2 StPO sowohl darauf, ob die betreffenden Sachen dem Verteidiger in seine Geschäftsräume oder seine Wohnung mitgegeben werden, als auch auf die in der Regel damit zugleich getroffene Bewertung herausgegebener Sachen als Beweisstücke oder sonstige Aktenbestandteile.

21

bb) Die weiteren Auslegungsmethoden erbringen nichts Abweichendes, so dass dahin gestellt bleiben kann, ob die äußerste Grenze der Auslegung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO hier nicht ohnehin bereits auf Grund des eindeutigen Wortlauts der Norm (vgl. allgemein dazu BVerfGE 71, 108, 115; SSW-StPO/Beulke Einleitung Rn. 24) dahin gehend gesetzt ist, dass eine Anfechtung der unter § 147 Abs. 4 S. 1 StPO fallenden Entscheidung allgemein und damit auch für die Staatsanwaltschaft ausgeschlossen ist.

22

(1) Der gesetzgeberische Wille weist auf einen allgemeinen, auch die Staatsanwaltschaft umfassenden Anfechtungsausschluss in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO hin.

23

Für die Auslegung einer - hier strafprozessualen - Norm ist der objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, der nicht ohne weiteres mit den subjektiven Vorstellungen des historischen Gesetzgebers gleichzusetzen ist (allgemein dazu BGHSt 10, 157, 159; 26, 156, 159; Beulke, a.a.O., Rn. 23 m.w.N.). Eine von den Gesetzgebungsmaterialien ausgehende historische Auslegung kann aber wertvolle Anhaltspunkte zum Geltungsbereich einer Norm liefern, sofern die der betreffenden Gesetzesfassung zu Grunde gelegten Gesichtspunkte fortbestehen (Beulke, a.a.O.).

24

(a) Die Gesetzgebungshistorie spricht für einen allgemeinen, auch die Staatsanwaltschaft umfassenden Anfechtungsausschluss.

25

Satz 2 des § 147 Abs. 4 StPO mit dem darin formulierten Anfechtungsausschluss ist durch das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) vom 19. Dezember 1964, das am 1. April 1965 in Kraft getreten ist, zugleich mit einer Erweiterung der in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO geregelten Einsichtsrechte von Verteidigern in die Strafprozessordnung neu eingefügt worden.

26

Vor der Gesetzesänderung hatte § 147 Abs. 4 StPO folgenden Wortlaut: „Nach dem Ermessen des Vorsitzenden können die Akten mit Ausnahme der Überführungsstücke dem Verteidiger zur Mitnahme in seine Wohnung oder in seine Geschäftsräume übergeben werden“ (vgl. Abdruck in Kleinknecht/Müller, StPO, 4. Aufl. 1958, S. 408). Eine Regelung zur Anfechtbarkeit der erfassten Entscheidungen enthielt die Vorschrift nicht.

27

Die durch das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) vom 19. Dezember 1964 eingeführte, hinsichtlich des Satz 1 geänderte und um Satz 2 ergänzte aktuelle Fassung des § 147 Abs. 4 StPO entspricht im Wesentlichen den zu Grunde liegenden Gesetzesvorschlägen. Im Gesetzgebungsverfahren ist lediglich die Formulierung der Ausnahmeregelung in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO auf Grund eines Vorschlags des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages abgeändert worden.

28

Im Einzelnen:

29

Bereits in der dritten Wahlperiode hatte die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag unter dem 17. August 1960 einen Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) vorgelegt, dessen Vorschlag für eine Neufassung des § 147 Abs. 4 StPO lautete: „Auf Antrag sollen dem Verteidiger, soweit tunlich, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar“ (BT-Drs. III/2037, S. 8). Nachdem es innerhalb der dritten Wahlperiode nicht mehr zu einer Beschlussfassung des Deutschen Bundestages über das Gesetzesvorhaben gekommen war (zum diesbezüglichen Verlauf vgl. BT-Drs. IV/178, S. 15), hat die Bundesregierung in der vierten Wahlperiode dem Deutschen Bundestag unter dem 7. Februar 1962 erneut einen Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) mit einem zur Neufassung des § 147 Abs. 4 StPO identischen Gesetzesvorschlag (BT-Drs. IV/178, S. 8) vorgelegt.

30

Zur Begründung ist zum Einsichtsrecht des Verteidigers in beiden Entwürfen inhaltsgleich ausgeführt worden: „Schließlich verbessert der Entwurf … allgemein die Stellung des Verteidigers. Der Verteidiger soll grundsätzlich befugt sein, die Akten einzusehen, …. Während es bisher eine reine Ermessensentscheidung ist, ob die Akten - ohne die Beweisstücke - dem Verteidiger auf Antrag in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung zur Einsichtnahme mitgegeben werden, sieht der Entwurf vor, dass einem solchen Antrag entsprochen werden soll. Der Entwurf stellt also hier, obwohl es sich nur um eine Angelegenheit der äußeren Ordnung handelt, eine Regel zugunsten der Verteidiger auf. Die Einschränkung 'soweit tunlich‘ ist allerdings notwendig; denn es können sich - insbesondere im Vorverfahren - Umstände verschiedener Art ergeben, die es geboten erscheinen lassen, von der Regel abzuweichen“ (in den allgemeinen Begründungen in BT-Drs. III/2037, S. 16, BT-Drs. IV/178, S. 17 f., und ähnlich in den besonderen Begründungen zu § 147 StPO in BT-Drs. III/2037, S. 30 f., BT-Drs. IV/178, S. 31 f.).

31

Zur Einfügung des Anfechtungsausschlusses in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO heißt es in den Gesetzesentwurfsbegründungen, auch insoweit übereinstimmend, anschließend lediglich noch: „Die richterliche Entscheidung über einen Antrag nach Absatz 4 soll nicht mit der Beschwerde (§ 304) angefochten werden können. Hat der Staatsanwalt im vorbereitenden Verfahren entschieden, so wird die Möglichkeit, dagegen Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen, durch Absatz 4 Satz 2 nicht eingeschränkt“ (in der besonderen Begründung zu § 147 StPO in BT-Drs. III/2037, S. 30 und in BT-Drs. IV/178, S. 32).

32

Im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu dem Gesetzesentwurf vom 7. Februar 1962 ist der Anfechtungsausschluss in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO erkennbar unumstritten gewesen. Die Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drs. IV/178, S. 49 f.) verhält sich dazu nicht. Der Rechtsausschuss des Bundestages hat in der von ihm beschlossenen und dem Deutschen Bundestag vorgelegten Gesetzesfassung den Rechtsmittelausschluss in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO unverändert übernommen und lediglich die Be-schreibung der Ausnahme vom Regelfall der Mitnahmegewährung in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO dahin gehend geändert, dass es statt „soweit tunlich“ „soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen“ heißen sollte (BT-Drs. IV/1020, S. 18), was in die vom Deutschen Bundestag beschlossene und aktuell geltende Gesetzesfassung des § 147 Abs. 4 StPO übernommen worden ist.

33

Auf dieser Materialgrundlage ist die Verabschiedung der vorgeschlagenen Änderung und Ergänzung des § 147 Abs. 4 StPO in der Fassung des Vorschlags des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages mit dem Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) von 1965 dahin zu werten, dass der von der Bundesregierung vorgeschlagene allgemein formulierte Anfechtungsausschluss in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO vom historischen Gesetzgeber bewusst allgemein und ohne eine Ausnahmeregelung insbesondere etwa für die Staatsanwaltschaft übernommen sowie in das Gesetz eingefügt worden ist.

34

Dafür spricht der nach den Ausführungen zur Erweiterung der Einsichtsrechte von Verteidigern in den Entwurfsbegründungen allgemein formulierte Wille, eine Beschwerde nach § 304 StPO auszuschließen, ohne dabei zum Ausdruck zu bringen, dass etwa die Staatsanwaltschaft davon ausgenommen sein solle. Dafür, dass der historische Gesetzgeber auch nicht von einer sich aus anderen Regelungen ergebenden Ausnahme für die Staatsanwaltschaft ausgegangen ist, spricht, dass in den Entwurfsbegründungen ausdrücklich als durch § 147 Abs. 4 S. 2 StPO nicht eingeschränkte Anfechtungsmöglichkeit die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft im vorbereitenden Verfahren genannt ist.

35

Nach allem ist davon auszugehen, dass der historische Gesetzgeber Gerichtsentscheidungen über die Art und Weise der Einsichtnahme in Akten und Beweisstücke nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO durch Einfügung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO umfassend der Anfechtbarkeit entziehen wollte.

36

(b) Die vom historischen Gesetzgeber der geltenden Gesetzesfassung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO zu Grunde gelegten Gesichtspunkte bestehen fort. ´

37

Der Gesetzgeber hat in den seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) am 1. April 1965 vergangenen rund fünf Jahrzehnten die Regelungen des § 147 Abs. 4 StPO zu keiner Zeit erneut verändert und insbesondere auch hinsichtlich des allgemein formulieren Anfechtungsausschlusses in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO keine Einschränkungen vorgenommen bzw. Ausnahmen eingefügt, obwohl es in anderen Absätzen des § 147 StPO noch zu Änderungen bzw. Ergänzungen unter anderem zur Anfechtung von Entscheidungen der Staatsanwaltschaft über Akteneinsichtsgesuche von Verteidigern gekommen ist.

38

Nachdem die bis zum 1. April 1965 geltende Fassung des § 147 StPO lediglich 4 Absätze umfasst hatte, war mit dem Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) vom 19. Dezember 1964 erstmals ein Absatz 5 in das Gesetz eingefügt worden, der zunächst, ähnlich dem geltenden § 147 Abs. 5 S. 1 StPO, lediglich geregelt hatte, dass über die Gewährung der Akteneinsicht vor Einreichung der Anklageschrift die Staatsanwaltschaft, während der Voruntersuchung der Untersuchungsrichter und im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts entscheidet. Die nachfolgenden Sätze 2 bis 4 der geltenden Fassung des Absatz 5 des § 147 StPO, in denen die Anfechtbarkeit bestimmter staatsanwaltschaftlicher Entscheidungen zur Akteneinsichtsgewährung mittels Antrags auf gerichtliche Entscheidung geregelt ist, sind erst in den Jahren 2000 und 2009 in das Gesetz eingefügt worden (vgl. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts - Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999) vom 2. August 2000 in BGBl. I 2000, S. 1253, 1254, in Kraft seit dem 1. November 2000, und Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz) vom 29. Juli 2009 in BGBl. I 2009, S. 2280, 2281, in Kraft seit dem 1. Oktober 2009).

39

Für die in § 147 Abs. 5 S. 2 StPO bezeichneten staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen zur Akteneinsichtsgewährung hat der Gesetzgeber mithin in den vergangenen Jahrzehnten Bedarf für Veränderungen der Regelungen zur Anfechtbarkeit solcher Entscheidungen gesehen, dem er durch Einfügung der Sätze 2 bis 4 in § 147 Abs. 5 StPO nachgekommen ist. Dass der Gesetzgeber die Regelungen des § 147 Abs. 4 StPO und insbesondere den dortigen Satz 2 seit 1965 unverändert gelassen hat, erbringt im Umkehrschluss, dass er insoweit in den seit Einfügung des allgemeinen Anfechtungsausschlusses vergangenen fünf Jahrzehnten einen Änderungs- oder auch nur Konkretisierungsbedarf nicht gesehen hat. Das belegt, dass der Wille des historischen Gesetzgebers, für die in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO geregelten Entscheidungen einen allgemeinen und damit auch die Staatsanwaltschaft betreffenden Anfechtungsausschluss vorzusehen, dem objektivierten aktuellen Willen des Gesetzgebers entspricht.

40

(2) Systematische, sich durch Abgleich mit anderen, strukturell vergleichbaren Regelungen hier der Strafprozessordnung ergebende Gesichtspunkte sprechen ebenfalls für einen dem Wortlaut der Norm entsprechenden allgemeinen Anfechtungsausschluss mit Wirkung auch für die Staatsanwaltschaft in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO.

41

(a) Der systematische Bezug des Anfechtungsausschlusses in Satz 2 des § 147 Abs. 4 StPO zu dem vorangehenden Satz 1 der Norm erbringt Anhaltspunkte für eine ausweitende Auslegung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO dahin, dass von dem allgemein formuliertem Anfechtungsausschluss in Satz 2 die Staatsanwaltschaft ausgenommen wäre, nicht.

42

Die in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO geregelte Entscheidung über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Akten und Beweisstücke durch Mitgabe an den Verteidiger in seine Geschäfts- oder Wohnräume bzw. deren Versagung setzt allerdings einen auf Mitgabe gerichteten Antrag des Verteidigers voraus. Daraus folgt allerdings nicht, dass der in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO vorgesehene Anfechtungsausschluss sich entgegen seinem allgemein formulierten Wortlaut und dem darin zum Ausdruck gebrachten entsprechenden Willen des Gesetzgebers allein auf die antragstellende Seite des Beschuldigten bezieht und demgegenüber eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht verbietet (so aber OLG Celle, a.a.O.; eine Anfechtbarkeit für die Staatsanwaltschaft nach § 304 Abs. 1 StPO, allerdings ohne Erwähnung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO, bejahend OLG Nürnberg, a.a.O.; den genannten Entscheidungen des OLG Celle und des OLG Nürnberg ohne weitere Begründung folgend HansOLG, Beschluss vom 16. Februar 2016, Az. 3 Ws 11-12/16; ähnlich OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2012, Az. 2 Ws 146/12; vgl. ferner OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2013, Az. 3 Ws 897/ 13). Andernfalls hätte es nahe gelegen, eine konkretisierende Gesetzesformulierung etwa dahin vorzusehen, dass die Versagung einer Mitgabe von Aktenteilen bzw. Beweisstücken in die Geschäfts- oder Wohnräume des Verteidigers durch den Antragsteller nicht und die Gewährung einer Mitgabe nur von Seiten der Staatsanwaltschaft angefochten werden kann.

43

(b) Die erörterte Einfügung der Sätze 2 bis 4 des geltenden § 147 Abs. 5 StPO zur Anfechtbarkeit der dort genannten staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen zur Akteneinsichtsgewährung für Verteidiger mittels Antrags auf gerichtliche Entscheidung in die Vorschriften des § 147 StPO spricht auch in systematischer Hinsicht dafür, dass mangels entsprechender Einfügung einer solchen Regelung auch zur Anfechtbarkeit der in § 147 Abs. 4 S. 1 StPO geregelten gerichtlichen Entscheidungen durch die Staatsanwaltschaft in § 147 Abs. 4 StPO der Anfechtungsausschluss im dortigen Satz 2 entsprechend der uneingeschränkten Formulierung allgemein und auch für die Staatsanwaltschaft gilt.

44

(c) Erst Recht gilt das unter Berücksichtigung der rund zwei Jahrzehnte nach Inkrafttreten der aktuellen Fassung des § 147 Abs. 4 StPO erfolgten Einfügung einer dem § 147 Abs. 4 StPO ähnlichen Regelung zur Akteneinsicht für Rechtsanwälte von Verletzten in § 406e StPO, bei welcher der Gesetzgeber erneut den auch dort vorgesehenen Anfechtungsausschluss allgemein und ohne Einschränkung bzw. Ausnahme formuliert hat, nachdem in den Gesetzesmaterialien vorangehend deutlich zum Ausdruck gebracht worden war, dass und aus welchem Grund ein solcher umfassender Anfechtungsausschluss gewollt ist.

45

§ 406e Abs. 3 StPO lautet in der geltenden Fassung: „Auf Antrag können dem Rechtsanwalt, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke in seine Geschäftsräume oder seine Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar“. Die Zuständigkeiten für Entscheidungen über die Einsichtsgewährung für Rechtsanwälte von Verletzten und die Anfechtungsmöglichkeiten gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft über die Akteneinsichts-gewährung nach § 406e StPO sind in § 406e Abs. 4 StPO ähnlich der Fassung des geltenden § 147 Abs. 5 StPO geregelt.

46

§ 406e StPO ist durch das Erste Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren zum 1. April 1987 in die Strafprozessordnung eingefügt worden. Die ursprüngliche Fassung des § 406e Abs. 4 StPO beinhaltete lediglich Satz 1 der geltenden Fassung („Auf Antrag können dem Rechtsanwalt, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke in seine Geschäftsräume oder seine Wohnung mitgegeben werden“), während der dem § 147 Abs. 4 S. 2 StPO entsprechende Ausschluss von Rechtsmitteln, wie er in Satz 2 der geltenden Fassung des § 406e Abs. 3 StPO vorgesehen ist, ursprünglich den Zuständigkeitsregelungen in § 406e Abs. 4 StPO angefügt war („Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, so kann gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 161a Abs. 3 Satz 2 bis 4 beantragt werden; die Entscheidung des Vorsitzenden ist unanfechtbar“).

47

Durch das Verschieben des Anfechtungsausschlusses aus dem früheren § 406e Abs. 4 StPO in den neuen Satz 2 des § 406e Abs. 3 StPO hat der Gesetzgeber entsprechend der Regelung in § 147 Abs. 4 StPO klargestellt, dass der Ausschluss sich auf die vorangehend in Satz 1 des § 406e Abs. 3 StPO geregelten Entscheidungen über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Akten und Beweisstücke bezieht.

48

Die 1987 in die Strafprozessordnung eingefügten vorgenannten Regelungen entsprachen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 10/5305), in dessen Begründung dazu ausgeführt worden ist: „Absatz 3 entspricht § 147 Abs. 4, doch ist, um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, der dortige grundsätzliche Anspruch auf Aktenmitgabe auf eine bloße Mitgabebefugnis reduziert worden. Absatz 4 Satz 1 begründet für die Entscheidung über die Akteneinsicht die Zuständigkeit der jeweils aktenführenden Stelle. Wird diese Entscheidung von einem Gericht getroffen, so besteht für ein Rechtsmittel kein zwingender Grund; im Interesse der Verfahrensökonomie soll die Entscheidung unanfechtbar sein“ (BT-Drs. 10/5305, S. 18). Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagen, Satz 2 des § 406e Abs. 4 StPO („Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, so kann gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 161a Abs. 3 Satz 2 bis 4 beantragt werden; die Entscheidung des Vorsitzenden ist unanfechtbar“) zu streichen und dazu zur Begründung ausgeführt, „eine gesetzgeberische Entscheidung“ über die Anfechtbarkeit der betreffenden Entscheidungen könne „der bevorstehenden allgemeinen Regelung über die Einsicht in Strafakten vorbehalten bleiben“ (BT-Drs. 10/5305, S. 30). Die Bundesregierung hat in einer Gegenäußerung erklärt, dass dem Vorschlag nicht zugestimmt werde, und dazu zur Begründung ausgeführt: „Anders als bei der Regelung des Akteneinsichtsrechts für den Verteidiger (§ 147 StPO) kommt nach § 406e i.d.F.d.E. eine Versagung der Akteneinsicht auch nach Erhebung der öffentlichen Klage in Betracht. Um eine zusätzliche Belastung der Justiz zu vermeiden, erscheint es geboten, die Entscheidung des Vorsitzenden in diesen Fällen für unanfechtbar zu erklären. Der Vorschlag des Bundesrates würde zur Folge haben, dass in diesen Fällen die Beschwerde eröffnet wäre“ (BT-Drs. 10/5305, S. 33).

49

Danach ist für die der Regelung des § 147 Abs. 4 StPO nachgebildeten ähnlichen Bestimmungen in § 406e StPO deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Akten und Beweisstücke für Rechtsanwälte von Verletzten zur Vermeidung von Belastungen der Justiz grundsätzlich und damit auch für die Staatsanwaltschaft ausgeschlossen sein soll, um dadurch sonst begründete Belastungen der Justiz zu vermeiden.

50

Unter systematischen Aspekten spricht die Wortgleichheit der jeweils allgemein und ohne Einschränkung bzw. Ausnahme formulierten Anfechtungsausschlüsse in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO und § 406e Abs. 3 S. 2 StPO bei vergleichbaren dadurch betroffenen Regelungsbereichen in den jeweiligen voranstehenden Sätzen 1 dagegen, den Anfechtungsausschluss in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO anders als in § 406e Abs. 3 S. 2 StPO entgegen dem Wortlaut der Norm abweichend ausweitend dahin auszulegen, dass eine Anfechtbarkeit durch die Staatsanwaltschaft nicht ausgeschlossen sein soll.

51

(d) Ein systematischer Vergleich mit den Vorschriften der §§ 304 Abs. 1, 305 StPO erbringt nicht Abweichendes für die Auslegung der, wie eingangs ausgeführt, grundsätzlich vorrangigen Einzelnorm des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO.

52

Demgegenüber erbringt die Regelung des § 305 StPO, dass der Gesetzgeber Entscheidungen erkennender Gerichte, also nach Eröffnung des Hauptverfahrens ergangene gerichtliche Entscheidungen (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 305 Rn. 2 m.w.N.) mit wenigen Ausnahmen der Anfechtung generell entziehen wollte. Damit steht der allgemeine Anfechtungsausschluss für gerichtliche Entscheidungen über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Beweisstücke und sonstige Aktenteile in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO mit den hinsichtlich der möglichen Entscheidungsgegenstände weiter und bezüglich des betroffenen Verfahrensabschnittes enger gefassten Regelungen der §§ 304 Abs. 1, 305 StPO systematisch in Einklang und keineswegs etwa in einem Widerspruch (so auch Knauer/Pretsch, a.a.O.).

53

(e) Auch das systematische Argument, dass im Gegensatz zum Angeklagten, der eine für ihn ungünstige Entscheidung nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO noch als unzulässige Beschränkung der Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt im Rahmen einer Revision mit einer Rüge nach § 338 Nr. 8 StPO geltend machen könne, der Staatsanwaltschaft diese revisionsrechtliche Überprüfung indes versagt sei (so OLG Celle, a.a.O.; durch Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Celle vom 24. Juli 2015 im Ergebnis ebenso HansOLG, a.a.O.), trägt eine dahin gehende Auslegung, dass § 147 Abs. 4 S. 2 StPO deshalb entgegen seinem allgemein formulierten Wortlaut eine Anfechtbarkeit von Entscheidungen nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft nicht ausschließen soll, nicht (vgl. Knauer/Pretsch, a.a.O.).

54

Zum einen geht der Vergleich zwischen der Möglichkeit zur Beanstandung einer gerichtlichen Vorsitzendenentscheidung nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO mittels einer Revisionsrüge nach § 338 Nr. 8 StPO und einer - einfachen - Beschwerde in systematischer Hinsicht bereits im Ansatz fehl, weil angesichts der strengen Voraussetzungen der Beanstandung einer Vorsitzendenentscheidung nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO mittels einer revisionsrechtlichen Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 8 StPO (vgl. dazu etwa BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014, Az. 1 StR 355/13) einerseits und der weitgehend voraussetzungslosen Anfechtung mit einer - einfachen - Beschwerde andererseits eine damit begründete Einengung des Anfechtungsausschlusses nach § 147 Abs. 4 S. 2 StPO auf den Beschuldigten zu einer Umkehrung des behaupteten Ungleichgewichts und nicht zu einem Gleichgewicht zwischen Beschuldigtem und Staatsanwaltschaft führen würde (vgl. Knauer/Pretsch, a.a.O.).

55

Dass unter Berücksichtigung der §§ 336 bis 339 StPO die etwaige Fehlerhaftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Akten und Beweis-stücke nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft kaum erfolgreich mit einer zu Ungunsten eines Angeklagten eingelegten Revision gegen ein Urteil geltend gemacht werden kann, so dass die Beanstandung einer solchen Entscheidung für die Staatsanwaltschaft mit einer Revision im Vergleich zu einem Angeklagten noch weiter erschwert erscheint, begründet eine ausweitende Auslegung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO dahin, dass eine Beschwerde gegen eine erfolgte Mitgabe von Aktenbestandteilen oder Beweisstücken entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Norm mit einem allgemein formulierten Anfechtungsausschlusses für die Staatsanwaltschaft gleichwohl statthaft sein soll, auch im Übrigen nicht, da nach der StPO keineswegs stets eine Rechtsmittelsymmetrie zwischen Beschuldigtem und Staatsanwaltschaft gegeben ist (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Mai 2015, Az. 2 Ws 75/15, m.w.N, betreffend weitere Beschwerde gegen Arrestbeschlüsse).

56

Vielmehr ist in der Strafprozessordnung etwa in § 339 StPO sogar eine Asymmetrie der Anfechtungsmöglichkeiten eines Angeklagten einerseits und der Staatsanwaltschaft andererseits angelegt, indem danach von Seiten der Staatsanwaltschaft mit einer Revision „die Verletzung von Rechtsnormen, die lediglich zu Gunsten des Angeklagten gegeben sind, nicht zu dem Zweck geltend gemacht werden“ kann, „um eine Aufhebung des Urteils zum Nachteil des Angeklagten herbeizuführen“. Etwaige Rechtsfehler, die von Seiten eines Angeklagten im Rahmen einer Revision beanstandet werden können, müssen danach nicht im Sinne einer Rechtsmittelsymmetrie auch von Seiten der Staatsanwaltschaft mit einer Revision zu beanstanden sein. Daraus folgt, dass in Konstellationen, in denen - wie hier - nach der Strafprozessordnung ein anderes Rechtsmittel als die Revision nicht gegeben ist, in § 339 StPO notwendig angelegt ist, dass es zu einer asymmetrischen Lage zwischen Angeklagten und Staatsanwaltschaft bezüglich der Rechtsmittelbefugnis kommen kann.

57

(3) Die teleologische Auslegung nach dem objektiven Zweckinhalt unter Berücksichtigung der Zwecke des Strafverfahrens und der Prozessmaximen (vgl. Beulke, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.) erbringt schließlich Anhaltspunkte für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO ebenfalls nicht.

58

Die Ziele der materiellen Wahrheitsfindung und der Herbeiführung gerechter, Rechtsfrieden schaffender Entscheidungen sowie der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches und die dabei zum Tragen kommenden Maximen der Amtsermittlung, der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme sowie des Grundsatzes freier Beweiswürdigung (allgemein dazu Beulke, a.a.O., Rn. 4 ff., 43 ff.) sind durch die hier in Frage stehenden Regelungen nicht berührt. Sie werden jedenfalls in aller Regel nicht dadurch beeinträchtigt, ob einem Verteidiger Einsicht in Aktenteile bzw. Beweisstücke unter Mitgabe in seine Geschäfts- oder Wohnräume oder in Gestalt - ungestörter und auch zeitlich hinreichender - Einsichtnahme innerhalb amtlicher Räume gewährt worden ist. Entsprechendes gilt für eine zugleich mit einer Entscheidung über die Art und Weise der Einsichtsgewährung nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO getroffene Bewertung bestimmter Teile als Beweisstücke oder als sonstige Aktenbestandteile. Deshalb sind die genannten Grundsätze auch nicht dadurch beeinträchtigt, ob gegen die betreffenden gerichtlichen Entscheidungen ein allgemeiner umfassender Anfechtungsausschluss eingreift oder jedenfalls die Staatsanwaltschaft dagegen Beschwerde einlegen könnte.

59

Der Grundsatz der Gewährung eines rechtsstaatlichen Verfahrens und der Gewährleistung prozessordnungsgemäßen Zustandekommens von Entscheidungen gilt nicht absolut, so dass aus ihm weder ein Erfordernis, bestimmte Rechtsmittel vorzuhalten, noch ein dahin gehender Grundsatz, dass gegen jede gerichtliche Entscheidung stets mindestens ein Rechtsbehelf gegeben sein muss, folgt. Vielmehr ist dieser Grundsatz im Zusammenhang mit dem Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem Erfordernis effektiver Strafverfolgung zu sehen, wobei bei der stets erforderlichen Abwägung zwischen der Effektivität der Strafverfolgung und den schutzwürdigen Beschuldigtenrechten stets darauf zu achten ist, dass Effektivitätsbestrebungen nicht zunehmend zu Lasten der Rechtsstellung von Beschuldigten gehen dürfen (zum Ganzen vgl. Beulke, a.a.O., Rn. 9, 12, jeweils m.w.N.).

60

Gerade im Hinblick auf die Erfordernisse effektiver Strafverfolgung und Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege erscheint indes eine Beschränkung von Rechtsbehelfen als zwingend geboten, wobei diese, wenn andere Zwecke und Maximen des Strafverfahrens nicht beeinträchtigt werden und insbesondere nicht übermäßig in die Rechtsstellung von Beschuldigten eingegriffen wird, in teleologischer Hinsicht unproblematisch erscheint.

61

So verhält es sich hier mit dem in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO vorgesehenen allgemeinen Anfechtungsausschluss auch mit Geltung für die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf nach § 147 Abs. 4 S. 1 getroffene Gerichtsentscheidungen über die Art und Weise der Einsichtsgewährung in Beweisstücke und sonstige Aktenteile. Insoweit steht einem erheblichen Interesse an einer Vermeidung von zusätzlichen Belastungen der Gerichtsvorsitzenden und Verfahrensverzögerungen, da es lediglich um Entscheidungen über die Art und Weise der Einsichtsgewährung und nicht über eine Einsichtsgewährung an sich geht, ein nur verhältnismäßig geringer Eingriff in Anfechtungsrechte gegenüber.

62

Die hier vertretene Ablehnung einer Überschreitung der Wortlautgrenze des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO steht danach auch mit teleologischen Gesichtspunkten in Einklang.

63

2. Nach allem ist vorliegend die Beschwerde der Staatsanwaltschaft bereits nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.

III.

64

Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass in der Sache der Entscheidung des 3. Strafsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 16. Februar 2016 zum Aktenzeichen 3 Ws 11-12/16 zu folgen gewesen wäre.

IV.

65

Da die Beschwerde der Staatsanwaltschaft von Anfang an unstatthaft war, ergeht die Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

(1) Von Amts wegen dürfen personenbezogene Daten aus Strafverfahren Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten für Zwecke der Strafverfolgung sowie den zuständigen Behörden und Gerichten für Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten übermittelt werden, soweit diese Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle hierfür erforderlich sind.

(2) Eine von Amts wegen erfolgende Übermittlung personenbezogener Daten aus Strafverfahren ist auch zulässig, wenn die Kenntnis der Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist für

1.
die Vollstreckung von Strafen oder von Maßnahmen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 8 des Strafgesetzbuches oder für die Vollstreckung oder Durchführung von Erziehungsmaßregeln oder von Zuchtmitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
den Vollzug von freiheitsentziehenden Maßnahmen oder
3.
Entscheidungen in Strafsachen, insbesondere über die Strafaussetzung zur Bewährung oder deren Widerruf, oder in Bußgeld- oder Gnadensachen.

(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn

1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat,
2.
die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und
3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf auch in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird, wenn dies notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung insbesondere in unverschlüsselter Form zu ermöglichen. Auf dem informationstechnischen System des Betroffenen gespeicherte Inhalte und Umstände der Kommunikation dürfen überwacht und aufgezeichnet werden, wenn sie auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter Form hätten überwacht und aufgezeichnet werden können.

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

1.
aus dem Strafgesetzbuch:
a)
Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a,
b)
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e,
c)
Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h,
d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130,
e)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4,
f)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
g)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2,
h)
Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,
i)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b,
j)
Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,
k)
Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255,
l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a,
m)
Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist,
n)
Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2,
o)
Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5,
p)
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen,
q)
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen,
r)
Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2,
s)
Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen,
t)
Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299,
u)
gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c,
v)
Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
3.
aus dem Anti-Doping-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b,
4.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
5.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5a.
aus dem Ausgangsstoffgesetz:

Straftaten nach § 13 Absatz 3,
6.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:

vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes,
7.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
8.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:

Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
9.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,
9a.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,
10.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
a)
Völkermord nach § 6,
b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
11.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.

(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss oder ihr informationstechnisches System benutzt.

(4) Auf Grund der Anordnung einer Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) diese Maßnahmen zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. § 95 Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 ist technisch sicherzustellen, dass

1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können:
a)
die laufende Telekommunikation (Absatz 1 Satz 2), oder
b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach § 100e Absatz 1 auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Absatz 1 Satz 3),
2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und
3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Kopierte Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

(6) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren

1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes,
2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen,
3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und
4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

(1) Für Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 100a bis 100f, 100h, 100i, 110a, 163d bis 163g gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die nachstehenden Regelungen.

(2) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach den §§ 100b, 100c, 100f, 100h Abs. 1 Nr. 2 und § 110a werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung nach Absatz 5 erfüllt sind.

(3) Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erhoben wurden, sind entsprechend zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung durch diese aufrechtzuerhalten.

(4) Von den in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind im Falle

1.
des § 98a die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden,
2.
des § 99 der Absender und der Adressat der Postsendung,
3.
des § 100a die Beteiligten der überwachten Telekommunikation,
4.
des § 100b die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
5.
des § 100c
a)
der Beschuldigte, gegen den sich die Maßnahme richtete,
b)
sonstige überwachte Personen,
c)
Personen, die die überwachte Wohnung zur Zeit der Durchführung der Maßnahme innehatten oder bewohnten,
6.
des § 100f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
7.
des § 100h Abs. 1 die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
8.
des § 100i die Zielperson,
9.
des § 110a
a)
die Zielperson,
b)
die erheblich mitbetroffenen Personen,
c)
die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat,
10.
des § 163d die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden,
11.
des § 163e die Zielperson und die Person, deren personenbezogene Daten gemeldet worden sind,
12.
des § 163f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
13.
des § 163g die Zielperson
zu benachrichtigen. Dabei ist auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes nach Absatz 7 und die dafür vorgesehene Frist hinzuweisen. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. Zudem kann die Benachrichtigung einer in Satz 1 Nummer 2 und 3 bezeichneten Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat. Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.

(5) Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten, im Fall des § 110a auch der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers möglich ist. Wird die Benachrichtigung nach Satz 1 zurückgestellt, sind die Gründe aktenkundig zu machen.

(6) Erfolgt die nach Absatz 5 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedürfen weitere Zurückstellungen der gerichtlichen Zustimmung. Das Gericht bestimmt die Dauer weiterer Zurückstellungen. Es kann dem endgültigen Absehen von der Benachrichtigung zustimmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden. Sind mehrere Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden, so beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Beendigung der letzten Maßnahme. Bei Maßnahmen nach den §§ 100b und 100c beträgt die in Satz 1 genannte Frist sechs Monate.

(7) Gerichtliche Entscheidungen nach Absatz 6 trifft das für die Anordnung der Maßnahme zuständige Gericht, im Übrigen das Gericht am Sitz der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die in Absatz 4 Satz 1 genannten Personen können bei dem nach Satz 1 zuständigen Gericht auch nach Beendigung der Maßnahme bis zu zwei Wochen nach ihrer Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragen. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. Ist die öffentliche Klage erhoben und der Angeklagte benachrichtigt worden, entscheidet über den Antrag das mit der Sache befasste Gericht in der das Verfahren abschließenden Entscheidung.

(8) Sind die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten zur Strafverfolgung und für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist aktenkundig zu machen. Soweit die Löschung lediglich für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zurückgestellt ist, dürfen die Daten ohne Einwilligung der betroffenen Personen nur zu diesem Zweck verwendet werden; ihre Verarbeitung ist entsprechend einzuschränken.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.