Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Nov. 2018 - 1 Ws 287/18 Vollz

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2018:1115.1WS287.18VOLLZ.00
15.11.2018

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befand sich bis zum 19. Juni 2017 in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken. Er hat mit Schreiben vom 14. März 2016 beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, überbezahlte Telefonkosten in Höhe von 413,10 € zurückzuerstatten und hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Telefongebühren in der JVA Zweibrücken für die Zukunft um 75 % zu senken.

2

Mit Beschluss vom 12. September 2016 hat die Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Zweibrücken den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 6. April 2017 hat der Senat die Entscheidung der Kleinen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken insoweit aufgehoben, soweit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Bezug auf den Hilfsantrag kostenpflichtig zurückgewiesen wurde, und zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückverwiesen.

3

Nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken hat der Antragsteller durch Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 10. August 2017 seinen Antrag in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Mit Beschluss vom 21. September 2018, der dem Antragsteller am 25. September 2018 zugegangen ist, hat die Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Zweibrücken den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 11. August 2018 kostenpflichtig als unzulässig verworfen, weil ein berechtigtes Interesse an der Feststellung nicht bestünde. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens enthält der Beschluss nicht.

4

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2018 hat der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsbeschwerdeverfahren gestellt. Darin rügt er zugleich, dass die Entscheidung der Kleinen Strafvollstreckungskammer keine Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens enthält.

II.

5

Die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe war dem Antragsteller zu versagen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat (§§ 120 Abs. 2 StVollzG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

6

1. Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war als unzulässig zu verwerfen.

7

Durch die Entlassung des Antragstellers aus der Strafhaft war die Erledigung seines ursprünglichen Begehrens eingetreten. In einem solchen Fall setzt die Entscheidung gem. § 115 Abs. 3 StVollzG voraus, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtwidrigkeit hat. Das Feststellungsinteresse begründet jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. In der Rechtsprechung haben sich zwei Fallgruppen herausgebildet, bei denen ein solches Interesse bejaht werden kann: Bei einem Rehabilitationsinteresse und bei konkreter Wiederholungsgefahr (OLG Nürnberg, Beschluss vom 22. November 2012, 2 Ws 633/12, zit. nach juris; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 115 Rn. 15 m.w.N.).

8

Ein Rehabilitationsinteresse kann bestehen, wenn der Antragsteller weiterhin von den Auswirkungen der Maßnahme betroffen ist, diese also Folgen über ihre Erledigung hinaus hat oder sich später für den Antragsteller nachteilig auswirken kann (OLG Nürnberg, Beschluss vom 23. August 2001, Ws 832/01; OLG München, Beschluss vom 27. September 2011, 4 Ws 5/11 (R), beide zit. nach juris). Darüber hinaus wird ein Rehabilitationsinteresse angenommen, wenn die angegriffene Maßnahme entweder einen diskriminierenden Charakter hatte oder einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2013, 2 BvR 67/11, BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010, 2 BvR 1023/08; BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001, 2 BvR 527/99; OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. September 1986, 3 Ws 722/86 (StVollz); OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 2014, 1 Ws 439/14 (StVollz); zit. nach juris).

9

Nach diesen Maßstäben besteht hier kein Rehabilitationsinteresse des Antragstellers. Eine diskriminierende Wirkung haben die erhobenen Telefongebühren bereits deshalb nicht, weil sie für alle Gefangenen gleichermaßen galten. Für den Fall, dass die Telefonkosten in der Justizvollzugsanstalt tatsächlich keine marktgerechten Preise widerspiegeln, kommt zwar hierdurch ein Eingriff in das verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs.1 in Verbindung mit Art. 1 GG verankerte Recht des Antragstellers auf Resozialisierung in Betracht (Senat, Beschluss vom 6. April 2017, 1 Ws 291/16 (Vollz); BVerfG, Beschluss vom 08. November 2017, 2 BvR 2221/16; BVerfG, Beschluss vom 24. November 2015, 2 BvR 2002/13, beide zit. nach juris; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. Juni 2015, 1 Ws (RB) 20/15, zit. nach juris). Tiefgreifend wäre der Grundrechtseingriff aber nur dann, wenn dem Antragsteller aufgrund überhöhter Telefongebühren das Telefonieren unmöglich gemacht oder jedenfalls so erheblich erschwert worden wäre, dass er dringend erforderliche Telefonate nicht hätte führen können. Entsprechendes hat der Antragsteller aber zu keiner Zeit vorgebracht. Die Höhe der Telefongebühren mögen dem Antragsteller die Kontakthaltung außerhalb der Justizvollzugsanstalt erschwert haben. Er hat aber weder dargetan, dass es ihm infolge der Höhe der Telefongebühren unmöglich gemacht worden wäre, zu telefonieren noch, dass er auch nur ein einziges für seine Resozialisierung wichtiges Gespräch nicht hätte führen können.

10

Nachdem der Antragsteller aus der Strafhaft entlassen worden ist, besteht keine Wiederholungsgefahr, da er in der Zukunft von den in der Justizvollzugsanstalt erhobenen Telefongebühren nicht mehr betroffen sein wird.

11

Der Antragsteller verfolgt mit seinem Antrag daher rein wirtschaftliche Interessen. Besteht aber über die Vorbereitung der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche hinaus kein berechtigtes Interesse, begründet die beabsichtige Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Schadenersatzprozesses kein Feststellungsinteresse im Sinne von § 115 Abs. 3 StVollzG, da ihm die Möglichkeit der Feststellung der Rechtswidrigkeit im angestrebten Amtshaftungsprozess verbleibt (Senat, Beschluss vom 7. August 2018, 1 Ws 98/18; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11. Dezember 2017, 1 Ws 58/17; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22. November 2012, 2 Ws 633/12; beide zit nach juris).

12

2. Soweit der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch dahingehend verstanden werden soll, dass Prozesskostenhilfe auch für eine beabsichtigte sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Beschlusses der Kleinen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 12. September 2018 begehrt wird, war dieser Antrag ebenfalls zurückzuweisen.

13

Auch insoweit ist eine beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg. Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde beträgt eine Woche, § 311 Abs. 2 StPO. Eine sofortige Beschwerde gegen die Kostenbeschwerde wurde bisher nicht eingelegt. Nachdem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Ablauf der einwöchigen Beschwerdefrist bei Gericht eingegangen ist, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht. Eine sofortige Beschwerde wäre daher als unzulässig zu verwerfen.

14

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine Gebühren erhoben werden (Münchener Kommentar, ZPO, § 118, Rn. 21).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Nov. 2018 - 1 Ws 287/18 Vollz

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Nov. 2018 - 1 Ws 287/18 Vollz

Referenzen - Gesetze

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Nov. 2018 - 1 Ws 287/18 Vollz zitiert 6 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Strafprozeßordnung - StPO | § 311 Sofortige Beschwerde


(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften. (2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung. (3) Das Gericht ist zu einer

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 115 Gerichtliche Entscheidung


(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die na

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 120 Entsprechende Anwendung anderer Vorschriften


(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entspr

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Nov. 2018 - 1 Ws 287/18 Vollz zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Nov. 2018 - 1 Ws 287/18 Vollz zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 26. Juni 2015 - 1 Ws (RB) 20/15

bei uns veröffentlicht am 26.06.2015

Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 30. Dezember 2014 wird als unbegründet verworfen. 2. Die Landeskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschw

Referenzen

(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 30. Dezember 2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Landeskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen des Antragstellers.

3. Der Gegenstandswert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt B. und nutzt dort das für die Gefangenentelefonie allein zur Verfügung stehende Telefonsystem der Fa. C. GmbH (nachfolgend: Fa. C.) über die in den einzelnen Vollzugsabteilungen der Anstalt installierten Telefone.

2

In der von einer Projektgesellschaft errichteten Justizvollzugsanstalt B. werden einzelne Aufgaben des Strafvollzuges über ein privates Unternehmen, die Fa. J. GmbH & Co. KG, erfüllt (Public Private Partnership-Project).

3

Der unter dem Betreff: „Gefangenentelefonie in der JVA B. ; ergänzender Vertrag mit der Fa. C. “ unter dem Datum des 12. Dezember 2008 gefertigte Vermerk des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt, Az.: 4570-304.3/8, lautet:

4

„1. Vermerk:
In der JVA B. wird die Gefangenentelefonie über die Projektgesellschaft sichergestellt. Die Fa. J., die für diese Dienstleistung zuständig ist, hat sich der Fa. C. als Nachunternehmer bedient, die auf der Grundlage eines vom MJ für alle Anstalten geschlossenen Rahmenvertrages in allen bestehenden Anstalten die Gefangenentelefonie sicherstellt. Über die Abwicklung/Nutzung des von der Fa. J. bereit gestellten Telefonsystems - ist [Ergänzung durch den Senat] - die ergänzende Vereinbarung mit der Fa. C. zu schließen. […]“

5

Bei dem in Bezug genommenen Vertrag handelt es sich um den unter dem 11. und 16. Juli 2002 zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Ministerium der Justiz, und der Fa. C. geschlossenen Rahmenvertrag Nr. ... /2002 über die Erbringung von Telekommunikationsleistungen für die Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten und Jugendanstalten des Bundeslandes Sachsen-Anhalt.

6

In § 1 Ziff. 1 dieses Vertrages wird als Vertragsgegenstand die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen für die Justizvollzugsanstalten und Jugendanstalten des Landes unter Verwendung einer technischen Anlage - C. Telefonanlage (C. Telefonanlage) - genannt. Nach § 1 Ziff. 2 stellt C. den Justizvollzugsanstalten die C. Telefonanlage und die zu deren Betrieb erforderliche Software kostenfrei zur Verfügung und installiert die Anlage für die Benutzung durch die Gefangenen. C. und jede einzelne Justizvollzugsanstalt klären nach den örtlichen Gegebenheiten den Bedarf an Geräten und Gegenständen, die für die Bereitstellung der Telekommunikationsdienstleistungen benötigt werden, und legen in einer Ergänzungsvereinbarung nach dem Muster der Anlagen A und B die Auflistung der überlassenen Geräte und Gegenstände und deren Aufstellorte fest. Nach § 1 Ziff. 3 dieser Regelung übernimmt C. für die Justizvollzugsanstalten die Verwaltung des Telefonverkehrs der Gefangenen, die Abrechnung angefallener Telefonentgelte, die Einrichtung und Wartung der C. Telefonanlage, die Bereitstellung des Zugangs zum Telefonnetz, einschließlich der erforderlichen Leistungskapazitäten. C. sichert eine Jahresgesamtverfügbarkeit der Telefoniemöglichkeit von 97,7 % zu. Nach § 5 Vertragsdauer beträgt die Laufzeit des Vertrages... Jahre. Die Vertragslaufzeit verlängert sich stillschweigend um jeweils weitere ... Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von einem Jahr vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt wird. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die entsprechenden Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

7

Unter dem Datum des 12. Dezember 2008 schlossen die Justizvollzugsanstalt B. und die Fa. C. den Vertrag Nr. ... /2008, der den Betrieb einer Telefonanlage zum 01. Februar 2009 in der Anstalt zum Gegenstand hat. Unter anderem wurde vereinbart, dass der Vertrag so lange läuft, wie der Vertrag zwischen dem Land und der Projektgesellschaft besteht. Des Weiteren wurden von den beigefügten Vertragsbedingungen ausschließlich § 2 (Kosten und Abrechnung, wo unter Ziff 1 S. 3 geregelt ist: Änderungen der Tarife sind im Einvernehmen mit der JVA möglich.), § 5 (Geheimhaltung, Datenschutz), § 8 (Verschiedenes) sowie die §§ 5 - 9, 12 und 13 der Anl. 1 „C. Durchführungsregelungen und Leistungsverzeichnis (...) sowie die Anl. II Tarifentgeltbestimmung (TEB) einbezogen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die entsprechenden Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

8

Nach der TEB betragen die Verbindungsentgelte pro Minute 0,10 € für Ortsgespräche, 0,20 € für Ferngespräche, 0,70 € für Mobilfunkgespräche und zwischen 0,60 € und 2,60 € für Auslandsgespräche. Die Telefongespräche können von den Gefangenen nach Einrichtung eines sogenannten „C.-Kontos“ geführt werden. Auf dieses Konto können auch die Angehörigen der Gefangenen und sonstige Dritte Geldbeträge einzahlen.

9

Mit dem am 11. März 2013 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 06. März 2013 hat der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Telefontarife zu senken, beantragt. Zur Begründung führt er an, dass er zur Aufrechterhaltung seiner sozialen Kontakte zu seinen in Nordrhein-West-falen lebenden Angehörigen und zu Anwälten in anderen Bundesländern auf das Führen von Telefongesprächen angewiesen sei. Hierfür brächte die Familie seiner ... monatlich ca. 300 € auf. Die überhöhten Telefontarife stellten eine besondere Belastung für ihn dar.

10

Sein an die Antragsgegnerin gerichteter Antrag vom 25. Februar 2013, die Telefontarife zu senken, sei von dieser mündlich am 28. Februar 2013 abgelehnt worden.

11

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung vorgetragen, dass C.-Telefonsystem sei für die Gefangenen das kostengünstigste und gleichzeitig für den Vollzug sicherste Gefangenen-Telefonsystem im Bundesgebiet, um Ferngespräche zu führen.

12

Die Kammer hat gemäß Beschluss vom 11. November 2013 Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige Dipl.-Ing. E., N., hat sein schriftliches Gutachten vom 04. April 2014 durch Stellungnahmen vom 01. September und 04. November 2014 sowie seinen mündlichen Ausführungen in der nicht öffentlichen Anhörung am 02. Dezember 2014 ergänzt. Des Weiteren hat die Kammer Auskünfte der Leiterin der Justizvollzugsanstalt L. mit Schreiben vom 14. November 2014 sowie von der Justizvollzugsanstalt H. am 24. November 2014 eingeholt.

13

Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 30. Dezember 2014 auf den Antrag des Antragstellers die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 aufgehoben und diese verpflichtet, erneut - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - über den Antrag des Antragstellers auf Senkung der Telefongebühren zu entscheiden.

14

Zur Begründung führte die Kammer aus, die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 sei ermessensfehlerhaft. Im Ergebnis der Beweisaufnahme habe sich erwiesen, dass die von der Antragsgegnerin erhobenen Telefongebühren deutlich über den außerhalb des Vollzuges üblichen Entgelten liegen, ohne das verteuernde Bedingungen und Erfordernisse des Strafvollzuges dies noch notwendig machen. Insbesondere lägen mittlerweile kostengünstigere Anbieter für die Gefangenentelefonie vor.

15

Gegen die der Antragsgegnerin am 05. Januar 2015 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich diese mit ihrer am 22. Januar 2015 beim Landgericht Stendal eingegangenen Rechtsbeschwerde vom selben Tag, die sie auf die „Sach- und Verfahrensrüge“ stützt. Zur Begründung führt sie aus, die Strafvollstreckungskammer haben unzulässigerweise in den der Vollzugsbehörde eingeräumten Ermessensspielraum eingegriffen. Die von ihr aufgezeigten beiden Alternativen a) der Einwirkung auf den Vertragspartner oder b) der neuen Ausschreibung seien nicht als ausschließlich i. S. v. abschließend anzusehen. Demgegenüber wären aber dritte Alternativen beispielsweise in der Form denkbar, dass die Firma C. sich von dem Vertrag selbst löst oder das Land die Gefangenentelefonie in eigener Regie betreibt oder sich anderer Modelle bedient (z.B. Zulassung von eigenen Telefonen der Gefangenen unter restriktiven Bedingungen). Indem die Strafvollstreckungskammer dies nicht erkannt bzw. in ihren Beschlussgründen nicht berücksichtigt und das Ermessen der Vollzugsbehörde mit ihrer Formulierung in eine bestimmte Richtung gelenkt habe, von der sie ausgeht, dass nur diese im Ergebnis rechtmäßig sein kann, trete ein Rechtsfehler zu Tage. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin müsse es ihr bei einer neuen Entscheidung unbenommen sein, nunmehr alle in Betracht kommenden alten und vor allem neuen Gesichtspunkte und sämtliche Handlungsalternativen berücksichtigen zu dürfen.

16

Der Antragsteller hatte Gelegenheit zur Gegenerklärung, von der er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30. Januar 2015 Gebrauch gemacht hat.

II.

1.

17

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zur Pflicht der Justizvollzugsanstalt zur Beachtung der wirtschaftlichen Interessen der Strafgefangenen im Hinblick auf die Telefonkosten Stellung zu nehmen. Dabei erfolgt die Überprüfung allein auf die erhobene Sachrüge. Eine § 118 Abs. 2 S. 2 StVollzG entsprechende Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt worden.

2.

18

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 aufgehoben. Die Ablehnung der Überprüfung der von den Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt B. für die Gefangenentelephonie zu erbringenden Verbindungsentgelte mit dem Ziel der Senkung der von der Fa. C. geltend gemachten Preise war rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt.

a)

19

Nach § 32 Abs. 1 StVollzG kann dem Gefangenen gestattet werden, Ferngespräche zu führen. Der Gefangene hat danach keinen Anspruch darauf, sondern lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Arloth, Strafvollzugsgesetz, 3. Auflage, § 32 Rn. 2). Das ihr zustehende Ermessen hat die Antragsgegnerin dahingehend ausgeübt, dass sie den Gefangenen auf Guthabenbasis Telefongespräche unter Nutzung des Telefonsystems der Firma C. gestattet.

20

Die durch die Telefongespräche entstehenden Kosten haben die Gefangenen selbst zu tragen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass die Verhältnisse im Strafvollzug so weit wie möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen angeglichen werden sollen, § 3 Abs. 1 StVollzG. Zugleich gebietet es die Fürsorgepflicht der Anstalt, die finanziellen Interessen der Gefangenen zu wahren. Die Missachtung wirtschaftlicher Interessen der Gefangenen wäre unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot. Daraus folgt, dass die Belastung Gefangener mit Entgelten, die, ohne das verteuernde Bedingungen und Erfordernisse des Strafvollzuges dies notwendig machten, deutlich über den außerhalb des Vollzuges üblichen liegen, nicht gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010, 2 BvR 328/07, Rn. 11). Auch mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der es gebietet, Strafe nur als ein in seinen negativen Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen nach Möglichkeit zu minimierendes Übel zu vollziehen, wäre dies nicht vereinbar. Dementsprechend müssen Entgelte, die die Anstalt für Leistungen an den Gefangenen erhebt, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

21

Dies gilt auch dann, wenn die Anstalt die Leistung nicht selbst erbringt, sondern wie vorliegend hierfür private Dritte einschaltet, die im Verhältnis zum Gefangenen einer entsprechenden Bindung nicht unterliegen. Jedenfalls für Konstellationen, in denen die Anstalt im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Verpflichtung Leistungen durch einen privaten Betreiber erbringen lässt, auf den die Gefangenen ohne am Markt frei wählbare Alternativen angewiesen sind, ist anerkannt, dass die Anstalt sicherstellen muss, dass der ausgewählte private Anbieter die Leistung zu marktgerechten Preisen erbringt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010, 2 BvR 328/07, Rn. 12).

22

Um den Gefangenen gegenüber einer von ihm befürchteten Übervorteilung durch wucherische Telefonkosten nicht schutzlos zu stellen, hat die Strafvollstreckungskammer dem im Wege des zulässigen Antrags auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG geltend gemachten Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung der finanziellen Interessen des Gefangenen bei Beauftragung Dritter mit von ihm zu entgeltenden Leistungen im Wege der Amtsermittlung nachzugehen.

b)

23

Im Ergebnis der von der Strafvollstreckungskammer durchgeführten Beweisaufnahme ist diese zu der von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen und auch nach der vom Rechtsbeschwerdegericht durchgeführten Überprüfung nicht zu beanstandenden Feststellung gelangt, dass die von der Antragsgegnerin erhobenen Telefongebühren deutlich über den außerhalb des Vollzuges üblichen Entgelten liegen, ohne dass verteuernde Bedingungen Erfordernisse des Strafvollzuges dies noch notwendig machen.

24

Die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. E. dargelegten, von der Strafvollstreckungskammer nachvollzogenen und sich zu eigen gemachten Erkenntnisse zur Entwicklung der Preise für Telekommunikationsdienstleistungen seit der Freigabe des Festnetz Telefonmarktes am 01. Januar 1998 belegen eine deutliche Preissenkung. Danach sind parallel zu der Entwicklung zu den Endverbraucherpreisen, die mittlerweile für ein Orts- und Ferngespräch im Festnetz 0,01 € pro Minute und für ein Mobilfunkgespräch für 0,02 - 0,09 € pro Minute betragen, die Preise für Vorleistungsprodukte (Weiterleitung, Terminierung von Verbindungen), die auch von der Firma C. genutzt werden, auf 0,007 € pro Minute für Orts- und Ferngespräche und auf 0,02 € pro Minute für Mobilfunk- und Auslandsgespräche gesunken.

25

Auch die Bedingungen und Erfordernisse des Strafvollzuges machen im Ergebnis der Beweisaufnahme die bei Benutzung der von der Firma C. zur Verfügung gestellten Gefangenentelefonie anfallenden Telefonentgelte nicht mehr notwendig. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nehmen mittlerweile private Anbieter am Markt für Gefangenentelefonie teil, die zu deutlich kostengünstigeren Tarifen ihre Dienstleistungen anbieten, wobei keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Leistungsmerkmale der Gefangenentelefonie in der Justizvollzugsanstalt B. deutlich höhere Tarife als die der günstigeren Anbieter im Bereich der Gefangenentelefonie rechtfertigen könnten.

26

Zwar entsprechen die von der Firma D. AG in ca. 20 Anstalten und von der Firma S. in ca. 25 Anstalten erhobenen Preise pro Minute für ein Ortsgespräch von 0,10 € bzw. 0,13 €, für ein Ferngespräch von 0,20 €, für Mobilfunkgespräche von 0,70 € bzw. 0,60 € und für ein Auslandsgespräch von 0,60 € - 2,60 € bzw. 3,00 € den von der Firma C., die im Inland ca. 100 Anstalten mit Gefangenentelefonie versorgt, geltend gemachten Preisen. Daneben bieten jedoch die Firma T. und die Firma L. Gefangenentelefonie im Justizvollzugskrankenhaus Hg., in der Abteilung der Sicherungsverwahrung der Justizvollzugsanstalt A. und in der Justizvollzugsanstalt H. zu deutlich niedrigeren Preisen an. Diese Anbieter erheben als Verbindungspreis pro Minute für ein Orts- oder Ferngespräch 0,05 € - 0,10 €, für ein Mobilfunkgespräch 0,30 € - 0,37 € und für ein Auslandsgespräch 0,15 € - 1,50 €.

27

Die von den beiden letztgenannten Anbietern geltend gemachten Verbindungspreise sind auch mit denjenigen der Firma C. vergleichbar. Der Umstand, dass die Firma T. derzeit lediglich eine Abteilung der Sicherungsverwahrung innerhalb einer Justizvollzugsanstalt sowie ein Justizvollzugskrankenhaus mit Gefangenentelefonie versorgt, führt zu keinem anderen Ergebnis, da hier dieselben Leistungsmerkmale wie bei der von der Firma C. zur Verfügung gestellten Gefangenentelefonie erfüllt werden müssen. Hierzu gehören die Begrenzung der Telefoniedienstleistung nach Volumen (Dauer), Kosten, Gesprächsanzahl oder Gesprächsabstand, Mithör- und Mitschnittfunktionen, Beschränkung zulässiger Ziele (Black/White-List), manuelle Gesprächsfreigabe, Trennen/Not-Aus, Festlegung einer Betriebszeit und Erfassung von Verbindungsdaten. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Aufwand für die Verwaltungsabwicklung, insbesondere das Einrichten und gegebenenfalls Umbuchen von Konten dabei gleich bzw. im Hinblick auf den üblicherweise regelmäßig wechselnden Patienten Bestand eines Justizvollzugskrankenhauses deutlich erhöht sein dürfte. Mit Ausnahme der Gewährung von 10 Freiminuten pro Monat durch die Fa. C. hat der Sachverständige bei einer Gegenüberstellung der Leistungsmerkmale der Telefonie der Fa. C. mit der der Firma T. keinen Unterschied festgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Firma T. nicht die erforderliche Zuverlässigkeit bei der Erbringung der von ihr angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen besitze, sind weder von der Antragsgegnerin substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich.

28

Auch die Vergleichbarkeit der festgestellten Verbindungspreise der Justizvollzugsanstalt H. ist gegeben. Die Mehrfachnutzung der von der Firma L. GmbH gemeinsam mit der Magdeburger Fa. M. in der Justizvollzugsanstalt H. betriebenen Netze, die neben der Gefangenentelefonie die Übertragung von Fernsehen ermöglichen, stellt keinen gravierenden Unterschied dar, denn den dortigen Gefangenen bleibt die Wahl überlassen, ob sie nur die Telefonie, nur das Fernsehen oder beides nutzen möchten. Somit ist die Vermutung, die zu besonders günstigen Preisen angebotene Gefangenentelefonie sei lediglich ein quersubventioniertes Nebenprodukt zur Versorgung mit Fernsehen, nicht stichhaltig.

29

Die von der Firma C. erhobenen Verbindungspreise erweisen sich nach den Feststellungen der Kammer als nicht marktgerecht.

30

Maßstab hierfür kann nicht das von der Firma C. ebenso wie von der Firma D. AG und der Firma S. geforderte und damit im Markt „vorherrschende“ Preisniveau sein. Denn bei einer - wie festgestellt - gegebenen Vergleichbarkeit der Leistungen bildet das die am Markt vorhandene Preisspanne nach oben ausschöpfende Preisniveau der Fa. C. - wie die von den anderen beiden vorgenannten Unternehmen verwendete Verbindungsentgeltgefüge - nicht die nach Marktgesetzen erfolgende Preisbildung ab. Nach den Feststellungen der Kammer bewegen sich die am Markt vorhandenen Preise nicht innerhalb einer engen Spannbreite. Vielmehr liegen die Kosten für die Gefangenen als Endnutzer aufgrund der von der Firma C. geltend gemachten Verbindungspreise unter Berücksichtigung der jedem Gefangenen gewährten zehn Telefon Freiminuten im Monat bei einer Betrachtung eines Zeitraumes von 90 Tagen und des in diesem Zeitraum erfassten Gesprächsaufkommen um 272 % über dem Angebot des günstigsten Anbieters für Gefangenentelefonie.

31

Dabei sind marktgerechte Preise für die im Rahmen der Gefangenentelefonie zur Verfügung gestellten Telekommunikationsdienstleistungen weder die niedrigsten noch die höchsten am Markt für solche Leistungen vorzufindenden Preise. Wenngleich dieser Markt durch eine eher geringe Anzahl von Anbietern gekennzeichnet ist, kann nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nicht davon ausgegangen werden, dass eine Preisbildung nach Marktmechanismen überhaupt nicht stattfindet. Vielmehr sind auch die vom Sachverständigen benannten Anbieter in der Lage, die geforderten Telekommunikationsleistungen zu deutlich niedrigeren Preisen als die Fa. C. zu erbringen. Es begegnet daher keinen Bedenken, dass die Strafvollstreckungskammer ihren Erwägungen den Ansatz des Sachverständigen, wonach allein Leistungsangebote, die das günstigste Angebot in einem angemessenen Verhältnis von max. 100 % überschreiten, noch als marktüblich und damit marktgerecht zu bezeichnen sind, zugrunde gelegt hat.

32

Die Strafvollstreckungskammer hat sodann auch erörtert, ob die von der Fa. C. geltend gemachten Preise in einem angemessenen Verhältnis zu deren eigenen Aufwendungen stehen. Würden nämlich die von der Fa. C. für die Gefangenentelefonie in der Justizvollzugsanstalt B. notwendigerweise aufzuwendenden Kosten für Eigen- und Fremdleistungen deren Erlöse in Form der erzielten Verbindungsentgelte vollständig oder annähernd erreichen, wäre die Erwägung begründet, dass die deutlich niedrigeren Preise der neueren Konkurrenten der Fa. C. nicht kostendeckend sein könnten und daher bei der Bestimmung marktgerechter Preisen außen vor zu bleiben hätten.

33

Die vom Sachverständigen hierzu getroffenen Feststellungen zu den Anschaffungs- und Montagekosten der in der Justizvollzugsanstalt B. identifizierten Hardwarekomponenten, den geschätzten Kosten des lokalen Betriebs sowie der zentralen Infrastruktur und deren Betrieb sowie der Grundinvestitionen/Entwicklung der Anwendung „Gefangenentelefonie“ und des Personalaufwands der Firma C. insoweit führen insgesamt zu einer Gewinnspanne von ca. ... %, was deutlich über der vom Sachverständigen als branchenüblich bezeichneten Gewinnmarge von 10 - 15 % liegt. Danach gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass selbst der Anbieter mit den niedrigsten am Markt geforderten Preise nicht kostendeckend und sogar mit einer Gewinnspanne von ca. 10 % die Leistungen der Gefangenentelefonie erbringen könnte.

34

Im Übrigen ist die Schlussfolgerung der Strafvollstreckungskammer, wonach die Differenz zwischen den von der Fa. C. geltend gemachten Telefonverbindungspreise für Orts- (0,10 €/min) und Ferngespräche (0,20 €/min) vor dem Hintergrund der für beide Gesprächsarten identischen Bezugspreises von 0,007 €/min), welchen der Telefonanbieter seinerseits für Verbindungen des Orts- und Fernbereichs dem Verbindungsnetzbetreiber zu leisten hat, sachlich nicht begründet ist, nicht zu beanstanden. Vielmehr ist es gut nachvollziehbar, dass die Gefangenen mit Telefonpreisen belastet werden, die mit verteuernden Bedingungen und Erfordernissen des Strafvollzuges nicht zu rechtfertigen sind. Denn es macht nach den Darlegungen des Sachverständigen für die Firma C. keinen Unterschied, ob ein Gefangener ein Orts- oder Ferngespräch führt.

35

Schließlich hat sich die Strafvollstreckungskammer rechtsfehlerfrei mit den sich von der Antragsgegnerin zu eigen gemachten Einwänden der Firma C. auseinandergesetzt. Danach stellt das von der Firma C. angeführte Leistungsmerkmale des „Erkennens und Unterbrechens der Rufweiterleitung“ keinen für die Preisbildung erheblichen Faktor dar, denn ein dauerhafter zuverlässiger Schutz bestimmter Teilnehmer vor Anrufen von Gefangenen sei durch die ausschließliche Erkennung einer Anrufweiterleitung im Netz (bei der es sich um ein Standardleistungsmerkmal des ISDN-Netzes handele) nicht realisierbar: Insoweit sei eine Anrufweiterschaltung im Endgerät mit geringem technischen Aufwand möglich, die dann von der C. Telefonanlage weder automatisch identifizierbar noch zu verhindern sei. Auch das Leistungsmerkmal der „Umbuchung von Guthaben bei Verlegung des Gefangenen“ sei über das Buchungssystem „I. “ möglich und daher nicht als wesentliches Leistungsmerkmale zu bewerten. Die Auswirkung der Erhöhung der Anzahl der in der Justizvollzugsanstalt B. von der Firma C. zur Verfügung gestellten Telefone und dass Vorhalten von Ersatzgeräten führt unter Berücksichtigung einer Abschreibungsdauer von 5 Jahren zu einer lediglich geringfügigen Abweichung von der Kostenschätzung des Sachverständigen. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer sind auch die Kosten für die Unterhaltung des Rechenzentrums der Firma C. in N. nicht in Ansatz zu bringen, da die Gefangenentelefonie für die Justizvollzugsanstalt B. ausschließlich vom Standort G. gewährleistet wird, wobei bereits die dortige Redundanz zentraler Systemkomponenten berücksichtigt worden sei.

36

Soweit die Antragsgegnerin den weiteren Einwand der Firma C. im Hinblick auf die unterbliebene, aber nach ihrer Ansicht notwendigen Berücksichtigung ihres weiteren Aufwands insbesondere für die Anschaffung und Pflege der Software „A. “ vertritt, ist die Erwägung der Kammer, dass ausschließlich der für den Zweck der Gefangenentelefonie in der Justizvollzugsanstalt B. notwendige Aufwand Grundlage der Bewertung und Einordnung der hierfür geforderten Verbindungsentgelte im Marktvergleich sein kann und nicht weitere Geschäftsfelder oder Entwicklungen der Fa. C., nicht zu beanstanden.

3.

37

Spruchreife i S. d. § 115 Abs. 4 StVollzG liegt nicht vor. Dass allein zur Überprüfung des der Beschwerdeführerin eingeräumten Ermessens berufene Gericht ist nicht für die Festlegung der Höhe der konkret dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Verbindungsentgelte für die Gefangenentelefonie zuständig. Denn das Ermessen ist nicht auf Null reduziert, so dass nur noch eine Entscheidung in der Sache möglich wäre.

38

Dass dabei die Strafvollstreckungskammer die benannten Handlungsalternativen nicht als abschließend verstanden wissen wollte, folgt bereits aus den Verweis auf die Entscheidung des Landgerichts Giessen mit Beschluss vom 10. Oktober 2013, 2 StVK-Vollz 1111, 1190/12. Die dort zu einem vergleichbaren Sachverhalt ausgesprochene Verpflichtung der dort beteiligten Justizvollzugsanstalt zur Neubescheidung des antragstellenden Gefangenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts führt neben der auch vom Landgericht Stendal angeführten Alternative, bei dem die Gefangenentelefonie realisierenden privaten Telekommunikationsunternehmen auf eine angemessene Senkung der Preise hinzuwirken, die weiteren Alternativen aus, den Vertrag mit dem privaten Telekommunikationsdienstleister zu kündigen und notfalls die Abwicklung der Gefangenentelefonate in eigener Regie zu übernehmen. Insoweit konnte auch die entsprechende Formulierung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal, die zusätzlich die denkbare Möglichkeit, die Gefangenentelefonie - in der Justizvollzugsanstalt B. neu auszuschreiben, lediglich der Bestätigung des Ermessensspielraums der Beschwerdeführerin dienen. Dass bei deren Ermessensausübung im Rahmen der Neubescheidung die Rechtsauffassung der Kammer zu beachten ist, ergibt sich aus § 115 Abs. 4 S. 2 StVollzG und bedarf keiner besonderen Erörterung.

39

Die Beschwerdeführerin wird daher aus ihrer Fürsorgepflicht heraus zur Wahrung der finanziellen Interessen der Gefangenen und um den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Resozialisierung auch insoweit Geltung zu verschaffen, sicherzustellen haben, dass die von ihr eröffnete Möglichkeit der Gefangenentelefonie zu marktgerechten Preisen genutzt werden kann. Dass die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Verbindungsentgelte laut Tarifbestimmung der Fa. C. dem obersten Preissegment zuzuordnen und damit nicht als marktgerecht zu bewerten sind, hat die Kammer rechtsfehlerfrei festgestellt und ist bei einer unveränderten Marktsituation auch bei der erneuten Ermessensentscheidung der Beschwerdeführerin zugrunde zulegen. Die wirtschaftlichen Interessen der Gefangenen sind auch bei einer Einschaltung privater Unternehmen zur Aufgabenerfüllung zu berücksichtigen, auch wenn der Leistungserbringung durch Dritte eine langfristige vertragliche Bindung des Justizvollzuges zugrunde liegt und auch wenn diese ohne erkennbaren vorherigen Preisvergleich etwa in Form einer öffentlichen Ausschreibung oder (anders als in § 2 Ziff. 1 S. 3 der am 12. Dezember 2008 geschlossenen Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Fa. C.) ohne ausdrückliche Preisanpassungsregelung eingegangen worden ist. All dies kann sich nicht derart zum Nachteil der Gefangenen auswirken, dass diese nicht marktgerechte Entgelte für Leistungen von Betreibern, auf die die Gefangenen ohne am Markt frei wählbare Alternativen angewiesen sind, hinzunehmen hätten.

III.

40

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 2 StPO.

41

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.

(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.