Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 03. Apr. 2013 - 4 L 55/13
Gericht
Gründe
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Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht.
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Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist immer schon dann erfüllt, wenn im Zulassungsverfahren ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Schlüssige Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn mit dem Zulassungsantrag substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (so BVerfG, Beschl. v. 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, zit. nach JURIS).
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Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.
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Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. November 2000 (- A 2 S 334/99 -), v. 19. August 2002 (- 2 L 325/02 -, zit. nach JURIS) und v. 11. August 2006 (- 4 M 319/06 -) zu Recht dargestellt hat, müssen Wohnungen im Sinne des Zweitwohnungssteuerrechts selbst keine konkrete Mindestausstattung (z. B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung) aufweisen, um als Zweitwohnung angesehen werden zu können, sondern es reicht aus, wenn diese Einrichtungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stehen (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. April 2008 - 4 M 332/07 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 13. März 2008 - 1 M 14/08 -; OVG Niedersachsen, Urt. v. 11. Juli 2007 - 9 LB 5/07 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25. Januar 2006 - 2 KN 1/05 -, jeweils zit. nach JURIS). Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der nicht in einer Gemeinschaftsanlage befindliche Trinkwasseranschluss für den Bungalow des Klägers, der sich auch nach Auffassung der Beklagten ca. 930 m entfernt von dem klägerischen Grundstück befindet, stelle auf Grund dieser Entfernung keine in vertretbarer Nähe zur Verfügung stehende Einrichtung zur Trinkwasserversorgung dar. Denn dazu müssen sich die zum Wohnen notwendigen Ver- und Entsorgungseinrichtungen für Trinkwasser, Abwasser und Strom - wie schon das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in seiner Entscheidung vom 19. August 2002 dargelegt hat - grundsätzlich innerhalb einer Gemeinschaftsanlage befinden und ohne größeren Aufwand genutzt werden können. Die Nutzung einer - wie hier - realistischerweise nur mit einem Fahrzeug erreichbaren Entnahmestelle erfordert einen solch erhöhten Aufwand und kann den Bedarf an einer ausreichenden Menge Trinkwasser zum Kochen, Waschen, Zähneputzen und Ähnlichem, das ein zeitweises „Wohnen“ erst ermöglicht, nicht decken.
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Die von der Beklagten insoweit erhobenen Einwendungen sind nicht durchgreifend.
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Die von ihr vorgenommene Auslegung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. August 2002 verkürzt schon den Inhalt dieser Entscheidung, da das Gericht im Ergebnis zwar auf eine Entfernung von 1,5 km zur Trinkwasserentnahmestelle abgestellt hat, aber als entscheidend den mit einer Anfahrt mit einem Fahrzeug verbundenen Aufwand und die daraus folgende unzureichende Bedarfsdeckung angesehen hat. Vorliegend geht aber auch die Beklagte davon aus, dass die Entnahmestelle nur mit einem Fahrzeug erreicht werden kann.
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Der sonstige Ausbauzustand der Gebäude in dem Wochenendhausgebiet, in dem das klägerische Grundstück liegt, ist von vornherein unerheblich.
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Dass die Eigentümer anderer Bungalows nach Auffassung der Beklagten ihre Bungalows „mindestens in den Sommermonaten“ zu einem mehrtägigen Verweilen nutzen, ist sowohl hinsichtlich der jeweiligen Entfernung zu der Entnahmestelle, des Maßes der zeitlichen Nutzung als auch der Zahl solcher Nutzer zu pauschal und unbestimmt. Es kann danach offenbleiben, welchen Einfluss die tatsächliche Übung der Bewohner anderer Wochenendhäuser in dem streitbefangenen Gebiet auf die Einschätzung der vertretbaren Nähe einer Versorgungseinrichtung hat. Soweit die Beklagte konkret auf die ganzjährige Nutzung eines Nachbargrundstücks verweist, ist dies jedenfalls zur Darlegung einer abweichenden tatsächlichen Übung nicht ausreichend. Dass es objektiv möglich ist, den Bungalow des Klägers zum Wohnen zu nutzen, bedeutet nicht ohne weiteres, dass die Nutzung der Trinkwasserentnahmestelle gleichzeitig auch zumutbar ist.
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Der Einwand der Beklagten, „in den heutigen Tagen“ erfolge die Nutzung von Kraftfahrzeugen „nahezu ständig für Besorgungen und Wegstrecken von mehr als 100 m“, ist zum einen eine nicht weiter belegte Behauptung und würde zum anderen ohnehin nicht die Unzumutbarkeit der Nutzung eines Kraftfahrzeuges für die Ermöglichung einer zur Wohnnutzung ausreichenden Trinkwasserversorgung widerlegen. Auch dass der Kläger seinen Bungalow mit dem Kraftfahrzeug ansteuert und die Streckenführung ihn unmittelbar an der Entnahmestelle vorbeiführt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
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wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.