Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 23. Juli 2014 - 3 L 243/13

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:0723.3L243.13.0A
bei uns veröffentlicht am23.07.2014

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die von ihm am 14. März 2012 geschriebene Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu werten.

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Er studiert seit dem Wintersemester 2010/2011 Humanmedizin an der (…)-Universität zu C-Stadt. Für die Teilnahme am Seminar „Anatomie“ ist eine im Frage-Antwort-Verfahren (multiple-choice) gehaltene Leistungskontrolle vorgeschrieben. Die bei seiner ersten Teilnahme an dieser Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ am 08. Februar 2011 gefertigte Arbeit wurde als „nicht bestanden“ gewertet. Am 16. März und 20. Juni 2011 wiederholte er die Klausur ohne Erfolg. Bei seinem letzten möglichen Versuch am 14. März 2012 beantwortete der Kläger 20 von 40 Fragen richtig. An dieser Klausur nahmen insgesamt 34 Teilnehmer teil, davon 33 Studenten der Human- und eine Studentin der Zahnmedizin (mit im Ergebnis 21 Punkten). Nur diese und zwei Humanmedizin-Studenten (mit 29 und 24 Punkten) nahmen zum ersten Mal an der Klausur teil. Die beiden Studenten der Humanmedizin waren bei einem ersten Termin entschuldigt nicht angetreten. Ein weiterer Teilnehmer schrieb die Klausur zwar zum ersten Mal (mit 18 Punkten), war aber einem früheren Klausurtermin unentschuldigt ferngeblieben, so dass diese Klausur als „nicht bestanden“ bewertet worden war. Alle übrigen Teilnehmer waren Wiederholungsteilnehmer.

3

Gegen die Bewertung seiner Klausur als „nicht bestanden“ erhob der Kläger am 02. April 2012 Widerspruch, da er diese bei Anlegung der „relativen Bestehensgrenze“ des § 5 Abs. 2 LNO bestanden habe. Hierfür genüge die zutreffende Beantwortung von 20 von 40 Fragen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04. April 2012 als unbegründet zurück. Der Kläger habe weniger als 60 % der Fragen zutreffend beantwortet und so die absolute Bestehensgrenze nicht erreicht. Eine relative Bestehensgrenze gebe es für diese Klausur nicht, weil keiner der Teilnehmer diese Klausur zum ersten Mal geschrieben habe. Von 34 Teilnehmern hätten drei zum vierten und 31 zum zweiten Mal an der Klausur teilgenommen. Damit sei eine Referenzgruppe nicht zu bilden. Da der Kläger endgültig nicht bestanden und seinen Prüfungsanspruch bei der Beklagten im Studiengang Medizin verloren habe, sei er zu exmatrikulieren.

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Den hiergegen gerichteten Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz wies das Verwaltungsgericht Halle mit rechtskräftigem Beschluss vom 16. August 2012 zurück (Az. 6 B 143/12 HAL). Der alleinige Einwand der Klägers, die Beklagte habe die relative Bestehensgrenze zu seinem Nachteil unrichtig angewandt, greife nicht durch. Diese sei in § 14 Abs. 6 ÄAppO beschrieben und beziehe sich dort auf die Prüfungsleistungen der Prüflinge, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und sechs Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen hätten. Die Beschränkung auf diese Teilnehmer entspreche dem Zweck der Bestehensgrenze, die Berufsbewerber, die die erforderlichen Qualifikationsmerkmale nicht erfüllten zu erfassen und von dem angestrebten Beruf fernzuhalten. Da die in § 14 Abs. 6 ÄAppO bezeichneten Studenten nach statistischen Erhebungen konstant gute Prüfungsleistungen erbrächten, sei ein Anknüpfen an deren Leistungsspiegel geeignet, um ungeeignete Bewerber zu erkennen. Die hier zu betrachtende Referenzgruppe bestehe aus zwei Studierenden, die Humanmedizin studierten und die Klausur erstmals geschrieben hätten. Weder die Studentin der Zahnmedizin noch der Student der Humanmedizin, der zu seinem ersten Prüfungsversuch unentschuldigt nicht angetreten sei, seien als Mitglieder der Referenzgruppe geeignet. Der Studienaufbau der Zahnmedizin unterscheide sich erheblich von dem der Humanmedizin. Die Klausur des Studenten, der zu seinem ersten Versuch unentschuldigt nicht angetreten sei, sei als Wiederholungsklausur anzusehen. Bei Annahme einer Referenzgruppe aus zwei Mitprüflingen liege der Punktedurchschnitt dieser Gruppe bei 26,5 Punkten, so dass der Kläger mit 20 Punkten 24,5 % darunter liege und so auch die relative Bestehensgrenze von 22 % unter dem Durchschnitt der Referenzgruppe (d. h. 20,67 Punkte) verfehlt habe. Unerheblich sei, dass er tatsächlich 50 % der Fragen zutreffend beantwortet habe.

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Am 11. April 2012 hat der Kläger Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 04. April 2012 erhoben. Die relative Bestehensgrenze liege bezogen auf alle 34 Teilnehmer der Klausur bei 19,13 Punkten, so dass er mit 20 Punkten und 50 % zutreffenden Antworten bestanden habe. Bei den vier Teilnehmern, die entgegen den Angaben der Beklagten die Klausur erstmals geschrieben hätten, liege die relative Bestehensgrenze bei 17,94 Punkten, so dass er auch gemessen an dieser Gruppe die Klausur bestanden habe. Die von der Beklagten angewandte relative Bestehensgrenze sei mit Blick auf § 14 ÄAppO nicht wirksam satzungsmäßig geregelt. § 14 ÄAppO sei auf Leistungsnachweise für scheinpflichtige Unterrichtsveranstaltungen nicht anwendbar, sondern beziehe sich auf „die ärztliche Prüfung“. Hierfür seien die Leistungsnachweise nur Zulassungsvoraussetzung.

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Für die Bewertung der Leistungsnachweise habe die Beklagte gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 ÄAppO eine Studien- oder Leistungsnachweisordnung zu erlassen, die abstrakt-generell zu regeln habe, wie eine regelmäßige und erfolgreiche Teilnahme an den scheinpflichtigen Unterrichtsveranstaltungen festzustellen sei. Eine solche Regelung habe die Beklagte nicht getroffen. Weder die Studienordnung noch die Leistungsnachweisverordnung enthielten eindeutige Vorgaben zur Bewertung der schriftlichen Prüfung im Sinne des § 14 ÄAppO. So sei der Begriff der „durchschnittlichen Leistungen aller Erstteilnehmer der betreffenden Leistungskontrolle“ zu unbestimmt. Es sei schon unklar, wie der Begriff des „Erstteilnehmers“ zu verstehen sei, was die Unklarheit betreffend die Zahnmedizinstudentin oder den als Zweitteilnehmer gewerteten tatsächlichen Erstteilnehmer verdeutliche. Die Studenten der Zahn- wie die der Humanmedizin beantworteten dieselben Fragen, nachdem sie an denselben Lehrveranstaltungen teilgenommen hätten und würden unterschiedslos und nach außen nicht erkennbar getrennt auf den Ergebnislisten der Beklagten geführt. Andere Universitäten hätten hier eindeutige Regelungen. Die Regelungen der Beklagten genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, da sie zu unbestimmt seien. Sie seien keine ausreichende Rechtsgrundlage für die faktische Exmatrikulation, die die Berufswahlfreiheit einschränke.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 04. April 2012 zu verpflichten, die von ihm am 14. März 2012 geschriebene Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu bewerten.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Gleitklausel (relative Bestehensgrenze) sei hinreichend klar definiert, komme vorliegend jedoch nicht zur Anwendung. Zwar hätten tatsächlich vier Teilnehmer die Klausur zum ersten Mal geschrieben. Die Zahnmedizinstudentin habe die Klausur aber nur fakultativ mitgeschrieben und sei daher ebensowenig zu werten wie der Prüfling, der zum ersten Prüfungstermin unentschuldigt nicht erschienen war. Nur zwei Erstteilnehmer erfüllten aber nicht die Anforderungen an eine Referenzgruppe. Die Forderung einer auf eine Referenzgruppe bezogenen Bestehensgrenze gehe ins Leere, wenn sich die Zahl der Prüfungsteilnehmer, die sich nach der Mindeststudienzeit erstmals zur Prüfung gemeldet haben, unter 50 % sinke. Bei dieser kleinen Gruppe sei fraglich, ob noch zuverlässige Prüfungsergebnisse möglich seien. Eine so ermittelte relative Bestehensgrenze könne den Prüfungszweck, ungeeignete Studenten aufzuhalten oder auszuschließen, nicht mehr zuverlässig erfüllen. Es bräuchte 79-96 Studenten, um nach statistischen Berechnungen eine verlässliche Aussage über die durchschnittlichen Klausurergebnisse ermitteln zu können. Die Hochschulen seien sich der Problematik, dass in Wiederholungsprüfungen ein „Referenzkollektiv“ schwer zu definieren sei, bewusst. So verlange die Universität Heidelberg für die Anwendung der Gleitklausel in Wiederholungsprüfungen, dass in dieser Prüfung mindestens 20 Erstteilnehmer teilnähmen und 15 % der Prüfungsteilnehmer zu dieser Gruppe gehörten. Seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, gelte als relative Bestehensgrenze der um 10 % verminderte Durchschnitt der Ergebnisse aller Teilnehmer. Auch eine solche Grenze, deren Anwendung ihrer Auffassung nach aber gegen den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen würde, würde bei vom Kläger verfehlten 22 Punkten liegen.

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Mit Urteil vom 24. April 2013 hat das Verwaltungsgericht Halle – 6. Kammer – die Klage abgewiesen und zur Begründung die Ausführungen des Beschlusses vom 16. August 2012 vertieft. Zwar regele § 5 Abs. 2 LNO nicht, wie groß die Referenzgruppe für die Anwendung der Gleitklausel sein müsse, es spreche aber einiges dafür, dass die relative Bestehensgrenze bei Erfolgskontrollen der in Rede stehenden Art nur dann Anwendung finden könne, wenn mindestens 50 % der Teilnehmer an der Erfolgskontrolle „Erstteilnehmer“ seien und deren Anzahl nicht weniger als 3 Personen betrage. Die grundsätzlichen Bedenken dagegen, das Bestehen von Erfolgskontrollen an den tatsächlichen Leistungen der zu Kontrollierenden zu messen anstatt an objektiven Vorgaben trete bei den Ärztlichen Prüfungen deshalb zurück, weil durch die Menge der Teilnehmer, die die bundesweite Referenzgruppe bilde, nach aller Wahrscheinlichkeit das Leistungsbild Ausdruck des in der Ausbildung vermittelten und danach erwartbaren Wissens darstelle. Das lasse sich auf die Erfolgskontrollen mit erheblich kleinerem, universitätsbezogenem Teilnehmerkreis nicht übertragen, so dass die Zweifel sich nur ausräumen ließen, wenn die Referenzgruppe eine bestimmte Mindestgröße habe. Die Definition einer Gruppe als aus mindestens drei Personen bestehend ergebe sich aus dem Strafrecht (mindestens 3).

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Vorliegend seien nur zwei, d. h. weniger als 10 % aller Teilnehmer Erstteilnehmer gewesen. Der Teilnehmer, der seinen ersten Versuch unentschuldigt nicht angetreten habe und die Studentin der Zahnmedizin seien nicht als Erstteilnehmer zu werten. Die anhand des Notendurchschnitts der beiden Erstteilnehmer ermittelte relative Bestehensgrenze habe der Kläger verfehlt. Es komme mithin nicht entscheidend auf die Festlegung einer Mindestgröße für eine Referenzgruppe an.

14

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 02. April 2014 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, die Auslegung der Regelung des § 5 Abs. 2 LNO durch die Beklagte verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG. § 5 Abs. 2 LNO lasse die von der Beklagten herangezogenen Vorgaben zu den Begriffen des „Erstteilnehmers“ ebensowenig erkennen wie zu der Anzahl der notwendigen Erstteilnehmer für die Anwendung der Gleitklausel. Da § 4 Abs. 6 Satz 3 LNO für die Form der Leistungsscheine bei Erfolgskontrollen zur Erteilung von benoteten Leistungsnachweisen auf die Regelungen der Anlage 2 der ÄAppO verweise, müsse auch § 5 Abs. 3 LNO sich an der ÄAppO messen lassen, auch wenn nach §§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 11 Nr. 1 und 2 ÄAppO die Leistungsnachweise nur Voraussetzung für die Prüfungszulassung seien. Verweise auf § 14 Abs. 6, Abs. 8 Ziffer 5 ÄAppO, wie sie in den Studienordnungen anderer Universitäten geregelt sind, fehlten bei der Beklagten.

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Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Halle/Saale vom 24. April 2013 den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 04. April 2012 aufzuheben und diese zu verpflichten, die vom Kläger am 14. März 2012 geschriebene Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu bewerten.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Zur Begründung vertieft sie den Vortrag aus dem Klageverfahren. Die Regelung des § 5 Abs. 2 LNO genüge den Vorgaben, einer genaueren Definition des Begriffs der Erstteilnehmer bedürfe es nicht. Der Begriff verweise hier, wie auch andere Vorschriften der LNO, auf die Regelungen der ÄAppO, deren § 14 Abs. 6 auf die Prüflinge abstelle, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren erstmals an der Prüfung teilgenommen haben. Eine andere Referenzgruppe sei für den verfolgten Zweck ungeeignet. Jedenfalls sei fraglich, ob bei einer Referenzgruppe von weniger als 50 % aller Teilnehmer zuverlässige Prüfungsergebnisse noch möglich seien. Eine „Ersatzgleitklausel“ für den Fall des Unterschreitens dieser Gruppengröße, wie sie etwa die Universität Heidelberg habe, genüge dem Zweck aber auch nicht, da sie auf das Ergebnis aller Teilnehmer abstelle. Bei Wiederholungsprüfungen sei dies aber in der Regel schwächer, weil die leistungsstärkeren Erstteilnehmer nicht in nennenswertem Umfang teilnähmen. Die notwendige Größe der Bezugsgruppe sei in Abhängigkeit vom Ergebnis der Klausur stets mitzudenken und lasse, wenn eine hinreichend große Gruppe nicht bestehe, die Anwendung der relativen Bestehensgrenze entfallen.

II.

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Auf die Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die vom Kläger am 14. März 2012 gefertigte Klausur als bestanden zu werten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubewertung, weil die Beklagte die Regelung über die Bewertung von Multiple-Choice-Klausuren, § 5 Abs. 2 der Anlage 3 zur Studienordnung für den Studiengang Medizin der Beklagten vom 21. April 2009 – Leistungsnachweisordnung – (LNO), zu Ungunsten des Klägers unzutreffend angewandt hat.

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§ 5 Abs. 2 LNO regelt, dass „bei reinen multiple-choice-Klausuren (Antwort-Wahl-Verfahren) die Erfolgskontrolle bestanden [ist], wenn der Studierende mindestens 60 % der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Studierenden zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 % die durchschnittlichen Leistungen aller Erstteilnehmer der betreffenden Leistungskontrolle unterschreitet. Die relativen Bestehensgrenzen der Klausuren sind jeweils von der verantwortlichen Lehrkraft zu ermitteln. Kommt diese Gleitklausel zur Anwendung, so müssen für das Bestehen der Prüfung mindestens 50 % der gestellten Fragen zutreffend beantwortet sein.“

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Dies stellt eine hinreichende Regelung zur Ermittlung der Bestehensgrenzen für Leistungskontrollen nach § 15 Abs.1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin an der (…)-Universität C-Stadt vom 21. April 2009 (Studienordnung) dar. Grundsätzlich sind zur Erfolgskontrolle für die Teilnahme an medizinischen Vorlesungen Klausuren im Antwort-Wahl-Verfahren (Multiple-Choice-Klausuren) zulässig. Bei diesen erschöpft sich die Prüfungsleistung darin, eine Auswahl unter mehreren vorgegebenen Antworten auf die gestellten Fragen zu treffen und die für richtig gehalten(en) Antwort(en) anzukreuzen.

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Damit unterscheidet sich zum einen die Prüfertätigkeit im Multiple-Choice-Verfahren grundlegend von der bei herkömmlichen schriftlichen Prüfungen. Anders als dort kommt nach Abschluss der Prüfung nur noch eine rein rechnerische Auswertung zur Feststellung der Zahl der richtigen Antworten in Betracht. Die eigentliche Prüfertätigkeit besteht in der Auswahl des Prüfungsstoffes, der Ausarbeitung der Fragen und der Festlegung von Antwortmöglichkeiten; Prüfer ist derjenige, der die Antwort-Wahl-Aufgaben ausarbeitet. Zum anderen eignen sich die im Antwort-Wahl-Verfahren erbrachten Prüfungsleistungen nicht ohne weiteres für eine Einordnung in die Stufen der für herkömmliche Prüfungen typischen Notenskala. Die Qualität einer im Antwort-Wahl-Verfahren erbrachten Prüfungsleistung beurteilt sich ausschließlich danach, wie viele Fragen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Fragen richtig beantwortet wurden. Raum für weitere Differenzierung ist nicht gegeben. Welcher Anteil der Fragen richtig beantwortet werden kann, hängt jedoch nicht nur von den Kenntnissen eines Kandidaten, sondern auch von weiteren Faktoren ab, wie der Zahl der Aufgaben, der dafür zugestandenen Zeit, der Art der Fragestellung, der Verwendung von Bildmaterial und anderem mehr. Erfahrungsgemäß ist es nicht möglich, den Schwierigkeitsgrad von Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren zuverlässig vorauszusagen oder gar zu steuern. Dann ist es auch nicht zulässig, anzunehmen, dass die zutreffende Beantwortung aller Fragen im Allgemeinen möglich sei und dass die absolute Zahl unrichtig, unvollständig oder gar nicht beantworteter Fragen ein maßstabsgetreues Abbild des Wissensstandes eines Kandidaten sei. Im Hinblick auf die mit Multiple-Choice-Klausuren verbundenen Unwägbarkeiten ist es unverhältnismäßig, allein anhand einer absoluten Bestehensgrenze über die Zulassung zum Zweiten Studienabschnitt oder dem Praktischen Jahr zu entscheiden. Da es keine nachträgliche Bewertung der Prüfungsleistungen gibt, mit der sich zeigende unbeabsichtigte Schwankungen des Schwierigkeitsgrades der Prüfungen verschiedener Termine ausgeglichen werden können, müssen im Vorhinein Regelungen getroffen werden, mit denen das Fehlen dieser Möglichkeit ausgeglichen wird (OVG RP, Beschl. v. 19.01.2009 – 10 B 11244/08 -, juris).

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Daher sind spezifische Vorgaben für die Feststellung des Prüfungsergebnisses erforderlich. Es muss, für Staatsprüfungen in einer Rechtsverordnung, für Hochschulprüfungen in einer Satzung der Hochschule, festgelegt werden, wie viele richtige Antworten für das Bestehen der Prüfung oder für das Erreichen einer bestimmten Note mindestens erforderlich sind. Es ist die Vorgabe eines Bezugspunkts erforderlich, der sich aus den erwarteten Leistungen ergibt und damit von der Schwierigkeit der jeweiligen Prüfung abhängt. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass sich die Bestehensgrenze nicht allein aus einem Vomhundertsatz der gegebenen Antworten (abstrakt) ergeben darf, sondern (relativ) in einem Verhältnis zu einer möglichen Höchstleistung oder zu einer Normalleistung stehen, also die Schwierigkeit der konkreten Prüfung berücksichtigen muss (grundlegend zu den Regelungen der ÄAppO: BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 –, juris; OVG SN, Beschl. v. 25.05.2010 – 2 B 78/10 -, juris).

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Diese durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte relative Bestehensgrenze trägt der Tatsache Rechnung, dass das Bestehen der Ärztlichen Prüfungen im Rahmen des Studiums der Humanmedizin nach § 14 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 02. August 2013 (BGBl. I S. 3005), hier anwendbar in der Fassung vom 27. 06 2002 – ÄAppO - eine Berufszugangsschranke darstellt. Berufsbezogene Prüfungen, d. h. Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufnahme einer Berufstätigkeit ist, stellen als sogenannte subjektive Berufszugangsvoraussetzungen einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs- und Ausbildungsfreiheit dar, dessen Verhältnismäßigkeit allein mit einer absoluten Bestehensgrenze nicht gewahrt ist.

26

Die vorliegend in Rede stehende Leistungskontrolle ist allerdings keine nach den Regelungen der ÄAppO zu bewertende Ärztliche Prüfung im Sinne dieser Rechtsprechung, sondern dient im Vorfeld derselben zum Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an der Vorlesung „Anatomie“. Sie ist von den Regelungen der ÄAppO jedenfalls nicht unmittelbar umfasst, sondern richtet sich nach den Regelungen der jeweiligen Studienordnung der besuchten Universität, hier § 15 Abs. 1 Satz 3 Studienordnung i. V. m. § 5 Abs. 2 LNO.

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Ob die für die Ärztliche Prüfung entwickelten Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts auch für solche Erfolgskontrollen des ersten Studienabschnitts zumindest dann entsprechend anwendbar sind, wenn diese im Ergebnis ebenfalls berufszugangsbeschränkende Wirkung haben können, d. h. wenn im Falle ihres Nichtbestehens die Exmatrikulation droht, wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung bejaht (OVG RP, Beschl. v. 19.01.2009 – 10 B 11244/08 -; OVG SN, Beschl. v. 25.05.2010 - 2 B 78/10 -; offen gelassen: OVG SL, Beschl. v. 13.10.2010 – 3 B 216/10 -; alle: juris). Enthält die Studienordnung keine hinreichenden Regelungen über eine Bestehensgrenze bei Multiple-Choice-Klausuren, ist deren Einsatz hingegen unzulässig (OVG SN, Beschl. v. 25.05.2010 - 2 B 78/10 -, juris). Jedenfalls weil aufgrund der Exmatrikulation das weitere Studium der Humanmedizin auch an anderen Universitäten ausgeschlossen ist (vgl. exemplarisch § 29 Abs. 2 Hochschulgesetz LSA i. d. F. der Bekanntmachung vom 14.12.2010, zuletzt geändert durch ÄndG vom 23.01.201; § 44 Hamburgisches Hochschulgesetz vom 18.07.2001 i. d. F. vom 08.06.2010; § 4 Abs. 2 Ziffer 6 Hessische Immatrikulationsverordnung vom 24.02.2010; § 17 Abs. 5 Ziffer 2 Landeshochschulgesetz Mecklenburg-Vorpommern; § 18 Abs. 2 Ziffer 6 Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz vom 15.01.2013; § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Thüringer Hochschulgesetz; alle: juris), stellt das Nichtbestehen einer solchen Leistungskontrolle ebenfalls eine berufszugangsbeschränkende Regelung dar. Es ist daher kein Grund ersichtlich, aus dem für solche Leistungskontrollen andere Maßstäbe gelten sollten als für die Ärztliche Prüfung nach der ÄAppO.

28

Die durch Leistungsnachweis nachzuweisende erfolgreiche Teilnahme am Seminar Anatomie ist Voraussetzung für die Zulassung zu den Kursen der mikroskopischen und makroskopischen Anatomie, § 3 Satz 1 Ziffer 2 Studienordnung und der erfolgreiche Besuch aller drei Veranstaltungen wiederum Voraussetzung für die Meldung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, § 8 Abs. 2 Studienordnung. Es handelt sich bei der Leistungskontrolle damit um eine faktische Berufszugangsschranke. Mit dem Nichtbestehen verliert der Studierende seinen Prüfungsanspruch gegenüber der Beklagten, § 17 Abs. 2 Satz 1 Studienordnung, womit zugleich das weitere Studium der Humanmedizin an anderen Universitäten unmöglich ist. Die Leistungskontrolle ist Voraussetzung für die Fortsetzung der beruflichen Ausbildung, deren erfolgreicher Abschluss die Ausübung des Ausbildungsberufs erst ermöglicht. Die Beklagte hat daher eine relative Bestehensgrenze auch für Leistungskontrollen vorzusehen. § 15 Abs. 1 Studienordnung i. V. m. § 5 Abs. 2 LNO der Beklagten stellen eine hinreichende Regelung für die Durchführung und Bewertung von Multiple-Choice-Klausuren im Ersten Studienabschnitt dar.

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Der Wortlaut der Regelung, nach der die relative Bestehensgrenze anhand der durchschnittlichen Leistungen aller Erstteilnehmer der der betreffenden Leistungskontrolle zu ermitteln ist, ist auslegungsbedürftig, soweit keine nähere Festlegung dazu erfolgt, wer „Erstteilnehmer“ ist. Ziel der Auslegung von gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften ist die Ermittlung des in ihnen zum Ausdruck kommenden objektivierten Willens des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, ihrem Bedeutungszusammenhang und ihrem Regelungszweck ergibt. Ausgangspunkt und äußerste Grenze jeder Auslegung bleibt aber der Gesetzeswortlaut. Denn in ihm konkretisiert sich der Wille des Gesetzgebers. Ein eindeutiger Wortsinn ist daher grundsätzlich bindend (vgl. OVG LSA, Urt. v. 24.11.2004 - 3 L 150/03 -, juris m. w. N.).

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Der Wortlaut der Norm schließt offenkundig alle Wiederholer als in die Referenzgruppe einzubeziehende Klausurteilnehmer aus. Als Erstteilnehmer kommen danach alle Prüflinge in Betracht, die die Klausur zum ersten Mal schreiben. Dabei legen weder der Wortlaut der Norm noch ihr Sinn und Zweck es nahe, diejenigen Teilnehmer, die nicht Human-, sondern Zahnmedizin studieren, aus der Gruppe der Erstteilnehmer auszuschließen. Denn die Klausur dient für beide dem Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an der Vorlesung Anatomie, die beide Studierendengruppen auch gemeinsam besuchen. Sowohl nach der Studienordnung für den Studiengang Zahnmedizin bei der Beklagten als auch nach der Studienordnung für die Humanmedizin gehört die Vorlesung „Anatomie“ zum vorklinischen Studienabschnitt. Allein der unterschiedliche Studienaufbau oder die Tatsache, dass die Studienordnung für den Studiengang Humanmedizin auf der Grundlage der ÄAppO und nicht der ZÄApO erlassen wurde, rechtfertigen eine einschränkende Auslegung des Begriffs der „Erstteilnehmer“ auf solche des Studiengangs Humanmedizin nicht. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, Studierende der Zahnmedizin nähmen an den Leistungskontrollklausuren nur fakultativ teil, bedeutet dies nur, dass sie auch andere Möglichkeiten haben, die erfolgreiche Teilnahme an der Vorlesung nachzuweisen. Entscheiden sie sich aber für die Teilnahme an der Klausur, unterfallen sie denselben Prüfungsanforderungen wie die Studierenden der Humanmedizin, so dass die Leistungen unmittelbar vergleichbar sind. Entsprechend werden die Ergebnisse auch auf gemeinsamen Ergebnislisten bekanntgegeben, anhand derer sich nicht erkennen lässt, ob ein Prüfling Human- oder Zahnmedizin studiert. Der mit einer solchen Klausur verfolgte Zweck, ungeeignete Studierende vom weiteren Studium und der anschließenden Berufsausübung fernzuhalten, ist ebenfalls unabhängig davon, ob die Studierenden im Anschluss Zahn- oder Humanmedizin studieren.

31

Ob auch solche Teilnehmer ausgeschlossen sind, die die Klausur deshalb zum ersten Mal schreiben, weil sie zu einem früheren Klausurentermin unentschuldigt nicht angetreten sind, so dass diese Klausur als „nicht bestanden“ gewertet wurde, § 15 Abs. 5 Studienordnung, kann dahinstehen. Denn der Kommilitone, der die Klausur vom 14. März 2012 geschrieben hat, nachdem er dem vorherigen Prüfungstermin ferngeblieben ist, hat in dieser Klausur ein so schlechtes Ergebnis erzielt, dass seine Einbeziehung die relative Bestehensgrenze auf 17,97 Punkte senken würde. Der Kläger erreicht aber mit 20 Punkten bereits die relative Bestehensgrenze, die sich bei der Einbeziehung nur der beiden Erstteilnehmer, die bei dem ersten Klausurtermin entschuldigt gefehlt haben und der Zahnmedizinerin ergibt (19,24 Punkte).

32

Der Begriff „aller Erstteilnehmer“ ist auch keiner quantitativen Einschränkung darüber hinaus zugänglich, dass es mehr als ein Teilnehmer sein muss, der die Klausur zum ersten Mal geschrieben hat. Legt nur ein oder kein Erstteilnehmer die Prüfung ab, findet die relative Bestehensgrenze nach dem Wortlaut der Norm keine Anwendung. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nicht, denn es steht dem Studierenden, der die Klausur unter den Bedingungen einer relativen Bestehensgrenze schreiben möchte, frei, auf einen Klausurtermin zu warten, der im Hinblick auf den Teilnehmerkreis die Anwendung einer relativen Bestehensgrenze sichert. Das wird in der Regel spätestens die erste Klausur nach Abschluss des nächsten Seminars „Anatomie“ sein (vgl. etwa zur relativen Bestehensgrenze nur für „echte“ Erstklausuren, nicht für Wiederholungsprüfungen: VG München, Beschl. v. 09.10.2012 – M 3 K 11.1305 -, juris zu § 11 Abs. 6 Ziffer 1 der Prüfungs- und Studienordnung für den Studiengang Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München).

33

Nehmen hingegen zwei oder mehr Erstteilnehmer an der Klausur teil, so ist dem Begriff „aller Erstteilnehmer“ nicht zu entnehmen, dass dies für die Ermittlung einer relativen Bestehensgrenze nicht genügen soll, sondern eine in Abhängigkeit vom Ergebnis zu ermittelnde bestimmte Menge an Teilnehmern Voraussetzung für die Bildung einer hinreichenden Referenzgruppe ist.

34

Eine Auslegung in diesem Sinne wird insbesondere nicht dadurch ermöglicht, dass § 5 Abs. 2 Satz 3 LNO bestimmt, der Prüfling müsse, sofern „die Gleitklausel zur Anwendung [kommt, …], für das Bestehen der Prüfung mindestens 50 % der gestellten Fragen zutreffend beantwortet“ haben. Diese Regelung stellt lediglich eine zusätzliche Hürde für die Teilnehmer auf, die unter Berufung auf die relative Bestehensgrenze eine Klausur als bestanden gewertet wissen wollen. An ihre persönliche Leistung wird eine weitere Anforderung gestellt. Die grundsätzliche Möglichkeit, dass eine Multiple-Choice-Klausur durch verwaltungsseitige Festlegung gänzlich ohne relative Bestehensgrenze bewertet werden kann, soll damit nicht eröffnet werden. Eine solche wäre auch nach den Vorgaben des BVerfG bedenklich.

35

Auch Sinn und Zweck der Norm lassen es nicht unabdingbar erscheinen, dass diese nur Anwendung finden soll, wenn eine größere Gruppe Erstteilnehmer an einer Klausur teilgenommen hat. Zweck der relativen Bestehensgrenze ist es, durch den Vergleich mit einer zahlenmäßig relevanten Gruppe potentiell besonders motivierter und leistungsstarker Kommilitonen diejenigen Studierenden zu identifizieren, die für die Ausübung des Arztberufes nicht geeignet sind. Für die Bildung einer solchen Vergleichsgruppe eignen sich die Erstteilnehmer einer Klausur statistisch gesehen deshalb besonders gut, weil diese besonders motiviert und leistungsstark sind. Ihre Ergebnisse sind daher in der Regel im oberen Leistungsbereich anzusiedeln, wohingegen die Ergebnisse von Prüflingen, die eine Klausur wiederholen, statistisch betrachtet weniger gut ausfallen. Soll also stets nur eine hinreichend große Gruppe von Erstteilnehmern die Referenzgruppe bilden, ist dies aber ausdrücklich zu anzuordnen.

36

So regelt § 11 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 und 3 der Prüfungs- und Studienordnung für den Studiengang Medizin vom 24. November 2009, dass bei dem „jeweils ersten zu einer Lehrveranstaltung festgesetzten Prüfungstermin (Erstprüfung) […] die Prüfung auch als bestanden [gilt], wenn die oder der zu Prüfende insgesamt mindestens 50 Prozent der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat und die Zahl der von dem oder der zu Prüfenden zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 15 Prozent die durchschnittliche Leistung der zu Prüfenden unterschreitet, die erstmals an der entsprechenden Prüfung teilgenommen haben; diese Regelung findet keine Anwendung bei einem Nachprüfungstermin nach § 12 Abs. 2 Satz 1. Die oder der Studierende hat bei jedem ihr oder ihm nach § 12 Abs. 2 Satz 1 möglichen Nachprüfungstermin die Möglichkeit, statt der Teilnahme am Nachprüfungstermin jeweils an dem nächsten ersten zu einer Lehrveranstaltung festgesetzten Prüfungstermin (Erstprüfung) teilzunehmen; […]“. Damit ist ausgeschlossen, dass eine relative Bestehensgrenze aus einer zu geringen Zahl an Erstteilnehmern gebildet wird, denn die überwiegende Zahl der zu Prüfenden in einer Erstprüfung werden entsprechende „Erstteilnehmer“ sein.

37

Denkbar ist auch eine in Abhängigkeit vom Teilnehmerkreis abweichende Festlegung der Grenze, um die die zu bewertende Klausur das Ergebnis der Vergleichsgruppe unterschreiten darf. § 3 Abs. 4 der Studienordnung für das Medizinstudium an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg für das 1. und 2. Studienjahr vom 22. Juli 2010 etwa regelt, dass „schriftliche Prüfungen […] bestanden [sind], wenn mindestens 60 Prozent der erreichbaren Punktezahl erreicht werden. Unterschreitet das um 20% verminderte arithmetische Mittel der erreichten Punktwerte derjenigen Prüfungsteilnehmer, die unmittelbar im Anschluss an die Kursteilnahme erstmals an der Prüfung teilnehmen, die 60%- Grenze, so verringert sich die Bestehensgrenze auf diesen Wert. Sind bei Wiederholungsprüfungen weniger als 15% aller Teilnehmer und Teilnehmerinnen Prüfungsteilnehmer, die maximal 6 Monate nach Abschluss des Kurses erstmals an der Prüfung teilnehmen, oder sind es weniger als 20 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die maximal 6 Monate nach Abschluss des Kurses erstmals an dieser Prüfung teilnehmen, so gilt: Wiederholungsprüfungen sind bestanden, wenn mindestens 60% der maximal erreichbaren Punktzahl erreicht werden. Unterschreitet das um 10% verminderte arithmetische Mittel der erreichten Punktwerte aller Prüfungsteilnehmer die 60%-Grenze, verringert sich die Bestehensgrenze auf diesen Wert.“

38

Andere Universitäten verzichten im Hinblick auf die Schwierigkeit, in Wiederholungsklausuren eine ausreichend große Menge an Erstteilnehmern für die Bildung einer statistisch hinreichend genauen Referenzgruppe zu finden, grundsätzlich auf die Beschränkung auf Erstteilnehmer und bilden die relative Bestehensgrenze anhand der Ergebnisses aller Klausurteilnehmer (so beispielsweise § 7 Abs. 6 Satz 1 der Prüfungsordnung für den Studiengang Medizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg in der Fassung vom 2.7.2013; § 10 Abs. 4 Satz 3 der Studienordnung für das Studium der Humanmedizin an der Universität Rostock in der Fassung von Februar 2009; § 2 Abs. 6 Satz 3 der Studienordnung der Universität Ulm für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinischer und Klinischer Studienabschnitt) vom 28.08.2012; § 18 Abs. 5 Satz 6 der Studienordnung für den Studiengang Humanmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 18. Juli 2011).

39

Es liegt daher nicht nahe und ist im Hinblick auf die Notwendigkeit, dass die Klausurteilnehmer anhand des Normtextes erkennen können müssen, welche Prüfungsbedingungen für sie gelten, auch nicht – wie die Beklagte meint – „automatisch mitzudenken“, dass stets eine hinreichend große Gruppe an Erstteilnehmern an der Klausur teilgenommen haben muss, um überhaupt eine relative Bestehensgrenze zur Anwendung zu bringen.

40

Diese Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus der Bezugnahme auf § 14 Abs. 7 ÄAppO in § 5 Abs. 3 LNO, denn dieser bezieht sich ausdrücklich nur auf die Bewertung (im Sinne einer Benotung) der Erfolgskontrollen, nicht auf das Bestehen. Im Übrigen wäre eine Anlehnung an § 14 Abs. 6 ÄAppO auch deshalb unpraktikabel, weil die darin vorgesehene Bezugsgruppe derjenigen, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung an der Prüfung teilgenommen haben, bei den hier in Rede stehenden Erfolgskontrollen so nicht besteht.

41

Im Übrigen wäre es der Universitätsverwaltung wie dem Gericht verwehrt, eine zusätzliche Hürde in die berufszulassungsbeschränkende Regelung des § 5 Abs. 2 LNO „hineinzulesen“. Eine solche Regelung unterfiele dem Gesetzesvorbehalt. Es obliegt hier dem Normgeber, sofern er es für notwendig erachtet, die erforderlichen Klarstellungen in die Leistungsnachweisordnung aufzunehmen (VG Meiningen, Urt. v. 03.05.2010 – 1 K 611/07 -, juris unter Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 – 1 BvR 1033/82 -; BVerfG, Entscheidung vom 18. Juli 1972 – 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 –, BVerfGE 33, 303 – 358 zum Numerus Clausus).

42

Ist danach die relative Bestehensgrenze des § 5 Abs. 2 Satz 1 LNO anwendbar, hat der Kläger die Klausur bestanden. Denn der Durchschnittswert der dann zu berücksichtigenden drei Erstteilnehmer (29, 24 und 21 Punkte) liegt bei 24,666 Punkten. Dieser Wert darf um 22 % unterschritten werden, so dass ab 19,24 Punkten die Klausur als bestanden zu werten ist. Die vom Kläger erreichten 20 Punkte übersteigen diesen Wert und entsprechen auch der Mindestvorgabe des § 5 Abs. 2 Satz 3 LNO. Die Beklagte ist unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 04. April 2012 verpflichtet, die vom Kläger am 14. März 2012 gefertigte Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu werten.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

44

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

45

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


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Gründe 1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. 2 Die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, greifen nicht durch. 3 Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abg

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(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.



Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 13. November 2008 der Antragsgegnerin aufgegeben, den Antragsteller zu einer weiteren Erfolgskontrolle zum Erwerb des Leistungsnachweises im Kursus der mikroskopischen Anatomie vorläufig zuzulassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

2

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die von ihm im Sommersemester 2008 abgelegten „schriftlichen Prüfungen“ zur Erlangung des Leistungsnachweises im Kursus der mikroskopischen Anatomie an einem wesentlichen Verfahrensmangel litten, weil bei ihnen die für Leistungskontrollen im Antwort-Wahl-Verfahren - auch Multiple-Choice-Verfahren genannt - geltenden Grundsätze keine Berücksichtigung fanden. Ihm muss daher erneut die Möglichkeit eingeräumt werden, doch noch die erfolgreiche Teilnahme an dem besagten Kursus bestätigt zu bekommen, um so sein Medizinstudium bei der Antragsgegnerin fortsetzen zu können.

3

Die Erfolgskontrolle, der der Antragsteller am 16. Mai sowie 4. Juli 2008 unterzogen wurde, erfolgte im Antwort-Wahl-Verfahren, d.h. der Antragsteller musste angeben, welche der zu jeder der insgesamt 60 schriftlich gestellten Fragen - schriftlich - vorgegebenen Antwortalternativen er für zutreffend hält.

4

Wie das Bundesverfassungsgericht für das Recht der Ärztlichen Prüfung - als Voraussetzung für die Approbation als Arzt und damit als in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) eingreifende subjektive Zulassungsvoraussetzung - klargestellt hat (vgl. die grundlegenden Beschlüsse vom 14. März 1989, BVerfGE 80, 1, und 17. April 1991, BVerfGE 84, 59), bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, für die schriftlichen Prüfungsteile das Antwort-Wahl-Verfahren vorzusehen - wie es denn auch in § 14 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (ÄApprO) geschehen ist. § 4 Abs. 1 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BÄO) bildet eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Prüfungsordnung für Ärzte. Das Antwort-Wahl-Verfahren mit seinen Besonderheiten gegenüber sonstigen schriftlichen Prüfungen, der Eingrenzung des Prüfungsstoffes auf einer solchen „Abfragung“ zugängliches medizinisches Wissen sowie das Fehlen einer wertenden Beurteilung nach Abschluss der Prüfung und Vorverlagerung der eigentlichen Prüfertätigkeit auf die Stoffauswahl, Ausarbeitung der Fragen und Festlegung von Antwortmöglichkeiten, entspricht dabei durchaus den Vorstellungen des Gesetzgebers. Die dieser - nur einen Teilbereich der daneben auch eine mündlich-praktische Prüfung umfassenden (vgl. §§ 13, 15 ÄApprO) Ärztlichen Prüfung betreffenden - Prüfungsform eigene bloße Wissensprüfung begegnet schließlich auch inhaltlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; sie ist namentlich dazu geeignet, die fachliche Qualifikation nachzuweisen.

5

Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings die Festlegung einer absoluten Bestehensgrenze - wie in der Ärzte-Approbationsordnung von 1978, in der für das Bestehen der schriftlichen Prüfung die zutreffende Beantwortung von mindestens 60 % der gestellten Prüfungsfragen vorausgesetzt war - für verfassungswidrig erachtet, da sie unverhältnismäßig sei. Damit werde unterstellt, dass die zutreffende Beantwortung aller Fragen im Allgemeinen möglich sei und dass die absolute Zahl unrichtig, unvollständig oder gar nicht beantworteter Fragen ein maßstabsgetreues Abbild des Wissensstandes eines Kandidaten sei. Dem könne nicht gefolgt werden. Welcher Anteil der Fragen richtig beantwortet werden könne, hänge nicht nur von den Kenntnissen eines Kandidaten, sondern auch von weiteren Faktoren ab, wie der Zahl der Aufgaben, der dafür zugestandenen Zeit, der Art der Fragestellung, der Verwendung von Bildmaterial und anderem mehr. Diese Eigenheiten des Antwort-Wahl-Verfahrens zeigten, dass die Bestimmung einer absoluten Bestehensgrenze nicht genüge. Es bedürfe vielmehr auch der Festlegung einer Bestehensgrenze im Verhältnis zu einer für möglich erachteten Höchstleistung oder einer Normalleistung. Erfahrungsgemäß sei es nämlich nicht möglich, den Schwierigkeitsgrad von Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren zuverlässig vorauszusagen oder gar zu steuern. Da es keine nachträgliche Bewertung der Prüfungsleistungen gebe, mit der sich zeigende unbeabsichtigte Schwankungen des Schwierigkeitsgrades der Prüfungen verschiedener Termine ausgeglichen werden könnten, müssten im Vorhinein Regelungen getroffen werden, mit denen das Fehlen dieser Möglichkeit ausgeglichen werde.

6

Dementsprechend ist nunmehr in § 14 Abs. 6 ÄApprO bestimmt, dass die schriftlichen Teile der Ärztlichen Prüfung bestanden sind, wenn der Prüfling mindestens 60 % der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 % die durchschnittlichen Prüfungsleistungen der Prüflinge unterschreitet, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und sechs Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen haben. Was die gewählte Referenzgruppe angeht, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die betreffenden Studenten nach statistischen Erhebungen des Instituts für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) konstant gute Prüfungsleistungen erbringen (vgl. Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 1052).

7

Die Erfolgskontrollen in den Unterrichtsveranstaltungen mit Leistungsnachweis im Ersten Abschnitt des Medizinstudiums, deren regelmäßiger und erfolgreicher Besuch bei der Meldung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nachzuweisen ist (vgl. hierzu §§ 2 Abs. 1 Satz 2 - i.V.m. Anlage 1 -, Abs. 7 Satz 1 - i.V.m. Anlage 2 -, Satz 2, 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) ÄApprO, §§ 4 Abs. 2, Abs. 3 - i.V.m. Anlage 1 a -, 8 der Ordnung des Fachbereichs Medizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für das Studium der Medizin im Rahmen der ärztlichen Ausbildung vom 28. Januar 2004 - im Folgenden nur: Studienordnung -), sind nun allerdings kein Teil der - staatlichen - Ärztlichen Prüfung - auf die sich die oben angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Multiple-Choice-Verfahren bezieht. Sie dienen lediglich der Feststellung, ob an den betreffenden Unterrichtsveranstaltungen nicht nur regelmäßig, sondern auch „erfolgreich“ teilgenommen wurde, was für die Zulassung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nachgewiesen sein muss. Die betreffenden - im Übrigen unbenoteten - Leistungsnachweise haben keinerlei Einfluss auf das Ergebnis des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung; eine irgendwie geartete „Anrechnung“ findet nicht statt. Von daher sind die in Rede stehenden Erfolgskontrollen auch keine zur Entlastung dieser Prüfung studienbegleitend abgenommenen Prüfungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 3 des Hochschulrahmengesetzes - HRG -. Sie wären von daher, wenn man die allerdings nur für Hochschulprüfungen geltenden Regelungen in § 25 des rheinland-pfälzischen Hochschulgesetzes - HochschulG - heranziehen wollte, aber auch keine zur Entlastung der Prüfung angerechneten studienbegleitenden Leistungsnachweise im Sinne des § 25 Abs. 2 HochschulG. Eine das Studium der Medizin im Rahmen der ärztlichen Ausbildung bzw. einen Abschnitt desselben abschließende Hochschulprüfung - neben der staatlichen Ärztlichen Prüfung - gibt es nicht - ungeachtet der Regelung in § 2 Abs. 2 der Studienordnung, nach der die Ärztlichen „Prüfungen entsprechend der Approbationsordnung geregelt“ sind. Im Übrigen wären sie dann eben entsprechend der Approbationsordnung - für die die obigen Ausführungen gelten - geregelt.

8

Bei den Erfolgskontrollen handelt es sich vielmehr um Studienleistungen (vgl. § 8 Abs. 6 Satz 2 der Studienordnung), mit denen der Lernerfolg in Bezug auf den in den Unterrichtsveranstaltungen dargebotenen Wissensstoff überprüft werden soll. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es deshalb nicht zu beanstanden, dass gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 ÄApprO in Verbindung mit § 8 Abs. 3 der Studienordnung der jeweilige Verantwortliche für die Unterrichtsveranstaltung - im Rahmen der hierzu in § 8, insbesondere Abs. 4 Sätze 3 und 4 und Abs. 6, der Studienordnung bestimmten Vorgaben - die Art und Weise regelt, wie eine erfolgreiche Teilnahme an der Veranstaltung festgestellt wird.

9

Dass für die Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie im Sommersemester 2008 eine Überprüfung des Lernerfolgs in zwei Abschnitten im Antwort-Wahl-Verfahren in elektronischer Form gewählt wurde, ist von § 8 Abs. 6 der Studienordnung gedeckt. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es der Schriftlichkeit einer „Prüfung“ nicht entgegensteht, dass lediglich angekreuzt werden muss, welche der zu einer schriftlich gestellten Aufgabe - schriftlich - vorgelegten Antworten für zutreffend gehalten wird (vgl. etwa § 14 ÄApprO). Die Schriftlichkeit ist dann aber auch noch gewahrt, wenn zu im PC schriftlich gestellten Aufgaben per Maus-Klick angekreuzt werden muss, welche der ebenso vorgelegten Antworten richtig ist. Schließlich sieht § 8 Abs. 6 der Studienordnung als Erfolgskontrolle unter anderem veranstaltungsbegleitende - und damit auch mehrere - schriftliche Arbeiten - „Klausuren“ - vor.

10

Wenn danach auch die Erfolgskontrolle im Antwort-Wahl-Verfahren zulässig gewesen ist, so bleibt allerdings zu sehen, dass gemäß § 8 Abs. 10 der Studienordnung Erfolgskontrollen, die für die - zur Zulassung zum Ersten bzw. Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung benötigte - Bestätigung der erfolgreichen Teilnahme an einer Unterrichtsveranstaltung mit Leistungsnachweis Voraussetzung sind, nur zweimal wiederholt werden können, was zur Folge hat, dass nach dem dritten erfolglosen Versuch einer positiven Erfolgskontrolle - so wie es auch in den Bescheiden der Antragsgegnerin vom 20. und 29. August 2008 gegenüber dem Antragsteller festgestellt wurde - der Studien- und Prüfungsanspruch im Studiengang Humanmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verloren wird. Darf deswegen auch an den übrigen deutschen Hochschulen nicht mehr Humanmedizin studiert werden, wirkt sich dieser Verlust sogar als Berufszugangssperre aus (vgl. hierzu z.B. BVerwG, Beschluss vom 3. November 1986, NVwZ 1987, 978). Gerade dies macht der Antragsteller nun aber in seiner Beschwerde geltend, ohne dass die Antragsgegnerin dem entgegengetreten wäre. Das ist auch glaubhaft. So enthalten denn sowohl das Hochschulgesetz des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 3) als auch die weiteren stichprobenartig herangezogenen Hochschulgesetze (vgl. z.B. § 14 des Berliner Hochschulgesetzes, Art. 46 des Bayerischen Hochschulgesetzes, § 66 des Hessischen Hochschulgesetzes, § 66 des Thüringischen Hochschulgesetzes) eine entsprechende Regelung. Unter diesen Umständen müssen aber auch die Leistungskontrollen im Rahmen von Lehrveranstaltungen, die nicht Teil der studienabschließenden Prüfung sind - und damit die hier in Rede stehende Erfolgskontrolle - in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG fallen. Dementsprechend darf denn aber auch einer solchen Leistungskontrolle, wenn sie im Multiple-Choice-Verfahren erfolgt, keine absolute Bestehensgrenze zugrunde gelegt werden (so auch z.B. Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rdnrn. 82 und 1164; Sächsisches OVG, Beschluss vom 27. April 2007 - 4 Bs 29/07 -).

11

Dies ist hier indes geschehen. Daran ändert nichts der Umstand, dass die Erfolgskontrolle in zwei Abschnitten erfolgte und Minderleistungen im ersten Abschnitt durch höhere Leistungen im zweiten Abschnitt ausgeglichen werden konnten. Die beiden Abschnitte bildeten nämlich eine Einheit, und die in den beiden Abschnitten erreichten Punktzahlen waren zu addieren; bestanden hatte dann der Prüfling, der mindestens 60 % der Fragen - insgesamt - richtig beantwortet hatte. Eine Überprüfung der vom Antragsteller im dritten Versuch erbrachten schriftlichen Studienleistung im Kursus der mikroskopischen Anatomie anhand hypothetischer Bestehensregelungen, wie sie das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, ist dem Gericht verwehrt.

12

Abschließend sei zum Anordnungsanspruch noch hervorgehoben, dass hier nicht zu entscheiden war, wie es zu bewerten wäre, wenn für jede einzelne Erfolgskontrolle zur Erlangung eines „Scheins“ in einer Unterrichtsveranstaltung mit Leistungsnachweis im Studiengang Humanmedizin an der Universität Mainz, die im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt wird, unter gesonderter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen - der Anzahl der Fragen und der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten, der eingeräumten Zeit, des Schwierigkeitsgrades der Fragen, des Umfangs des zur Beurteilung vorgelegten Bildmaterials und anderes mehr -, des Leistungsstandes der Veranstaltungsteilnehmer, des Leistungsstandes in entsprechenden „Prüfungen“ im Allgemeinen und dergleichen „Relativierungsmerkmalen“ eine absolute Bestehensgrenze festgelegt würde. Das ist nämlich ersichtlich nicht der Fall. Die dem Senat verfügbaren Unterlagen - die vom Antragsteller erfolglos absolvierten Leistungskontrollen betreffend - sprechen vielmehr dafür, dass es allgemeine Praxis an der Universität Mainz ist, für die genannten Erfolgskontrollen generell eine absolute Bestehensgrenze von 60 % festzusetzen - so wie sie vormals in der Ärzte-Approbationsordnung für die schriftlichen Teile der Ärztlichen Prüfung vorgesehen war.

13

Klargestellt sei des Weiteren noch, dass nur eine einmalige - die letztmalige - Wiedereinräumung der Möglichkeit, doch noch die Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie bestehen zu können, in Rede steht. Die für den Antragsteller erfolglosen Erfolgskontrollen der Sommersemester 2006 und 2007 litten zwar an demselben Mangel wie die des Sommersemesters 2008. Der Antragsteller hat jedoch das Recht, auch diese Erfolgskontrollen anfechten zu können, durch seine rügelose Einlassung auf eine nachfolgende gleichartige Kontrolle verwirkt.

14

Schließlich besteht auch ungeachtet der Tatsache, dass die nächste Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie erst im Sommersemester 2009 durchgeführt wird, ein Anordnungsgrund. Der Kläger bedarf nämlich alsbaldiger Klarheit, ob er noch einmal - wenn auch zunächst nur vorläufig - eine Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie ableisten kann, ist ihm doch zuzubilligen, sich auf diese Kontrolle auch hinreichend vorbereiten zu können. Zudem ist dabei gegenwärtig nicht abzusehen, wann in seiner Prüfungssache eine rechtskräftige Hauptsacheentscheidung vorliegen dürfte.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

16

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i.V.m. Nrn. 36.4 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

17

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfling unter Aufsicht schriftlich gestellte Aufgaben zu lösen. Er hat dabei anzugeben, welche der mit den Aufgaben vorgelegten Antworten er für zutreffend hält. Die schriftliche Prüfung kann auch rechnergestützt durchgeführt werden.

(2) Die Prüfungsaufgaben müssen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sein und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen.

(3) Für die schriftlichen Prüfungen sind bundeseinheitliche Termine abzuhalten. Bei der Festlegung der Prüfungsaufgaben sollen sich die nach Landesrecht zuständigen Stellen nach Maßgabe einer Vereinbarung der Länder einer Einrichtung bedienen, die die Aufgabe hat, Prüfungsaufgaben für Prüfungen im Rahmen der ärztlichen Ausbildung sowie eine Übersicht von Gegenständen, auf die sich die schriftlichen Prüfungen beziehen können, herzustellen. Dabei sind jeweils allen Prüflingen dieselben Prüfungsaufgaben zu stellen. Bei der Aufstellung der Prüfungsaufgaben ist festzulegen, welche Antworten als zutreffend anerkannt werden.

(4) Die Prüfungsaufgaben sind durch die nach Absatz 3 Satz 2 zuständigen Stellen vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses darauf zu überprüfen, ob sie, gemessen an den Anforderungen des Absatzes 2 Satz 1, fehlerhaft sind. Ergibt diese Überprüfung, dass einzelne Prüfungsaufgaben fehlerhaft sind, sind diese bei der Feststellung des Prüfungsergebnisses nicht zu berücksichtigen. Die vorgeschriebene Zahl der Aufgaben für die einzelnen Prüfungen (§ 23 Absatz 2 Satz 1, § 28 Absatz 3 Satz 1) mindert sich entsprechend. Bei der Bewertung der schriftlichen Prüfung nach den Absätzen 6 und 7 ist von der verminderten Zahl der Prüfungsaufgaben auszugehen. Die Verminderung der Zahl der Prüfungsaufgaben darf sich nicht zum Nachteil eines Prüflings auswirken.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann bei Prüflingen, die die ordnungsgemäße Durchführung der Aufsichtsarbeit in erheblichem Maße gestört oder sich eines Täuschungsversuches schuldig gemacht haben, die schriftliche Prüfung mit der Note "nicht ausreichend" bewerten. Ist eine schriftliche Prüfung in einem Prüfungsraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so gilt dieser Prüfungsteil für diese Teilnehmer als nicht unternommen. Die Entscheidung darüber, ob eine schriftliche Prüfung in einem Prüfungsraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde, trifft die nach Landesrecht zuständige Stelle. § 18 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Die schriftliche Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling mindestens 60 Prozent der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 Prozent die durchschnittlichen Prüfungsleistungen der Prüflinge unterschreitet, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und fünf Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen haben.

(7) Die Leistungen in der schriftlichen Prüfung sind wie folgt zu bewerten:
Hat der Prüfling die für das Bestehen der Prüfung nach Absatz 6 erforderliche Mindestzahl zutreffend beantworteter Prüfungsfragen erreicht, so lautet die Note

"sehr gut",wenn er mindestens 75 Prozent,
"gut",wenn er mindestens 50, aber weniger als 75 Prozent,
"befriedigend",wenn er mindestens 25, aber weniger als 50 Prozent,
"ausreichend",wenn er keine oder weniger als 25 Prozent


der darüber hinaus gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat.

(8) Stehen Aufsichtsarbeiten am 14. Werktag nach dem letzten Tag der Prüfung für die Auswertung nicht zur Verfügung, so ist die durchschnittliche Prüfungsleistung im Sinne des Absatzes 6 aus den zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Aufsichtsarbeiten zu errechnen. Die so ermittelte durchschnittliche Prüfungsleistung gilt auch für später auszuwertende Aufsichtsarbeiten.

(9) Das Ergebnis der Prüfung wird durch die nach Landesrecht zuständige Stelle festgestellt und dem Prüfling mitgeteilt. Dabei sind anzugeben

1.
die Prüfungsnoten,
2.
die Bestehensgrenze,
3.
die Zahl der gestellten und die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Aufgaben insgesamt,
4.
die durchschnittliche Prüfungsleistung aller Prüflinge im gesamten Bundesgebiet und
5.
die durchschnittliche Prüfungsleistung der in Absatz 6 als Bezugsgruppe genannten Prüflinge.

(10) Die nach Landesrecht zuständige Stelle teilt den Universitäten mit, welche Prüflinge den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bestanden haben.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.



Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 13. November 2008 der Antragsgegnerin aufgegeben, den Antragsteller zu einer weiteren Erfolgskontrolle zum Erwerb des Leistungsnachweises im Kursus der mikroskopischen Anatomie vorläufig zuzulassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

2

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die von ihm im Sommersemester 2008 abgelegten „schriftlichen Prüfungen“ zur Erlangung des Leistungsnachweises im Kursus der mikroskopischen Anatomie an einem wesentlichen Verfahrensmangel litten, weil bei ihnen die für Leistungskontrollen im Antwort-Wahl-Verfahren - auch Multiple-Choice-Verfahren genannt - geltenden Grundsätze keine Berücksichtigung fanden. Ihm muss daher erneut die Möglichkeit eingeräumt werden, doch noch die erfolgreiche Teilnahme an dem besagten Kursus bestätigt zu bekommen, um so sein Medizinstudium bei der Antragsgegnerin fortsetzen zu können.

3

Die Erfolgskontrolle, der der Antragsteller am 16. Mai sowie 4. Juli 2008 unterzogen wurde, erfolgte im Antwort-Wahl-Verfahren, d.h. der Antragsteller musste angeben, welche der zu jeder der insgesamt 60 schriftlich gestellten Fragen - schriftlich - vorgegebenen Antwortalternativen er für zutreffend hält.

4

Wie das Bundesverfassungsgericht für das Recht der Ärztlichen Prüfung - als Voraussetzung für die Approbation als Arzt und damit als in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) eingreifende subjektive Zulassungsvoraussetzung - klargestellt hat (vgl. die grundlegenden Beschlüsse vom 14. März 1989, BVerfGE 80, 1, und 17. April 1991, BVerfGE 84, 59), bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, für die schriftlichen Prüfungsteile das Antwort-Wahl-Verfahren vorzusehen - wie es denn auch in § 14 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (ÄApprO) geschehen ist. § 4 Abs. 1 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BÄO) bildet eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Prüfungsordnung für Ärzte. Das Antwort-Wahl-Verfahren mit seinen Besonderheiten gegenüber sonstigen schriftlichen Prüfungen, der Eingrenzung des Prüfungsstoffes auf einer solchen „Abfragung“ zugängliches medizinisches Wissen sowie das Fehlen einer wertenden Beurteilung nach Abschluss der Prüfung und Vorverlagerung der eigentlichen Prüfertätigkeit auf die Stoffauswahl, Ausarbeitung der Fragen und Festlegung von Antwortmöglichkeiten, entspricht dabei durchaus den Vorstellungen des Gesetzgebers. Die dieser - nur einen Teilbereich der daneben auch eine mündlich-praktische Prüfung umfassenden (vgl. §§ 13, 15 ÄApprO) Ärztlichen Prüfung betreffenden - Prüfungsform eigene bloße Wissensprüfung begegnet schließlich auch inhaltlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; sie ist namentlich dazu geeignet, die fachliche Qualifikation nachzuweisen.

5

Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings die Festlegung einer absoluten Bestehensgrenze - wie in der Ärzte-Approbationsordnung von 1978, in der für das Bestehen der schriftlichen Prüfung die zutreffende Beantwortung von mindestens 60 % der gestellten Prüfungsfragen vorausgesetzt war - für verfassungswidrig erachtet, da sie unverhältnismäßig sei. Damit werde unterstellt, dass die zutreffende Beantwortung aller Fragen im Allgemeinen möglich sei und dass die absolute Zahl unrichtig, unvollständig oder gar nicht beantworteter Fragen ein maßstabsgetreues Abbild des Wissensstandes eines Kandidaten sei. Dem könne nicht gefolgt werden. Welcher Anteil der Fragen richtig beantwortet werden könne, hänge nicht nur von den Kenntnissen eines Kandidaten, sondern auch von weiteren Faktoren ab, wie der Zahl der Aufgaben, der dafür zugestandenen Zeit, der Art der Fragestellung, der Verwendung von Bildmaterial und anderem mehr. Diese Eigenheiten des Antwort-Wahl-Verfahrens zeigten, dass die Bestimmung einer absoluten Bestehensgrenze nicht genüge. Es bedürfe vielmehr auch der Festlegung einer Bestehensgrenze im Verhältnis zu einer für möglich erachteten Höchstleistung oder einer Normalleistung. Erfahrungsgemäß sei es nämlich nicht möglich, den Schwierigkeitsgrad von Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren zuverlässig vorauszusagen oder gar zu steuern. Da es keine nachträgliche Bewertung der Prüfungsleistungen gebe, mit der sich zeigende unbeabsichtigte Schwankungen des Schwierigkeitsgrades der Prüfungen verschiedener Termine ausgeglichen werden könnten, müssten im Vorhinein Regelungen getroffen werden, mit denen das Fehlen dieser Möglichkeit ausgeglichen werde.

6

Dementsprechend ist nunmehr in § 14 Abs. 6 ÄApprO bestimmt, dass die schriftlichen Teile der Ärztlichen Prüfung bestanden sind, wenn der Prüfling mindestens 60 % der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 % die durchschnittlichen Prüfungsleistungen der Prüflinge unterschreitet, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und sechs Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen haben. Was die gewählte Referenzgruppe angeht, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die betreffenden Studenten nach statistischen Erhebungen des Instituts für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) konstant gute Prüfungsleistungen erbringen (vgl. Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 1052).

7

Die Erfolgskontrollen in den Unterrichtsveranstaltungen mit Leistungsnachweis im Ersten Abschnitt des Medizinstudiums, deren regelmäßiger und erfolgreicher Besuch bei der Meldung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nachzuweisen ist (vgl. hierzu §§ 2 Abs. 1 Satz 2 - i.V.m. Anlage 1 -, Abs. 7 Satz 1 - i.V.m. Anlage 2 -, Satz 2, 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) ÄApprO, §§ 4 Abs. 2, Abs. 3 - i.V.m. Anlage 1 a -, 8 der Ordnung des Fachbereichs Medizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für das Studium der Medizin im Rahmen der ärztlichen Ausbildung vom 28. Januar 2004 - im Folgenden nur: Studienordnung -), sind nun allerdings kein Teil der - staatlichen - Ärztlichen Prüfung - auf die sich die oben angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Multiple-Choice-Verfahren bezieht. Sie dienen lediglich der Feststellung, ob an den betreffenden Unterrichtsveranstaltungen nicht nur regelmäßig, sondern auch „erfolgreich“ teilgenommen wurde, was für die Zulassung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nachgewiesen sein muss. Die betreffenden - im Übrigen unbenoteten - Leistungsnachweise haben keinerlei Einfluss auf das Ergebnis des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung; eine irgendwie geartete „Anrechnung“ findet nicht statt. Von daher sind die in Rede stehenden Erfolgskontrollen auch keine zur Entlastung dieser Prüfung studienbegleitend abgenommenen Prüfungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 3 des Hochschulrahmengesetzes - HRG -. Sie wären von daher, wenn man die allerdings nur für Hochschulprüfungen geltenden Regelungen in § 25 des rheinland-pfälzischen Hochschulgesetzes - HochschulG - heranziehen wollte, aber auch keine zur Entlastung der Prüfung angerechneten studienbegleitenden Leistungsnachweise im Sinne des § 25 Abs. 2 HochschulG. Eine das Studium der Medizin im Rahmen der ärztlichen Ausbildung bzw. einen Abschnitt desselben abschließende Hochschulprüfung - neben der staatlichen Ärztlichen Prüfung - gibt es nicht - ungeachtet der Regelung in § 2 Abs. 2 der Studienordnung, nach der die Ärztlichen „Prüfungen entsprechend der Approbationsordnung geregelt“ sind. Im Übrigen wären sie dann eben entsprechend der Approbationsordnung - für die die obigen Ausführungen gelten - geregelt.

8

Bei den Erfolgskontrollen handelt es sich vielmehr um Studienleistungen (vgl. § 8 Abs. 6 Satz 2 der Studienordnung), mit denen der Lernerfolg in Bezug auf den in den Unterrichtsveranstaltungen dargebotenen Wissensstoff überprüft werden soll. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es deshalb nicht zu beanstanden, dass gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 ÄApprO in Verbindung mit § 8 Abs. 3 der Studienordnung der jeweilige Verantwortliche für die Unterrichtsveranstaltung - im Rahmen der hierzu in § 8, insbesondere Abs. 4 Sätze 3 und 4 und Abs. 6, der Studienordnung bestimmten Vorgaben - die Art und Weise regelt, wie eine erfolgreiche Teilnahme an der Veranstaltung festgestellt wird.

9

Dass für die Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie im Sommersemester 2008 eine Überprüfung des Lernerfolgs in zwei Abschnitten im Antwort-Wahl-Verfahren in elektronischer Form gewählt wurde, ist von § 8 Abs. 6 der Studienordnung gedeckt. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es der Schriftlichkeit einer „Prüfung“ nicht entgegensteht, dass lediglich angekreuzt werden muss, welche der zu einer schriftlich gestellten Aufgabe - schriftlich - vorgelegten Antworten für zutreffend gehalten wird (vgl. etwa § 14 ÄApprO). Die Schriftlichkeit ist dann aber auch noch gewahrt, wenn zu im PC schriftlich gestellten Aufgaben per Maus-Klick angekreuzt werden muss, welche der ebenso vorgelegten Antworten richtig ist. Schließlich sieht § 8 Abs. 6 der Studienordnung als Erfolgskontrolle unter anderem veranstaltungsbegleitende - und damit auch mehrere - schriftliche Arbeiten - „Klausuren“ - vor.

10

Wenn danach auch die Erfolgskontrolle im Antwort-Wahl-Verfahren zulässig gewesen ist, so bleibt allerdings zu sehen, dass gemäß § 8 Abs. 10 der Studienordnung Erfolgskontrollen, die für die - zur Zulassung zum Ersten bzw. Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung benötigte - Bestätigung der erfolgreichen Teilnahme an einer Unterrichtsveranstaltung mit Leistungsnachweis Voraussetzung sind, nur zweimal wiederholt werden können, was zur Folge hat, dass nach dem dritten erfolglosen Versuch einer positiven Erfolgskontrolle - so wie es auch in den Bescheiden der Antragsgegnerin vom 20. und 29. August 2008 gegenüber dem Antragsteller festgestellt wurde - der Studien- und Prüfungsanspruch im Studiengang Humanmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verloren wird. Darf deswegen auch an den übrigen deutschen Hochschulen nicht mehr Humanmedizin studiert werden, wirkt sich dieser Verlust sogar als Berufszugangssperre aus (vgl. hierzu z.B. BVerwG, Beschluss vom 3. November 1986, NVwZ 1987, 978). Gerade dies macht der Antragsteller nun aber in seiner Beschwerde geltend, ohne dass die Antragsgegnerin dem entgegengetreten wäre. Das ist auch glaubhaft. So enthalten denn sowohl das Hochschulgesetz des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 3) als auch die weiteren stichprobenartig herangezogenen Hochschulgesetze (vgl. z.B. § 14 des Berliner Hochschulgesetzes, Art. 46 des Bayerischen Hochschulgesetzes, § 66 des Hessischen Hochschulgesetzes, § 66 des Thüringischen Hochschulgesetzes) eine entsprechende Regelung. Unter diesen Umständen müssen aber auch die Leistungskontrollen im Rahmen von Lehrveranstaltungen, die nicht Teil der studienabschließenden Prüfung sind - und damit die hier in Rede stehende Erfolgskontrolle - in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG fallen. Dementsprechend darf denn aber auch einer solchen Leistungskontrolle, wenn sie im Multiple-Choice-Verfahren erfolgt, keine absolute Bestehensgrenze zugrunde gelegt werden (so auch z.B. Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rdnrn. 82 und 1164; Sächsisches OVG, Beschluss vom 27. April 2007 - 4 Bs 29/07 -).

11

Dies ist hier indes geschehen. Daran ändert nichts der Umstand, dass die Erfolgskontrolle in zwei Abschnitten erfolgte und Minderleistungen im ersten Abschnitt durch höhere Leistungen im zweiten Abschnitt ausgeglichen werden konnten. Die beiden Abschnitte bildeten nämlich eine Einheit, und die in den beiden Abschnitten erreichten Punktzahlen waren zu addieren; bestanden hatte dann der Prüfling, der mindestens 60 % der Fragen - insgesamt - richtig beantwortet hatte. Eine Überprüfung der vom Antragsteller im dritten Versuch erbrachten schriftlichen Studienleistung im Kursus der mikroskopischen Anatomie anhand hypothetischer Bestehensregelungen, wie sie das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, ist dem Gericht verwehrt.

12

Abschließend sei zum Anordnungsanspruch noch hervorgehoben, dass hier nicht zu entscheiden war, wie es zu bewerten wäre, wenn für jede einzelne Erfolgskontrolle zur Erlangung eines „Scheins“ in einer Unterrichtsveranstaltung mit Leistungsnachweis im Studiengang Humanmedizin an der Universität Mainz, die im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt wird, unter gesonderter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen - der Anzahl der Fragen und der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten, der eingeräumten Zeit, des Schwierigkeitsgrades der Fragen, des Umfangs des zur Beurteilung vorgelegten Bildmaterials und anderes mehr -, des Leistungsstandes der Veranstaltungsteilnehmer, des Leistungsstandes in entsprechenden „Prüfungen“ im Allgemeinen und dergleichen „Relativierungsmerkmalen“ eine absolute Bestehensgrenze festgelegt würde. Das ist nämlich ersichtlich nicht der Fall. Die dem Senat verfügbaren Unterlagen - die vom Antragsteller erfolglos absolvierten Leistungskontrollen betreffend - sprechen vielmehr dafür, dass es allgemeine Praxis an der Universität Mainz ist, für die genannten Erfolgskontrollen generell eine absolute Bestehensgrenze von 60 % festzusetzen - so wie sie vormals in der Ärzte-Approbationsordnung für die schriftlichen Teile der Ärztlichen Prüfung vorgesehen war.

13

Klargestellt sei des Weiteren noch, dass nur eine einmalige - die letztmalige - Wiedereinräumung der Möglichkeit, doch noch die Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie bestehen zu können, in Rede steht. Die für den Antragsteller erfolglosen Erfolgskontrollen der Sommersemester 2006 und 2007 litten zwar an demselben Mangel wie die des Sommersemesters 2008. Der Antragsteller hat jedoch das Recht, auch diese Erfolgskontrollen anfechten zu können, durch seine rügelose Einlassung auf eine nachfolgende gleichartige Kontrolle verwirkt.

14

Schließlich besteht auch ungeachtet der Tatsache, dass die nächste Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie erst im Sommersemester 2009 durchgeführt wird, ein Anordnungsgrund. Der Kläger bedarf nämlich alsbaldiger Klarheit, ob er noch einmal - wenn auch zunächst nur vorläufig - eine Erfolgskontrolle im Kursus der mikroskopischen Anatomie ableisten kann, ist ihm doch zuzubilligen, sich auf diese Kontrolle auch hinreichend vorbereiten zu können. Zudem ist dabei gegenwärtig nicht abzusehen, wann in seiner Prüfungssache eine rechtskräftige Hauptsacheentscheidung vorliegen dürfte.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

16

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i.V.m. Nrn. 36.4 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

17

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. Juni 2010 - 1 L 543/10 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.6.2010 - 1 L 543/10 - hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Vorbringen der Antragstellerin, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in Beschwerdeverfahren begrenzt, führt nicht zum Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung. Der streitgegenständliche Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war vor dem Verwaltungsgericht – nach der mit Schriftsatz vom 10.6.2010 erklärten Änderung ihres Begehrens - darauf gerichtet,

„die angefochtene Klausur im Fach Biochemie als bestanden zu werten, bis in der Hauptsache darüber entschieden wurde.“

Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Klausur um die von der Antragstellerin im Prüfungstermin vom 4.2.2010 als zweite von drei möglichen Wiederholungsprüfungen angefertigte Leistungskontrollklausur zum Praktikum Medizinische Biochemie und Molekularbiologie. Den Antrag, diese Klausur als bestanden zu werten, verfolgt sie bei sachgerechter Auslegung ihres Beschwerdevorbringens - ungeachtet des offensichtlichen Schreibfehlers in der Beschwerdeschrift, wo von dem „Eilantrag vom 1.6.2010“ die Rede ist - insbesondere unter Beachtung der Beschwerdebegründung vom 23.7.2010 - weiter.

Die Voraussetzungen des § 123 Abs.1 Satz 2 VwGO für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung liegen indes nicht vor. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ungeachtet der Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrundes ein auf die einstweilige Bewertung der zweiten Wiederholungsklausur der Antragstellerin vom 4.2.2010 (Leistungsnachweis zum Praktikum Medizinische Biochemie und Molekularbiologie) als bestanden gerichteter Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist deren Klausur vom 4.2.2010 zunächst nicht deswegen als bestanden zu werten, weil die Aufgabenstellung, die aus 48 Fragen bestand, von denen – neben zwei Klartextfragen – 46 Fragen im Antwort-Wahl-Verfahren zu beantwortenden waren, unstreitig fünf bereits von der Antragsgegnerin als fehlerhaft erkannte, im Antwort-Wahl-Verfahren zu beantwortende Fragen (Nr. 3, Nr. 6, Nr. 15, Nr. 34 und Nr. 41) enthielt.

Es ist eine Eigenart des Antwort-Wahl-Verfahrens, dass die korrekte Formulierung von Prüfungsaufgaben ungewöhnlich schwierig ist. Die Strukturmerkmale des Antwort-Wahl-Verfahrens stellen Anforderungen an die Wertungssicherheit, das Einfühlungsvermögen und die Formulierungskunst des Aufgabenverfassers, die nicht immer erfüllt werden können. Zu den typischen Fehlern, die bei der Stellung von Prüfungsaufgaben im Anwort-Wahl-Verfahren auftreten, gehören Aufgaben, die Fragestellungen oder Antworten enthalten, die unverständlich, missverständlich, widersprüchlich oder mehrdeutig formuliert sind

vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84, 1 BvR 138/87 -, BVerfGE 84, 59 f. .

Dieser Strukturmangel des Antwort-Wahl-Verfahrens kann mit verfahrensrechtlichen Mitteln allerdings teilweise behoben werden. Insbesondere können fehlerhafte Prüfungsaufgaben, die eine Prüfungsbehörde noch vor Erlass der Prüfungsentscheidung erkannt hat, von der Bewertung der Prüfung ausgenommen werden oder die Antworten des Prüflings als zutreffend anerkannt werden

BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991, a.a.O..

Vorliegend waren bei der Aufgabenstellung der Klausur vom 4.2.2010 fünf Fragen von der Antragsgegnerin als fehlerhaft erkannt worden. Bei der Bewertung der Klausur wurde bei allen Prüfungsteilnehmern für jede dieser Fragen je ein Punkt unabhängig von der zutreffenden Beantwortung der Frage vergeben. Bei der konkreten Bewertung der Klausur der Antragstellerin wurde für 27 Fragen je ein Punkt vergeben. Dabei wurde für die fünf als fehlerhaft erkannten Fragen unabhängig von deren zutreffender Beantwortung je ein Punkt vergeben und für weitere 22 Fragen je ein Punkt für deren zutreffende Beantwortung durch die Antragstellerin. Für die Klausur war eine (absolute) Bestehensgrenze von 60 % festgelegt, was (abgerundet) 28 Punkten beziehungsweise 28 zutreffend beantworteten Fragen entspricht.

Ausgehend von dieser Sachlage ist ein Anspruch auf Bewertung der Klausur der Antragstellerin vom 4.2.2010 als bestanden nicht gegeben. Die Antragstellerin hat den erforderlichen Anteil von 60 % der zu beantworteten Fragen nicht erreicht. Dies gilt für beide nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991, a.a.O..

möglichen Alternativen zur Behebung eines Mangels in der Fragestellung mit verfahrensrechtlichen Mitteln.

Werden, wie vorliegend von Seiten der Antragsgegnerin geschehen, die Antworten der Antragstellerin auf die fünf als fehlerhaft erkannten Fragen zu ihren Gunsten jeweils als zutreffend anerkannt, so liegt die erreichte Anzahl von (22 + 5 =) 27 als zutreffend bewerteten Fragen unter der erforderlichen Zahl von (abgerundet) 28 zutreffend beantworteten Fragen. Würden dagegen im Wege einer an § 14 Abs. 4 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) orientierten Alternativbetrachtung die fünf fehlerhaften Fragen eliminiert, so könnten von dann nur noch (48 - 5 =) 43 zu berücksichtigende Prüfungsfragen auch nur noch (27 - 5 =) 22 Antworten der Antragstellerin als zutreffend gewertet werden, was ebenfalls zu einem Verfehlen der absoluten Bestehensgrenze von 60 %, das heißt in diesem Fall 25 zutreffend beantworteten Fragen, führen würde.

Der unstreitig vorliegende Fehler in der Aufgabenstellung hat sich daher jedenfalls mit Blick auf die (absolute) Bestehensgrenze von 60 %, nicht zum Nachteil der Antragstellerin ausgewirkt. Dabei belegen die Zahlen, dass die von der Antragsgegnerin gewählte Alternative die für die Studierenden günstigere Art des Fehlerausgleichs gewesen ist.

Demgegenüber kommt ein Fehlerausgleich in der von der Antragstellerin gewünschten Art nicht in Betracht. Die Antragstellerin hat insoweit geltend gemacht, sie habe tatsächlich 26 (fehlerhaft wie fehlerfrei gestellte) Fragen zutreffend beantwortet, dies ins Verhältnis zu den nur 43 fehlerfrei gestellten Fragen gesetzt und ausgeführt, sie habe damit mehr als 60 % der 43, nämlich mehr als 25 Fragen zutreffend beantwortet. Eine solche Betrachtung, bei der einerseits bei der Berechnung der Gesamtzahl der maßgeblichen Fragen die fünf fehlerhaft gestellten Fragen eliminiert werden, andererseits aber bei den berücksichtigungsfähigen Antworten auch die richtigen Antworten auf die fehlerhaft gestellten Fragen eingerechnet werden sollen, entspricht indes nicht der Anwendung der festgesetzten Bestehensgrenze von 60 %. Denn die Verhältniszahl von 60 % kann nur bezogen sein auf das Verhältnis derjenigen Fragen, die tatsächlich berücksichtigt werden, zu denjenigen Antworten, die auf genau diese Fragen gegebenen wurden, nicht aber auf das Verhältnis zu denjenigen Antworten, die auf eliminierte Fragen gegebenen wurden. Bei der Ermittlung der Verhältniszahl, welche die Bestehensgrenze markiert, muss der Eliminierung von Fragen stets auch die Eliminierung der entsprechenden Antworten korrespondieren.

Ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin auf Bewertung der Klausur vom 4.2.2010 als bestanden ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Erfordernis der Anwendung einer relativen Bestehensgrenze bei der Bewertung der fraglichen Klausur.

Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die alleinige Festsetzung einer absoluten Bestehensgrenze bei schriftlichen Prüfungen im Sinne der ÄApprO, die nach dem Antwort-Wahl-Verfahren erfolgen, als Mittel der Grenzziehung im Rahmen einer subjektiven Berufszugangsschranke im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig

BVerfG, Beschluss vom 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 -, BVerfGE 80, 1 f..

Dies beruht im Wesentlichen auf der Erwägung, dass es nach dem Stand der Erfahrung wie auch der Testtheorie nicht möglich ist, den Schwierigkeitsgrad der medizinischen Prüfung im Antwort-Wahl-Verfahren zuverlässig vorauszusagen oder zu steuern. Deshalb darf die Bestehensgrenze sich bei den schriftlichen Prüfungen nach der ÄApprO nicht allein aus einem vom Hundertsatz der geforderten Antworten ergeben, sondern muss in einem Verhältnis zu einer möglichen Höchstleistung oder zu einer Normalleistung stehen, also die Schwierigkeit der konkreten Prüfung berücksichtigen

BVerfG, Beschluss vom 14.3.1989, a.a.O..

Die in § 14 Abs. 6 ÄApprO für die schriftlichen Teile der Ärztlichen Prüfung normierte relative Bestehensgrenze trägt dem Rechnung. Vergleichbare Regelungen für studienbegleitende Leistungskontrollen der hier in Rede stehenden Art enthält weder die ÄApprO noch die Studienordnung Medizin der Antragsgegnerin - StudO Medizin - vom 20.2.2003, in der Fassung der Änderung vom 19.2.2004 (Dienstblatt der Hochschulen des Saarlandes vom 26.8.2003 und vom 1.4.2004).

Soweit dies auch in anderen Studienordnungen mit Blick auf die Bewertung von studienbegleitenden schriftlichen Leistungskontrollen nach dem Antwort-Wahl-Verfahren nicht der Fall ist, wird in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass die alleinige Anwendung einer absoluten Bestehensgrenze bei schriftlichen Leistungskontrollen nach dem Antwort-Wahl-Verfahren in denjenigen Unterrichtsveranstaltungen des Ersten Abschnitts des Medizinstudiums, deren regelmäßiger und erfolgreicher Besuch bei der Meldung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nachzuweisen ist, einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt. Dies wird begründet mit der Erwägung, dass auch derartige Leistungskontrollen sich als Berufszugangssperren auswirken können und deshalb die vom Bundesverfassungsgericht für die nach der ÄApprO durchzuführenden schriftlichen Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren entwickelten Grundsätze Anwendung finden müssten

vgl. Sächsisches OVG, Beschlüsse vom 26.8.2003 – 4 BS 248/03 – und vom 26.4.2007 – 4 BS 29/07 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.1.2009 – 10 B 11244/08 –, zitiert nach juris, . Sächsisches OVG, Beschluss vom 27. April 2007 - 4 Bs 29/07 –, Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht,3. Aufl., Rdnr. 1164.

Sowohl ob dem grundsätzlich zu folgen ist, als auch ob diese Erwägungen für die hier streitgegenständliche Leistungskontrollklausur, die nicht nur nach dem Antwort-Wahl-Verfahren zu beantwortende Fragen, sondern auch zwei Klartextfragen enthielt, Anwendung finden können, lässt der Senat offen.

Denn die daraus gegebenenfalls abzuleitende Feststellung eines wesentlichen Verfahrensfehlers der streitgegenständlichen Prüfung könnte vorliegend allenfalls zu dem Ergebnis führen, dass die Prüfungsentscheidung der Antragsgegnerin über die am 4.2.2010 durchgeführte Prüfung aufgehoben würde und der Prüfungsversuch als nicht unternommen zu gelten hätte. Ein darauf gerichtetes Begehren ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemachte Anordnungsanspruch auf Bewertung der streitgegenständlichen Klausur als bestanden lässt sich daraus dagegen nicht herleiten.

Zwar hält es der Senat nicht von vornherein für ausgeschlossen, bei Annahme eines solchen Verfahrensfehlers diesen durch eine Neubewertung der Prüfungsleistung unter Anwendung einer - etwa an § 14 Abs. 6 ÄApprO orientierten - Vergleichsberechnung mit Berücksichtigung einer relativen Bestehensgrenze auszugleichen.

Vorliegend hat die Antragstellerin indes nicht glaubhaft gemacht, dass eine solche Neubewertung der streitgegenständlichen Prüfungsleistung möglich ist, obwohl eine Referenzgruppe, wie sie entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in § 14 Abs.6 ÄApprO festgelegt ist, in dem Prüfungstermin vom 4.2.2010 nicht vorhanden war.

Nach § 14 Abs. 6 ÄApprO ist der schriftliche Teil des Ersten und Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung bestanden, wenn der Prüfling mindestens 60 Prozent der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 Prozent die durchschnittlichen Prüfungsleistungen der Prüflinge unterschreitet, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und sechs Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen haben.

Durch das Abstellen auf diejenigen Studierenden als Referenzgruppe eines Prüfungstermins, die jeweils nach der Mindeststudienzeit erstmals an der Prüfung teilgenommen haben, hat der Verordnungsgeber den Anforderungen Rechnung getragen, die im Hinblick auf die Geeignetheit einer relativen Bestehensgrenze zu beachten sind. Ebenso wie bei absoluten Bestehensregeln ist auch die Geeignetheit einer relativen Bestehensregel an deren Zweck zu messen. Dieser Zweck besteht darin, Berufsbewerber, die die erforderlichen Qualifikationsmerkmale nicht erfüllen, zu erfassen und von dem angestrebten Beruf fernzuhalten

BVerfG, Beschluss vom 14.3.1989 a.a.O..

Das Anknüpfen an eine Referenzgruppe wie die in § 14 Abs.6 ÄApprO beschriebene erscheint in diesem Sinne unbedenklich, da die betreffenden Studenten nach statistischen Erhebungen des Instituts für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) konstant gute Prüfungsleistungen erbringen

vgl. Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 1052.

Dass dieser Zweck gleichermaßen erreicht werden kann, wenn eine solche Referenzgruppe zur Vornahme einer Neubewertung der Prüfungsleistung – wie vorliegend - nicht vorhanden ist und zur Bestimmung einer Referenzgruppe lediglich das Potenzial der Teilnehmer der 2. Wiederholungsprüfung der Leistungskontrollklausur zum Praktikum Medizinische Biochemie und Molekularbiologie zur Verfügung steht, unter denen sich nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin kein Teilnehmer mehr befunden hat, der nach der Mindeststudienzeit von 2 Semestern erstmals an der Prüfung teilgenommen hat, sondern nur Teilnehmer, die sich im 3. oder höheren Fachsemestern befunden haben, ist weder von der Antragstellerin vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Bei dieser Sachlage war der Ausgleich eines – unterstellt vorliegenden - Verfahrensfehlers durch Anordnung einer Neubewertung der Prüfungsleistung unter Berücksichtigung einer relativen Bestehensgrenze im Rahmen des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens nicht in Betracht zu ziehen.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 1 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und Abs. 2 GKG, wobei der Auffangwert mit Rücksicht darauf zu halbieren war, dass es sich um ein Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes handelt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.