Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2014 - 1 MB 1/14

ECLI: ECLI:DE:OVGSH:2014:0224.1MB1.14.0A
published on 24/02/2014 00:00
Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2014 - 1 MB 1/14
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Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 20.01.2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20.01.2014 ist unbegründet.

2

Der Antragsteller wendet gegen den erstinstanzlichen Beschluss i. w. ein, für den Sofortvollzug angeführte „Nachteile“ der Beigeladenen seien nicht substantiiert worden. Weiter würden die ihm zumutbaren Lärmwerte überschritten, da in unmittelbarer Nachbarschaft seines Grundstücks schon Windenergieanlagen vorhanden seien. Den von der genehmigten Anlage ausgehenden „Raumaufhellungen und Blendungen“ könne er nicht mit architektonischen Umgestaltungen begegnen; die Anbringung von Rollläden sei unzumutbar. Die Windkraftanlage wirke optisch bedrängend; dies werde durch die Drehbewegungen des Rotors verstärkt. Es sei mit nachteiligen gesundheitlichen Wirkungen (psychische und physische Belastungen) zu rechnen.

3

Die - damit - dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des erstinstanzlichen Beschlusses nicht in Frage.

4

(1) Das Verwaltungsgericht hat die für die gerichtliche Entscheidung in „Dreiecksverhältnissen“ der vorliegenden Art geltenden Maßstäbe in seinem Beschluss (S. 6) zutreffend wiedergegeben und fehlerfrei auf den vorliegenden Fall angewandt. Der Hinweis des Antragstellers auf die Rechtsprechung des OVG Koblenz (Beschluss vom 03.04.2012, 1 B 10136/12, BauR 2012, 1362 ff.), des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 01.10.2008, 1 BvR 2466/08, NVwZ 2009, 240 ff.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 22.11.1965, IV CB 224.65, Juris) führt zu keinen anderen oder für den Antragsteller günstigeren Entscheidungsmaßstäben. Vielmehr ergibt sich (auch) aus den genannten Entscheidungen, dass die Anordnung des Sofortvollzugs der erteilten Genehmigung dann von einem überwiegenden Interesse der Beigeladenen getragen ist, wenn die gegen die Genehmigung gerichtete Klage mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird, so dass ein Suspensiveffekt der Beigeladenen gegenüber als unbillig erscheinen muss (BVerwG, Beschl. v. 22.11.1965, a.a.O., Rn. 6). Es bedarf dann keiner weiteren Substantiierung von „Nachteilen“ der Beigeladenen.

5

(2) Das Verwaltungsgericht hat der Klage keine Erfolgsaussichten beigemessen. Die Beschwerdegründe zu den Lärm- und Lichtauswirkungen der genehmigten Anlage vermögen dies schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil sie sich im Wesentlichen auf die Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens beschränken, ohne - konkrete - Ansatzpunkte dafür zu benennen, dass daraus eine für den Antragsteller günstigere Beurteilung abzuleiten ist.

6

(2.1) Im Zusammenhang mit den Lärmwirkungen der genehmigten Anlage übergeht der Antragsteller die Frage, welche „Lärmwerte“ ihm zumutbar sind. Angesichts der Lage seines Grundstücks im Außenbereich sind zumindest die Zumutbarkeitsgrenzen eines Grundstücks in einem nicht überwiegend wohngenutzten Dorf- oder Mischgebiet anzusetzen (vgl. Beschl. des Senats v. 13.06.2006, 1 LA 5/06, NordÖR 2006, 173 ff. [bei Juris Rn. 18]; Urt. des Senats v. 19.01.2012, 1 KS 4/11, NordÖR 2012, 546 ff. [bei Juris Rn. 38 f.]). Eine Überschreitung dieser Lärmwerte (nach Ziff. 6.1 c TA Lärm) hat der Antragsteller nicht dargelegt. Entgegen seiner Annahme sind die Lärmwirkungen der „in unmittelbarer Nachbarschaft“ des Grundstücks des Antragstellers bereits bestehenden Windenergieanlagen im Genehmigungsverfahren berücksichtigt worden. Das ergibt sich aus der bei den Verwaltungsvorgängen (zu 4.6) befindlichen Schallimmissionsberechnung vom 18.07.2013, die ausdrücklich „weitere bereits bestehende Windenergieanlagen“ einbezieht (zu Ziff. 1., 2.1, 7.1.2, 7.2.2); diese sind in der dem Gutachten beigefügten Karte auch - unterscheidbar von den zur Genehmigung gestellten Neuanlagen - dargestellt. Ansatzpunkte dafür, dass bzw. welche (Lärm-) Beurteilungsfehler insoweit vorliegen könnten, zeigt die Beschwerde nicht auf.

7

(2.2) Für die Lichtimmissionen („Raumaufhellungen und Blendungen“) gilt Entsprechendes. Dem (Antrags- und) Beschwerdevorbringen ist nicht einmal Konkretes dazu zu entnehmen, aus welcher Himmelsrichtung Lichtimmissionen auf das Grundstück bzw. auf „störempfindliche“ Räume im Haus des Antragstellers einwirken sollen. Damit bleibt im Dunkeln, warum diese Immissionen „unzumutbar“ sein sollen und ob es in diesem Zusammenhang der Montage von Rollläden überhaupt bedarf.

8

Anzumerken bleibt insoweit, dass (Sonnen-)Lichtreflektionen von Windkraftanlagen zu vermeiden sind, soweit die Schutzwürdigkeit der - jeweils - betroffenen Bebauung dies erfordert. Im vorliegenden Fall einer Außenbereichslage inmitten landwirtschaftlich genutzter Flächen sind solche Effekte in einem höheren Umfang hinzunehmen, als es z. B. in reinen oder allgemeinen Wohngebieten der Fall ist. Sonnenlichtreflektionen können - abhängig von der Höhe und der Bewegung der Sonne am Himmel - nur kurze Zeit auf ein Wohngebäude treffen (vgl. Landesumweltamt NRW: „Sachinformation Optische Effekte von Windkraftanlagen“, S. 3). Betroffenen Nachbarn - insbesondere - im Außenbereich ist es grundsätzlich zuzumuten, sich durch geeignete Maßnahmen selbst vor solchen Effekten zu schützen.

9

(3) Eine optisch bedrängende Wirkung der Windkraftanlage ist auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht hat insoweit auf die Rechtsprechung des OVG Münster hingewiesen, wonach eine solche Wirkung i.d.R. nicht mehr anzunehmen ist, wenn der Abstand zwischen der Windkraftanlage und der nächsten Wohnbebauung das Dreifache der Anlagenhöhe übersteigt (OVG Münster, Urt. v. 09.08.2006, 8 A 3726/05, BRS 70 Nr. 175; ebenso: VGH München, Beschl. v. 16.01.2014, 22 ZB 13.2608, Juris [Rn. 10]). Vorliegend liegt der Abstand der - vom Haus des Antragstellers 870 m entfernten - Windkraftanlage beim mehr als 8 ½-fachen der Anlagenhöhe, so dass kein Ansatzpunkt für eine unzumutbare oder rücksichtslose Wirkung besteht.

10

(4) Der Hinweis auf nachteilige gesundheitliche Wirkungen („visuelle Unruhe“; psychische und physische Belastungen) ist weder substantiiert noch nachvollziehbar. Die Drehbewegungen des Rotors mögen für den Antragsteller - subjektiv - beeinträchtigend wirken, wenn (und solange) er „von seinem Grundstück aus ... auf die Hauptfläche des Rotors“ blickt (S. 4 der Beschwerdebegründung). Dem kann er indes durch eine Änderung der Blickrichtung abhelfen. Zu Lärmwirkungen (s. o. (2.1)) werden keine neuen Argumente angeführt.

11

Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie sich am Beschwerdeverfahren mit einem eigenen Verfahrensantrag beteiligt hat.

12

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun
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published on 16/01/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet. III.
published on 03/04/2012 00:00

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. Januar 2012 wird abgeändert. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragsteller wird nach Maßgabe der folgenden Anordnung abgelehnt:
published on 19/01/2012 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfä
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.