Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Aug. 2011 - 2 A 10453/11


Gericht
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt vom beklagten Land die finanzielle Förderung eines Straßenbauvorhabens.
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Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 beantragte die Klägerin für den Neubau einer Verbindungsstraße in ihrem Stadtgebiet (Verbindung zwischen Römer- und Turnierstraße [L 422], West-Ost-Umfahrung) die Gewährung einer Zuwendung nach dem damals noch geltenden Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG -. Diesen Antrag aktualisierte sie mit Schreiben vom 29. Februar 2008 und 14. Juli 2009. Zuletzt bezifferte sie die Gesamtkosten auf 11.218.000,00 € und die davon voraussichtlich zuwendungsfähigen Kosten auf 10.218.000,00 €. Sie beantragte eine Förderung in Höhe eines Fördersatzes von 55 % und damit die Auszahlung eines Betrages von 5.619.900,00 €. Der Beklagte hat auf die Anträge der Klägerin den vorzeitigen Baubeginn jeweils für die vier vorgesehenen Bauabschnitte genehmigt und dabei darauf hingewiesen, dass dies keine Vorentscheidung über die Förderung des Vorhabens darstelle.
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Mit Bescheid vom 3. März 2010 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Zuwendung für die Straßenbaumaßnahme ab, weil die insgesamt günstige Haushalts- und Finanzlage es der Klägerin ermögliche, das Vorhaben auch ohne finanzielle Unterstützung des Landes zu realisieren. Deshalb lägen die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zuwendung nicht vor.
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Die Klägerin hat die am 1. April 2010 erhobene Klage im Wesentlichen damit begründet, dass sie die West-Ost-Umfahrung in enger Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden zur Entlastung der innerörtlichen Landesstraße L 422/D. Weg geplant habe, nachdem das Land keine Möglichkeit gesehen habe, die Planung in einem überschaubaren Zeitraum vorzulegen. Insofern baue sie für das Land eine neue Landesstraße. Die grundsätzliche Förderfähigkeit nach dem nunmehr einschlägigen Landesverkehrsfinanzierungsgesetzes - LVFGKom - sei gegeben. Da das Land danach lediglich zweckgebunden einzusetzende Bundesmittel verwalte, sei fraglich, ob neben dem LVFGKom die Landeshaushaltsordnung - LHO - anwendbar sei.
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Im Übrigen habe der Beklagte das ihm bei der Zuwendungsgewährung eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem er die Ermessensbindung durch die Festlegung von Prozentsätzen in der sog. Förderstaffel missachtet habe. Danach stehe ihr als einziger Kommune mit "starker" Finanzkraft eine Zuwendung in Höhe von 55 % zu. Jedenfalls sei ein vollständiger Ausschluss der Förderung ermessenswidrig. Hierdurch werde sie - die Klägerin - für ihre gute Finanz- und Haushaltslage systemwidrig "bestraft" und unter Berücksichtigung der von ihr zu tragenden Finanzausgleichsumlage zu einem doppelten Finanzausgleich herangezogen. Außerdem rechtfertige ihre zurzeit gute Finanzlage unabhängig von der Anwendbarkeit der LHO nicht die Ablehnung einer Förderung. Ihre hohen Einnahmen beruhten auf der Gewerbesteuer. Für nicht auszuschließende Verschlechterungen bei dieser Steuer habe sie durch die Rücklagenbildung Vorsorge getroffen. Außerdem diene die Rücklage nicht nur der Realisierung wichtiger städtischer Projekte, sondern gegebenenfalls auch der Zahlung der von ihr überproportional finanzierten Kreisumlage. Schließlich habe sie wegen der engen Abstimmung mit den Landesbehörden auf die Gewährung der Zuwendung vertrauen dürfen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. März 2010 zu verpflichten, über den Antrag vom 14. Juli 2009 auf Gewährung von Zuwendungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat er vorgetragen, bei der West-Ost-Umfahrung handele es sich nicht um eine Landesstraße, sondern aufgrund des überwiegenden städtischen Verkehrs um eine innerörtliche Gemeindestraße, welche als Fördervorhaben im Sinne von § 2 Abs. 1a LVFGKom anzusehen sei. Allerdings erfülle die Klägerin nicht die sich aus den haushaltsrechtlichen Grundsätzen ergebenden Fördervoraussetzungen. Denn sie könne die Maßnahme angesichts ihrer freien Finanzspitzen und der immensen liquiden Eigenmittel allein finanzieren. Dies belege auch der Umstand, dass sie durch die Reduzierung der Hebesätze für die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuern A und B in der Vergangenheit auf erhebliche Einnahmen habe verzichten können. Die vorübergehende schlechtere Haushaltslage im Jahre 2010 habe nur einen zeitlich sehr begrenzten Einfluss auf die Finanzlage der Klägerin gehabt. Deshalb sei der Antrag unter Beachtung des haushaltsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips abzulehnen gewesen, ohne dass ihm - dem Beklagten - insoweit Ermessen zugestanden habe.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der erneuten Bescheidung des Zuwendungsantrages der Klägerin das haushaltsrechtliche Subsidiaritätsprinzip als rechtsverbindliche Schranke zwingend entgegenstehe. Bei den beantragten Fördermitteln handele es sich um solche, welche der Bund den Ländern aufgrund des Entflechtungsgesetzes jährlich zur Verfügung stelle. Diese Finanzhilfen, auf die im Verhältnis zwischen Bund und Ländern das Zuwendungsrecht keine Anwendung finde, würden als Einnahmen in die Haushaltspläne der Länder eingestellt und dadurch zu Landesmitteln. Bewilligten die Länder hieraus Fördermittel, handele es sich um Zuwendungen im Sinne der §§ 23, 44 LHO. Dabei seien sie an den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwendung von Haushaltsmitteln gebunden.
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Das Subsidiaritätsprinzip stehe der Bewilligung entgegen, weil die Klägerin die Straßenbaumaßnahme ohne finanzielle Hilfen des Landes durchführen könne. Diese Einschätzung beruhe auf den von der Klägerin in den letzten Jahren erzielten erheblichen freien Finanzspitzen und den liquide Eigenmitteln in beträchtlicher Höhe. Die vorübergehend schlechtere Haushaltslage im Jahre 2010 sei nur von sehr begrenztem Einfluss auf die Haushalts- und Finanzlage der Klägerin gewesen.
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Die Klägerin könne sich auch nicht auf die sog. Förderstaffel des Beklagten berufen, welche für sie einen Fördersatz von 55 % vorsehe. Da der Gewährung der Zuwendung bereits die Schranke des Subsidiaritätsprinzips zwingend entgegenstehe, sei für eine Ermessensentscheidung über die Höhe der Förderung kein Raum. Die Frage, inwieweit die Förderstaffel selbst überhaupt mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar wäre, bedürfe deshalb keiner weiteren Klärung. Schließlich könne sich die Klägerin als öffentlicher Rechtsträger nicht auf Vertrauensschutz berufen, zumal auf Seiten des Beklagten kein vertrauensbegründendes Verhalten erkennbar sei.
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Ihre hiergegen eingelegte Berufung begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass das Land eigene Mittel einspare, indem es sich der Mitfinanzierung eines im Landesinteresse liegenden Straßenbauprojekts entziehe. Soweit § 23 LHO überhaupt anwendbar sei, könne angesichts der offenen Formulierung dieser Vorschrift jeder Zuwendungsantrag abgelehnt werden. Das Fehlen jeglicher transparenter Abgrenzungskriterien ermögliche willkürliches und von politischen Interessen geleitetes Handeln. Deshalb genüge es allein rechtsstaatlichen Anforderungen, wenn die Entscheidung über den Zuwendungsantrag nach Maßgabe der vom Beklagten aufgestellten Förderstaffel getroffen werde. Diese berücksichtige bereits die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen. Im Übrigen würden ihre Rücklagen für die Realisierung der bereits beschlossenen Maßnahmen zur Innenstadtentwicklung benötigt und dienten zusätzlich dem Ausgleich schwankender Gewerbesteuereinnahmen.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag vom 14. Juli 2009 auf Gewährung von Zuwendungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung trägt er vor, es handele sich bei der West-Ost-Umfahrung um ein Fördervorhaben im Sinne des § 2 Abs. 1a LVFGKom. Denn die Umgehungsstraße werde weit überwiegend durch städtischen Verkehr geprägt, so dass der Anteil des Durchgangsverkehrs sehr gering sei. Deshalb treffe das Vorbringen der Klägerin nicht zu, sie baue mit der West-Ost-Umfahrung für das beklagte Land eine Landesstraße. Die an das Projekt gestellten technischen Anforderungen spiegelten lediglich die anerkannten Regeln der Straßenbautechnik wider.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin komme neben den Regelungen des LVFGKom auch das Landeshaushaltsrecht zur Anwendung. Das LVFGKom sei nach dem Wegfall bestimmter Mischfinanzierungen an die Stelle des GVFG getreten. Ebenso wie dieses Gesetz enthalte das LVFGKom keine konkreten Vorgaben über die haushaltsmäßige Abwicklung der Fördermittel. Deshalb seien zusätzlich die Regelungen der LHO anwendbar.
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Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei Voraussetzung für die positive Bescheidung eines Förderantrags zunächst das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen ("Ob" der Förderung). Dabei scheide nach Ziffer 1.1.1 des Teils 2 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 Abs. 1 LHO eine Zuwendung aus, wenn der Antragsteller das Vorhaben selbst finanzieren könne. Bei der Prüfung, ob die Gewährung einer Zuwendung am haushaltsrechtlichen Subsidiaritätsprinzip scheitere, habe die Bewilligungsbehörde kein Ermessen. Sofern der Antragsteller ohne die Zuwendung finanziell nicht in der Lage sei, ein konkretes Vorhaben durchzuführen und alle weiteren Fördervoraussetzungen erfüllt seien, komme erst in einem zweiten Schritt bei der Beurteilung des "Wie" der Förderung die von der Klägerin angeführte Förderstaffel zur Anwendung. Die Förderstaffel führe somit nicht dazu, dass zwangsläufig jede kommunale Gebietskörperschaft entsprechend ihrer aktuellen Einstufung einen Anspruch auf eine Zuwendung habe. Die alleinige Orientierung an der Förderstaffel unabhängig davon, ob die Alleinfinanzierung möglich und zumutbar sei, wäre vielmehr als Verstoß gegen den Sparsamkeitsgrundsatz nach §§ 7 und 34 LHO zu werten.
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Aufgrund der in ständiger Verwaltungspraxis angewandten Beurteilungsmaßstäbe erfülle die Klägerin die Fördervoraussetzungen nicht. Nach Prüfung durch die ADD Trier als zuständiger Kommunalaufsichtsbehörde habe die Klägerin für den Planungszeitraum 2009 bis 2013 über erhebliche sog. freie Finanzspitzen verfügt. Außerdem sei der Bestand an liquiden Mitteln im 1. Nachtragshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 auf voraussichtlich ca. 151 Mio. Euro beziffert worden. Deshalb könne die Klägerin die Gesamtkosten der in Rede stehenden Umgehungsstraße in Höhe von ca. 11,22 Mio. Euro aus eigenen Mitteln ohne die finanzielle Unterstützung des Landes tragen. Dies werde zusätzlich dadurch belegt, dass die Klägerin die Hebesätze für die Gewerbesteuer sowie für die Grundsteuern A und B in den vergangenen Jahren erheblich reduziert und dadurch auf Einnahmen verzichtet habe. Soweit der Haushalt der Klägerin für das Jahr 2010 mit Fehlbeträgen abgeschlossen habe, sei der vorgeschriebene Haushaltsausgleich aufgrund der hohen Rücklagen erreicht worden. Schließlich werde die Klägerin die im Haushalt 2011 vorgesehenen Investitionsmaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 56 Mio. Euro durch die Inanspruchnahme liquider Mittel finanzieren.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin könne sie sich als Kommune nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen. Im Übrigen bezögen sich die Aussagen des LBM allein auf die grundsätzliche Förderfähigkeit des Vorhabens im Hinblick auf die technische Planung. Des Weiteren sei die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Genehmigungen des vorzeitigen Baubeginns keine Vorentscheidung über die Zuwendung beinhalteten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung hat keinen Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Gewährung einer Zuwendung zu den Kosten des Neubaus der West-Ost-Umfahrung nach dem LVFGKom zu Recht abgewiesen. Zwar handelt es sich bei diesem Straßenbauprojekt um ein förderfähiges Vorhaben im Sinne des LVFGKom (I.). Jedoch ist bei der Entscheidung über einen Zuwendungsantrag nach diesem Gesetz das Subsidiaritätsprinzip der LHO zu beachten (II.). Danach ist die Gewährung der beantragten Zuwendung wegen der derzeit guten Finanzlage der Klägerin ausgeschlossen (III.). Etwas anderes folgt weder aus der vom Beklagten für die Zuwendungsbewilligung aufgestellten Förderstaffel noch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten und den Belastungen der Klägerin durch den kommunalen Finanzausgleich (IV.).
I.
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Bei der West-Ost-Umfahrung handelt es sich um ein förderungsfähiges Vorhaben im Sinne des § 2 Nr. 1a LVFGKom. Danach kann der Bau oder Ausbau von verkehrswichtigen innerörtlichen Straßen mit Ausnahme von Anlieger- und Erschließungsstraßen durch Zuwendungen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der kommunalen Gebietskörperschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 LVFGKom gefördert werden, wenn es sich um das Vorhaben unter anderem einer Gemeinde handelt. Diese Voraussetzungen erfüllt die West-Ost-Umfahrung. Sie wird von der Klägerin in kommunaler Trägerschaft gebaut, weil die Straße nach der Prognose des Landesbetriebs Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz im Schreiben vom 4. Oktober 2004 überwiegend durch städtischen Verkehr geprägt sein wird.
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Soweit die Klägerin geltend macht, die West-Ost-Umfahrung stelle tatsächlich eine Landesstraße dar, welche sie für das Land baue, kann dem nicht zuletzt wegen der vom Landesbetrieb Straßen und Verkehr im o.g. Schreiben prognostizierten Verkehrsbedeutung der Straße nicht gefolgt werden. Auch die bautechnischen Anforderungen an das Straßenbauprojekt ändern nichts an ihrer Einordnung als innerörtliche Straße im Sinne des § 2 Nr. 1a LVFGKom. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass es sich bei den planerischen Vorgaben des Landesbetriebs Mobilität um die für das Projekt allgemein geltenden anerkannten Regeln der Technik im Straßenbau handelt und die von der Klägerin angeführte Stützwand, welche nach ihrem Vorbringen ausschließlich wegen der künftigen Nutzung der Straße als Landesstraße gefordert worden sei, nicht Bestandteil der West-Ost-Umfahrung ist. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Im Übrigen würde die Einordnung der West-Ost-Umfahrung als Landesstraße die Zuwendungsfähigkeit des Vorhabens bereits dem Grunde nach ausschließen.
II.
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Bei der Entscheidung über einen Zuwendungsantrag ist neben den Voraussetzungen nach dem LVFGKom auch das Subsidiaritätsprinzip des § 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 23 LHO zu beachten. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der LHO und des LVFGKom. Nach dem haushaltsrechtlichen Subsidiaritätsprinzip dürfen Zuwendungen nur gewährt werden, wenn das Land an der Erfüllung des Zuwendungszwecks ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. Unter Zuwendungen sind nach § 23 LHO Ausgaben des Landes für Leistungen an Stellen außerhalb der Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke zu verstehen. Um solche Ausgaben, also um Zuwendungen im haushaltsrechtlichen Sinne, handelt es sich auch bei den Finanzhilfen nach dem LVFGKom. Sie werden nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LVFGKom zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der kommunalen Gebietskörperschaften, mithin zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes, gewährt. Die Fördermittel fließen gemäß § 2 LVFGKom an Gemeinden, Landkreise, Zweckverbände, Verkehrsunternehmen, sonstige Vorhabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs sowie Träger von Güterverkehrszentren und öffentlichen Binnenhäfen, somit an Stellen außerhalb der Landesverwaltung im Sinne des § 23 LHO. Dementsprechend bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 1 LVFGKom ausdrücklich, dass das Land die ihm vom Bund nach den Regelungen des Entflechtungsgesetzes gewährten Mittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der kommunalen Gebietskörperschaften „in Form von Zuwendungen“ einsetzt.
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Handelt es sich somit bei den Finanzhilfen nach dem LVFGKom sowohl ihrem materiellen Gehalt als auch ihrer Bezeichnung nach um Zuwendungen im haushaltsrechtlichen Sinn, sind folglich die Bestimmungen der LHO über die Ausführungen des Haushaltsplanes und damit auch das Subsidiaritätsprinzip auf diese Fördermittel anwendbar. Insofern ergänzt § 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 23 LHO als allgemeines Gesetz die speziellen Regelungen des LVFGKom über die Zuwendungen zu Vorhaben zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der kommunalen Gebietskörperschaften. Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass § 3 Abs. 2 LVFGKom Finanzhilfen für solche Vorhaben ausschließt, mit deren Verwirklichung vor der Entscheidung über den Bewilligungsantrag bereits begonnen wurde. Hierbei handelt es sich um eine Bestimmung, welche die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips gerade voraussetzt. Denn dem gesetzlichen Ausschluss der Zuwendungsgewährung beim sog. vorzeitigen Baubeginn liegt die Annahme zugrunde, dass das Vorhaben auch ohne finanzielle Förderung des Landes verwirklicht werden kann. Somit knüpft § 3 Abs. 2 LVFGKom an das allgemeine Subsidiaritätsprinzip des § 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 23 LHO an. Schließlich nimmt das LVFGKom in der Übergangsbestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 2 LVFGKom ausdrücklich auf § 44 LHO Bezug nimmt, was ebenfalls die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Rahmen des LVFGKom belegt.
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Soweit Zuwendungen für Vorhaben zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der kommunalen Gebietskörperschaften gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 LVFGKom nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Finanzmittel gewährt werden, erstreckt sich dieses Ermessen nicht auf die Prüfung des haushaltsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips. Denn die Bestimmungen über die Ausführung des Haushaltsplans, hier § 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 23 LHO, stehen nicht zur Disposition der Bewilligungsbehörde. Vielmehr bilden sie und damit das haushaltsrechtliche Subsidiaritätsprinzip ebenso wie die sonstigen Voraussetzungen des LVFGKom auf der Tatbestandsseite der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage eine rechtsverbindliche und gerichtlich voll nachprüfbare Schranke für die Zuwendungsgewährung (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 24. September 1992 - OVG 8 B 26.92 -, OVGE 20, 98 [99]). Somit stellen sich im Ermessenswege zu beantwortende Fragen, beispielsweise zur Höhe der Zuwendung erst, wenn das haushaltsrechtliche Subsidiaritätsprinzip und die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen der Bewilligung nicht entgegenstehen.
III.
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Bei Beachtung des Subsidiaritätsprinzips ist der Anspruch der Klägerin auf die begehrte Zuwendung zum Bau der West-Ost-Umfahrung ausgeschlossen. Denn aufgrund ihrer günstigen Haushaltslage ist sie in der Lage, das Straßenbauprojekt mit eigenen Mitteln selbst zu finanzieren.
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Unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde ein grundsätzlich zuwendungsfähiges Vorhaben mit eigenen Mitteln finanzieren kann, lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht generell bestimmen. Denn die Beantwortung der Frage, ob das Subsidiaritätsprinzip der Gewährung einer Zuwendung entgegensteht, hängt maßgeblich von den höchst unterschiedlichen Umständen des Einzelfalls ab. Legt man hiervon ausgehend sämtliche von den Beteiligten erörterte Indikatoren für die Haushaltslage der Klägerin der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit zugrunde, ergibt sich, dass sie ohne jeden Zweifel derzeit in der Lage ist, die West-Ost-Umfahrung mit eigenen Mitteln zu finanzieren.
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Nach den dem ursprünglichen Zuwendungsantrag beigefügten Übersichten über die Haushalts- und Finanzlage der Klägerin und den Schreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 16. November 2009, 22. Juni 2010 und 9. Juni 2011 geht die mittelfristige Finanzplanung der Klägerin für die Jahren 2009 bis 2014 von erheblichen Überschüssen aus. Danach betrug die freie Finanzspitze beispielsweise 2009 ca. 33 Mio. Euro und soll sich 2011 auf 35,4 Mio. Euro sowie 2012 auf knapp 31 Mio. Euro belaufen. Lediglich im Jahre 2010 wies der Haushalt einen Einbruch bei der Gewerbesteuer infolge der Weltwirtschaftskrise aus, der jedoch nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt hat. Zudem konnte 2010 der gesetzlich vorgeschriebene Haushaltsausgleich aus den Rücklagen, die sich laut 1. Nachtragshaushalt 2009 auf ca. 151 Mio. Euro beliefen, erzielt werden. Darüber hinaus ist die Klägerin in der Lage, die im Jahre 2011 geplanten Investitionsvorhaben im Gesamtvolumen von mehr als 56 Mio. Euro ohne Aufnahme von Investitionskrediten vollständig aus liquiden Eigenmitteln zu finanzieren.
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Schließlich wird die dauernde Leistungsfähigkeit der Klägerin auch durch die Entwicklung der Hebesätze für die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuern A und B seit 2006 belegt. Deren Reduzierung hat nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten laut Planansatz im Jahr 2010 im Vergleich zu den Einnahmen im Jahr 2002 zu Mindereinnahmen allein bei der Grundsteuer A von 62 Mio. Euro geführt.
IV.
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Steht nach alledem das haushaltsrechtliche Subsidiaritätsprinzip bereits als rechtsverbindliche Schranke der Zuwendungsgewährung entgegen, kann sich die Klägerin zur Begründung eines Förderanspruchs weder auf die vom Beklagten aufgestellte Förderstaffel (1.) noch auf Vertrauensschutzgesichtspunkte (2.) oder ihre Belastung durch den kommunalen Finanzausgleich (3.) berufen.
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1. Die vom Beklagten aufgestellte Förderstaffel, nach der die Klägerin als "finanzkraftstarke“ Gemeinde Zuwendungen in Höhe von 55 % der Kosten erhalten würde, regelt als ermessensbindende Verwaltungsvorschrift lediglich die Höhe der Zuwendung, falls die tatbestandlichen Fördervoraussetzungen auch unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips erfüllt sind. Da dies vorliegend nicht der Fall ist, kommt es für die Entscheidung über den Zuwendungsantrag der Klägerin nicht auf die Förderstaffel an. Würde man unabhängig von den haushaltsrechtlichen Anforderungen einen Zuwendungsanspruch aufgrund der Förderstaffel annehmen, läge im Übrigen ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben der LHO vor.
- 38
2. Des Weiteren kann sich die Klägerin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 23, 25 [30]; 27, 215 [217 f.]; 60, 208 [211]), der sich das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz angeschlossen hat (AS 22, 33 [38 f.], Urteil vom 11. Februar 2011 - 2 A 10895/10.OVG -, juris), nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen. Denn sie ist als Selbstverwaltungskörperschaft dem Staat aufgrund öffentlichen Rechts eingegliedert und übt mittelbare Staatsgewalt aus. Deshalb sind kommunale Gebietskörperschaften an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Insofern dient der Vertrauensschutz nur dem Schutz des Bürgers vor dem ihm überlegenen Staat. Eines solchen Schutzes bedarf der Träger öffentlicher Gewalt hingegen nicht. Diese Grundsätze, die für den Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz bei der Rücknahme eines gegenüber einer Behörde ergangenen rechtswidrigen Verwaltungsaktes entwickelt wurden, sind auch auf den Fall zu übertragen, in dem eine Gemeinde einen Anspruch auf eine ihr nicht zustehende und damit rechtswidrige Zuwendung geltend macht. Kann sich die Klägerin somit von vornherein nicht auf Vertrauensschutz berufen, kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte bei ihr überhaupt einen Vertrauenstatbestand verwirklicht hat.
- 39
3. Schließlich führt der Ausschluss der beantragten Zuwendung aufgrund des Subsidiaritätsprinzips auch unter Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs nicht zu einer ungerechtfertigten Doppelbelastung der Klägerin. Vielmehr ist es durch Art. 49 Abs. 6 Satz 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz verfassungsrechtlich vorgegeben, dass Unterschiede in der Finanzausstattung der kommunalen Gebietskörperschaften ausgeglichen werden. Danach hat das Land den Gemeinden und Gemeindeverbänden die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern. Mit dieser Zielsetzung steht es darüber hinaus in Einklang, staatliche Zuwendungen zu kommunalen Vorhaben von der finanziellen Leistungsfähigkeit der antragstellenden Kommune abhängig zu machen, sofern diese - wie die Klägerin - trotz der Belastungen durch den kommunalen Finanzausgleich noch hinreichend finanzkräftig ist.
- 40
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zurückzuweisen.
- 41
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet seine Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 Zivilprozessordnung.
- 42
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
- 43
Beschluss
- 44
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.809.950,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziff. 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

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Annotations
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.