Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Feb. 2012 - 10 A 11083/11

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2012:0203.10A11083.11.0A
bei uns veröffentlicht am03.02.2012

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewertung ihrer mündlichen Prüfung im zweiten juristischen Staatsexamen sowie die Anordnung, diese Prüfung zu wiederholen.

2

Die Klägerin, die in der ersten juristischen Staatsprüfung bzw. in deren Wiederholung zur Notenverbesserung einen Notendurchschnitt von 5,75 Punkten bzw. 6,2 Punkten erzielt hatte, fertigte im Oktober 2008 die Aufsichtsarbeiten im zweiten juristischen Staatsexamen mit einem Notendurchschnitt von 4,18 Punkten an. Im vorausgegangenen Vorbereitungsdienst waren ihre Leistungen in der Wahlstation bei dem Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen E. in Luxemburg mit 14 Punkten und in der Arbeitsgemeinschaft des Wahlfachs Steuerrecht mit 8 Punkten bewertet worden.

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In der am 12. Mai 2009 in Trier durchgeführten mündlichen Prüfung erreichte die Klägerin im Aktenvortrag des Wahlfachs Steuerrecht 16 Punkte; ihre Wahlfachprüfung wurde mit 7 Punkten bewertet. Derselbe Aktenvortrag war Prüfungsgegenstand einer weiteren Prüfung am gleichen Tage, in welcher der Lebensgefährte der Klägerin beisitzender Prüfer für das Steuerrecht war. Der Rechtsprofessor hatte im Rahmen seiner Erklärung zur Prüfungsbereitschaft angegeben, die Klägerin nicht prüfen zu wollen. Die persönliche Beziehung der Klägerin zu dem Rechtsprofessor war damals weder dem Beklagten noch der Prüfungskommission bekannt. Anschließend wurde der Klägerin ein Zeugnis über das Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung mit einem Gesamtergebnis von 5,80 Punkten ausgestellt.

4

In der Folgezeit wurde an das Landesprüfungsamt die Mutmaßung herangetragen, der Klägerin könnte der Aktenvortrag bekannt gewesen sein. Der Beklagte befragte daraufhin die Mitglieder der Prüfungskommission, die übereinstimmend bekundeten, der Vortrag der Klägerin sei herausragend gewesen. Überwiegend gaben sie an, die Klägerin habe sich genau an die Lösungsskizze gehalten. Soweit vorhanden, übersandten sie ihre Prüfungsmitschriften. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte gaben gegenüber dem Landesprüfungsamt an, die Klägerin habe keine Kenntnis vom Inhalt des Aktenvortrags gehabt. Sie habe lediglich in erheblichem Umfang mit ihrem Lebensgefährten das Halten von Aktenvorträgen anhand von Aktenstücken geübt, die vom Landesprüfungsamt zu Übungszwecken freigegeben worden seien. Die Prüfungsakte habe, so die Klägerin, absolute Grundlagen des Einkommensteuerrechts zum Gegenstand gehabt. Überdies sei die Prüfungsreihenfolge relativ eindeutig vorgegeben und die Argumente bereits im Aktenvortrag enthalten gewesen. Nach Aussage des Rechtsprofessors hat dieser den Aktenvortrag bis zur Prüfung in seinem Büro an der Universität verwahrt.

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Mit Bescheid vom 16. Juli 2010 hob der Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Ergebnismitteilungen die Bewertungen der mündlichen Prüfung insgesamt auf und ordnete die Wiederholung derselben an. Zur Begründung führte er aus, für die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Täuschung streite ein Beweis des ersten Anscheins. Das Ergebnis des Aktenvortrags füge sich nicht in das Leistungsbild der Klägerin ein. Die Mitglieder der Prüfungskommission hätten überwiegend den Eindruck einer auffallend großen Nähe zur Lösungsskizze gewonnen. Zudem habe die Klägerin tatsächlich die Möglichkeit gehabt, den Aktenvortrag bereits im Vorfeld der Prüfung vorzubereiten. Diesen Anscheinsbeweis habe die Klägerin nicht entkräften können.

6

Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, die zur Begründung des Anscheinsbeweises herangezogenen Umstände stünden nicht fest und ließen keinen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf erkennen, bei dem sich nur eine einzige Schlussfolgerung, nämlich eine Täuschungshandlung, aufdränge.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2010 aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat weiterhin die Ansicht vertreten, der Nachweis einer Täuschung sei geführt.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Täuschungshandlung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Nach dem Ergebnis der Vernehmung des Lebensgefährten der Klägerin stehe fest, dass die Klägerin über den Zeugen keine Kenntnis vom Inhalt des Aktenstücks gehabt habe. Anhaltspunkte für eine anderweitige Kenntnisnahme seien nicht vorhanden. Die übrigen der Entscheidung des Beklagten zugrunde gelegten Umstände seien nicht geeignet, die Annahme einer Täuschungshandlung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zu tragen. Zwar hätten sich die Mitglieder der Prüfungskommission im Ergebnis übereinstimmend dahingehend eingelassen, dass die Klägerin einen nahezu perfekten Aktenvortrag gehalten habe. Nicht fest stehe aber die tatsächliche Übereinstimmung mit den Lösungshinweisen. Die Diskrepanz zum sonstigen Leistungsbild der Klägerin rechtfertige für sich allein nicht die Annahme, die Klägerin habe das Ergebnis durch eine Täuschungshandlung herbeigeführt, zumal Umstände vorlägen, die das sehr gute Abschneiden der Klägerin ebenfalls erklären könnten.

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Der Senat hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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Der Beklagte ist weiterhin der Ansicht, eine ernsthafte redliche Ursache für die Leistung der Klägerin komme nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Aussage des Lebensgefährten der Klägerin nicht nachvollziehbar. Die aufgrund ihres sonstigen Leistungsbildes nicht erklärliche, nahezu perfekte Leistung der Klägerin und die Übersendung des Aktenvortrags an ihren Lebensgefährten drängten den Schluss auf eine Manipulation auf. Mehr als fernliegend sei es anzunehmen, der Klägerin sei durch bloßes Lernen unter Anleitung ihres Lebensgefährten und richtiges Sortieren der im Sachverhalt des Aktenvortrags enthaltenen Hinweise ein „Ausreißer“ nach oben gelungen. Zur Vermeidung eines entsprechenden Verdachts der Prüfungskommission liege es auf der Hand, dass die Klägerin einen Vortrag entworfen habe, der gerade nicht haargenau mit der Lösungsskizze übereinstimme.

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Der Beklagte beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. Februar 2011 die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie trägt vor, die Grundsätze über den Anscheinsbeweis seien zwar grundsätzlich auf den Nachweis einer Täuschungshandlung bei einer mündlichen Prüfungsleistung anzuwenden. Eine Herabsetzung der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast wegen der mündlichen Form der Prüfung komme aber nicht in Betracht. Defizite in der Dokumentation mündlicher Prüfungsleistungen und sich daraus ergebende Probleme der Rekonstruierbarkeit mündlicher Prüfungsleistungen gingen bei dem Vorwurf einer Täuschungshandlung durch den Prüfling zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Prüfungsbehörde. Nachdem diese aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen einen Zugang der Klägerin zu dem Aufgabentext und dem Lösungsvorschlag über ihren Lebensgefährten nicht habe nachweisen können, bleibe als mögliche Anknüpfungstatsache zunächst die Diskrepanz der Leistung der Klägerin in ihrem Aktenvortrag der mündlichen Prüfung zu ihrem gesamten bisherigen Leistungsbild. Dieser Umstand sei indessen nicht geeignet, einen Anscheinsbeweis zu begründen. „Wiederholte Ausreißer der Klägerin nach oben“ seien feststehende Tatsachen; zudem könne auch ein vom generellen Leistungsbild her schwacher Prüfling sehr gute Einzelleistungen erbringen, wie die Bewertung ihrer Leistungen in der Wahlstation mit 14 Punkten zeige. Sie – die Klägerin – habe dargelegt, wie sie sich auf den Aktenvortrag der mündlichen Prüfung vorbereitet habe und wie aufgrund dieser Vorbereitung eine sehr erfolgreiche Bearbeitung des Aktenvortrags möglich gewesen sei. Alle drei der in der Aufgabenstellung steuerrechtlich zu beurteilenden Begebenheiten hätten die Abgrenzung der Werbungskosten von den Kosten der privaten Lebensführung zum Gegenstand gehabt, ein „Highlight“ des Jahres 2009. Außerdem gehöre der Themenkomplex zu den absoluten Grundlagen des Einkommensteuerrechts. Die von dem Beklagten als weitere Anknüpfungstatsache behauptete auffallend große Nähe der Lösung der Klägerin zu den Lösungshinweisen des Prüfungsamtes habe nicht nachgewiesen werden können, sodass der Beklagte nunmehr nur noch von einem hohen Perfektionsgrad des Vortrags ausgehe.

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Die weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den Verwaltungsvorgängen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

22

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2010 zu Recht aufgehoben, weil dieser rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO-).

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Die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 38 Abs. 1, 11 Abs. 2 Satz 1 der Juristischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung – JAPO – für eine Aufhebung der Bewertung der mündlichen Prüfung und die Anordnung der Wiederholung derselben liegen nicht vor. Nach den genannten Vorschriften kann das Gesamtergebnis der zweiten juristischen Staatsprüfung innerhalb von fünf Jahren seit dem Tag der mündlichen Prüfung entsprechend berichtigt werden oder die Staatsprüfung für nicht bestanden erklärt werden, wenn eine Täuschungshandlung erst nach Aushändigung des Zeugnisses bekannt wird. Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Täuschung liegen vor, wenn der Prüfling (zumindest bedingt vorsätzlich) falschen Aufschluss über seine wahre Leistungsfähigkeit gibt und so unter Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitprüflingen erlangt (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rdnr. 223 ff, 228, 231). Folglich hat die Klägerin getäuscht, wenn sie – wie vom Beklagten angenommen - Zugang zu dem geheimen Aktenvortrag sowie der dazugehörigen Lösungsskizze hatte und sich in Kenntnis derselben auf die mündliche Prüfung vorbereitet hat. Die materielle Beweislast für das Vorliegen einer Täuschungshandlung trägt die Prüfungsbehörde (vgl. Niehues, a.a.O., Rdnr. 236).

24

Hiernach unterliegt der angefochtene Bescheid der Aufhebung, weil die Annahme des Beklagten nicht nachgewiesen ist. Nach dem Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts durchgeführten Zeugenvernehmung ist nicht bewiesen, dass die Klägerin über ihren Lebensgefährten vor ihrer mündlichen Prüfung Kenntnis vom Inhalt des dem Aktenvortrag zugrunde liegenden Aktenstücks und der Lösungsskizze erlangt hat. Der Zeuge hat vielmehr glaubhaft dargelegt, er wisse um die Vertraulichkeit der Prüfungsunterlagen und behandele diese entsprechend. Da die im Protokoll der mündlichen Verhandlung niedergelegte Aussage des Zeugen nachvollziehbar ist, bedurfte es nicht dessen erneuter Vernehmung, zumal Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit ersichtlich nicht bestehen. Der Zeuge hat bekundet, die Klägerin habe über ihn keine Kenntnis vom Inhalt des Aktenstücks erlangt. Nach Erhalt des Aktenvortrags habe er diesen in einem verschlossenen Sideboard, zu dem nur er selbst und seine Sekretärin Zugang hätten, verwahrt und erst am Freitag vor der mündlichen Prüfung geöffnet. Nach Durchsicht habe er ihn in das verschlossene Sideboard zurückgelegt. Das Wochenende habe er ohne die Klägerin im Schwarzwald verbracht; den Schlüssel zum Sideboard habe er mitgenommen. Er habe zwar telefonischen Kontakt zur Klägerin gehalten, dabei aber nicht über den Inhalt des Aktenvortrags gesprochen. Am Montag, dem Vortrag der mündlichen Prüfung, habe er den Aktenvortrag durchgearbeitet. Ob er die Klägerin abends kurz gesehen habe, wisse er nicht mehr sicher. Dienstags habe er sie zur Prüfung gefahren.

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Die Glaubhaftigkeit dieser in sich stimmigen Aussage wird durch die von dem Beklagten im Berufungsverfahren erhobenen Einwände nicht erschüttert. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass es einem Prüfer schwerfallen kann, vertraulich zu behandelnde Prüfungsunterlagen gegenüber einem ihm persönlich nahestehenden Prüfling geheim zu halten. Hieraus kann aber nicht der weitergehende Schluss gezogen werden, ein Prüfer sei (nicht nur im Einzelfall, sondern in der Regel) nicht Willens oder in der Lage, in einem derartigen Konfliktfall die Vertraulichkeit zu wahren. Dieser Schluss lässt sich auch nicht aufgrund des erheblichen Engagements des Zeugen im Rahmen der Prüfungsvorbereitungen und seines offensichtlich großen Interesses an einem guten Abschneiden der Klägerin ziehen; beides ist wegen der persönlichen Beziehung lediglich eine Selbstverständlichkeit. Dabei kann die fortlaufende Bekundung des Zeugen, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass in Rheinland-Pfalz in Parallelprüfungen derselbe Aktenvortrag verwendet werde, nicht durchgreifend in Zweifel gezogen werden, obwohl die Klägerin aufgrund einer Verständigung aller Prüfungskandidaten untereinander im Vorfeld der Prüfung wusste, dass alle Prüflinge im Steuerrecht am selben Tag geprüft würden. Hieraus lässt sich nicht zwangsläufig der Schluss auf die Verwendung desselben Aktenvortrags in beiden Prüfungen ziehen (und damit erst recht nicht, wie der Beklagte meint, auf die Unmöglichkeit eines unbefangenen Lernens des Zeugen mit der Klägerin). Dass das Prüfungsamt nur einen Aktenvortrag stellt, um Ressourcen zu sparen und eine größtmögliche Gleichbehandlung walten zu lassen, war nicht einmal der erfahrenen Prüfungsvorsitzenden der Parallelprüfung bekannt und musste damit auch dem erstmals in Rheinland-Pfalz prüfenden Zeugen nicht bekannt sein. Dem Zeugen kann hiervon ausgehend nicht ohne weiteres unterstellt werden, er habe dennoch mangels Kenntnis des Erwartungshorizonts in einer rheinland-pfälzischen Wahlfachprüfung nicht davon ablassen können, Einsicht in die Prüfungsunterlagen zu nehmen, um seine Lebensgefährtin besser unterstützen zu können. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um reine Mutmaßungen handelt, hat der Zeuge im Verwaltungsverfahren angegeben, mit der Klägerin das Halten von Aktenvorträgen anhand von freigegebenen Prüfungsaufgaben geübt zu haben, so dass ihm die rheinland-pfälzischen Erwartungen bekannt gewesen sein dürften. Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen bestehen auch nicht, soweit dieser angibt, den Aktenvortrag erst am Freitag vor der mündlichen Prüfung nach einem Anruf der Vorsitzenden „seiner“ Prüfungskommission geöffnet zu haben. Hintergrund ist die im Verwaltungsverfahren vom Zeugen geschilderte Unsicherheit darüber, was mit dem Umschlag zu tun sei, die sich aufgrund des Telefongesprächs mit der Prüfungsvorsitzenden erledigt habe; der Beklagte meint insoweit, ein solches Maß an Naivität sei dem Zeugen keinesfalls zuzutrauen. Dem folgt der Senat nicht. Naheliegend ist zwar eine Versendung des Aktenvortrags schon mit der Ladung zum Zwecke einer qualifizierten Vorbereitung des Aktenstücks im Vorfeld der Prüfung und nicht nur zur Einsichtnahme in der Prüfungsvorbesprechung. Sicher ausgehen konnte der - wie schon dargelegt - zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz prüfende Zeuge davon aber nicht, so dass es zur Vermeidung eines Fehlers im Prüfungsverfahren nachvollziehbar ist, den Aktenvortrag nicht ohne entsprechende Nachfrage zu öffnen. Nachdem die Prüfungsvorsitzende ihn gefragt hatte, ob er den Vortrag schon gelesen habe, bedurfte es keiner Nachfrage und Offenbarung seiner Unsicherheit mehr. Da der Zeuge glaubhaft bekundet hat, ihm sei die Verwendung desselben Aktenvortrags in den Parallelprüfungen nicht bekannt gewesen, bestand für ihn nach dem Anruf der Prüfungsvorsitzenden zudem nicht notwendigerweise Anlass, seine Prüfungsteilnahme abzusagen und den in einem gesondert verschlossenen Umschlag übersandten Aktenvortrag an das Prüfungsamt zurückzuleiten, um (so der Beklagte) „die Gefahr der hier vorliegenden besonderen Situation zu entschärfen“. Die Nachvollziehbarkeit seiner Angaben steht auch nicht aufgrund seiner Aussage „Nach meinem Verständnis sind die Unterlagen des Prüfungsamtes zur aktuellen Prüfung als Übungsobjekt ungeeignet“ in Frage. Hiermit meint der Zeuge ersichtlich, diese dürften mangels Freigabe nicht zu Übungszwecken verwendet werden. Dass dem Zeugen die Notwendigkeit der Freigabe bekannt war, ergibt sich aus seinen Angaben zur Art seiner Prüfungsvorbereitung mit der Klägerin. Hiernach hat er mit der Klägerin das Halten von Aktenvorträgen anhand von freigegebenen Aktenstücken geübt. Entgegen der Ansicht des Beklagten muss die Zeugenaussage daher insoweit nicht weiter hinterfragt werden. Nicht unplausibel ist zudem die Aussage des Zeugen, den Aktenvortrag erst am Tag der mündlichen Prüfung aus dem Büro mitgenommen zu haben. Zum einen nämlich musste der Zeuge nicht bereits während der Vorbereitung der Aktenvorträge durch die Prüflinge anwesend sei, so dass am Morgen noch genügend Zeit verblieb, um kleinere Büroarbeiten zu erledigen; zum anderen erscheint die Aufbewahrung im Büro als „sicherer Ort“ verständlich. Soweit der Beklagte darüber hinaus das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung mit dem Hinweis auf die Angaben der ebenfalls in Trier Steuerrecht lehrenden Kollegin des Zeugen in Zweifel zieht, folgt der Senat der Ansicht des Verwaltungsgerichts, für das Verhalten der Klägerin und des Zeugen gegenüber der Rechtsprofessorin gebe es vielfältige Erklärungsmöglichkeiten. So mag der Zeuge auch aus seiner Sicht unberechtigte Nachfragen seiner Kollegin zu dem offensichtlichen Notensprung im Aktenvortrag gescheut haben oder er wollte in der Tat die genauere Schilderung des Prüfungsablaufs seiner Lebensgefährtin überlassen. Die E-Mail der Klägerin an die Professorin ist in der Tat sehr überschwänglich formuliert, die von dem Beklagten erfolgte Einordnung als Versuch der Zeugenbeeinflussung geht aber über eine bloße Mutmaßung nicht hinaus. Dem Zeugen kann schließlich nicht unterstellt werden, aus Furcht vor disziplinarrechtlichen Konsequenzen die Unwahrheit gesagt zu haben.

26

Konnte nach alledem der Nachweis einer Kenntnisnahme vom Inhalt des Aktenstücks und der Lösungsskizze über den Lebensgefährten nicht geführt werden und bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, auf welchem anderen Weg die Klägerin Zugang zu der Prüfungsaufgabe erlangt haben könnte - das Verwaltungsgericht weist insoweit zu Recht auf das Fehlen einer persönlichen Beziehung der Klägerin zur Sekretärin des Zeugen hin -, kommt der Beweis des Vorliegens einer Täuschungshandlung allerdings noch durch den Beweis des ersten Anscheins in Betracht. Voraussetzung für den Anscheinsbeweis ist, dass die festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhaltes aufgrund eines nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablaufs auf einer bestimmten (zu beweisenden) Ursache beruhen. Erforderlich und zugleich ausreichend zu dessen Entkräftung ist die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Ergänzungslieferung 2011, § 108, Rdnrn. 66 ff., Kopp/ Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 108, Rn. 18).

27

Dass die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Täuschungshandlung in einer schriftlichen Prüfung durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden können, wenn sich aufgrund der feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, der Prüfungsteilnehmer habe getäuscht, und ein abweichender Geschehensablauf nicht ernsthaft in Betracht kommt, entspricht der gefestigten Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1984 – 7 B 109/83 – und VG Karlsruhe, Urteil vom 24. März 2010 - 7 K 1873/09 -, beide Entscheidungen bei juris; sowie Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 71). So hat das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung vom 20. Februar 1984 (a.a.O.) die Feststellung mittels Anscheinsbeweises, dass ein Prüfling in einer schriftlichen Prüfung unzulässige Hilfsmittel benutzt hat, gebilligt bei einer in erheblichem Umfang wörtlichen und im Übrigen sinngemäßen Wiedergabe des nur zur Verwendung der Prüfungskommission bestimmten schriftlichen Lösungsmusters. Diese setze - auch ohne Klärung der Frage, auf welchem Wege sich der Prüfling das Lösungsmuster besorgt habe -, typischerweise voraus, dass der Wiedergebende zuvor vom Lösungsmuster Kenntnis erhalten habe.

28

Die vorgenannten Maßstäbe lassen sich auf den Nachweis einer Täuschungshandlung in einer mündlichen Prüfung übertragen. Bestehen markante Übereinstimmungen der Prüfungsleistung mit der Lösungsskizze, die sich typischerweise nur durch eine Täuschung erklären lassen, kann auch hier der Nachweis der Täuschung mittels Anscheinsbeweises geführt werden. Dabei können Defizite in der Dokumentation mündlicher Prüfungsleistungen und Probleme, dieselben zu rekonstruieren, nicht zu einer Herabsetzung der Anforderungen an den Nachweis führen. Der Anscheinsbeweis legitimiert auch bei mündlichen Prüfungen nicht zu einer Senkung des Beweismaßes, er muss auch hier zu der richterlichen Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung und nicht nur der Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit ihrer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit führen (vgl. zum Anscheinsbeweis als Mittel richterlicher Tatsachenwürdigung Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 69). Hierauf ist in besonderem Maße ein Augenmerk zu richten, wenn - wie vorliegend - eine Täuschungshandlung in einer berufseröffnenden Prüfung in Rede steht und damit das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes tangiert wird.

29

Eine Übereinstimmung des Aktenvortrags der Klägerin mit der Lösungsskizze in einem Ausmaß, das sich bei verständiger Würdigung nur bei Kenntnis der Lösungsskizze erreichen lässt, kann indessen nicht festgestellt werden. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffender Begründung darauf verwiesen, drei der vier Prüfer hätten im Ergebnis den Vortrag der Klägerin als nahezu perfekt und der vierte als nach seiner Erinnerung sehr gut bezeichnet. Ausgehend von diesen seitens der Prüfer geschilderten Eindrücken stehe damit zwar fest, dass die Klägerin einen herausragenden Aktenvortrag gehalten habe. Nicht fest stehe jedoch die tatsächliche Übereinstimmung mit den Lösungshinweisen, da die noch vorhandenen Mitschriften der Prüfer keine vollständige Dokumentation enthielten. Der Senat folgt der Begründung des Verwaltungsgerichts und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Selbst der aussagekräftigsten Mitschrift des Prüfungsvorsitzenden lässt sich nämlich zur Darstellung des Sachverhaltes durch die Klägerin gar nichts entnehmen. Die nach der Lösungsskizze anzusprechenden Rechtsprobleme hat sie danach ganz überwiegend erörtert, zum Teil hat der Prüfer die Ausführungen der Klägerin ausdrücklich als „gut“ bezeichnet. Dass sie etwa die in den Lösungshinweisen dargestellten Punkte „Weitergabe des Bescheides vom Vater an den Sohn als Bekanntgabe“, „Abschlag bei Fachzeitschriften, die einer Preisbindung unterliegen“, „Aufspaltung in Einnahmevorgang und Anschaffungsvorgang“, „Saldierung“, „Rechtsprechung des BFH zur Alkoholfahrt“, „Beweislastverteilung“ und „Veranlassungsprinzip“ erwähnt hat, lässt sich der Mitschrift nicht entnehmen. Ausweislich der Mitschriften der beisitzenden Prüferinnen hat sie zudem offensichtlich, anders als in der Lösungsskizze angelegt, die Einsprüche getrennt nach den Einspruchsführern geprüft; außerdem hat sie wohl keinen Entscheidungsvorschlag vorangestellt. Dass die Klägerin Auslassungen vorgenommen hat, um den Verdacht der Vorkenntnis zu zerstreuen, ist zwar denkbar, aber ebenso gut mit fehlender Kenntnis vom Inhalt der Lösungsskizze erklärbar.

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Kann hiernach nur davon ausgegangen werden, dass die Klägerin einen hervorragenden Vortrag gehalten hat, bildet diese Tatsache auch nicht im Zusammenspiel mit weiteren feststehenden Umständen eine geeignete Anknüpfung für den Anscheinsbeweis. Der Beklagte kann nicht mit Erfolg darauf verweisen, das Ergebnis des Aktenvortrags entspreche in keiner Weise dem Leistungsbild der Klägerin. Zum einen nämlich weist die Klägerin zu Recht darauf hin, trotz im Allgemeinen schwacher Leistung seien ihr auch zuvor schon „Ausreißer nach oben“ gelungen. So wurden ihre Leistungen in der Wahlstation Steuerrecht bei E. in Luxemburg mit 14 Punkten und in der Pflichtstation Strafrechtspflege mit 13 Punkten (dabei ein Aktenvortrag mit 14 Punkten und ein weiterer mit 15 Punkten) bewertet; auch wenn die Bewertungen in der Wahlstation oftmals wohlwollend ausfallen, kann hiervon doch nicht generell ausgegangen werden. In der mündlichen Prüfung im ersten juristischen Staatsexamen im Februar 2007 erzielte sie im Steuerrecht 11 Punkte. Zum anderen kann auch ein schwacher Kandidat, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung ausführt, in der Lage sein, eine sehr gute Einzelleistung zu erbringen. Im Falle der Klägerin gilt dies in besonderem Maße, weil Umstände vorliegen, die ihr sehr gutes Abschneiden zu erklären vermögen. Der Senat macht sich auch hier gemäß § 130 b Satz 2 VwGO die diesbezügliche ausführliche Begründung des Verwaltungsgerichts zu Eigen. Die Klägerin ist bei ihrem Vortrag einem allgemein anerkannten Aufbau gefolgt und hat Rechtsprobleme erörtert, die überwiegend in der Akte angesprochen waren, wodurch zwangsläufig eine Nähe zur Lösungsskizze entsteht. Weitere Problemkreise des Aktenvortrags wurden in den von der Klägerin bei der Prüfungsvorbereitung benutzten Lehrbüchern und Skripten behandelt. Ins Gewicht fällt zudem, dass die Klägerin im Vorfeld der Prüfung mit ihrem Lebensgefährten regelmäßig das Halten von Aktenvorträgen geübt hat, was zu mehr Sicherheit in rechtlichen Fragestellungen und in der Vortragstechnik beigetragen hat. Schließlich hat der Lebensgefährte der Klägerin als Rechtsprofessor Überblick über aktuelle steuerrechtliche Probleme und konnte diese daher entsprechend auf die mündliche Prüfung vorbereiten. Dass die Abgrenzung der Werbungskosten von den Kosten der privaten Lebensführung möglicher Prüfungsstoff sein könnte, lag aufgrund des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 21. September 2009 - GrS 1/06 - (BFHE 227, 1), nach welcher in Abkehr der bisherigen Rechtsprechung Aufwendungen für gemischt beruflich und privat veranlasste Reisen nicht mehr in jedem Fall als Einheit zu behandeln sind, sondern in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden, nahe.

31

Nach alledem mag zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Täuschungshandlung gegeben sein. Für eine richterliche Überzeugung von der Wahrheit der Annahme des Beklagten reichen die festgestellten Umstände aber nicht aus. Der Bescheid des Beklagten kann daher keinen Bestand haben.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

34

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2010 - 7 K 1873/09

bei uns veröffentlicht am 24.03.2010

Tenor 1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Schulleiterin des H. -Gymnasiums H. vom 22.05.2009 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 verpflichtet, der Klägerin auf der Grundlage der vorhande

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Schulleiterin des H. -Gymnasiums H. vom 22.05.2009 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 verpflichtet, der Klägerin auf der Grundlage der vorhandenen Bewertungsergebnisse die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das Nichtbestehen der Abiturprüfung.
Die Klägerin war Schülerin des H.-Gymnasiums in H.. Im Schuljahr 2008/2009 nahm sie an der dort abgehaltenen staatlichen Abiturprüfung teil. Die schriftliche Prüfung im Fach Englisch fand am 30.03.2009 in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.30 Uhr statt. Die Prüfungsleistungen der Klägerin (Schülernummer xx) wurden von der Erstkorrektorin, StR‘in D., und der Zweitkorrektorin, StR’in Sch. mit jeweils 10 Punkten bewertet. Am 20.04.2009 suchte die Erstkorrektorin die Schulleiterin des H.-Gymnasiums, StD’in B., auf und teilte dieser mit, dass ihr eine Abiturarbeit vorliege, in der Teile der Antworten mit dem Erwartungshorizont übereinstimmten. Die Übereinstimmung betreffe nur einzelne Teilantworten der Aufgabe 1, so dass sie die Arbeit normal durchkorrigiert habe. Mit Schreiben vom 05.05.2009 teilte die Schulleiterin der Klägerin daraufhin mit, dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sie in der Abiturprüfung eine Täuschungshandlung begangen habe, weil in Teil I - Comprehension - ihrer Abiturklausur im Fach Englisch eine auffällige Übereinstimmung mit den Lösungshinweisen vorliege. Nach ihrer sachverständigen Einschätzung könne es sich nicht um ein zufälliges Ergebnis handeln. Es sei beabsichtigt, sie von der weiteren Teilnahme an der Prüfung auszuschließen.
Nach persönlicher Anhörung der Klägerin schloss die Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. diese mit Bescheid vom 25.05.2009 von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung aus, weil sie nach den der Schule vorliegenden Erkenntnissen eine Täuschungshandlung in der schriftlichen Prüfung im Fach Englisch begangen habe. Der Entwurf der Klägerin zu Teil I - Comprehension - zeige in Teilen eine auffällige Übereinstimmung mit den offiziellen Lösungshinweisen des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg bezüglich der verwendeten englischen Begriffe sowie der gewählten grammatikalischen Formulierungen zur Textstrukturierung. Besonders signifikant sei die entsprechend den Lösungshinweisen vorgenommene subtile Differenzierung zwischen „solution“ und „conclusion“ für zwei Abschnitte des vorgelegten Textes sowie die wörtliche Übernahme dreier Beispiele „residental and educational segregation“, „seperate identities“ und „parallel communities“. Die Reihenfolge der Auflistung dieser drei Beispiele entspreche ebenfalls den Lösungshinweisen. Zur Strukturierung des Textes gebe es durchaus zahlreiche andere Möglichkeiten für sachlich richtige Abschnittsüberschriften, wie sie die Aufgabenstellung erfordere. Entsprechendes gelte für die Bezeichnung der Beispiele. Die Lösungshinweise stellten nur eine mögliche Aufgabenlösung dar. Entsprechend unwahrscheinlich sei es, dass eine Schülerin die Formulierungen der Lösungshinweise im vorliegenden Detaillierungsgrad treffe. Die Stichworte und Halbsätze des Entwurfs seien von der Schülerin in der Reinschrift übernommen worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin Kenntnis der Lösungshinweise gehabt habe und die dargestellte Übereinstimmung durch eine Reproduktion aus dem Gedächtnis hergestellt worden sei. Die Täuschungshandlung der Klägerin sei durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen und führe gem. § 28 Abs. 1 NGVO zum Ausschluss von der weiteren Teilnahme an der Prüfung. Diese Entscheidung gelte als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 NGVO, da kein leichter Fall vorliege.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 27.05.2009 Widerspruch ein. In der Folge nahm sie an der mündlichen Prüfung teil. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2009 - der Klägerin zugestellt am 15.07.2009 - wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch nach Einholung von Stellungnahmen seines Fachreferenten für Englisch zurück. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin sich von amtlichen Lösungshinweisen Kenntnis verschafft und diese Kenntnis bei der Prüfung verwertet habe.
Am 10.08.2009 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. vom 22.05.2009 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 zu verpflichten, ihr auf der Grundlage der vorhandenen Bewertungsergebnisse die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass ihr aufgrund der von ihr erreichten Leistungen die allgemeine Hochschulreife zuzusprechen sei. Dies gelte auch dann, wenn die Englischklausur mit 0 Punkten bewertet werden würde. Es liege keine Täuschungshandlung vor. Sie sei eine gute bis sehr gute Schülerin im Fach Englisch und habe diese Leistung kontinuierlich gehalten. Ihre besonderen Kenntnisse der englischen Sprache und der englischen Literatur verdanke sie unter anderem einem halbjährigen Aufenthalt in N. in Großbritannien. Diesen Aufenthalt habe sie dazu genutzt, ihre Sprachkenntnisse weiter zu verbessern und sich besondere Kenntnisse der englischen Literatur durch Textanalysen und Interpretationen zuzulegen. Für die Prüfung im Rahmen des Abiturs sei sie hierdurch besser vorbereitet gewesen als ihre Mitschüler. Der Englischlehrer ihres Bruders an der E.-Schule, OStR E., habe diesem am 27.03.2009 eine E-Mail zukommen lassen, die unter Berufung auf informierte Kreise den eindeutigen Hinweis enthalten habe, dass bei der Themenauswahl der Abiturprüfung mit Landeskunde/Empire zu rechnen sei. Sie habe sich daraufhin in der Prüfungsvorbereitung verstärkt mit diesem Thema beschäftigt. Ihre Arbeitsweise sei grundsätzlich geordnet und strukturiert. Die aus der Arbeit ersichtlichen Argumente habe sie in der Reihenfolge, wie diese sich aus dem Text der Aufgabenstellung ergeben hätten, abgearbeitet. Die Unterteilung des Textes in Abschnitte und benannt nach Zeilen stimme nicht mit den Vorgaben des amtlichen Lösungsvorschlags überein. Im Entwurf fänden sich einige wenige Begriffe, die im Lösungshinweis benannt seien. Soweit das im Lösungshinweis angeführte Beispiel einer Gliederung betrachtet und mit ihrer Lösung verglichen werde, sei festzustellen, dass sie nicht alle möglichen Gesichtspunkte, wie sie sich aus dem Lösungshinweis ergäben, gebraucht habe. Von den vorgeschlagenen 5 Begriffen, seien die Schlagworte „unwilling acceptance of diversity“ und „lack of government action“ in ihrem Text nicht verwendet worden. Ihre Gliederung weiche entgegen der Behauptung in der angegriffenen Verfügung vom Lösungshinweis im Umfang von 2/5, und daher wesentlich ab. Wenn im angegriffenen Bescheid davon die Rede sei, dass es durchaus zahlreiche andere Möglichkeiten für sachlich richtige Abschnittsüberschriften gebe, könne ihr wohl kaum der Vorwurf gemacht werden, dass sie die ihr bekannten und richtigen Begriffe verwendet habe. Der amtliche Lösungshinweis sei abgesehen von den angesprochenen Überschriften und einigen Fachbegriffen derart unbestimmt, dass allein aus der erklärten Verwendung von Begriffen und Gliederungspunkten keine Rückschlüsse aus dem Text auf eine Täuschungshandlung gezogen werden könnten. In ihrem Entwurf fänden sich zahlreiche Korrekturen. Ihm könne entnommen werden, dass sie sich dort durchaus noch nicht sicher gewesen sei. Dass sie Stichworte und Halbsätze aus dem Entwurf in die Reinschrift übernehme, sei eine Selbstverständlichkeit. Für eine über ihren Vater, einen ehemaligen Schulleiter, vermittelte Täuschungshandlung gebe es keine Anhaltspunkte. Außerdem müsste in diesem Fall eine dem Ministerium bzw. dem Regierungspräsidium Karlsruhe zuzuordnende Person an der Informationsbeschaffung mitgewirkt haben. Einen Verdacht in diese Richtung äußere der Beklagte weder offen noch trage er Tatsachen hierfür vor.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Er trägt vor, dass das Vorbringen der Klägerin bereits im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geprüft worden sei. Der Fachreferent für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe sei der Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten Umstände und der Beschaffenheit der Lösungsskizze der hohe Grad der Übereinstimmung der Prüfungsleistung der Klägerin in Aufgabe 1 nur durch die Kenntnis der amtlichen Lösungshinweise zu erklären sei. Das Regierungspräsidium leite aus dem Umstand, dass der Vater der Klägerin ein ehemaliger Schulleiter sei, nicht ab, dass dieser Kenntnis von den Lösungshinweisen gehabt habe. Allerdings werde davon ausgegangen, dass die Leistung der Klägerin bei der in Rede stehenden Teilaufgabe der schriftlichen Abiturarbeit im Fach Englisch nur durch die Kenntnis der amtlichen Lösungshinweise zustande gekommen sein könne. Wie die Klägerin an die Lösungshinweise gelangt sei, sei ungeklärt. Der Beweis des ersten Anscheins greife bereits dann, wenn nicht geklärt sei, ob und auf welche Weise die amtlichen Lösungshinweise bekannt geworden seien.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen; die das Verfahren des Bruders der Klägerin (7 K xxxx/xx) betreffenden Gerichts- und Verwaltungsakten wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist als in statthafter Weise kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig; sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. vom 22.05.2009, durch den die Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung 2009 ausgeschlossen worden ist, mit der Folge, dass die allgemeine Hochschulreife als nicht zuerkannt gilt, und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da es bei der Bewertung der schriftlichen Abiturarbeit im Fach Englisch durch die beiden Korrektorinnen mit - insgesamt - 10 Punkten verbleibt, und die Klägerin - unstreitig - mit ihren Leistungen in der übrigen Abiturprüfung (Block II der Gesamtqualifikation) und in den Kursen (Block I der Gesamtqualifikation) die Mindestqualifikation erreicht hat, ist der Beklagte verpflichtet, ihr die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Als Rechtsgrundlage für den Ausschluss der Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung kommt nur § 28 Abs. 3 der Verordnung des Kultusministeriums über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an Gymnasien der Normalform und Gymnasien in Aufbauform mit Heim (Abiturverordnung Gymnasien der Normalform - NGVO) vom 24. Juli 2001 (GBl. 2001, 518) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 05.08.2007 (GBl. S. 386) in Betracht. Danach wird der Schüler bei Vorliegen einer Täuschungshandlung von der weiteren Teilnahme an der Prüfung ausgeschlossen; dies gilt als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 28 Abs. 3 Satz 1 NGVO). In leichten Fällen kann stattdessen die Prüfungsleistung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werden. Die Entscheidung trifft bei der schriftlichen Prüfung der Schulleiter (§ § 21 Abs. 3 Satz 1, 28 Abs. 3 Sätze 2 u. 3 NGVO). Eine Täuschungshandlung begeht, wer es unternimmt, das Prüfungsergebnis durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen oder nicht zugelassene Hilfsmittel nach Bekanntgabe der Prüfungsaufgaben mitführt oder Beihilfe zu einer Täuschung oder einem Täuschungsversuch leistet (§ 28 Abs. 1 NGVO).
14 
Täuschung im Sinne des Prüfungsrechts und auch dieser Vorschrift ist die Vorspiegelung einer eigenständigen und regulär erbrachten Prüfungsleistung, um bei dem Prüfer über die ihr zugrunde liegenden Kenntnisse und Fähigkeiten einen Irrtum zu erregen. Die Sanktionen bei Täuschungen knüpfen an die Tatsache an, dass zu einer ordnungsgemäßen Prüfungsleistung die eigenständige, nur mit den zugelassenen Hilfsmitteln erfolgte Bearbeitung der Prüfungsaufgabe gehört. Eine Täuschung bzw. ein Täuschungsversuch läuft sowohl dem Prüfungszweck, das Leistungsvermögen der Prüfungsteilnehmer unverfälscht, d. h. im Rahmen der Prüfungsbedingungen festzustellen, als auch dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit zuwider (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 4. Aufl., Rdnrn. 447, 448 m. w. N.). Eine Täuschungshandlung liegt auch dann vor, wenn sich der Prüfling vor der schriftlichen Prüfung die geheim gehaltenen Prüfungsaufgaben verschafft und sich entsprechend für die Prüfung präpariert (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.11.1977 - IX 972/75 -) oder wenn er - darüber hinaus - eine von ihm in Kenntnis der internen Musterlösung erstellte Prüfungsarbeit als eigene Prüfungsleistung ausgibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 196). Die Beurteilung, ob ein Täuschungsversuch anzunehmen ist, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 30.08.1985 - 15 A 706/82 -, NVwZ 1986, 851). Die Prüfungsbehörde bzw. das für die Leitung der Prüfung zuständige Prüfungsorgan trägt die materielle Beweislast dafür, dass die von ihr bzw. ihm angenommenen Voraussetzungen einer Täuschung vorliegen. Das bedeutet, dass von der Annahme einer Täuschung abgesehen werden muss und die Leistungen in der üblichen Form bewertet werden müssen, wenn die Beweismittel für die Feststellung der Umstände nicht ausreichen, die mit hinreichender Gewissheit eine Täuschung oder deren Versuch ergeben (Niehues, a. a. O., Rdnr. 455). Allerdings können die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Täuschungsversuchs durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn sich aufgrund der feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, dass der Prüfungsteilnehmer getäuscht hat. So kann je nach den Umständen des Einzelfalles mit den Mitteln des Anscheinsbeweises sowohl der Nachweis einer Regelverletzung als auch der Nachweis des Täuschungsvorsatzes geführt werden (Niehues, a. a. O., Rdnr. 456; BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Spricht der erste Anschein für das Vorliegen einer Regelverletzung oder des Täuschungsvorsatzes, so ist es Sache des Prüfungsteilnehmers, die Schlussfolgerung, auf der dieser Anschein beruht, zu entkräften. Hierfür reicht es nicht aus, die Denkmöglichkeit eines dem Anschein nicht entsprechenden Ablaufs aufzuzeigen. Vielmehr muss der Prüfungsteilnehmer nachvollziehbar und in sich stimmig die Tatsachen schildern und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Verlaufs ergibt. Gelingt dies, so obliegt der Prüfungsbehörde der sog. Vollbeweis (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 30.04.2003, a. a. O., m. w. N.).
15 
Ausgehend hiervon hat die Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. und ihr folgend das Regierungspräsidium Karlsruhe zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen einer (schweren) Täuschungshandlung der Klägerin bei dem Teil I - Comprehension - der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch vorliegen; der Beklagte hat den entsprechenden, ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht. Zwar kann eine Täuschungshandlung auch durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn die Prüfungsarbeit und das vom Aufgabensteller erarbeitete, allein zur Verfügung durch die Prüfer bestimmte Lösungsmuster teilweise wörtlich und im Übrigen in Gliederung und Gedankenführung übereinstimmen. Denn die in erheblichem Umfang wörtliche und im Übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung einer anderen Person setzt typischerweise voraus, dass der Wiedergebende von dieser Ausarbeitung zuvor Kenntnis erhalten hat (BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Derartige Anknüpfungstatsachen, die einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf erkennen lassen und deshalb bei verständiger Würdigung den Anschein erwecken, dass die Klägerin in einem Teil der Englischklausur getäuscht hat, vermag die Kammer hier jedoch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht festzustellen.
16 
Ob die beschriebenen Übereinstimmungen der Prüfungsarbeit mit dem amtlichen Lösungsmuster vorliegen und die sich daran knüpfende Vermutung einer Täuschungshandlung zu Lasten des Prüflings rechtfertigen, kann nur durch einen umfassenden und einzelfallbezogenen Vergleich festgestellt werden, der den Inhalt der konkret erbrachten Prüfungsleistung sowie Art, Umfang und Detaillierungsgrad des Lösungsmusters berücksichtigt. Von Bedeutung ist dabei, in welchem Maß die Aufgabenstellung eine bestimmte Form der Bearbeitung vorgibt bzw. verschiedene Abhandlungsmöglichkeiten des Prüfungsthemas durch den Prüfling eröffnet und inwieweit die amtlichen Lösungshinweise nach Art, Umfang und Inhalt auf einen bestimmten Urheber schließen lassen. Je detaillierter und umfangreicher die Vorgaben des Lösungsvorschlags (wie z.B. im Falle einer in ganzen Sätzen formulierten, in sich geschlossenen „Musterlösung“) sind, um so deutlicher treten die für einen bestimmten Verfasser typischen Merkmale hervor. Der erste Anschein spricht daher eher für das Vorliegen einer Regelverletzung des Prüflings, wenn seine Lösung trotz mehrerer denkbarer richtiger Varianten weitgehend mit einer nach Form und Inhalt ins Einzelne gehenden Musterlösung identisch ist.
17 
Unter Berücksichtigung dessen fehlt es vorliegend an dem vom Beklagten angenommenen hohen Grad der Übereinstimmung der Prüfungsleistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen.
18 
Art und Ausmaß der Übereinstimmungen lassen sich anhand der farblichen Markierungen nachvollziehen, mit denen die Erstkorrektorin der Englischarbeit die in der Prüfungsakte vorhandenen Kopien der vorgelegten Originalklausur der Klägerin versehen hat. Bei der angestrichenen Unterteilung des Aufgabentextes nach Zeilen ergibt allerdings eine Gegenüberstellung, dass in den Lösungshinweisen (I. Comprehension 1.) unter dem Begriff „lines“ der zweite Textabschnitt mit „12-18“ gekennzeichnet ist, während die Klägerin in ihrer Bearbeitung (Reinschrift) der Teilaufgabe 1 den zweiten Textabschnitt mit „line 11-18“ überschrieben hat. Auch die Formulierung „governmental reactions“ („lines 19-31“ der Lösungshinweise) findet sich so in ihrer Bearbeitung (dort unter „line 24-40“ „....governmental actions“) nicht. Im Übrigen belegen die vorgenommenen Markierungen in der kopierten Version der Prüfungsarbeit der Klägerin, dass die Unterteilung des Aufgabentextes nach benannten Zeilen an zwei Stellen (lines 1-11 und 41-48) mit den Lösungshinweisen übereinstimmt und dass Teilantworten ihrer Ausarbeitung (Bogen 1) zu Teil I der Textaufgabe - Comprehension - identische englische Begriffe und Wortkombinationen enthalten. Bei der Teilaufgabe 1 („Outline the structure of the text and the author´s intentions.“) handelt es sich dabei um einzelne Wörter, die in den Lösungshinweisen (unter „Structure“) in Überschriften genannt werden und jeweils der dort vorgenommenen Gliederung nach Zeilen zugeordnet sind („Establishing the problem“; „Consequences“; „Solutions“ [in der Bearbeitung „solution“]; „Conclusion“), sowie teilweise um Formulierungen und Begriffe, die bei den in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Überschriften aufgeführt sind („experiences of first- and second-generation immigrants“; „riots in Bradford“). Bei der Teilaufgabe 2 („Ilustrate Trevor Philipps‘ statement that Britain is „sleepwalking into segregation“ by providing suitable examples from the text.“) und der Teilaufgabe 3 („Summarize the measures Britain has taken to foster racial equality and the problems that still remain to be solved.“) des Teils I treten wörtliche Übereinstimmungen bei drei in den Lösungshinweisen unter 2. (Examples) und bei drei dort unter 3. (Measures) genannten Ausdrucksformen auf („residential and educational segregation“; „parallel communities“; „seperate identities“ bzw. „tests of national knowledge“; „sense of Britishness“ und „better relationship between the police and.“). Im Entwurf zur Bearbeitung (Reinschrift) hat die Klägerin (nur) die Zeilenangaben „1-11“ und „12-18“ genannt sowie die oben bei den Teilaufgaben 1 und 2 angesprochenen Begriffe und Formulierungen verwendet.
19 
Diesen - wörtlichen - Übereinstimmungen kann bereits bei hierauf beschränkter, isolierter Betrachtung nicht das vom Beklagten behauptete Gewicht zugemessen werden. Festzustellen ist zunächst, dass die Gliederung nach Zeilen des Aufgabentextes (Teilaufgabe 1) in der Bearbeitung der Klägerin nur in Teilbereichen dem Erwartungshorizont entspricht. Dies gilt insbesondere für „line 24-40“ im Gegensatz zu „Lines 19-31 und 32-40“. Auch der Umstand, dass in ihrer Bearbeitung bei der Teilaufgabe 1 überhaupt eine Unterteilung der Textvorlage nach Zeilen stattgefunden hat, ist als solcher nicht auffällig, da am Rand des Textes der zu bearbeitenden Textaufgabe in Fünferschritten eine Nummerierung der Zeilen erfolgt ist und die der Ermittlung des Textverständnisses der Abiturienten dienende Aufgabenstellung ausdrücklich eine erläuternde Strukturierung der Textvorlage verlangt. Anders als im Erwartungshorizont sind die zur Gliederung bzw. zur Strukturierung des Aufgabentextes benutzten Oberbegriffe in der Bearbeitung (Reinschrift) der Klägerin nicht in Form hervorgehobener Überschriften zu finden, sondern sind Bestandteil ihrer zusammenhängender Ausführungen bei der Teilaufgabe 1. Den Gliederungsbegriff „Generalization“ (Lösungshinweise Teilaufgabe 1, lines 19-31) verwendet die Klägerin nicht. Die im Lösungshinweis gebrauchten Wendungen „personified approach“ (lines 1-11), „conflicting generations“ (lines 19-31), „situation of minority groups in GB“ (lines 19-31), „Government measures in the US and particularly in GB“ (lines 32-40) und „assessment and prospects“ (lines 41-48) sind in der Aufgabenlösung und im Entwurf der Klägerin ebenfalls nicht enthalten. Dies gilt auch bezüglich der bei der Teilaufgabe 2 des Teils I in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Formulierungen „unwilling acceptance of diversity“ und „lack of government action“.
20 
Die danach verbleibenden Parallelen und Wortgleichheiten rechtfertigen es nach Auffassung der Kammer nicht, von Übereinstimmungen erheblichen Umfangs des Teils I der Abiturarbeit der Klägerin im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen auszugehen. Neben dem in quantitativer Hinsicht vorgenommenen Abgleich sind für diese Einschätzung die von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren thematisierte Beschaffenheit der Lösungshinweise einerseits und ihrer schriftlichen Ausarbeitung anderseits von besonderer Bedeutung. Die Klägerin hat ihre Ergebnisse durchgehend in ganzen Sätzen formuliert und einen nach Maßgabe der Aufgabenstellungen abschnittsweise gegliederten, aber insgesamt in sich geschlossenen Lösungstext erstellt. Die Beschreibung der von den Abiturienten erwarteten Prüfungsleistungen in den Lösungshinweisen ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass einzelne englische (Fach-)Begriffe und kurze Wortsequenzen in einer bestimmten rasterförmigen An- und Zuordnung schlagwortartig genannt werden. Der Erwartungshorizont enthält somit nur wenige, für einen bestimmten Verfasser typische Merkmale; komplette Textpassagen, die inhaltlich und sprachlich aufeinander bezogen sind, fehlen. Er ist dementsprechend insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Gedankenführung, das Ausdrucks- und Argumentationsvermögen, die Sprachrichtigkeit und sprachlich-stilistische Mittel sowie die Beherrschung der Grammatik nur von begrenzter Aussagekraft. Anknüpfend hieran ergeben sich auch wesentliche Unterschiede zu dem Sachverhalt, der dem vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 22.02.1984 (a.a.O.) bestätigten Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg - 5 OVG A 17/81 - (erstinstanzlich: VG Schleswig, Urt. v. 11.12.1980 - 5 A 38/80 -) zugrundelag. Denn in dieser Entscheidung, die zu einem Täuschungsversuch bei einer schriftlichen Prüfungsarbeit im Rahmen einer Beförderungsprüfung für den gehobenen Dienst in der Krankenkassenverwaltung ergangen ist, wird entscheidend auf die wortwörtliche Übereinstimmung einer großen Zahl von Sätzen (Unterstreichung nur hier) der Prüfungsarbeit mit dem Lösungsmuster abgestellt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung „....wörtliche und im übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung (Unterstreichung nur hier) einer anderen Person“ in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.1984 zu sehen.
21 
Das Ausmaß der von der Erstkorrektorin gekennzeichneten Übereinstimmungen mit den Lösungshinweisen lässt sich deshalb nur dann sachgerecht und zutreffend erfassen, wenn gleichzeitig ein Bezug zum Gesamtumfang und dem sprachlichen und inhaltlichen Kontext der Ausarbeitung der Klägerin hergestellt wird. Verfährt man entsprechend, ergeben sich aber, entgegen den - vom Beklagten übernommenen - Ausführungen des Fachreferenten für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe, nur punktuelle Parallelen, die nicht auf eine irregulär zustande gekommene Leistung bzw. Täuschung hinweisen.
22 
Soweit der Fachreferent für Englisch in seinen Stellungnahmen betont, in welchem Detaillierungsgrad die Klägerin in ihrem Entwurf die in den Lösungshinweisen verwendeten englischen Fachbegriffe und Formulierungen, insbesondere zur Gliederung und Strukturierung des Aufgabentextes getroffen habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung für die Kammer überzeugend dargelegt, dass sie durch den Englischunterricht vor dem Abitur und ihre eigene intensive Vorbereitung außerhalb des Unterrichts über die sprachlichen Mittel zur Strukturierung von Texten des Themenkreises, dem der in der Abiturprüfung 2009 konkret zu bearbeitende Aufgabentext entstammt, verfügt habe. Außerdem konnte sie nach ihren glaubhaften Angaben durch die über ihren Bruder vermittelte Kenntnis des Inhalts der E-Mail des Englischlehrers Dr. E. vom 27.03.2009 in der Zeit unmittelbar vor ihrer schriftlichen Abiturprüfung konkretere Vorstellungen vom Prüfungsthema im Fach Englisch gewinnen, als dies üblicherweise möglich sein mag.
23 
Ihre Aussage, dass - auch - die Bereiche Empire und „Rassenprobleme“ als sog. Sternchenthema im Englischunterricht abgehandelt worden seien, und dass sie die in der Abiturarbeit gewählte Form der Gliederung sowie die in diesem Zusammenhang benutzten (Fach-)Begriffe und Phrasen schon im Englischunterricht verwendet habe, ist nachvollziehbar. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass - entgegen den Angaben der Klägerin - Formulierungen und Begriffe wie „establishing the problem“, „consequences“ oder „solution“ und „conclusion“ als nicht geläufiges Fachvokabular bzw. als ungebräuchlich oder ungewöhnlich einzustufen sind; dies hat auch der Fachreferent für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe nicht substantiiert dargetan. Zwar verweist er auf eine nach seiner Auffassung besonders signifikante, den Lösungshinweisen entsprechende „subtile Differenzierung zwischen „solution“ und „conclusion“ für zwei Abschnitte des vorgelegten Textes“. Diese Ausführungen sind jedoch schon deshalb wenig überzeugend, weil er in einer Stellungnahme im Parallelverfahren des Bruders der Klägerin vom 04.04.2009 (Az.: 7 K xxxx/xx) die Verwendung der Begriffe „conclusion“ und „solution“ als „nicht verdächtig“ bezeichnet hat. Außerdem kann in diesem Zusammenhang nicht außer Betracht bleiben, dass die Lösungshinweise ausdrücklich von den Schülern eine aufgabengerechte, logisch aufgebaute und sachgerechte Darstellung erwarten.
24 
Von Bedeutung ist ferner, dass alle Prüfungsaufgaben der schriftlichen Abiturprüfung vom Kultusministerium landeseinheitlich im Rahmen der Bildungs- und Lehrpläne für die Jahrgangsstufen gestellt werden (§ 21 Abs. 2 NGVO). Hieraus folgt, dass Rahmen für den Prüfungsstoff die Lernziele und Lehrinhalte der Jahrgangsstufen sind. Anders als z. B. von einem Studenten an einer Universität darf von einem Abiturienten nichts verlangt werden, was er im Unterricht nicht gelernt haben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 372).
25 
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den in den Akten enthaltenen Angaben ihrer Englischlehrerin über die letzten zwei Jahre hinweg eine zuverlässige Schülerin gewesen ist, die sich durch konstant sehr gute mündliche und gute schriftliche Leistungen auszeichnete (Punktedurchschnitt 12/1, 12/2 und 13/1 = 12,0). Angesichts dessen ist es nicht auffällig, dass sie über ein gesichertes Repertoire sprachlicher Mittel im Englischen verfügt und in der Lage ist, einen auf ein spezielles Prüfungsthema zugeschnittenen Aufgabentext geistig zu durchdringen und zu analysieren sowie nach den gegebenen Arbeitsanweisungen Abschnitte dieses Aufgabentextes in der durch den Inhalt vorgegebenen Reihenfolge durch Verwendung bestimmter Fachbegriffe zu gliedern. Hierfür spricht auch der weitere Hinweis der Englischlehrerin, dass durch die Markierungen der Klägerin im Originalaufgabentext der Abiturarbeit belegbar sei, dass diese mit dem Text gearbeitet habe.
26 
Zudem ergibt ein Vergleich der Bewertung der Leistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch (von maximal 15 Verrechnungspunkten wurden von der Erst- und der Zweitkorrektorin 12,5 bzw. 11,5 Verrechnungspunkte vergeben) mit den Bewertungen der Leistungen der anderen 21 Abiturienten in diesem Aufgabenteil keine auffälligen Abweichungen. Vielmehr haben ausweislich der in der Akte vorhandenen Bewertungsbögen weitere 17 (Erstkorrektur) bzw. 10 (Zweitkorrektur) Schüler Verrechnungspunkte im zweistelligen Bereich erzielt.
27 
Nach alledem greift hier die über den Beweis des ersten Anscheins ermöglichte Beweiserleichterung zugunsten des Beklagten nicht ein. Die Eingriffsvoraussetzungen des § 28 Abs. 3 NGVO, die hier die Kenntnis der Klägerin vom Inhalt der internen amtlichen Lösungshinweise erfordern, sind nicht erfüllt. Nach den allgemeinen Regeln über die materielle Beweislast muss der Beklagte den Nachteil der Nichterweislichkeit dieses Umstandes tragen. Der Beklagte war, da die Klägerin alle insoweit - mindestens - erforderlichen Leistungen erbracht und auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt hat (§§ 14, 15, 19, 25 Abs. 2 NGVO), zur Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 26 Abs. 1 NGVO) zu verpflichten.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Beschluss
30 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf EUR 5000,- festgesetzt (vgl. Nr. 38.6 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 2004, 1525).
31 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
12 
Die Klage ist als in statthafter Weise kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig; sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. vom 22.05.2009, durch den die Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung 2009 ausgeschlossen worden ist, mit der Folge, dass die allgemeine Hochschulreife als nicht zuerkannt gilt, und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da es bei der Bewertung der schriftlichen Abiturarbeit im Fach Englisch durch die beiden Korrektorinnen mit - insgesamt - 10 Punkten verbleibt, und die Klägerin - unstreitig - mit ihren Leistungen in der übrigen Abiturprüfung (Block II der Gesamtqualifikation) und in den Kursen (Block I der Gesamtqualifikation) die Mindestqualifikation erreicht hat, ist der Beklagte verpflichtet, ihr die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Als Rechtsgrundlage für den Ausschluss der Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung kommt nur § 28 Abs. 3 der Verordnung des Kultusministeriums über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an Gymnasien der Normalform und Gymnasien in Aufbauform mit Heim (Abiturverordnung Gymnasien der Normalform - NGVO) vom 24. Juli 2001 (GBl. 2001, 518) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 05.08.2007 (GBl. S. 386) in Betracht. Danach wird der Schüler bei Vorliegen einer Täuschungshandlung von der weiteren Teilnahme an der Prüfung ausgeschlossen; dies gilt als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 28 Abs. 3 Satz 1 NGVO). In leichten Fällen kann stattdessen die Prüfungsleistung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werden. Die Entscheidung trifft bei der schriftlichen Prüfung der Schulleiter (§ § 21 Abs. 3 Satz 1, 28 Abs. 3 Sätze 2 u. 3 NGVO). Eine Täuschungshandlung begeht, wer es unternimmt, das Prüfungsergebnis durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen oder nicht zugelassene Hilfsmittel nach Bekanntgabe der Prüfungsaufgaben mitführt oder Beihilfe zu einer Täuschung oder einem Täuschungsversuch leistet (§ 28 Abs. 1 NGVO).
14 
Täuschung im Sinne des Prüfungsrechts und auch dieser Vorschrift ist die Vorspiegelung einer eigenständigen und regulär erbrachten Prüfungsleistung, um bei dem Prüfer über die ihr zugrunde liegenden Kenntnisse und Fähigkeiten einen Irrtum zu erregen. Die Sanktionen bei Täuschungen knüpfen an die Tatsache an, dass zu einer ordnungsgemäßen Prüfungsleistung die eigenständige, nur mit den zugelassenen Hilfsmitteln erfolgte Bearbeitung der Prüfungsaufgabe gehört. Eine Täuschung bzw. ein Täuschungsversuch läuft sowohl dem Prüfungszweck, das Leistungsvermögen der Prüfungsteilnehmer unverfälscht, d. h. im Rahmen der Prüfungsbedingungen festzustellen, als auch dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit zuwider (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 4. Aufl., Rdnrn. 447, 448 m. w. N.). Eine Täuschungshandlung liegt auch dann vor, wenn sich der Prüfling vor der schriftlichen Prüfung die geheim gehaltenen Prüfungsaufgaben verschafft und sich entsprechend für die Prüfung präpariert (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.11.1977 - IX 972/75 -) oder wenn er - darüber hinaus - eine von ihm in Kenntnis der internen Musterlösung erstellte Prüfungsarbeit als eigene Prüfungsleistung ausgibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 196). Die Beurteilung, ob ein Täuschungsversuch anzunehmen ist, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 30.08.1985 - 15 A 706/82 -, NVwZ 1986, 851). Die Prüfungsbehörde bzw. das für die Leitung der Prüfung zuständige Prüfungsorgan trägt die materielle Beweislast dafür, dass die von ihr bzw. ihm angenommenen Voraussetzungen einer Täuschung vorliegen. Das bedeutet, dass von der Annahme einer Täuschung abgesehen werden muss und die Leistungen in der üblichen Form bewertet werden müssen, wenn die Beweismittel für die Feststellung der Umstände nicht ausreichen, die mit hinreichender Gewissheit eine Täuschung oder deren Versuch ergeben (Niehues, a. a. O., Rdnr. 455). Allerdings können die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Täuschungsversuchs durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn sich aufgrund der feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, dass der Prüfungsteilnehmer getäuscht hat. So kann je nach den Umständen des Einzelfalles mit den Mitteln des Anscheinsbeweises sowohl der Nachweis einer Regelverletzung als auch der Nachweis des Täuschungsvorsatzes geführt werden (Niehues, a. a. O., Rdnr. 456; BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Spricht der erste Anschein für das Vorliegen einer Regelverletzung oder des Täuschungsvorsatzes, so ist es Sache des Prüfungsteilnehmers, die Schlussfolgerung, auf der dieser Anschein beruht, zu entkräften. Hierfür reicht es nicht aus, die Denkmöglichkeit eines dem Anschein nicht entsprechenden Ablaufs aufzuzeigen. Vielmehr muss der Prüfungsteilnehmer nachvollziehbar und in sich stimmig die Tatsachen schildern und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Verlaufs ergibt. Gelingt dies, so obliegt der Prüfungsbehörde der sog. Vollbeweis (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 30.04.2003, a. a. O., m. w. N.).
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Ausgehend hiervon hat die Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. und ihr folgend das Regierungspräsidium Karlsruhe zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen einer (schweren) Täuschungshandlung der Klägerin bei dem Teil I - Comprehension - der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch vorliegen; der Beklagte hat den entsprechenden, ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht. Zwar kann eine Täuschungshandlung auch durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn die Prüfungsarbeit und das vom Aufgabensteller erarbeitete, allein zur Verfügung durch die Prüfer bestimmte Lösungsmuster teilweise wörtlich und im Übrigen in Gliederung und Gedankenführung übereinstimmen. Denn die in erheblichem Umfang wörtliche und im Übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung einer anderen Person setzt typischerweise voraus, dass der Wiedergebende von dieser Ausarbeitung zuvor Kenntnis erhalten hat (BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Derartige Anknüpfungstatsachen, die einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf erkennen lassen und deshalb bei verständiger Würdigung den Anschein erwecken, dass die Klägerin in einem Teil der Englischklausur getäuscht hat, vermag die Kammer hier jedoch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht festzustellen.
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Ob die beschriebenen Übereinstimmungen der Prüfungsarbeit mit dem amtlichen Lösungsmuster vorliegen und die sich daran knüpfende Vermutung einer Täuschungshandlung zu Lasten des Prüflings rechtfertigen, kann nur durch einen umfassenden und einzelfallbezogenen Vergleich festgestellt werden, der den Inhalt der konkret erbrachten Prüfungsleistung sowie Art, Umfang und Detaillierungsgrad des Lösungsmusters berücksichtigt. Von Bedeutung ist dabei, in welchem Maß die Aufgabenstellung eine bestimmte Form der Bearbeitung vorgibt bzw. verschiedene Abhandlungsmöglichkeiten des Prüfungsthemas durch den Prüfling eröffnet und inwieweit die amtlichen Lösungshinweise nach Art, Umfang und Inhalt auf einen bestimmten Urheber schließen lassen. Je detaillierter und umfangreicher die Vorgaben des Lösungsvorschlags (wie z.B. im Falle einer in ganzen Sätzen formulierten, in sich geschlossenen „Musterlösung“) sind, um so deutlicher treten die für einen bestimmten Verfasser typischen Merkmale hervor. Der erste Anschein spricht daher eher für das Vorliegen einer Regelverletzung des Prüflings, wenn seine Lösung trotz mehrerer denkbarer richtiger Varianten weitgehend mit einer nach Form und Inhalt ins Einzelne gehenden Musterlösung identisch ist.
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Unter Berücksichtigung dessen fehlt es vorliegend an dem vom Beklagten angenommenen hohen Grad der Übereinstimmung der Prüfungsleistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen.
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Art und Ausmaß der Übereinstimmungen lassen sich anhand der farblichen Markierungen nachvollziehen, mit denen die Erstkorrektorin der Englischarbeit die in der Prüfungsakte vorhandenen Kopien der vorgelegten Originalklausur der Klägerin versehen hat. Bei der angestrichenen Unterteilung des Aufgabentextes nach Zeilen ergibt allerdings eine Gegenüberstellung, dass in den Lösungshinweisen (I. Comprehension 1.) unter dem Begriff „lines“ der zweite Textabschnitt mit „12-18“ gekennzeichnet ist, während die Klägerin in ihrer Bearbeitung (Reinschrift) der Teilaufgabe 1 den zweiten Textabschnitt mit „line 11-18“ überschrieben hat. Auch die Formulierung „governmental reactions“ („lines 19-31“ der Lösungshinweise) findet sich so in ihrer Bearbeitung (dort unter „line 24-40“ „....governmental actions“) nicht. Im Übrigen belegen die vorgenommenen Markierungen in der kopierten Version der Prüfungsarbeit der Klägerin, dass die Unterteilung des Aufgabentextes nach benannten Zeilen an zwei Stellen (lines 1-11 und 41-48) mit den Lösungshinweisen übereinstimmt und dass Teilantworten ihrer Ausarbeitung (Bogen 1) zu Teil I der Textaufgabe - Comprehension - identische englische Begriffe und Wortkombinationen enthalten. Bei der Teilaufgabe 1 („Outline the structure of the text and the author´s intentions.“) handelt es sich dabei um einzelne Wörter, die in den Lösungshinweisen (unter „Structure“) in Überschriften genannt werden und jeweils der dort vorgenommenen Gliederung nach Zeilen zugeordnet sind („Establishing the problem“; „Consequences“; „Solutions“ [in der Bearbeitung „solution“]; „Conclusion“), sowie teilweise um Formulierungen und Begriffe, die bei den in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Überschriften aufgeführt sind („experiences of first- and second-generation immigrants“; „riots in Bradford“). Bei der Teilaufgabe 2 („Ilustrate Trevor Philipps‘ statement that Britain is „sleepwalking into segregation“ by providing suitable examples from the text.“) und der Teilaufgabe 3 („Summarize the measures Britain has taken to foster racial equality and the problems that still remain to be solved.“) des Teils I treten wörtliche Übereinstimmungen bei drei in den Lösungshinweisen unter 2. (Examples) und bei drei dort unter 3. (Measures) genannten Ausdrucksformen auf („residential and educational segregation“; „parallel communities“; „seperate identities“ bzw. „tests of national knowledge“; „sense of Britishness“ und „better relationship between the police and.“). Im Entwurf zur Bearbeitung (Reinschrift) hat die Klägerin (nur) die Zeilenangaben „1-11“ und „12-18“ genannt sowie die oben bei den Teilaufgaben 1 und 2 angesprochenen Begriffe und Formulierungen verwendet.
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Diesen - wörtlichen - Übereinstimmungen kann bereits bei hierauf beschränkter, isolierter Betrachtung nicht das vom Beklagten behauptete Gewicht zugemessen werden. Festzustellen ist zunächst, dass die Gliederung nach Zeilen des Aufgabentextes (Teilaufgabe 1) in der Bearbeitung der Klägerin nur in Teilbereichen dem Erwartungshorizont entspricht. Dies gilt insbesondere für „line 24-40“ im Gegensatz zu „Lines 19-31 und 32-40“. Auch der Umstand, dass in ihrer Bearbeitung bei der Teilaufgabe 1 überhaupt eine Unterteilung der Textvorlage nach Zeilen stattgefunden hat, ist als solcher nicht auffällig, da am Rand des Textes der zu bearbeitenden Textaufgabe in Fünferschritten eine Nummerierung der Zeilen erfolgt ist und die der Ermittlung des Textverständnisses der Abiturienten dienende Aufgabenstellung ausdrücklich eine erläuternde Strukturierung der Textvorlage verlangt. Anders als im Erwartungshorizont sind die zur Gliederung bzw. zur Strukturierung des Aufgabentextes benutzten Oberbegriffe in der Bearbeitung (Reinschrift) der Klägerin nicht in Form hervorgehobener Überschriften zu finden, sondern sind Bestandteil ihrer zusammenhängender Ausführungen bei der Teilaufgabe 1. Den Gliederungsbegriff „Generalization“ (Lösungshinweise Teilaufgabe 1, lines 19-31) verwendet die Klägerin nicht. Die im Lösungshinweis gebrauchten Wendungen „personified approach“ (lines 1-11), „conflicting generations“ (lines 19-31), „situation of minority groups in GB“ (lines 19-31), „Government measures in the US and particularly in GB“ (lines 32-40) und „assessment and prospects“ (lines 41-48) sind in der Aufgabenlösung und im Entwurf der Klägerin ebenfalls nicht enthalten. Dies gilt auch bezüglich der bei der Teilaufgabe 2 des Teils I in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Formulierungen „unwilling acceptance of diversity“ und „lack of government action“.
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Die danach verbleibenden Parallelen und Wortgleichheiten rechtfertigen es nach Auffassung der Kammer nicht, von Übereinstimmungen erheblichen Umfangs des Teils I der Abiturarbeit der Klägerin im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen auszugehen. Neben dem in quantitativer Hinsicht vorgenommenen Abgleich sind für diese Einschätzung die von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren thematisierte Beschaffenheit der Lösungshinweise einerseits und ihrer schriftlichen Ausarbeitung anderseits von besonderer Bedeutung. Die Klägerin hat ihre Ergebnisse durchgehend in ganzen Sätzen formuliert und einen nach Maßgabe der Aufgabenstellungen abschnittsweise gegliederten, aber insgesamt in sich geschlossenen Lösungstext erstellt. Die Beschreibung der von den Abiturienten erwarteten Prüfungsleistungen in den Lösungshinweisen ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass einzelne englische (Fach-)Begriffe und kurze Wortsequenzen in einer bestimmten rasterförmigen An- und Zuordnung schlagwortartig genannt werden. Der Erwartungshorizont enthält somit nur wenige, für einen bestimmten Verfasser typische Merkmale; komplette Textpassagen, die inhaltlich und sprachlich aufeinander bezogen sind, fehlen. Er ist dementsprechend insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Gedankenführung, das Ausdrucks- und Argumentationsvermögen, die Sprachrichtigkeit und sprachlich-stilistische Mittel sowie die Beherrschung der Grammatik nur von begrenzter Aussagekraft. Anknüpfend hieran ergeben sich auch wesentliche Unterschiede zu dem Sachverhalt, der dem vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 22.02.1984 (a.a.O.) bestätigten Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg - 5 OVG A 17/81 - (erstinstanzlich: VG Schleswig, Urt. v. 11.12.1980 - 5 A 38/80 -) zugrundelag. Denn in dieser Entscheidung, die zu einem Täuschungsversuch bei einer schriftlichen Prüfungsarbeit im Rahmen einer Beförderungsprüfung für den gehobenen Dienst in der Krankenkassenverwaltung ergangen ist, wird entscheidend auf die wortwörtliche Übereinstimmung einer großen Zahl von Sätzen (Unterstreichung nur hier) der Prüfungsarbeit mit dem Lösungsmuster abgestellt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung „....wörtliche und im übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung (Unterstreichung nur hier) einer anderen Person“ in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.1984 zu sehen.
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Das Ausmaß der von der Erstkorrektorin gekennzeichneten Übereinstimmungen mit den Lösungshinweisen lässt sich deshalb nur dann sachgerecht und zutreffend erfassen, wenn gleichzeitig ein Bezug zum Gesamtumfang und dem sprachlichen und inhaltlichen Kontext der Ausarbeitung der Klägerin hergestellt wird. Verfährt man entsprechend, ergeben sich aber, entgegen den - vom Beklagten übernommenen - Ausführungen des Fachreferenten für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe, nur punktuelle Parallelen, die nicht auf eine irregulär zustande gekommene Leistung bzw. Täuschung hinweisen.
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Soweit der Fachreferent für Englisch in seinen Stellungnahmen betont, in welchem Detaillierungsgrad die Klägerin in ihrem Entwurf die in den Lösungshinweisen verwendeten englischen Fachbegriffe und Formulierungen, insbesondere zur Gliederung und Strukturierung des Aufgabentextes getroffen habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung für die Kammer überzeugend dargelegt, dass sie durch den Englischunterricht vor dem Abitur und ihre eigene intensive Vorbereitung außerhalb des Unterrichts über die sprachlichen Mittel zur Strukturierung von Texten des Themenkreises, dem der in der Abiturprüfung 2009 konkret zu bearbeitende Aufgabentext entstammt, verfügt habe. Außerdem konnte sie nach ihren glaubhaften Angaben durch die über ihren Bruder vermittelte Kenntnis des Inhalts der E-Mail des Englischlehrers Dr. E. vom 27.03.2009 in der Zeit unmittelbar vor ihrer schriftlichen Abiturprüfung konkretere Vorstellungen vom Prüfungsthema im Fach Englisch gewinnen, als dies üblicherweise möglich sein mag.
23 
Ihre Aussage, dass - auch - die Bereiche Empire und „Rassenprobleme“ als sog. Sternchenthema im Englischunterricht abgehandelt worden seien, und dass sie die in der Abiturarbeit gewählte Form der Gliederung sowie die in diesem Zusammenhang benutzten (Fach-)Begriffe und Phrasen schon im Englischunterricht verwendet habe, ist nachvollziehbar. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass - entgegen den Angaben der Klägerin - Formulierungen und Begriffe wie „establishing the problem“, „consequences“ oder „solution“ und „conclusion“ als nicht geläufiges Fachvokabular bzw. als ungebräuchlich oder ungewöhnlich einzustufen sind; dies hat auch der Fachreferent für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe nicht substantiiert dargetan. Zwar verweist er auf eine nach seiner Auffassung besonders signifikante, den Lösungshinweisen entsprechende „subtile Differenzierung zwischen „solution“ und „conclusion“ für zwei Abschnitte des vorgelegten Textes“. Diese Ausführungen sind jedoch schon deshalb wenig überzeugend, weil er in einer Stellungnahme im Parallelverfahren des Bruders der Klägerin vom 04.04.2009 (Az.: 7 K xxxx/xx) die Verwendung der Begriffe „conclusion“ und „solution“ als „nicht verdächtig“ bezeichnet hat. Außerdem kann in diesem Zusammenhang nicht außer Betracht bleiben, dass die Lösungshinweise ausdrücklich von den Schülern eine aufgabengerechte, logisch aufgebaute und sachgerechte Darstellung erwarten.
24 
Von Bedeutung ist ferner, dass alle Prüfungsaufgaben der schriftlichen Abiturprüfung vom Kultusministerium landeseinheitlich im Rahmen der Bildungs- und Lehrpläne für die Jahrgangsstufen gestellt werden (§ 21 Abs. 2 NGVO). Hieraus folgt, dass Rahmen für den Prüfungsstoff die Lernziele und Lehrinhalte der Jahrgangsstufen sind. Anders als z. B. von einem Studenten an einer Universität darf von einem Abiturienten nichts verlangt werden, was er im Unterricht nicht gelernt haben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 372).
25 
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den in den Akten enthaltenen Angaben ihrer Englischlehrerin über die letzten zwei Jahre hinweg eine zuverlässige Schülerin gewesen ist, die sich durch konstant sehr gute mündliche und gute schriftliche Leistungen auszeichnete (Punktedurchschnitt 12/1, 12/2 und 13/1 = 12,0). Angesichts dessen ist es nicht auffällig, dass sie über ein gesichertes Repertoire sprachlicher Mittel im Englischen verfügt und in der Lage ist, einen auf ein spezielles Prüfungsthema zugeschnittenen Aufgabentext geistig zu durchdringen und zu analysieren sowie nach den gegebenen Arbeitsanweisungen Abschnitte dieses Aufgabentextes in der durch den Inhalt vorgegebenen Reihenfolge durch Verwendung bestimmter Fachbegriffe zu gliedern. Hierfür spricht auch der weitere Hinweis der Englischlehrerin, dass durch die Markierungen der Klägerin im Originalaufgabentext der Abiturarbeit belegbar sei, dass diese mit dem Text gearbeitet habe.
26 
Zudem ergibt ein Vergleich der Bewertung der Leistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch (von maximal 15 Verrechnungspunkten wurden von der Erst- und der Zweitkorrektorin 12,5 bzw. 11,5 Verrechnungspunkte vergeben) mit den Bewertungen der Leistungen der anderen 21 Abiturienten in diesem Aufgabenteil keine auffälligen Abweichungen. Vielmehr haben ausweislich der in der Akte vorhandenen Bewertungsbögen weitere 17 (Erstkorrektur) bzw. 10 (Zweitkorrektur) Schüler Verrechnungspunkte im zweistelligen Bereich erzielt.
27 
Nach alledem greift hier die über den Beweis des ersten Anscheins ermöglichte Beweiserleichterung zugunsten des Beklagten nicht ein. Die Eingriffsvoraussetzungen des § 28 Abs. 3 NGVO, die hier die Kenntnis der Klägerin vom Inhalt der internen amtlichen Lösungshinweise erfordern, sind nicht erfüllt. Nach den allgemeinen Regeln über die materielle Beweislast muss der Beklagte den Nachteil der Nichterweislichkeit dieses Umstandes tragen. Der Beklagte war, da die Klägerin alle insoweit - mindestens - erforderlichen Leistungen erbracht und auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt hat (§§ 14, 15, 19, 25 Abs. 2 NGVO), zur Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 26 Abs. 1 NGVO) zu verpflichten.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Beschluss
30 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf EUR 5000,- festgesetzt (vgl. Nr. 38.6 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 2004, 1525).
31 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.