Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2010 - 7 K 1873/09

bei uns veröffentlicht am24.03.2010

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Schulleiterin des H. -Gymnasiums H. vom 22.05.2009 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 verpflichtet, der Klägerin auf der Grundlage der vorhandenen Bewertungsergebnisse die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das Nichtbestehen der Abiturprüfung.
Die Klägerin war Schülerin des H.-Gymnasiums in H.. Im Schuljahr 2008/2009 nahm sie an der dort abgehaltenen staatlichen Abiturprüfung teil. Die schriftliche Prüfung im Fach Englisch fand am 30.03.2009 in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.30 Uhr statt. Die Prüfungsleistungen der Klägerin (Schülernummer xx) wurden von der Erstkorrektorin, StR‘in D., und der Zweitkorrektorin, StR’in Sch. mit jeweils 10 Punkten bewertet. Am 20.04.2009 suchte die Erstkorrektorin die Schulleiterin des H.-Gymnasiums, StD’in B., auf und teilte dieser mit, dass ihr eine Abiturarbeit vorliege, in der Teile der Antworten mit dem Erwartungshorizont übereinstimmten. Die Übereinstimmung betreffe nur einzelne Teilantworten der Aufgabe 1, so dass sie die Arbeit normal durchkorrigiert habe. Mit Schreiben vom 05.05.2009 teilte die Schulleiterin der Klägerin daraufhin mit, dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sie in der Abiturprüfung eine Täuschungshandlung begangen habe, weil in Teil I - Comprehension - ihrer Abiturklausur im Fach Englisch eine auffällige Übereinstimmung mit den Lösungshinweisen vorliege. Nach ihrer sachverständigen Einschätzung könne es sich nicht um ein zufälliges Ergebnis handeln. Es sei beabsichtigt, sie von der weiteren Teilnahme an der Prüfung auszuschließen.
Nach persönlicher Anhörung der Klägerin schloss die Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. diese mit Bescheid vom 25.05.2009 von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung aus, weil sie nach den der Schule vorliegenden Erkenntnissen eine Täuschungshandlung in der schriftlichen Prüfung im Fach Englisch begangen habe. Der Entwurf der Klägerin zu Teil I - Comprehension - zeige in Teilen eine auffällige Übereinstimmung mit den offiziellen Lösungshinweisen des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg bezüglich der verwendeten englischen Begriffe sowie der gewählten grammatikalischen Formulierungen zur Textstrukturierung. Besonders signifikant sei die entsprechend den Lösungshinweisen vorgenommene subtile Differenzierung zwischen „solution“ und „conclusion“ für zwei Abschnitte des vorgelegten Textes sowie die wörtliche Übernahme dreier Beispiele „residental and educational segregation“, „seperate identities“ und „parallel communities“. Die Reihenfolge der Auflistung dieser drei Beispiele entspreche ebenfalls den Lösungshinweisen. Zur Strukturierung des Textes gebe es durchaus zahlreiche andere Möglichkeiten für sachlich richtige Abschnittsüberschriften, wie sie die Aufgabenstellung erfordere. Entsprechendes gelte für die Bezeichnung der Beispiele. Die Lösungshinweise stellten nur eine mögliche Aufgabenlösung dar. Entsprechend unwahrscheinlich sei es, dass eine Schülerin die Formulierungen der Lösungshinweise im vorliegenden Detaillierungsgrad treffe. Die Stichworte und Halbsätze des Entwurfs seien von der Schülerin in der Reinschrift übernommen worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin Kenntnis der Lösungshinweise gehabt habe und die dargestellte Übereinstimmung durch eine Reproduktion aus dem Gedächtnis hergestellt worden sei. Die Täuschungshandlung der Klägerin sei durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen und führe gem. § 28 Abs. 1 NGVO zum Ausschluss von der weiteren Teilnahme an der Prüfung. Diese Entscheidung gelte als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 NGVO, da kein leichter Fall vorliege.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 27.05.2009 Widerspruch ein. In der Folge nahm sie an der mündlichen Prüfung teil. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2009 - der Klägerin zugestellt am 15.07.2009 - wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch nach Einholung von Stellungnahmen seines Fachreferenten für Englisch zurück. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin sich von amtlichen Lösungshinweisen Kenntnis verschafft und diese Kenntnis bei der Prüfung verwertet habe.
Am 10.08.2009 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. vom 22.05.2009 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 zu verpflichten, ihr auf der Grundlage der vorhandenen Bewertungsergebnisse die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass ihr aufgrund der von ihr erreichten Leistungen die allgemeine Hochschulreife zuzusprechen sei. Dies gelte auch dann, wenn die Englischklausur mit 0 Punkten bewertet werden würde. Es liege keine Täuschungshandlung vor. Sie sei eine gute bis sehr gute Schülerin im Fach Englisch und habe diese Leistung kontinuierlich gehalten. Ihre besonderen Kenntnisse der englischen Sprache und der englischen Literatur verdanke sie unter anderem einem halbjährigen Aufenthalt in N. in Großbritannien. Diesen Aufenthalt habe sie dazu genutzt, ihre Sprachkenntnisse weiter zu verbessern und sich besondere Kenntnisse der englischen Literatur durch Textanalysen und Interpretationen zuzulegen. Für die Prüfung im Rahmen des Abiturs sei sie hierdurch besser vorbereitet gewesen als ihre Mitschüler. Der Englischlehrer ihres Bruders an der E.-Schule, OStR E., habe diesem am 27.03.2009 eine E-Mail zukommen lassen, die unter Berufung auf informierte Kreise den eindeutigen Hinweis enthalten habe, dass bei der Themenauswahl der Abiturprüfung mit Landeskunde/Empire zu rechnen sei. Sie habe sich daraufhin in der Prüfungsvorbereitung verstärkt mit diesem Thema beschäftigt. Ihre Arbeitsweise sei grundsätzlich geordnet und strukturiert. Die aus der Arbeit ersichtlichen Argumente habe sie in der Reihenfolge, wie diese sich aus dem Text der Aufgabenstellung ergeben hätten, abgearbeitet. Die Unterteilung des Textes in Abschnitte und benannt nach Zeilen stimme nicht mit den Vorgaben des amtlichen Lösungsvorschlags überein. Im Entwurf fänden sich einige wenige Begriffe, die im Lösungshinweis benannt seien. Soweit das im Lösungshinweis angeführte Beispiel einer Gliederung betrachtet und mit ihrer Lösung verglichen werde, sei festzustellen, dass sie nicht alle möglichen Gesichtspunkte, wie sie sich aus dem Lösungshinweis ergäben, gebraucht habe. Von den vorgeschlagenen 5 Begriffen, seien die Schlagworte „unwilling acceptance of diversity“ und „lack of government action“ in ihrem Text nicht verwendet worden. Ihre Gliederung weiche entgegen der Behauptung in der angegriffenen Verfügung vom Lösungshinweis im Umfang von 2/5, und daher wesentlich ab. Wenn im angegriffenen Bescheid davon die Rede sei, dass es durchaus zahlreiche andere Möglichkeiten für sachlich richtige Abschnittsüberschriften gebe, könne ihr wohl kaum der Vorwurf gemacht werden, dass sie die ihr bekannten und richtigen Begriffe verwendet habe. Der amtliche Lösungshinweis sei abgesehen von den angesprochenen Überschriften und einigen Fachbegriffen derart unbestimmt, dass allein aus der erklärten Verwendung von Begriffen und Gliederungspunkten keine Rückschlüsse aus dem Text auf eine Täuschungshandlung gezogen werden könnten. In ihrem Entwurf fänden sich zahlreiche Korrekturen. Ihm könne entnommen werden, dass sie sich dort durchaus noch nicht sicher gewesen sei. Dass sie Stichworte und Halbsätze aus dem Entwurf in die Reinschrift übernehme, sei eine Selbstverständlichkeit. Für eine über ihren Vater, einen ehemaligen Schulleiter, vermittelte Täuschungshandlung gebe es keine Anhaltspunkte. Außerdem müsste in diesem Fall eine dem Ministerium bzw. dem Regierungspräsidium Karlsruhe zuzuordnende Person an der Informationsbeschaffung mitgewirkt haben. Einen Verdacht in diese Richtung äußere der Beklagte weder offen noch trage er Tatsachen hierfür vor.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, dass das Vorbringen der Klägerin bereits im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geprüft worden sei. Der Fachreferent für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe sei der Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten Umstände und der Beschaffenheit der Lösungsskizze der hohe Grad der Übereinstimmung der Prüfungsleistung der Klägerin in Aufgabe 1 nur durch die Kenntnis der amtlichen Lösungshinweise zu erklären sei. Das Regierungspräsidium leite aus dem Umstand, dass der Vater der Klägerin ein ehemaliger Schulleiter sei, nicht ab, dass dieser Kenntnis von den Lösungshinweisen gehabt habe. Allerdings werde davon ausgegangen, dass die Leistung der Klägerin bei der in Rede stehenden Teilaufgabe der schriftlichen Abiturarbeit im Fach Englisch nur durch die Kenntnis der amtlichen Lösungshinweise zustande gekommen sein könne. Wie die Klägerin an die Lösungshinweise gelangt sei, sei ungeklärt. Der Beweis des ersten Anscheins greife bereits dann, wenn nicht geklärt sei, ob und auf welche Weise die amtlichen Lösungshinweise bekannt geworden seien.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen; die das Verfahren des Bruders der Klägerin (7 K xxxx/xx) betreffenden Gerichts- und Verwaltungsakten wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist als in statthafter Weise kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig; sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. vom 22.05.2009, durch den die Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung 2009 ausgeschlossen worden ist, mit der Folge, dass die allgemeine Hochschulreife als nicht zuerkannt gilt, und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da es bei der Bewertung der schriftlichen Abiturarbeit im Fach Englisch durch die beiden Korrektorinnen mit - insgesamt - 10 Punkten verbleibt, und die Klägerin - unstreitig - mit ihren Leistungen in der übrigen Abiturprüfung (Block II der Gesamtqualifikation) und in den Kursen (Block I der Gesamtqualifikation) die Mindestqualifikation erreicht hat, ist der Beklagte verpflichtet, ihr die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Als Rechtsgrundlage für den Ausschluss der Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung kommt nur § 28 Abs. 3 der Verordnung des Kultusministeriums über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an Gymnasien der Normalform und Gymnasien in Aufbauform mit Heim (Abiturverordnung Gymnasien der Normalform - NGVO) vom 24. Juli 2001 (GBl. 2001, 518) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 05.08.2007 (GBl. S. 386) in Betracht. Danach wird der Schüler bei Vorliegen einer Täuschungshandlung von der weiteren Teilnahme an der Prüfung ausgeschlossen; dies gilt als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 28 Abs. 3 Satz 1 NGVO). In leichten Fällen kann stattdessen die Prüfungsleistung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werden. Die Entscheidung trifft bei der schriftlichen Prüfung der Schulleiter (§ § 21 Abs. 3 Satz 1, 28 Abs. 3 Sätze 2 u. 3 NGVO). Eine Täuschungshandlung begeht, wer es unternimmt, das Prüfungsergebnis durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen oder nicht zugelassene Hilfsmittel nach Bekanntgabe der Prüfungsaufgaben mitführt oder Beihilfe zu einer Täuschung oder einem Täuschungsversuch leistet (§ 28 Abs. 1 NGVO).
14 
Täuschung im Sinne des Prüfungsrechts und auch dieser Vorschrift ist die Vorspiegelung einer eigenständigen und regulär erbrachten Prüfungsleistung, um bei dem Prüfer über die ihr zugrunde liegenden Kenntnisse und Fähigkeiten einen Irrtum zu erregen. Die Sanktionen bei Täuschungen knüpfen an die Tatsache an, dass zu einer ordnungsgemäßen Prüfungsleistung die eigenständige, nur mit den zugelassenen Hilfsmitteln erfolgte Bearbeitung der Prüfungsaufgabe gehört. Eine Täuschung bzw. ein Täuschungsversuch läuft sowohl dem Prüfungszweck, das Leistungsvermögen der Prüfungsteilnehmer unverfälscht, d. h. im Rahmen der Prüfungsbedingungen festzustellen, als auch dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit zuwider (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 4. Aufl., Rdnrn. 447, 448 m. w. N.). Eine Täuschungshandlung liegt auch dann vor, wenn sich der Prüfling vor der schriftlichen Prüfung die geheim gehaltenen Prüfungsaufgaben verschafft und sich entsprechend für die Prüfung präpariert (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.11.1977 - IX 972/75 -) oder wenn er - darüber hinaus - eine von ihm in Kenntnis der internen Musterlösung erstellte Prüfungsarbeit als eigene Prüfungsleistung ausgibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 196). Die Beurteilung, ob ein Täuschungsversuch anzunehmen ist, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 30.08.1985 - 15 A 706/82 -, NVwZ 1986, 851). Die Prüfungsbehörde bzw. das für die Leitung der Prüfung zuständige Prüfungsorgan trägt die materielle Beweislast dafür, dass die von ihr bzw. ihm angenommenen Voraussetzungen einer Täuschung vorliegen. Das bedeutet, dass von der Annahme einer Täuschung abgesehen werden muss und die Leistungen in der üblichen Form bewertet werden müssen, wenn die Beweismittel für die Feststellung der Umstände nicht ausreichen, die mit hinreichender Gewissheit eine Täuschung oder deren Versuch ergeben (Niehues, a. a. O., Rdnr. 455). Allerdings können die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Täuschungsversuchs durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn sich aufgrund der feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, dass der Prüfungsteilnehmer getäuscht hat. So kann je nach den Umständen des Einzelfalles mit den Mitteln des Anscheinsbeweises sowohl der Nachweis einer Regelverletzung als auch der Nachweis des Täuschungsvorsatzes geführt werden (Niehues, a. a. O., Rdnr. 456; BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Spricht der erste Anschein für das Vorliegen einer Regelverletzung oder des Täuschungsvorsatzes, so ist es Sache des Prüfungsteilnehmers, die Schlussfolgerung, auf der dieser Anschein beruht, zu entkräften. Hierfür reicht es nicht aus, die Denkmöglichkeit eines dem Anschein nicht entsprechenden Ablaufs aufzuzeigen. Vielmehr muss der Prüfungsteilnehmer nachvollziehbar und in sich stimmig die Tatsachen schildern und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Verlaufs ergibt. Gelingt dies, so obliegt der Prüfungsbehörde der sog. Vollbeweis (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 30.04.2003, a. a. O., m. w. N.).
15 
Ausgehend hiervon hat die Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. und ihr folgend das Regierungspräsidium Karlsruhe zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen einer (schweren) Täuschungshandlung der Klägerin bei dem Teil I - Comprehension - der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch vorliegen; der Beklagte hat den entsprechenden, ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht. Zwar kann eine Täuschungshandlung auch durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn die Prüfungsarbeit und das vom Aufgabensteller erarbeitete, allein zur Verfügung durch die Prüfer bestimmte Lösungsmuster teilweise wörtlich und im Übrigen in Gliederung und Gedankenführung übereinstimmen. Denn die in erheblichem Umfang wörtliche und im Übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung einer anderen Person setzt typischerweise voraus, dass der Wiedergebende von dieser Ausarbeitung zuvor Kenntnis erhalten hat (BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Derartige Anknüpfungstatsachen, die einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf erkennen lassen und deshalb bei verständiger Würdigung den Anschein erwecken, dass die Klägerin in einem Teil der Englischklausur getäuscht hat, vermag die Kammer hier jedoch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht festzustellen.
16 
Ob die beschriebenen Übereinstimmungen der Prüfungsarbeit mit dem amtlichen Lösungsmuster vorliegen und die sich daran knüpfende Vermutung einer Täuschungshandlung zu Lasten des Prüflings rechtfertigen, kann nur durch einen umfassenden und einzelfallbezogenen Vergleich festgestellt werden, der den Inhalt der konkret erbrachten Prüfungsleistung sowie Art, Umfang und Detaillierungsgrad des Lösungsmusters berücksichtigt. Von Bedeutung ist dabei, in welchem Maß die Aufgabenstellung eine bestimmte Form der Bearbeitung vorgibt bzw. verschiedene Abhandlungsmöglichkeiten des Prüfungsthemas durch den Prüfling eröffnet und inwieweit die amtlichen Lösungshinweise nach Art, Umfang und Inhalt auf einen bestimmten Urheber schließen lassen. Je detaillierter und umfangreicher die Vorgaben des Lösungsvorschlags (wie z.B. im Falle einer in ganzen Sätzen formulierten, in sich geschlossenen „Musterlösung“) sind, um so deutlicher treten die für einen bestimmten Verfasser typischen Merkmale hervor. Der erste Anschein spricht daher eher für das Vorliegen einer Regelverletzung des Prüflings, wenn seine Lösung trotz mehrerer denkbarer richtiger Varianten weitgehend mit einer nach Form und Inhalt ins Einzelne gehenden Musterlösung identisch ist.
17 
Unter Berücksichtigung dessen fehlt es vorliegend an dem vom Beklagten angenommenen hohen Grad der Übereinstimmung der Prüfungsleistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen.
18 
Art und Ausmaß der Übereinstimmungen lassen sich anhand der farblichen Markierungen nachvollziehen, mit denen die Erstkorrektorin der Englischarbeit die in der Prüfungsakte vorhandenen Kopien der vorgelegten Originalklausur der Klägerin versehen hat. Bei der angestrichenen Unterteilung des Aufgabentextes nach Zeilen ergibt allerdings eine Gegenüberstellung, dass in den Lösungshinweisen (I. Comprehension 1.) unter dem Begriff „lines“ der zweite Textabschnitt mit „12-18“ gekennzeichnet ist, während die Klägerin in ihrer Bearbeitung (Reinschrift) der Teilaufgabe 1 den zweiten Textabschnitt mit „line 11-18“ überschrieben hat. Auch die Formulierung „governmental reactions“ („lines 19-31“ der Lösungshinweise) findet sich so in ihrer Bearbeitung (dort unter „line 24-40“ „....governmental actions“) nicht. Im Übrigen belegen die vorgenommenen Markierungen in der kopierten Version der Prüfungsarbeit der Klägerin, dass die Unterteilung des Aufgabentextes nach benannten Zeilen an zwei Stellen (lines 1-11 und 41-48) mit den Lösungshinweisen übereinstimmt und dass Teilantworten ihrer Ausarbeitung (Bogen 1) zu Teil I der Textaufgabe - Comprehension - identische englische Begriffe und Wortkombinationen enthalten. Bei der Teilaufgabe 1 („Outline the structure of the text and the author´s intentions.“) handelt es sich dabei um einzelne Wörter, die in den Lösungshinweisen (unter „Structure“) in Überschriften genannt werden und jeweils der dort vorgenommenen Gliederung nach Zeilen zugeordnet sind („Establishing the problem“; „Consequences“; „Solutions“ [in der Bearbeitung „solution“]; „Conclusion“), sowie teilweise um Formulierungen und Begriffe, die bei den in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Überschriften aufgeführt sind („experiences of first- and second-generation immigrants“; „riots in Bradford“). Bei der Teilaufgabe 2 („Ilustrate Trevor Philipps‘ statement that Britain is „sleepwalking into segregation“ by providing suitable examples from the text.“) und der Teilaufgabe 3 („Summarize the measures Britain has taken to foster racial equality and the problems that still remain to be solved.“) des Teils I treten wörtliche Übereinstimmungen bei drei in den Lösungshinweisen unter 2. (Examples) und bei drei dort unter 3. (Measures) genannten Ausdrucksformen auf („residential and educational segregation“; „parallel communities“; „seperate identities“ bzw. „tests of national knowledge“; „sense of Britishness“ und „better relationship between the police and.“). Im Entwurf zur Bearbeitung (Reinschrift) hat die Klägerin (nur) die Zeilenangaben „1-11“ und „12-18“ genannt sowie die oben bei den Teilaufgaben 1 und 2 angesprochenen Begriffe und Formulierungen verwendet.
19 
Diesen - wörtlichen - Übereinstimmungen kann bereits bei hierauf beschränkter, isolierter Betrachtung nicht das vom Beklagten behauptete Gewicht zugemessen werden. Festzustellen ist zunächst, dass die Gliederung nach Zeilen des Aufgabentextes (Teilaufgabe 1) in der Bearbeitung der Klägerin nur in Teilbereichen dem Erwartungshorizont entspricht. Dies gilt insbesondere für „line 24-40“ im Gegensatz zu „Lines 19-31 und 32-40“. Auch der Umstand, dass in ihrer Bearbeitung bei der Teilaufgabe 1 überhaupt eine Unterteilung der Textvorlage nach Zeilen stattgefunden hat, ist als solcher nicht auffällig, da am Rand des Textes der zu bearbeitenden Textaufgabe in Fünferschritten eine Nummerierung der Zeilen erfolgt ist und die der Ermittlung des Textverständnisses der Abiturienten dienende Aufgabenstellung ausdrücklich eine erläuternde Strukturierung der Textvorlage verlangt. Anders als im Erwartungshorizont sind die zur Gliederung bzw. zur Strukturierung des Aufgabentextes benutzten Oberbegriffe in der Bearbeitung (Reinschrift) der Klägerin nicht in Form hervorgehobener Überschriften zu finden, sondern sind Bestandteil ihrer zusammenhängender Ausführungen bei der Teilaufgabe 1. Den Gliederungsbegriff „Generalization“ (Lösungshinweise Teilaufgabe 1, lines 19-31) verwendet die Klägerin nicht. Die im Lösungshinweis gebrauchten Wendungen „personified approach“ (lines 1-11), „conflicting generations“ (lines 19-31), „situation of minority groups in GB“ (lines 19-31), „Government measures in the US and particularly in GB“ (lines 32-40) und „assessment and prospects“ (lines 41-48) sind in der Aufgabenlösung und im Entwurf der Klägerin ebenfalls nicht enthalten. Dies gilt auch bezüglich der bei der Teilaufgabe 2 des Teils I in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Formulierungen „unwilling acceptance of diversity“ und „lack of government action“.
20 
Die danach verbleibenden Parallelen und Wortgleichheiten rechtfertigen es nach Auffassung der Kammer nicht, von Übereinstimmungen erheblichen Umfangs des Teils I der Abiturarbeit der Klägerin im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen auszugehen. Neben dem in quantitativer Hinsicht vorgenommenen Abgleich sind für diese Einschätzung die von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren thematisierte Beschaffenheit der Lösungshinweise einerseits und ihrer schriftlichen Ausarbeitung anderseits von besonderer Bedeutung. Die Klägerin hat ihre Ergebnisse durchgehend in ganzen Sätzen formuliert und einen nach Maßgabe der Aufgabenstellungen abschnittsweise gegliederten, aber insgesamt in sich geschlossenen Lösungstext erstellt. Die Beschreibung der von den Abiturienten erwarteten Prüfungsleistungen in den Lösungshinweisen ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass einzelne englische (Fach-)Begriffe und kurze Wortsequenzen in einer bestimmten rasterförmigen An- und Zuordnung schlagwortartig genannt werden. Der Erwartungshorizont enthält somit nur wenige, für einen bestimmten Verfasser typische Merkmale; komplette Textpassagen, die inhaltlich und sprachlich aufeinander bezogen sind, fehlen. Er ist dementsprechend insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Gedankenführung, das Ausdrucks- und Argumentationsvermögen, die Sprachrichtigkeit und sprachlich-stilistische Mittel sowie die Beherrschung der Grammatik nur von begrenzter Aussagekraft. Anknüpfend hieran ergeben sich auch wesentliche Unterschiede zu dem Sachverhalt, der dem vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 22.02.1984 (a.a.O.) bestätigten Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg - 5 OVG A 17/81 - (erstinstanzlich: VG Schleswig, Urt. v. 11.12.1980 - 5 A 38/80 -) zugrundelag. Denn in dieser Entscheidung, die zu einem Täuschungsversuch bei einer schriftlichen Prüfungsarbeit im Rahmen einer Beförderungsprüfung für den gehobenen Dienst in der Krankenkassenverwaltung ergangen ist, wird entscheidend auf die wortwörtliche Übereinstimmung einer großen Zahl von Sätzen (Unterstreichung nur hier) der Prüfungsarbeit mit dem Lösungsmuster abgestellt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung „....wörtliche und im übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung (Unterstreichung nur hier) einer anderen Person“ in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.1984 zu sehen.
21 
Das Ausmaß der von der Erstkorrektorin gekennzeichneten Übereinstimmungen mit den Lösungshinweisen lässt sich deshalb nur dann sachgerecht und zutreffend erfassen, wenn gleichzeitig ein Bezug zum Gesamtumfang und dem sprachlichen und inhaltlichen Kontext der Ausarbeitung der Klägerin hergestellt wird. Verfährt man entsprechend, ergeben sich aber, entgegen den - vom Beklagten übernommenen - Ausführungen des Fachreferenten für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe, nur punktuelle Parallelen, die nicht auf eine irregulär zustande gekommene Leistung bzw. Täuschung hinweisen.
22 
Soweit der Fachreferent für Englisch in seinen Stellungnahmen betont, in welchem Detaillierungsgrad die Klägerin in ihrem Entwurf die in den Lösungshinweisen verwendeten englischen Fachbegriffe und Formulierungen, insbesondere zur Gliederung und Strukturierung des Aufgabentextes getroffen habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung für die Kammer überzeugend dargelegt, dass sie durch den Englischunterricht vor dem Abitur und ihre eigene intensive Vorbereitung außerhalb des Unterrichts über die sprachlichen Mittel zur Strukturierung von Texten des Themenkreises, dem der in der Abiturprüfung 2009 konkret zu bearbeitende Aufgabentext entstammt, verfügt habe. Außerdem konnte sie nach ihren glaubhaften Angaben durch die über ihren Bruder vermittelte Kenntnis des Inhalts der E-Mail des Englischlehrers Dr. E. vom 27.03.2009 in der Zeit unmittelbar vor ihrer schriftlichen Abiturprüfung konkretere Vorstellungen vom Prüfungsthema im Fach Englisch gewinnen, als dies üblicherweise möglich sein mag.
23 
Ihre Aussage, dass - auch - die Bereiche Empire und „Rassenprobleme“ als sog. Sternchenthema im Englischunterricht abgehandelt worden seien, und dass sie die in der Abiturarbeit gewählte Form der Gliederung sowie die in diesem Zusammenhang benutzten (Fach-)Begriffe und Phrasen schon im Englischunterricht verwendet habe, ist nachvollziehbar. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass - entgegen den Angaben der Klägerin - Formulierungen und Begriffe wie „establishing the problem“, „consequences“ oder „solution“ und „conclusion“ als nicht geläufiges Fachvokabular bzw. als ungebräuchlich oder ungewöhnlich einzustufen sind; dies hat auch der Fachreferent für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe nicht substantiiert dargetan. Zwar verweist er auf eine nach seiner Auffassung besonders signifikante, den Lösungshinweisen entsprechende „subtile Differenzierung zwischen „solution“ und „conclusion“ für zwei Abschnitte des vorgelegten Textes“. Diese Ausführungen sind jedoch schon deshalb wenig überzeugend, weil er in einer Stellungnahme im Parallelverfahren des Bruders der Klägerin vom 04.04.2009 (Az.: 7 K xxxx/xx) die Verwendung der Begriffe „conclusion“ und „solution“ als „nicht verdächtig“ bezeichnet hat. Außerdem kann in diesem Zusammenhang nicht außer Betracht bleiben, dass die Lösungshinweise ausdrücklich von den Schülern eine aufgabengerechte, logisch aufgebaute und sachgerechte Darstellung erwarten.
24 
Von Bedeutung ist ferner, dass alle Prüfungsaufgaben der schriftlichen Abiturprüfung vom Kultusministerium landeseinheitlich im Rahmen der Bildungs- und Lehrpläne für die Jahrgangsstufen gestellt werden (§ 21 Abs. 2 NGVO). Hieraus folgt, dass Rahmen für den Prüfungsstoff die Lernziele und Lehrinhalte der Jahrgangsstufen sind. Anders als z. B. von einem Studenten an einer Universität darf von einem Abiturienten nichts verlangt werden, was er im Unterricht nicht gelernt haben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 372).
25 
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den in den Akten enthaltenen Angaben ihrer Englischlehrerin über die letzten zwei Jahre hinweg eine zuverlässige Schülerin gewesen ist, die sich durch konstant sehr gute mündliche und gute schriftliche Leistungen auszeichnete (Punktedurchschnitt 12/1, 12/2 und 13/1 = 12,0). Angesichts dessen ist es nicht auffällig, dass sie über ein gesichertes Repertoire sprachlicher Mittel im Englischen verfügt und in der Lage ist, einen auf ein spezielles Prüfungsthema zugeschnittenen Aufgabentext geistig zu durchdringen und zu analysieren sowie nach den gegebenen Arbeitsanweisungen Abschnitte dieses Aufgabentextes in der durch den Inhalt vorgegebenen Reihenfolge durch Verwendung bestimmter Fachbegriffe zu gliedern. Hierfür spricht auch der weitere Hinweis der Englischlehrerin, dass durch die Markierungen der Klägerin im Originalaufgabentext der Abiturarbeit belegbar sei, dass diese mit dem Text gearbeitet habe.
26 
Zudem ergibt ein Vergleich der Bewertung der Leistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch (von maximal 15 Verrechnungspunkten wurden von der Erst- und der Zweitkorrektorin 12,5 bzw. 11,5 Verrechnungspunkte vergeben) mit den Bewertungen der Leistungen der anderen 21 Abiturienten in diesem Aufgabenteil keine auffälligen Abweichungen. Vielmehr haben ausweislich der in der Akte vorhandenen Bewertungsbögen weitere 17 (Erstkorrektur) bzw. 10 (Zweitkorrektur) Schüler Verrechnungspunkte im zweistelligen Bereich erzielt.
27 
Nach alledem greift hier die über den Beweis des ersten Anscheins ermöglichte Beweiserleichterung zugunsten des Beklagten nicht ein. Die Eingriffsvoraussetzungen des § 28 Abs. 3 NGVO, die hier die Kenntnis der Klägerin vom Inhalt der internen amtlichen Lösungshinweise erfordern, sind nicht erfüllt. Nach den allgemeinen Regeln über die materielle Beweislast muss der Beklagte den Nachteil der Nichterweislichkeit dieses Umstandes tragen. Der Beklagte war, da die Klägerin alle insoweit - mindestens - erforderlichen Leistungen erbracht und auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt hat (§§ 14, 15, 19, 25 Abs. 2 NGVO), zur Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 26 Abs. 1 NGVO) zu verpflichten.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Beschluss
30 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf EUR 5000,- festgesetzt (vgl. Nr. 38.6 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 2004, 1525).
31 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
12 
Die Klage ist als in statthafter Weise kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig; sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. vom 22.05.2009, durch den die Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung 2009 ausgeschlossen worden ist, mit der Folge, dass die allgemeine Hochschulreife als nicht zuerkannt gilt, und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.07.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da es bei der Bewertung der schriftlichen Abiturarbeit im Fach Englisch durch die beiden Korrektorinnen mit - insgesamt - 10 Punkten verbleibt, und die Klägerin - unstreitig - mit ihren Leistungen in der übrigen Abiturprüfung (Block II der Gesamtqualifikation) und in den Kursen (Block I der Gesamtqualifikation) die Mindestqualifikation erreicht hat, ist der Beklagte verpflichtet, ihr die allgemeine Hochschulreife zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Als Rechtsgrundlage für den Ausschluss der Klägerin von der weiteren Teilnahme an der Abiturprüfung kommt nur § 28 Abs. 3 der Verordnung des Kultusministeriums über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an Gymnasien der Normalform und Gymnasien in Aufbauform mit Heim (Abiturverordnung Gymnasien der Normalform - NGVO) vom 24. Juli 2001 (GBl. 2001, 518) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 05.08.2007 (GBl. S. 386) in Betracht. Danach wird der Schüler bei Vorliegen einer Täuschungshandlung von der weiteren Teilnahme an der Prüfung ausgeschlossen; dies gilt als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 28 Abs. 3 Satz 1 NGVO). In leichten Fällen kann stattdessen die Prüfungsleistung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werden. Die Entscheidung trifft bei der schriftlichen Prüfung der Schulleiter (§ § 21 Abs. 3 Satz 1, 28 Abs. 3 Sätze 2 u. 3 NGVO). Eine Täuschungshandlung begeht, wer es unternimmt, das Prüfungsergebnis durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen oder nicht zugelassene Hilfsmittel nach Bekanntgabe der Prüfungsaufgaben mitführt oder Beihilfe zu einer Täuschung oder einem Täuschungsversuch leistet (§ 28 Abs. 1 NGVO).
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Täuschung im Sinne des Prüfungsrechts und auch dieser Vorschrift ist die Vorspiegelung einer eigenständigen und regulär erbrachten Prüfungsleistung, um bei dem Prüfer über die ihr zugrunde liegenden Kenntnisse und Fähigkeiten einen Irrtum zu erregen. Die Sanktionen bei Täuschungen knüpfen an die Tatsache an, dass zu einer ordnungsgemäßen Prüfungsleistung die eigenständige, nur mit den zugelassenen Hilfsmitteln erfolgte Bearbeitung der Prüfungsaufgabe gehört. Eine Täuschung bzw. ein Täuschungsversuch läuft sowohl dem Prüfungszweck, das Leistungsvermögen der Prüfungsteilnehmer unverfälscht, d. h. im Rahmen der Prüfungsbedingungen festzustellen, als auch dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit zuwider (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 4. Aufl., Rdnrn. 447, 448 m. w. N.). Eine Täuschungshandlung liegt auch dann vor, wenn sich der Prüfling vor der schriftlichen Prüfung die geheim gehaltenen Prüfungsaufgaben verschafft und sich entsprechend für die Prüfung präpariert (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.11.1977 - IX 972/75 -) oder wenn er - darüber hinaus - eine von ihm in Kenntnis der internen Musterlösung erstellte Prüfungsarbeit als eigene Prüfungsleistung ausgibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 196). Die Beurteilung, ob ein Täuschungsversuch anzunehmen ist, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 30.08.1985 - 15 A 706/82 -, NVwZ 1986, 851). Die Prüfungsbehörde bzw. das für die Leitung der Prüfung zuständige Prüfungsorgan trägt die materielle Beweislast dafür, dass die von ihr bzw. ihm angenommenen Voraussetzungen einer Täuschung vorliegen. Das bedeutet, dass von der Annahme einer Täuschung abgesehen werden muss und die Leistungen in der üblichen Form bewertet werden müssen, wenn die Beweismittel für die Feststellung der Umstände nicht ausreichen, die mit hinreichender Gewissheit eine Täuschung oder deren Versuch ergeben (Niehues, a. a. O., Rdnr. 455). Allerdings können die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Täuschungsversuchs durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn sich aufgrund der feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, dass der Prüfungsteilnehmer getäuscht hat. So kann je nach den Umständen des Einzelfalles mit den Mitteln des Anscheinsbeweises sowohl der Nachweis einer Regelverletzung als auch der Nachweis des Täuschungsvorsatzes geführt werden (Niehues, a. a. O., Rdnr. 456; BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Spricht der erste Anschein für das Vorliegen einer Regelverletzung oder des Täuschungsvorsatzes, so ist es Sache des Prüfungsteilnehmers, die Schlussfolgerung, auf der dieser Anschein beruht, zu entkräften. Hierfür reicht es nicht aus, die Denkmöglichkeit eines dem Anschein nicht entsprechenden Ablaufs aufzuzeigen. Vielmehr muss der Prüfungsteilnehmer nachvollziehbar und in sich stimmig die Tatsachen schildern und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden Verlaufs ergibt. Gelingt dies, so obliegt der Prüfungsbehörde der sog. Vollbeweis (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 30.04.2003, a. a. O., m. w. N.).
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Ausgehend hiervon hat die Schulleiterin des H.-Gymnasiums H. und ihr folgend das Regierungspräsidium Karlsruhe zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen einer (schweren) Täuschungshandlung der Klägerin bei dem Teil I - Comprehension - der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch vorliegen; der Beklagte hat den entsprechenden, ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht. Zwar kann eine Täuschungshandlung auch durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn die Prüfungsarbeit und das vom Aufgabensteller erarbeitete, allein zur Verfügung durch die Prüfer bestimmte Lösungsmuster teilweise wörtlich und im Übrigen in Gliederung und Gedankenführung übereinstimmen. Denn die in erheblichem Umfang wörtliche und im Übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung einer anderen Person setzt typischerweise voraus, dass der Wiedergebende von dieser Ausarbeitung zuvor Kenntnis erhalten hat (BVerwG, Beschl. v. 20.02.1984, a. a. O.). Derartige Anknüpfungstatsachen, die einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf erkennen lassen und deshalb bei verständiger Würdigung den Anschein erwecken, dass die Klägerin in einem Teil der Englischklausur getäuscht hat, vermag die Kammer hier jedoch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht festzustellen.
16 
Ob die beschriebenen Übereinstimmungen der Prüfungsarbeit mit dem amtlichen Lösungsmuster vorliegen und die sich daran knüpfende Vermutung einer Täuschungshandlung zu Lasten des Prüflings rechtfertigen, kann nur durch einen umfassenden und einzelfallbezogenen Vergleich festgestellt werden, der den Inhalt der konkret erbrachten Prüfungsleistung sowie Art, Umfang und Detaillierungsgrad des Lösungsmusters berücksichtigt. Von Bedeutung ist dabei, in welchem Maß die Aufgabenstellung eine bestimmte Form der Bearbeitung vorgibt bzw. verschiedene Abhandlungsmöglichkeiten des Prüfungsthemas durch den Prüfling eröffnet und inwieweit die amtlichen Lösungshinweise nach Art, Umfang und Inhalt auf einen bestimmten Urheber schließen lassen. Je detaillierter und umfangreicher die Vorgaben des Lösungsvorschlags (wie z.B. im Falle einer in ganzen Sätzen formulierten, in sich geschlossenen „Musterlösung“) sind, um so deutlicher treten die für einen bestimmten Verfasser typischen Merkmale hervor. Der erste Anschein spricht daher eher für das Vorliegen einer Regelverletzung des Prüflings, wenn seine Lösung trotz mehrerer denkbarer richtiger Varianten weitgehend mit einer nach Form und Inhalt ins Einzelne gehenden Musterlösung identisch ist.
17 
Unter Berücksichtigung dessen fehlt es vorliegend an dem vom Beklagten angenommenen hohen Grad der Übereinstimmung der Prüfungsleistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen.
18 
Art und Ausmaß der Übereinstimmungen lassen sich anhand der farblichen Markierungen nachvollziehen, mit denen die Erstkorrektorin der Englischarbeit die in der Prüfungsakte vorhandenen Kopien der vorgelegten Originalklausur der Klägerin versehen hat. Bei der angestrichenen Unterteilung des Aufgabentextes nach Zeilen ergibt allerdings eine Gegenüberstellung, dass in den Lösungshinweisen (I. Comprehension 1.) unter dem Begriff „lines“ der zweite Textabschnitt mit „12-18“ gekennzeichnet ist, während die Klägerin in ihrer Bearbeitung (Reinschrift) der Teilaufgabe 1 den zweiten Textabschnitt mit „line 11-18“ überschrieben hat. Auch die Formulierung „governmental reactions“ („lines 19-31“ der Lösungshinweise) findet sich so in ihrer Bearbeitung (dort unter „line 24-40“ „....governmental actions“) nicht. Im Übrigen belegen die vorgenommenen Markierungen in der kopierten Version der Prüfungsarbeit der Klägerin, dass die Unterteilung des Aufgabentextes nach benannten Zeilen an zwei Stellen (lines 1-11 und 41-48) mit den Lösungshinweisen übereinstimmt und dass Teilantworten ihrer Ausarbeitung (Bogen 1) zu Teil I der Textaufgabe - Comprehension - identische englische Begriffe und Wortkombinationen enthalten. Bei der Teilaufgabe 1 („Outline the structure of the text and the author´s intentions.“) handelt es sich dabei um einzelne Wörter, die in den Lösungshinweisen (unter „Structure“) in Überschriften genannt werden und jeweils der dort vorgenommenen Gliederung nach Zeilen zugeordnet sind („Establishing the problem“; „Consequences“; „Solutions“ [in der Bearbeitung „solution“]; „Conclusion“), sowie teilweise um Formulierungen und Begriffe, die bei den in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Überschriften aufgeführt sind („experiences of first- and second-generation immigrants“; „riots in Bradford“). Bei der Teilaufgabe 2 („Ilustrate Trevor Philipps‘ statement that Britain is „sleepwalking into segregation“ by providing suitable examples from the text.“) und der Teilaufgabe 3 („Summarize the measures Britain has taken to foster racial equality and the problems that still remain to be solved.“) des Teils I treten wörtliche Übereinstimmungen bei drei in den Lösungshinweisen unter 2. (Examples) und bei drei dort unter 3. (Measures) genannten Ausdrucksformen auf („residential and educational segregation“; „parallel communities“; „seperate identities“ bzw. „tests of national knowledge“; „sense of Britishness“ und „better relationship between the police and.“). Im Entwurf zur Bearbeitung (Reinschrift) hat die Klägerin (nur) die Zeilenangaben „1-11“ und „12-18“ genannt sowie die oben bei den Teilaufgaben 1 und 2 angesprochenen Begriffe und Formulierungen verwendet.
19 
Diesen - wörtlichen - Übereinstimmungen kann bereits bei hierauf beschränkter, isolierter Betrachtung nicht das vom Beklagten behauptete Gewicht zugemessen werden. Festzustellen ist zunächst, dass die Gliederung nach Zeilen des Aufgabentextes (Teilaufgabe 1) in der Bearbeitung der Klägerin nur in Teilbereichen dem Erwartungshorizont entspricht. Dies gilt insbesondere für „line 24-40“ im Gegensatz zu „Lines 19-31 und 32-40“. Auch der Umstand, dass in ihrer Bearbeitung bei der Teilaufgabe 1 überhaupt eine Unterteilung der Textvorlage nach Zeilen stattgefunden hat, ist als solcher nicht auffällig, da am Rand des Textes der zu bearbeitenden Textaufgabe in Fünferschritten eine Nummerierung der Zeilen erfolgt ist und die der Ermittlung des Textverständnisses der Abiturienten dienende Aufgabenstellung ausdrücklich eine erläuternde Strukturierung der Textvorlage verlangt. Anders als im Erwartungshorizont sind die zur Gliederung bzw. zur Strukturierung des Aufgabentextes benutzten Oberbegriffe in der Bearbeitung (Reinschrift) der Klägerin nicht in Form hervorgehobener Überschriften zu finden, sondern sind Bestandteil ihrer zusammenhängender Ausführungen bei der Teilaufgabe 1. Den Gliederungsbegriff „Generalization“ (Lösungshinweise Teilaufgabe 1, lines 19-31) verwendet die Klägerin nicht. Die im Lösungshinweis gebrauchten Wendungen „personified approach“ (lines 1-11), „conflicting generations“ (lines 19-31), „situation of minority groups in GB“ (lines 19-31), „Government measures in the US and particularly in GB“ (lines 32-40) und „assessment and prospects“ (lines 41-48) sind in der Aufgabenlösung und im Entwurf der Klägerin ebenfalls nicht enthalten. Dies gilt auch bezüglich der bei der Teilaufgabe 2 des Teils I in den Lösungshinweisen vorgeschlagenen Formulierungen „unwilling acceptance of diversity“ und „lack of government action“.
20 
Die danach verbleibenden Parallelen und Wortgleichheiten rechtfertigen es nach Auffassung der Kammer nicht, von Übereinstimmungen erheblichen Umfangs des Teils I der Abiturarbeit der Klägerin im Fach Englisch mit den amtlichen Lösungshinweisen auszugehen. Neben dem in quantitativer Hinsicht vorgenommenen Abgleich sind für diese Einschätzung die von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren thematisierte Beschaffenheit der Lösungshinweise einerseits und ihrer schriftlichen Ausarbeitung anderseits von besonderer Bedeutung. Die Klägerin hat ihre Ergebnisse durchgehend in ganzen Sätzen formuliert und einen nach Maßgabe der Aufgabenstellungen abschnittsweise gegliederten, aber insgesamt in sich geschlossenen Lösungstext erstellt. Die Beschreibung der von den Abiturienten erwarteten Prüfungsleistungen in den Lösungshinweisen ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass einzelne englische (Fach-)Begriffe und kurze Wortsequenzen in einer bestimmten rasterförmigen An- und Zuordnung schlagwortartig genannt werden. Der Erwartungshorizont enthält somit nur wenige, für einen bestimmten Verfasser typische Merkmale; komplette Textpassagen, die inhaltlich und sprachlich aufeinander bezogen sind, fehlen. Er ist dementsprechend insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Gedankenführung, das Ausdrucks- und Argumentationsvermögen, die Sprachrichtigkeit und sprachlich-stilistische Mittel sowie die Beherrschung der Grammatik nur von begrenzter Aussagekraft. Anknüpfend hieran ergeben sich auch wesentliche Unterschiede zu dem Sachverhalt, der dem vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 22.02.1984 (a.a.O.) bestätigten Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg - 5 OVG A 17/81 - (erstinstanzlich: VG Schleswig, Urt. v. 11.12.1980 - 5 A 38/80 -) zugrundelag. Denn in dieser Entscheidung, die zu einem Täuschungsversuch bei einer schriftlichen Prüfungsarbeit im Rahmen einer Beförderungsprüfung für den gehobenen Dienst in der Krankenkassenverwaltung ergangen ist, wird entscheidend auf die wortwörtliche Übereinstimmung einer großen Zahl von Sätzen (Unterstreichung nur hier) der Prüfungsarbeit mit dem Lösungsmuster abgestellt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung „....wörtliche und im übrigen sinngemäße Wiedergabe der schriftlichen Ausarbeitung (Unterstreichung nur hier) einer anderen Person“ in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.1984 zu sehen.
21 
Das Ausmaß der von der Erstkorrektorin gekennzeichneten Übereinstimmungen mit den Lösungshinweisen lässt sich deshalb nur dann sachgerecht und zutreffend erfassen, wenn gleichzeitig ein Bezug zum Gesamtumfang und dem sprachlichen und inhaltlichen Kontext der Ausarbeitung der Klägerin hergestellt wird. Verfährt man entsprechend, ergeben sich aber, entgegen den - vom Beklagten übernommenen - Ausführungen des Fachreferenten für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe, nur punktuelle Parallelen, die nicht auf eine irregulär zustande gekommene Leistung bzw. Täuschung hinweisen.
22 
Soweit der Fachreferent für Englisch in seinen Stellungnahmen betont, in welchem Detaillierungsgrad die Klägerin in ihrem Entwurf die in den Lösungshinweisen verwendeten englischen Fachbegriffe und Formulierungen, insbesondere zur Gliederung und Strukturierung des Aufgabentextes getroffen habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung für die Kammer überzeugend dargelegt, dass sie durch den Englischunterricht vor dem Abitur und ihre eigene intensive Vorbereitung außerhalb des Unterrichts über die sprachlichen Mittel zur Strukturierung von Texten des Themenkreises, dem der in der Abiturprüfung 2009 konkret zu bearbeitende Aufgabentext entstammt, verfügt habe. Außerdem konnte sie nach ihren glaubhaften Angaben durch die über ihren Bruder vermittelte Kenntnis des Inhalts der E-Mail des Englischlehrers Dr. E. vom 27.03.2009 in der Zeit unmittelbar vor ihrer schriftlichen Abiturprüfung konkretere Vorstellungen vom Prüfungsthema im Fach Englisch gewinnen, als dies üblicherweise möglich sein mag.
23 
Ihre Aussage, dass - auch - die Bereiche Empire und „Rassenprobleme“ als sog. Sternchenthema im Englischunterricht abgehandelt worden seien, und dass sie die in der Abiturarbeit gewählte Form der Gliederung sowie die in diesem Zusammenhang benutzten (Fach-)Begriffe und Phrasen schon im Englischunterricht verwendet habe, ist nachvollziehbar. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass - entgegen den Angaben der Klägerin - Formulierungen und Begriffe wie „establishing the problem“, „consequences“ oder „solution“ und „conclusion“ als nicht geläufiges Fachvokabular bzw. als ungebräuchlich oder ungewöhnlich einzustufen sind; dies hat auch der Fachreferent für Englisch beim Regierungspräsidium Karlsruhe nicht substantiiert dargetan. Zwar verweist er auf eine nach seiner Auffassung besonders signifikante, den Lösungshinweisen entsprechende „subtile Differenzierung zwischen „solution“ und „conclusion“ für zwei Abschnitte des vorgelegten Textes“. Diese Ausführungen sind jedoch schon deshalb wenig überzeugend, weil er in einer Stellungnahme im Parallelverfahren des Bruders der Klägerin vom 04.04.2009 (Az.: 7 K xxxx/xx) die Verwendung der Begriffe „conclusion“ und „solution“ als „nicht verdächtig“ bezeichnet hat. Außerdem kann in diesem Zusammenhang nicht außer Betracht bleiben, dass die Lösungshinweise ausdrücklich von den Schülern eine aufgabengerechte, logisch aufgebaute und sachgerechte Darstellung erwarten.
24 
Von Bedeutung ist ferner, dass alle Prüfungsaufgaben der schriftlichen Abiturprüfung vom Kultusministerium landeseinheitlich im Rahmen der Bildungs- und Lehrpläne für die Jahrgangsstufen gestellt werden (§ 21 Abs. 2 NGVO). Hieraus folgt, dass Rahmen für den Prüfungsstoff die Lernziele und Lehrinhalte der Jahrgangsstufen sind. Anders als z. B. von einem Studenten an einer Universität darf von einem Abiturienten nichts verlangt werden, was er im Unterricht nicht gelernt haben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 372).
25 
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den in den Akten enthaltenen Angaben ihrer Englischlehrerin über die letzten zwei Jahre hinweg eine zuverlässige Schülerin gewesen ist, die sich durch konstant sehr gute mündliche und gute schriftliche Leistungen auszeichnete (Punktedurchschnitt 12/1, 12/2 und 13/1 = 12,0). Angesichts dessen ist es nicht auffällig, dass sie über ein gesichertes Repertoire sprachlicher Mittel im Englischen verfügt und in der Lage ist, einen auf ein spezielles Prüfungsthema zugeschnittenen Aufgabentext geistig zu durchdringen und zu analysieren sowie nach den gegebenen Arbeitsanweisungen Abschnitte dieses Aufgabentextes in der durch den Inhalt vorgegebenen Reihenfolge durch Verwendung bestimmter Fachbegriffe zu gliedern. Hierfür spricht auch der weitere Hinweis der Englischlehrerin, dass durch die Markierungen der Klägerin im Originalaufgabentext der Abiturarbeit belegbar sei, dass diese mit dem Text gearbeitet habe.
26 
Zudem ergibt ein Vergleich der Bewertung der Leistung der Klägerin im Aufgabenteil I der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Englisch (von maximal 15 Verrechnungspunkten wurden von der Erst- und der Zweitkorrektorin 12,5 bzw. 11,5 Verrechnungspunkte vergeben) mit den Bewertungen der Leistungen der anderen 21 Abiturienten in diesem Aufgabenteil keine auffälligen Abweichungen. Vielmehr haben ausweislich der in der Akte vorhandenen Bewertungsbögen weitere 17 (Erstkorrektur) bzw. 10 (Zweitkorrektur) Schüler Verrechnungspunkte im zweistelligen Bereich erzielt.
27 
Nach alledem greift hier die über den Beweis des ersten Anscheins ermöglichte Beweiserleichterung zugunsten des Beklagten nicht ein. Die Eingriffsvoraussetzungen des § 28 Abs. 3 NGVO, die hier die Kenntnis der Klägerin vom Inhalt der internen amtlichen Lösungshinweise erfordern, sind nicht erfüllt. Nach den allgemeinen Regeln über die materielle Beweislast muss der Beklagte den Nachteil der Nichterweislichkeit dieses Umstandes tragen. Der Beklagte war, da die Klägerin alle insoweit - mindestens - erforderlichen Leistungen erbracht und auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt hat (§§ 14, 15, 19, 25 Abs. 2 NGVO), zur Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife (§ 26 Abs. 1 NGVO) zu verpflichten.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Beschluss
30 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf EUR 5000,- festgesetzt (vgl. Nr. 38.6 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 2004, 1525).
31 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2010 - 7 K 1873/09 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. Februar 2011 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstrec

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.