Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 14. Juni 2016 - 7 A 1251/15
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den allein geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es ist nicht geeignet, die tragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, das streitgegenständliche Vorhaben verstoße nicht zu Lasten des klägerischen Grundstücks gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
4Soweit der Kläger dem entgegen hält, von dem Vorhaben gehe trotz der Einhaltung der Abstandflächen eine erdrückende Wirkung aus, weckt dies keine ernstlichen Zweifel.
5Es kann offen bleiben, inwieweit für die Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme angesichts der - aus den Gründen des angefochtenen Urteils gegebenen - Einhaltung der Abstandflächen überhaupt Raum ist.
6Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9.6.2011
7- 7 A 1494/09 -, Beschluss vom 9.2.2009
8- 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 m. w. N.
9Der Senat vermag jedenfalls nicht festzustellen, dass das Vorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt. Auch im Rahmen einer Gesamtschau ist mit Blick auf das Volumen des Vorhabengebäudes, seine Stellung auf dem Grundstück und die Lage des klägerischen Gebäudes weder eine „erdrückende Wirkung“ gegenüber dem Grundstück des Klägers noch sonst eine rechtlich relevante Rücksichtslosigkeit anzunehmen.
10Eine erdrückende Wirkung wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls ‑ und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
11Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2016 - 7 A 409/14 - , juris, m. w. N.
12Eine solche Wirkung kann angesichts der Umstände des Einzelfalls nicht angenommen werden. Das Vorhabengebäude und das Wohnhaus des Klägers nebst Wintergarten sind nach den Angaben im amtlichen Lageplan entlang der westlichen Grenze etwa 7 m voneinander entfernt. Aufgrund des L-förmigen Zuschnitts des Grundstücks des Beigeladenen und der durch die Doppelhausbebauung auf dem Grundstück des Klägers geprägten Grundstückssituation musste der Kläger mit einer von ihm nunmehr beanstandeten „Innenhofsituation“ im Rahmen der Bebauung des Grundstücks des Beigeladenen rechnen. Das aufgrund eines relevanten Höhenunterschieds zwischen dem Vorhabengebäude und dem Haus des Klägers eine Konstellation gegeben ist, in der von einem Gefühl des „Eingemauertseins“ die Rede sein könnte bzw. davon, dass das Vorhaben dem Grundstück des Klägers „die Luft nimmt“, hat dieser mit seinem Zulassungsantrag nicht dargelegt. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt, dass das Wohnhaus des Klägers eine vergleichbare Höhe wie das streitige Vorhaben hat. Auch ansonsten führen die Ausmaße des Vorhabens aus den zutreffenden Gründen des angegriffenen Urteils nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers. Auf den vom Verwaltungsgericht im Ortstermin gefertigten Lichtbildern ist eine in einer Innenstadtlage häufiger anzutreffende „Innenhofsituation“ zu erkennen, die die Grenze der Unzumutbarkeit bei weitem nicht erreicht.
13Gegenüber dem Kläger resultiert eine Rücksichtslosigkeit im Rechtssinne auch nicht aus der zu erwartenden Verschattung seines Grundstücks und den vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Einsichtsmöglichkeiten. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt. Entsprechendes gilt für Einsichtsmöglichkeiten, die in einem bebauten Gebiet üblich sind.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9.2.2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181, und vom 18.12.2015 ‑ 7 B 1085/15 -, BauR 2016, 541.
15Hiervon ausgehend begründet zunächst der zu erwartende Schattenwurf kein Abwehrrecht gegen das streitige Bauvorhaben. Dass ein sehr schmal geschnittenes Grundstück - wie das des Klägers - bei einer Verschattung durch Nachbargebäude relativ stark betroffen sein kann, beruht auf dem Grundstückszuschnitt und fällt grundsätzlich in die Risikosphäre des jeweiligen Eigentümers.
16Dass Fenster zum Grundstück des Klägers ausgerichtet sind, rechtfertigt im Ergebnis gleichfalls keine andere Bewertung. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass das Grundstück des Beigeladenen nicht oder nur so bebaut wird, dass die Möglichkeit eines Einblicks nicht gegeben ist. Die geschaffenen Einsichtsmöglichkeiten gehen ihrer Qualität nach nicht über eine regelmäßig hinzunehmende gegenseitige Einsichtnahme in die jeweiligen Ruhebereiche hinaus. Zudem kann sich der Kläger gegen die geltend gemachte Einsichtnahme in den Wintergarten und die Sauna durch entsprechende Sichtschutzmaßnahmen wie Rollos weitgehend schützen.
17Der weitere Einwand des Klägers hinsichtlich der Außenbeleuchtung mit Bewegungsmelder auf dem Grundstück des Beigeladenen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unwidersprochen und zu Recht darauf verwiesen, dass die Außenbeleuchtung nicht Gegenstand der Baugenehmigung ist. Gegen die geltend gemachte Ausleuchtung des Schlafzimmerfensters kann sich der Kläger im Übrigen ebenfalls durch entsprechende Maßnahmen (Verdunkelungsrollos) schützen.
18Soweit der Kläger sich durch einen in einer Öffnung der Außenwand installierten Ventilator gestört fühlt, hat schon das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger eine von dem Ventilator ausgehende unzumutbare Lärmbeeinträchtigung nicht im Ansatz dargelegt hat. Dem ist der Kläger im Zulassungsverfahren nicht entgegen getreten.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht aufzuerlegen, weil dieser keinen Sachantrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
20Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
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(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.