Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 07. Feb. 2014 - 13 A 2386/13.A

Gericht
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren wird abgelehnt.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 4. September 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
41. Eine Gehörsverletzung ergibt sich nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich auf ein von der Klägerin angeführtes Urteil des Verwaltungsgerichts Minden eingegangen ist.
5Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Entscheidungserwägungen einzustellen. Das Gericht muss sich dabei aber nicht mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzen. Aus einem Schweigen der Entscheidungsgründe zu Einzelheiten des Prozessstoffs allein kann noch nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe diese nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann daher nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen der Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2011
7– 10 B 38.11 –, juris, Rn. 2; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Februar 2013 – 13 A 2871/12. A – und vom 12. April 2013 – 13 A 2819/11. A -, jeweils juris.
8Dies zu Grunde gelegt lässt sich eine Versagung des rechtlichen Gehörs der Klägerin nicht feststellen. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Klägerin, die im Zulassungsantrag das verwaltungsgerichtliche Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens benennt (7 K 1956/12.A), das im (ersten) Schriftsatz vom 28. August 2013 erwähnte Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. Dezember 2006 (7 K 1929/06.A) meint, das sich zur Behandelbarkeit von posttraumatischen Belastungsstörungen im Kosovo verhält. Das Verwaltungsgericht war nicht verpflichtet, sich ausdrücklich mit diesem – viele Jahre zurückliegenden – Urteil in einem angeblichen Parallelfall auseinanderzusetzen. Die Klägerin hat auch keine besonderen Umstände aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass das Gericht ihr diesbezügliches Vorbringen nicht in Erwägung gezogen hat. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in der Sache und aufgrund wesentlich aktuellerer Erkenntnisse geprüft, ob eine Behandlung der Klägerin im Kosovo gewährleistet ist.
92. Auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12. Juni 2013 gestützt, ohne ihn ordnungsgemäß in das Verfahren einzuführen, bleibt ohne Erfolg. Allerdings verlangt das Gebot des rechtlichen Gehörs, dass das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Die Verwertung von Tatsachen und Beweisergebnissen setzt deshalb voraus, dass diese von den Verfahrensbeteiligten oder vom Gericht im Einzelnen bezeichnet zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden oder sonst in das Verfahren eingeführt worden sind und dass sich die Beteiligten hierzu äußern konnten. Dies gilt auch für die im Asylverfahren verwendeten Erkenntnisse.
10Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 982/00 -, AuAS 2001, 201, und vom 6. Juli 1993 - 2 BvR 514/93 -, juris, Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 8. Februar 1983 - 9 C 847.82 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132; OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2005 – 8 A 159/05.A –, juris, Rn. 19.
11Das Verwaltungsgericht hat hier den erwähnten Lagebericht im Urteil verwertet, obwohl es diesen weder in die Erkenntnisliste aufgenommen noch in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführt hatte. Der Klägerin ist so die Möglichkeit genommen worden, sich hierzu zu äußern. Dies führt aber nicht zur Zulassung der Berufung. Für eine schlüssige Gehörsrüge genügt nicht allein der Vortrag eines Gehörsverstoßes, sondern es ist darüber hinaus substantiiert darzulegen, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre. Nur auf der Grundlage eines solchen Vortrags kann geprüft und entschieden werden, ob auszuschließen ist, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, der Klägerin günstigeren Entscheidung geführt hätte.
12Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 – DVBl. 1993, 601 = juris, Rn. 34; BVerwG, Beschlüsse vom 31. Juli 1985 - 9 B 71.85 -, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28, und vom 12. Dezember 2000 - 11 B 76.00 -, NJW 2001, 841 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2002 – 21 A 1590/01.A –, juris, Rn. 12.
13Daran fehlt es hier. Zu einer solchen Darlegung hätte nicht zuletzt deshalb Anlass bestanden, weil sich die Angaben des Lageberichts vom 12. Juni 2013 zur Behandelbarkeit psychischer Erkrankungen im Kosovo im Wesentlichen mit denen des Lageberichts vom 6. Januar 2011 decken, der ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden ist.
143. Weiterhin liegt keine Gehörsverletzung darin begründet, dass das Verwaltungsgericht zur Behandlungsbedürftigkeit und -möglichkeit der Klägerin im Kosovo kein Sachverständigengutachten eingeholt bzw. sich die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen nicht durch die Verfasser hat erläutern lassen. Die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter haben ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt, sondern lediglich im Schriftsatz vom 28. August 2013 entsprechende Beweisanregungen vorgebracht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht aber nur, formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisanträgen zu entscheidungserheblichen Fragen nachzugehen.
15Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Januar 2012 ‑ 13 A 2821/11.A - und vom 21. Februar 2013 - 13 A 82/12.A -, jeweils juris.
16Auch soweit die Rüge als Aufklärungsrüge verstanden wird, kann die Klägerin nicht gehört werden, weil Verstöße gegen die Aufklärungspflicht nicht zu den in § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmängeln gehören, auf die der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG gestützt werden kann. Unabhängig davon gilt, dass das Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2012 - 13 A 2821/11. A -, juris.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
19Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.