Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Mai 2015 - 13 A 1802/14

ECLI:ECLI:DE:OVGNRW:2015:0518.13A1802.14.00
bei uns veröffentlicht am18.05.2015

Tenor

Dem Kläger wird für das Berufungsverfahren der Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Kanzlei N. bewilligt.


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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Mai 2015 - 13 A 1802/14 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 119 Bewilligung


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn d

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Mai 2015 - 13 A 1802/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2008 - IV ZR 343/07

bei uns veröffentlicht am 17.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 343/07 vom 17. September 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ ZPO § 121 Abs. 1 Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann der bedürftigen Partei eine Re

Verwaltungsgericht Halle Beschluss, 18. Dez. 2012 - 7 A 16/12

bei uns veröffentlicht am 18.12.2012

Gründe 1 Gemäß §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewäh-ren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wen

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 343/07
vom
17. September 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann der bedürftigen
Partei eine Rechtsanwaltssozietät beigeordnet werden.
BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - IV ZR 343/07 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 17. September 2008

beschlossen:
Dem Kläger wird für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 22. November 2007 Prozesskostenhilfe gewährt und die Sozietät der Rechtsanwälte Prof. Dr. Vorwerk und Dr. Schultz, Erbprinzenstraße 27, Karlsruhe, beigeordnet.
Der Kläger hat monatliche Raten in Höhe von 60 € an die Landeskasse zu zahlen.

Gründe:


1
Dem Kläger war im Rahmen der nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO gewährten Prozesskostenhilfe antragsgemäß die Rechtsanwaltssozietät Prof. Dr. Vorwerk und Dr. Schultz nach § 121 Abs. 1 ZPO für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beizuordnen. Diese Vorschrift ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass nicht nur eine persönliche Beiordnung eines einzelnen Rechtsanwalts vom Gesetz gestattet wird. Dafür sind die folgenden Erwägungen maßgebend:
2
Die 1. Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ermöglicht Gesellschaften , deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59c Abs. 1 BRAO). Nach § 59l BRAO kann die Rechtsanwaltsgesellschaft als Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden. Sie hat dann die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts, kann allerdings nur durch solche Organe und Vertreter handeln, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen vorliegen. Trotz dieser Einschränkung wird die Bestimmung teilweise dahin verstanden, dass die Rechtsanwaltsgesellschaft selbst - und nicht nur die für sie nach § 59l Satz 3 BRAO jeweils handlungsbefugte Person - prozess- und postulationsfähig ist mit der Folge, dass die Gesellschaft als solche einer Partei im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordnet werden kann (OLG Nürnberg NJW 2002, 3715 m.w.N.; OLG Frankfurt OLGR 2001, 153, juris Tz. 11, zustimmend Musielak/Fischer, ZPO 6. Aufl. § 121 Rdn. 6 a.E.; Zöller/Philippi, ZPO 26. Aufl. § 121 Rdn. 2).
3
Ähnliches 2. gilt für die Partnerschaftsgesellschaft. § 7 Abs. 4 PartGG lässt es ähnlich wie §§ 59c i.V. mit 59l BRAO zu, dass Rechtsuchende die Gesellschaft als Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte beauftragen , wobei auch hier die Gesellschaft durch ihre Partner und Vertreter handelt und § 7 Abs. 4 Satz 2 PartGG anordnet, dass diese jeweils in ihrer Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen aufweisen müssen.

4
Für 3. die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebene Anwaltssozietät ist spätestens mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 ff.) eine grundlegende Änderung der rechtlichen Anschauung eingetreten, weil ihr nunmehr die Rechtsfähigkeit einschließlich der Parteifähigkeit zugestanden wird, soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt (BGHZ aaO S. 343 ff.). Sie untersteht insoweit auch dem Schutz der Artt. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG.
5
4. Eine Beschränkung der Beiordnungsmöglichkeit auf Rechtsanwälte als Einzelpersonen würde die Rechtsanwaltssozietät in ihrer von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübung einschränken, ohne dass sich dafür heute noch tragfähige Gründe finden ließen (vgl. dazu auch Ganter in AnwBl 2007, 847). Zugleich könnte die Anwaltssozietät gegenüber Einzelanwälten, der Rechtsanwaltsgesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft in einer den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG berührenden Weise benachteiligt sein. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass der dem Prozesskostenhilferecht immanente Grundsatz der Waffengleichheit berührt ist, wenn einerseits eine vermögende Partei in der Lage ist, für sich eine Anwaltssozietät mit den aus deren Arbeitsteilung erwachsenden Vorteilen zu verpflichten, andererseits aber die auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei jeweils auf die Vertretung durch einen einzelnen Rechtsanwalt beschränkt ist (vgl. Ganter aaO).
6
Es tritt hinzu, dass die Rechtslage für den Mandanten einer Anwaltssozietät schwer durchschaubar wird, wenn ihm während des laufenden Mandats lediglich ein bestimmter Sozius nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordnet wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fin- det ein zuvor mit der Sozietät geschlossener Mandats-Vertrag mit der Beiordnung nicht ohne Weiteres sein Ende (BGH, Urteil vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03 - NJW-RR 2005, 261 unter III 1). Aus dem fehlenden Gleichlauf von Mandat und Beiordnung erwachsen sodann weitere Probleme hinsichtlich der Frage, inwieweit die Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch den Honoraranspruch der Sozietät erfasst, bzw. inwieweit jedenfalls der schließlich allein beigeordnete Rechtsanwalt gehalten ist, den Mandanten über die gebührenrechtlichen Folgen des fehlenden Gleichlaufs von Mandat und Beiordnung zu belehren, um sich nicht mit Blick auf den mitunter fortbestehenden Honoraranspruch der Sozietät schadensersatzpflichtig zu machen (vgl. dazu Ganter aaO).
7
5. Zwar wird in der Rechtsprechung auch nach der mit der Entscheidung BGHZ 146, 341 ff. verbundenen Zuerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts teilweise weiterhin die Auffassung vertreten, der Wortlaut des § 121 Abs. 1 ZPO verbiete die Beiordnung einer Rechtsanwaltssozietät (OLG Celle, Beschluss vom 2. Mai 2003 - 7 U 11/03 -; BayLSG, Beschluss vom 4. Juli 2006- L 15 B 44/03 R KO - beide veröffentlicht in juris). Das stützt sich zum einen darauf, dass der Gesetzgeber trotz der Neuregelungen über die Rechtsanwaltsgesellschaft (§§ 59c ff. BRAO) davon abgesehen hat, die §§ 78 und 121 ZPO neu zu fassen und die Beiordnungsmöglichkeit auf die Rechtsanwaltsgesellschaft zu erweitern, zum anderen darauf, dass mit der persönlichen Beiordnung eines einzelnen Rechtsanwalts vermieden werde, dass etwa ein in einer entfernt gelegenen Niederlassung derselben Sozietät tätiger Rechtsanwalt für die bedürftige Partei auftreten und hierdurch höhere Kosten verursachen könne.

8
Beide Argumente überzeugen nicht.
9
a) Wie bereits dargelegt, ist die Beiordnungsfähigkeit der Rechtsanwaltsgesellschaft mittlerweile ungeachtet der Tatsache anerkannt, dass der Gesetzgeber insoweit von einer Änderung des § 121 Abs. 1 ZPO abgesehen hat. Allein die Tatsache, dass der Wortlaut des § 121 ZPO unverändert fortbesteht, beantwortet im Übrigen nicht die Frage, ob die Vorschrift vor dem Hintergrund der inzwischen eingetretenen Rechtsentwicklung in Bezug auf die Rechtsanwalts- und die Partnerschaftsgesellschaft einer Korrektur mittels verfassungskonformer Auslegung bedarf. Zu der im Jahre 1998 geschaffenen Neuregelung der §§ 59c ff. BRAO und den bereits im Jahre 1995 geschaffenen Regelungen über die Partnerschaftsgesellschaft (vgl. dazu Schultz in Festschrift für Hirsch, 2008, S. 525, 526) tritt inzwischen hinzu, dass spätestens seit der zu Beginn des Jahres 2001 ergangenen Entscheidung BGHZ 146, 341 ff. die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, damit auch der Rechtsanwaltssozietät, anerkannt ist. Damit ist der wesentliche Grund, die Sozietät von einer Beiordnung auszuschließen, entfallen.
10
b) Auch das vom Oberlandesgericht Celle (aaO juris Tz. 3-5) und - ihm folgend - dem Bayerischen Landessozialgericht (aaO juris Tz. 22) ins Feld geführte Kostenargument ist nicht geeignet, die Rechtsanwaltssozietät von einer Beiordnung nach § 121 Abs. 1 ZPO auszuschließen. Der Gefahr, dass im Rahmen einer Sozietätsbeiordnung ein auswärtiger Rechtsanwalt für die bedürftige Partei auftritt und Kosten verursacht, die bei einer Einzelbeiordnung nicht entstanden wären, kann im Einzelfall nach § 121 Abs. 3 ZPO ausreichend begegnet werden, etwa dadurch, dass das Gericht die Beiordnung einer überörtlich tätigen Sozietät von der Zusage abhängig macht, auf die Erstattung von Reisekosten für Sozien aus entfernt gelegenen Niederlassungen zu verzichten, oder bereits der Beiordnungsantrag dahin ausgelegt wird, dass er einen solchen Verzicht enthalte (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 1/06 - NJW 2006, 3783 unter Tz. 7; Zöller/Philippi aaO Rdn. 13b).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 16.03.2007 - 13 O 125/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 22.11.2007 - 8 U 105/07 -

Gründe

1

Gemäß §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewäh-ren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

2

Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ist nur dann gegeben, wenn mehr als eine theoretische Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Klage spricht (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1997 - 1 BvR 391/93 -, NJW 1997, 2102, 2103), d.h. wenn der klägerische Rechtsstandpunkt ohne Überspannung der Anforderungen zutreffend oder bei schwieriger Rechtslage zumindest vertretbar erscheint (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 13. Mai 2003 - 2 O 145/03 -). Sie liegt nicht vor, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94 -, NJW 1997, 2745). Die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage darf allerdings nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses anstelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1991 - 1 BvR 1386/91 -, NJW 1992, 889).

3

Hiervon ausgehend ist der Klägerin, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, die beantragte Prozesskostenhilfe im tenorierten Umfang zu bewilligen. Dabei hat die Kammer das Klagebegehren im Hinblick auf den vorangegangenen Widerspruch der Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid vom 11. Januar 2012 und den formulierten Klageantrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Januar 2012 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 20. Januar 2012 (und des später ergangenen Bescheides vom 16. April 2012) zu verpflichten, der Klägerin Wohngeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin ihr Widerspruchsbegehren auf Bewilligung eines höheren als des ursprünglich bewilligten Wohngeldes weiter verfolgt, obwohl sie zwischenzeitlich selbst die Auffassung vertritt, dass ihre Tochter M. wohngeldrechtlich nicht als Haushaltsmitglied zu berücksichtigen ist. Die so verstandene Klage bietet nach gegenwärtigem Sach- und Erkenntnisstand hinreichende Erfolgsaussichten im oben beschriebenen Sinn, soweit sie auf Aufhebung der den Bewilligungsbescheid vom 11. Januar 2012 „verbösernden“ Bescheide vom 20. Januar 2012 und vom 16. April 2012 gerichtet ist. Denn diese Bescheide sind aller Voraussicht nach rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen fehlt es an hinreichenden Erfolgsaussichten, denn der Klägerin steht für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 30. November 2012 kein höheres als das bewilligte Wohngeld von monatlich 146 Euro zu.

4

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Wohngeld ist § 1 des Wohngeldgesetzes (WoGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 2008 (BGBl. I, S. 1856) und der Änderung durch Gesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2963). Danach wird Wohngeld zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens als Zuschuss zur Miete oder zur Belastung geleistet. Ob und in welcher Höhe Wohngeld bewilligt wird, hängt gemäß § 4 WoGG von der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§§ 5 bis 8 WoGG), der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung (§§ 9 bis 12) und dem Gesamteinkommen (§§ 13 bis 18) ab.

5

Der Klägerin steht für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 30. November 2012 Wohngeld in Form eines Lastenzuschusses in Höhe von monatlich 146 Euro zu. Bei einer wohngeldrechtlich berücksichtigungsfähigen Belastung für den selbst genutzten Wohnraum von 330,00 Euro und einem wohngeldrechtlich anzurechnenden monatlichen Einkommen von 516,53 Euro ergibt sich nach der Tabelle für einen Einpersonenhaushalt ein monatlicher Wohngeldanspruch in dieser Höhe. Insoweit wird zunächst auf die Berechnung in dem Ausgangsbescheid der Beklagten vom 11. Januar 2012 Bezug genommen.

6

Die „verbösernden“ Bescheide vom 20. Januar 2012 und vom 16. April 2012 sind rechtswidrig, weil sie unzutreffend von einem Zweipersonenhaushalt ausgehen. Es spricht Überwiegendes dafür, dass M. nicht als Haushaltsmitglied zählt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WoGG ist Haushaltsmitglied u.a. auch, wer mit einem Haushaltsmitglied in gerader Linie verwandt ist, und mit der wohngeldberechtigten Person in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft lebt, wenn der Wohnraum, für den Wohngeld beantragt wird, der jeweilige Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ist. Dies trifft für die am 23. Januar 1996 geborene Tochter der Klägerin, die in einer Betreuungseinrichtung in Leipzig lebt, nicht zu. Mittelpunkt der Lebensbeziehungen einer minderjährigen Person ist zwar grundsätzlich die Wohnung der Personensorgeberechtigten (vgl. auch Nummer 5.61 der VwV-WoGG). Auch ist bei Kindern, die in Heimen untergebracht sind, in der Regel davon auszugehen, dass sie nur vorübergehend vom Haushalt abwesend sind (vgl. Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, Kommentar Stand 1/2012, § 5 RdNr. 15). Ein solcher Regelfall liegt hier aber nicht vor. Die Klägerin hat die 52 m² große Wohnung, für die sie Wohngeld beantragt hat, zum 1. Dezember 2010 bezogen. M. war zu diesem Zeitpunkt bereits seit einiger Zeit unbefristet in einer Einrichtung untergebracht, nämlich seit August 2010 und hat in der aktuellen Wohnung selbst nie gewohnt. In der Wohnung wurde auch kein Raum für M. geschaffen, womit nicht nur ein eigenes Zimmer gemeint ist, sondern überhaupt Platz, an dem M. eigene persönliche Sachen unterbringen kann. Vielmehr schläft M. nach den Angaben der Klägerin in deren Bett, wenn sie am Wochenende bei ihr ist. In der Wohnung finden sich dem Vortrag der Klägerin zufolge keine Gegenstände der Tochter. Bekleidung oder Kosmetika würden dort nicht vorgehalten, M. bringe diese Sachen jeweils mit und nehme sie wieder mit in die Einrichtung zurück (vgl. zum Fall, dass für den Abwesenden tatsächlich kein Wohnraum mehr vorgehalten wird BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1984 - 8 C 175.81 -, juris). Zudem muss gesehen werden, dass M. zum Zeitpunkt der Beantragung des Wohngeldes im Dezember 2011 schon fast 16 Jahre alt war, so dass nach einem deutlich über einjährigem Aufenthalt in der Einrichtung angesichts der geschilderten objektiven Umstände von einem Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufgrund der vierzehntäglichen Besuche im Haushalt der Mutter kaum ausgegangen werden kann (vgl. zum Gesichtspunkt des Lebensalters Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, a.a.O., § 5 RdNr. 12). Ist hiernach voraussichtlich von einem Einpersonenhaushalt auszugehen, kommt ein höherer Wohngeldanspruch nicht in Betracht.

7

Der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass die „verbösernden“ Bescheide voraussichtlich auch dann rechtswidrig wären, wenn man von einem Zwei-Personenhaushalt ausginge. Denn sie rechnen ein wohngeldrechtlich nicht zu berücksichtigendes Einkommen der Tochter der Klägerin an. Die Beklagte hat den Beitrag zu den Kosten der Heimunterbringung, zu dem der Vater von M. nach § 92 SGB VIII herangezogen wird, als deren Einkommen nach § 11 Abs. 2 Nr. 19 WoGG gewertet. Bei dem Betrag von 250 Euro monatlich, den der Vater an das Jugendamt zahlt, handelt es sich aber nicht um eine Unterhaltszahlung an seine Tochter. Der Vater von M. wird zwar in dem Umfang, in dem er zu einem Kostenbeitrag herangezogen wird, von seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter befreit (vgl. § 10 Abs. 2 SGB VIII), zahlt aber gerade keinen Unterhalt, sondern beteiligt sich an den Kosten der Heimunterbringung.

8

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich, so dass dieser beizuordnen ist (§§ 166 VwGO, 121 Abs. 2 ZPO). Dabei ist entgegen dem Wortlaut des § 121 ZPO auch die Beiordnung einer Anwalts-GmbH im Sinne der §§ 59c ff. BRAO zulässig (vgl. BayLSG, Beschluss vom 21. Juni 2010 - L 2 U 428/09 B PKH -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2010 - L 19 AS 651/10 B -; OLG Nürnberg, Beschlüsse vom 1. Juli 2002 - 10 WF 1088/02 - und vom 15. Juli 2002 - 10 WF 1443/02 -; s.a. zur Beiordnung einer RA-Sozietät BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - IV ZR 343/07 - und zur Beiordnung einer RA-AG LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Februar 2010 - 2 Ta 12/10 -, a.A. OLG Celle, Beschluss vom 2. Mai 2003 - 7 U 11/03 -; Sächsisches LSG, Beschluss vom 24. April 2012 - L 3 AS 569/10 B PKH -). Die Rechtsanwaltsgesellschaft kann als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden (§ 59l Satz 1 BRAO). Sie hat dabei die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts (§ 59l Satz 2 BRAO) und handelt nach § 67 Abs. 2 Satz 3 VwGO durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragen Vertreter. Der Wortlaut des § 121 Abs. 1 ZPO, wonach „der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet“ wird, steht einer Beiordnung der Rechtsanwalts-GmbH nicht entgegen. Die bloße Wortlautauslegung des § 121 Abs. 1 ZPO ist im Hinblick auf die zeitlich späteren Änderungen im anwaltlichen Berufsrecht teleologisch zu eng. § 121 Abs. 1 ZPO ist daher im Lichte der §§ 59c, 59l BRAO verfassungskonform im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG auszulegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2010 - L 19 AS 651/10 B - unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 17. September 2009, a.a.O.). Hiernach ist antragsgemäß die von der Klägerin bevollmächtigte Rechtsanwalts-GmbH beizuordnen, wobei die Kammer den Antrag auf Beiordnung der überörtlich tätigen GmbH mit Blick auf § 121 Abs. 3 ZPO dahingehend auslegt, dass auf die Erstattung von Reisekosten für Sozien aus entfernt gelegenen Niederlassungen verzichtet wird (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 1 Nr. 2, 3 Abs. 2 GKG, § 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.