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Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers nach einem Verkehrsunfall vom 18.6.2003.
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1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 100 Prozent für den entstandenen Schaden eintrittspflichtig ist. Der Kläger hat in erster Instanz eine ihm entgangene Auslandsverwendungszulage für die Zeit vom 21.7. - 22.12.2005 (155 Tage zu 92,03 Euro am Tag) verlangt, da er unfallbedingt nicht an einem Militäreinsatz in A. teilnehmen konnte. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und wie lange der Kläger an dem Einsatz teilgenommen hätte und ob diese Leistungen überhaupt als Schaden geltend gemacht werden können. Die Beklagte ist der Auffassung, es handle sich um eine nicht ausgleichspflichtige Zulage, die nicht als Einkommen anzusehen sei.
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Das Landgericht hat im Wege eines Teilurteils den Auslandsverwendungszuschlag für die Zeit vom 1.8. - 30.11.2005 zugesprochen. Aus der Bescheinigung des Kompaniechefs ergebe sich der Einsatz und eine Teilnahme des Klägers, wenn er nicht den Unfall erlitten hätte. Bei dem Zuschlag handle es sich um eine ersatzpflichtige Gehaltszulage.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
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2. Die Berufungsbegründung der Beklagten rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung. Der Auslandsverwendungszuschlag werde für von außen drohende Gefahren für Leib und Leben, also für immaterielle Belastungen - quasi wie ein Schmerzensgeld - bezahlt. Wenn der Soldat diesen Belastungen nicht ausgesetzt sei, könne das Entfallen des Schmerzensgeldes nicht kommerzialisiert werden. Zudem bestehe kein Rechtsanspruch, auch bei vorzeitiger Rückkehr infolge Erkrankung entfalle der Zuschlag. Dieser sei im Übrigen steuerfrei.
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Das Teilurteil des Landgerichts Hechingen vom 8.3.2006 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
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Der Kläger hat die Klage in Höhe von 3.036,99 EUR zurückgenommen, soweit nicht mit dem Teilurteil des Landgerichts Hechingen die Auslandsverwendungszulage zugesprochen wurde.
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Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
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3. Die Berufungserwiderung verteidigt das landgerichtliche Urteil. Der Auslandsverwendungszuschlag werde nicht nur für immaterielle Belastungen gewährt, sondern sei daneben als Schmutz- und Erschwerniszulage für unangenehme, schwierige und zeitaufwändige Tätigkeiten gedacht. Durch den Wegfall des Zuschlags habe der Kläger einen ersatzfähigen Vermögensschaden erlitten.
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Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
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Die Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Nach der teilweisen Rücknahme der Klage liegt kein Teilurteil mehr vor. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Auslandsverwendungszulage.
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1. Der Kläger hat die Klage in Höhe von 3.036,99 EUR zurückgenommen, soweit nicht durch das erstinstanzliche Teilurteil über seine Ansprüche entschieden worden ist. Insoweit ist nach dieser teilweisen Rücknahme der Klage lediglich noch über den bereits vom Landgericht zuerkannten Betrag der Auslandsverwendungszulage in Höhe von 11.227,66 EUR zu entscheiden und es kann offen bleiben, ob es sich bei der landgerichtlichen Entscheidung um ein unzulässiges Teilurteil gehandelt hat.
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Gemäß § 301 ZPO kann ein Teilurteil erlassen werden, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Eine Teilbarkeit fehlt immer dann, wenn eine einheitliche Entscheidung geboten ist. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht. Der Bundesgerichtshof hat in einem vergleichbaren Sachverhalt bereits entschieden, dass eine teilweise Entscheidung über Verdienstausfall hinsichtlich eines bestimmten Zeitraums unzulässig ist. Mit einer offen gelassenen Entscheidung über den restlichen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall besteht die Gefahr, dass der Anspruch über den restlichen Verdienstausfall anders beurteilt wird als im Teilurteil. Eine Bindungswirkung besteht insoweit nicht (BGH NJW 2001, 760).
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2. Die Auslandsverwendungszulage ist ein ersatzfähiger Verdienstausfallschaden.
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a. Die Abgrenzung zwischen ersatzfähigen Vermögensschäden und grundsätzlich nicht ersatzfähigen immateriellen Schäden ist letzten Endes eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls. Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn der Schaden in Geld messbar ist und nicht nur der Persönlichkeitssphäre zuzuordnen ist. Die Messbarkeit in Geld ist anzunehmen, wenn sich die Höhe des Schadens im wesentlichen nach objektiven Kriterien und frei von subjektiven Empfindungen, Neigungen und Anschauungen des jeweiligen Betroffenen bestimmen lässt. Demgegenüber sind Gesundheit, körperliches Wohlbefinden, Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sowie Lebensfreuden und Lebensgenüsse der Persönlichkeitssphäre zuzurechnende ideelle Güter. Die Rechtsprechung hat hier schon das Vorliegen von Vermögensschäden bejaht (z.B. BGH NJW 1956, 1234; BGHZ 63, 98), zeigt aber andererseits Tendenzen, insoweit eine Zuordnung zum immateriellen Bereich vorzunehmen. So ist beispielsweise entschieden worden, dass anders als die tatsächlich erbrachte geldwerte Arbeitsleistung (BGHZ 131, 220; BVerwG JZ 1991, 980/98) weder die Arbeitskraft als solche (BGHZ 90, 334 [336]; BGH VersR 1992, 973), noch der vom Geschädigten zu erbringende Zeitaufwand (BGH NJW 1975, 972 [974]; BGH NJW 1977, 1446), noch die mit der Schadensbearbeitung verbundene Mühewaltung (BGHZ 111, 168 [177]), noch der Verlust der Möglichkeiten an Freizeitgestaltung (BGHZ 112, 392 [399]; BGH VersR 1992, 618 [620]) Vermögensqualität besitzen.
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Für die ersatzpflichtigen Erwerbsschäden gilt als Grundsatz, dass der Verlust von Erwerbseinkommen jeglicher Art zu ersetzen ist, also auch Vermögensvorteile, die im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft stehen, sowie alle wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Ausfall der Arbeitskraft verursacht werden. Neben dem Arbeitslohn als solchem sind beispielsweise auch Schichtarbeiter- und Erschwerniszulagen zu ersetzen (Oberlandesgericht Hamm ZfS 1996, 211).
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b. Der Auslandsverwendungszuschlag dient nicht nur als Ausgleich immaterieller Beeinträchtigungen aus der im jeweiligen Einsatzgebiet bestehenden besonderen Gefahr für Leib und Leben, sondern die Zulage enthält ganz überwiegend einkommensrechtliche Komponenten. Danach soll der Auslandsverwendungszuschlag die mit der besonderen Verwendung verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen und Erschwernisse abgelten (so § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Gewährung eines Auslandsverwendungszuschlags vom 25.9.1995; BGBl. I 1995, S. 1226, 1502; BGBl. I 2000, S. 65; BGBl. I 2001, S. 3702). § 2 nennt insoweit hinsichtlich der besonderen materiellen Belastungen die Art und Dauer der Verwendung, eine besondere zeitliche Beanspruchung während der gesamten Dauer der Verwendung mit hohen Bereitschaftsstufen und persönliche Einschränkungen (Bewegungsfreiheit, Privatsphäre, Unterbringung). Die in § 2 beschriebenen besonderen Belastungen sind den Erschwernis- und Schichtzulagen im inländischen Arbeitsverhältnissen vergleichbar, die als Lohnbestandteil anerkannt sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlungen nur zum Ausgleich von erhöhten immateriellen Aufwendungen erfolgen, sind dem Text der Verordnung nicht zu entnehmen. Aus der Verordnung ergibt sich weiter, dass es sich um eine tätigkeitsbezogene Leistung handelt, denn sie wird nur für die Dauer der besonderen Verwendung im Ausland gewährt (§ 4 der Verordnung über die Gewährung eines Auslandsverwendungszuschlags vom 25.9.1995). Die Auslandsverwendungszulage dient danach in erster Linie nicht dem Ausgleich der immateriellen Beeinträchtigungen, sondern es soll den Soldaten und sonstigen Berechtigten ein materieller Anreiz für den schwierigen Einsatz im Ausland geboten werden. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass bei einem Tagessatz von 92,03 EUR - Stufe 6, die für Einsätze in A. bezahlt wird - eine immaterielle Komponente enthalten ist. Diese Sichtweise entspricht auch den Vorgaben der bisherigen Rechtsprechung, wonach z.B. der Bundesgerichtshof eine Bordzulage für die nicht angemessene Unterbringung auf einem Schiff als Entgelt angesehen hat (BGH MDR 1968, 38), Aufwandsentschädigungen Entgeltcharakter haben können (OLG Düsseldorf VersR 1996, 334 [335]) beziehungsweise Auslösezahlungen ebenfalls Entgeltcharakter haben (OLG München VersR 1986, 69). Letzten Endes gleicht die Zulage auch Minderleistungen des Arbeitgebers hinsichtlich der im Normalfall in Deutschland bestehenden Arbeitsstätte aus (dazu beispielsweise auch OLG Hamm ZfS 1996, 211 [LS]). Dementsprechend hat das OLG Hamm die Auslandsverwendungszulage bereits als ersatzfähigen Verdienstausfallschaden anerkannt (OLG Hamm NJW-RR 2006, 168; vergleiche auch LG Erfurt ZfS 2004, 14 [15]). Der Senat teilt diese Einschätzung.
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So weit die Beklagte auf die eingeschränkte Ersatzfähigkeit von Spesen oder Aufwandsentschädigungen abstellt, ist zu bemerken, dass deren grundsätzliche Ersatzfähigkeit nicht in Frage steht und insbesondere nicht an dem Stichwort einer immateriellen Beeinträchtigung festgemacht wird. Letzten Endes geht es hier um einen Gedanken der Vorteilsausgleichung, denn insoweit besteht eine Ersatzpflicht, als der Geschädigte den pauschalierten Ausgleich für erhöhte Lebenshaltungskosten tatsächlich nicht verwendet hätte, um diese Mehraufwendungen zu bestreiten (BGH NJW 1979, 1403 = VersR 1979, 622 [624]).
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Auch der Auslandsverwendungszuschlag dient danach nicht nur dem Ausgleich tatsächlicher Vermögensaufwendungen des Geschädigten, sondern die Zulage wird den Soldaten und sonstigen Berechtigten als Entgelt für überobligatorische Dienstleistungen und als Geldausgleich an stelle voller Naturalleistungen bezahlt.
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3. Durch die vorgelegten Urkunden ist in einer für die Beweisanforderungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO genügenden Weise belegt worden, dass der Kläger vom Juli bis Dezember an dem Auslandseinsatz teilgenommen hätte. Dies wird durch die Bestätigung seines Kompaniechefs in der Anlage K 6 und die eigenen präzisierenden Einlassungen des Klägers im Termin belegt. Das Bestreiten der Beklagten ist insoweit nicht nachvollziehbar.
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Die Berufung der Beklagten hat nach alledem keinen Erfolg, weshalb sie mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen ist. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz ergibt sich aus §§ 91, 92, 269 Abs. 3 ZPO, nachdem der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, soweit nicht durch das Teilurteil darüber entschieden wurde. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung einer Revision sind nicht ersichtlich.
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