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Die Klägerin macht als Hausratversicherer Rückgriffsansprüche gegen die Beklagte geltend.
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Der Versicherungsnehmer der Klägerin war Eigentümer eines 1 1/2-geschossigen Zweifamilienhauses in B. Zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer bestand eine Gebäudeversicherung und eine Hausratversicherung jeweils unter Einschluss des Feuerrisikos. Der Versicherungsnehmer bewohnt das Erdgeschoss des Hauses. Das Dachgeschoss war an den Ehemann der Beklagten vermietet, der dort mit der Beklagten und den gemeinsamen beiden Kindern wohnte.
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Am 29. Mai 2001 kehrte die Beklagte mit ihren damals 5 und 10 Jahre alten Kindern aus dem Urlaub in die Wohnung zurück, nachdem sie ihren Ehemann an dessen Dienststelle abgesetzt hatte. Während des etwa einstündigen Aufenthalts in der Wohnung rauchte die Beklagte eine Zigarette auf dem Balkon. Ca. 35 Minuten, nachdem sie mit ihren Kindern das Haus verlassen hatte, brach Feuer im hinteren Teil des Balkons der Dachgeschosswohnung aus. Das Dachgeschoss brannte aus. Der Hausrat des Versicherungsnehmers wurde durch Rauch- und Rußbeaufschlagung sowie durch Löschwasser erheblich beschädigt.
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Die Klägerin leistete an den Versicherungsnehmer im Rahmen der Hausratsversicherung auf Neuwertbasis 42.481,51 EUR.
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für den Umfang des Versicherungsschutzes seien die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92) maßgeblich.
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Das Feuer sei entweder darauf zurückzuführen, dass die Beklagte unvorsichtig Zigarettenglut in den Abfalleimer auf dem Balkon geworfen habe oder möglicherweise auch bloß aus Unachtsamkeit Zigarettenglut im Bereich der auf dem Balkon befindlichen Kartonagen verloren oder sogar abgeklopft habe. Oder die Kinder der Beklagten hätten auf dem Balkon gezündelt, weil die Beklagte ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sei.
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Die Beklagte bestreitet die Brandlegung durch sie selbst oder ihre Kinder. Die Kinder seien in regelmäßigen Abständen auf die Feuergefahren und das Verbot des Zündelns hingewiesen worden. Sie hätten am Feuer kein Interesse.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin gegenüber ihrem Versicherungsnehmer auf den Regress gegen den Mieter und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen wegen durch einfache Fahrlässigkeit verursachter Schäden verzichtet habe. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Beklagte den Schaden grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht habe.
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Dagegen wendet sich die Klägerin unter Vertiefung und Erweiterung ihres Vorbringens, insbesondere in rechtlicher Hinsicht.
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Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Ulm vom 21. August 2003 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.484,92 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Mai 2002 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 5,-- EUR zu zahlen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.
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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf (§ 513 ZPO).
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Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin die Beklagte nicht in Regress nehmen kann (§ 67 VVG i.V. mit §§ 823, 832 BGB). Die Klägerin muss sich den im Hausratversicherungsvertrag mit ihrem Versicherungsnehmer vereinbarten Regressverzicht für den Fall, dass der Wohnungsmieter oder die Beklagte als mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehefrau einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, entgegenhalten lassen.
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1. a) Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 8. November 2000 (AZ.: IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393), das den Regress einer Gebäudefeuerversicherung für ein vermietetes Gebäude zum Gegenstand hatte, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen konkludenten Regressverzicht der Versicherers für die Fälle, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, angenommen. Diese Auslegung beruht auf dem für den Versicherer erkennbaren Interesse des Versicherungsnehmers. Diesem ist nämlich als Vermieter daran gelegen, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter soweit wie möglich unbelastet zu lassen. Diese Interessenlage gilt für den Gebäudeversicherungsvertrag sowie für den Hausratversicherungsvertrag, durch den der Hausrat des Vermieters, dessen Wohnung sich in demselben Haus wie die Mietwohnung befindet, versichert ist, gleichermaßen. Im Schadensfall wäre nämlich die Vertragsbeziehung zu dem Mieter schon dadurch erheblich belastet, dass den Vermieter in seiner Eigenschaft als Versicherungsnehmer die Obliegenheit trifft, den Versicherer bei der Durchsetzung seiner Regressforderung zu unterstützen (vgl. z.B. § 15 Nr. 1 c VGB 99 zur Gebäudeversicherung; § 21 Nr. 1 und 2 VHB 92). Des weiteren würde das Mietverhältnis dadurch belastet, dass sich der Mieter in seiner Erwartung getäuscht sieht, bei dem Brand des gegen Feuer versicherten Gebäudes, bei dem der ebenso versicherte Hausrat des Vermieters beschädigt wird, nicht in Anspruch genommen zu werden. Eine Differenzierung zwischen Gebäude und Hausratversicherung bei derselben schadenstiftenden Handlung ergibt sich dabei für den Mieter nicht. Für ihn wäre es nicht einsichtig, wenn die Hausratversicherung Regress nehmen könnte, während der Gebäudeversicherung dies versagt ist. Für den versicherungsrechtlichen Laien erscheint es oft unverständlich, dass er für einen nur leicht fahrlässig verursachten Brand einzustehen hat, obwohl eine Versicherung besteht. Außerdem hat der Vermieter kein Interesse an der Belastung des Vermögens seines Mieters mit Regressforderungen. Diese Belastungen können sich nämlich auf die Mietzahlungen auswirken. Demgegenüber kommt dem Umstand, dass der Mieter die Hausratversicherungsprämien nicht trägt, keine entscheidende Bedeutung zu. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zum Regress eines Gebäudeversicherers (BGH a.a.O.) erfolgte keine Umlage der Kosten für die Versicherung.
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b) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass im Zeitpunkt des Schadensfalls eine eintrittspflichtige Privathaftpflichtversicherung der Beklagten bestand. Die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines Regressverzichts für leichte Fahrlässigkeit kann nämlich nicht davon abhängen, ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat (BGH a.a.O.). Auch bei Vorliegen einer Privathaftpflichtversicherung wäre in einem Schadensfall das Vertragsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter in erheblichem Umfang belastet, da der Mieter als Versicherungsnehmer verpflichtet ist, seine Haftpflichtversicherung bei der Abwehr des Schadens zu unterstützen (vgl. z.B. § 5 Nr. 3 AHB). Im Falle eines Prozesses hat der Versicherungsnehmer die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen (vgl. z.B. § 5 AHB Nr. 4). Vorliegend käme eine Vernehmung des Ehemanns und der Kinder der Beklagten als Zeugen in Betracht. Hinzu kommt, dass die Haftpflichtversicherung des Mieters, die im Wege des Regresses in Anspruch genommen wird, die Möglichkeit einer Kündigung hat (§ 96 Abs. 1 VVG). Außerdem hinge es vom Zufall ab, ob eine Regressmöglichkeit der Versicherung besteht. Sie wäre nämlich davon abhängig, ob der jeweilige Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Schließlich würde jener Mieter der - möglicherweise entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Vermieter - keine oder eine nicht ausreichende Haftversicherung abgeschlossen hat, bevorzugt. Demgegenüber ist die in der Literatur geäußerte Auffassung, aufgrund der Interessenlage sei der Regressverzicht "subsidiär", so dass der Mieter bei Bestehen einer Haftpflichtversicherung kein anerkennenswertes, dem Regress entgegenstehendes Interesse habe, nicht überzeugend (vgl. Prölss, ZMR, 2001, Der Schutz des Mieters vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers nach § 67 VVG, S. 157 ff.).
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c) Dem erkennbaren und schützenswerten Interesse des Versicherungsnehmers an einem Regressverzicht für Fälle leichter Fahrlässigkeit stehen, auch soweit ein Regress des Hausratversicherers in Rede steht, keine solchen Interesse des Versicherers entgegen, die es ihm erlaubten, sich einem Regressverzicht zu entziehen. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass der Verzicht auf die Einnahmen aus Regressen die Gesamtkalkulation ernsthaft gefährdet. Dabei ist zu beachten, dass Hausrat einem erheblichen Wertverlust unterliegt. So trägt die Klägerin einen - bestrittenen - Schaden vor, der nur wenig über 25 % der Versicherungsleistung - die Klägerin hat jeweils den Neuwert ersetzt - beträgt.
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d) Der Regressverzicht wirkt auch zugunsten der Beklagten. Diese ist als Ehefrau des Mieters, mit dem sie in häuslicher Gemeinschaft lebt, ebenso durch den Regressverzicht geschützt (Prölss a.a.O. S. 159 unter Hinweis auf Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 80 Rn. 28).
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e) Über einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Abtretung von Haftpflichtversicherungsansprüchen war nicht zu befinden (vgl. hierzu OLG Dresden, VersR 2003, 1391 mit Anmerkung Wolter). Die Klägerin macht diesen Anspruch ausdrücklich nicht geltend.
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2. Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin (BGH a.a.O.) hat nicht vorgetragen, dass die Beklagte grob fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt hat.
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Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass nach den Behauptungen der Klägerin kein objektiv schwerer und subjektiv unentschuldbarer Verstoß gegen die im konkreten Fall gebotene Sorgfalt vorliegt. Die Klägerin hält es selbst für möglich, dass der Brand durch bloße Unachtsamkeit, etwa durch versehentlich auf die Kartonagen auf dem Balkon gefallene Glut, ausgelöst worden ist. Dieser Sorgfaltsverstoß der Beklagten wäre nicht grob fahrlässig.
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1. Die Revision war im Hinblick auf die Frage zuzulassen, ob auch in der Hausratsversicherung ein Regressverzicht des Versicherers, der zugleich Gebäudeversicherer ist, für die Fälle, in denen der Wohnungsmieter oder eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Person einen Brandschaden am Gebäude und am Hausrat des im selben Haus wohnenden Vermieters durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, anzunehmen ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
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