Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 10. Feb. 2014 - 5 U 111/13

bei uns veröffentlicht am10.02.2014

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 08.04.2013 - 27 O 218/09

abgeändert:

und in Nr. 1 der Entscheidungsformel wie folgt neu gefasst:

(1.)

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2009 zu bezahlen.

Im Übrigen verbleibt es bei der Entscheidungsformel des Landgerichts einschließlich der Abweisung der Klage im Übrigen (Nr. 5 der Entscheidungsformel).

2. Die weitergehende Berufung wird

zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 79.440,05 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger fordert von der Beklagten, einem österreichischen Kraftfahrzeughaftpflicht-versicherungsunternehmen, Schadenersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrs-unfall, der sich in Serbien unter Beteiligung eines Versicherungsnehmers der Beklagten ereignete. Die volle Haftung der Beklagten für unfallbedingte Schäden des Klägers ist dem Grunde nach inzwischen unstreitig. Die Parteien streiten noch um die Höhe der dem Kläger entstandenen Schäden, insbesondere um die Höhe des Schmerzensgeldes und des Verdienstausfallschadens.
Der in Deutschland lebende Kläger befuhr am ...0X.2007 gegen 07.15 Uhr mit seinem Pkw VW Touran mit dem deutschen Kennzeichen ... - ... ... auf der Fahrt in die Türkei die rechte Spur der Autobahn von Belgrad in Fahrtrichtung Niš. In der Nähe des serbischen Ortes V... P... überholte ihn der damals in M.../Österreich wohnhafte A... B... mit seinem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw VW Scharan mit dem österreichischen Kennzeichen ... - ... ... Bei dem Versuch, einem auf der Fahrbahn liegenden Reifenteil auszuweichen, verlor der Versicherungsnehmer der Beklagten die Kontrolle über sein Fahrzeug und es kam zu einem streifenden Kontakt mit dem vom Kläger gelenkten Pkw. Dadurch wurde der Wagen des Klägers von der Autobahn abgedrängt und überschlug sich mehrfach im Gelände rechts der Autobahn. An dem Fahrzeug entstand Totalschaden.
Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine Trümmerfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers. Er wurde vier Tage stationär in S... behandelt und anschließend mit der ADAC-Luftrettung nach Deutschland zurückgeholt. Am ...2007 wurde die Lendenwirbelfraktur in der ... Klinik, T... operativ versorgt. Der zwölfte Brustwirbel wurde dabei mit dem ersten Lendenwirbel „verblockt“, die beiden Wirbel also versteift (ventrale Spondylodese mittels Beckenkammspan und Metallplatte, Arztbericht vom 18.09.2007, Anlage K 11 zur Klageschrift). Es verblieb eine leichtgradig eingeschränkte Drehbeweglichkeit an der Brust- und Lendenwirbelsäule und eine leichtgradig beschränkte Seitenneigung.
Der Kläger befand sich nach dem Unfall insgesamt 20 Tage in stationärer Behandlung. Es schlossen sich stationäre Rehabilitationsbehandlungen vom 16.12.2007 bis 03.01.
2008 sowie vom 06.05.2009 bis 05.06.2009 und vom 24.09.2009 bis 22.10.2009 an.
Der Kläger kann nach seiner Wirbelsäulenverletzung keine schweren Druckwalzen mehr auswechseln, was zu seinen Aufgaben in seinem früheren Beruf als Druckereihelfer gehörte. Er kann generell keine schweren Lasten mehr heben. Seine frühere Arbeitsstelle in der Druckerei und eine daneben ausgeübte geringfügige Beschäftigung als Verpacker und Bote wurden ihm gekündigt.
Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen, er sei wegen eines unfallbedingten Schmerzsyndroms dauerhaft erwerbsunfähig. Er hat seine Schadensersatzansprüche zunächst nach den Grundsätzen des deutschen Rechts berechnet und in erster Instanz beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 EUR und zur Zahlung von 42.610,07 EUR als Ersatz für materielle Schäden zu verurteilen. Außerdem begehrte er die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche Schäden aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie war der Meinung, es sei serbisches Sachrecht anzuwenden. Außerdem war sie der Auffassung, der Kläger sei längst wieder arbeitsfähig. Er übertreibe seine Schmerzen und bemühe sich nicht hinreichend um Wiedereingliederung in das Arbeitsleben.
10 
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die zum Landgericht eingereichten Schriftsätze und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.
11 
Das Landgericht hat nach Einholung von Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. H... zum anzuwendenden Recht, Prof. Dr. T... zur psychischen Situation und Dr. M... zur chirurgisch-orthopädischen Situation des Klägers und nach Vernehmung des Dipl.-Ing. A... zum Unfallverlauf die Klage zum überwiegenden Teil abgewiesen.
12 
Die Schadensersatzansprüche seien nach serbischem Recht zu beurteilen. Danach hafte die Beklagte für Schäden des Klägers in vollem Umfang. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs sei aber weitaus geringer als vom Kläger beantragt.
13 
Ein Verdienstausfallschaden sei nur in der Zeit vom Ende des Lohnfortzahlungszeitraums, also vom ...09.2007, bis zum 1X.02.2008 in Höhe von insgesamt 4.292,05 EUR entstanden. Der Kläger sei nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M... bis Ende Dezember 2007 vollständig arbeitsunfähig gewesen. Ab Januar 2008 sei er partiell arbeitsfähig gewesen und hätte ab Mitte Februar 2008 wieder voll arbeiten können, hätte er den im Januar 2008 begonnenen Arbeitsversuch nicht abgebrochen. Zwar habe der Sachverständige Dr. M... eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10% festgestellt, bei der weder eine künftige Verbesserung noch eine Verschlechterung zu erwarten sei. Der Kläger hätte daher nur noch ein um 10% vermindertes Einkommen beziehen können, da er keine schweren Lasten mehr heben könne. Diese Einkommensminderung um 10% werde aber durch die vom Kläger bezogene Erwerbsminderungsrente ausgeglichen. Er habe also ab Mitte Februar 2008 keinen Verlust mehr, da ihm ab diesem Zeitpunkt fiktiv das Einkommen zuzurechnen sei, das ihm bei gebotener Anstrengung zur Schadensminderung zu verdienen oblegen hätte (tabellarische Übersicht: S. 15 d.U.).
14 
Ab Mitte Februar 2008 habe es dem Kläger oblegen voll zu arbeiten. Die von ihm behaupteten intensiven Rückenschmerzen, die ihm Arbeit angeblich unmöglich machten, hätten sich durch den Sachverständigen Dr. M... nicht objektivieren lassen. In Anbetracht der radiologischen Befunde müsse von einer nahezu vollständigen und bei fehlender Belastung auch schmerzfreien Beweglichkeit ausgegangen werden. Aus orthopädischer Sicht könne das Schmerzempfinden daher nur mit psychischen Beeinträchtigungen erklärt werden, wobei sich allerdings auch Hinweise auf Simulation des Klägers ergeben hätten.
15 
Der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. T... habe festgestellt, dass der Kläger zwar nicht psychisch gesund sei, aber dennoch vollschichtig arbeiten könne.
16 
Dem stehe auch das in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten des Dr. A... nicht entgegen. Dieser habe zum einen keine brauchbare testpsychologische Untersuchung des Klägers durchgeführt und habe daher nicht dessen Tendenz zur Hypochondrie bemerkt. Zum anderen sei es sozialrechtlich unerheblich, ob der Kläger behandlungsfähig sei. Zivilrechtlich sei die von ihm unterlassene Behandlung, die zur Erwerbsfähigkeit geführt hätte, aber ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach Art. 192 des serbischen Obligationenrechts.
17 
Zum Schmerzensgeld hat das Landgericht ausgeführt, nach serbischen Maßstäben sei ein Betrag in Höhe von 3.000,00 EUR angemessen. Da die Behandlung des Klägers und die Folgen auf dessen Lebensalltag in Deutschland einträten, sei der Betrag aber zu erhöhen. Hier sei eine Verdopplung auf 6.000,00 EUR angezeigt, jedoch nicht mehr.
18 
Weitere Schadenspositionen hat der Kläger in Höhe von 6.558,42 EUR geltend gemacht. Hiervon hat ihm das Landgericht 2.877,97 EUR zugesprochen. Insofern wird auf S. 24 ff. d. U. Bezug genommen.
19 
Die verlangten Zinsen ab Rechtshängigkeit könnten auch nach serbischem Recht zugesprochen werden. Hinsichtlich des Schmerzensgeldes seien Zinsen aber erst mit der Klagerweiterung vom 23.07.2010 (rechtshängig seit 03.09.2010) geltend gemacht worden.
20 
Anwaltskostenersatz könne nur für Gebühren aus dem tatsächlich geschuldeten Betrag verlangt werden. Berechtigt seien daher 712,33 EUR bei Ansatz einer 1,1 Geschäftsgebühr (vorgerichtliche Anwaltskosten wurden erst mit der Klageerweiterung geltend gemacht, daher hat das Landgericht auch insofern erst ab dem 03.09.2010 die Verzinsung angeordnet).
21 
Auf den Feststellungsantrag hat das Landgericht schließlich festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, etwaige künftige materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen. Soweit auch die Feststellung der Ersatzpflicht für in der Vergangenheit entstandene Schäden begehrt wurde, wurde der Antrag als unzulässig angesehen.
22 
Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
23 
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche sowie den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten uneingeschränkt weiter. Die Teilabweisung des Feststellungsantrags nimmt er dagegen hin.
24 
Er trägt zunächst vor, das Landgericht habe verkannt, dass aufgrund des Direktanspruches gegen den Versicherer österreichisches Recht zur Anwendung komme. Im Folgenden wird dann aber nur gerügt, das Landgericht habe das serbische Recht unrichtig angewandt.
25 
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes habe das Landgericht verkannt, dass eine Anpassung an die inländische (also deutsche) Bezugsgröße hätte erfolgen müssen, was auch das serbische Recht zulasse. Eine Reduzierung der Schmerzensgeldbeträge, nur weil der Unfall zufällig in Serbien passiert sei, sei nicht angemessen.
26 
Zum Verdienstausfall sei die Entscheidung ebenfalls unzutreffend. Das Landgericht hätte sich nicht auf das Gutachten T... berufen dürfen, sondern hätte wegen des Widerspruchs zum Gutachten A... ein Obergutachten einholen müssen. Dies zumal der Gutachter T... gegenüber Südländern voreingenommen sei. Er habe nur das Gespräch mit dem Kläger wiedergegeben und es mit seinen subjektiven Meinungen ergänzt. Das Gutachten A...s zeige hingegen, dass der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig sei.
27 
Auch die weiteren Schadenspositionen hätten entsprechend dem serbischen Recht ersetzt werden müssen, was der Kläger allerdings nicht näher ausführt.
28 
Zudem wendet er sich gegen den Zinsausspruch.
29 
Er beantragt,
30 
1. Unter Abänderung des am 08.04.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 27 O 218/09 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 44.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
31 
2. Unter Abänderung des am 08.04.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 27 O 218/09 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 35.440,05 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
32 
3. Unter Abänderung des am 08.04.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 27 O 218/09 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 983,06 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
33 
Die Beklagte beantragt,
34 
die Berufung zurückzuweisen.
35 
Sie bleibt bei ihrer Auffassung, den Kläger treffe die Obliegenheit seine Arbeitskraft zu verwerten. Dem sei er nicht nachgekommen. Das Gutachten des Sachverständigen A... aus dem rentenrechtlichen Verfahren binde den Zivilrichter nicht, zumal es auch falsch sei. Tatsächlich sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit überhaupt nicht beeinträchtigt. Die MdE von 10% falle praktisch nicht ins Gewicht.
36 
Die Forderung nach Anwendung österreichischen Rechts bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sei abwegig. Das Landgericht habe zu Recht serbisches Recht angewandt. Das Landgericht habe auch nicht verkannt, dass die serbischen Schmerzensgeldbeträge zu erhöhen seien. Tatsächlich habe es diese sogar gegenüber dem serbischen Niveau verdoppelt. Ob bei einem Unfall in einem anderen Land unter Anwendung des dortigen Rechts höhere Schmerzensgeldbeträge bezahlt werden müssten, sei unerheblich.
37 
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
38 
In erster Instanz haben die Ehefrau des Klägers und seine Kinder (die erstinstanzlichen Kläger Nr. 2 bis 5), die ebenfalls in dem Unfallfahrzeug saßen, gleichfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Die Klagen wurden durch Prozessvergleich vom 14.02.2011 erledigt.
II.
39 
Die Berufung ist zulässig.
40 
Zwar fehlt es hinsichtlich der vom Landgericht vorgenommenen Teilabweisung hinsichtlich der im angefochtenen Urteil auf S. 24 aufgezählten „weiteren Schadenspositionen“ an einer hinreichenden Begründung des Berufungsangriffs im Sinne des § 520 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 ZPO. Dies führt jedoch nicht zu einer Teilunzulässigkeit der Berufung. Vielmehr ist bei einer aus sonstigen Gründen zulässigen Berufung, die hier mit den Angriffen gegen die Entscheidung des Landgerichts zum Schmerzensgeld und zum Verdienstausfall vorliegt, gemäß § 529 Abs. 2 S. 2 ZPO eine umfassende Prüfung vorzunehmen.
41 
In der Sache hat die Berufung aber lediglich hinsichtlich eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs Erfolg und war im Übrigen zurückzuweisen.
42 
Das Landgericht hat zu Recht serbisches Recht angewandt (dazu 1.) und ging zutreffend von der vollen Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus (2.). Ebenfalls zutreffend hat es dem Kläger Schmerzensgeld- und Verdienstausfallschadensersatzansprüche zugesprochen, allerdings zu Recht nicht in der vom Kläger verlangten Höhe (3. und 4.). Auch zu den „weiteren Schadenspositionen“ hat das Landgericht richtig entschieden (5.). Erfolg hat die Berufung nur insoweit, als Prozesszinsen bereits ab einem früheren Zeitpunkt zuzusprechen waren als vom Landgericht bestimmt (6.).
1.
43 
Die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind ausschließlich nach serbischem Recht zu beurteilen.
44 
Der Kläger weist zwar in der Berufungsbegründungsschrift zutreffend darauf hin, dass der Sachverständige Prof. Dr. H... in seinem Gutachten zum anwendbaren ausländischen Recht die Auffassung vertreten habe, dass auf den Direktanspruch gegen die Beklagte österreichisches Recht Anwendung finde.
45 
Diese Meinung des Sachverständigen, die er im Gutachten vom 29.08.2009 (im Folgenden GA I, Bl. 56 d.A., S. 5 des Gutachtens) und vertiefend im Gutachten vom 31.10.2012 (im Folgenden: GA II, Bl. 396 d.A., S. 2, 8 und 9 des Gutachtens) vertreten hat, teilt auch der Senat. Sie besagt jedoch nur, dass sich die Frage, ob der Kläger direkt gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers vorgehen kann (wie es auch § 115 VVG für das inländische Recht zulässt), statt den Unfallverursacher persönlich verklagen zu müssen, gemäß dem auf den vorliegenden Unfall noch anwendbaren Art. 40 Abs. 4 EGBGB nach österreichischem Recht beurteilt (so GA II, S. 2 unter Bezugnahme auf GA I S. 5, wo darauf hingewiesen wird, dass alternativ auch ein Direktanspruch nach serbischem Recht in Betracht käme - Art. 86 des serb. Versicherungsgesetzes Nr. 55/2004, so GA II, S. 9). Inzwischen wäre statt Art. 40 Abs. 4 EGBGB der inhaltsgleiche Art. 18 der Rom-II-VO vom 11.01.2009 anwendbar, der aber für Fälle vor seinem Inkrafttreten nicht zur Anwendung kommt, dazu S. 6 des angefochtenen Urteils). Weiter führt der Sachverständige aus, dass nach österreichischem Recht ein solcher Direktanspruch gegen den Versicherer besteht. Der Anspruch ergibt sich aus § 26 des österreichischen Kraftfahrzeug-Haftpflichtgesetz (KHVG, dazu GA II, S. 9). Daraus folgt aber lediglich, dass der Kläger seine Ansprüche gegen die Beklagte direkt geltend machen kann. Für das in der Sache selbst anwendbare Recht ist damit nichts ausgesagt. Die Klage gegen den Versicherer kann der Kläger gemäß Art. 8 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 c und 11 EuGVVO an seinem Wohnsitz erheben.
46 
Die Ansprüche aus der unerlaubten Handlung selbst hingegen sind nach serbischem Recht zu beurteilen. Dies folgt, da weder vorrangige staatsvertragliche Regelungen existieren, noch die Rom-II-VO in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist, aus den Artt. 3 ff. und insbesondere aus Artt. 40, 41 und 42 EGBGB. Nach Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist grundsätzlich das Recht des Staates anwendbar, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Ersatzpflichtig ist der Versicherungsnehmer der Beklagten, der in Serbien gehandelt hat. Einer der in Artt. 40 Abs. 2, 41, 42 EGBGB genannten Ausnahmefälle, in denen das Recht eines anderen Staates zur Anwendung kommt, liegt nicht vor (GA I S. 4, S. 6 des angefochtenen Urteils). Das serbische Kollisionsrecht nimmt die Gesamtverweisung des Art. 40 EGBGB an (Art. 4 Abs. 1 EGBG, GA II, S. 7). Nach dem serbischen Recht sind zusätzlich die Regeln des Haager Straßenverkehrsübereinkommens anwendbar, auch wenn Deutschland nicht Vertragsstaat ist (GA II, S. 7). Auch nach Art. 3 des Haager Übereinkommens ist das Recht des Unfallortes, also das serbische Recht, anwendbar (GA II, S. 8). An der Anwendbarkeit des serbischen Rechts für den materiell-rechtlichen Anspruch (Deliktstatut) hat auch der Sachverständige Prof. Dr. H... nie einen Zweifel gelassen (GA I S. 3 ff. und GA II, S. 5 f.). Ein Anknüpfungspunkt für die Anwendung österreichischen Rechts existiert insoweit nicht. Einen Anknüpfungspunkt gibt es nur, wie dargelegt, für die versicherungsrechtliche Frage der direkten Einstandspflicht der Beklagten für ihren Versicherungsnehmer, die ohnehin außer Streit steht. Die Einstandspflicht der Haftpflichtversicherung geht, dem Wesen einer Haftpflichtversicherung entsprechend, nicht über die Haftpflicht des Versicherungsnehmers hinaus. Da dieser dem Kläger nur nach serbischem Recht haftet, muss es auch im Verhältnis zur Beklagten bei der Anwendung serbischen Rechts bleiben.
47 
Der Senat hat den Fall daher so zu entscheiden, wie ein serbisches Gericht ihn entscheiden würde. Er wendet deshalb serbisches Recht an.
48 
Das maßgebliche Recht ist im Gesetz über Obligationenverhältnisse vom 30.03.1978 der damaligen Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien geregelt, das in der heutigen Republik Serbien - mit Änderungen - weiterhin in Kraft ist (SerbOG, GA II, S. 10).
2.
49 
Die volle Haftung der Beklagten für den Unfall dem Grunde nach steht außer Streit. Sie ergibt sich aus Artt. 174, 176, 178 SerbOG i.V.m. § 26 des österreichischen KHVG. Davon geht der Senat im Folgenden aus.
3.
50 
Die Bemessung des Schmerzensgeldes mit 6.000,00 EUR durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.
a)
51 
Das Schmerzensgeld ist gemäß den Regeln des Art. 200 des SerbOG zu bemessen (GA II, S. 28). Danach hat der Geschädigte „für erlittene körperliche Schmerzen“ und andere Beeinträchtigungen Anspruch auf eine „gerechte Entschädigung in Geld…unabhängig vom Ersatz des materiellen Schadens“ (GA II, S. 14). Bei Dauerschäden wird Art. 200 SerbOG durch Art. 203 SerbOG ergänzt, der einen Anspruch auf Ersatz künftiger immaterieller Schäden gewährt, „wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sicher ist, dass ein solcher Schaden auch in der Zukunft besteht“ (GA II, S. 14). Was im serbischen Recht als immaterieller Schaden anzusehen ist, definiert Art. 155 SerbOG, nämlich „körperliche und seelische Beeinträchtigungen und die Zufügung von Angst“ (GA II, S. 28). Die Rechtspraxis ist über diesen engen Wortlaut hinausgegangen und sieht heute den immateriellen Schaden in der Verletzung von subjektiven Rechten und Interessen einer Person, die keinen vermögensmäßigen Inhalt haben (GA II, S. 28). Das Schmerzensgeld ist somit auch nach serbischem Recht vor allem eine Kompensation für immaterielle Nachteile, wie Schmerzen, das Erleben von Angst und die Unbill, die mit Aktivitätsverlusten verbunden ist (GA II, S. 29). Außerdem kommt dem Schmerzensgeld auch eine Genugtuungsfunktion zu (GA II, S. 32, 33).
52 
Die Höhe des Schmerzensgeldes wird von den serbischen Gerichten aufgrund einer Einzelfallentscheidung festgelegt, für die nicht, wie in Deutschland, auf Tabellenwerke zurückgegriffen wird. Solche Tabellen existieren für Serbien nicht (GA II, S. 33 f.). Es ist somit auch keine aufeinander abgestimmte Entscheidungspraxis der Gerichte erkennbar. (GA II, S. 34). Vielmehr ist die gerichtliche Einzelwürdigung prägend, die auch zu regional unterschiedlichen Bewertungen führen kann (GA II, S. 39). Dabei wird die ärztliche Begutachtung als Ansatzpunkt verwendet, aber aufgrund eigenen richterlichen Ermessens entschieden. Für dieses Ermessen wird - ohne feste Werte und Anteile - auf die durch körperliche Schmerzen erlittene Unbill, auf die Unbequemlichkeiten von stationären Aufenthalten und deren Wiederholung, auf Angstzustände, zu denen auch „sekundär aufgetretene Ängste“ rechnen, die bei dem Geschädigten erst nach dem Schadensereignis bei dessen unvollkommener Verarbeitung auftreten, und auf die Verminderung von Lebensaktivitäten abgestellt. Hinsichtlich der Intensität dieser Verminderung wird mit auf den Grad der Invalidität und der Minderung der Erwerbsfähigkeit abgestellt (GA II, S. 39).
53 
Entsprechend der Praxis serbischer Gerichte sind damit auf Basis der Würdigung der medizinischen Sachverständigengutachten die festgestellten Schmerzzustände und ihre Folgen für die Lebensqualität des Klägers zu würdigen. Die nicht gesicherten, subjektiven Empfindungen des Klägers, die als subjektiv nicht bewältigte Folgen des Unfalls beschrieben werden können, lässt das serbische Recht hingegen nicht ins Gewicht für die Bemessung des Schmerzensgeldes fallen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Angstzustände. Zu berücksichtigen ist aber der Verlust an Aktivitätsmöglichkeiten, wofür die eingetretene Invalidität und die MdE heranzuziehen ist. Auch der Unbill der stationären Behandlungsaufenthalte ist bei der Bemessung von Bedeutung (GA II, S. 39 f.).
b)
54 
Auf der Basis dieser Kriterien hat das Landgericht die zu berücksichtigenden Umstände zutreffend von den nicht zu berücksichtigenden unterschieden.
55 
Die für die Schmerzensgeldbemessung vom Landgericht herangezogenen Gesichtspunkte (S. 20 f. d.U.) sind, wie weder von der Berufung angegriffen oder von der Beklagten in Abrede gestellt wird, zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere für die Schwere der Wirbelsäulenverletzung, die Dauer der stationären Aufenthalte, die Züge einer posttraumatischen Belastungsstörung und eine leichte bis mittlere depressive Verstimmung sowie die dauerhafte MdE von 10%.
56 
Nicht zu berücksichtigen ist hingegen die vom Kläger behauptete dauerhafte gänzliche Erwerbsunfähigkeit. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger wieder arbeiten könnte und es sich bei seinen psychischen Störungen um Fehlverarbeitungen handelt.
aa)
57 
Das Landgericht ist auf Basis des Gutachtens des Dr. M... vom 14.07.2010 (Bl. 222 d.A. mit Ergänzung vom 18.05.2011, Bl. 335 d.A.) zu der Auffassung gelangt, dass die noch vorhandenen objektivierbaren körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers lediglich eine MdE von 10% bezogen auf die vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit als Druckhelfer begründen (S. 13 d.U.). Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) bestehen nicht. Diese Feststellung gründet sich auf die Begutachtung des Dr. M..., der nach einer Analyse der Röntgenaufnahmen zu dem Ergebnis kam, dass die Fusion der beiden Wirbelkörper, also deren Verblockung am 31.07.2007 „sehr gut“ gelungen sei (Gutachten vom 14.07.2010, Bl. 222 d.A., S. 10). Die vom Kläger behaupteten Schmerzen ließen sich nicht objektivieren. Vielmehr sprächen die radiologischen Befunde für eine mindestens weitgehend schmerzfreie Beweglichkeit beim Kläger (a.a.O. S. 12). Überdies hätten sich Anhaltspunkte für Simulationstendenzen ergeben (a.a.O. S. 14). Jedenfalls könne ausgeschlossen werden, dass starke Schmerzen aufgrund der Operation Ursache für psychische Probleme des Klägers seien, da nach der Operation über mehrere Monate Beschwerdefreiheit oder jedenfalls Beschwerdearmut bestanden habe und die radiologischen Befunde schwere Schmerzen nach menschlichem Ermessen ausschlössen (a.a.O. S. 15). Aus chirurgisch-orthopädischer Sicht sei der Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeit voll arbeitsfähig (a.a.O. S. 16).
bb)
58 
Weiter hat das Landgericht in Auseinandersetzung mit dem in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. A... festgestellt, dass die psychiatrischen Beeinträchtigungen des Klägers ihn nicht hindern würden, nach einer entsprechenden Therapie wieder ins Berufsleben eingegliedert zu werden (S. 19 d.U.).
59 
Darauf kommt es für die Bemessung des Schmerzensgeldes jedoch nicht an. Selbst wenn man mit dem Gutachten des Dr. A... davon ausginge, dass der Kläger wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in seiner Lebensführung erheblich beeinträchtigt und vollständig erwerbsunfähig wäre, wäre dies nach serbischem Recht für die Ermittlung des Schmerzensgeldes nicht zu berücksichtigen.
60 
Nach serbischem Recht fallen Folgen für die Lebensqualität aus nicht objektiv gesicherten Empfindungen oder unfallneurotischen Ursachen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht ins Gewicht (GA II, S. 39). Um eine solche Fehlverarbeitung handelt es sich vorliegend aber. Dies sieht auch der Sachverständige Dr. A... so, der von einer „deutlichen Schmerzverarbeitungsstörung“ beim Kläger ausgeht (Gutachten K 57 nach Bl. 348 d.A., dort S. 24). Auch der Sachverständige Prof. Dr. T... stellte eine Fehlverarbeitung fest. So erklärte er im Termin vom 14.02.2011, der Kläger leide an einer hypochondrischen Fehlhaltung (S. 4 d. Prot. = Bl. 321 d.A.). Zudem sehe er auch simulative Tendenzen. So habe der Kläger etwa, als er eine Uhr malen sollte, die Zeiger bewusst „verwechselt“, um dazustellen, dass er infolge des Unfalls auch Schaden an seinem Geist genommen habe (S. 5 d. Prot. = Bl. 322 d.A. sowie Gutachten vom 26.04.2010, Bl. 189 d.A., dort S. 13).
61 
Da das serbische Recht bei der Bestimmung der Schmerzensgeldhöhe, wie der Gutachter Prof. Dr. H... dargelegt hat, nur typische seelische Folgezustände berücksichtigt, nicht aber Fehlverarbeitungen, können die auf dieser Fehlverarbeitung beruhenden Unfallfolgen nicht zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen. Dies gilt auch für die vom Kläger behauptete dauerhafte Erwerbsunfähigkeit, die ebenfalls, sofern sie nicht auf Simulation beruht, nur die Folge der Fehlverarbeitung des Unfalls sein kann, da sein körperlicher Zustand den Kläger nicht an der Aufnahme einer Arbeit hindert. Ebenso gilt das für die vom Kläger in der Berufungsbegründung (dort S. 6 oben) vorgetragenen anhaltenden Schmerzzustände, die ebenfalls Folge einer Fehlverarbeitung sind. Soweit der Kläger noch darauf hinweist, er habe nach dem Unfall vier Tage lang keine Schmerzmittel erhalten, war bei der Bemessung des Schmerzensgeld durch das Landgericht der viertägige Krankenhausaufenthalt in Serbien mit dem nicht deutschen Standards entsprechenden Niveau der Krankenbehandlung bereits berücksichtigt.
c)
62 
Auch die Höhe des Schmerzensgeldes hat das Landgericht mit 6.000,00 EUR zutreffend bemessen.
63 
Es hat ausführlich und im Anschluss an das zweite Gutachten Prof. Dr. H... dargelegt, wie das angemessene Schmerzensgeld nach der serbischen Rechtsprechungspraxis zu ermitteln ist (S. 21 ff. d.U., das dabei dem GA II, S. 35 ff. in weiten Teilen folgt). Es hat sich dazu insbesondere überzeugend auf einen vom Appellationsgericht Kragujevac am 02.03.2010 (Az.: 1802/10) entschiedenen Vergleichsfall berufen. In diesem Fall wurde einem Verletzten ein Schmerzensgeld in Höhe von umgerechnet etwa 3.000,00 EUR zugesprochen. Er war beim Entladen eines Lkw von einem Bus angefahren worden und lag etwa einen Monat im Koma. Nach einer Operation konnte er als im Wesentlichen geheilt entlassen werden, trug aber dauerhafte Folgen in Form von Gangunsicherheit, Hitzeunverträglichkeit, Konzentrationsstörungen und Schwächung des logischen Überlegens davon. Außerdem geriet er wegen des Unfalls wiederholt in Angstzustände (S. 23 d.U., GA II, S. 37).
64 
Die Berufung auf einen solchen Vergleichsfall ist auch möglich. Zwar hat der Gutachter Prof. Dr. H... dargelegt, dass sich die serbischen Gerichte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht, oder jedenfalls nicht offen, auf Präjudizien anderer Gerichte beziehen (GA II, S. 38). Das bedeutet aber nicht, dass bei Ermittlung der serbischen Rechtspraxis eine Orientierung an Vergleichsentscheidungen zu unterbleiben hat. Vielmehr wäre es auf andere Weise nicht möglich, die maßgebliche serbische Gerichtspraxis zu ermitteln. Aus dem Gutachten folgt im Übrigen auch, dass sich der in dem Vergleichsfall zugesprochene Betrag in die gegenüber deutschem Recht generell weitaus niedrigere serbische Entschädigungspraxis einordnen lässt.
65 
Das Landgericht hat dann weiter ausgeführt, dass nach serbischem Recht mitberücksichtigt werden könne, dass der Kläger die Verletzungsfolgen im Umfeld seines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts zu verarbeiten habe, was eine Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages ermögliche (S. 23 d.U., GA II, S. 42). Dementsprechend hat es den zu bezahlenden Schmerzensgeldbetrag auf 6.000,00 EUR verdoppelt.
66 
Entgegen der Berufungsrüge des Klägers hat das Landgericht also nicht verkannt, dass nach serbischem Recht eine gewisse Erhöhung im Blick auf inländische Bemessungsgrößen erfolgen kann, wie der Sachverständige bereits in seinem ersten Gutachten ausgeführt hat (GA I, S. 39, darauf beruft sich der Kläger in der Berufungsbegründung). Der Sachverständige hat an der zitierten Stelle aber auch ausgeführt, dass die Anpassung „vorsichtig“ erfolgen und „sich in Grenzen“ halten müsse. Soweit sich der Kläger ferner auf das Urteil des österreichischen OGH vom 18.09.1991 (Az.: 2 Ob 35/91) beruft (zitiert in GA I, S. 40 und S. 37 unten), mit dem der OGH ein eher an österreichischen Maßstäben ausgerichtetes Schmerzensgeld für angemessen gehalten hat, beruht diese Entscheidung nur darauf, dass es den österreichischen Gerichten seinerzeit nicht gelungen ist, Auskünfte über die serbische Rechtsanwendungspraxis zu erhalten. Solche Auskünfte liegen im Streitfall jedoch mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H... vor.
67 
Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes über die vom Landgericht vorgenommene Verdoppelung hinaus kommt nicht in Betracht. Zwar hat es Prof. Dr. H... auch für möglich gehalten, den Betrag zu verdreifachen (GA II, S. 43). Der Senat hält es allerdings für kaum vorstellbar, dass ein serbisches Gericht Ausländer gegenüber den eigenen Landsleuten in solch hohem Maße begünstigen würde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass serbische Gerichte eine ähnliche Position einnehmen würden wie deutsche Gerichte gegenüber US-Amerikanern, denen deutsche Schmerzensgeldbeträge gering erscheinen. In diesen Fällen wird eine Erhöhung der Schmerzensgeldbeträge jedenfalls allein wegen der ausländischen Staatsangehörigkeit abgelehnt (OLG Koblenz NJW-RR 2002, 1030; KG NJW-RR 2002, 1031).
4.
68 
Auch die Bemessung des Verdienstausfallschadens durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.
a)
69 
Nach Art. 185 SerbOG hat der Kläger Anspruch auf „Totalreparation“ seines Schadens, wozu auch der Ersatz des Verdienstausfallschadens gehört (Art. 195 SerbOG), der grundsätzlich in Form einer Geldrente zu leisten ist (Artt. 188, 195 Abs. 2 SerbOG), während die Zahlung von Rückständen in einer Summe zu erfolgen hat. Der Anspruch besteht für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und wird bei unselbstständig Beschäftigten nach der Nettolohnmethode ermittelt. Von Sozialversicherungsträgern erbrachte Leistungen sind dabei zugunsten des Schädigers in Abzug zu bringen (darauf, ob diese bei der Beklagten Regress nehmen könnten, kommt es vorliegend nicht an). Dem Geschädigten ist grundsätzlich eine Rente in Höhe des entgangenen Arbeitsverdienstes zu leisten, die sich auch in Serbien - was der Kläger bestreitet, ohne dies jedoch zu belegen - bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit auf die Differenz zwischen noch bezogenem Einkommen und dem früher erzielten beläuft (zum Ganzen: GA II, S. 15 ff.).
70 
Nach der Praxis der serbischen Gerichte bei Anwendung der Art. 188, 195 Abs. 2 SerbOG ist dabei entscheidend die Höhe der Einkünfte, die der Geschädigte tatsächlich erzielt. Gelingt dem Geschädigten trotz teilweise verbliebener Erwerbsfähigkeit die Erzielung von Einkünften nicht, geht dies grundsätzlich zu Lasten des Schädigers. (GA II, S. 22). Den Geschädigten trifft aber nach Art. 192 SerbOG eine Schadensminderungspflicht (GA II, S. 22). Ob er diese erfüllt hat, ist im Streitfall, in dem der Geschädigte vor und nach dem Unfall in Deutschland lebte, nach deutschen Verhältnissen zu beurteilen, ohne dass damit von der maßgeblichen Anwendbarkeit serbischen Rechts abgewichen würde (GA II, S. 23).
71 
Von diesen rechtlichen Gesichtspunkten ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen (S. 10 ff. d.U. mit Abdruck der maßgeblichen Bestimmungen des serbischen Rechts in deutscher Übersetzung). Es hat, dem Gutachten H... folgend, die Nettolohnmethode als Ausgangspunkt gewählt. Weiter hat es zu Recht Leistungen Dritter (Krankengeld, Lohnfortzahlung u.ä.) vom Anspruch des Klägers abgezogen. Zusätzlich hat es unter der Annahme einer nur geminderten, nicht vollständigen Erwerbsunfähigkeit des Klägers Schadensersatz nur in Höhe der Differenz der Höhe der Bezüge, die ohne den Unfall erzielt worden wären, und der Bezüge, die trotz der Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen werden könnten, zugesprochen. Dies zum einen, weil es dem Kläger aus Gründen der Schadensminderungspflicht oblegen hätte, mit seiner verbliebenen Arbeitskraft eine Anstellung zu finden. Dementgegen habe er im Januar 2008 einen Wiedereingliederungsversuch in das Erwerbsleben vorschnell abgebrochen (S. 10. ff. d.U., zur Berechnung im Einzelnen S. 13 ff. d.U.). Zum anderen aber auch deshalb, weil sich nicht habe feststellen lassen, dass der Kläger vollständig arbeitsunfähig sei (S. 16 d.U.). Er sei zwar aktuell aus psychischen Gründen nur eingeschränkt erwerbsfähig. Eine Rehabilitation sei jedoch möglich. Der Kläger könne nach einer therapeutischen Behandlung wieder einer Arbeit nachgehen. Daher liege ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor (S. 19 d.U.)
b)
72 
Den rechtlichen Ausgangspunkt der Überlegungen des Landgerichts greift auch die Berufung nicht an. Sie ist aber der Meinung, der Kläger sei tatsächlich nicht in der Lage, erwerbstätig zu sein, auch nicht in geringem Umfang.
73 
Entscheidungserheblich ist somit, ob der Kläger noch in der Lage ist, 90% seines zuvor erzielten Einkommen zu verdienen, wie das Landgericht annimmt. In diesem Fall bestünde kein Ersatzanspruch, da die Differenz zu seinem früher erzielten Einkommen durch Sozialleistungen gedeckt war und auch künftig durch die Erwerbsunfähigkeitsrente voraussichtlich gedeckt sein wird. Dabei verlangt das serbische Recht im Rahmen der Schadensminderungspflicht auch, dass der Geschädigte Begehrensvorstellungen bekämpft und sich keiner vermeidbaren Unfallneurose hingibt (GA II, S. 24).
74 
Die Beweislast insoweit liegt auch nach serbischem, ebenso wie im deutschen Recht beim Schädiger (GA II, S. 24). Maßgeblich für die Bestimmung der materiellen Beweislast ist das Deliktsstatut, also das serbische Recht. Dies ergibt sich, da hier noch nicht die Rom-II-VO gilt, aus Art. 32 Abs. 3 EGBGB a.F. in analoger Anwendung (dazu Erman/H..., BGB, 13. Aufl., Anh. Art. 42 EGBGB - Rom-II-VO Art. 22 Rn. 3 und GA II S. 24). Nach serbischem Recht trägt der Geschädigte die Beweislast für das Bestehen des Ersatzanspruchs, der Schädiger für den Einwand des Mitverschuldens auch im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht. Zu betonen ist jedoch, dass die Voraussetzung für das Bestehen eines Ersatzanspruchs vom Kläger zu beweisen ist (dazu noch nachfolgend unter d).
c)
75 
Das Landgericht hat nach Auseinandersetzung mit dem mehrfach im Hinblick auf neue prozessuale Situationen ergänzten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. T..., dem Gutachten des Dr. M... nebst Ergänzungsgutachten und dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Dr. A..., das dieser in einem sozialgerichtlichen Verfahren erstellt hat, den von der Beklagten zu führenden Nachweis als erbracht angesehen, dass der Kläger nach einer Therapie wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte. Eine Rehabilitation des Kläger sei also möglich. In der unterbliebenen Therapie sei somit ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. Art. 192 SerbOG zu sehen (S. 16 - 19 d. U.).
76 
Von den damit verbundenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts kann der Senat nur abweichen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Solche Zweifel bestehen nicht. Daher war auch kein weiteres Gutachten einzuholen.
aa)
77 
Nach allen Gutachten bestehen aus orthopädisch-chirurgischer Sicht keine Bedenken gegen die Arbeitsfähigkeit des Klägers.
78 
Insbesondere der Sachverständige Dr. M... kam, wie oben bereits ausgeführt, zum Ergebnis, dass die orthopädische Versorgung der Wirbelverletzung - wie mehrfach radiologisch bestätigt - „sehr gut“ gelungen sei (Gutachten vom 14.07.2010, Bl. 222 d.A., dort S. 10). Dies wird auch durch das radiologische Zusatzgutachten des Dr. Pa... vom 11.06.2010 untermauert (Bl. 216 d.A.). Ausgehend von dem Röntgenbefund müsse man beim Kläger von einer nahezu vollständigen und bei fehlender Belastung auch schmerzfreien Beweglichkeit ausgehen (Gutachten vom 14.07.2010, Bl. 222 d.A., dort S. 12). Dementgegen gebe der Kläger an, dass bereits die bloße Berührung der Haut ihm Schmerzen bereite (a.a.O. S. 8). Dieser Schmerzzustand sei durch das Unfallereignis nicht hinreichend erklärbar (a.a.O. S. 12). Die Schmerzsymptomatik sei weit mehr dem psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnen (a.a.O. S. 15). Überdies hätten sich auch Hinweise auf Simulation ergeben (a.a.O. S. 14). Allerdings geht der Sachverständige (fachfremd) von einer Kombinationsproblematik aus Subdepressivität sowie einer autonomen somatoformen Schmerzstörung aus, bei der ein Krankheitswert gegeben sei (a.a.O. S. 15). Aus (isoliert) chirurgisch-orthopädischer Sicht sei der Kläger aber arbeitsfähig und könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausüben. Ob er allerdings aus psychiatrischer Sicht jemals wieder arbeitsfähig werden könne, sei erheblich zweifelhaft (a.a.O. S. 16). Die volle Arbeitsfähigkeit - unter Berücksichtigung einer MdE von 10% - habe ab Mitte Februar 2008 bestanden (Gutachten vom 18.05.2011 Bl. 335 d.A., dort S. 5).
79 
Weiter ist in diesem Zusammenhang noch der Therapieverlauf beim Kläger von Bedeutung (Gutachten vom 14.07.2010 a..O., S. 3 f. und nochmals, tiefgehender Gutachten vom 18.05.2011 a.a.O., dort S. 3 f.). Danach begann die besondere Schmerzsymptomatik sich erst mehrere Monate nach dem Unfall zu manifestieren, etwa ab Ende Oktober 2007. Dabei ließen sich niemals Zusammenhänge zwischen den Schmerzen und der Wirbelsäulenoperation herstellen. Auch dies spricht gegen einen chirurgisch-orthopä-dischen Ausgangspunkt der Schmerzsymptomatik.
bb)
80 
Die vom Kläger behauptete dauerhafte Arbeitsunfähigkeit kann sich daher nur aufgrund einer psychischen Erkrankung ergeben, die es ihm unmöglich macht zu arbeiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das serbische Recht, wie oben ausgeführt, im Rahmen der Schadensminderungspflicht verlangt, dass der Geschädigte Begehrensvorstellungen bekämpft und sich keiner vermeidbaren Unfallneurose hingibt (GA II, S. 24).
(1)
81 
Der Sachverständige Prof. Dr. T... hat dazu in seinem ersten Gutachten vom 26.04.2010 (Bl. 189 d.A.) die Auffassung vertreten, der Kläger neige zu „Klagsamkeit und hypochondrischer Verhaltensweisen“ (a.a.O. S. 12). Er habe eine Anpassungsstörung entwickelt, die schwer anzugehen sein dürfte und an der sich die Psychotherapeutin die „Zähne ausbeiße“ (a.a.O. S. 12). Er sei zwar nicht gesund, müsste aber seine frühere Arbeit, vermindert um das schwere Heben, ausüben können. Er sei nicht erwerbsunfähig, sondern könne rehabilitiert werden (a.a.O. S. 17).
82 
In dieser Bewertung des Sachverständigen sieht der Kläger einen Widerspruch. Entweder sei der Kläger arbeitsfähig, dann müsse er nicht rehabilitiert werden, oder er sei erwerbsunfähig und müsse dann rehabilitiert werden (S. 10 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.07.2013 = Bl. 468 d.A.). Hierin einen Widerspruch zu sehen, ist jedoch eine Fehldeutung. Unter „Erwerbsunfähigkeit“ versteht der Sachverständige Prof. Dr. T... einen Zustand, in dem der Betroffene trotz Behandlung nicht wieder einer Arbeit nachgehen kann. Beim Kläger ist er hingegen der Meinung, eine Behandlung - die aber ernsthafte Behandlungswilligkeit - voraussetzt würde ihm die Aufnahme einer Arbeit ermöglichen, weshalb er nicht erwerbsunfähig sei (a.a.O. S. 17).
83 
Die Einschätzung des Sachverständigen, dass der Kläger bei gehöriger Anspannung seiner Willenskräfte wieder arbeiten könnte, wird bestätigt durch den bereits erwähnten Uhrentest nach Shulman, bei dem der Kläger nach Überzeugung des Sachverständigen bewusst den großen und den kleinen Zeiger der Uhr vertauschte (a.a.O. S. 13 und deutlicher Protokoll vom 14.02.2011, Bl. 318 d.A., dort S. 5). Daraus lässt sich eine Neigung des Klägers zur Simulation ableiten, die wiederum dafür spricht, dass er sich dem Arbeitsmarkt bewusst verweigert. Der Kläger weist zwar darauf hin, dass der Uhrentest den Sinn habe, eine Demenz festzustellen. Auch wenn dies zutreffen sollte, wird dadurch nicht ausgeschlossen, den Uhrentest auch zu anderen Zwecken zu verwenden. Die Überlegungen des Sachverständigen und seine Folgerungen aus dem Verhalten des Klägers erscheinen dem Senat schlüssig und nachvollziehbar. Sie decken sich zudem mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M..., der beim Kläger ebenfalls eine Neigung zur Simulation festgestellt hat. Die in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung des Klägers, der Sachverständige T... sei der einzige Gutachter, der simulative Tendenzen des Klägers festgestellt habe, trifft also nicht zu.
84 
Demgegenüber stellte zwar der Sachverständige Dr. A... in seinem sozialgerichtlichen Gutachten (nach Bl. 348 d.A.) fest, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer somatoformen Schmerzstörung und einer Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom leide (a.a.O., S. 24). Weiter führte er aus, die Prognose sei unsicher und eher schlecht. Es handle sich um einen „progredienten Krankheitsverlauf“ (a.a.O. S 27). Außerdem war auch der Sachverständige Dr. A... der Meinung, dass die Schilderung seiner körperlichen Beschwerden durch den Kläger in Teilen so dargestellt erscheine, dass diese mit einem organischen Korrelat kaum deckungsfähig seien, was ohne genauere Betrachtung als Aggravation verstanden werden könnte. Unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes wie auch der eingeschränkten Selbstreflexionsfähigkeit sei dies jedoch von einer Aggravation abzugrenzen und einer Somatisierungsstörung zuzuordnen. In diesem Sinne ergäben sich keine relevanten Hinweise auf Simulation, Aggravation oder Bagatellisieren (a.a.O. S. 16). Auch der Sachverständige Dr. A... ist aber der Auffassung, dass der Kläger nach ausreichender Gewöhnung an einen Arbeitsplatz noch vier Stunden pro Tag arbeiten könnte (a.a.O. S. 26).
85 
Mit dem Gutachten Dr. A...s hat sich Prof. Dr. T... in seinem Ergänzungsgutachten vom 14.11.2011 (Bl. 358 d.A.) auseinandergesetzt. Er hat dargelegt, dass Dr. A... die Angaben des Klägers nicht ausreichend kritisch geprüft habe, sondern die Angaben des Klägers als Tatsachen genommen habe, ohne zu bedenken, dass sie nur darauf beruhen könnten, dass er eine Rente erhalten wolle (a.a.O. S. 10 und S. 13). Die von Dr. A... durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen seien ungeeignet, weil leicht durchschaubar und daher nicht in der Lage Simulation aufzudecken (a.a.O. S. 12). Er selbst hingegen habe bei einer Wiederholung des Uhrentests nach Shulman wiederum deutliche Anzeichen für Simulation gefunden (a.a.O. S. 8 f. - was genau diese Anzeichen sind, stellt der Sachverständige nicht dar). Hinsichtlich der Diagnose komme er zu einem vergleichbaren Ergebnis wie Dr. A... Er sei nur der Meinung, dass die Relevanz der Beschwerden und die Auswirkung der Symptome anders als bei Dr. A... zu betrachten seien (a.a.O. S. 14).
(2)
86 
In Würdigung dieser Gutachten ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger nach dem von ihm für richtig gehaltenen Gutachten des Sachverständigen Dr. A... in der Lage wäre, mindestens drei Stunden und nach Gewöhnung auch vier Stunden täglich zu arbeiten. Gründe, warum er nicht wenigstens einer solchen Tätigkeit nachgeht oder sich um eine solche bemüht, hat er nicht vorgetragen.
87 
Der Senat ist darüber hinaus aber auch mit dem Sachverständigen Prof. Dr. T... der Auffassung, dass der Kläger seine Kräfte nicht ausreichend anspannt, um eine Wiedereingliederung in das Berufsleben zu erreichen und damit gegen seine Obliegenheit zur Schadensminderung verstößt.
88 
Sowohl Dr. A... als auch Prof. Dr. T... kommen zu Diagnosen, die sich nicht wesentlich unterscheiden. Der entscheidende Unterschied der Gutachten besteht darin, dass Prof. Dr. T... der Auffassung ist, das Krankheitsempfinden des Klägers entspreche nicht dem, das sich aus den objektivierbaren Befunden ergebe und die Darstellungsform des Beschwerdebildes werde vom Kläger überhöht (Gutachten vom 14.11.2011, Bl. 358 d.A., dort S. 13). Das deckt sich mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M..., der ebenfalls Hinweise für solche Überhöhungen gefunden hat. Bei ihm konnte der Kläger angeblich schon leichtes Klopfen auf den Rücken nicht aushalten, was physiologisch nicht erklärbar ist. Selbst Dr. A... hat gesehen, dass der Kläger seine Beschwerden so darstellt, dass sie „mit einem organischen Korrelat kaum deckungsfähig…sind“ (Gutachten vom 06.12.2010, K 57 nach Bl. 348 d.A., dort S. 16).
89 
Es ist daher als gesichert anzusehen, dass der Kläger die Intensität seines Krankheitszustandes in der Darstellung gegenüber Dritten deutlich übertreibt. Dr. A... ist der Meinung, dies sei unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes wie auch der eingeschränkten Selbstreflexionsfähigkeit und seiner von ihm als beschämend erlebten sonstigen Defizite von einer Aggravation abzugrenzen. Ebenso wie Prof. Dr. T... (erstes Gutachten, S. 15 = Bl. 203 d.A.) ist also auch Dr. A... der Meinung, dass beim Kläger bereits aufgrund seiner Herkunft mit Übertreibungen zu rechnen sei. Eine solcherlei angeblich kulturbedingte typische Verhaltensweise kann allerdings für die rechtliche Beurteilung nicht herangezogen werden. Selbst wenn es zutreffen sollte, wie Prof. Dr. T... unter Bezugnahme auf eigene Forschungen meint, dass bei „Südländern“ bestimmte Verhaltensweisen „immer wieder auftreten würden“ (a.a.O. S. 14 = Bl. 202 d.A.), würde damit nicht feststehen, dass diese Verhaltensweisen auch beim Kläger auftreten. Argumentationen, die allein auf der Herkunft des Klägers beruhen, kann, will und wird der Senat bei der Bewertung des Verhaltens des Klägers daher nicht berücksichtigen. Die Beurteilung, dass der Kläger übertreibt, beruht bei allen drei Sachverständigen aber nicht in erster Linie auf seiner Herkunft, sondern darauf, dass seine Beschwerden nicht mit seiner „sehr gut“ operierten Wirbelsäulenverletzung erklärbar sind und bei den Sachverständigen Prof. Dr. T... und Dr. M... zusätzlich darauf, dass sich Anhaltspunkte für Simulation ergeben haben. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum es dennoch zu solchen Beschwerden kommt, kann auch der Sachverständige Dr. A... nicht liefern. Warum der Kläger wegen eingeschränkter Selbstreflexionsfähigkeit und als beschämend erlebten Defiziten zu einer übertriebenen Darstellung von Schmerzen kommen soll, wird aus dem Gutachten nicht verständlich.
90 
Demgegenüber hat sich Dr. A... nicht mit der naheliegenden Frage beschäftigt, ob der Kläger sich nicht deshalb so verhält, weil es ihm darum geht, eine Rente zu erhalten oder weil er an einer Begehrensneurose leidet, die nicht zu einem Schadens-ersatzanspruch führt.
91 
Mit dieser Frage hat sich der Sachverständige Prof. Dr. T... auseinandergesetzt. Er kam zu dem Ergebnis, der Kläger sei zwar nicht etwa ein Lügner oder ein grober Simulant. Sein Krankheitsgefühl entspreche aber nicht dem, das sich aus den Befunden ergebe und die Darstellungsform der Krankheit sei funktionell überhöht (Gutachten vom 14.11.2011, B. 358 d.A., S. 13). Er kommt deshalb zum Ergebnis, dass durch Dr. A... keine neuen Aspekte in die Beurteilung eingeführt worden seien (a.a.O., S. 371), was besagt, dass er bei seiner Beurteilung aus dem ersten Gutachten bleibt, wonach der Kläger bei hinreichender Behandlung in zeitlicher Hinsicht wieder voll arbeiten könnte, wenn auch mit gewissen Belastungseinschränkungen. Diese Beurteilung ist überzeugend. Der Senat folgt ihr.
92 
Dem kann der Kläger nicht, wie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschehen, entgegenhalten, das Gutachten sei schon deshalb falsch, weil Prof. Dr. T... davon ausgehe, der Kläger werde nicht mehr psychiatrisch behandelt (S. 6 d. Protokolls = Bl. 499 d.A.). Dieser Vortrag ist hinsichtlich seiner tatsächlichen Basis nämlich unzutreffend. Im Gutachten von Prof. Dr. T... vom 14.11.2011 ist auf S. 8 festgehalten, dass der Kläger bei der Untersuchung durch den Sachverständigen angegeben hat, er befinde sich in psychologischer und psychiatrischer Behandlung. Am Wahrheitsgehalt dieser Angaben hat der Sachverständige keinerlei Zweifel geäußert. Außerdem hat Prof. Dr. T... schon in seinem Gutachten vom 26.04.2010 dargelegt, der Kläger befinde sich in einer alle 14 Tage stattfindenden Psychotherapie (S. 15).
93 
Aber auch der mit der Behauptung weiter verbundene Zweck, darauf hinzuweisen, dass der Kläger sich, wie es seiner Obliegenheit entspreche, in Therapie befinde, also alles in seiner Macht stehende unternehme, um eine Heilung herbeizuführen (so S. 11 der Berufungsbegründung), dies alles aber nicht zum Erfolg führe, vermag den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Erwerbsunfähigkeit des Klägers von ihm bei Anspannung seiner Kräfte nicht erfolgreich bekämpft werden könnte.
94 
Die Ausführungen Prof. Dr. T...s sind im Ergebnis so zu verstehen, dass es dem Kläger an hinreichender Motivation fehlt, wieder eine Arbeit aufzunehmen. Stattdessen stellte er sich gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. T... als ein Mensch dar, der eine zweckgerichtete funktionell überhöhte Leidensdarstellung produzierte (Gutachten vom 14.11.2011, S. 9 f.). Solange der Kläger solche Zustände auch produziert um gegenüber Sozialleistungsträgern und Versicherern Vorteile zu erlangen, wird er sich nicht ernstlich auf eine Therapie einlassen.
95 
Der Sachverständige Prof. Dr. T... ist als langjähriger Chefarzt einer psychiatrischen Klinik auch hinreichend sachkundig dies zu beurteilen. Es bedurfte daher nicht der vom Kläger beantragten Vernehmung seines Psychotherapeuten, um noch weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
96 
Insgesamt liegen damit keine Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Feststellung des Landgerichts vor, dass der Kläger die Obliegenheit verletzt hat, seine Arbeitskraft im vollen, ihm möglichen Umfang einzusetzen.
d)
97 
Darüber hinaus ist noch folgender weiterer rechtliche Gesichtspunkt zu beachten:
98 
Die Frage, ob der Kläger arbeitsfähig ist oder nicht, stellt sich nicht nur unter dem Blickwinkel einer Obliegenheitsverletzung. Seine vollständige oder partielle Arbeitsunfähigkeit ist auch Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs überhaupt. Hierfür trägt jedoch der Kläger die Beweislast. Nach den vorgelegten Gutachten ist es jedoch, selbst wenn man der Überzeugung des Senats nicht folgen wollte, so, dass der Kläger vollschichtig arbeiten könnte, wenn er sich nur hinreichend bemühen würde, mindestens nicht erwiesen, dass der Kläger über das Maß hinaus arbeitsunfähig ist, das vom Landgericht angenommen wurde.
5.
99 
Hinsichtlich der im angegriffenen Urteil abgehandelten weiteren Schadenspositionen (S. 24 ff. d.U.) trägt der Kläger lediglich vor, der geltend gemachte Ersatzbetrag (6.558,42 EUR) hätte in voller Höhe zugesprochen werden müssen. Das Landgericht habe insoweit nicht richtig entschieden. Eine Begründung für diese Auffassung gibt der Kläger nicht.
100 
Das Landgericht hat seine hiervon abweichende Auffassung, dem Sachverständigen Prof. Dr. H... folgend, sorgfältig begründet. Der Senat vermag keine Unrichtigkeiten zu erkennen.
6.
101 
Hinsichtlich der Forderung des Beklagten, Prozesszinsen bereits ab der Rechtshängigkeit des Schmerzensgeldantrags, also ab dem 15.06.2009, und nicht erst ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 23.07.2010, mit der der Zinsanspruch geltend gemacht wurde, also ab dem 02.09.2010 zuzusprechen, hat die Berufung Erfolg.
102 
Das Landgericht hat im Anschluss an den Gutachter H... (GA II, S. 52 ff.) zutreffend dargelegt, dass auch hinsichtlich der Prozesszinsen serbisches Recht Anwendung finde und danach Prozesszinsen jedenfalls in der vom Kläger verlangten Höhe ab dem Tag der Klagezustellung (also anders als nach § 187 BGB nicht erst ab dem Folgetag) verlangt werden könnten (S. 31 f. d.U.). Da für den Schmerzensgeldantrag (Antrag Nr. 1) in der Klageschrift noch nicht die Zahlung von Prozesszinsen beantragt worden sei, sondern diese Zinsen erst mit der Klageerweiterung vom 23.07.2010 (Bl. 260 d.A.) geltend gemacht wurden, sei die Rechtshängigkeit des Zinsanspruchs erst mit der Zustellung der Klageerweiterung am 02.09.2010 (Zustellungsnachweis nach Bl. 284 d.A.) eingetreten. Zinsen hat es daher erst ab dem 03.09.2010 - möglicherweise in Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB - zugesprochen (Nr. 1 der Urteilsformel).
103 
An der Auffassung des Landgerichts ist zwar zutreffend, dass der Zinsanspruch erst nach Zustellung der Klageerweiterung rechtshängig wurde. Prozesszinsen können aber ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Anspruchs verlangt werden, dessen Verzinsung gefordert wird, hier also ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Schmerzensgeldanspruchs am 15.06.2009. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Zinsforderung erst später rechtshängig wird.
7.
104 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
105 
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf einer Anwendung von in der Rechtsprechung geklärten Grundsätzen auf den Einzelfall.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 10. Feb. 2014 - 5 U 111/13

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 10. Feb. 2014 - 5 U 111/13 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 115 Direktanspruch


(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, 1. wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder2.

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 10. Feb. 2014 - 5 U 111/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Landgericht Stuttgart Urteil, 08. Apr. 2013 - 27 O 218/09

bei uns veröffentlicht am 08.04.2013

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2010 zu bezahlen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 10. Feb. 2014 - 5 U 111/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2016 - VI ZR 437/14

bei uns veröffentlicht am 01.03.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 2. Oktober 2014 aufgehoben.

Referenzen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2010 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 weitere 7.170,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2009 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Ziff. 1 den materiellen und immateriellen Schaden für die Zukunft zu ersetzen, der ihm durch den Unfall am …2007 in Serbien entstehen wird, sofern dieser nicht auf die Sozialversicherungsträger übergegangen ist.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 712,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2010 zu bezahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage des Klägers Ziff. 1 abgewiesen.

6. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger Ziff. 1 einen Anteil von 5/6 und die Beklagte einen Anteil von 1/6. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers Ziff. 1 trägt die Beklagte 1/6, von den außergerichtlichen Kosten der Kläger Ziff. 2 bis 5 trägt die Beklagte 1/3. Im Übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 100.310,07 Euro.

Tatbestand

 
Der Kläger Ziff. 1 verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Verkehrsunfalls in Serbien. Die Beklagte ist der Pkw-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, Herrn B.
Der Kläger Ziff. 1 hat seinen Wohnsitz in Deutschland, die Beklagte hat ihren Sitz in Österreich, wo auch der versicherte Unfallgegner, Herr B, wohnhaft ist.
Am ….2007 ereignete sich in Serbien folgender Verkehrsunfall: Der Kläger Ziff. 1 befuhr mit seinem Pkw … die Autobahn in … auf der rechten Fahrbahn. Der Unfallgegner befand sich mit seinem Pkw auf der linken Überholspur. Er wollte einem auf der Fahrbahn liegenden Reifenteil ausweichen, verlor bei diesem Ausweichmanöver die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallte infolgedessen auf die linke Seite des Pkw des Klägers Ziff. 1 auf. Das Fahrzeug des Klägers Ziff. 1 wurde von der Autobahn abgedrängt und überschlug sich danach im rechts von der Fahrbahn befindlichen Gelände mehrfach. Der Kläger Ziff. 1 wurde bei dem Unfall verletzt und stationär behandelt. An seinem Fahrzeug entstand ein Totalschaden.
Der Kläger Ziff. 1 beantragt nach einer Klageerweiterung:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 50.000 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, 42.610,07 Euro an den Kläger Ziff. 1 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Ziff. 1 den materiellen und immateriellen Schaden für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft zu ersetzen, der ihm durch den Unfall am ….2007 in Serbien entstanden ist und noch entstehen wird, sofern dieser nicht auf die Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
4. (betrifft Schmerzensgeldansprüche der Klägerin Ziff. 2)
5. (betrifft Schmerzensgeldansprüche der Klägerin Ziff. 3)
6. (betrifft Schmerzensgeldansprüche der Klägerin Ziff. 4)
7. (betrifft Schmerzensgeldansprüche des Klägers Ziff. 5)
8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Ziff. 1 vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.695,39 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
Die Beklagte behauptet streitig im Hinblick auf den Haftungsgrund,
der Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeuges habe nach dem Bemerken des Reifenteils seine Fahrzeuggeschwindigkeit verringert und sei dann von einem hinten heranfahrenden PKW angefahren worden. Deshalb sei sein Fahrzeug auf dasjenige des Klägers Ziff. 1 gestoßen. Aufgrund dessen sei ein Verschulden nicht feststellbar, weshalb die Haftung nach serbischem Recht entfalle.
Mit dem Klageantrag Ziff. 1 verlangt der Kläger Ziff. 1 Schmerzensgeld, wobei zwischen den Parteien die Höhe des Schmerzensgeldes streitig ist. Des weiteren macht der Kläger Ziff. 1 im Antrag Ziff. 2 verschiedene Schadensersatzpositionen geltend. In diesem Zusammenhang dreht sich der Rechtsstreit insbesondere um die Frage, ob der Kläger Ziff. 1 seit dem Unfall arbeitsunfähig ist und deshalb Verdienstausfall verlangen kann. Des weiteren streiten sich die Parteien darum, ob einzelne Aufwendungen des Klägers Ziff. 1 im Zusammenhang mit seiner Heilbehandlung und der Abwicklung des Fahrzeugschadens ersatzfähig sind.
Über die Ansprüche der Kläger Ziff. 2 bis 5 wurde ein Vergleich geschlossen, so dass sie nicht mehr Gegenstand dieses Urteils sind.
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Zur Geltung des serbischen Rechts hat das Gericht ein Rechtsgutachten von Herrn H eingeholt, dessen Ausführungen das Gericht mit diesem Urteil übernimmt. Zu den medizinischen Fragen wurden Gutachten von Dr. T und Dr. M eingeholt. Herr Dipl.-Ing. A hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2010 vor der Kammer in anderer Besetzung ein mündliches Gutachten als Kfz-Sachverständiger erstattet, das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird.

Entscheidungsgründe

 
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A. Zulässigkeit der Klage.
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Die Klage ist - mit Einschränkungen betreffend den Feststellungsantrag (Klageantrag Ziff. 3) - zulässig.
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Die örtliche und internationale Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich aus Artikel 11 Abs. 2 und Artikel 9 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO). Nach diesen Rechtsvorschriften kann der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates hat (EuGH, Urteil vom 13.12.2007 - C-463/06; BGH, Urteil vom 06.05.2008 - IV ZR 200/05).
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Allerdings ist der Klageantrag Ziffer 3 insoweit unzulässig, als die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte verpflichtet sei, den materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der in der Vergangenheit entstanden ist. Wegen Schadensersatzansprüchen, die bereits entstanden sind, ist eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar. Insoweit fehlt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers Ziff. 1 auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO, § 256 ZPO Rn. 7a).
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B. Begründetheit der Klage
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Die Klage ist nur teilweise begründet. Zwar ist die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet, Schmerzensgeld und Schadensersatz zu leisten. Das Schmerzensgeld liegt jedoch mit 6.000,00 Euro unter dem Antrag des Klägers Ziff. 1. Im Hinblick auf den materiellen Schadensersatz kann dem Kläger Ziff. 1 nur im Umfang von 4.292,05 Euro Verdienstausfall zugesprochen werden. Von den übrigen materiellen Schadensersatzpositionen sind 2.877,97 Euro erstattungsfähig.
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Im Einzelnen:
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I. Anwendbarkeit des serbischen Rechts
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Auf den vorliegenden Fall ist das serbische Recht anzuwenden.
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Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach den Regelungen des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB), denn Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen sind wegen des Zeitpunktes des Verkehrsunfalls nicht maßgeblich (Artikel 3 Nr. 2 EGBGB). Das Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht vom 4.5.1971 ist für Deutschland nicht in Kraft. Die Verordnung Rom II (Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 11.7.2007 (ABl. EU 2007 Nr. L 199, S. 40) ist zwar seit dem 11.01.2009 in Anwendung, gemäß ihren Art. 31 und 32 kommt sie aber auf den vorliegenden Unfall, der sich am ….2007 ereignet hat, zeitlich nicht zur Anwendung (Erman/Hohlloch, Kommentar zum BGB, Rn. 7 ff. vor Art. 38 EGBGB).
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Aus Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB folgt angesichts des in Serbien stattgefundenen Unfallgeschehens die Maßgeblichkeit des serbischen „Tatortrechts“. Einen besonderen Bezug zu einem anderen Recht als dem für beide Unfallparteien neutral und gleichmäßig geltenden serbischen Recht hat das in Serbien abgelaufene Unfallgeschehen nicht. Die Heilbehandlung des Klägers Ziff. 1 nach dem Unfall im Inland bleibt für die Deliktsanknüpfung außer Betracht (zur Unerheblichkeit von Folgeschäden für die Anknüpfung gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB: Erman/Hohloch, Kommentar zum BGB, Art. 40 EGBGB Rdnr. 25 m.w.N.). Art. 40 Abs. 2 EGBGB ist mangels Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht anwendbar, da die Unfallbeteiligten keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
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Die Verweisung auf das serbische Recht betrifft auch den Anspruch des Klägers Ziff. 1 gegen die Beklagte als Haftpflicht Versicherer des Unfallverursachers, Artikel 40 Abs. 4 EGBGB. Nach dieser Vorschrift kann der Verletzte seinen Anspruch unmittelbar gegen einen Versicherer des Ersatzpflichtigen geltend machen, wenn das auf die unerlaubte Handlung anzuwendende Recht oder das Recht, dem der Versicherungsvertrag unterliegt, dies vorsieht.
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Die aus Artikel 40 EGBGB folgende Gesamtverweisung (Artikel 4 Abs. 1 EGBGB) wird durch das serbische Recht angenommen. Dies ergibt sich aus Artikel 1, 3 und 9 des Haager Straßenverkehrsübereinkommen; seine Regeln über die Annahme der Verweisung gelten auch im Verhältnis zu Deutschland, auch wenn Deutschland seinerseits nicht Vertragsstaat des Abkommens ist. Für das serbische Recht ergibt sich dies aus Artikel 86 des Versicherungsgesetzes Nr. 55/2004 (Neidhart, DAR 2008, 568 (576)), für das österreichische Recht ergibt sich der Direktanspruch aus § 26 des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetzes.
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Das als Deliktsstatut über Art. 40 Abs. 1 EGBGB hier berufene serbische Recht gilt somit grundsätzlich für die gesamte Regulierung des Unfalls, es bestimmt über die Haftungsgründe und ihre Voraussetzungen, und es bestimmt auch über die Haftungsfolgen einschließlich insbesondere die Bemessung des Schadens, die ersatzfähigen Schadensposten und ihre Berechnung und Vergütung. Es gilt auch für den immateriellen Schaden und seinen Ersatz (Ermann/Hohloch, Kommentar zum BGB, Art. 40 EGBGB Rdnr. 63).
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II. Haftung dem Grunde nach
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Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ergibt sich aus Artikel 86 des Versicherungsgesetzes Nr. 55/2004 in Verbindung mit den Regelungen des serbischen Obligationsgesetzes. Artikel 178 des serbischen Obligationsgesetzes lautet in deutscher Übersetzung:
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„(1) Wenn ein Motorfahrzeug in Bewegung einen Unfall hervorruft, der ausschließlich durch das Verschulden seines Inhabers entstanden ist, sind die Regeln über die Verschuldenshaftung anzuwenden.
(2) Besteht beiderseitiges Verschulden, so haftet der Inhaber nach dem Grad eigenen Verschuldens für den gesamten erlittenen Schaden.
(3) Trifft ein Verschulden keinen der Inhaber, haften sie zu gleichen Teilen, sofern Billigkeitsgründe nichts anderes erfordern.
(4) Für den Schaden, den dritte Personen erleiden, haften die Inhaber der Motorfahrzeuge solidarisch.“
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Artikel 178 des serbischen Obligationsgesetzes verweist auf die Regelungen über die Verschuldenshaftung. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall Artikel 174 des serbischen Obligationsgesetzes, der in deutscher Übersetzung lautet:
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„(1) Für Schäden aufgrund einer gefährlichen Sache haftet deren Inhaber, für Schäden aufgrund einer gefährlichen Tätigkeit haftet die Person, die die Tätigkeit ausführt.
(2) Als Inhaber gilt der Eigentümer der Sache wie auch die gesellschaftliche juristische Person, die die Verfügungsgewalt besitzt bzw. der die Sache zur vorübergehenden Benutzung übergeben wurde.“
30 
Nachrangig gelten die allgemeinen Grundsätze des serbischen Deliktsrechts. Die Grundnorm des Artikels 154 des serbischen Obligationsgesetzes lautet in deutscher Übersetzung:
31 
„(1) Wer einem anderen einen Schaden zufügt, schuldet dem anderen ihn zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass der Schaden ohne sein Verschulden entstanden ist.
(2) Für den Schaden, den jemand durch seine Sache oder durch Tätigkeiten, die eine vergrößerte Gefahr für die Umgebung hervorrufen, verursacht, haftet er ohne Rücksicht auf ein Verschulden.
(3) Ohne Rücksicht auf Verschulden wird auch in anderen vom Gesetz bestimmten Fällen gehaftet.“
32 
Das Verschulden wird in Artikel 158 des serbischen Obligationsgesetzes definiert:
33 
„Verschulden liegt vor, wenn der Schädiger den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat.“
34 
In Straßenverkehrsfällen folgt aus Artikel 174 des serbischen Obligationsgesetzes die Haftung des „Inhabers“ des die Schädigung verursachenden Kraftfahrzeugs, aus Artikel 178 Abs. 1 SerbOG folgt die alleinige Haftung desjenigen Fahrzeughalters (Inhabers), der durch sein Verschulden mit seinem Fahrzeug den Unfall und den Schaden herbeigeführt hat. Als Inhaber im Sinne dieser Vorschrift gilt auch der Fahrer, weil er die Verfügungsgewalt des Fahrzeugs ausübt (Radišić „Jugoslawien“, in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa (1993) S. 19).
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Im vorliegenden Fall kann ein Verschulden des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrers im Sinne von Artikel 157 des serbischen Obligationsgesetzes festgestellt werden. Er hat verkehrswidrig gehandelt, weil er das auf der Fahrbahn befindliche Reifenteil nicht rechtzeitig erkannt hat und deshalb seine Fahrweise nicht rechtzeitig darauf eingestellt. Insoweit verstieß der Fahrer gegen das auch im serbischen Recht verankerte Gebot, sich im Verkehr so zu verhalten, dass weder Leben noch Gesundheit anderer gefährdet werden (Artikel 3 des Grundgesetzes über die Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Wegen), ferner gegen das Verbot des Kraftfahrers zu überholen und ausweichen, wenn er damit, mit Rücksicht auf den Straßenzustand, Verkehrszustand und den technischen Zustand seines Fahrzeugs andere Verkehrsteilnehmer gefährdet (Artikel 51 Abs. 2 des Gesetzes).
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Damit ist der bei der Beklagten versicherte Fahrer die haftpflichtige Person. Er haftet jedenfalls dem Grunde nach für den entstandenen Schaden (Personen- wie Sachschaden), so dass auch die Voraussetzungen für das Vorgehen des Klägers Ziff. 1 mit dem Direktanspruch gegen die Beklagte grundsätzlich gegeben sind.
37 
Die Haftung der Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf ihre streitige Behauptung ausgeschlossen, dass das Fahrzeug ihres Versicherungsnehmers von hinten heranfahrenden PKW angefahren worden sei.
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Nach der für Serbien beachtlichen Rechtsprechung aus der früheren jugoslawischen Teilrepublik Bosnien und Herzegowina ist eine solche Haftungsbefreiung nur dann anzunehmen, wenn der Dritte identifiziert war und damit die Haftung bei ihm erfolgreich durchzusetzen war. Grund hierfür ist die Argumentation, der Geschädigte könne nicht der Leidtragende sein, wenn der Unfallhergang, für den kausales Verhalten des kollidierenden Schädigers gegeben ist, in dem Punkt der zusätzlichen Einwirkung eines Dritten nicht voll aufgeklärt werden kann (OGH Bosnien und Herzegowina v. 194.1973 Gz 2001/72, berichtet unter Zustimmung von Radišić, aaO S. 23 Fn. 45).
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Eine Beweisaufnahme zu der diesbezüglich streitigen Behauptung der Beklagten war deshalb nicht geboten.
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Ein Mitverschulden des Klägers Ziff. 1 im Sinne von Artikels 192 des serbischen Obligationsgesetzes ist im Hinblick auf den Haftungsgrund nicht ersichtlich. Er hat nicht zur Entstehung des Schadens beigetragen.
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III. Materielle Schadenspositionen
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1. Verdienstausfall
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Der Kläger Ziff. 1 hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz seines Verdienstausfalls.
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a) Rechtliche Grundlagen
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Der Anspruch auf den Ersatz des Verdienstausfalls ergibt sich aus Artikel 195 des serbischen Obligationsgesetzes, der in deutscher Übersetzung wie folgt lautet:
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„(1) Wer einem anderen eine Körperverletzung zufügt oder dessen Gesundheit zerstört, ist verpflichtet, ihm die ärztlichen Behandlungskosten und die anderen im Zusammenhang damit stehenden Kosten sowie den infolge Arbeitsunfähigkeit während der Heilbehandlung verlorenen Verdienst zu ersetzen.
(2) Verliert der Verletzte wegen völliger oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit seinen Verdienst, sind seine Bedürfnisse dauernd gestiegen, oder sind die Möglichkeiten seiner Entwicklung und Beförderung zerstört oder geschmälert, so ist die verantwortliche Person verpflichtet, dem Verletzten eine bestimmte Geldrente als Ersatz für diesen Schaden zu bezahlen.“
47 
Der Anspruch richtet sich der Höhe nach auf den Ersatz des vollständigen Verdienstausfalls in Form einer Geldrente. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Regelungen in Artikel 185 des serbischen Obligationsgesetzes, wonach der Schaden insgesamt zu ersetzen ist, bei Verdienstausfall und Erwerbsminderung durch Körperschaden im Wege des vollen Geldersatzes. Artikel 185 des serbischen Obligationsgesetzes lautet übersetzt:
48 
„(1) Die haftende Person ist verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der vor der Entstehung des Schadens bestand.
(2) Sofern die Wiederherstellung des früheren Zustandes den Schaden nicht ganz beseitigt, ist die haftende Person verpflichtet, den Ersatz des verbleibenden Schadens in Geld zu leisten.
(3) Wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich ist oder wenn das Gericht annimmt, dass dies für die haftende Person nicht notwendig ist, so wird das Gericht bestimmen, die entsprechende Geldsumme dem Geschädigten als Schadensersatz zu leisten.
(4) Das Gericht wird dem Geschädigten den Ersatz in Geld zusprechen, sofern er es verlangt, es sei denn, die Umstände des gegebenen Falles rechtfertigten die Herstellung des früheren Zustandes.“
49 
Die zu leistende Form des Schadensersatzes in Form einer Geldrente ergibt sich aus Artikel 188 des serbischen Obligationsgesetzes:
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„(1) Im Falle des Todes, der Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung wird Ersatz in der Regel in der Form einer Geldrente, lebenslang oder für eine gewisse Zeit, festgelegt.
(2) Die als Schadensersatz zugesprochene Geldrente wird monatlich im voraus bezahlt, wenn das Gericht nichts anderes bestimmt.
(3) Der Gläubiger hat das Recht, die nötige Sicherheitsleistung für die Rentenauszahlung zu verlangen, sofern dies nicht den Umständen des Falles nach ungerechtfertigt wäre.
(4) Erbringt der Schuldner die durch das Gericht bestimmte Sicherheitsleistung nicht, hat der gläubiger das Recht, anstelle der Rente die Auszahlung einer Gesamtsumme zu verlangen, deren Betrag sich nach der Höhe der Rente und der wahrscheinlichen Lebensdauer des Gläubigers nach Abzug der entsprechenden Zinsen bemisst.
(5) Wegen ernstlicher Gründe kann der Gläubiger auch in anderen Fällen, gleich oder später, verlangen, dass ihm statt der Rente eine Gesamtsumme ausgezahlt wird.“
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Bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit wird auf der Grundlage der vorgenannten Bestimmungen der Verdienstausfall ersetzt. Der Anspruch besteht für die Dauer der Heilbehandlung und der insoweit festgestellten Arbeitsunfähigkeit. Die serbische Praxis folgt bei unselbstständig Beschäftigten der Nettolohnmethode, d.h. bei Arbeitsunfähigkeit wird der Nettoverdienstentgang ersetzt (Handbuch von Gordana Stanojčić, Naknada štete kroz sudsku praksu (Schadensersatz nach der gerichtlichen Praxis) Belgrad 2006, S. 143 ff, 203 ff. mit Darstellung der einschlägigen Gerichtsentscheidungen).
52 
Sind wie im vorliegenden Fall während der Zeitdauer der Heilbehandlung des Klägers Ziff. 1 keine Zahlungen der Beklagten für Verdienstausfall erfolgt, ist dem Kläger Ziff. 1 die Zahlung der Gesamtsumme des Verdienstausfalls durch die Beklagte geschuldet. Was der Kläger Ziff. 1 in dieser Zeit als Lohnfortzahlung und Krankengeld von den dazu nach deutschem Recht verpflichteten Arbeitgebern und Versicherungsträgern erhalten hat, ist nach serbischem Recht, das insoweit als „Deliktsstatut“ maßgeblich ist, von einer so errechneten Summe abzuziehen.
53 
Was die Höhe des Verdienstausfalls angeht, geht Artikel 195 Abs. 2 des serbischen Obligationsgesetzes bei einem abhängig Beschäftigten von der Entlohnung aus, die für die jetzt nicht mehr ausgeführte Tätigkeit bezogen wurde. Ist die Erwerbsfähigkeit nicht völlig beseitigt, sondern nur vermindert, ist die Schadensrente in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlich bezogenen Einkünften und der Entlohnung, die ohne den Unfall bezogen werden würde, zu leisten (Gordana Stanojčić, Naknada štete kroz sudsku praksu (Schadensersatz nach der gerichtlichen Praxis) Belgrad 2006, Seite 203 ff.).
54 
Insoweit ist eine Prognoseentscheidung erforderlich, die sich hinsichtlich ihrer verfahrensrechtlichen Erfordernisse für das erkennende Gericht an seinem eigenen Verfahrensrecht, d.h. hier an § 287 ZPO ausrichtet. Nach serbischem Recht hingegen richten sich die materiellrechtlichen Erfordernisse, d.h. hier die zu ersetzende Differenz. Demgemäß ist insoweit darauf abzustellen, dass nach den Artikeln 188, 195 Abs. 2 des serbischen Obligationsgesetzes in der Handhabung durch die serbischen Gerichte die tatsächlichen Möglichkeiten der Verwertung der nach dem Unfall vorhandenen Arbeitskraft entscheidend sind. Erzielt der Geschädigte durch Verwertung seiner verbliebenen Arbeitskraft Einkünfte, sind ihm diese anzurechnen, d.h. die Schadensrente hat die Differenz zu der prognostizierten Verdiensthöhe ohne den Unfall abzudecken. Gelingt dem Geschädigten trotz teilweise verbliebener Erwerbsfähigkeit die Erzielung von Einkünften nicht, geht dies grundsätzlich zu Lasten des Schädigers (Gordana Stanojčić, Naknada štete kroz sudsku praksu (Schadensersatz nach der gerichtlichen Praxis) Belgrad 2006, Seite 203 ff.).
55 
Allerdings hat der Geschädigte die Obliegenheit, Einkünfte zu erzielen. Dies ergibt sich auch aus der Schadensminderungspflicht des Artikels 192 des serbischen Obligationsgesetzes. Danach hat ein Geschädigter, der zur Entstehung des Schadens beigetragen hat oder dazu, dass er größer wird, als er anderenfalls gewesen wäre, nur ein entsprechend gemindertes Recht auf Ersatz. Insofern hat der Geschädigte auch im Rahmen des Zumutbaren einen Berufswechsel vorzunehmen (Oberstes Gericht Serbiens vom 2.3.2005, Aktenzeichen Rev. 299/05).
56 
b) Feststellungen zur Höhe des Verdienstausfalls
57 
Der Kläger Ziff. 1 hat einen Lohnausfallschaden für die Zeit vom ….2007 bis zum Juli 2010 in Höhe von über 36.000,00 Euro geltend gemacht. Hiervon sind 4.292,05 Euro berechtigt.
58 
Auszugehen ist von den Einkünften, die der Kläger Ziff. 1 ohne den Unfall in der Zeit hätte beziehen können. Dies erfordert eine hypothetische Betrachtung, bei der gemäß § 287 ZPO der Verdienst des Klägers Ziff. 1 aus dem Jahr vor dem Unfall zugrunde gelegt wird. Der Kläger Ziff. 1 hat unbestritten dargelegt, dass er in diesem Zeitraum aus zwei Beschäftigungsverhältnissen ein monatliches Gesamteinkommen von durchschnittlich 2.237,42 Euro erzielt hat. Vor dem Unfall war der Kläger Ziff. 1 als Druckhelfer ohne Berufsausbildung beschäftigt, dabei hatte der Kläger Ziff. 1 u.a. zu zweit Druckerwalzen mit einem Gewicht von 70 kg zu wechseln. In einer Nebentätigkeit war der Kläger Ziff. 1 als Verpacker und als Bote beschäftigt.
59 
Der Kläger Ziff. 1 ist seit dem Unfall keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Das Gericht stellt dem Sachverständigen M folgend fest, dass eine volle Arbeitsunfähigkeit bis Januar 2008 bestand. Im Januar 2008 lag eine partielle Arbeitsfähigkeit vor, die zu einem Wiedereingliederungsversuch geführt hat. Dieser Wiedereingliederungsversuch hätte voraussichtlich Mitte Februar 2008 dazu geführt, dass der Kläger Ziff. 1 in einer Vollzeitbeschäftigung leichte und mittelschwere Tätigkeiten hätte ausüben können. Der Wiedereingliederungsversuch ist allerdings vom Kläger Ziff. 1 bereits nach einer Woche abgebrochen worden. Dieser Abbruch des Wiedereingliederungsversuchs stellt sich als Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach Artikel 192 des serbischen Obligationsgesetzes dar.
60 
Bezogen auf die konkreten Tätigkeiten des Klägers Ziff. 1 vor dem Unfall hat der Sachverständige M eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 % festgestellt, wobei von einer künftigen Verbesserung oder Verschlechterung nicht ausgegangen werden kann. Die Annahme einer weitergehenden Minderung der Erwerbsunfähigkeit unter psychiatrischen Gesichtspunkten ist nach den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen T nicht geboten. Insbesondere kann beim Kläger Ziff. 1 nicht angenommen werden, dass er aus psychologischen Gründen gehindert wäre, die notwendige medizinische Behandlung durchführen zu lassen.
61 
Somit ist bis Mitte Februar 2008 keine Minderung der Erwerbsfähigkeit und ab diesem Zeitpunkt eine 10%-ige Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen.
62 
Damit errechnet sich folgender Anspruch des Klägers Ziff. 1 auf Ersatz von Verdienstausfall: Auszugehen ist von dem Einkommen, das der Kläger Ziff. 1 ohne den Unfall weiterhin bezogen hätte (monatlich 2.237,42 Euro). Hierauf ist für die Zeit bis Mitte Februar das erhaltene Krankengeld anzurechnen. Es bleibt eine Einkommenslücke von insgesamt 4.292,05 Euro, die von der Beklagten zu ersetzen ist.
63 
Für die Zeit ab Mitte Februar 2008 ist zu berücksichtigen, dass der Kläger Ziff. 1 durch Arbeit ein Einkommen hätte beziehen können. Dieses hätte allerdings nur 90 % des ansonsten prognostizierten Einkommens betragen, da der Kläger Ziff. 1 zu schweren Tätigkeiten nicht mehr in der Lage war. Das fiktive Einkommen beträgt somit 2.013,68 Euro. Die entstandene - fiktive - Einkommenslücke von 223,74 Euro wurde zwischen Februar 2008 und April 2010 vollständig durch Sozialleistungen gedeckt: Bis 17.02.08 bezog der Kläger Ziff. 1 Krankengeld, ab 18.02.09 Übergangsgeld, ab Oktober 09 Arbeitslosengeld und (rückwirkend) ab Mai 2010 eine Erwerbsminderungsrente (Anlage K 59). Insoweit ist die Beklagte nicht einstandspflichtig.
64 
Tabellarisch stellen sich die Berechnungen wie folgt dar: [entfernt]
65 
c) Keine weitergehenden Ansprüche
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Ein weitergehender Anspruch des Klägers Ziff. 1 auf Ersatz des Verdienstausfalls steht ihm nicht zu. Der Kläger Ziff. 1 hat behauptet, wegen körperlicher Beschwerden (hierzu unter aa) und aus psychischen Gründen (hierzu unter bb) vollständig arbeitsunfähig zu sein. Dies lässt sich ab Mitte Februar 2008 nicht feststellen.
aa)
67 
Im Hinblick auf die körperlichen Beschwerden hat der Kläger Ziff. 1 behauptet, er leide unter ständigen intensiven Rückenschmerzen, einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom. Zudem habe er Schmerzen unterhalb des linken vorderen Rippenbogens und Schmerzen beim Gehen, „als würde ein Messer im Rücken stecken“.
68 
Der Sachverständige M hat festgestellt, dass der Kläger Ziff. 1 einen schwersten Trümmerbruch des 1. Lendenwirbelkörpers erlitten hat, welcher in der Unfallklinik Tübingen mit guten Ergebnissen behandelt wurde. Der Sachverständige hat weiter festgestellt, dass beim Beklagten von einer leichtgradigen chronischen Bewegungs- und Belastungseinschränkung im Bereich des operierten Gebietes auszugehen ist, wobei die Beschwerden mit zunehmender Belastung durchaus zunehmen können. Praktisch würde man in Anbetracht der radiologischen Befunde von einer nahezu vollständigen und bei fehlender Belastung von einer schmerzfreien Beweglichkeit ausgehen. Ganz im Gegensatz dazu wird vom Beklagten sogar eine gewöhnliche Hautberührung als schmerzhaft empfunden. Um die Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers Ziff. 1 zu überprüfen, hat der Sachverständige mit ihm eine Reihe von ergänzenden Untersuchungen mithilfe von Selbstbeurteilungsbögen durchgeführt. Dabei haben sich Hinweise auf deutlich überhöhte Angaben, insbesondere bei den Simulationstests gezeigt. Der Sachverständige kommt deshalb im Juli 2010 zu dem Schluss, dass aus rein chirurgisch-orthopädischer Sicht eine Arbeitsfähigkeit mit leichter und Mittel schwerer Tätigkeit vorliegt und eine weitere Begutachtung im Hinblick auf die psychischen Beeinträchtigungen vorzunehmen ist.
bb)
69 
Im Hinblick auf psychische Beeinträchtigungen hat der Kläger Ziff. 1 vorgetragen, dass er unfallbedingt an einer depressiven Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, ferner an somatoformen Störungen, also körperliche Störungen, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. All dies führe zu starkem Grübeln, Vergesslichkeit, sozialem Rückzug, Albträumen, immer wiederkehrende Erinnerungen an den Unfall, innere Unruhe und Schlafstörungen.
70 
Das Gericht hat zur dieser Behauptung ein nervenärztliches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T eingeholt, der den Kläger Ziff. 1 untersucht hat. Der Sachverständige hat festgestellt, dass es sich von der Persönlichkeit her beim Kläger Ziff. 1 offensichtlich um einen zur Klagsamkeit und zu hypochondrischen Verhaltensweisen tendierenden Menschen handelt. Er leidet an einer leichten bis mittleren depressiven Verstimmung, und es sind auch Züge einer so genannten posttraumatischen Belastungsstörung zu finden, zum Beispiel die immer wiederkehrende Beschäftigung mit dem Unfallgeschehen.
71 
Es spielen posttraumatische Störungselemente eine Rolle, der Kläger Ziff. 1 ist nicht gesund, eine psychische Krankheit im engeren Sinn kann beim Kläger Ziff. 1 jedoch nicht festgestellt werden. Gleichwohl ist der Kläger Ziff. 1 in der Lage, seine frühere Arbeit wieder auszuüben, dabei sollte das Heben von zentnerschweren Lasten allerdings vermieden werden. Der Sachverständige kommt in dem nachvollziehbaren Gutachten zu dem Schluss, dass der Kläger Ziff. 1 durch eine verhaltenstherapeutische und medikamentöse Behandlung rehabilitiert werden kann und nur von einer leichten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auszugehen ist. Die vom Kläger Ziff. 1 genannten Symptome liegen zwar teilweise vor, sie sind aber nicht geeignet, den Kläger Ziff. 1 daran zu hindern eine berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen.
72 
In der mündlichen Anhörung vor dem Gericht in anderer Besetzung hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass kein großes psychiatrisches Krankheitsbild vorliege. Die posttraumatische Belastungsstörung ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass das traumatische Ereignis ständig auftaucht. Solche Züge sind beim Kläger Ziff. 1 festzustellen. Ein weiterer Zug, der typisch für die Beschwerdebelastungsstörung ist, ist das ständige Festhalten am Schmerzensbild, auch dieses liegt vor. Die Zeichen des Krankheitsbildes werden vom Kläger Ziff. 1 überhöht. Er hat ein hohes Darstellungsbedürfnis, was sich im Rahmen der Untersuchung etwa durch Aufspringen, erforderliche Pausen usw. zeigte. Er bietet damit das Bild eines schwerkranken Mannes, wie er sich vorstellt. Der Kläger Ziff. 1 somatisiert. Von einer Erwerbs- bzw. Arbeitsunfähigkeit kann man nach der Einschätzung des Sachverständigen nicht ausgehen. Mit gewissen Erleichterungen wäre eine Arbeitstätigkeit möglich, insbesondere wenn keine zentnerschweren Walzen gehoben werden müssen. Eine derartige Beschäftigung hätte sogar einen gewissen therapeutischen Effekt.
cc)
73 
Diesen Feststellungen der nur eingeschränkten Erwerbsunfähigkeit steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht Stuttgart dem Kläger Ziff. 1 eine Erwerbsunfähigkeitsrente ab Mai 2010 zugesprochen hat.
74 
Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart stützt sich auf ein Gutachten von Herrn Dr. A. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger Ziff. 1 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von nur noch drei bis vier Stunden durchführen könne und dass sich diese Leistungseinschränkung seit November 2009 dokumentieren ließe.
75 
Allerdings beruht das Gutachten von Herrn Dr. A weitgehend auf den Angaben des Klägers Ziff. 1. Wie der Sachverständige T ausgeführt hat, ist eine testpsychologische Untersuchung in Wirklichkeit gar nicht durchgeführt worden, weil die verwendeten Fragebögen leicht durchschaubar sind und der Kläger Ziff. 1 - wie auch sonst - bestrebt war, seine Beschwerden so darzustellen, dass sie in den Bereich der Krankheit hineingehören. Der Gutachter A hat sämtliche Äußerungen des Klägers Ziff. 1 als wahr unterstellt und in voller Ausprägung zur Grundlage seiner Beurteilung genommen. Eine kritische Überprüfung, ob der Kläger Ziff. 1 die Symptome übertrieben dargestellt hat, erfolgte hingegen nicht.
76 
Für die Einholung des vom Kläger Ziff. 1 beantragten weiteren Gutachtens bestand kein Anlass. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Beweisfrage in dem sozialrechtlichen Verfahren etwas anders gestellt war als im vorliegenden Fall: Die Entscheidung über eine Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß § 43 SGB VI erfolgt nach anderen Maßstäben. Die Feststellung einer Erwerbsminderung im sozialrechtlichen Sinne setzt gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI voraus, dass der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei steht die Behandlungsfähigkeit einer Gesundheitsstörung der Annahme einer Krankheit in diesem Sinne nicht entgegen. Eine unterbliebene Behandlung führt ohne Rücksicht auf die Ursachen der Unterlassung nicht dazu, dass vorhandene Gesundheitsstörungen nicht als Krankheit im Rechtssinne anzusehen sind (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergänzungslieferung, § 43 SGB VI Rn. 21).
77 
Insofern haben auch die Sachverständigen T und M festgestellt, dass eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit beim Kläger Ziff. 1 vorliegt. Im zivilrechtlichen Sinne ist hier aber nicht nur von Bedeutung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, sondern auch die Frage, ob der Kläger Ziff. 1 nach einer therapeutischen Behandlung wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte. Der Sachverständigen T hat insoweit festgestellt, dass eine Rehabilitation des Klägers Ziff. 1 unter psychiatrischen Gesichtspunkten möglich wäre. Darauf stützt sich der Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht von Artikel 192 des serbischen Obligationsgesetzes die zu einer entsprechenden Kürzung des Anspruchs auf Verdienstunfall führt. Der Gesichtspunkt, ob der Kläger Ziff. 1 seine seelischen Hemmungen zur Rehabilitation überwinden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89) war hingegen nicht Gegenstand des Gutachtens von Herrn Dr. A.
78 
2. Schmerzensgeld
79 
Der Kläger Ziff. 1 hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 Euro.
80 
Die Rechtsgrundlage findet sich in Artikel 200 des serbischen Obligationsgesetzes, der in deutscher Übersetzung wie folgt lautet:
81 
„(1) Für erlittene körperliche Schmerzen, erlittene seelische Schmerzen wegen verhinderter Lebensaktivität, Verunstaltung, Verletzung des Ansehens, der Ehre, der Freiheit oder des Persönlichkeitsrechts, des Todes einer nahestehenden Person sowie für erlittene Angst erkennt das Gericht eine gerechte Entschädigung in Geld zu, wenn es feststellt, dass die Umstände des Falles, insbesondere das Ausmaß der Schmerzen und der Angst sowie deren Dauer dies rechtfertigen, und zwar unabhängig von dem Ersatz des materiellen Schadens und unabhängig davon, ob ein solcher überhaupt entstanden ist.
(2) Bei der Entscheidung über die Forderung auf Ersatz des immateriellen Schadens und die Höhe des Ersatzes berücksichtigt das Gericht die Bedeutung des verletzten Rechtsgutes und den Zweck, dem dieser Ersatz dient; es berücksichtigt aber auch, dass dadurch nicht Bestrebungen begünstigt werden, die mit dem Wesen und dem gesellschaftlichen Zweck des Anspruchs nicht vereinbar sind.“
82 
Die Voraussetzungen dieser Norm sind dem Grunde nach erfüllt, wenn der Unfallgegner für den Unfall und den Körperschaden des Klägers Ziff. 1 zu haften hat. Die Beklagte haftet hierfür wie der bei ihr versicherte Unfallgegner nach Maßgabe der auch hinsichtlich des Nichtvermögensschadens und seines Ersatzes geltenden Regeln des serbischen Rechts.
83 
In rechtlicher Hinsicht ist zu unterscheiden zwischen den festgestellten Schmerzzuständen und ihren Folgen für die Lebensqualität des Klägers Ziff. 1 und nicht gesicherten, subjektiven Empfindungen des Klägers Ziff. 1, die. als „Hypochondrie“ oder als „unfallneurotische“, subjektiv nicht bewältigte Folgen beschrieben werden können. Letztere Aspekte lässt das serbische Recht nicht ins Gewicht für die Bemessung von Schmerzensgeld fallen. Ferner ist der Verlust an Aktivitätsmöglichkeiten zu berücksichtigen, wofür auch die eingetretene dauerhafte Invalidität und die Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen sind.
84 
Für die Bemessung ist demnach auszugehen
85 
- von einem Alter des Klägers Ziff. 1 im Unfallzeitpunkt von 39 Jahren,
- den Verletzungen
86 
- einer schwersten Lendenwirbelkörper 1 -Trümmerfraktur mit anschließender operativer Versteifung dieses Lendenwirbelkörpers (Beckenkammspan und MACS-Platte vom 12. Brustwirbelkörper auf den 1. Lendenwirbelkörper, mit verbleibender leichtgradig eingeschränkter Drehbeweglichkeit an der Brust- und Lendenwirbelsäule und leichtgradig beschränkter Seitneigung),
- stationären Krankenhausaufenthalten von insgesamt 20 Tagen, von Reha-Maßnahmen vom 16.12.2007 bis 03.01.2008, 6.5.2009 bis 5.6. 2009 und 24.9.2009 bis 22.10.2009,
- später zunehmender, sich verselbstständigender Schmerzhaftigkeit ohne objektive klinische Korrelation sowie einer bereits vor dem Unfall am 30.06.2005 gesicherten Lumbalgie;
- noch Jahre nach dem Unfall bestehen Züge einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10:F 43.1), einer leichten bis mittleren depressiven Verstimmung im Sinne von ICD 10:F32.0 bzw. F32.1, wobei davon auszugehen ist, dass beim Kläger Ziff. 1 eine hypochondrische Störung (ICD 10: F 45.2) vorliegt und
87 
- ferner die eingetretene - teilweise - Erwerbsunfähigkeit, wobei eine Erwerbsunfähigkeit in Bezug auf schwere Tätigkeiten dauerhaft bestehen bleiben wird und die Erwerbsfähigkeit für leichte und mittelschwere Tätigkeiten bei Durchführung einer verhaltenstherapeutischen Psychotherapie aber hergestellt werden könnte.
88 
Auch ein deutsches Gericht hat für die Bemessung von Schmerzensgeld nach serbischem Recht im Grundsatz die dortige Bemessungspraxis zugrunde zu legen; im Sinne abschließender Bewertung kann es freilich, wenn der Heilungs- und Rehabilitationsprozess nach dem Unfall sich insgesamt im Inland vollzogen hat und Dauerfolgen mit Unbillcharakter hier den Verletzten belasten, eine gewisse vorsichtige Anpassung an inländische Bemessungsgrößen vornehmen (Erman/Hohloch, Kommentar zum BGB, Art. 40 EGBGB Rdnr. 63 m.w.N.).
89 
Es ist deshalb zunächst zu berücksichtigen, dass die in Serbien zugebilligten Schmerzensgeldzahlungen stets grundsätzlich niedriger ausfallen als im Inland, das durch höheren Lebensstandard, höhere Einkünfte und demgemäß durch gesteigerte Anforderungen an die Kompensation erlittener Unbill gekennzeichnet ist. Die Größenordnungen der in Serbien wie in den anderen Staaten in der Nachfolge Jugoslawiens zuerkannten Schmerzensgelder liegen deutlich unter den hiesigen Summen und Rentenleistungen. Im Schrifttum wird berichtet, dass als höchste Zahlung bislang eine Zahlung festgesetzt worden, die umgerechnet etwa 50.000 Euro entsprach, allerdings in einem Fall mit erheblich stärkeren Verletzungsfolgen als im vorliegenden Fall (Neidhart, Unfall im Ausland Band 1 Osteuropa 5. Auflage 2006, Seite 150 Rn. 52).
90 
Der vorliegende Fall ist hingegen nicht als schwerer, sondern als Fall mit mittlerer Verletzungsschwere einzuordnen. Die erhebliche Wirbelsäulenverletzung des Klägers Ziff. 1 konnte operativ behoben werden.
91 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen H gibt es aus der serbischen Rechtsprechung nur Einzelfallentscheidungen; eine Schmerzensgeldtabelle hat sich bislang noch nicht ausgeprägt. Es besteht zwar in der neueren Zeit eine durchaus reichhaltige Judikatur, des Obersten Gerichts von Serbien wie auch der Untergerichte der verschiedenen Stufen und aus den verschiedenen Regionen und Provinzen des heutigen Staates, eine stets aufeinander abgestimmte Praxis in der Bewertung des immateriellen Schadens und in der Zumessung des geldlichen Ausgleichs (Schmerzensgeld) ist aber nicht erkennbar.
92 
Entscheidungen aus den Jahren ab 2000 haben Entschädigung für einfachere und mittlere Verletzungsfolgen aus Verkehrsunfällen durch Schmerzensgelder von 7.000 Dinar bis 30.000 Dinar festgesetzt; höhere Beträge, die bei erheblicheren Schäden zu finden waren, liegen bei 180.000 Dinar oder 100.000 Dinar. Der höchste Betrag, den der Sachverständige H ermitteln konnte, beträgt 900.000 Dinar. Bei dem Vergleich der Urteile miteinander sind allerdings die erheblichen Kursunterschiede der Währung zu berücksichtigen. Bei schlichter Umrechnung in Euro ohne Berücksichtigung der Lebensstandardparitäten ergeben die Entscheidungen Eurowerte von heute 1.000 Euro bis 10.000 Euro.
93 
Wie die genannten Summen in den berichteten Entscheidungen durch die dortigen Gerichte festgelegt wurden, beruht nicht auf irgendwelcher Systematisierung oder auf der Anwendung von Regelsätzen oder der Beachtung von Praxistabellen oder von Präjudizien aus der Rechtsprechung, jedenfalls wird die Bezugnahme auf andere Gerichtsentscheidungen in den zugänglich gewordenen Entscheidungen nicht offen gelegt. Die gerichtliche Einzelwürdigung ist prägend, sie kann auch zu regional unterschiedlicher Bewertung führen. Für die Einzelfallwürdigung wird die ärztliche Begutachtung zum Ansatzpunkt genommen, entschieden wird dann aber nach eigenem richterlichem Ermessen.
94 
Von den beiziehbaren Entscheidungen serbischer Gerichte ist am ehesten vergleichbar eine Entscheidung des Appellationsgerichts Kragujevac vom 02.03.2010, Aktenzeichen 1802/10. Der dortige Verletzte war beim Entladen eines LKW durch einen auf den LKW auffahrenden Bus erheblich verletzt worden. Er lag etwa einen Monat im Koma, wurde im Krankenhaus operiert, so dass der Gesundheitsschaden im wesentlichen behoben werden konnte. Der Geschädigte trug aber ständige und auf Dauer vorhandene Beschwerden in der Form von Störungen und Unsicherheit beim Gehen und in der Fortbewegung davon, Hitzeunverträglichkeit, Konzentrationsstörungen, Schwächung des konzentrierten und logischen Überlegens. Er gerät wiederholt in Angstzustände wegen des Unfalls. Die Feststellung voller oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit ergibt sich aus der Begründung des Urteils des Berufungsgerichts nicht. Mit zugemessenen 300.000 Dinar - bei damaligem Kurswert von etwa 3.000,00 Euro - hat das dortige Gericht den immateriellen Schaden des dortigen Geschädigten im Mittelfeld der Nichtvermögensschadensfälle eingeordnet, weit unterhalb der schwersten Fälle, in denen heute mit umgerechnet 50.000 EUR Beträge zuerkannt werden, die bei einem knappen Zehntel der dann hier für entsprechende Inlandsfälle in Betracht gezogenen Ersatzbeträge liegen.
95 
Die Einordnung als mittlerer Fall würde der vorliegende Sachverhalt wohl auch erhalten, würde deutsches Recht gelten. Im Vergleich mit entschiedenen Fällen von Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit Versteifungsnotwendigkeit und wiederholten Klinik- und Reha-Aufenthalten ließe sich bei Geltung deutschen Rechts wohl ein Schmerzensgeld von 15.000,00 bis 25.000,00 Euro festlegen, was etwa einem Zwanzigstel der Höchstbeträge der Praxis entsprechen könnte. In solcher Relation zu den nach serbischem Recht möglichen Höchstbeträgen steht auch ein Betrag von 300.000,00 Dinar (ca. 3.000,00 Euro).
96 
Da der Fall nach Maßgabe des internationalen Privatrechts auf der Ebene des serbischen Rechts zu entscheiden ist, kann darüber hinaus für die endgültige Bemessung eines dem Kläger Ziff. 1 zuzusprechenden Schmerzensgelds mitberücksichtigt werden, dass der Kläger Ziff. 1 seine aus dem nur zufällig in Serbien geschehenen Unfall erlittenen Verletzungsfolgen im Umfeld seines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts zu verarbeiten hatte. Das ermöglicht, für die definitive Festsetzung der Höhe des Ersatzbetrags die Richtsätze, die die deutsche Praxis für Inlandsfälle mit Beteiligung nichtdeutscher Verletzter entwickelt hat, mit heranzuziehen, um auf diese Art und Weise einen sich für Serbien nach serbischem Recht ergebenden, für die abweichenden inländischen Verhältnisse zu niedrigen Ersatzbetrag so angemessen zu erhöhen, dass zwar nicht der Betrag eines bei einem inländischen Fall auszuurteilenden Schmerzensgelds erreicht, aber doch eine angemessene Annäherung bewirkt wird.
97 
Bei der Ausübung des Ermessens ist zu berücksichtigen, dass eine Behandlung der Verletzungen weitgehend in Deutschland erfolgte und die auf den Unfall zurückzuführenden Folgen ihre Auswirkungen auf den Lebensalltag in Deutschland haben. Aus diesen Erwägungen ergibt sich eine Verdoppelung des Betrages von 3.000,00 Euro auf 6.000,00 Euro.
98 
3. Weitere Schadenspositionen (Bl. 240)
99 
Der Kläger Ziff. 1 hat weitere materielle Schadenspositionen in Höhe von 6.558,42 Euro geltend gemacht. Davon werden ihm 2.877,97 Euro zugesprochen für:
100 
a) Standgebühren:
168,00 Euro
b) Selbstbeteiligung bei der Kaskoversicherung
300,00 Euro
c) Krankenhauszuzahlung
85,00 Euro
d) Besuchskosten
712,65 Euro
e) Heilbehandlungskosten einschl. Fahrtkosten
1.162,55 Euro
f) Telefonkosten während eines Klinikaufenthaltes     
3,95 Euro
g) Übersetzungskosten
445,82 Euro
h) Unfallpauschale
---
i) Pauschale für An- und Abmeldung des Kfz
---
101 
Diese Schadenspositionen sind ebenfalls nach serbischem Recht zu behandeln. Es erfasst im vorliegenden Fall als „Unfallstatut“ den gesamten Schaden des Klägers Ziff. 1 und entscheidet damit über die Ersatzfähigkeit von einzelnen Schadensposten. Dies gilt auch insoweit, als Kosten und Belastungen des Klägers Ziff. 1 im Gefolge des Primärschadens, der in Serbien unmittelbar bei dem Unfall erlitten worden ist, erst im Inland entstanden sind.
102 
Weiterer rechtlicher Ausgangspunkt ist auf der Ebene des serbischen Rechts, dass es im Grundsatz nicht anders als das deutsche Recht bei der Schadensbeseitigung von dem Prinzip der vollen Wiedergutmachung des Schadens, bei Sach- wie Personenschäden durch Leistung der dafür erforderlichen Geldbeträge ausgeht. Hauptnorm ist insofern Art. 185 des serbischen Obligationsgesetzes.
103 
Im Einzelnen:
104 
a) Standgebühren
105 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Ersatz von Standgebühren in Höhe von 168,00 Euro
106 
Ein darüber hinausgehender Anspruch steht ihm nicht zu. Der Kläger Ziff. 1 hat 3.000,00 Euro geltend gemacht (nachgewiesen ist aber nur eine Rechnung über 2.360,00 Euro). Er hat diesbezüglich vorgetragen, dass das Fahrzeug vom …..2007 bis zum …..2008 in Serbien gestanden hatte und ihm hierfür ein Tagespreis von 12,00 Euro in Rechnung gestellt worden sei. Diesen Betrag habe er durch Eigentumsübertragung des Fahrzeugs geleistet.
107 
Ein Ersatz ist auch nach serbischem Recht nur für die Zeit bis zur alsbald in Angriff zu nehmenden Reparatur oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem man bei normaler Sorgfalt ein Ersatzfahrzeug beschafft hat, möglich, nicht für die Zeit von Monaten. Nach Angaben des Kfz-Sachverständigen A. wäre eine Standzeit von 14 Tagen angemessen gewesen. Für Deutschland sei für diesen Zeitraum eine Standgebühr von 12,00 Euro angemessen.
108 
Die Beklagte hat angeführt, dass sich dieses Kostenniveau nicht auf Serbien übertragen ließe. Deshalb hat sie die Angemessenheit angezweifelt. Das Gericht hat davon abgesehen, hierüber das angebotene Sachverständigengutachten einzuholen und ermittelt den Schadensersatz vielmehr nach § 287 ZPO. Die vorgelegte Rechnung der Firma S. weist diesen Tagessatz aus. Der Kläger Ziff. 1 ist nicht verpflichtet, ohne Vorliegen von Anhaltspunkten für die Unangemessenheit des Preises eine Sondierung des Marktes vorzunehmen, zumal ihm bzw. seiner Familie dies nach dem Unfall und im Ausland ohnehin nur unter erschwerten Bedingungen möglich war. Daher sind 14 mal 12,00 Euro, also 168,00 Euro ersatzfähig. Dass der Kläger Ziff. 1 die Aufwendungen durch Aufrechnung mit dem Fahrzeugrestwert beglichen hat, ist für die Höhe des zu ersetzenden Schadens nicht erheblich.
109 
b) Selbstbeteiligung bei der Kaskoversicherung
110 
Dem Kläger Ziff. 1 sind 300,00 Euro zu ersetzen, die er als Selbstbeteiligung für die Kaskoversicherung zu tragen hat.
111 
Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der vollen Wiedergutmachung des eingetretenen Unfallschadens. Wird bei Bestehen einer Kaskoversicherung des Geschädigten der Kfz-Sachschaden über den Kaskoversicherer abgewickelt und trifft dabei den Geschädigten der nach Versicherungsvertrag geltende Selbstbehalt, liegt insofern ein dem Geschädigten noch nicht ersetzter Teilschaden vor, der dem Schädiger gegenüber und gegenüber dessen Versicherer gelten gemacht werden kann.
112 
c) Krankenhauszuzahlung
113 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Erstattung des Zuzahlungsbetrages in Höhe von 80,00 Euro für einen 16-tägigen Krankenhausaufenthaltes in der BG-Unfallklinik Tübingen. Darüber hinaus steht ihm der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Weiter hat er Anspruch auf 5,00 Euro aufgrund seiner Zuzahlung für einen stationären Aufenthalt an die AOK.
114 
Der Kläger Ziff. 1 hat für zwei Krankenhausaufenthalte einen Zuzahlungsbetrag in Höhe von einmal 160,00 Euro und weiteren 10,00 Euro erbracht. Tatsächlich aufgewandte Kosten für die Deckung von Pflege und Verpflegung während des Krankenhausaufenthaltes, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Heilung stehen, entfallen als Schadensersatzposten auf den Schädiger. Allerdings hat der Geschädigte sich insoweit gemäß dem auch dem serbischen Recht bekannten Prinzip der „Vorteilsausgleichung“ ersparte Aufwendungen anrechnen zu lassen. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Kläger Ziff. 1 sich auf seine Mehraufwendungen für Krankenhauskost, die nicht durch seinen Krankenversicherer getragen werden, die ersparten Aufwendungen für Verpflegung außerhalb des Krankenhauses anrechnen zu lassen hat.
115 
Insofern schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO, dass sich der Kläger Ziff. 1 als Mitglied einer größeren Familie zu Hause für 5,00 Euro am Tag hätte verpflegen können (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 23.11.1999 - 27 U 93/99: 10 DM pro Tag; von einem Inflationsausgleich wird abgesehen).
116 
d) Besuchskosten
117 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Ersatz der Hotelkosten, die seine Angehörigen im … 2007 aufgewendet haben, in Höhe von 31.950,00 Dinare, 11.700,00 Dinare und 15.000,00 Dinare, insgesamt 58.650,00 Dinare. Dies ergibt zu dem damaligen Kurs (0,012 Euro pro Dinar) einen Betrag in Höhe von 712,65 Euro.
118 
Nach serbischer Praxis sind Kosten für Besuchsfahrten engster Verwandter, d.h. des Ehegatten und der Kinder, ggf. auch der Eltern, ersatzfähige Posten unter dem Gesichtspunkt, dass sie der Wiederherstellung der Gesundheit des Verletzten dienliche Maßnahmen sind. Ersatzfähig sind sie in den Grenzen der dem Geschädigten obliegenden Schadensminderungspflicht. Pauschalierte Beträge hat die serbische Gerichtspraxis dafür nach der zugänglichen Rechtsprechung bislang nicht entwickelt; als Teil der Heilungskosten werden - im Rahmen der genannten Schadensminderungspflicht - die bezifferten Fahrkosten naher Angehöriger ersetzt. Wer „naher Angehöriger“ ist, entscheidet sich nicht ohne weiteres nach dem serbischen Recht, das hier „Deliktsstatut“ ist, sondern ist Vorfrage, die selbstständig anzuknüpfen ist. Eine gesetzliche Kollisionsregelung fehlt.
119 
Heranzuziehen ist im vorliegenden Zusammenhang als räumlich am engsten verbunden Recht das Recht, das die Heilbehandlung beherrscht, d.h. hier das deutsche Recht, das die Heilbehandlung des Klägers Ziff. 1 im Inland regelt. Für den Kreis der Besuchsbegünstigten ist damit auf die Rechtsprechung zum deutschen Schadensrecht abzustellen, so dass Ehegatte und Kinder, ggf. auch Elternteile erfasst werden. In dem sich so ergebenden Rahmen können Besuchsaufwendungen von „Angehörigen“ hier geltend gemacht werden.
120 
e) Heilbehandlung
121 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Erstattung von 1.162,55 Euro für Heilbehandlungsmaßnahmen einschließlich notwendiger Fahrtkosten (auch für Besuche von Angehörigen). Diese Kosten für die Heilbehandlung, die aber nicht durch den Krankenversicherer getragen werden, sind nach Art. 184 ff SerbOG durch den Schädiger zu ersetzen.
122 
Zu ersetzen sind nach diesen Maßstäben folgende Rechnungen für Heilbehandlungsmaßnahmen über insgesamt 446,80 Euro:
123 
- [gekürzt]
124 
Zu ersetzen sind auch notwendige Fahrtkosten in Höhe von 715,75 Euro, nämlich
125 
- [gekürzt].
126 
Dies sind 2.863 angefangene Kilometer, die zu 0,25 Euro zu ersetzen sind, also in Höhe von 715,75 Euro. Diese Fahrtkosten beinhalten teilweise auch Besuche von Angehörigen, die als Besuchskosten ersatzfähig sind.
127 
Nicht zu ersetzen sind folgende Fahrten, da ihr Zusammenhang zum Unfallereignis von der Beklagten bestritten wurde und nicht nachvollziehbar dargelegt wurden:
128 
- [gekürzt]
129 
f) Telefonkosten während des Krankenhausaufenthaltes
130 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Zahlung von 3,95 Euro für die Einrichtung eines Telefonanschlusses im Klinikum K.-N..
131 
Für die Ersatzfähigkeit von Kosten für die Anmietung eines Telefonapparats im Krankenzimmer ist Rechtsprechung serbischer Gerichte nicht ersichtlich. Die Einrichtung eines gesondert zu bezahlenden Telefonanschlusses im Krankenzimmer, der nicht beruflich, sondern zum Kontakt mit Angehörigen benötigt wird, ist jedoch als Teil der „Heilungskosten“, da damit ggf. auch Kosten von Besuchsfahrten von Angehörigen, die grundsätzlich ersatzfähig sind, als ersatzfähiger unmittelbarer Folgeschaden einordnungsfähig. Die Beklagte kann den Kläger Ziff. 1 nicht darauf verweisen, dass dieser sein Mobiltelefon hätte benutzen sollen, da dies in Krankenhäusern regelmäßig untersagt ist.
132 
Einen weitergehenden Anspruch auf 322,56 Euro Ersatz von den in Anlage K 7 in Rechnung gestellten Telefonkosten für die Zeit vom …2007 bis ….2007 hat der Kläger Ziff. 1 allerdings nicht. Insoweit betrifft die vorgelegte Rechnung auch eine Zeit vor dem Unfall vom ….2007. Der Kläger Ziff. 1 hat nach dem Bestreiten der Beklagten nicht substantiiert dargelegt, welche Gespräche unfallbedingt veranlasst waren.
133 
g) Übersetzungskosten
134 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Zahlung von 300,00 Euro für die nachgewiesenen Aufwendungen zur Übersetzung des Protokolls einer Verkehrsunfall-Aufnahme, der Bescheinigung einer Fahrzeugbeschädigung und eines Begleitbriefes vom Serbischen ins Deutsche. Ferner hat er Anspruch auf Ersatz der Rechnung des Dolmetschers über 12.000,00 Dinare, was bei einem damaligen Kurs von (0,012 Euro) einem Betrag in Höhe von 145,82 Euro entspricht.
135 
Die Kosten für die Übersetzung von Dokumenten sind unter dem Gesichtspunkt der Ersatzfähigkeit von Kosten der „Rechtsverfolgung“ als ersatzfähige Schadensposten nach serbischem Recht ersatzfähig.
136 
h) Unkostenpauschale
137 
Eine allgemeine Unkostenpauschale, wie sie der Kläger Ziff. 1 hier ausgehend von der zum deutschen Recht bestehenden Praxis in Höhe von 25,00 Euro geltend macht, ist vom serbischen Recht nach den Ausführungen des Sachverständigen H als ersatzfähiger Schadensposten bislang noch nicht anerkannt. Demgemäß lässt sich bei Geltung serbischen Rechts auch heute noch keine „Unkostenpauschale“ als solche - mit einem gewissen niedrigen Euro-Betrag - im Inland einklagen.
138 
Als auf die Regulierung des Unfallschadens insgesamt anzuwendendes Recht muss das serbische Recht nicht zwingend Antworten geben, die denen der deutschen Schadensersatzpraxis bei Kfz-Unfällen entsprechen. Die nach serbischem Recht zu erzielenden Ergebnisse können abweichen, was im Grundsatz hinzunehmen ist und keinen Verstoß gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) darstellt. Abweichungen sind so insbesondere dann hinzunehmen, wenn das serbische Recht als hier maßgebliches fremdes Recht (noch) nicht Vereinfachung durch Pauschalierung von Ersatzposten vornimmt, die im deutschen Recht, in dem der Kraftverkehrsunfallschaden seit Jahrzehnten ein Massenphänomen ist, wegen ihres grundsätzlich in jedem Schadensfall begegnenden Eintritts zwecks Vereinfachung der Regulierung in gerichtlicher Übung durch Pauschalen abgegolten werden.
139 
Die negativ ausfallende Antwort auf die Frage nach der Ersatzfähigkeit einer „Unkostenpauschale“ hat aber nicht zu bedeuten, dass ein Unfallgeschädigter die Einzelposten, die sich in der Pauschale „verstecken“, auf der Grundlage serbischen Rechts nicht geltend machen kann. Kosten, die für die Schadensbeseitigung - von Sachschäden wie Körperschäden - unmittelbar anfallen, sind ersatzfähige Schadensposten.
140 
i) Pauschale für An- und Abmeldung des Kfz
141 
Auch die Pauschale für die An- und Abmeldung des zerstörten Kraftfahrzeugs in Höhe von 75,00 Euro ist nach dem serbischen Recht als solche nicht erstattungsfähig.
142 
C. Nebenentscheidungen
143 
1. Prozesszinsen
144 
Der Anspruch auf Prozesszinsen besteht ab Rechtshängigkeit in der beantragten Höhe. Dabei trat die Rechtshängigkeit des Zinsanspruchs bezogen auf das Schmerzensgeld erst mit der Klageerweiterung am 03.09.2010 ein.
145 
Nach serbischem Recht können gesetzliche Zinsen jedenfalls ab Klagzustellung verlangt werden. Die Verzinsung läuft auch nach serbischem Recht wie früher nach jugoslawischem Recht spätestens vom Tag der Klagzustellung an (dazu Oberstes Bundesgericht Jugoslawiens Gz. 32/71, ZSO 14/3 Nr. 359; Oberstes Gericht von Bosnien-Herzegowina Gz 699/69, ZSO 16/2 Nr. 229). Da sich Rechtshängigkeitszinsen bei ausländischem Unfallstatut dem Grunde wie der Höhe nach grundsätzlich nach diesem Recht, d.h. hier nach serbischem Recht zu richten haben (Erman/Hohloch, Kommentar zum BGB, Anhang Art. 26 EGBGB (VO Rom I) Art. 12 VO Rom I Rdnr. 12 m.w.N.), richtet sich ein Anspruch des Klägers Ziff. 1 auf Rechtshängigkeitszinsen nach serbischem Recht. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit richtet sich, da im Inland geklagt wird, nach deutschem Verfahrensrecht. Die Höhe der ab Rechtshängigkeit zu beanspruchenden Zinsen richtet sich, da serbisches Recht für die Schadensersatzansprüche des Klägers Ziff. 1 gilt, nach dem serbischen Recht. Als zeitlich letzte gesetzliche Regelung ist für Serbien insoweit das Zinsgesetz von 2001 ersichtlich, das in seinem Art. 4 die Höhe der gesetzlichen Zinsen mit 10 % p.a. über dem Diskontsatz der Nationalbank angibt (Gesetz über die Höhe des Zinssatzes der Verzugszinsen, Gesetzblatt von Jugoslawien 9/2001). Da die mit der Klage geltend gemachten Zinsansprüche dem geltend gemachten Zinssatz nach nicht über dem vorstehend dargestellten Satz von 10 % über dem Diskontsatz der Serbischen Nationalbank liegen, werden die beantragten Rechtshängigkeitszinsen davon umfasst.
146 
2. Vorgerichtliche Anwaltskosten
147 
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers sind nicht aus der Höhe eines Gegenstandswertes von 80.000,00 Euro, sondern nur aus einem Gegenstandswert in Höhe der berechtigten Ansprüche (13.170,02 Euro) ersatzfähig. Sie berechnen sich wie folgt:
148 
1,1 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG:     
578,60 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale:
20,00 Euro
19 % MWSt
113,734 Euro
Gesamt:
712,33 Euro
149 
3. Streitwert
150 
Der Streitwert ist nach der Klageerweiterung vom 23.07.2010 auf insgesamt: 100.310,07 Euro festzusetzen. Davon entfallen auf:
151 
- den Antrag Ziffer 1:      
50.000,00 Euro
- den Antrag Ziffer 2:
42.610,07 Euro
- den Antrag Ziffer 3:
5.000,00 Euro
- den Antrag Ziffer 4:
1.000,00 Euro
- den Antrag Ziffer 5:
500,00 Euro
- den Antrag Ziffer 6:
400,00 Euro
- den Antrag Ziffer 7:
800,00 Euro
152 
4. Kostenentscheidung
153 
Die Kosten werden gem. § 92 ZPO und der sog. Baumbach'schen Formel verteilt.

Gründe

 
11 
A. Zulässigkeit der Klage.
12 
Die Klage ist - mit Einschränkungen betreffend den Feststellungsantrag (Klageantrag Ziff. 3) - zulässig.
13 
Die örtliche und internationale Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart ergibt sich aus Artikel 11 Abs. 2 und Artikel 9 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO). Nach diesen Rechtsvorschriften kann der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates hat (EuGH, Urteil vom 13.12.2007 - C-463/06; BGH, Urteil vom 06.05.2008 - IV ZR 200/05).
14 
Allerdings ist der Klageantrag Ziffer 3 insoweit unzulässig, als die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte verpflichtet sei, den materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der in der Vergangenheit entstanden ist. Wegen Schadensersatzansprüchen, die bereits entstanden sind, ist eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar. Insoweit fehlt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers Ziff. 1 auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO, § 256 ZPO Rn. 7a).
15 
B. Begründetheit der Klage
16 
Die Klage ist nur teilweise begründet. Zwar ist die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet, Schmerzensgeld und Schadensersatz zu leisten. Das Schmerzensgeld liegt jedoch mit 6.000,00 Euro unter dem Antrag des Klägers Ziff. 1. Im Hinblick auf den materiellen Schadensersatz kann dem Kläger Ziff. 1 nur im Umfang von 4.292,05 Euro Verdienstausfall zugesprochen werden. Von den übrigen materiellen Schadensersatzpositionen sind 2.877,97 Euro erstattungsfähig.
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Im Einzelnen:
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I. Anwendbarkeit des serbischen Rechts
19 
Auf den vorliegenden Fall ist das serbische Recht anzuwenden.
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Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach den Regelungen des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB), denn Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen sind wegen des Zeitpunktes des Verkehrsunfalls nicht maßgeblich (Artikel 3 Nr. 2 EGBGB). Das Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht vom 4.5.1971 ist für Deutschland nicht in Kraft. Die Verordnung Rom II (Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 11.7.2007 (ABl. EU 2007 Nr. L 199, S. 40) ist zwar seit dem 11.01.2009 in Anwendung, gemäß ihren Art. 31 und 32 kommt sie aber auf den vorliegenden Unfall, der sich am ….2007 ereignet hat, zeitlich nicht zur Anwendung (Erman/Hohlloch, Kommentar zum BGB, Rn. 7 ff. vor Art. 38 EGBGB).
21 
Aus Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB folgt angesichts des in Serbien stattgefundenen Unfallgeschehens die Maßgeblichkeit des serbischen „Tatortrechts“. Einen besonderen Bezug zu einem anderen Recht als dem für beide Unfallparteien neutral und gleichmäßig geltenden serbischen Recht hat das in Serbien abgelaufene Unfallgeschehen nicht. Die Heilbehandlung des Klägers Ziff. 1 nach dem Unfall im Inland bleibt für die Deliktsanknüpfung außer Betracht (zur Unerheblichkeit von Folgeschäden für die Anknüpfung gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB: Erman/Hohloch, Kommentar zum BGB, Art. 40 EGBGB Rdnr. 25 m.w.N.). Art. 40 Abs. 2 EGBGB ist mangels Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht anwendbar, da die Unfallbeteiligten keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
22 
Die Verweisung auf das serbische Recht betrifft auch den Anspruch des Klägers Ziff. 1 gegen die Beklagte als Haftpflicht Versicherer des Unfallverursachers, Artikel 40 Abs. 4 EGBGB. Nach dieser Vorschrift kann der Verletzte seinen Anspruch unmittelbar gegen einen Versicherer des Ersatzpflichtigen geltend machen, wenn das auf die unerlaubte Handlung anzuwendende Recht oder das Recht, dem der Versicherungsvertrag unterliegt, dies vorsieht.
23 
Die aus Artikel 40 EGBGB folgende Gesamtverweisung (Artikel 4 Abs. 1 EGBGB) wird durch das serbische Recht angenommen. Dies ergibt sich aus Artikel 1, 3 und 9 des Haager Straßenverkehrsübereinkommen; seine Regeln über die Annahme der Verweisung gelten auch im Verhältnis zu Deutschland, auch wenn Deutschland seinerseits nicht Vertragsstaat des Abkommens ist. Für das serbische Recht ergibt sich dies aus Artikel 86 des Versicherungsgesetzes Nr. 55/2004 (Neidhart, DAR 2008, 568 (576)), für das österreichische Recht ergibt sich der Direktanspruch aus § 26 des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetzes.
24 
Das als Deliktsstatut über Art. 40 Abs. 1 EGBGB hier berufene serbische Recht gilt somit grundsätzlich für die gesamte Regulierung des Unfalls, es bestimmt über die Haftungsgründe und ihre Voraussetzungen, und es bestimmt auch über die Haftungsfolgen einschließlich insbesondere die Bemessung des Schadens, die ersatzfähigen Schadensposten und ihre Berechnung und Vergütung. Es gilt auch für den immateriellen Schaden und seinen Ersatz (Ermann/Hohloch, Kommentar zum BGB, Art. 40 EGBGB Rdnr. 63).
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II. Haftung dem Grunde nach
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Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ergibt sich aus Artikel 86 des Versicherungsgesetzes Nr. 55/2004 in Verbindung mit den Regelungen des serbischen Obligationsgesetzes. Artikel 178 des serbischen Obligationsgesetzes lautet in deutscher Übersetzung:
27 
„(1) Wenn ein Motorfahrzeug in Bewegung einen Unfall hervorruft, der ausschließlich durch das Verschulden seines Inhabers entstanden ist, sind die Regeln über die Verschuldenshaftung anzuwenden.
(2) Besteht beiderseitiges Verschulden, so haftet der Inhaber nach dem Grad eigenen Verschuldens für den gesamten erlittenen Schaden.
(3) Trifft ein Verschulden keinen der Inhaber, haften sie zu gleichen Teilen, sofern Billigkeitsgründe nichts anderes erfordern.
(4) Für den Schaden, den dritte Personen erleiden, haften die Inhaber der Motorfahrzeuge solidarisch.“
28 
Artikel 178 des serbischen Obligationsgesetzes verweist auf die Regelungen über die Verschuldenshaftung. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall Artikel 174 des serbischen Obligationsgesetzes, der in deutscher Übersetzung lautet:
29 
„(1) Für Schäden aufgrund einer gefährlichen Sache haftet deren Inhaber, für Schäden aufgrund einer gefährlichen Tätigkeit haftet die Person, die die Tätigkeit ausführt.
(2) Als Inhaber gilt der Eigentümer der Sache wie auch die gesellschaftliche juristische Person, die die Verfügungsgewalt besitzt bzw. der die Sache zur vorübergehenden Benutzung übergeben wurde.“
30 
Nachrangig gelten die allgemeinen Grundsätze des serbischen Deliktsrechts. Die Grundnorm des Artikels 154 des serbischen Obligationsgesetzes lautet in deutscher Übersetzung:
31 
„(1) Wer einem anderen einen Schaden zufügt, schuldet dem anderen ihn zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass der Schaden ohne sein Verschulden entstanden ist.
(2) Für den Schaden, den jemand durch seine Sache oder durch Tätigkeiten, die eine vergrößerte Gefahr für die Umgebung hervorrufen, verursacht, haftet er ohne Rücksicht auf ein Verschulden.
(3) Ohne Rücksicht auf Verschulden wird auch in anderen vom Gesetz bestimmten Fällen gehaftet.“
32 
Das Verschulden wird in Artikel 158 des serbischen Obligationsgesetzes definiert:
33 
„Verschulden liegt vor, wenn der Schädiger den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat.“
34 
In Straßenverkehrsfällen folgt aus Artikel 174 des serbischen Obligationsgesetzes die Haftung des „Inhabers“ des die Schädigung verursachenden Kraftfahrzeugs, aus Artikel 178 Abs. 1 SerbOG folgt die alleinige Haftung desjenigen Fahrzeughalters (Inhabers), der durch sein Verschulden mit seinem Fahrzeug den Unfall und den Schaden herbeigeführt hat. Als Inhaber im Sinne dieser Vorschrift gilt auch der Fahrer, weil er die Verfügungsgewalt des Fahrzeugs ausübt (Radišić „Jugoslawien“, in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa (1993) S. 19).
35 
Im vorliegenden Fall kann ein Verschulden des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrers im Sinne von Artikel 157 des serbischen Obligationsgesetzes festgestellt werden. Er hat verkehrswidrig gehandelt, weil er das auf der Fahrbahn befindliche Reifenteil nicht rechtzeitig erkannt hat und deshalb seine Fahrweise nicht rechtzeitig darauf eingestellt. Insoweit verstieß der Fahrer gegen das auch im serbischen Recht verankerte Gebot, sich im Verkehr so zu verhalten, dass weder Leben noch Gesundheit anderer gefährdet werden (Artikel 3 des Grundgesetzes über die Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Wegen), ferner gegen das Verbot des Kraftfahrers zu überholen und ausweichen, wenn er damit, mit Rücksicht auf den Straßenzustand, Verkehrszustand und den technischen Zustand seines Fahrzeugs andere Verkehrsteilnehmer gefährdet (Artikel 51 Abs. 2 des Gesetzes).
36 
Damit ist der bei der Beklagten versicherte Fahrer die haftpflichtige Person. Er haftet jedenfalls dem Grunde nach für den entstandenen Schaden (Personen- wie Sachschaden), so dass auch die Voraussetzungen für das Vorgehen des Klägers Ziff. 1 mit dem Direktanspruch gegen die Beklagte grundsätzlich gegeben sind.
37 
Die Haftung der Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf ihre streitige Behauptung ausgeschlossen, dass das Fahrzeug ihres Versicherungsnehmers von hinten heranfahrenden PKW angefahren worden sei.
38 
Nach der für Serbien beachtlichen Rechtsprechung aus der früheren jugoslawischen Teilrepublik Bosnien und Herzegowina ist eine solche Haftungsbefreiung nur dann anzunehmen, wenn der Dritte identifiziert war und damit die Haftung bei ihm erfolgreich durchzusetzen war. Grund hierfür ist die Argumentation, der Geschädigte könne nicht der Leidtragende sein, wenn der Unfallhergang, für den kausales Verhalten des kollidierenden Schädigers gegeben ist, in dem Punkt der zusätzlichen Einwirkung eines Dritten nicht voll aufgeklärt werden kann (OGH Bosnien und Herzegowina v. 194.1973 Gz 2001/72, berichtet unter Zustimmung von Radišić, aaO S. 23 Fn. 45).
39 
Eine Beweisaufnahme zu der diesbezüglich streitigen Behauptung der Beklagten war deshalb nicht geboten.
40 
Ein Mitverschulden des Klägers Ziff. 1 im Sinne von Artikels 192 des serbischen Obligationsgesetzes ist im Hinblick auf den Haftungsgrund nicht ersichtlich. Er hat nicht zur Entstehung des Schadens beigetragen.
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III. Materielle Schadenspositionen
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1. Verdienstausfall
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Der Kläger Ziff. 1 hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz seines Verdienstausfalls.
44 
a) Rechtliche Grundlagen
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Der Anspruch auf den Ersatz des Verdienstausfalls ergibt sich aus Artikel 195 des serbischen Obligationsgesetzes, der in deutscher Übersetzung wie folgt lautet:
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„(1) Wer einem anderen eine Körperverletzung zufügt oder dessen Gesundheit zerstört, ist verpflichtet, ihm die ärztlichen Behandlungskosten und die anderen im Zusammenhang damit stehenden Kosten sowie den infolge Arbeitsunfähigkeit während der Heilbehandlung verlorenen Verdienst zu ersetzen.
(2) Verliert der Verletzte wegen völliger oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit seinen Verdienst, sind seine Bedürfnisse dauernd gestiegen, oder sind die Möglichkeiten seiner Entwicklung und Beförderung zerstört oder geschmälert, so ist die verantwortliche Person verpflichtet, dem Verletzten eine bestimmte Geldrente als Ersatz für diesen Schaden zu bezahlen.“
47 
Der Anspruch richtet sich der Höhe nach auf den Ersatz des vollständigen Verdienstausfalls in Form einer Geldrente. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Regelungen in Artikel 185 des serbischen Obligationsgesetzes, wonach der Schaden insgesamt zu ersetzen ist, bei Verdienstausfall und Erwerbsminderung durch Körperschaden im Wege des vollen Geldersatzes. Artikel 185 des serbischen Obligationsgesetzes lautet übersetzt:
48 
„(1) Die haftende Person ist verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der vor der Entstehung des Schadens bestand.
(2) Sofern die Wiederherstellung des früheren Zustandes den Schaden nicht ganz beseitigt, ist die haftende Person verpflichtet, den Ersatz des verbleibenden Schadens in Geld zu leisten.
(3) Wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich ist oder wenn das Gericht annimmt, dass dies für die haftende Person nicht notwendig ist, so wird das Gericht bestimmen, die entsprechende Geldsumme dem Geschädigten als Schadensersatz zu leisten.
(4) Das Gericht wird dem Geschädigten den Ersatz in Geld zusprechen, sofern er es verlangt, es sei denn, die Umstände des gegebenen Falles rechtfertigten die Herstellung des früheren Zustandes.“
49 
Die zu leistende Form des Schadensersatzes in Form einer Geldrente ergibt sich aus Artikel 188 des serbischen Obligationsgesetzes:
50 
„(1) Im Falle des Todes, der Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung wird Ersatz in der Regel in der Form einer Geldrente, lebenslang oder für eine gewisse Zeit, festgelegt.
(2) Die als Schadensersatz zugesprochene Geldrente wird monatlich im voraus bezahlt, wenn das Gericht nichts anderes bestimmt.
(3) Der Gläubiger hat das Recht, die nötige Sicherheitsleistung für die Rentenauszahlung zu verlangen, sofern dies nicht den Umständen des Falles nach ungerechtfertigt wäre.
(4) Erbringt der Schuldner die durch das Gericht bestimmte Sicherheitsleistung nicht, hat der gläubiger das Recht, anstelle der Rente die Auszahlung einer Gesamtsumme zu verlangen, deren Betrag sich nach der Höhe der Rente und der wahrscheinlichen Lebensdauer des Gläubigers nach Abzug der entsprechenden Zinsen bemisst.
(5) Wegen ernstlicher Gründe kann der Gläubiger auch in anderen Fällen, gleich oder später, verlangen, dass ihm statt der Rente eine Gesamtsumme ausgezahlt wird.“
51 
Bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit wird auf der Grundlage der vorgenannten Bestimmungen der Verdienstausfall ersetzt. Der Anspruch besteht für die Dauer der Heilbehandlung und der insoweit festgestellten Arbeitsunfähigkeit. Die serbische Praxis folgt bei unselbstständig Beschäftigten der Nettolohnmethode, d.h. bei Arbeitsunfähigkeit wird der Nettoverdienstentgang ersetzt (Handbuch von Gordana Stanojčić, Naknada štete kroz sudsku praksu (Schadensersatz nach der gerichtlichen Praxis) Belgrad 2006, S. 143 ff, 203 ff. mit Darstellung der einschlägigen Gerichtsentscheidungen).
52 
Sind wie im vorliegenden Fall während der Zeitdauer der Heilbehandlung des Klägers Ziff. 1 keine Zahlungen der Beklagten für Verdienstausfall erfolgt, ist dem Kläger Ziff. 1 die Zahlung der Gesamtsumme des Verdienstausfalls durch die Beklagte geschuldet. Was der Kläger Ziff. 1 in dieser Zeit als Lohnfortzahlung und Krankengeld von den dazu nach deutschem Recht verpflichteten Arbeitgebern und Versicherungsträgern erhalten hat, ist nach serbischem Recht, das insoweit als „Deliktsstatut“ maßgeblich ist, von einer so errechneten Summe abzuziehen.
53 
Was die Höhe des Verdienstausfalls angeht, geht Artikel 195 Abs. 2 des serbischen Obligationsgesetzes bei einem abhängig Beschäftigten von der Entlohnung aus, die für die jetzt nicht mehr ausgeführte Tätigkeit bezogen wurde. Ist die Erwerbsfähigkeit nicht völlig beseitigt, sondern nur vermindert, ist die Schadensrente in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlich bezogenen Einkünften und der Entlohnung, die ohne den Unfall bezogen werden würde, zu leisten (Gordana Stanojčić, Naknada štete kroz sudsku praksu (Schadensersatz nach der gerichtlichen Praxis) Belgrad 2006, Seite 203 ff.).
54 
Insoweit ist eine Prognoseentscheidung erforderlich, die sich hinsichtlich ihrer verfahrensrechtlichen Erfordernisse für das erkennende Gericht an seinem eigenen Verfahrensrecht, d.h. hier an § 287 ZPO ausrichtet. Nach serbischem Recht hingegen richten sich die materiellrechtlichen Erfordernisse, d.h. hier die zu ersetzende Differenz. Demgemäß ist insoweit darauf abzustellen, dass nach den Artikeln 188, 195 Abs. 2 des serbischen Obligationsgesetzes in der Handhabung durch die serbischen Gerichte die tatsächlichen Möglichkeiten der Verwertung der nach dem Unfall vorhandenen Arbeitskraft entscheidend sind. Erzielt der Geschädigte durch Verwertung seiner verbliebenen Arbeitskraft Einkünfte, sind ihm diese anzurechnen, d.h. die Schadensrente hat die Differenz zu der prognostizierten Verdiensthöhe ohne den Unfall abzudecken. Gelingt dem Geschädigten trotz teilweise verbliebener Erwerbsfähigkeit die Erzielung von Einkünften nicht, geht dies grundsätzlich zu Lasten des Schädigers (Gordana Stanojčić, Naknada štete kroz sudsku praksu (Schadensersatz nach der gerichtlichen Praxis) Belgrad 2006, Seite 203 ff.).
55 
Allerdings hat der Geschädigte die Obliegenheit, Einkünfte zu erzielen. Dies ergibt sich auch aus der Schadensminderungspflicht des Artikels 192 des serbischen Obligationsgesetzes. Danach hat ein Geschädigter, der zur Entstehung des Schadens beigetragen hat oder dazu, dass er größer wird, als er anderenfalls gewesen wäre, nur ein entsprechend gemindertes Recht auf Ersatz. Insofern hat der Geschädigte auch im Rahmen des Zumutbaren einen Berufswechsel vorzunehmen (Oberstes Gericht Serbiens vom 2.3.2005, Aktenzeichen Rev. 299/05).
56 
b) Feststellungen zur Höhe des Verdienstausfalls
57 
Der Kläger Ziff. 1 hat einen Lohnausfallschaden für die Zeit vom ….2007 bis zum Juli 2010 in Höhe von über 36.000,00 Euro geltend gemacht. Hiervon sind 4.292,05 Euro berechtigt.
58 
Auszugehen ist von den Einkünften, die der Kläger Ziff. 1 ohne den Unfall in der Zeit hätte beziehen können. Dies erfordert eine hypothetische Betrachtung, bei der gemäß § 287 ZPO der Verdienst des Klägers Ziff. 1 aus dem Jahr vor dem Unfall zugrunde gelegt wird. Der Kläger Ziff. 1 hat unbestritten dargelegt, dass er in diesem Zeitraum aus zwei Beschäftigungsverhältnissen ein monatliches Gesamteinkommen von durchschnittlich 2.237,42 Euro erzielt hat. Vor dem Unfall war der Kläger Ziff. 1 als Druckhelfer ohne Berufsausbildung beschäftigt, dabei hatte der Kläger Ziff. 1 u.a. zu zweit Druckerwalzen mit einem Gewicht von 70 kg zu wechseln. In einer Nebentätigkeit war der Kläger Ziff. 1 als Verpacker und als Bote beschäftigt.
59 
Der Kläger Ziff. 1 ist seit dem Unfall keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Das Gericht stellt dem Sachverständigen M folgend fest, dass eine volle Arbeitsunfähigkeit bis Januar 2008 bestand. Im Januar 2008 lag eine partielle Arbeitsfähigkeit vor, die zu einem Wiedereingliederungsversuch geführt hat. Dieser Wiedereingliederungsversuch hätte voraussichtlich Mitte Februar 2008 dazu geführt, dass der Kläger Ziff. 1 in einer Vollzeitbeschäftigung leichte und mittelschwere Tätigkeiten hätte ausüben können. Der Wiedereingliederungsversuch ist allerdings vom Kläger Ziff. 1 bereits nach einer Woche abgebrochen worden. Dieser Abbruch des Wiedereingliederungsversuchs stellt sich als Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach Artikel 192 des serbischen Obligationsgesetzes dar.
60 
Bezogen auf die konkreten Tätigkeiten des Klägers Ziff. 1 vor dem Unfall hat der Sachverständige M eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 % festgestellt, wobei von einer künftigen Verbesserung oder Verschlechterung nicht ausgegangen werden kann. Die Annahme einer weitergehenden Minderung der Erwerbsunfähigkeit unter psychiatrischen Gesichtspunkten ist nach den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen T nicht geboten. Insbesondere kann beim Kläger Ziff. 1 nicht angenommen werden, dass er aus psychologischen Gründen gehindert wäre, die notwendige medizinische Behandlung durchführen zu lassen.
61 
Somit ist bis Mitte Februar 2008 keine Minderung der Erwerbsfähigkeit und ab diesem Zeitpunkt eine 10%-ige Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen.
62 
Damit errechnet sich folgender Anspruch des Klägers Ziff. 1 auf Ersatz von Verdienstausfall: Auszugehen ist von dem Einkommen, das der Kläger Ziff. 1 ohne den Unfall weiterhin bezogen hätte (monatlich 2.237,42 Euro). Hierauf ist für die Zeit bis Mitte Februar das erhaltene Krankengeld anzurechnen. Es bleibt eine Einkommenslücke von insgesamt 4.292,05 Euro, die von der Beklagten zu ersetzen ist.
63 
Für die Zeit ab Mitte Februar 2008 ist zu berücksichtigen, dass der Kläger Ziff. 1 durch Arbeit ein Einkommen hätte beziehen können. Dieses hätte allerdings nur 90 % des ansonsten prognostizierten Einkommens betragen, da der Kläger Ziff. 1 zu schweren Tätigkeiten nicht mehr in der Lage war. Das fiktive Einkommen beträgt somit 2.013,68 Euro. Die entstandene - fiktive - Einkommenslücke von 223,74 Euro wurde zwischen Februar 2008 und April 2010 vollständig durch Sozialleistungen gedeckt: Bis 17.02.08 bezog der Kläger Ziff. 1 Krankengeld, ab 18.02.09 Übergangsgeld, ab Oktober 09 Arbeitslosengeld und (rückwirkend) ab Mai 2010 eine Erwerbsminderungsrente (Anlage K 59). Insoweit ist die Beklagte nicht einstandspflichtig.
64 
Tabellarisch stellen sich die Berechnungen wie folgt dar: [entfernt]
65 
c) Keine weitergehenden Ansprüche
66 
Ein weitergehender Anspruch des Klägers Ziff. 1 auf Ersatz des Verdienstausfalls steht ihm nicht zu. Der Kläger Ziff. 1 hat behauptet, wegen körperlicher Beschwerden (hierzu unter aa) und aus psychischen Gründen (hierzu unter bb) vollständig arbeitsunfähig zu sein. Dies lässt sich ab Mitte Februar 2008 nicht feststellen.
aa)
67 
Im Hinblick auf die körperlichen Beschwerden hat der Kläger Ziff. 1 behauptet, er leide unter ständigen intensiven Rückenschmerzen, einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom. Zudem habe er Schmerzen unterhalb des linken vorderen Rippenbogens und Schmerzen beim Gehen, „als würde ein Messer im Rücken stecken“.
68 
Der Sachverständige M hat festgestellt, dass der Kläger Ziff. 1 einen schwersten Trümmerbruch des 1. Lendenwirbelkörpers erlitten hat, welcher in der Unfallklinik Tübingen mit guten Ergebnissen behandelt wurde. Der Sachverständige hat weiter festgestellt, dass beim Beklagten von einer leichtgradigen chronischen Bewegungs- und Belastungseinschränkung im Bereich des operierten Gebietes auszugehen ist, wobei die Beschwerden mit zunehmender Belastung durchaus zunehmen können. Praktisch würde man in Anbetracht der radiologischen Befunde von einer nahezu vollständigen und bei fehlender Belastung von einer schmerzfreien Beweglichkeit ausgehen. Ganz im Gegensatz dazu wird vom Beklagten sogar eine gewöhnliche Hautberührung als schmerzhaft empfunden. Um die Glaubwürdigkeit dieser Angaben des Klägers Ziff. 1 zu überprüfen, hat der Sachverständige mit ihm eine Reihe von ergänzenden Untersuchungen mithilfe von Selbstbeurteilungsbögen durchgeführt. Dabei haben sich Hinweise auf deutlich überhöhte Angaben, insbesondere bei den Simulationstests gezeigt. Der Sachverständige kommt deshalb im Juli 2010 zu dem Schluss, dass aus rein chirurgisch-orthopädischer Sicht eine Arbeitsfähigkeit mit leichter und Mittel schwerer Tätigkeit vorliegt und eine weitere Begutachtung im Hinblick auf die psychischen Beeinträchtigungen vorzunehmen ist.
bb)
69 
Im Hinblick auf psychische Beeinträchtigungen hat der Kläger Ziff. 1 vorgetragen, dass er unfallbedingt an einer depressiven Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, ferner an somatoformen Störungen, also körperliche Störungen, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. All dies führe zu starkem Grübeln, Vergesslichkeit, sozialem Rückzug, Albträumen, immer wiederkehrende Erinnerungen an den Unfall, innere Unruhe und Schlafstörungen.
70 
Das Gericht hat zur dieser Behauptung ein nervenärztliches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T eingeholt, der den Kläger Ziff. 1 untersucht hat. Der Sachverständige hat festgestellt, dass es sich von der Persönlichkeit her beim Kläger Ziff. 1 offensichtlich um einen zur Klagsamkeit und zu hypochondrischen Verhaltensweisen tendierenden Menschen handelt. Er leidet an einer leichten bis mittleren depressiven Verstimmung, und es sind auch Züge einer so genannten posttraumatischen Belastungsstörung zu finden, zum Beispiel die immer wiederkehrende Beschäftigung mit dem Unfallgeschehen.
71 
Es spielen posttraumatische Störungselemente eine Rolle, der Kläger Ziff. 1 ist nicht gesund, eine psychische Krankheit im engeren Sinn kann beim Kläger Ziff. 1 jedoch nicht festgestellt werden. Gleichwohl ist der Kläger Ziff. 1 in der Lage, seine frühere Arbeit wieder auszuüben, dabei sollte das Heben von zentnerschweren Lasten allerdings vermieden werden. Der Sachverständige kommt in dem nachvollziehbaren Gutachten zu dem Schluss, dass der Kläger Ziff. 1 durch eine verhaltenstherapeutische und medikamentöse Behandlung rehabilitiert werden kann und nur von einer leichten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auszugehen ist. Die vom Kläger Ziff. 1 genannten Symptome liegen zwar teilweise vor, sie sind aber nicht geeignet, den Kläger Ziff. 1 daran zu hindern eine berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen.
72 
In der mündlichen Anhörung vor dem Gericht in anderer Besetzung hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass kein großes psychiatrisches Krankheitsbild vorliege. Die posttraumatische Belastungsstörung ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass das traumatische Ereignis ständig auftaucht. Solche Züge sind beim Kläger Ziff. 1 festzustellen. Ein weiterer Zug, der typisch für die Beschwerdebelastungsstörung ist, ist das ständige Festhalten am Schmerzensbild, auch dieses liegt vor. Die Zeichen des Krankheitsbildes werden vom Kläger Ziff. 1 überhöht. Er hat ein hohes Darstellungsbedürfnis, was sich im Rahmen der Untersuchung etwa durch Aufspringen, erforderliche Pausen usw. zeigte. Er bietet damit das Bild eines schwerkranken Mannes, wie er sich vorstellt. Der Kläger Ziff. 1 somatisiert. Von einer Erwerbs- bzw. Arbeitsunfähigkeit kann man nach der Einschätzung des Sachverständigen nicht ausgehen. Mit gewissen Erleichterungen wäre eine Arbeitstätigkeit möglich, insbesondere wenn keine zentnerschweren Walzen gehoben werden müssen. Eine derartige Beschäftigung hätte sogar einen gewissen therapeutischen Effekt.
cc)
73 
Diesen Feststellungen der nur eingeschränkten Erwerbsunfähigkeit steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht Stuttgart dem Kläger Ziff. 1 eine Erwerbsunfähigkeitsrente ab Mai 2010 zugesprochen hat.
74 
Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart stützt sich auf ein Gutachten von Herrn Dr. A. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger Ziff. 1 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von nur noch drei bis vier Stunden durchführen könne und dass sich diese Leistungseinschränkung seit November 2009 dokumentieren ließe.
75 
Allerdings beruht das Gutachten von Herrn Dr. A weitgehend auf den Angaben des Klägers Ziff. 1. Wie der Sachverständige T ausgeführt hat, ist eine testpsychologische Untersuchung in Wirklichkeit gar nicht durchgeführt worden, weil die verwendeten Fragebögen leicht durchschaubar sind und der Kläger Ziff. 1 - wie auch sonst - bestrebt war, seine Beschwerden so darzustellen, dass sie in den Bereich der Krankheit hineingehören. Der Gutachter A hat sämtliche Äußerungen des Klägers Ziff. 1 als wahr unterstellt und in voller Ausprägung zur Grundlage seiner Beurteilung genommen. Eine kritische Überprüfung, ob der Kläger Ziff. 1 die Symptome übertrieben dargestellt hat, erfolgte hingegen nicht.
76 
Für die Einholung des vom Kläger Ziff. 1 beantragten weiteren Gutachtens bestand kein Anlass. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Beweisfrage in dem sozialrechtlichen Verfahren etwas anders gestellt war als im vorliegenden Fall: Die Entscheidung über eine Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß § 43 SGB VI erfolgt nach anderen Maßstäben. Die Feststellung einer Erwerbsminderung im sozialrechtlichen Sinne setzt gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI voraus, dass der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei steht die Behandlungsfähigkeit einer Gesundheitsstörung der Annahme einer Krankheit in diesem Sinne nicht entgegen. Eine unterbliebene Behandlung führt ohne Rücksicht auf die Ursachen der Unterlassung nicht dazu, dass vorhandene Gesundheitsstörungen nicht als Krankheit im Rechtssinne anzusehen sind (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergänzungslieferung, § 43 SGB VI Rn. 21).
77 
Insofern haben auch die Sachverständigen T und M festgestellt, dass eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit beim Kläger Ziff. 1 vorliegt. Im zivilrechtlichen Sinne ist hier aber nicht nur von Bedeutung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, sondern auch die Frage, ob der Kläger Ziff. 1 nach einer therapeutischen Behandlung wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte. Der Sachverständigen T hat insoweit festgestellt, dass eine Rehabilitation des Klägers Ziff. 1 unter psychiatrischen Gesichtspunkten möglich wäre. Darauf stützt sich der Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht von Artikel 192 des serbischen Obligationsgesetzes die zu einer entsprechenden Kürzung des Anspruchs auf Verdienstunfall führt. Der Gesichtspunkt, ob der Kläger Ziff. 1 seine seelischen Hemmungen zur Rehabilitation überwinden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89) war hingegen nicht Gegenstand des Gutachtens von Herrn Dr. A.
78 
2. Schmerzensgeld
79 
Der Kläger Ziff. 1 hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 Euro.
80 
Die Rechtsgrundlage findet sich in Artikel 200 des serbischen Obligationsgesetzes, der in deutscher Übersetzung wie folgt lautet:
81 
„(1) Für erlittene körperliche Schmerzen, erlittene seelische Schmerzen wegen verhinderter Lebensaktivität, Verunstaltung, Verletzung des Ansehens, der Ehre, der Freiheit oder des Persönlichkeitsrechts, des Todes einer nahestehenden Person sowie für erlittene Angst erkennt das Gericht eine gerechte Entschädigung in Geld zu, wenn es feststellt, dass die Umstände des Falles, insbesondere das Ausmaß der Schmerzen und der Angst sowie deren Dauer dies rechtfertigen, und zwar unabhängig von dem Ersatz des materiellen Schadens und unabhängig davon, ob ein solcher überhaupt entstanden ist.
(2) Bei der Entscheidung über die Forderung auf Ersatz des immateriellen Schadens und die Höhe des Ersatzes berücksichtigt das Gericht die Bedeutung des verletzten Rechtsgutes und den Zweck, dem dieser Ersatz dient; es berücksichtigt aber auch, dass dadurch nicht Bestrebungen begünstigt werden, die mit dem Wesen und dem gesellschaftlichen Zweck des Anspruchs nicht vereinbar sind.“
82 
Die Voraussetzungen dieser Norm sind dem Grunde nach erfüllt, wenn der Unfallgegner für den Unfall und den Körperschaden des Klägers Ziff. 1 zu haften hat. Die Beklagte haftet hierfür wie der bei ihr versicherte Unfallgegner nach Maßgabe der auch hinsichtlich des Nichtvermögensschadens und seines Ersatzes geltenden Regeln des serbischen Rechts.
83 
In rechtlicher Hinsicht ist zu unterscheiden zwischen den festgestellten Schmerzzuständen und ihren Folgen für die Lebensqualität des Klägers Ziff. 1 und nicht gesicherten, subjektiven Empfindungen des Klägers Ziff. 1, die. als „Hypochondrie“ oder als „unfallneurotische“, subjektiv nicht bewältigte Folgen beschrieben werden können. Letztere Aspekte lässt das serbische Recht nicht ins Gewicht für die Bemessung von Schmerzensgeld fallen. Ferner ist der Verlust an Aktivitätsmöglichkeiten zu berücksichtigen, wofür auch die eingetretene dauerhafte Invalidität und die Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen sind.
84 
Für die Bemessung ist demnach auszugehen
85 
- von einem Alter des Klägers Ziff. 1 im Unfallzeitpunkt von 39 Jahren,
- den Verletzungen
86 
- einer schwersten Lendenwirbelkörper 1 -Trümmerfraktur mit anschließender operativer Versteifung dieses Lendenwirbelkörpers (Beckenkammspan und MACS-Platte vom 12. Brustwirbelkörper auf den 1. Lendenwirbelkörper, mit verbleibender leichtgradig eingeschränkter Drehbeweglichkeit an der Brust- und Lendenwirbelsäule und leichtgradig beschränkter Seitneigung),
- stationären Krankenhausaufenthalten von insgesamt 20 Tagen, von Reha-Maßnahmen vom 16.12.2007 bis 03.01.2008, 6.5.2009 bis 5.6. 2009 und 24.9.2009 bis 22.10.2009,
- später zunehmender, sich verselbstständigender Schmerzhaftigkeit ohne objektive klinische Korrelation sowie einer bereits vor dem Unfall am 30.06.2005 gesicherten Lumbalgie;
- noch Jahre nach dem Unfall bestehen Züge einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10:F 43.1), einer leichten bis mittleren depressiven Verstimmung im Sinne von ICD 10:F32.0 bzw. F32.1, wobei davon auszugehen ist, dass beim Kläger Ziff. 1 eine hypochondrische Störung (ICD 10: F 45.2) vorliegt und
87 
- ferner die eingetretene - teilweise - Erwerbsunfähigkeit, wobei eine Erwerbsunfähigkeit in Bezug auf schwere Tätigkeiten dauerhaft bestehen bleiben wird und die Erwerbsfähigkeit für leichte und mittelschwere Tätigkeiten bei Durchführung einer verhaltenstherapeutischen Psychotherapie aber hergestellt werden könnte.
88 
Auch ein deutsches Gericht hat für die Bemessung von Schmerzensgeld nach serbischem Recht im Grundsatz die dortige Bemessungspraxis zugrunde zu legen; im Sinne abschließender Bewertung kann es freilich, wenn der Heilungs- und Rehabilitationsprozess nach dem Unfall sich insgesamt im Inland vollzogen hat und Dauerfolgen mit Unbillcharakter hier den Verletzten belasten, eine gewisse vorsichtige Anpassung an inländische Bemessungsgrößen vornehmen (Erman/Hohloch, Kommentar zum BGB, Art. 40 EGBGB Rdnr. 63 m.w.N.).
89 
Es ist deshalb zunächst zu berücksichtigen, dass die in Serbien zugebilligten Schmerzensgeldzahlungen stets grundsätzlich niedriger ausfallen als im Inland, das durch höheren Lebensstandard, höhere Einkünfte und demgemäß durch gesteigerte Anforderungen an die Kompensation erlittener Unbill gekennzeichnet ist. Die Größenordnungen der in Serbien wie in den anderen Staaten in der Nachfolge Jugoslawiens zuerkannten Schmerzensgelder liegen deutlich unter den hiesigen Summen und Rentenleistungen. Im Schrifttum wird berichtet, dass als höchste Zahlung bislang eine Zahlung festgesetzt worden, die umgerechnet etwa 50.000 Euro entsprach, allerdings in einem Fall mit erheblich stärkeren Verletzungsfolgen als im vorliegenden Fall (Neidhart, Unfall im Ausland Band 1 Osteuropa 5. Auflage 2006, Seite 150 Rn. 52).
90 
Der vorliegende Fall ist hingegen nicht als schwerer, sondern als Fall mit mittlerer Verletzungsschwere einzuordnen. Die erhebliche Wirbelsäulenverletzung des Klägers Ziff. 1 konnte operativ behoben werden.
91 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen H gibt es aus der serbischen Rechtsprechung nur Einzelfallentscheidungen; eine Schmerzensgeldtabelle hat sich bislang noch nicht ausgeprägt. Es besteht zwar in der neueren Zeit eine durchaus reichhaltige Judikatur, des Obersten Gerichts von Serbien wie auch der Untergerichte der verschiedenen Stufen und aus den verschiedenen Regionen und Provinzen des heutigen Staates, eine stets aufeinander abgestimmte Praxis in der Bewertung des immateriellen Schadens und in der Zumessung des geldlichen Ausgleichs (Schmerzensgeld) ist aber nicht erkennbar.
92 
Entscheidungen aus den Jahren ab 2000 haben Entschädigung für einfachere und mittlere Verletzungsfolgen aus Verkehrsunfällen durch Schmerzensgelder von 7.000 Dinar bis 30.000 Dinar festgesetzt; höhere Beträge, die bei erheblicheren Schäden zu finden waren, liegen bei 180.000 Dinar oder 100.000 Dinar. Der höchste Betrag, den der Sachverständige H ermitteln konnte, beträgt 900.000 Dinar. Bei dem Vergleich der Urteile miteinander sind allerdings die erheblichen Kursunterschiede der Währung zu berücksichtigen. Bei schlichter Umrechnung in Euro ohne Berücksichtigung der Lebensstandardparitäten ergeben die Entscheidungen Eurowerte von heute 1.000 Euro bis 10.000 Euro.
93 
Wie die genannten Summen in den berichteten Entscheidungen durch die dortigen Gerichte festgelegt wurden, beruht nicht auf irgendwelcher Systematisierung oder auf der Anwendung von Regelsätzen oder der Beachtung von Praxistabellen oder von Präjudizien aus der Rechtsprechung, jedenfalls wird die Bezugnahme auf andere Gerichtsentscheidungen in den zugänglich gewordenen Entscheidungen nicht offen gelegt. Die gerichtliche Einzelwürdigung ist prägend, sie kann auch zu regional unterschiedlicher Bewertung führen. Für die Einzelfallwürdigung wird die ärztliche Begutachtung zum Ansatzpunkt genommen, entschieden wird dann aber nach eigenem richterlichem Ermessen.
94 
Von den beiziehbaren Entscheidungen serbischer Gerichte ist am ehesten vergleichbar eine Entscheidung des Appellationsgerichts Kragujevac vom 02.03.2010, Aktenzeichen 1802/10. Der dortige Verletzte war beim Entladen eines LKW durch einen auf den LKW auffahrenden Bus erheblich verletzt worden. Er lag etwa einen Monat im Koma, wurde im Krankenhaus operiert, so dass der Gesundheitsschaden im wesentlichen behoben werden konnte. Der Geschädigte trug aber ständige und auf Dauer vorhandene Beschwerden in der Form von Störungen und Unsicherheit beim Gehen und in der Fortbewegung davon, Hitzeunverträglichkeit, Konzentrationsstörungen, Schwächung des konzentrierten und logischen Überlegens. Er gerät wiederholt in Angstzustände wegen des Unfalls. Die Feststellung voller oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit ergibt sich aus der Begründung des Urteils des Berufungsgerichts nicht. Mit zugemessenen 300.000 Dinar - bei damaligem Kurswert von etwa 3.000,00 Euro - hat das dortige Gericht den immateriellen Schaden des dortigen Geschädigten im Mittelfeld der Nichtvermögensschadensfälle eingeordnet, weit unterhalb der schwersten Fälle, in denen heute mit umgerechnet 50.000 EUR Beträge zuerkannt werden, die bei einem knappen Zehntel der dann hier für entsprechende Inlandsfälle in Betracht gezogenen Ersatzbeträge liegen.
95 
Die Einordnung als mittlerer Fall würde der vorliegende Sachverhalt wohl auch erhalten, würde deutsches Recht gelten. Im Vergleich mit entschiedenen Fällen von Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit Versteifungsnotwendigkeit und wiederholten Klinik- und Reha-Aufenthalten ließe sich bei Geltung deutschen Rechts wohl ein Schmerzensgeld von 15.000,00 bis 25.000,00 Euro festlegen, was etwa einem Zwanzigstel der Höchstbeträge der Praxis entsprechen könnte. In solcher Relation zu den nach serbischem Recht möglichen Höchstbeträgen steht auch ein Betrag von 300.000,00 Dinar (ca. 3.000,00 Euro).
96 
Da der Fall nach Maßgabe des internationalen Privatrechts auf der Ebene des serbischen Rechts zu entscheiden ist, kann darüber hinaus für die endgültige Bemessung eines dem Kläger Ziff. 1 zuzusprechenden Schmerzensgelds mitberücksichtigt werden, dass der Kläger Ziff. 1 seine aus dem nur zufällig in Serbien geschehenen Unfall erlittenen Verletzungsfolgen im Umfeld seines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts zu verarbeiten hatte. Das ermöglicht, für die definitive Festsetzung der Höhe des Ersatzbetrags die Richtsätze, die die deutsche Praxis für Inlandsfälle mit Beteiligung nichtdeutscher Verletzter entwickelt hat, mit heranzuziehen, um auf diese Art und Weise einen sich für Serbien nach serbischem Recht ergebenden, für die abweichenden inländischen Verhältnisse zu niedrigen Ersatzbetrag so angemessen zu erhöhen, dass zwar nicht der Betrag eines bei einem inländischen Fall auszuurteilenden Schmerzensgelds erreicht, aber doch eine angemessene Annäherung bewirkt wird.
97 
Bei der Ausübung des Ermessens ist zu berücksichtigen, dass eine Behandlung der Verletzungen weitgehend in Deutschland erfolgte und die auf den Unfall zurückzuführenden Folgen ihre Auswirkungen auf den Lebensalltag in Deutschland haben. Aus diesen Erwägungen ergibt sich eine Verdoppelung des Betrages von 3.000,00 Euro auf 6.000,00 Euro.
98 
3. Weitere Schadenspositionen (Bl. 240)
99 
Der Kläger Ziff. 1 hat weitere materielle Schadenspositionen in Höhe von 6.558,42 Euro geltend gemacht. Davon werden ihm 2.877,97 Euro zugesprochen für:
100 
a) Standgebühren:
168,00 Euro
b) Selbstbeteiligung bei der Kaskoversicherung
300,00 Euro
c) Krankenhauszuzahlung
85,00 Euro
d) Besuchskosten
712,65 Euro
e) Heilbehandlungskosten einschl. Fahrtkosten
1.162,55 Euro
f) Telefonkosten während eines Klinikaufenthaltes     
3,95 Euro
g) Übersetzungskosten
445,82 Euro
h) Unfallpauschale
---
i) Pauschale für An- und Abmeldung des Kfz
---
101 
Diese Schadenspositionen sind ebenfalls nach serbischem Recht zu behandeln. Es erfasst im vorliegenden Fall als „Unfallstatut“ den gesamten Schaden des Klägers Ziff. 1 und entscheidet damit über die Ersatzfähigkeit von einzelnen Schadensposten. Dies gilt auch insoweit, als Kosten und Belastungen des Klägers Ziff. 1 im Gefolge des Primärschadens, der in Serbien unmittelbar bei dem Unfall erlitten worden ist, erst im Inland entstanden sind.
102 
Weiterer rechtlicher Ausgangspunkt ist auf der Ebene des serbischen Rechts, dass es im Grundsatz nicht anders als das deutsche Recht bei der Schadensbeseitigung von dem Prinzip der vollen Wiedergutmachung des Schadens, bei Sach- wie Personenschäden durch Leistung der dafür erforderlichen Geldbeträge ausgeht. Hauptnorm ist insofern Art. 185 des serbischen Obligationsgesetzes.
103 
Im Einzelnen:
104 
a) Standgebühren
105 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Ersatz von Standgebühren in Höhe von 168,00 Euro
106 
Ein darüber hinausgehender Anspruch steht ihm nicht zu. Der Kläger Ziff. 1 hat 3.000,00 Euro geltend gemacht (nachgewiesen ist aber nur eine Rechnung über 2.360,00 Euro). Er hat diesbezüglich vorgetragen, dass das Fahrzeug vom …..2007 bis zum …..2008 in Serbien gestanden hatte und ihm hierfür ein Tagespreis von 12,00 Euro in Rechnung gestellt worden sei. Diesen Betrag habe er durch Eigentumsübertragung des Fahrzeugs geleistet.
107 
Ein Ersatz ist auch nach serbischem Recht nur für die Zeit bis zur alsbald in Angriff zu nehmenden Reparatur oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem man bei normaler Sorgfalt ein Ersatzfahrzeug beschafft hat, möglich, nicht für die Zeit von Monaten. Nach Angaben des Kfz-Sachverständigen A. wäre eine Standzeit von 14 Tagen angemessen gewesen. Für Deutschland sei für diesen Zeitraum eine Standgebühr von 12,00 Euro angemessen.
108 
Die Beklagte hat angeführt, dass sich dieses Kostenniveau nicht auf Serbien übertragen ließe. Deshalb hat sie die Angemessenheit angezweifelt. Das Gericht hat davon abgesehen, hierüber das angebotene Sachverständigengutachten einzuholen und ermittelt den Schadensersatz vielmehr nach § 287 ZPO. Die vorgelegte Rechnung der Firma S. weist diesen Tagessatz aus. Der Kläger Ziff. 1 ist nicht verpflichtet, ohne Vorliegen von Anhaltspunkten für die Unangemessenheit des Preises eine Sondierung des Marktes vorzunehmen, zumal ihm bzw. seiner Familie dies nach dem Unfall und im Ausland ohnehin nur unter erschwerten Bedingungen möglich war. Daher sind 14 mal 12,00 Euro, also 168,00 Euro ersatzfähig. Dass der Kläger Ziff. 1 die Aufwendungen durch Aufrechnung mit dem Fahrzeugrestwert beglichen hat, ist für die Höhe des zu ersetzenden Schadens nicht erheblich.
109 
b) Selbstbeteiligung bei der Kaskoversicherung
110 
Dem Kläger Ziff. 1 sind 300,00 Euro zu ersetzen, die er als Selbstbeteiligung für die Kaskoversicherung zu tragen hat.
111 
Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der vollen Wiedergutmachung des eingetretenen Unfallschadens. Wird bei Bestehen einer Kaskoversicherung des Geschädigten der Kfz-Sachschaden über den Kaskoversicherer abgewickelt und trifft dabei den Geschädigten der nach Versicherungsvertrag geltende Selbstbehalt, liegt insofern ein dem Geschädigten noch nicht ersetzter Teilschaden vor, der dem Schädiger gegenüber und gegenüber dessen Versicherer gelten gemacht werden kann.
112 
c) Krankenhauszuzahlung
113 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Erstattung des Zuzahlungsbetrages in Höhe von 80,00 Euro für einen 16-tägigen Krankenhausaufenthaltes in der BG-Unfallklinik Tübingen. Darüber hinaus steht ihm der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Weiter hat er Anspruch auf 5,00 Euro aufgrund seiner Zuzahlung für einen stationären Aufenthalt an die AOK.
114 
Der Kläger Ziff. 1 hat für zwei Krankenhausaufenthalte einen Zuzahlungsbetrag in Höhe von einmal 160,00 Euro und weiteren 10,00 Euro erbracht. Tatsächlich aufgewandte Kosten für die Deckung von Pflege und Verpflegung während des Krankenhausaufenthaltes, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Heilung stehen, entfallen als Schadensersatzposten auf den Schädiger. Allerdings hat der Geschädigte sich insoweit gemäß dem auch dem serbischen Recht bekannten Prinzip der „Vorteilsausgleichung“ ersparte Aufwendungen anrechnen zu lassen. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Kläger Ziff. 1 sich auf seine Mehraufwendungen für Krankenhauskost, die nicht durch seinen Krankenversicherer getragen werden, die ersparten Aufwendungen für Verpflegung außerhalb des Krankenhauses anrechnen zu lassen hat.
115 
Insofern schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO, dass sich der Kläger Ziff. 1 als Mitglied einer größeren Familie zu Hause für 5,00 Euro am Tag hätte verpflegen können (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 23.11.1999 - 27 U 93/99: 10 DM pro Tag; von einem Inflationsausgleich wird abgesehen).
116 
d) Besuchskosten
117 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Ersatz der Hotelkosten, die seine Angehörigen im … 2007 aufgewendet haben, in Höhe von 31.950,00 Dinare, 11.700,00 Dinare und 15.000,00 Dinare, insgesamt 58.650,00 Dinare. Dies ergibt zu dem damaligen Kurs (0,012 Euro pro Dinar) einen Betrag in Höhe von 712,65 Euro.
118 
Nach serbischer Praxis sind Kosten für Besuchsfahrten engster Verwandter, d.h. des Ehegatten und der Kinder, ggf. auch der Eltern, ersatzfähige Posten unter dem Gesichtspunkt, dass sie der Wiederherstellung der Gesundheit des Verletzten dienliche Maßnahmen sind. Ersatzfähig sind sie in den Grenzen der dem Geschädigten obliegenden Schadensminderungspflicht. Pauschalierte Beträge hat die serbische Gerichtspraxis dafür nach der zugänglichen Rechtsprechung bislang nicht entwickelt; als Teil der Heilungskosten werden - im Rahmen der genannten Schadensminderungspflicht - die bezifferten Fahrkosten naher Angehöriger ersetzt. Wer „naher Angehöriger“ ist, entscheidet sich nicht ohne weiteres nach dem serbischen Recht, das hier „Deliktsstatut“ ist, sondern ist Vorfrage, die selbstständig anzuknüpfen ist. Eine gesetzliche Kollisionsregelung fehlt.
119 
Heranzuziehen ist im vorliegenden Zusammenhang als räumlich am engsten verbunden Recht das Recht, das die Heilbehandlung beherrscht, d.h. hier das deutsche Recht, das die Heilbehandlung des Klägers Ziff. 1 im Inland regelt. Für den Kreis der Besuchsbegünstigten ist damit auf die Rechtsprechung zum deutschen Schadensrecht abzustellen, so dass Ehegatte und Kinder, ggf. auch Elternteile erfasst werden. In dem sich so ergebenden Rahmen können Besuchsaufwendungen von „Angehörigen“ hier geltend gemacht werden.
120 
e) Heilbehandlung
121 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Erstattung von 1.162,55 Euro für Heilbehandlungsmaßnahmen einschließlich notwendiger Fahrtkosten (auch für Besuche von Angehörigen). Diese Kosten für die Heilbehandlung, die aber nicht durch den Krankenversicherer getragen werden, sind nach Art. 184 ff SerbOG durch den Schädiger zu ersetzen.
122 
Zu ersetzen sind nach diesen Maßstäben folgende Rechnungen für Heilbehandlungsmaßnahmen über insgesamt 446,80 Euro:
123 
- [gekürzt]
124 
Zu ersetzen sind auch notwendige Fahrtkosten in Höhe von 715,75 Euro, nämlich
125 
- [gekürzt].
126 
Dies sind 2.863 angefangene Kilometer, die zu 0,25 Euro zu ersetzen sind, also in Höhe von 715,75 Euro. Diese Fahrtkosten beinhalten teilweise auch Besuche von Angehörigen, die als Besuchskosten ersatzfähig sind.
127 
Nicht zu ersetzen sind folgende Fahrten, da ihr Zusammenhang zum Unfallereignis von der Beklagten bestritten wurde und nicht nachvollziehbar dargelegt wurden:
128 
- [gekürzt]
129 
f) Telefonkosten während des Krankenhausaufenthaltes
130 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Zahlung von 3,95 Euro für die Einrichtung eines Telefonanschlusses im Klinikum K.-N..
131 
Für die Ersatzfähigkeit von Kosten für die Anmietung eines Telefonapparats im Krankenzimmer ist Rechtsprechung serbischer Gerichte nicht ersichtlich. Die Einrichtung eines gesondert zu bezahlenden Telefonanschlusses im Krankenzimmer, der nicht beruflich, sondern zum Kontakt mit Angehörigen benötigt wird, ist jedoch als Teil der „Heilungskosten“, da damit ggf. auch Kosten von Besuchsfahrten von Angehörigen, die grundsätzlich ersatzfähig sind, als ersatzfähiger unmittelbarer Folgeschaden einordnungsfähig. Die Beklagte kann den Kläger Ziff. 1 nicht darauf verweisen, dass dieser sein Mobiltelefon hätte benutzen sollen, da dies in Krankenhäusern regelmäßig untersagt ist.
132 
Einen weitergehenden Anspruch auf 322,56 Euro Ersatz von den in Anlage K 7 in Rechnung gestellten Telefonkosten für die Zeit vom …2007 bis ….2007 hat der Kläger Ziff. 1 allerdings nicht. Insoweit betrifft die vorgelegte Rechnung auch eine Zeit vor dem Unfall vom ….2007. Der Kläger Ziff. 1 hat nach dem Bestreiten der Beklagten nicht substantiiert dargelegt, welche Gespräche unfallbedingt veranlasst waren.
133 
g) Übersetzungskosten
134 
Der Kläger Ziff. 1 hat Anspruch auf Zahlung von 300,00 Euro für die nachgewiesenen Aufwendungen zur Übersetzung des Protokolls einer Verkehrsunfall-Aufnahme, der Bescheinigung einer Fahrzeugbeschädigung und eines Begleitbriefes vom Serbischen ins Deutsche. Ferner hat er Anspruch auf Ersatz der Rechnung des Dolmetschers über 12.000,00 Dinare, was bei einem damaligen Kurs von (0,012 Euro) einem Betrag in Höhe von 145,82 Euro entspricht.
135 
Die Kosten für die Übersetzung von Dokumenten sind unter dem Gesichtspunkt der Ersatzfähigkeit von Kosten der „Rechtsverfolgung“ als ersatzfähige Schadensposten nach serbischem Recht ersatzfähig.
136 
h) Unkostenpauschale
137 
Eine allgemeine Unkostenpauschale, wie sie der Kläger Ziff. 1 hier ausgehend von der zum deutschen Recht bestehenden Praxis in Höhe von 25,00 Euro geltend macht, ist vom serbischen Recht nach den Ausführungen des Sachverständigen H als ersatzfähiger Schadensposten bislang noch nicht anerkannt. Demgemäß lässt sich bei Geltung serbischen Rechts auch heute noch keine „Unkostenpauschale“ als solche - mit einem gewissen niedrigen Euro-Betrag - im Inland einklagen.
138 
Als auf die Regulierung des Unfallschadens insgesamt anzuwendendes Recht muss das serbische Recht nicht zwingend Antworten geben, die denen der deutschen Schadensersatzpraxis bei Kfz-Unfällen entsprechen. Die nach serbischem Recht zu erzielenden Ergebnisse können abweichen, was im Grundsatz hinzunehmen ist und keinen Verstoß gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) darstellt. Abweichungen sind so insbesondere dann hinzunehmen, wenn das serbische Recht als hier maßgebliches fremdes Recht (noch) nicht Vereinfachung durch Pauschalierung von Ersatzposten vornimmt, die im deutschen Recht, in dem der Kraftverkehrsunfallschaden seit Jahrzehnten ein Massenphänomen ist, wegen ihres grundsätzlich in jedem Schadensfall begegnenden Eintritts zwecks Vereinfachung der Regulierung in gerichtlicher Übung durch Pauschalen abgegolten werden.
139 
Die negativ ausfallende Antwort auf die Frage nach der Ersatzfähigkeit einer „Unkostenpauschale“ hat aber nicht zu bedeuten, dass ein Unfallgeschädigter die Einzelposten, die sich in der Pauschale „verstecken“, auf der Grundlage serbischen Rechts nicht geltend machen kann. Kosten, die für die Schadensbeseitigung - von Sachschäden wie Körperschäden - unmittelbar anfallen, sind ersatzfähige Schadensposten.
140 
i) Pauschale für An- und Abmeldung des Kfz
141 
Auch die Pauschale für die An- und Abmeldung des zerstörten Kraftfahrzeugs in Höhe von 75,00 Euro ist nach dem serbischen Recht als solche nicht erstattungsfähig.
142 
C. Nebenentscheidungen
143 
1. Prozesszinsen
144 
Der Anspruch auf Prozesszinsen besteht ab Rechtshängigkeit in der beantragten Höhe. Dabei trat die Rechtshängigkeit des Zinsanspruchs bezogen auf das Schmerzensgeld erst mit der Klageerweiterung am 03.09.2010 ein.
145 
Nach serbischem Recht können gesetzliche Zinsen jedenfalls ab Klagzustellung verlangt werden. Die Verzinsung läuft auch nach serbischem Recht wie früher nach jugoslawischem Recht spätestens vom Tag der Klagzustellung an (dazu Oberstes Bundesgericht Jugoslawiens Gz. 32/71, ZSO 14/3 Nr. 359; Oberstes Gericht von Bosnien-Herzegowina Gz 699/69, ZSO 16/2 Nr. 229). Da sich Rechtshängigkeitszinsen bei ausländischem Unfallstatut dem Grunde wie der Höhe nach grundsätzlich nach diesem Recht, d.h. hier nach serbischem Recht zu richten haben (Erman/Hohloch, Kommentar zum BGB, Anhang Art. 26 EGBGB (VO Rom I) Art. 12 VO Rom I Rdnr. 12 m.w.N.), richtet sich ein Anspruch des Klägers Ziff. 1 auf Rechtshängigkeitszinsen nach serbischem Recht. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit richtet sich, da im Inland geklagt wird, nach deutschem Verfahrensrecht. Die Höhe der ab Rechtshängigkeit zu beanspruchenden Zinsen richtet sich, da serbisches Recht für die Schadensersatzansprüche des Klägers Ziff. 1 gilt, nach dem serbischen Recht. Als zeitlich letzte gesetzliche Regelung ist für Serbien insoweit das Zinsgesetz von 2001 ersichtlich, das in seinem Art. 4 die Höhe der gesetzlichen Zinsen mit 10 % p.a. über dem Diskontsatz der Nationalbank angibt (Gesetz über die Höhe des Zinssatzes der Verzugszinsen, Gesetzblatt von Jugoslawien 9/2001). Da die mit der Klage geltend gemachten Zinsansprüche dem geltend gemachten Zinssatz nach nicht über dem vorstehend dargestellten Satz von 10 % über dem Diskontsatz der Serbischen Nationalbank liegen, werden die beantragten Rechtshängigkeitszinsen davon umfasst.
146 
2. Vorgerichtliche Anwaltskosten
147 
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers sind nicht aus der Höhe eines Gegenstandswertes von 80.000,00 Euro, sondern nur aus einem Gegenstandswert in Höhe der berechtigten Ansprüche (13.170,02 Euro) ersatzfähig. Sie berechnen sich wie folgt:
148 
1,1 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG:     
578,60 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale:
20,00 Euro
19 % MWSt
113,734 Euro
Gesamt:
712,33 Euro
149 
3. Streitwert
150 
Der Streitwert ist nach der Klageerweiterung vom 23.07.2010 auf insgesamt: 100.310,07 Euro festzusetzen. Davon entfallen auf:
151 
- den Antrag Ziffer 1:      
50.000,00 Euro
- den Antrag Ziffer 2:
42.610,07 Euro
- den Antrag Ziffer 3:
5.000,00 Euro
- den Antrag Ziffer 4:
1.000,00 Euro
- den Antrag Ziffer 5:
500,00 Euro
- den Antrag Ziffer 6:
400,00 Euro
- den Antrag Ziffer 7:
800,00 Euro
152 
4. Kostenentscheidung
153 
Die Kosten werden gem. § 92 ZPO und der sog. Baumbach'schen Formel verteilt.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.