Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 07. Mai 2015 - 2 W 18/15

bei uns veröffentlicht am07.05.2015

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldnerin gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015 (Az.: 35 O 44/14) wird

v e r w o r f e n.

2. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Streitwert für beide Rechtszüge: 50.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Ordnungsmittelbeschluss des Vorsitzenden des 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2015 ist unzulässig.
A
Das Landgericht hat, gestützt auf den Verfügungsbeschluss vom 23. Mai 2014, der durch landgerichtliches, nicht rechtskräftiges Urteil der Kammer vom 25. November 2014 bestätigt worden ist, auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin wegen der Internetveröffentlichung gemäß Anlage AST 5 in dem angegriffenen Beschluss gegen die Vollstreckungsschuldnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000,- EUR festgesetzt und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft.
Wegen des Sachverhaltes und der Begründung des landgerichtlichen Beschlusses wird auf die Darstellung in dem Beschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015 Bezug genommen.
B
Gegen diesen am 02. März 2015 zugestellten Beschluss hat die Vollstreckungsschuldnerin durch Schriftsatz vom 16. März 2015 sofortige Beschwerde eingelegt, die am 17. März 2015 beim Landgericht einging. Unter dem 18. März 2015 hat sie ihr Rechtsmittel wiederholt und zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gestellt; dieser Schriftsatz ging nebst Anlagen am 20. März 2015 beim Landgericht ein.
Die Vollstreckungsschuldnerin trägt vor:
Die Fristversäumnis beruhe auf einem einmaligen Versehen der ordnungsgemäß ausgebildeten, seit 2005 in der Kanzlei der Vollstreckungsschuldnervertreter stets zuverlässig arbeitenden Assistentin Frau M... Sie habe entgegen der allgemeinen Kanzleianweisung die Beschwerdeschrift nicht vorab per Fax gesandt und dabei eine Einzelanweisung verletzt, die ihr am 16. März 2015, gegen 14 Uhr, durch den zuständigen Rechtsanwalt erteilt worden sei. Die Fristenkontrolle der Schuldnervertreter sei ordnungsgemäß organisiert.
In der Sache sei der Beschluss des Landgerichts vom 24.02.2015 schon deshalb aufzuheben, da die einstweilige Verfügung vom 23.05.2014 aufzuheben sei. Dazu verweist die Vollstreckungsschuldnerin auf ihr Berufungsvorbringen in Sachen 2 U 152/14.
Unstreitig habe die Schuldnerin mit der Eigentümerin des Grundstücks auf B...-E... einen neuen Vertrag geschlossen, denjenigen vom 28. Mai 2014. Mit diesem Vertrag gewähre die Eigentümerin der Schuldnerin unstreitig ein Recht, das die Realisierung des Vorhabens hinlänglich absichere.
Die Schuldnerin habe den Vortrag der Gläubigerin zu einem Telefonat, in dem das Kündigungsrecht der Eigentümerin zur Sprache gekommen sei, mit Schriftsatz vom 26.09.2014 mit Nichtwissen bestritten. Damit sei die einzige Anknüpfungstatsache, die die Gläubigerin für die angebliche Kündbarkeit des neuen Vertrages vorgetragen habe, bestritten. Die Kammer habe deshalb nicht annehmen können, die Schuldnerin habe die Kündbarkeit zugestanden. Die Gläubigerin habe vielmehr ihrer Darlegungslast nicht genügt, indem sie die Kündbarkeit ins Blaue hinein behauptet habe. Diese Erwägung habe hier deshalb ein besonderes Gewicht, weil die Gläubigerin eine Wettbewerberin der Schuldnerin sei und deshalb am Inhalt der Verträge zwischen der Schuldnerin und der Eigentümerin des Grundstücks ein eigenes wettbewerbliches Interesse habe. Die Schuldnerin könne nicht gezwungen werden, zum Inhalt dieser Verträge vorzutragen, wenn die Gläubigerin etwaige Inhalte ohne unstreitige Anknüpfungstatsachen behauptet habe.
10 
Selbst wenn der Vertrag mit sechswöchiger Frist kündbar wäre, bilde er eine im Sinne des Tenors ausreichende Grundlage für die beanstandeten Äußerungen auf m... .com.
11 
Der Verbotstenor sei, wie schon der Verfügungsantrag, zu unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), was die Vollstreckungsschuldnerin weiter ausführt (s. BB 8 ff.), zumindest aber so auszulegen, dass jeglicher Vertrag, der der Schuldnerin einen Anspruch auf den Zugriff auf das Grundstück gewähre, aus dem Verbot hinausführe. Denn weder aus dem Verbotstenor noch aus der Antragsbegründung gehe die Forderung nach einer bestimmten Qualität, insbesondere nach einer Unkündbarkeit des Vertrages hervor.
12 
Die Formulierung „gesicherte Vertragsgrundlage" verdeutliche, dass der vertraglich vereinbarte Zugriff auf das Grundstück - auf welche Weise auch immer - zusätzlich „gesichert" sein müsse, es sich also um eine in irgendeiner Weise qualifizierte Vertragsgrundlage handeln müsse. Die Formulierung „durch Verträge...gesichert" lege dagegen das Verständnis nahe, dass allein der vertragliche Anspruch auf Zugriff auf das Grundstück zu einer „Sicherung" der Planung und Entwicklung im Sinne des Verbotes führe.
13 
Die Vollstreckungsschuldnerin könne während der Kündigungsfrist unstreitig durch einseitige Erklärung das Grundstück selbst erwerben oder Dritten diesen Erwerb vermitteln. Solange der Vertrag laufe, könne die Eigentümerin diesen Erwerb nicht verhindern. Die Schuldnerin könne deshalb durch Ausübung des Erwerbsrechts vor Ablauf der Kündigungsfrist dem Entzug des Grundstücks durch die Eigentümerin zuvorkommen.
14 
Schließlich habe die Schuldnerin die Werbung für das Projekt E... in vielerlei Hinsicht geändert. Mit dem veränderten Text behaupte die Schuldnerin in keiner Weise, dass die Verwirklichung des Vorhabens feststehe.
15 
Mittlerweile hat der M... H... im Berufungsverfahren 2 U 152/14 eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt (GA 461), in der es unter anderem heißt:
16 
„28.05./2.06.2014 vereinbarte Pachtgarantie ist mit einer Frist von sechs Wochen kündbar.
17 
In dem Vertrag wird uns wie folgt eine Option zum Erwerb des Grundstücks eingeräumt:
18 
„R... verpflichtet sich während der Laufzeit dieser Vereinbarung das bezeichnete Grundstück nicht an Dritte im Erbbaurecht zu vergeben bzw. das Grundstück an Dritte zu verkaufen. Während der Laufzeit dieser Vereinbarung erhält M... weiterhin das Recht, die in der UR-Nr. 0...0/2012 des Notars Dr. G... und der Ergänzungsurkunde UR-Nr. G1...8/2013 beschriebene Option auf Annahme des Angebotes des Erbbaurechtsvertrages auszuüben oder das bezeichnete Grundstück zur Realisierung des M... Konzeptes für einen Kaufpreis von [...] (zuzgl. 19 % MwSt.) zu erwerben bzw. einen entsprechenden Käufer zu benennen. Die Annahme des Angebots des Kaufes ist durch M... oder den benannten Käufer durch einen geeigneten Finanzierungsnachweis und einer bindenden Absichtserklärung glaubhaft zu machen. Für die Annahme des Angebots des Erbbaurechtsvertrages gelten die Bestimmungen der oben genannten UR-Nr. 0...0/2012 und UR-Nr. 01...8/2013."
19 
Der Vertrag enthält keinen Hinweis darauf, dass die Option nicht innerhalb der 6-wöchigen Kündigungsfrist ausgeübt werden kann.“
20 
Auf einen gerichtlichen Hinweis durch Verfügung des Vorsitzenden vom 07. April 2015 hat die Vollstreckungsschuldnerin weiter vorgetragen:
21 
Die Kontrolle am Ende des Arbeitstages sichere die Erledigung der Fristsachen lediglich zusätzlich. Es bestehe, wie vorgetragen, die Anweisung,
22 
- alle fristwahrenden Schriftsätze vorab per Fax zu senden,
- auf die erste Seite der fristwahrenden Schriftsätze fett „vorab per Fax" zu notieren,
- nach der Faxsendung die Faxnummer auf dem Sendebericht mit der auf dem Schriftsatz notierten Nummer zu vergleichen,
- die Frist erst zu streichen, wenn geprüft worden ist, ob das Schriftstück vollständig an die richtige Faxnummer gesendet wurde, und wenn gemäß einer Prüfung der Akte auch im Übrigen nichts mehr zu veranlassen ist.
23 
Dies stehe im Einklang mit den Anforderungen des Bundesgerichtshofes.
24 
Es sei vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die Rechtanwälte der Sozietät die Ausführung der Kanzleianweisung in regelmäßigen Stichproben kontrollierten und die Assistentinnen regelmäßig an sie erinnerten, ferner, dass der Unterzeichner in regelmäßigen Stichproben den Umgang Frau M... mit Fristen kontrolliere.
25 
Am fraglichen Tag sei eine Kontrolle nicht geboten gewesen.
26 
Der Assistentin sei nicht vorzuwerfen, mehrere Fehler begangen zu haben. Sie habe gemeint, die Fristsache erledigt zu haben, ohne die Faxsendung zu überprüfen. Dieser Fehler habe sich nicht bei der dann folgenden Streichung der Frist und der zusätzlichen Kontrolle am Ende des Arbeitstages offenbart. Ein zusätzlicher Fehler sei der Assistentin deshalb nicht vorzuwerfen.
27 
Die Vollstreckungsbeklagte regt an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sofern der Senat die Wiedereinsetzung versage.
28 
Zum Ordnungsmittelbeschluss selbst vertieft die Beschwerde ihr Vorbringen und rügt, dass sich der Senat in seinem Beschluss vom 07. April 2015 (Az. 2 W 2/15) nicht mit der Argumentation der Vollstreckungsschuldnerin auseinandersetzt habe. Dies sei nun um so mehr geboten, als es um ein Ordnungsgeld gehe, das die Vollstreckungsschuldnerin durch seine Höhe vor erhebliche Probleme stellen würde. Es bestehe der Eindruck, der Senat habe die Bestimmtheit des Antrages und die Voraussetzungen einer Irreführung vermengt.
29 
Ergänzend trägt die Vollstreckungsschuldnerin zur Vertragslage vor wie in der zitierten eidesstattlichen Versicherung ausgeführt. Die in dem Pachtvertrag mit der Grundstückseigentümerin vereinbarte Option könne auch innerhalb der sechswöchigen Frist zwischen Ausübung der Kündigung und Ende des Vertrages ausgeübt werden.
30 
Zur Branchenübung legt die Vollstreckungsschuldnerin Stellungnahmen des Herrn Dr. P... H..., der H... P... GmbH & Co. KG vom 21.04.2014, der Frau Dr. K... H..., verantwortlich für strategische Projekte bei G... & Partner GmbH vom 20.04.2014 sowie die des Herrn Dr. P... F..., geschäftsführende Gesellschafter der Y... Immobilien GmbH vom 17.04.2014 vor (S 3, S 4, S 5).
31 
Eine spekulative Realisierung ohne Käufer oder Mieter komme gerade bei Spezialimmobilien wie dem „M..." kaum vor, da deren Gestaltung und Ausstattung in hohem Maße von den Wünschen der zukünftigen Mieter abhänge. Ziel sei, in einem ersten Schritt gewerbliche Mietinteressenten auf das Immobilienprojekt aufmerksam zu machen. In einem zweiten Schritt würden konkrete Verhandlungen für eine Vermietung aufgenommen. Es sei üblich, dass gewerbliche Mietinteressenten über die noch zu schaffenden Voraussetzungen der Verwirklichung des Projekts bei Aufnahme der Mietvertragsverhandlung informiert würden. Je nach Sicherheit dieser Verwirklichung würden dann Möglichkeiten des Rücktritts oder aufschiebende oder auflösende Bedingungen vorgesehen, falls das Projekt letztlich nicht umgesetzt werde.
32 
Auf Eigentümerseite bestehe in der Regel kein Interesse, das Eigentum am Grundstück frühzeitig zu Gunsten eines Interessenten dinglich zu sichern.
33 
Im Ergebnis werde der Vollstreckungsschuldnerin die Möglichkeit genommen, in branchenüblicher Weise für die Vermarktung des Objekts zu sorgen und das Projekt auf diese Weise zu finanzieren. Das sei ein im höchsten Maße unbilliges Ergebnis.
34 
Das Verhalten der Vollstreckungsschuldnerin verstoße dem Wortlaut nach nicht gegen das Titelverbot. Der Vertrag mit dem Eigentümer sichere das Projekt.
35 
Die Vollstreckungsschuldnerin bittet darum, über die Beschwerde mündlich zu verhandeln.
36 
Sie beantragt,
37 
1. der Schuldnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren
38 
2. den Beschluss vom 24.02.2015 - 35 0 44/14 - aufzuheben und den Antrag auf seinen Erlass zurückzuweisen.
C
39 
Das Landgericht hat der Beschwerde, den Wiedereinsetzungsantrag offen lassend, durch Beschluss vom 22. März 2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
40 
Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 890, 793 ZPO statthaft, aber unzulässig, da verfristet. Der Vollstreckungsschuldnerin ist die beantragte Wiedereinsetzung in die zweiwöchige, eingeräumtermaßen versäumte Beschwerdefrist nicht zu gewähren.
A
41 
Der Antrag der Vollstreckungsschuldnerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO in Ansehung der Beschwerdefrist ist zulässig.
B
42 
Dieser Antrag ist jedoch nach Maßgabe der §§ 233 ff. ZPO unbegründet. Denn die Vollstreckungsschuldnerin hat diese Frist aufgrund eines Verschuldens ihrer Prozessbevollmächtigten versäumt, das ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Davon hat der Senat für seine Entscheidung auszugehen. Es obliegt der Partei, die Wiedereinsetzung erstrebt, die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung darzulegen und glaubhaft zu machen. Die Vollstreckungsschuldnerin hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass ihre Prozessbevollmächtigten durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen hätten, dass Rechtsmittelfristen in Fällen nicht versäumt würden, in denen eine Rechtsmittelschrift so spät abgesandt wird, dass ein rechtzeitiger Eingang des Schriftsatzes bei Gericht mit gewöhnlicher Post bei regelmäßigem Verlauf der Dinge nicht mehr angenommen werden kann und deshalb eine Telefaxübermittlung erforderlich ist, um die Rechtsmittelfrist zu wahren.
1.
43 
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 08. Januar 2013 - VI ZB 78/11, VersR 2014, 645, Rn. 10; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, VersR 2013, 1330, Rn. 6; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8, je m.w.N.).
44 
Darüber hinaus gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr., s. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009, Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, VersR 2012, 506, Rn. 7 f.; vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, juris Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8; vom 04. November 2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 8 f.; vom 09. Dezember 2014 – VI ZB 42/13, MDR 2015, 112, bei juris Rz. 8, m.w.N.; vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, juris Rn. 9; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746, Rn. 9; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, Rn. 7).
2.
45 
Der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist nicht zu entnehmen, dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden wären. Unbeschadet der anderen gebotenen Kontrollanweisungen ist keine Anordnung der Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin dargetan, durch die gewährleistet wäre, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft werde.
a)
46 
Der Bundesgerichtshof fordert nicht lediglich eine Kontrolle der Streichung der Frist im Kalender, sondern anhand des Fristenkalenders, aus dem sich ergibt, welche Fristsachen an jenem Tag zu erledigen waren, eine Kontrolle, ob die Erledigung stattgefunden hat. Diese Kontrolle soll auch verhindern, dass die Streichung irrtümlich erfolgt ist. Schließlich ist eine Anordnung in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Klägers, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird, nicht dargetan.
47 
Eine solche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 04. November 2014 - VIII ZB 38/14, bei juris Rz. 9). Sie dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern soll auch feststellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 04. November 2014 - VIII ZB 38/14, bei juris Rz. 10; und vom 26. Februar 2015 – III ZB 55/14, MDR 2015, 481, bei juris Rz. 18).
48 
Diesen Zweck kann sie nur erfüllen, wenn anhand des Fristenkalenders eine über die Streichung hinausgehende Überprüfung erfolgt, ob der fristwahrende Schriftsatz ordnungsgemäß behandelt wurde. Dies erfordert bei Schriftsätzen, die per Telefax übermittelt werden müssen, um eine Frist noch wahren zu können, dass anhand des Sendeprotokolls die ordnungsgemäße Übersendung an das Gericht noch einmal überprüft wird.
b)
49 
Eine derartige Anweisung hat die Vollstreckungsschuldnerin weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht. Sie hat sich zunächst auf einen ganz allgemeinen Vortrag beschränkt, dass am Ende des Arbeitstages eine erneute Kontrolle angewiesen sei. Auch auf den Hinweis des Vorsitzenden hin, dass der Vortrag zu allgemein gehalten sei, hat die Vollstreckungsklägerin im Wesentlichen substanzlos behauptet, ihre Prozessbevollmächtigten hätten die gebotenen Anweisungen gegeben, um eine ordnungsgemäße Fristenbearbeitung sicherzustellen.
c)
50 
Ferner haben die Vollstreckungsschuldnervertreter nur ganz pauschal und ohne Inhalt und Frequenz der Kontrollen zu beschreiben, behauptet, sie würden überwachen, dass das Kanzleipersonal die ihm gegebenen Anweisungen zum Arbeitsablauf einhalte. Auch auf den gerichtlichen Hinweis hin ist keine Substantiierung erfolgt.
d)
51 
Dahinstehen kann, dass der Senat nach wir vor davon ausgeht, dass die zuständige Angestellte am 16. März 2015 kurz hintereinander mehrere Fehler bei ihrer Arbeit gemacht hat, die - ausgehend vom Vortrag der Vollstreckungsschuldnerin - gegen verschiedene Anweisungen zum Umgang mit fristwahrenden Schriftsätzen und der Streichung von Fristen verstoßen hat, so dass nicht glaubhaft gemacht ist, dass es sich bei ihr um eine zuverlässige Kraft gehandelt habe, der diese verantwortungsvollen Aufgaben eigenständig übertragen werden durften.
52 
Sie hätte nach diesem Vortrag trotz einer Einzelanweisung die Übersendung des Schriftsatzes per Telefax vergessen, nicht daran gedacht, die Faxnummer auf dem Sendebericht mit der auf dem Schriftsatz notierten Nummer zu vergleichen (wodurch der erste Fehler hätte auffallen müssen), die Frist im Fristenkalender gestrichen, ohne geprüft zu haben, ob das Schriftstück vollständig an die richtige Faxnummer gesendet worden war (was wiederum den Ausgangsfehler hätte erkennen lassen), gleichwohl die Frist aus dem Fristenkalender gestrichen und keine effektive Erledigungskontrolle am Abend desselben Arbeitstages durchgeführt.
3.
53 
Die unzureichende Ausgangskontrolle war ursächlich dafür, dass die Beschwerdefrist vorliegend versäumt wurde. Hätten die Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin in ihrer Büroorganisation die gebotenen Vorkehrungen getroffen, um insbesondere die abendliche Erledigungskontrolle zu gewährleisten, so wäre die Beschwerdefrist gewahrt worden. Denn dann wäre das Unterlassen festgestellt und die Beschwerdeschrift noch am selben Abend, mithin fristwahrend, an das Landgericht gefaxt worden. Davon ist der Senat ohne Weiteres überzeugt (vgl. zur Kausalität BGH, Beschlüsse vom 09. Dezember 2014 – VI ZB 42/13, MDR 2015, 112, bei juris Rz. ; und vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151, Rn. 9).
III.
54 
Ausführungen zur Begründetheit der Beschwerde haben damit zu unterbleiben.
55 
Lediglich vorsorglich weist der Senat, um Weiterungen zu vermeiden, darauf hin, dass gegen die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes nichts zu erinnern ist. Die Vollstreckungsschuldnerin verstößt wiederholt, mehrfach und offensichtlich hartnäckig gegen das Titelverbot. Der nunmehr gerügte Auftritt fand sich schon wenige Wochen, nachdem das Landgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,- EUR gegen die Vollstreckungsschuldnerin verhängt hatte, im Internet. Die Vollstreckungsschuldnerin zeigt damit, dass sie nicht willens ist, sich an die gerichtliche Entscheidung zu halten.
56 
Schon dies belegt, dass ein Ordnungsgeld in der Größenordnung von 5.000,- EUR bei Weitem nicht ausreicht, die Vollstreckungsschuldnerin von Verstößen abzuhalten.
57 
Hinzu kommt, dass das wirtschaftliche Interesse der Vollstreckungsschuldnerin an derartiger Werbung nach ihrem eigenen Vortrag sehr groß ist. Sie trägt vor, für das streitgegenständliche Grundstück in B... monatlich einen fünfstelligen Pachtbetrag zahlen zu müssen. Dies belegt ihr wirtschaftliches Interesse an einer beschleunigten Vermarktung ihres Projektes und damit auch, dass ein hohes Ordnungsgeld erforderlich ist, um der Vollstreckungsschuldnerin den Anreiz zu nehmen, um dieses Interesses willen das gerichtliche Verbot zu missachten.
58 
Außerdem wirken sich auch hinsichtlich des Strafcharakters des Ordnungsgeldes der Wiederholungsfall, die Rückfallgeschwindigkeit und die Hartnäckigkeit des Ungehorsams der Vollstreckungsschuldnerin gegenüber der Rechtsordnung aus.
IV.
A
59 
Die Kostenentscheidung folgt §§ 891, 97 ZPO.
B
60 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind vorliegend nicht gegeben. Diese wäre zwar statthaft (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2012 - I ZB 18/12, bei juris Rz. 8; und vom 19. Februar 2015 – I ZB 55/13, WRP 2015, 590). Es liegt aber kein Zulassungsgrund vor. Denn die Beschwerdeentscheidung beruht nicht auf der von der Vollstreckungsschuldnerin für rechtsbeschwerdefähig gehaltenen Reichweite der Organisationspflichten des Rechtsanwaltes. Selbst wenn die sofortige Beschwerde zulässig wäre, hätte sie in der Sache gleichwohl keinen Erfolg gehabt. Der Senat verweist hierzu auf seinen Beschluss vom 07. April 2015 (Az.: 2 W 2/15), von dem abzuweichen der Senat keinen Anlass hätte.
C
61 
Der Wert der Ordnungsmittelanträge erster Instanz rührt aus dem Interesse der Gläubigerin, künftige Verstöße gegen den Titel zu verhindern, der Beschwerdewert ergibt sich aus dem Interesse der Schuldnerin, dass das gegen sie festgesetzte Ordnungsgeld beseitigt werde.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 793 Sofortige Beschwerde


Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 891 Verfahren; Anhörung des Schuldners; Kostenentscheidung


Die nach den §§ 887 bis 890 zu erlassenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 91 bis 93, 95 bis 100, 106, 107 entsprechend.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 559/12 vom 23. Januar 2013 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fc Die Übergabe des vom Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Schriftsatzes an die Kanzleianges

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - II ZB 10/11

bei uns veröffentlicht am 27.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 10/11 vom 27. März 2012 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fd Eine Frist darf im Fristenkalender erst dann gestrichen und als erledigt gekennzeichnet werden, wen

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 07. Apr. 2015 - 2 W 2/15

bei uns veröffentlicht am 07.04.2015

Tenor 1. Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin vom 22. Dezember 2015 gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2014 (Az.: 35 O 44/14) wird

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2015 - III ZB 55/14

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 55/14 vom 26. Februar 2015 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fc, Fd a) Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts muss eindeutig festst

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2015 - I ZB 55/13

bei uns veröffentlicht am 19.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 55/13 vom 19. Februar 2015 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein Kostenquote bei beziffertem Ordnungsmittelantrag ZPO §§ 92, 891 Satz 3 Ein Teilunterliegen im Sinne vo

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2014 - VI ZB 42/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB42/13 vom 9. Dezember 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 Fd Zur Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze. BGH, Beschluss vom 9. Dezem

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2014 - VIII ZB 38/14

bei uns veröffentlicht am 04.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 38/14 vom 4. November 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fd a) Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätz
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 07. Mai 2015 - 2 W 18/15.

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Juli 2015 - 2 U 39/15

bei uns veröffentlicht am 15.07.2015

Tenor 1. Der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten wird z u r ü c k g e w i e s e n. 2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2015 (Az.: 14 O 35

Referenzen

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin vom 22. Dezember 2015 gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2014 (Az.: 35 O 44/14) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Streitwert für beide Rechtszüge: 5.000,- EUR.

Gründe

 
I.
A
Das Landgericht hat auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin, gestützt auf die Internetveröffentlichung vom 27. Juni 2014, die Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins „D... T..." vom 08.07.2014 (Ast. 3) und das Wirtschaftsmagazin „W...", Heft Nr. 28 vom 07.07.2014 (Ast. 4), in dem angegriffenen Beschluss gegen die Vollstreckungsschuldnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,- EUR festgesetzt und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft; Grundlage des Beschlusses ist der Verfügungsbeschluss des Landgerichts vom 23. Mai 2014, der am 04. Juni 2014 unstreitig durch den zuständigen Gerichtsvollzieher zugestellt und durch landgerichtliches, nicht rechtskräftiges Urteil der Kammer vom 25. November 2014 bestätigt wurde.
Wegen des Sachverhaltes wird auf die Darstellung in dem Beschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2014 Bezug genommen.
Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Schuldnerin habe schuldhaft gegen das Verbot in Abschnitt I Ziffer 1 und 4 der einstweiligen Verfügung vom 23. Mai 2014 verstoßen.
Sie habe in ihrer Internetpräsenz mit Stand 27. Juni 2014 angegeben, sie entwickle auf der B... H...-Insel E... eine neues Oldtimer-Zentrum, das M... B... und sei Kontaktstelle für Anfragen hinsichtlich der Anmietung von Werkstatt-, Handels-, Laden- oder Büroflächen oder gläsernen Einstellplätzen. In Interviews mit der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins „D... T..." vom 08.07.2014 und dem Wirtschaftsmagazin „W..." im Heft Nr. 28 vom 07.07.2014 habe der Vorstand der Schuldnerin Äußerungen gemacht, die die angesprochenen Verkehrskreise bei objektiver Wertung ebenfalls dahingehend verstünden, dass die Schuldnerin auf der B... H...-Insel E... ein neues Oldtimer-Zentrum, das M... B..., entwickele bzw. bereits betreibe. Die Schuldnerin habe die diesbezüglichen Behauptungen der Gläubigerin im Ordnungsmittelverfahren nicht bestritten.
Entgegen der Auffassung der Schuldnerin sei die Entwicklung des M...-Standortes „B...-E..." im behaupteten Umfang und unter Beteiligung der Antragsgegnerin nicht durch entsprechende Verträge und/oder Abreden mit dem Eigentümer/den Eigentümern der Projektimmobilie und/oder Investoren gesichert.
5.000,- EUR seien als Ordnungsgeld angemessen. Es lägen insgesamt drei Verstöße vor. Die Internetpräsenz verstoße in zweifacher Hinsicht gegen die einstweilige Verfügung.
B
Gegen diesem Beschluss hat die Vollstreckungsschuldnerin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 sofortige Beschwerde eingelegt und hierzu ausgeführt:
Der Ordnungsgeldbeschluss sei schon deshalb aufzuheben, weil das Verfügungsurteil keinen Bestand haben könne, wie aus der Berufungsbegründung der Verfügungsbeklagten ersichtlich. Der Titel sei zu unbestimmt. Das Landgericht hätte den Vortrag der Verfügungsklägerin zu einem vertraglichen Kündigungsrecht nicht berücksichtigen dürfen. Diese habe sich als Anknüpfungstatsache nur auf ein Telefonat mit dem Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft bezogen. Diesen Vortrag habe die Vollstreckungsschuldnerin erstinstanzlich bestritten, so dass er nicht zugrunde zu legen und daher von einem Vortrag ins Blaue hinein auszugehen sei. Selbst bei einem Kündigungsrecht könne die Vollstreckungsschuldnerin noch während der Kündigungsfrist durch entsprechende Erklärungen einen Eigentumserwerb bzw. ein Erbbaurecht erzwingen.
10 
Wegen des weitergehenden Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschrift Bezug genommen, um Wiederholungen zu vermeiden.
C
11 
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt.
II.
12 
Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2014 ist zulässig, aber unbegründet. Die Angriffe der Beschwerde vermögen diesen nicht an von Amts wegen zu berücksichtigenden Fehlern leidenden Beschluss nicht zu erschüttern.
A
13 
Auf die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldners hat das Gericht neben den vorliegend weder zweifelhaften, noch von der Beschwerde bezweifelten allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (vgl. dazu Stöber, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014, Rn 14-17 vor § 704, bei juris) nebst der gleichfalls erfolgten vorangegangenen Ordnungsmittelandrohung zu prüfen, ob der Vollstreckungsschuldner schuldhaft gegen den Unterlassungstitel verstoßen hat. Steht die Reichweite des Urteilsausspruchs im Streit, so hat das Gericht ihn im Ordnungsmittelverfahren auszulegen (Stöber, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., Rn. 15 zu § 890, bei juris, m.w.N. zur Rechtsprechung). Die zu unterlassende Handlung muss nach Inhalt und Umfang durch den Titel inhaltlich bestimmt sein (BGHZ 124, 173, 175 f.). Eine gewisse Verallgemeinerung wird hingenommen, wenn dabei das Charakteristische des konkreten Verletzungstatbestands zum Ausdruck kommt (BGHZ 126, 287, 295; OLG Karlsruhe, MDR 2007, 1453). Vorläufig vollstreckbare Schuldtitel, deren Vollstreckung nicht gehemmt ist (vgl. KG, JW 1939, 316) und einstweilige Verfügungen (LG Essen, MDR 1983, 500) genügen als Antragsgrundlage (so auch Stöber, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 890, bei juris).
14 
Hingegen hat das Gericht im Ordnungsmittelverfahren nicht darüber zu befinden, ob der Vollstreckungstitel materiell zurecht erlassen worden ist, noch ob er voraussichtlich in einem Rechtsmittelverfahren aus anderen Gründen als wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufzuheben sein wird. Denn der vorläufig vollstreckbare Titel gebietet dem Schuldner Beachtung. Anderes gilt nur, wenn die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel nicht erfolgen darf, etwa weil sie durch das Gericht einstweilen eingestellt worden oder eine hierfür angeordnete Sicherheit geleistet worden ist, Die gesetzgeberische Wertung für eine vorläufige Vollstreckbarkeit darf nicht mittels Vorbringens im Ordnungsmittelverfahren unterlaufen werden. Dies entspricht auch der Aufgabenteilung zwischen Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren.
15 
Dahinstehen kann, ob dann, wenn der Vollstreckungstitel wegfällt oder wirkungslos wird, aus ihm kein Ordnungsmittel mehr wegen eines Verstoßes verhängt werden darf, der während der Zeit der Wirksamkeit des Titels begangen worden war (vgl. Stöber, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014, Rn. 9a zu § 890, m. zahlr. N.). Denn ein solcher Fall liegt nicht vor.
B
16 
Der Vollstreckungstitel, dessen Vollstreckbarkeit im Übrigen außer Zweifel und Streit steht, ist hinreichend bestimmt. Er beschreibt das Verhalten, das die Vollstreckungsschuldnerin zu unterlassen hat, deutlich erkennbar. Die von der Vollstreckungsschuldnerin behaupteten Unschärfen beziehen sich auf einen zugunsten der Verurteilten aufgenommenen Ausnahmetatbestand. Auch sie führen aber schon deshalb nicht zu einem Vollstreckungshindernis, weil, wie vom Landgericht zutreffend erkannt, für die Vollstreckungsschuldnerin hinreichend klar beschrieben ist, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit das im Titel verhängte Verbot nicht greift. Dabei geht es nicht um Vorgaben an Verträge, sondern darum, ob die Vollstreckungsschuldnerin im Zeitpunkt einer dem Titel unterfallenden Werbung das beworbene Projekt rechtssicher umsetzen konnte.
C
17 
Das Landgericht hat auch in der Sache richtig entschieden. Die Angriffe der Beschwerde verfangen nicht. Zutreffend hat das Landgericht die Realisierung des beworbenen Vorhabens nicht als so hinreichend gesichert angesehen, dass die Werbung dafür nicht mehr dem Verbotstenor unterfiele.
1.
18 
Das Landgericht ist verfahrensfehlerfrei vom Vortrag der Vollstreckungsschuldnerin zum Bestehen eines Kündigungsrechts ausgegangen und hat daraus zurecht abgeleitet, dass eine sichere vertragliche Grundlage für die Realisierung des beworbenen Projekts durch den Vertrag vom 28. Mai 2014 nicht bestanden hat (missverständlich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Vollstreckungsschuldnerin, sie habe einen neuen Vertrag abgeschlossen).
a)
19 
Die Vollstreckungsschuldnerin hat den Ausnahmetatbestand einer sicheren Umsetzbarkeit des umstrittenen Projekts bloß pauschal behauptet.
b)
20 
Die Vollstreckungsgläubigerin hat hingegen prozessordnungsgemäß unter Verweis auf ein Kündigungsrecht des Eigentümers vorgetragen, dass der besagte Vertrag keine sichere Realisierung gewährleiste. Dieser Vortrag ist nicht ins Blaue hinein gehalten.
aa)
21 
Verfehlt ist schon der Ansatz der Vollstreckungsschuldnerin, da sie das von der Vollstreckungsgläubigerin angeführte Telefonat bestritten habe, sei diese Anknüpfungstatsache unbeachtlich. Allein dass die Vollstreckungsgläubigerin damit einen für sich genommen tragfähigen Anhaltspunkt dafür vorträgt, woher sie Wissen über eine Vertragspassage erlangt habe, steht der Annahme entgegen, ihr Vortrag über diese Vertragspassage und zu den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sei ins Blaue hinein erfolgt (BGH, Urteil vom 04. Februar 2014 – XI ZR 398/12, BKR 2014, 200, bei juris Rz. 16). Diesem Vortrag kann die Vollstreckungsschuldnerin nicht durch ein Bestreiten seine prozessuale Relevanz nehmen. Bestreiten führt nicht zur Unbeachtlichkeit des bestrittenen Vortrages, sondern allenfalls zur Beweisbedürftigkeit.
bb)
22 
Dieser Vortrag der Vollstreckungsgläubigerin zu einem Kündigungsrecht des Eigentümers in dem Vertrag vom 28. Mai 2014 ist unstreitig geblieben. Denn, wie schon vom Landgericht ausgeführt, hat die Vollstreckungsschuldnerin diesen Vortrag nicht wirksam bestritten. Sie hätte insoweit substantiiert zum Vertragsinhalt vortragen können und müssen. Dies hat sie nicht getan, und selbst ein einfaches Bestreiten der Vollstreckungsschuldnerin findet sich - selbst im Beschwerdeverfahren - nicht.
(1)
23 
Die Vollstreckungsschuldnerin hätte über den ihr bekannten Inhalt ihres Vertrages mit der Grundstückseigentümerin vortragen können, und nach § 138 Abs. 1 ZPO hätte ihr dieser Vortrag auch oblegen. Insoweit geht es, entgegen ihrem Vortrag, nicht darum, dass sie zu einer Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen gezwungen würde. Sie ist nicht verpflichtet, ihr günstige Tatsachen vorzutragen. Sie trägt insoweit lediglich eine Obliegenheit gegen sich selbst. Es ist ihre freie Entscheidung, ob sie zum Vertragsinhalt wahrheitsgemäß vorträgt oder schweigt. Entscheidet sie sich dafür, zu schweigen, so ist dadurch der Vortrag ihres Prozessgegners als unstreitig der Entscheidung zugrunde zu legen.
24 
Demgegenüber sieht § 138 Abs. 1 ZPO kein höherrangiges Schweigerecht vor. Schon gar nicht mit der Folge, dass der Prozessgegner daraus prozessuale Nachteile hinzunehmen hätte. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Denn das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es neben der Vorlage des Originalvertrages andere Möglichkeiten gegeben hätte, den zur Frage eines Kündigungsrechts sowie zu den Modalitäten und Folgen einer Kündigung maßgebenden Vertragsinhalt in den Rechtsstreit einzuführen. Dies hat die Vollstreckungsschuldnerin nicht getan.
(2)
25 
Darüber hinaus hat die Vollstreckungsschuldnerin auch im Beschwerdeverfahren nicht bestritten, dass der Vertrag ein Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers vorsehe.
2.
26 
Auf dieser Vortragsgrundlage hat das Landgericht zurecht verneint, dass die Umsetzung des beworbenen Projektes gesichert gewesen wäre.
a)
27 
Schon die Ausführungen der Vollstreckungsschuldnerin über die Möglichkeit eines Erwerbs des Grundstücks oder eines Erbbaurechts daran sind rein spekulativer Natur und können keine gerichtlichen Feststellungen tragen, solange das Kündigungsrecht und die Folgen einer Kündigung für das Vertragsgefüge nicht vorgetragen sind. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Vollstreckungsschuldnerin nach einer Kündigung einen Erwerb in inhaltlich unveränderter Weise hätte realisieren können.
b)
28 
Dazuhin gehört zu einer gesicherten Realisierbarkeit im Sinne des Vollstreckungstitels auch die Finanzierbarkeit. Gerade wenn die Vollstreckungsschuldnerin durch eine Kündigung des Eigentümers unter Zeitdruck gerät, kann von einem gesicherten Vorhaben nur dann ausgegangen werden, wenn neben der rechtlichen Möglichkeit, einen Grunderwerb oder ein Erbbaurecht zu erzwingen, auch die wirtschaftliche Absicherung gegeben war. Hierzu hat die Vollstreckungsschuldnerin gleichfalls nichts vorgetragen, obwohl dieser Aspekt auf der Hand liegt und in ihrer Sphäre. Auf ihn kommt es aber schon nicht mehr entscheidend an.
III.
29 
Die Kostenentscheidung folgt §§ 891, 97 ZPO.
30 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind vorliegend nicht gegeben, so dass der Senat über deren Statthaftigkeit nicht zu befinden braucht.
31 
Der Wert der Ordnungsmittelanträge erster Instanz rührt aus dem Interesse der Gläubigerin, künftige Verstöße gegen den Titel zu verhindern, der Beschwerdewert ergibt sich aus dem Interesse der Schuldnerin, dass das gegen sie festgesetzte Ordnungsgeld beseitigt werde.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

10
aa) Die vom Berufungsgericht insoweit gestellten Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Prozessbevollmächtigten stehen in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, VersR 2006, 1563 Rn. 5; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, aaO, Rn. 7; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, aaO, Rn. 9). Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. März 1996 - III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; vom 6. November 2001 - XI ZB 11/01, BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17; vom 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Rn. 13).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die fristgebundene Maßnahme rechtzeitig ergriffen wird. Erst wenn dies geschehen ist, darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10 - NJW 2011, 2051 Rn. 7 mwN). Es muss sichergestellt sein, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristgebundene Maßnahme durchgeführt, der fristwahrende Schriftsatz also rechtzeitig vor Ablauf der Notfrist postfertig gemacht und nötigenfalls vorab per Telefax übermittelt worden ist. Dabei muss der Prozessbevollmächtigte auch Vorkehrungen treffen, die geeignet sind, versehentliche Erledigungsvermerke im Fristenkalender zu verhindern (vgl. BGH Beschluss vom 10. Juli 1997 - IX ZB 57/97 - NJW 1997, 3177, 3178 mwN).
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a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren , in denen Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, BeckRS 2013, 09353 Rn. 9 mwN; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 f Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051, 2052 Rn. 7 f; vom 20. Juli 2010 - XI ZB 19/09, BeckRS 2010, 18808 Rn. 12 und vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, 1379 Rn. 7).
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b) Die vom Berufungsgericht gestellten Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Prozessbevollmächtigten stehen in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten , dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, VersR 2006, 1563 Rn. 5; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, aaO, Rn. 7; BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 7, jeweils mwN). Hätte aufgrund einer Organisationsanweisung im Anwaltsbüro des Prozessbevollmächtigten des Klägers am Abend eines jeden Arbeitstages eine solche Kontrolle anhand des Fristenkalenders stattgefunden, wäre festgestellt worden, dass das Fristverlängerungsgesuch nicht abgesendet worden ist. Mithin ist die unterbliebene Kontrolle, die das Organisationsverschulden begründet, für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist - unabhängig von der erteilten Einzelanweisung - ursächlich geworden. Das Berufungsgericht hat somit zu Recht ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers angenommen, welches der Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet wird, und den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen sowie dessen Berufung als unzulässig verworfen. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Einlaufstelle gebracht wird, das Postausgangsfach also "letzte Station" auf dem Weg zum Adressaten ist. Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuchs , ist unter diesen Umständen nicht erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, VersR 2006, 1563, 1564; BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, VersR 2002, 380, 381; vom 22. Mai 2003 - I ZB 32/02, BGH-Report 2003, 1035 f.; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 7). Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, aaO; BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, aaO). Einen Nachweis dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist, hat der Bundesgerichtshof ebenso wenig gefordert wie eine - meist nicht mögliche - Darlegung, wann und wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist; vielmehr genügt die Glaubhaftmachung , dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in dem Bereich eingetreten ist, für den die Partei - auch über die Zurechnung des Verschuldens ihres Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO - verantwortlich ist (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, aaO).
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Erst nach der Fristenkontrolle darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 - I ZB 75/12, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, NJW-RR 2013, 572 Rn. 6; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 7; jeweils m.w.N.). Der Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze genügt der Rechtsanwalt nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen , ob der Schriftsatz vollständig und an den richtigen Empfänger übermittelt worden ist (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 aaO; vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn. 8; vom 17. Juli 2013 - XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 6; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 13; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367 unter II 2; jeweils m.w.N.). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allge- meinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 aaO m.w.N.). Fehlt es an einer allgemeinen Anweisung, muss sich die Einzelanweisung , einen Schriftsatz sogleich per Telefax an das Rechtsmittelgericht abzusenden, in gleicher Weise auf die Ausgangskontrolle erstrecken. Die Kanzleiangestellten sind zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen (BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 aaO m.w.N.; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 ff.). Eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts an sein Büropersonal , einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die weitere Ausgangskontrolle nicht entbehrlich (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 aaO Rn. 8 m.w.N.; vom 15. Juni 2011 aaO).
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a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren , in denen Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, BeckRS 2013, 09353 Rn. 9 mwN; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 f Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051, 2052 Rn. 7 f; vom 20. Juli 2010 - XI ZB 19/09, BeckRS 2010, 18808 Rn. 12 und vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, 1379 Rn. 7).
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a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich ge- macht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051, 2052 Rn. 7; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, 1379 Rn. 7; vom 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497, 3498 Rn. 13).
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Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Einlaufstelle gebracht wird, das Postausgangsfach also die „letzte Station“ auf dem Weg zum Adressaten ist (BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, NJW 2001, 1577, 1578; Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05; NJW 2006, 2638 f.; Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 7; Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 7; Beschluss vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, juris Rn. 9). Eine Frist darf im Fristenkalender erst dann gestrichen und als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die Person, die mit der Kontrolle betraut ist, sich anhand der Akte oder des postfertigen, die Frist erledigenden Schriftsatzes selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 1997 - IX ZB 57/97, NJW 1997, 3177, 3178).
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a) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Dabei steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgeht, gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss jedoch nur gewährleisten, dass der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Einlaufstelle gebracht wird, das Postausgangsfach also "letzte Station” auf dem Weg zum Adressaten ist. Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuchs, ist unter diesen Umständen nicht erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1980 - VIII ZB 20/08, VersR 1980, 973, unter 2 a; BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, NJW 2001, 1577, unter II 1 m.w.N.; Beschlüsse vom 22. Mai 2003 - I ZB 32/02, NJWRR 2003, 1004, unter II 2; vom 5. Februar 2003 - IV ZB 34/02, NJW-RR 2003, 862, unter II 1). Die Erledigung fristgebundener Sachen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2003, aaO, unter II 2 d; vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, NJW 2006, 2638, Tz. 5; vom 22. April 2009 - XII ZB 167/08, NJW-RR 2009, 937, Tz. 15). Eine bloße Prüfung, ob der in der Anwaltskanzlei für die Gerichtspost bestimmte Ausgangskorb leer ist, reicht für eine wirksame Ausgangskontrolle nicht aus (BGH, Urteil vom 22. September 1992 - VI ZB 11/92, VersR 1993, 207). Einen Nachweis dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist, hat der Bundesgerichtshof ebenso wenig gefordert wie eine - meist nicht mögliche - Darlegung, wann und wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist; vielmehr genügt die Glaubhaftmachung, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Bereich, für den die Partei - auch über § 85 Abs. 2 ZPO - verantwortlich ist, eingetreten ist (BGHZ 23, 291, 292 f.; BGH, Beschluss vom 5. Februar 2003, aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 38/14
vom
4. November 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze
mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender dient nicht allein dazu, zu überprüfen,
ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben.
Sie soll vielmehr auch gewährleisten, festzustellen, ob möglicherweise in einer
bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch
aussteht (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. März 2000
- V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II mwN).

b) Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen, dass auch eine gestrichene
Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist
auch bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich, denn sie darf keine
hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten
(im Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. März 2000
- V ZB 1/00 aaO mwN).
BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14 - LG Kassel
AG Kassel
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 30. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.800,36 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Klage auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. März 2014 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. März 2014 zugestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin vom 17. April 2014 wurde auf dem Postweg übermittelt und ging erst am 23. April 2014 (Mittwoch ) beim Landgericht ein. Nach Erteilung eines gerichtlichen Hinweises auf den verspäteten Eingang der Berufungsschrift beantragte die Klägerin mit beim Landgericht am 30. April 2014 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.
2
Zur Begründung ihres Antrags hat sie angeführt und glaubhaft gemacht, die seit mehreren Jahren in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beschäftigte Mitarbeiterin, die bislang äußerst sorgfältig und fehlerfrei gearbeitet habe, habe die im elektronisch geführten Fristenkalender ordnungsgemäß eingetragene Berufungseinlegungsfrist am 17. April 2014 bei der ihr aufgetragenen Löschung zweier anderer Fristen unzutreffend als erledigt gekennzeichnet. Dabei habe sie die in der Kanzlei geltenden allgemeinen Anweisungen zur Fristenkontrolle missachtet. Danach dürfe eine Notfrist erst gelöscht werden, wenn diese tatsächlich erledigt sei, also entweder beim Gericht eingereicht und dies in einem von der zuständigen Mitarbeiterin zu unterzeichnenden Vermerk bestätigt worden sei oder wenn ein Schriftsatz per EGVP übermittelt und das Empfangsbekenntnis ausgedruckt und zur Akte genommen worden sei. Im Bereich der Ausgangspost werde eine sogenannte "Rotmappe" für Eil- und Fristensachen geführt. In diese Mappen würden die Schriftsätze in ablaufenden Notfristen einsortiert , so dass diese nochmals optisch gesondert sichtbar seien.
3
Die zuständige Kanzleimitarbeiterin habe die vorzeitige Streichung der Frist für unschädlich gehalten, da ihr bekannt gewesen sei, dass der Schriftsatz schon unterschriftsreif erstellt gewesen sei und sie beabsichtigt habe, ihn am selben Tag noch bei Gericht abzugeben. Bei Sortieren der Ausgangspost am Nachmittag des 17. April 2014 habe sie dann aber die inzwischen unterzeichnete Berufungsschrift nicht in die "Rotmappe" für Eil- und Fristsachen einsortiert, sondern zur regulären Post gelegt, diese dann aber infolge erheblichen Arbeitsanfalls am 22. April 2014, also am Tag des Fristablaufs, nicht zum Gericht gebracht , weil sich nur wenige Schriftstücke in der Ausgangspost befunden hätten. Hierbei habe sie übersehen, dass sich darunter auch die in der vorliegenden Sache gefertigte Berufungsschrift befunden habe.
4
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt , es komme nicht darauf an, ob die Berufungsfrist infolge eines der Klägerin nicht anzulastenden Fehlverhaltens der Kanzleiangestellten (Löschung der Frist im Kalender vor tatsächlichem Postausgang; Nichteinsortieren in die für Eil- und Fristsachen vorgesehene "Rotmappe"; Nichteinreichen der Post bei Gericht am Dienstag nach Ostern) nicht fristgerecht beim Berufungsgericht eingegangen sei. Denn ein der Klägerin zuzurechnendes Verschulden und für die Versäumung der Berufungsfrist ursächlich gewordenes, eigenständiges Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten liege jedenfalls darin begründet , dass er nicht alles ihm Zumutbare veranlasst habe, damit die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gewahrt werde. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehöre unter anderem eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die gewährleiste, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft werde. Dass eine solche selbständige und abschließende Kontrolle der Fristen im Büro des Klägervertreters durchgeführt werde, sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. In der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten bestehe lediglich die Handhabung, dass Notfristen erst bei tatsächlicher Erledigung im Fristenkalender gelöscht werden dürften, und dass Eil- und Fristsachen im Rahmen der Ausgangspost durch eine für die Gerichtspost geführte "Rotmappe" kontrolliert würden. Bei Durchführung einer abendlichen Ausgangskontrolle anhand des Fristenkalenders wäre aber die noch nicht erfolgte Absendung der Berufungsschrift festgestellt worden.

II.

5
Die nach §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt.
6
1. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss nicht die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 6 mwN). Auch beruht die angefochtene Entscheidung - anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht auf einem grundlegenden Fehlverständnis der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
7
2. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltlichen Organisationspflichten bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht überspannt, sondern unter Beachtung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze die Wiedereinsetzung in die ver- säumte Berufungsfrist rechtsfehlerfrei versagt und das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig verworfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht ausgeschlossen worden, dass die Fristversäumung auf einem - ihr zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) - anwaltlichen Organisationsmangel (§ 233 ZPO) in der abendlichen Ausgangskontrolle in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beruht.
8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.
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b) Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO Rn. 10). Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2009 - III ZB 26/07, aaO; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris aaO; jeweils mwN). Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, aaO mwN).
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Anders als die Rechtsbeschwerde meint, dient die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Dies stellt zwar eine wichtige Funktion der Ausgangskontrolle am Ende jeden Arbeitstages dar. Darin erschöpft sich der Sinn und Zweck dieser zusätzlichen Ausgangskontrolle jedoch nicht. Vielmehr soll die erneute und abschließende Überprüfung auch dazu dienen, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, aaO mwN). Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen , dass auch eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist auch bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich , denn sie darf keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Über- prüfungssicherheit bieten (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 aaO mwN).
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c) Dass eine solche selbständige und abschließende Endkontrolle integraler Bestandteil der organisatorischen Abläufe in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist, hat diese weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Sie hat lediglich die Verfahrensweise bezüglich der Löschung von Notfristen im Fristenkalender und der Sammlung von Schriftsätzen in Eil- und Fristsachen in einer farblich auffälligen "Rotmappe" beschrieben. Dagegen lässt sich weder dem Vortrag der Klägerin noch der zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der zuständigen Kanzleimitarbeiterin oder der anwaltlichen Versicherung des Klägervertreters entnehmen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seiner Kanzlei eine allabendliche Ausgangskontrolle eingeführt hat, bei der vor Büroschluss die in verschiedenen Mappen oder Fächern abgelegten Schriftsätze mit dem Inhalt des Fristenkalenders abgeglichen werden. Demensprechend beschränkt sich die Rechtsbeschwerde darauf, die Ursächlichkeit dieses anwaltlichen Organisationsverschuldens in Abrede zu stellen.
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d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist das Fehlen einer wirksamen allabendlichen Ausgangskontrolle von Fristsachen anhand des Fristenkalenders für die Versäumung der Berufungsfrist zumindest mitursächlich geworden. Die Berufungsfrist lief am Osterdienstag, dem 22. April 2014 ab. Das Fristende war korrekt im elektronischen Fristenkalender eingetragen und im Laufe des Nachmittags des 17. April 2014 als erledigt markiert worden. Die als erledigt ausgewiesene Frist war - was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Führung eines Fristenkalenders unverzichtbar ist - als solche aber noch erkennbar. In dem in der Kanzlei des Klägervertreters verwendeten elektronischen Fristenkalender werden Fristsachen rot markiert angezeigt. Die Lö- schung einer Frist erfolgt dadurch, dass die Mitarbeiterin den entsprechenden Fristeneintrag anklickt und an der hierfür vorgesehenen Stelle einen Haken setzt. Neben dem Fristeneintrag wird dann die Anmerkung "erledigt" angezeigt; gleichzeitig verschwindet die Rotmarkierung.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es daher bei dem vom Klägervertreter verwendeten elektronischen Fristenkalender technisch durchaus möglich, im Falle eines ordnungsgemäßen allabendlichen Abgleichs der Post mit den Kalendereinträgen diejenigen Fristen aufzudecken, die zu Unrecht als erledigt gekennzeichnet worden sind. Dazu hätte es allerdings der für eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle unverzichtbaren, in der Kanzlei des Klägervertreters allerdings nicht praktizierten Handhabung bedurft, sämtliche für den jeweiligen Tag eingetragenen Fristsachen (auch diejenigen, in denen die Fristen als erledigt bezeichnet worden sind) am Ende des Arbeitstages anhand der Ausgangspost (und gegebenenfalls der Akten) darauf zu überprüfen, ob sich die in diesen Sachen zu erstellenden Schriftsätze in der für Eil- und Fristsachen bestimmten "Rotmappe" oder - falsch einsortiert - in der regulären Post, befinden, beziehungsweise ob sie - gemäß dem in den Akten befindlichen Erledigungsvermerk - bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgesandt worden sind. Der Rechtsanwalt, der gesonderte Mappen für eilbedürftige Post führt, muss, um eine wirksame Endkontrolle zu schaffen, auch geeignete organisatorische Vorkehrungen dagegen treffen, dass von dem Abgleich mit dem Fristenkalender solche Schriftstücke ausgenommen werden, die versehentlich in die reguläre Post gelangt sind.
14
Hätte in der Kanzlei des Klägervertreters eine entsprechende Anordnung zur Durchführung der beschriebenen Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiterin die Berufungsfrist nicht versäumt worden. Bei einem Abgleich sämtlicher in der Ausgangspost befindlicher Schriftstücke mit den für den 22. April 2014 im Fristenkalender enthaltenen Eintragungen wäre offenbar geworden, dass die im Streitfall vor Erledigung der Fristsache gelöschte Frist tatsächlich noch nicht erledigt war, weil die gefertigte Berufungsschrift noch nicht abgesandt war, sondern sich in der regulären Ausgangspost befand und daher von der Mitarbeiterin noch am selben Abend hätte bei Gericht eingereicht werden müssen. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist, ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 14). Im Streitfall kommt hinzu, dass sich am 22. April 2014 nach den Angaben der Mitarbeiterin in dem für die Gerichtspost bestimmten Postausgangsfach , in dem die Berufungsschrift (versehentlich) abgelegt war, nur wenige Schriftstücke befanden, so dass der Schriftsatz mit geringem Prüfungsaufwand hätte entdeckt werden können. Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Kosziol
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.03.2014 - 451 C 1403/13 -
LG Kassel, Entscheidung vom 30.05.2014 - 1 S 134/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 55/14
vom
26. Februar 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 Fc, Fd

a) Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts
muss eindeutig feststehen, welche Bürokraft zu einem bestimmten Zeitpunkt
jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist.

b) Die gebotene Fristenkontrolle findet nicht statt, wenn die Fristenlöschung
durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung
des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Die bloße Mitteilung
einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt
als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht.
BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. September 2014 - I-6 U 100/14 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt bis zu 65.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses am 16. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt. Nachdem bis zum Ablauf des 16. Juni 2014 keine Berufungsbegründung eingegangen war, wurde der Kläger hierauf mit Verfügung des Berufungsgerichts vom 17. Juni 2014 hingewiesen. Mit Schriftsätzen vom 8. Juli 2014, beide eingegangen am selben Tage, hat der Kläger seine Berufung begründet und bezüglich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, dass es durch ein "singuläres Versehen" der langjährig erfahrenen und bislang stets zuverlässig tätig gewesenen persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts Dr. K. , Frau P. , zur vorzeitigen Löschung der Berufungsbegründungsfrist und hierdurch zur Versäumung dieser Frist gekommen sei. Die persönliche Sekretärin des Rechtsanwalts sei neben der zentralen Fristenkontrollstelle der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig. Die Fristenkontrolle sei in der Anwaltskanzlei so gestaltet, dass für die eingehende Post von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) die Wiedervorlage- und Notfristen (sogenannte Promptfristen) in den zentralen Fristenkalender eingetragen und sodann auf den Schriftstücken notiert würden. Dementsprechend seien nach Eingang des Urteils des Landgerichts die Berufungseinlegungsfrist (WV 08.05.2014; Pr[omptfrist]: 15.05.2014) und die Berufungsbegründungsfrist (WV 08.06.2014; Pr[omptfrist]: 13.06.2014) auf dem Urteil und im Fristenkalender eingetragen worden. In der Anwaltskanzlei bestehe die seit Jahrzehnten geltende und reibungslos funktionierende Anweisung , dass an dem jeweiligen Tag die eingetragenen Fristen von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) telefonisch an die jeweiligen persönlichen Sekretärinnen der Anwälte (hier: Frau P. ) durchgegeben würden, die die Akten den sachbearbeitenden Rechtsanwälten vorlegten und verpflichtet seien, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach Bearbeitung gelöscht würden. Die den Streitfall betreffende Akte sei Rechtsanwalt Dr. K. nicht erst am 8. Mai 2014, dem Wiedervorlagetermin für die Berufungseinlegung , sondern bereits am 7. Mai 2014, nämlich im Zusammenhang mit dem Eingang der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, vorgelegt worden. Rechtsanwalt Dr. K. habe sodann die Berufungsschrift diktiert und nach Niederschrift des Diktats durch Frau P. selbst am späten Nachmittag an das Berufungsgericht per Telefax übersandt. Er habe die Fristen für die Berufungseinlegung (08.05.2014 und 15.05.2014) auf dem landgerichtlichen Urteil gestrichen, diese Streichung mit seinem Handzeichen versehen und die Akte mit der Berufungsschrift und dem Sendeprotokoll am Abend auf seinem Schreibtisch liegen lassen. Am Vormittag des nächsten Tages habe er Frau P. sinngemäß gesagt: "In der Sache Kü. habe ich die Berufungseinlegung schon rausgeschickt, bitte entsprechend an Frau H. durchgeben, dass die Promptfrist für die Berufungseinlegung gelöscht werden kann." Frau P. habe die Akte aus dem Zimmer von Rechtsanwalt Dr. K. mitgenommen und zu ihrem Schreibtisch gebracht. Dort habe sie nach Erledigung mehrerer Telefonate Frau H. per E-Mail geschrieben: "Promptfristen streichen , Kü. ./. S. u.a., LG Düsseldorf, 10 O 210/12, Urteil vom 15.04.2014, WV 08.06.2014, Pr 15.05.2014, Pr 13.06.2014", also versehentlich mitgeteilt, dass auch die Fristen für die Berufungsbegründung gestrichen werden sollten. Dies habe Frau H. in dem von ihr geführten zentralen Fristenkalender dann auch so vollzogen, so dass die rechtzeitige Aktenvorlage für die Berufungsbegründung unterblieben sei.
3
In der Anwaltskanzlei bestehe die allgemeine Anweisung, dass grundsätzlich nur die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen überhaupt Fristen streichen dürften, und dies auch erst, nachdem sie sich anhand der Akte oder des zu erledigenden Schriftsatzes vergewissert hätten, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei, oder wenn sie dazu (wie hier) eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts erhalten hätten. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Frist lange vor dem letzten Tag des Fristab- laufs erledigt sei, weil entweder der zu fertigende Schriftsatz nachweislich abgesandt oder etwa entschieden worden sei, ein Rechtsmittelverfahren nicht durchzuführen, teile Frau P. auf Anweisung von Rechtsanwalt Dr. K. hin Frau H. mit, dass die bei ihr im Fristenkalender eingetragene konkrete Frist gelöscht werden könne. Damit solle verhindert werden, dass die Akte wegen der erledigten Frist zu einem späteren Zeitpunkt nochmals vorgelegt werde. Nur dann, wenn Frau H. konkret unter Angabe der genauen Akte und Frist angewiesen werde, eine Frist vorzeitig im zentralen Fristenkalender zu streichen , nehme sie die Fristenstreichung vor; einer etwaigen Anweisung zu einer pauschalen Fristenstreichung (etwa: "alle Fristen eines Tages") komme sie nicht nach.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


5
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
6
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Rechtsanwalt des Klägers ein Organisationsverschulden zur Last falle, welches sich der Kläger zu- rechnen lassen müsse. Nach allgemeiner Anweisung sei es in der Anwaltskanzlei möglich gewesen, dass die mit der zentralen Fristenkontrolle (einschließlich der Streichung von Fristen im zentralen Fristenkalender) betraute Mitarbeiterin H. eine Frist habe löschen dürfen, ohne zur Kontrolle die Handakte oder eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts zu besitzen. Vielmehr sei es ihr erlaubt gewesen, aufgrund einer konkreten Anweisung der persönlichen Sekretärin des jeweiligen Rechtsanwalts Fristen zu löschen. Dadurch sei die Gefahr geschaffen worden, dass es zu einer versehentlichen Falschübermittlung habe kommen können, ohne dass die mit der konkreten Löschung der Frist befasste Mitarbeiterin H. eine Überprüfungsmöglichkeit gehabt habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die persönlichen Sekretärinnen ebenfalls eine Kontrollfunktion wahrnähmen und grundsätzlich nur sie überhaupt Fristen löschen dürften. Denn dadurch, dass sie die Fristen gerade nicht selber im Fristenkalender löschten, sondern ihrerseits nur eine Anweisung zur Fristenlöschung an eine weitere Mitarbeiterin, die für den Fristenkalender zuständig sei, erteilten, sei eine wirksame Fristenkontrolle nicht hinreichend gewährleistet. Es müsse sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet werde, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und dafür Sorge getragen worden sei, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgehe. Dies sei nur der Fall, wenn die Mitarbeiterin, die die Fristen im Fristenkalender streiche, entweder eine eigene Überprüfungsmöglichkeit anhand der Handakte oder eine diesbezügliche konkrete Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erhalten habe.
7
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Rechtsanwalts nicht auszuräumen vermocht, so dass ihm keine Wiedereinsetzung zu gewähren und seine Berufung als unzulässig zu verwerfen sei, befindet sich in Übereinstim- mung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Berufungsgericht nicht verletzt.
8
a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, und zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Fristenkontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen , dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist, oder wenn von einer (weiteren) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens abgesehen werden soll. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 - IV ZB 14/14, BeckRS 2015, 01755 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, BeckRS 2015, 00476 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 f Rn. 8 f; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9 und vom 5. März 2008 - XII ZB 186/05, NJW-RR 2008, 1160, 1161 Rn. 11 ff sowie Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, NJOZ 2014, 1476 Rn 8 und vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, MDR 2008, 53, 54 - jeweils mwN).
9
b) Nach diesen Maßgaben hat der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Büro seines Rechtsanwalts hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen worden sind, welche die unberechtigte Streichung von Fristen verhindern und damit die rechtzeitige Vorlage fristgebundener Sachen sicherstellen.
10
aa) Aus den Ausführungen des Klägers ist schon nicht ersichtlich, welche konkrete Bürokraft für die Fristenkontrolle Verantwortung getragen hat. Eine solche Darlegung ist für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens jedoch geboten. Es muss nämlich eindeutig feststehen, welche Fachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 3. November 2010 - XII ZB 177/10, NJW 2011, 385, 386 Rn. 9 und vom 17. Januar 2007 - XII ZB 166/05, NJW 2007, 1453 Rn. 12 f).
11
(1) Im Wiedereinsetzungsgesuch hat der Kläger ausgeführt, dass die persönliche Sekretärin seines Rechtsanwalts, Frau P. , "neben der zentralen Fristenkontrollstelle" der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Der Fristenkalender wurde nach den Angaben des Klägers indessen nicht von Frau P. , sondern - zentral - allein von Frau H. geführt, welche die Fristen eintrug, deren Löschung vornahm und die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte laufend über die jeweils aktuellen Fristen unterrichtete. Die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte hatten nach dem Vortrag des Klägers die Aufgabe, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach der Bearbeitung gelöscht wurden. "Grundsätzlich" durften nur "die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen" überhaupt Fristen streichen und gaben dies dann an Frau H. weiter.
12
(2) Aus diesem Vorbringen wird nicht in dem erforderlichen Maße deutlich , welche Bürokraft in der Anwaltskanzlei ausschließlich mit der Fristenkontrolle betraut gewesen ist.
13
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass beide Bürokräfte, Frau P. und Frau H. , Aufgaben der Fristenkontrolle wahrgenommen hätten. Dies greift der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde an. Er meint, das Berufungsgericht habe sich über seinen Vortrag hinweggesetzt und hierdurch seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Frau H. habe eigenständig keine Fristen löschen dürfen, sondern nur auf Weisung der persönlichen Sekretärin des Rechtsanwalts. Frau H. habe also nur Anweisungen ausgeführt. Die Verantwortung für die Fristenüberwachung und die alleinige Befugnis, Fristen streichen zu dürfen, hätten ausschließlich bei den persönlichen Sekretärinnen gelegen.
14
Mit dieser Rüge berücksichtigt der Kläger seinen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch jedoch nicht vollständig. Dort hat er vorgebracht, dass Frau P. "neben" Frau H. ("zentrale Fristenkontrolle") für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Mit der Angabe "grundsätzlich" in Bezug auf die Fristenstreichung hat er offen gelassen, wann und unter welchen Bedingungen die persönlichen Sekretärinnen oder Frau H. eine Fristenstreichung vornehmen dürfen. Unklar ist auch, wie die persönlichen Sekretärinnen in ausschließlich eigener Verantwortung eine Frist löschen können, wenn der Fristenkalender doch - insoweit eigenverantwortlich ("zentrale Fristenkontrolle") - von Frau H. geführt und verwaltet wird. Anders als es die Rechtsbeschwerde geltend machen möchte, erscheint Frau H. hinsichtlich der Fristenlöschung unter Zugrundelegung des Vortrags im Wiedereinsetzungsgesuch nicht als bloßer "verlängerter Arm" oder als ein schlichtes "Werkzeug" der persönlichen Sekretärinnen. Vielmehr bleibt es - auch weiterhin - ungeklärt, welche der beiden Bürokräfte die gebotene "ausschließliche Fristenkontrolle" auszuüben hatte.
15
bb) Unbeschadet dessen hat das Berufungsgericht zu Recht beanstandet , dass durch die dargelegten allgemeinen Anweisungen in der Anwaltskanzlei der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht sichergestellt gewesen ist, dass vor einer Fristenstreichung die dafür erforderlichen Kontrollen vorgenommen werden.
16
Durch organisatorische Anweisungen muss, wie oben (unter a) dargestellt , gewährleistet werden, dass die zuständige Bürokraft eine Fristenlöschung erst vornimmt, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Diese Kontrolle wird unterlaufen, wenn die Fristenlöschung durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Kontrollmöglichkeit und Fristenlöschung fallen dann nämlich auseinander, eine wirksame Fristenkontrolle findet insoweit also nicht statt. Die bloße Mitteilung einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1999 - XII ZB 15/99, NJW-RR 1999, 1222).
17
cc) Schließlich ist eine Anordnung in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Klägers, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird, nicht dargetan.
18
Eine solche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 aaO S. 254 Rn. 9). Sie dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern soll auch feststellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH aaO Rn. 10).
19
c) Nach alldem stellt sich die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht, wie der Kläger meint, lediglich als Folge eines unvorhersehbaren singulären "Blackouts" der persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts dar, sondern vielmehr auch als Folge einer ungenügenden Kanzleiorganisation, die es verabsäumt hat, die erforderliche Fristenkontrolle im Zusammenhang mit der Löschung von Fristen sicherzustellen.
20
Hätte die mit der Fristenlöschung betraute Bürokraft (Frau H. ) eine Überprüfung anhand der Akte vornehmen können oder wäre eine abendliche Fristenkontrolle anhand des Fristenkalenders erfolgt, so wäre es bei gewöhnli- chem Lauf der Dinge entweder gar nicht erst zur Löschung der die Berufungsbegründung betreffenden Fristen gekommen oder diese Fristenlöschung wäre noch am selben Tage als unberechtigt aufgefallen und revidiert worden.
Schlick Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.04.2014 - 10 O 210/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.09.2014 - I-6 U 100/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB42/13
vom
9. Dezember 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze.
BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Dezember 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr, die
Richterin von Pentz und den Richter Offenloch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Oktober 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 7.906,78 €

Gründe:

I.

1
Dem Kläger ist das klageabweisende Urteil des Landgerichts am 9. Juli 2013 zugestellt worden. Gegen dieses Urteil hat er rechtzeitig Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 9. September 2013, der am 10. September 2013 beim Oberlandesgericht eingegangen ist, hat er beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 9. Oktober 2013 zu verlängern. Das Oberlandesgericht hat die Frist mit Verfügung vom 11. September 2013 antragsgemäß verlängert. Vor Zugang dieser Verfügung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16. September 2013 beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung zu gewähren. Im selben Schriftsatz hat er nochmals beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 9. Oktober 2013 zu verlängern. Mit Verfügung vom 19. September 2013 hat das Oberlandesgericht die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 21. Oktober 2013 verlängert. Die Berufungsbegründung ist am 14. Oktober 2013 bei Gericht eingegangen.
2
Der Kläger hat geltend gemacht, seine Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin K., habe den Fristverlängerungsantrag bereits in der Woche vor dem Fristablauf diktiert und mit der Begleitverfügung versehen, dass dieser Schriftsatz am 9. September 2013 ausgefertigt, ihr zur Unterschrift vorgelegt und fristwahrend vom Sekretariat gefaxt werden solle. Die Rechtsanwaltsfachangestellte B. habe den Schriftsatz am Freitag, dem 6. September 2013, mit Datum 9. September 2013 ausgefertigt und Rechtsanwältin K., die an jenem Tag Urlaub gehabt habe, in einer Unterschriftsmappe auf den Schreibtisch gelegt. Völlig unvorhersehbar sei Rechtsanwältin K. am Morgen des 9. September 2013 aufgrund einer akuten Erkrankung in ihrer Wohnung zusammengebrochen, habe sich einer Notoperation unterziehen müssen und befinde sich seither im Koma. Davon habe man in der Anwaltskanzlei am 9. September 2013 noch keine Kenntnis gehabt. Frau B. habe zunächst geglaubt, Rechtsanwältin K. werde im Laufe des Tages im Büro erscheinen. Gegen 18.00 Uhr habe Frau B. das Büro verlassen und dabei sowohl die in der vorliegenden Sache zu wahrende Frist als auch die in dem Büro von Rechtsanwältin K. liegende Unterschriftenmappe vergessen. Das Büro von Rechtsanwältin K. sei von außen nicht einsehbar, weshalb ihr die Mappe im Laufe des Tages nicht mehr aufgefallen sei. Aus diesem Grund habe sie auch keinen anderen Rechtsanwalt auf die Fristsache angesprochen, obwohl sie für solche Fälle allgemein angewiesen sei, die kanzleiintern zuständige Rechtsanwältin anzurufen, und wenn sie sie nicht erreiche, deren Vertreterin oder einen in der Kanzlei anwesenden Rechtsanwalt auf den Fristablauf anzusprechen. Am 9. September 2013 um 18.00 Uhr sei Rechtsanwältin Ku. noch anwesend gewesen. Die Büroorganisation sei generell so geregelt, dass eine Fristversäumung weitestgehend ausgeschlossen sei. Es gebe feste Fristenregelungen, wonach diejenige Bürokraft, die konkret mit der Fristenwahrung beauftragt sei - unabhängig davon, ob dies durch persönliche Ansprache oder im Wege eines Diktats erfolgt sei, - bis zur vollständigen Erledigung die Vorgänge der Fristwahrung überwache und diese erst dann als erledigt austrage. Diese Bürokraft sei auch für eine Fristenkontrolle am Ende des Tages zuständig. Im Arbeitsvertrag mit Frau B. sei ihr Aufgabenbereich fest umschrieben. Sie habe die Aufgaben einer Rechtsanwaltsfachangestellten; mithin sei ihr sowohl generell als auch im Besonderen die Wahrung der Fristen im Rahmen der Büroorganisation aufgetragen gewesen. Frau B. habe den Umstand , dass die Frist noch zu wahren gewesen sei, schlicht und einfach vergessen.
3
Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch mit Beschluss vom 9. Oktober 2013 zurückgewiesen, weil es nicht den Anforderungen des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entspreche. Der Kläger habe die versäumte Prozesshandlung nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt. Die irrtümlich bewilligte Fristverlängerung für die Einreichung der Berufungsbegründung sei unwirksam und habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger die Aufhebung dieses Beschlusses und Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Berufung, hilfsweise Zurückverweisung.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO iVm § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeu- tung oder zur Fortbildung des Rechts auf noch erfordert sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
5
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde beruht der angefochtene Beschluss weder auf einer Verletzung des verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruchs des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz und auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch auf einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG). Dem Kläger wird insbesondere nicht der Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert.
6
a) Es kann offenbleiben, ob dem Kläger, der seine Berufungsbegründung erst am 14. Oktober 2013 und damit nach Ablauf der für die Nachholung der versäumten Prozesshandlung geltenden einmonatigen Frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingereicht hat, ein Verschulden an der Versäumung dieser Frist angelastet werden kann oder ihm wegen der irreführenden Fristverlängerung durch das Berufungsgericht vom 19. September 2013 - auf seinen konkludenten Antrag im Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 oder von Amts wegen - Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu gewähren wäre (vgl. BVerfGE 110, 339, 343 ff.; BGH, Beschluss vom 7. Juni 1999 - II ZB 25/98, VersR 2000, 647, 648).
7
b) Das Berufungsgericht hat dem Kläger die beantragte Wiedereinsetzung im Ergebnis zu Recht versagt, weil die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung auf einem Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten beruht , das ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Der Kläger hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass seine Prozessbevollmächtigte durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen hat, dass Rechtsmittelfristen nicht versäumt werden.
8
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen , durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, VersR 2014, 645 Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, VersR 2013, 1330 Rn. 6; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8, jeweils mwN). Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr., s. etwa BGH, Senatsbeschlüsse vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, VersR 2012, 506 Rn. 7 f; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 8 f.; vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, juris Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8; vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, juris Rn. 9; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, Rn. 7).
9
bb) Der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist nicht zu entnehmen , dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen wurden. Obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. September 2013 ausdrücklich auf das Fehlen jeglichen Vortrags zur Ausgangskontrolle hingewiesen hatte, hat der Kläger weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass eine Kanzleianweisung besteht, aufgrund derer Rechtsmittelfristen in einen Fristenkalender einzutragen und erst zu streichen sind, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt ist. Ebenso wenig ist eine Anordnung der Prozessbevollmächtigten dargetan, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird.
10
cc) Die unzureichende Ausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers war auch kausal für die Fristversäumung. Hätte die Prozessbevollmächtigte des Klägers Vorkehrungen dafür getroffen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt ist, und die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird, so wäre die Berufungsbegründungsfrist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gewahrt worden (vgl. zur Kausalität Senatsbeschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 9; Zöller/ Greger, ZPO, 28. Aufl., § 233 Rn. 22). Denn dann hätte es sich nicht ausgewirkt , dass Frau B. die Frist und die Postmappe im Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. September 2013 "schlicht und einfach vergessen" hatte. Vielmehr wäre bei der gebotenen Fristenkontrolle aufgefallen, dass der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, dem das Oberlandesgericht in der Folge stattgegeben hat, noch nicht fertiggestellt war. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wäre er dann von der noch anwesenden Rechtsanwältin Ku. unterzeichnet und rechtzeitig per Telefax an das Oberlandesgericht übersandt worden. Die Frist wäre dann nicht am 9. September 2013, sondern aufgrund der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 19. September 2013 am 21. Oktober 2013 abgelaufen und durch die am 14. Oktober 2013 eingegangene Berufungsbegründung gewahrt worden. Galke Diederichsen Stöhr von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 04.07.2013 - 2-10 O 383/12 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.10.2013 - 16 U 143/13 -

Die nach den §§ 887 bis 890 zu erlassenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 91 bis 93, 95 bis 100, 106, 107 entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 18/12
vom
22. November 2012
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2012
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof.
Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Darmstadt vom 20. Januar 2012 wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 1.000 €.

Gründe:


1
I. Der Gläubiger warf der Schuldnerin und deren Ehemann ausländerfeindliche und beleidigende Äußerungen gegenüber ihm, seiner Ehefrau und seiner Tochter vor. Die Schuldnerin und ihr Ehemann machten demgegenüber geltend, ihrerseits vom Gläubiger beleidigt, körperlich angegriffen und belästigt worden zu sein. Am 21. Oktober 2008 schlossen die Parteien vor dem Amtsgericht einen Vergleich, dem auch die Ehefrau des Gläubigers beitrat. In dem Vergleich verpflichteten sich der Gläubiger und seine Ehefrau einerseits sowie die Schuldnerin und ihr Ehemann andererseits wechselseitig insbesondere dazu , Beleidigungen gegenüber der jeweils anderen Seite zu unterlassen.
2
Dem Gläubiger wurde eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erteilt. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Juni 2009 wurde den Parteien für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht ein Ordnungsgeld bis zu 250 €, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
3
Am 11. April 2011 stellte der Gläubiger den Schuldnern die ihm vom Amtsgericht übermittelte vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs im Parteibetrieb zu. Im Anschluss daran beantragte er die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen die Schuldnerin und stützte sich dafür auf mehrere - bestrittene - Vorfälle. So habe ihm die Schuldnerin am 11. Juni und 30. September 2010 zugerufen: "Du scheiß Ausländer". Am 13. Juli 2011 habe sie gegenüber seiner Tochter geäußert: "Hier wird kein Türkisch gesprochen, Ausländer geh doch zurück in die Türkei". Schließlich habe die Schuldnerin dem Gläubiger am 17. August 2011 gegen 10 Uhr zweimal in provozierender Absicht ihr (bekleidetes ) Gesäß gezeigt.
4
Das Amtsgericht hat gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 € festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht den Ordnungsmittelbeschluss aufgehoben und die Anträge des Gläubigers auf Verhängung eines Ordnungsgelds abgelehnt. Dagegen wendet sich der Gläubiger mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
5
II. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
6
Wegen der vorgetragenen Vorfälle vom 11. Juni und 30. September 2010 könne kein Ordnungsgeld verhängt werden, da zu diesem Zeitpunkt der gerichtliche Vergleich als maßgeblicher Vollstreckungstitel der Schuldnerin noch nicht zugestellt und die Ordnungsmittelandrohung vom 15. Juni 2009 rechtswidrig gewesen sei. Dieser Mangel sei erst durch Zustellung des Vergleichs am 11. April 2011 mit Wirkung für die Zukunft geheilt worden.
7
Das behauptete beleidigende Verhalten gegenüber der Tochter des Gläubigers am 13. Juli 2011 werde vom Vergleich nicht umfasst. Auch auf den Vorfall vom 17. August 2011 könne die Verhängung eines Ordnungsmittels nicht gestützt werden, weil das vom Gläubiger behauptete Verhalten der Schuldnerin nicht gegen die Unterlassungspflicht aus dem gerichtlichen Vergleich verstoßen habe. Es sei schon zweifelhaft, ob die Verpflichtung zur Unterlassung von Beleidigungen überhaupt einen hinreichend bestimmten und damit vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Jedenfalls käme dies allenfalls für verbale Formalbeleidigungen in Betracht, da zumindest alle anderen Formen möglicher Beleidigungen in ihrer Bewertung von den individuellen Umständen und dem Verständnis der Beteiligten abhingen und im Prozessvergleich nicht näher konkretisiert worden seien. Das Zeigen des bekleideten Gesäßes in provozierender Absicht könnte unter diesen Umständen nicht als Verstoß gegen die vereinbarte Unterlassungsverpflichtung angesehen werden.
8
III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Ordnungsmittelbeschluss des Amtsgerichts zu Recht aufgehoben, weil die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgelds im Hinblick auf keine der vom Gläubiger geltend gemachten Beleidigungen vorliegen.
9
1. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, die Verhängung eines Ordnungsgelds gemäß § 890 ZPO gegen die Schuldnerin könne nicht aufdie behaupteten Vorfälle am 11. Juni und 30. September 2010 gestützt werden, weil es zu diesen Zeitpunkten an einer rechtmäßigen Androhung des Ordnungsmittels fehlte und dieser Mangel durch die nachträgliche Zustellung des Vollstreckungstitels im Parteibetrieb nur mit Wirkung für die Zukunft geheilt werden konnte.
10
a) Nach § 890 Abs. 2 ZPO muss der Verurteilung zu einem Ordnungsgeld eine entsprechende Androhung vorausgehen. Erfolgt die Androhung nicht schon im Unterlassungstitel, sondern - wie im Streitfall - durch gesonderten Beschluss , stellt bereits die Androhung den Beginn der Zwangsvollstreckung dar. Daher müssen auch bereits zu diesem Zeitpunkt die allgemeinen Vorausset- zungen der Zwangsvollstreckung einschließlich der Zustellung des Titels vorliegen (BGH, Urteil vom 29. September 1978 - I ZR 107/77, NJW 1979, 217; OLG Stuttgart, WRP 1986, 360; OLG Köln, OLG-Rep Köln 1992, 10, 11; Musielak/ Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 890 Rn. 17; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 890 Rn. 12a; Wolf in Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 2006, Rn. 7.116). Anders als bei einer schon im Titel enthaltenen Androhung ergeht die nachträgliche Androhung in einem besonderen Verfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung, für das dann aber auch die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gelten. Die Gegenmeinung (etwa - selbst zweifelnd - Ahrens/Spätgens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 64 Rn. 40; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 890 Rn. 18) zeigt keinen zwingenden Grund auf, hiervon abzuweichen. Insbesondere kann der Gläubiger, der bei einem Antrag auf einstweilige Verfügung den Androhungsantrag vergessen hat, dies - unabhängig von der Frage, ob eine derartige Korrekturmöglichkeit geboten ist - sogleich nachholen und dann Androhungsbeschluss und einstweilige Verfügung dem Schuldner zusammen zustellen. Dies ergibt sich aus § 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO, der gemäß § 936 ZPO im Fall der einstweiligen Verfügung jedenfalls auch insoweit entsprechend gilt (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1989 - IX ZR 148/88, NJW 1990, 122, 124).
11
b) Der Schuldnerin ist eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erst am 11. April 2011 und damit nach der Androhung des Ordnungsmittels und nach den behaupteten Beleidigungen vom 11. Juni und 30. September 2010 zugestellt worden. Insoweit ist unerheblich, dass der Schuldnerin auf ihren Antrag vom 27. Oktober 2008 eine Ausfertigung des Vergleichs zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt worden ist. Die Übersendung der vollsteckbaren Ausfertigung erfolgte nicht im Wege einer Zustellung von Amts wegen gemäß §§ 166 ff. ZPO. Es war vom Gericht auch keine derartige Zustellung beabsichtigt , so dass eine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO ebenfalls nicht in Betracht kommt. Für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift reicht es nicht schon aus, wenn das zuzustellende Schriftstück tatsächlich in die Hand des Gegners gelangt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1952 - V ZR 159/51, BGHZ 7, 268, 270; Zöller/Stöber aaO § 189 Rn. 2).
12
c) Die Mangelhaftigkeit der Ordnungsmittelandrohung wurde auch nicht rückwirkend durch Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gerichtlichen Vergleichs an die Schuldnerin am 11. April 2011 geheilt. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass eine Heilung des Zustellungsmangels nicht in Betracht kommt, wenn Gegenstand einer Vollstreckungsmaßnahme eine Sanktion für ein Verhalten des Schuldners ist.
13
Allerdings wird die Fehlerhaftigkeit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme ex tunc beseitigt, wenn die andernfalls erforderliche erneute Vornahme der Zwangsvollstreckung eine leere Formalität wäre (RGZ 125, 286, 288). Das wird insbesondere im Zusammenhang mit den Schonfristen der § 750 Abs. 3, § 798 ZPO bei der Vollstreckung von Zahlungstiteln durch Pfändung angenommen (vgl. RGZ 125, 286; OLG Hamm, NJW 1974, 1516 und NJW-RR 1998, 87, 88; KG, NJW-RR 1988, 1406, 1407; Zöller/Stöber aaO Vor § 704 Rn. 35). In diesen Fällen greift die rückwirkende Heilung nicht über die titulierte Forderung hinaus eigenständig in die Rechtsstellung des Schuldners ein.
14
Damit ist jedoch der Fall der Vollstreckung wegen eines Verstoßes gegen eine Unterlassungsverpflichtung nicht vergleichbar. So würde die nachträgliche Heilung der fehlerhaften Ordnungsmittelandrohung im Streitfall im Hinblick auf das dann rechtmäßig verhängte Ordnungsgeld erstmalig eine Zahlungspflicht der Schuldnerin in Höhe von 250 € begründen, obwohl die Voraussetzungen für die Ordnungsmittelanordnung im Zeitpunkt der Zuwiderhandlungen im Juni und September 2010 nicht vorlagen. Wegen dieses zusätzlichen Eingriffs in die Rechtsposition des Schuldners ist es in einem solchen Fall nicht gerechtfertigt, die Formstrenge des Vollstreckungsverfahrens durch die Möglichkeit einer rückwirkenden Heilung zu korrigieren. Da § 890 ZPO auch Straf- charakter zukommt, erscheint dieses Ergebnis zudem im Hinblick auf die Regelung des Art. 103 Abs. 2 GG geboten.
15
2. Mit Zustellung des gerichtlichen Vergleichs im Parteibetrieb am 11. April 2011 konnte der Mangel der fehlenden Zustellung auch für die Ordnungsmittelandrohung ex nunc beseitigt werden. Denn ab diesem Zeitpunkt hätte die Ordnungsmittelandrohung mit demselben Inhalt sogleich erneut ergehen müssen. Indes rechtfertigen die vom Gläubiger behaupteten beiden Vorfälle nach dem 11. April 2011 die Verhängung eines Ordnungsgelds ebenfalls nicht.
16
a) Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, stellt die behauptete Äußerung der Schuldnerin am 13. Juli 2011 gegenüber der Tochter des Gläubigers keine Zuwiderhandlung gegen den gerichtlichen Vergleich dar, da dieser nur Verpflichtungen der Schuldnerin und ihres Ehemanns gegenüber dem Gläubiger und dessen Ehefrau begründete.
17
b) Das Beschwerdegericht hat auch im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die vom Gläubiger behauptete Beleidigung durch provozierendes Verhalten am 17. August 2011 die Verhängung eines Ordnungsmittels nicht rechtfertigen kann. Der Unterlassungstitel ist nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt , sondern verwendet zur Umschreibung des verbotenen Verhaltens den außerhalb eines Bedeutungskerns unscharfen Begriff "Beleidigungen". Bei der Auslegung eines solchen Titels ist eine Orientierung an den vorgetragenen konkreten Verletzungshandlungen geboten. Danach hat der Unterlassungstitel im vorliegenden Fall einen ausreichend bestimmten, vollstreckungsfähigen Inhalt nur im Hinblick auf eindeutige, unter allen Umständen zweifelsfrei beleidigende Äußerungen oder Verhaltensweisen. Außerhalb dieses Bereichs erfordert die Feststellung einer Beleidigung eine komplexe Beurteilung der individuellen Umstände und des Verständnisses der Beteiligten. Insoweit fehlt dem Vergleich ein vollstreckungsfähiger Inhalt.

18
Zu den eindeutig und unter allen Umständen beleidigenden Verhaltensweisen kann das Entgegenstrecken eines bekleideten Gesäßes nicht gerechnet werden. Denn zu einer solchen Verhaltensweise kann es auch in alltäglichen Situationen ohne jede beleidigende Absicht und ohne jeden beleidigenden Erklärungswert kommen.
19
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
AG Langen (Hessen), Entscheidung vom 30.09.2011 - 56 C 356/07 (10) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 20.01.2012 - 5 T 552/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 55/13
vom
19. Februar 2015
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Kostenquote bei beziffertem Ordnungsmittelantrag
Ein Teilunterliegen im Sinne von § 92 ZPO des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren
gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist anzunehmen, wenn der Gläubiger in seinem
Antrag einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes nennt und das
Gericht einen geringeren Betrag festsetzt.
BGH, Beschluss vom 19. Februar 2015 - I ZB 55/13 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Juni 2013 wird auf Kosten der Gläubigerin als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 146,78 €

Gründe:


1
I. Der Schuldner hatte im Rahmen einer Immobilienanzeige im Internet zwei Kartenausschnitte verwendet und damit Urheberrechte der Gläubigerin verletzt. Mit einstweiliger Verfügung vom 20. August 2010 untersagte ihm das Landgericht, die Kartenausschnitte zu vervielfältigen oder zu veröffentlichen.
2
Der Schuldner löschte das Immobilienangebot. Die Kartenausschnitte konnten jedoch Anfang 2013 durch direkte Eingabe der jeweiligen URLs aufgerufen werden. Die Gläubigerin sieht darin einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung. Sie hat beantragt, gegen den Schuldner wegen dieses Verstoßes ein empfindliches Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, zu verhängen. Zur Begründung ihres Antrags hat die Gläubigerin ausgeführt, die Höhe des Ordnungsgeldes werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, es solle jedoch mindestens 3.500 € betragen.
3
Das Landgericht hat gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 €, ersatzweise Ordnungshaft, verhängt und den weitergehenden Ordnungsmittelantrag zurückgewiesen. Die Kosten hat es zu 6/7 der Gläubigerin und zu 1/7 dem Schuldner auferlegt. Mit der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die Gläubigerin beantragt, gegen den Schuldner ein angemessenes Ordnungsgeld zu verhängen und ihm die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. In der Beschwerdebegründung hat die Gläubigerin erneut angeregt, ein Ordnungsgeld von mindestens 3.500 € festzusetzen.
4
Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen (OLG Köln, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 6 W 77/13, juris). Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Gläubigerin allein gegen die sie belastende Kostenentscheidung des Landgerichts.
5
II. Das Beschwerdegericht hat es für zutreffend erachtet, dass das Landgericht der Gläubigerin den überwiegenden Teil der Kosten des Ordnungsmittelverfahrens auferlegt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt:
6
Die Pflicht der Gläubigerin zur Tragung von Kosten ergebe sich aus § 891 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 92 ZPO. Die Gläubigerin habe zwar die Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt, gleichzeitig aber einen Mindestbetrag von 3.500 € genannt. In einem solchen Fall sei es angemessen, den Gläubiger anteilig mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Der Gläubiger habe ein eigenes Interesse an der Höhe des Ordnungsgeldes. Zwar fließe das Ordnungsgeld nicht ihm zu. Das Interesse des Gläubigers ergebe sich aber daraus, dass ihm eine Beschwerdebefugnis auch dann zustehe, wenn er lediglich eine Verschärfung des Ordnungsmittels durchsetzen wolle.
7
III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist unzulässig (§ 99 Abs. 1 ZPO), weil sie sich allein gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts richtet.
8
IV. Die Rechtsbeschwerde hätte auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Das Beschwerdegericht hat die gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubigerin zu Recht zurückgewiesen. Es hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Gläubigerin an den Kosten des Ordnungsmittelverfahrens anteilig zu beteiligen ist, weil sie mit ihrem Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner teilweise unterlegen ist.
9
1. Die anteilige Kostentragungspflicht der Gläubigerin ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Gemäß § 891 Satz 3 ZPO ist diese Bestimmung auf den Ordnungsmittelantrag gemäß § 890 Abs. 1 ZPO entsprechend anzuwenden.
10
2. Die Gläubigerin ist im Ordnungsmittelverfahren auch im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO teilweise unterlegen.
11
a) Ein zur anteiligen Kostentragung führendes Teilunterliegen des Gläubigers wird teilweise verneint, wenn das Gericht in seiner Entscheidung hinter einer im Antrag gemäß § 890 Abs. 1 ZPO bezifferten Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes zurückbleibt (OLG Hamm, GRUR 1994, 83, 84; Ahrens in Ahrens, Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 68 Rn. 32; aA wohl OLG Hamm, WRP 2001, 55, 57; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 890 Rn. 11; offengelassen vom OLG München, NJW-RR 1991, 1086, 1087). Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.
12
aa) Soweit eine Ablehnung der Kostenlast des Gläubigers damit begründet wird, die Kostenentscheidung im Ordnungsmittelverfahren richte sich nach der all- gemeinen Regelung des § 788 Abs. 1 ZPO, so dass es allein auf die Notwendigkeit der durch den Ordnungsmittelantrag ausgelösten Kosten ankomme (vgl. OLG Hamm, GRUR 1994, 83, 84; wohl auch Sturhan in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 891 Rn. 6), steht dies nicht in Einklang mit der Bestimmung des § 891 Satz 3 ZPO. Mit der Schaffung der Verweisung in dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber im Hinblick auf die Kostenentscheidung ausdrücklich der Möglichkeit Rechnung tragen, dass Vollstreckungsanträge des Gläubigers nur teilweise erfolgreich sind (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates zur 2. Zwangsvollstreckungsnovelle, BT-Drucks. 13/341, S. 41; Storz in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 891 Rn. 16). Auf die Kostenentscheidung im Ordnungsmittelverfahren nach § 890 Abs. 1 ZPO ist die Regelung des § 788 Abs. 1 ZPO deshalb nicht mehr anwendbar (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 46; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 891 Rn. 2; Olzen in Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 891 Rn. 4; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, § 891 Rn. 6; Saenger/Pukall, ZPO, 5. Aufl., § 891 Rn. 5; Musielak/Lackmann aaO § 891 Rn. 3).
13
bb) Die gegenteilige Ansicht kann auch nicht damit begründet werden, es handele sich bei der Bezifferung eines Ordnungsgeldes durch den Gläubiger lediglich um eine bloße Anregung für die vorzunehmende Ermessensentscheidung des Gerichts (OLG Hamm, GRUR 1994, 83, 84; Ahrens aaO Kap. 68 Rn. 32).
14
Allerdings muss der Antrag gemäß § 890 Abs. 1 ZPO kein bestimmtes Ordnungsmittel und dessen Höhe bezeichnen (Zöller/Stöber aaO § 890 Rn. 13; Musielak/Lackmann aaO § 890 Rn. 8; Gruber in MünchKomm.ZPO, 4. Aufl., § 890 Rn. 30). Vielmehr steht die Wahl zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft und die Bestimmung der Höhe des Ordnungsmittels im Ermessen des Gerichts (Zöller/ Stöber aaO § 890 Rn. 17; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung , 2. Aufl., § 890 Rn. 61). Dies steht jedoch der Berücksichtigung der vom Gläubiger dennoch ausdrücklich angegebenen Höhe des beantragten Ordnungsmittels oder eines Mindestbetrags bei der Kostenentscheidung des Ordnungsmittelverfahrens nicht entgegen. So ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass das Gericht bei in sein richterliches Ermessen gestellten Entscheidungen zwar die Möglichkeit hat, nur einer Partei die gesamten Prozesskosten aufzuerlegen. Zwingend ist dies jedoch nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht. Möglich bleibt auch in diesen Fällen eine Kostenteilung nach den Grundsätzen des § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dies ist regelmäßig geboten, wenn der Kläger einen bestimmten Betrag fordert (Schulz in MünchKomm.ZPO aaO § 92 Rn. 23; Saenger/Gierl, ZPO aaO § 92 Rn. 18; Zöller/Herget aaO § 92 Rn. 12; Jaspersen/Wache in BeckOK.ZPO, Stand 15. August 2014, § 92 Rn. 36).
15
cc) Für die Annahme eines Teilunterliegens im Sinne des § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO spricht ferner, dass die Angabe der Mindesthöhe des Ordnungsmittels für die Bestimmung des Rechtsschutzziels des Gläubigers verfahrensrechtlich auch ansonsten von Bedeutung ist. So kann der Gläubiger mit einer Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss nach § 891 Satz 1 ZPO allein das Ziel verfolgen, das Ordnungsmittel zu verschärfen (Zöller/Stöber aaO § 890 Rn. 28; Musielak/ Lackmann aaO § 890 Rn. 20; Saenger/Pukall aaO § 890 Rn. 37). Kann sich der Gläubiger aber mit der Angabe eines bestimmten Ordnungsgeldes oder eines Mindestbetrages eine Beschwer und damit eine Rechtsmittelmöglichkeit schaffen, muss er sich an dieser Konkretisierung seines Rechtsschutzziels auch bei der Frage festhalten lassen, ob er mit seinem Begehren im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO teilweise unterlegen und er deshalb an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen ist.
16
b) Für die Annahme eines Teilunterliegens im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 891 Satz 3 ZPO ist es ohne Bedeutung, ob der Gläubiger seine Vorstellungen zur Höhe des festzusetzenden Ordnungsmittels in Form eines bezifferten Antrags zum Ausdruck bringt oder ob er - wie im Streitfall - in der zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Begründung (vgl. dazu Gruber in MünchKomm.ZPO aaO § 890 Rn. 30) einen festzusetzenden Mindestbetrag nennt und damit zum Ausdruck bringt, dass sein Rechtsschutzziel bei dessen Unterschreitung nicht erreicht ist. Maßgebend für eine Kostenbeteiligung des Gläubigers ist allein, ob er erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt hat (vgl. auch Musielak/Lackmann aaO § 890 Rn. 11).
17
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 22.04.2013 - 28 O 575/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.06.2013 - 6 W 77/13 -