Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 16. Feb. 2015 - 19 W 67/14
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde vom 01.12.2014 gegen den Beschluss des Einzelrichters beim Landgericht Heilbronn vom 18.11.2014 - 3 O 99/13 III - wird zurückgewiesen.
2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 28.10.2013 – 18 O 19/09 – in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 26.11.2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
1
Gründe:
2I.
3Mit Kaufvertrag vom 26.10.2006 erwarben die Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung im Haus M-Straße 1 in L. Mit Klageschrift vom 12.09.2008 nahmen sie die Beschwerdegegnerin auf Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten in Anspruch. Das Landgericht stellte die Klage mit Verfügung vom 28.10.2008 (Bl. 64 ff. GA) an die Beschwerdegegnerin zu, wies die Kläger indes zugleich darauf hin, die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin sei zweifelhaft. Aus dem vorgelegten Erwerbsvertrag ergebe sich die Beklagte als Verkäuferin. Die Kläger erhielten Frist, weiter zur Passivlegitimation vorzutragen.
4Mit Schriftsatz vom 28.11.2008 (Bl. 79 f. GA) baten die Kläger um Rubrumsberichtigung. Der Hinweis des Gerichts in der Ladung sei zutreffend. Allein die Beklagte als Verkäuferin habe in Anspruch genommen werden sollen. Allerdings habe die Beschwerdegegnerin faktisch deren Position übernommen und die komplette Vertragsabwicklung einschließlich der hier im Streit befindlichen Angelegenheiten durchgeführt, was sich bereits aus der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 25.04.2008 (Anl. K7; Bl: 81 GA) sowie einer Bewerbung des Objekts im Internet durch sie ergebe (Anl. K8, Bl. 82 GA).
5Mit ihrer Klageerwiderung vom 22.12.2008 hat die Beschwerdegegnerin ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt. Mit Schriftsatz vom 05.01.2009 (Bl. 90 f. GA) hat sie daneben beantragt, den Klägern entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da sie nicht etwa eine Rubrumsberichtigung, sondern einen Parteiwechsel begehrten. Dieser sei im Verhältnis zur Beschwerdegegnerin wie eine Klagerücknahme zu behandeln, zu der rein vorsorglich bereits die Zustimmung erklärt werde.
6Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 12.06.2009 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, er habe die Klageschrift bereits erhalten und nehme sie insoweit als zugestellt entgegen. Die Parteien erklärten, man sei sich darüber einig, dass die Beklagte nunmehr neben den Klägern Partei des Rechtsstreits sei.
7Mit Beschluss vom 28.10.2013 (Bl. 631 ff. GA) hat das Landgericht den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin auferlegt. Sie sei im Wege des Parteiwechsels aus dem Rechtsstreit ausgeschieden, ihre außergerichtlichen Kosten fielen mithin gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO analog den Klägern zur Last. Es handele sich nicht lediglich um eine Rubrumsberichtigung. Denn diese sei nur dann zulässig, wenn die Identität der Partei im Verhältnis zu derjenigen, mit der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden sei, gewahrt bleibe.
8Der Beschluss des Landgerichts ist den Klägern am 04.11.2013 zugestellt worden (EB Bl. 638 GA). Mit am gleichen Tage bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 18.11.2013 haben die Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts vom 28.10.2013 sofortige Beschwerde erhoben.
9Zur Begründung machen sie geltend, die Kläger hätten zu keiner Zeit zwei Beklagte in Anspruch genommen, insoweit sei schon nicht ersichtlich, was die Kammer veranlasst haben könnte, die Beschwerdegegnerin in dem angefochtenen Beschluss als Beklagte zu bezeichnen Es sei lediglich eine Rubrumsberichtigung erfolgt. Diese sei möglich, wenn durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont feststehe oder erkennbar sei, wer als Partei gemeint war und Interessen Dritter durch die Berichtigung nicht berührt würden. Bei der Auslegung seien nicht nur die im Klagerubrum enthaltenen Angaben zu berücksichtigen, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich der beigefügten Anlagen. Wenn sich aus den Anlagen ergebe, dass die Geschäftsbeziehung nicht zum benannten, sondern zu einem anderen Rechtssubjekt bestehe, sei eine Parteiberichtigung zulässig, auch wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer anderen juristischen Person gewählt worden sei. So liege es hier. Aus der Klageschrift und den darin aufgeführten Anlagen sei eindeutig die Geschäftsbeziehung der Klägerin zur Beklagten zu entnehmen. Im Übrigen habe die ursprüngliche Beklagte selbst dazu beigetragen, dass die Firmenbezeichnung nicht ganz korrekt sei, weil sie in der Korrespondenz über die Mängelbeseitigung faktisch die Position der Beklagten übernommen habe.
10Mit Beschluss vom 26.11.2013 (Bl. 658 f. GA) hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass bei äußerlich unrichtiger oder unvollständiger Bezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen sei, die durch die fehlerhafte Parteibezeichnung nach deren objektivem Sinn getroffen werden solle. Gebe die Klageschrift zweifelsfrei einen falschen Namen an, so sei er zu berichtigen. Maßgeblich sei dabei die objektive Erkennbarkeit. Daher werde auch bei irrtümlicher Benennung der falschen Person diese Partei, wenn sie nach den objektiv erkennbaren Umständen nach dem Willen des Klägers anscheinend habe verklagt werden sollen.
11So liege der Fall hier jedoch nicht. Denn die Beschwerdegegnerin habe nach dem Vorbringen der Kläger die gesamte Vertragsabwicklung durchgeführt und sei dabei für die Beklagte als Vertreterin aufgetreten. Daher seien sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Beklagte an der Veräußerung der Immobilie beteiligt gewesen. Es liege mithin nicht ohne weiteres auf der Hand, dass die Kläger schlechterdings nur die Beklagte hätten verklagen wollen. Im Übrigen sei die Behauptung der Kläger, die Beschwerdegegnerin habe in der Korrespondenz über die Mängelbeseitigung faktisch die Position der Beklagten übernommen, nicht zutreffend. Wie sich aus dem vorgerichtlichen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagtenseite vom 08.09.2008 ergebe, sei er für die Beklagte aufgetreten. Wenn aber sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Beklagte vorgerichtliche Ansprechpartner der Kläger gewesen seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdegegnerin nach der maßgeblichen Auffassung der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als Beklagte gemeint gewesen sei.
12II.
13Die nach § 269 Abs. 5, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte, form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
14Zu Recht hat das Landgericht den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin als der vormaligen Beklagten des Rechtsstreits auferlegt. Denn in dem von den Parteien vorgenommenen Parteiwechsel liegt im Verhältnis der Kläger zu der Beschwerdegegnerin eine Klagerücknahme, die zur Auferlegung ihrer außergerichtlichen Kosten an die Kläger führt, § 269 Abs. 3 ZPO analog (BGH, Urt. v. 16.12.2005 – V ZR 230/04, NJW 2006, 1351 ff; Greger in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 263 Rz. 25). Demgegenüber liegt hier ein Fall bloßer Rubrumsberichtigung nicht vor.
151.
16Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Deshalb ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Er greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (BGH, Urt. v. 24.01.2013 – VII ZR 128/12, NJW-RR 2013, 294 ff; Urt. v. 10.03.2011 – VII ZR 54/10, NJW 2011, 1453 ff.). Bei einer an sich korrekten Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person kommt ein objektives Verständnis, eine andere Person sei gemeint, deshalb nur in Betracht, wenn aus dem übrigen Inhalt der Erklärung unzweifelhaft deutlich wird, dass eine andere und welche Partei tatsächlich gemeint ist (BGH, Urt. v. 24.01.2013 – VII ZR 128/12, NJW-RR 2013, 294 ff).
17Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (BGH, Urt. vom 27.11. 2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 m.w.N.).
182.
19Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze war der Klageschrift nicht lediglich ein Irrtum der Kläger bei der Bezeichnung der Beklagten zu entnehmen. Die Auslegung der Klageschrift und ihrer Anlagen ließ nicht den zweifelsfreien Schluss darauf zu, dass der Kläger nicht etwa die im Rubrum bezeichnete Beschwerdegegnerin, sondern die Verkäuferin der Wohnung verklagen wollte. Die Klageschrift selbst macht zur Rolle und Identität der dort als Beklagten angegeben Beschwerdegegnerin gar keine Angaben. Die Klageschrift lässt auch nicht zweifelsfrei erkennen, dass die Klägerin die Beschwerdegegnerin irrtümlich als Beklagte benannt hat, weil sie in Wahrheit die Verkäuferin der Wohnung in Anspruch nehmen wollte. Zu Anspruchsgrundlagen aus Kaufrecht führen die Kläger nämlich nicht aus, sondern rügen lediglich Mängel am Sondereigentum, welche die Beklagte beseitigen müsse. Zudem legen sie dar, außergerichtlich mit der Beschwerdegegnerin verhandelt zu haben, und im Rahmen dessen sei eine Einigung nicht erzielt worden.
20Deshalb hilft es der Klägerin auch nichts, dass sie in der Anlage zur Klageschrift den Kaufvertrag vorgelegt hat, der auf die Beklagte als Verkäuferin der Wohnung hinweist. Er war lediglich geeignet, bei dem Landgericht die dann auch in der Zustellungsverfügung formulierte Frage nach dem wahren Willen der Kläger aufzuwerfen, weil er so, wie er objektiv geäußert war, im Gegensatz zu den Anlagen stand, wollte man auf Ansprüche aus Kaufrecht abstellen. Mithin war der Klage aber eben nicht – wie erforderlich – in der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, dass es sich bei der Parteibezeichnung im Rubrum lediglich um einen Irrtum handelte.
213.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Bornkamm Büscher Schaffert Koch Kirchhoff
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.10.2006 - 4a O 63/02 ZV I -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 31.07.2008 - I-2 W 59/06 + I-2 W 60/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 9.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die Parteien gehören der Wohnungseigentümergemeinschaft K. in 8 H. an. Die Gläubiger sind Eigentümer von sechs Wohnungen im Erdgeschoss der Wohnanlage, der Schuldner ist Teileigentümer einer von ihm auf dem Grundstück errichteten Tiefgarage, in der sich vermietete Stellplätze befinden. Der Schuldner ist aufgrund eines rechtskräftigen Beschlusses des Landgerichts H. vom 23. September 2004 verpflichtet, das Garagengebäude zu beseitigen. Dieser Verpflichtung ist er bislang nicht nachgekommen.
- 2
- Die Gläubiger betreiben aus dem Beschluss vom 23. September 2004 die Zwangsvollstreckung. Sie beabsichtigen, das Garagengebäude im Wege der Ersatzvornahme beseitigen zu lassen. Zu diesem Zweck wollen sie zu- nächst die Mieter des Schuldners auf Duldung in Anspruch nehmen. Sie sind der Ansicht, der Schuldner sei aus dem Vollstreckungstitel verpflichtet, ihnen Namen und Anschriften seiner Mieter mitzuteilen. Der Schuldner hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Klärung von Rechten Dritter könne nicht im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem Titel zur Vornahme einer vertretbaren Handlung erfolgen.
- 3
- Das Amtsgericht hat auf den Antrag der Gläubiger vom 12. November 2007 gegen den Schuldner zur Erzwingung der Mitteilung von Namen und Anschriften seiner Mieter ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 €, ersatzweise Zwangshaft, festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Schuldners hat das Beschwerdegericht den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zurückgewiesen.
- 4
- Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstreben die Gläubiger die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Der Schuldner ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten gewesen.
- 5
- II. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass für die von den Gläubigern beabsichtigte Vollstreckung der Beseitigungsverpflichtung nach § 887 ZPO und, zu deren Vorbereitung, für einen nach § 888 ZPO zu vollstreckender Antrag auf Namhaftmachung der Mieter des Schuldners kein Raum sei. Es gebe keine Möglichkeit, dies nach den hier anzuwendenden Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuordnen. Im vorliegenden Fall sei ein Beseitigungsanspruch lediglich gegen den Schuldner tituliert, der das Garagengebäude errichtet habe. Aus diesem Titel könne gegen die Mieter nicht vollstreckt und eine Verpflichtung der Mieter könne im Vollstreckungsverfahren nicht erwirkt werden. Vielmehr wäre, wenn der Schuldner den Beseitigungsanspruch nicht freiwillig erfülle, ein Zwangsgeld gegen ihn nach § 888 ZPO zu beantragen und festzusetzen, um ihn zur Erfüllung der rechtskräftig festgestellten Verpflichtung zur Entfernung des Garagengebäudes anzuhalten. Es wäre dann Sache des Schuldners, gegebenenfalls darzulegen, fruchtlos alles in seiner Macht Stehende (z.B. Kündigung, Räumungsklage, Zwangsvollstreckung) getan zu haben, um die Voraussetzungen für die Entfernung des Garagengebäudes zu schaffen.
- 7
- 2. Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 8
- a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der von dem Schuldner vorzunehmenden Beseitigung der von ihm errichteten Tiefgarage an sich um eine vertretbare Handlung handelt, die der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO unterliegt. Denn die geschuldete Tätigkeit kann von einem Dritten anstelle des Vollstreckungsschuldners vorgenommen werden, ohne dass es den Vollstreckungsgläubigern darauf ankäme, dass die Beseitigung gerade vom Vollstreckungsschuldner selbst vorgenommen wird (vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 462; Staudinger/Wenzel, BGB [2005], § 45 WEG Rdn. 82; MünchKomm.ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 887 Rdn. 13; Walker in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 887 Rdn. 6). Das Beschwerdegericht hat auch zutreffend angenommen, dass etwas anderes dann gilt, wenn der Vollstreckungsschuldner - wie im Streitfall - das zu beseitigende Objekt an einen Dritten vermietet hat. Gegen den Mieter richtet sich weder der Leistungstitel der Vollstreckungsgläubiger noch kann der Gerichtsvollzieher gegen sie nach § 892 ZPO eingesetzt werden. Die Zwangsvollstreckung ist bei einer derartigen Fallgestaltung nur dann möglich, wenn der Mieter sein Einverständnis mit der durchzuführenden Maßnahme erklärt oder der Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungstitel gegen den Mieter erwirkt hat (vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 462; Staudinger/Wenzel aaO § 45 WEG Rdn. 83; MünchKomm.ZPO/Gruber aaO § 887 Rdn. 11; vgl. auch BGH, Urt. v. 1.12.2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432). Fehlt es daran, scheidet eine Vollstreckung nach § 887 ZPO aus (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 887 Rdn. 1a; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 887 Rdn. 10 und § 888 Rdn. 13 ff.). In einem solchen Fall ist die Zwangsvollstreckung - wovon auch das Beschwerdegericht ausgegangen ist - nach § 888 Abs. 1 ZPO durchzuführen (BayObLG NJW-RR 1989, 462; OLG Stuttgart MDR 2006, 293 f.; Staudinger /Wenzel aaO § 45 WEG Rdn. 83; Stein/Jonas/Brehm aaO § 888 Rdn. 13; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO § 888 Rdn. 3).
- 9
- b) Die Rechtsbeschwerde ist der Auffassung, dass ein Gläubiger aus einem Vollstreckungstitel, der auf die Vornahme einer bestimmten, an sich vertretbaren Handlung gerichtet sei, deren Durchführung aber von der Duldung oder Zustimmung eines Dritten abhänge, auch in der Weise vollstrecken könne, dass er den Schuldner auf Auskunft über den Namen und die Adresse des Dritten in Anspruch nehme, um sich selbst einen Duldungstitel gegen den Dritten verschaffen zu können. Denn ein Vollstreckungstitel, der den Schuldner zur Vornahme einer vertretbaren Handlung verpflichte, sei dahingehend auszulegen , dass dem Schuldner damit auch aufgegeben worden sei, dem Gläubiger die Informationen zu erteilen, die dieser zur Erwirkung eines eigenen Duldungstitels gegen den Dritten benötige.
- 10
- c) Dieses Vorbringen verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.
- 11
- aa) Es fehlt schon an der schlüssigen Darlegung der Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO seitens der Vollstreckungsgläubiger. Bei der von dem Schuldner vorzunehmenden Beseitigung des von ihm errichteten Garagengebäudes handelt es sich grundsätzlich um eine vertretbare Handlung, die gemäß § 887 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. Danach ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, die geschuldete Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen, wenn der Schuldner die titulierte Verpflichtung nicht erfüllt. Die geschuldete vertretbare Handlung wird - wie unter II 2 a ausgeführt - allerdings zu einer unvertretbaren i.S. von § 888 Abs. 1 ZPO, wenn deren Vornahme die Mitwirkung oder Zustimmung von dritten Personen erfordert und diese dazu nicht bereit sind.
- 12
- Die Gläubiger haben bislang noch keinen Ermächtigungsantrag nach § 887 Abs. 1 ZPO gestellt und auch nicht vorgetragen, dass etwaige Mieter von Stellplätzen eine gegebenenfalls zur Durchführung der Ersatzvornahme erforderliche Zustimmung nicht erteilt haben oder nicht erteilen werden. Bei einem Vorgehen nach § 887 Abs. 1 ZPO, verbunden mit einem Hilfsantrag nach § 888 Abs. 1 ZPO auf Festsetzung von Zwangsgeld wegen Nichtvornahme der möglicherweise unvertretbaren Handlung, wäre es Sache des Schuldners darzulegen , dass und aus welchen Gründen ihm die Vornahme der titulierten Handlung (Abriss des Garagengebäudes) unmöglich ist. Er müsste dazu vortragen, dass Stellplätze (noch) vermietet sind, die Mieter der Beseitigung des Garagengebäudes nicht zustimmen und was er konkret unternommen hat, um den Abriss der Tiefgarage zu ermöglichen (OLG Stuttgart MDR 2006, 293 f.; Staudinger/ Wenzel aaO § 45 WEG Rdn. 83; Stein/Jonas/Brehm aaO § 888 Rdn. 13 ff.). Solange nicht feststeht, dass eine an sich vertretbare Handlung nicht nach § 887 Abs. 1 ZPO vollstreckt werden kann, ist für die Anwendung des § 888 Abs. 1 ZPO kein Raum.
- 13
- bb) Der von den Gläubigern gestellte Antrag, gegen den Schuldner ein Zwangsgeld festzusetzen, ist aber auch dann unbegründet, wenn unterstellt wird, dass es sich bei der titulierten Verpflichtung mangels Zustimmung der Mieter des Schuldners zur Beseitigung des Garagengebäudes um eine unvertretbare Handlung handelt. Die zu vollstreckende Verpflichtung des Schuldners besteht auch dann (nur) in der Beseitigung des Garagengebäudes. Die Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 888 Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass es sich um eine (nicht vertretbare) Handlung handelt, die ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt. Daraus ergibt sich, dass die objektive oder subjektive Unmöglichkeit der Handlung die Anordnung eines Zwangsgeldes ausschließt (vgl. OLG Stuttgart MDR 2006, 293 f.; Stein/Jonas/Brehm aaO § 888 Rdn. 10; Staudinger/Wenzel aaO § 45 WEG Rdn. 83). Die Zwangsvollstreckung wegen einer nicht vertretbaren Handlung i.S. von § 888 Abs. 1 ZPO ist grundsätzlich nicht schon dann ausgeschlossen, wenn ein Dritter an der Handlung mitwirken muss. Die Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft ist nur dann nicht möglich, wenn eindeutig feststeht, dass der Vollstreckungsschuldner - erfolglos - alle zumutbaren Maßnahmen einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens unternommen hat, um den Dritten zur Duldung der vorzunehmenden Handlung zu veranlassen (BayObLG NJW-RR 1989, 462; OLG Düsseldorf ZMR 2002, 853 f.; OLG Stuttgart MDR 2006, 293 f.). Die Voraussetzungen für diesen Ausnahmetatbestand hat der Vollstreckungsschuldner im Einzelnen darzulegen (Staudinger/Wenzel aaO § 45 WEG Rdn. 83; Stein/Jonas/Brehm aaO § 888 Rdn. 9, 15).
- 14
- Ein Titel, der auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist, die von der Mitwirkung eines Dritten abhängt, kann, wenn der Dritte dazu nicht bereit ist, in der Weise vollstreckt werden, dass der Gläubiger nach § 888 Abs. 1 ZPO die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Schuldner beantragt, solange dieser nicht alle zumutbaren Maßnahmen (rechtlicher oder tatsächlicher Art) ergriffen hat, um seinerseits den Dritten zur Duldung der geschuldeten Handlung oder Mitwirkung daran zu bewegen. Eine Verpflichtung des Schuldners, dem Gläubiger die Namen und Anschriften von Personen mitzuteilen, damit diese von dem Gläubiger selbst auf Duldung einer gebotenen Vollstreckungsmaßnahme oder Mitwirkung daran in Anspruch genommen werden können, ergibt sich weder aus dem streitgegenständlichen Vollstreckungstitel noch aus § 888 Abs. 1 ZPO. Sofern den Gläubigern gegen den Schuldner ein materiellrechtlicher Anspruch auf Auskunft über die Namen der Mieter des Schuldners zustehen sollte, müssten sie diesen, da darüber in dem dem Vollstreckungstitel zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren nicht entschieden worden ist, gegebenenfalls in einem neuen Verfahren geltend machen.
- 15
- III. Danach ist die Rechtsbeschwerde der Gläubiger mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2008 - 102b II 104/00 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.04.2008 - 318 T 24/08 -
(1) Droht das Bundesgesetz Ordnungsgeld oder Zwangsgeld an, ohne dessen Mindest- oder Höchstmaß zu bestimmen, so beträgt das Mindestmaß fünf, das Höchstmaß tausend Euro. Droht das Landesgesetz Ordnungsgeld an, so gilt Satz 1 entsprechend.
(2) Droht das Gesetz Ordnungshaft an, ohne das Mindest- oder Höchstmaß zu bestimmen, so beträgt das Mindestmaß einen Tag, das Höchstmaß sechs Wochen. Die Ordnungshaft wird in diesem Fall nach Tagen bemessen.
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)