Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 14. Apr. 2014 - 19 U 48/14

published on 14/04/2014 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 14. Apr. 2014 - 19 U 48/14
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Tenor

1. Der Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

2. Der weitere Antrag der Kläger auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

3. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 21. Februar 2014 (5 O 274/12 Wu) wird als unzulässig verworfen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 850.000,00 EUR (vgl. LGU 40 f.).

Gründe

 
I.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 21. Februar 2014 (5 O 274/12 Wu), auf welches der Senat vollinhaltlich Bezug nimmt, war als unzulässig zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 ZPO), da sie nicht innerhalb der Berufungsfrist eingelegt wurde und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO nicht vorliegen.
1.
Die Berufungsfrist beträgt gem. § 517 ZPO einen Monat und begann im vorliegenden Fall mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, welche ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Prozessbevollmächtigten der Kläger (GA IV 585) am 26. Februar 2014 erfolgt ist.
Sie endete am 26. März 2014 (vgl. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB), weswegen die erst am 27. März 2014 vorab per Telefax beim Oberlandesgericht Stuttgart eingereichte Berufungsschrift der Kläger (GA IV 539 f.) verspätet ist.
2.
Das am 4. April 2014 eingereichte zulässige Wiedereinsetzungsgesuch der Kläger (GA IV 599 ff.), auf welches der Senat - einschließlich der Anlagen - vollinhaltlich Bezug nimmt, hatte in der Sache keinen Erfolg.
a)
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO liegen nicht vor, da die Kläger nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert waren, wobei ihnen das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist (§ 85 Abs. 2 ZPO).
aa)
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs der Kläger macht der Klägervertreter im Wesentlichen Folgendes geltend:
Seine Auszubildende (im 3. Ausbildungsjahr) … habe am Mittwoch, dem 26. Februar 2014, als das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 21. Februar 2014 zugestellt worden sei, zwar den Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungseinlegungsfrist zutreffend ermittelt, bei dessen Übertragung in den Terminkalender allerdings insoweit versehentlich den 27. März 2014 eingetragen. Die Auszubildende … sei an Mittwoch-, Donnerstag- und Freitagnachmittagen die „alleinige Bürokraft“ des Klägervertreters. Obwohl der Klägervertreter seine weiteren - langjährigen und stets zuverlässigen - Mitarbeiterinnen ausdrücklich angewiesen gehabt habe, Fristeneintragungen durch die Auszubildende am jeweiligen Folgetag lückenlos zu kontrollieren, sei dieser Weisung zuletzt nur mehr stichprobenartig Folge geleistet worden, woraus letztendlich die Fristversäumnis im vorliegenden Fall resultiert habe.
bb)
Nach dem eigenen Wiedereinsetzungsvorbringen der Kläger ist von einem für die Fristversäumung ursächlichen anwaltlichen Organisationsverschulden auszugehen.
(1)
Denn mit der Fristeintragung und -überwachung dürfen Auszubildende allenfalls im Ausnahmefall bei Personalmangel - etwa im Falle der Erkrankung weiterer Mitarbeiter - beauftragt werden (vgl. Gehrlein in: MünchKommZPO, 4. Aufl., § 233 Rz. 63; zu den dann gegebenen gesteigerten Anforderungen an die Kontrolle der Auszubildenden: BGH, Beschl. v. 15. November 2000 - XII ZB 53/00; Tz. 6 bei juris; BGH, Beschl. v. 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Tz. 16; BGH, Beschl. v. 22. April 2009 - IV ZB 22/08, r + s 2009, 393 Tz. 8).
10 
Nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen war nun aber die Auszubildende … seitens des Klägervertreters nicht nur in einem konkreten Ausnahmefall, sondern regelmäßig an Mittwoch-, Donnerstag- und Freitagnachmittagen - und damit zum üblichen Zeitpunkt des nachmittäglichen Posteingangs an diesen Tagen - damit betraut, den Briefkasten zu entleeren, die Eingänge zu bearbeiten und insbesondere auch die diesbezüglichen Fristen zu notieren. D.h. die Fristeneintragung bezüglich der Posteingänge an drei von fünf Werktagen einer Arbeitswoche war organisatorisch der Auszubildenden übertragen.
11 
Selbst wenn man zugunsten der Kläger unterstellte, dass es sich bei der Auszubildenden … um „eine mit der Fristeneintragung bereits sehr erfahrene Arbeitskraft“ handele, welche „kurz vor ihrem Abschluss zur Rechtsanwaltsfachangestellten“ stehe, kann gleichwohl nicht ausgeschlossen werden, dass der Fehler der Auszubildenden bei der Notierung der Berufungseinlegungsfrist im Terminkalender auf mangelnde praktische Erfahrung zurückzuführen war (vgl. BGH, Beschl. v. 11. September 2007 – XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Tz. 15).
(2)
12 
Der Annahme eines Organisationsverschuldens steht im vorliegenden Fall insbesondere auch nicht entgegen, dass der Klägervertreter nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen seinen übrigen Mitarbeiterinnen die Weisung erteilt hatte, Fristeneintragungen durch die Auszubildende am jeweiligen Folgetag lückenlos zu kontrollieren.
13 
Denn die an zuverlässige ausgebildete Kräfte gerichtete Weisung zur lückenlosen Überwachung der von Auszubildenden vorgenommenen Fristeneintragung ist nur dann geeignet, ein Organisationsverschulden zu verneinen, wenn die Auszubildende mit dieser Tätigkeit lediglich ausnahmsweise betraut wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 15. November 2000 - XII ZB 53/00; Tz. 6 bei juris; BGH, Beschl. v. 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Tz. 16; BGH, Beschl. v. 22. April 2009 - IV ZB 22/08, r + s 2009, 393 Tz. 8). Wird die Auszubildende jedoch - wie im vorliegenden Fall - dauerhaft an mehreren Tagen der Arbeitswoche mit der Fristeneintragung betraut, so besteht die erhöhte Gefahr, dass - wie es nicht zuletzt auch das Wiedereinsetzungsvorbringen anschaulich schildert - die Kontrollen mit zunehmendem Zeitablauf immer laxer werden.
c)
14 
Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach alledem nicht stattzugeben war, war die Berufung der Kläger gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Der - vor diesem Hintergrund gegenstandslose - weitere Antrag der Kläger vom 10. April 2014 auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (GA IV 615) war zurückzuweisen.
II.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)