Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10

bei uns veröffentlicht am29.03.2011

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Ravensburg vom 23.04.2010 (Lw-Reg. 1/09)

a b g e ä n d e r t .

Der notarielle Kaufvertrag vom 11.11.2008 (Notariat M..., UR-Nr. .../2008) wird nach dem Grundstückverkehrsgesetz genehmigt.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 69.055 EUR

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt die Genehmigung des am 11.11.2008 mit der Beteiligten Ziff. 2 als Verkäuferin und dem Antragsteller als Käufer geschlossenen notariellen Kaufvertrags über ein landwirtschaftliches Grundstück in W... mit einer Fläche von 1 Hektar 97 Ar und 30 qm zu einem Kaufpreis von 69.055 EUR. Das Landratsamt Ravensburg hat die Genehmigung durch Bescheid vom 16.01.2009 wegen ungesunder Verteilung von Grund und Boden nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagt.
Das streitgegenständliche Grundstück liegt im Außenbereich. Es ist unbebaut. Die Fläche ist überwiegend als Grünland genutzt (14.403 qm). Die restliche Fläche ist Gehölz (5.327 qm).
Der Antragsteller und Beteiligte Ziffer 1 ist von Beruf Konstrukteur und betreibt nebenberuflich eine Damwildzucht. Die streitgegenständliche Fläche nutzt er bereits seit dem Jahr 2000 als Pächter zur Futtergewinnung bzw. als Holzschlag. Er ist seit 01.04.2009 bei dem Landratsamt registriert und hat eine landwirtschaftliche Unternehmensnummer erhalten.
Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags vom 11.11.2008 hatte der Beteiligte Ziffer 1 das Grundstück seit 2000 auf Grundlage eines mündlichen Pachtvertrages genutzt. Im Jahr 2007 schlossen die Beteiligten Ziffer 1 und 2 schriftlich einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren, beginnend mit dem 11.11.2007 über mehrere Grundstücke, darunter auch das streitgegenständliche Grundstück. Eine Beanstandung des dem Landratsamt Ravensburg angezeigten Landpachtvertrages erfolgte nicht. Die Beteiligte Ziffer 2 hatte dem Antragsteller sodann durch Kaufvertrag vom 08.01.2008 das streitgegenständliche Grundstück zusammen mit zwei weiteren kleineren Grundstücken für einen Preis von insgesamt 65.000,-- EUR veräußert. Nachdem die L...GmbH von ihrem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht nach § 4 Abs. 1 des Reichssiedlungsgesetzes Gebrauch machen wollte, wurde dieser Kaufvertrag jedoch rückgängig gemacht. Die beiden kleineren Grundstücke, welche unterhalb der Grenze für eine Genehmigungsnotwendigkeit nach dem Grundstückverkehrsgesetz liegen, wurden separat an den Antragsteller veräußert. Für das streitgegenständliche Hauptgrundstück 476/1 mit einer Größe von 1 Hektar 97 Ar 30 qm besteht ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht nicht mehr, da dieses nach § 4 Abs. 1 Reichssiedlungsgesetz erst ab einer Größe von 2 Hektar besteht.
Nach Abschluss des Kaufvertrags schrieb das Landratsamt Ravensburg das verkaufte Grundstück öffentlich aus, woraufhin sich der zwischenzeitlich verstorbene Landwirt F... sowie der Landwirt K... als Kaufinteressenten meldeten. Der Landwirt K... gab hierbei an, maximal 0,80 EUR pro qm zahlen zu wollen. Aufgrund der Erwerbsbereitschaft des Landwirtes H... versagte das Landratsamt mit Bescheid vom 16.01.2009 die Genehmigung des Kaufvertrags.
Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens zur Frage, ob der im Kaufvertrag vom 11.11.2008 beurkundete Kaufpreis dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert entspricht bzw. welchen Verkehrswert dieses Grundstück hat. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 05.08.2009 (Bl. 44 d.A.) einen Verkehrswert von insgesamt 19.730,-- EUR ermittelt bei einem Verkehrswert von jeweils 1 EUR pro Quadratmeter sowohl für den Grünlandanteil als auch für den Gehölzanteil.
Am 25.08.2009 verstarb der Kaufinteressent F...
Das Landratsamt Ravensburg berief sich im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens zusätzlich auf den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG, nämlich des groben Missverhältnisses des Kaufpreises zum Wert des Grundstücks.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Genehmigung des Grundstückkaufvertrags zurückgewiesen. Die Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GrdstVG lägen vor. Verhindert werden solle nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, dass ein erwerbsbereiter Landwirt die für ihn zum Zwecke der Erweiterung, Abrundung, Ergänzung oder Erleichterung der ausgeübten Tätigkeit als Land- oder Forstwirt günstige Fläche nicht erwerben könne, weil er als Käufer nicht in die Frage komme und sei es auch gerade wegen der in einem groben Missverhältnis zum Marktwert stehenden Kaufpreishöhe, die zwischen den Parteien vereinbart worden sei. Dies gelte umso mehr, wenn sich aus den Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die Vereinbarung in der abgeschlossenen Weise nur deshalb getroffen worden sei, um die Vorgaben und Ziele des Grundstückverkehrsgesetzes zu umgehen. Letzteres sei zu bejahen. Der ursprüngliche umfassendere Kaufvertrag sei rückgängig gemacht worden, nachdem seitens der LB... von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden sollte. Die Kaufinteressenten H... und K... hätten angegeben, dass ein Eintritt in den Vertrag zu den Vertragsbedingungen nicht erfolgen könne. Der Interessent H... habe erklärt, dass er Finanzmittel aufbringen könne, wenn das fragliche Grundstück zu einem Preis angeboten werde, der 1 EUR pro Quadratmeter nicht übersteige. Auch wenn es außer Frage stehe, dass der verstorbene Interessent H... als potentieller Käufer ausscheide, sei die Frage nach dem konkreten Missverhältnis von Kaufpreis zu aktuellem Verkehrswert zu beachten, weil durch dieses Missverhältnis ein weiterer potentieller Käufer von vornherein abgeschreckt werden könnte. Der vereinbarte Kaufpreis sei unverhältnismäßig hoch, wie sich aus dem Gutachten ergebe. Eine Genehmigung dieses Kaufvertrages liefe dem Regelungszweck des Gesetzes zuwider und würde damit der intendierten Umgehung des Gesetzeszweckes zum Durchbruch verhelfen. Ob ein interessierter Landwirt vorhanden sei, könne erst dann festgestellt werden, wenn der Vertrag zu einem Kaufpreis abgeschlossen werde, der nicht wie hier 350 % des ermittelten durchschnittlichen Verkehrswertes betrage.
10 
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Der Verkaufsinteressent H... sei als Betreiber eines Reiterhofs schon kein Vollerwerbslandwirt gewesen. Zumindest ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz am 24.03.2009 sei er nicht mehr als Landwirt zu qualifizieren gewesen, weil er dort angegeben habe, über keinerlei Pachtflächen mehr zu verfügen und sein Einkommen vorwiegend aus Pensionspferden zu beziehen. Als erwerbstätiger Landwirt sei er damit nicht in Frage gekommen. Der ohnehin zwischenzeitlich verstorbene Kaufinteressent H... sei von Anfang an nicht erwerbsbereit gewesen aufgrund seiner desolaten finanziellen Verhältnisse. Die aus der Luft gegriffenen Angaben des Kaufinteressenten H..., ein Bruder würde ihm den Kaufpreis finanzieren, habe das Amtsgericht nicht als unstreitig unterstellen dürfen, sondern es hätte darüber Beweis erheben müssen. Der Kaufinteressent H... hätte nur dann als erwerbsfähiger Landwirt angesehen werden dürfen, wenn er zumindest bereit gewesen wäre, auf den vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert noch einen Aufschlag in Höhe von 50 % zu bezahlen.
11 
Unzutreffend sei auch die Behauptung, dass der Antragsteller nach wie vor nicht Landwirt sei. Bereits mit Bescheid vom 10.04.2009 (K 17 und K 18) sei ihm eine landwirtschaftliche Unternehmensnummer zugeteilt worden. Seit dem Jahr 2000 sei er als landwirtschaftlicher Tierhalter bei dem Ministerium registriert. Zu Unrecht habe das Amtsgericht einen Versagungsgrund allein aufgrund des preislichen Missverhältnisses bejaht. Voraussetzung für einen Versagungsgrund sei neben einem Missverhältnis auch die Bereitschaft von Landwirten, den Verkehrswert zuzüglich eines Zuschlags von 50 % zu entrichten.
12 
Die Genehmigungsbehörde (Landratsamt Ravensburg - Landwirtschaftsamt) ist der Auffassung, es liege der Versagungsgrund des groben Missverhältnisses vor. Das Erwerbsinteresse des Interessenten H... habe zum Zeitpunkt der Versagung der Genehmigung vorgelegen. Die Würdigung der Gesamtumstände - Rücknahme des ersten Kaufvertrages und anschließender Verkauf jeweils von Einzelparzellen mit heraufgesetztem Kaufpreis - stünden den Zielen des Grundstückverkehrsgesetzes entgegen.
13 
Der Landesbauernverband als land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretung ist der Auffassung, die Beteiligten hätten mit ihrer Vorgehensweise eine Umgehung des Grundstückverkehrsgesetzes bezweckt. Der Beschwerdeführer sei nicht als Landwirt zu qualifizieren, die Zuteilung einer Unternehmensnummer reiche hierfür nicht aus. Umstritten sei, ob ein grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert ausreiche, um die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG zu versagen. Bei verfassungsgemäßer Auslegung dieser Vorschrift müsse davon ausgegangen werden, dass alle Versagungsgründe nur der Abwehr von Gefahren für die Agrarstruktur dienen sollten. Der Landesbauernverband tendiere deshalb dazu, dass eine Veräußerung zu einem unverhältnismäßig hohen Preis nur dann missbilligt werden könne, wenn eine wertangemessene Preisgestaltung agrarstrukturell einen Vorteil bringen könne. Angesichts von vorhandenen und nachgewiesenen Erwerbsinteressen der Interessenten H... und K... sei der Versagungsgrund gegeben.
14 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Landratsamtes und des Landesbauernverbandes wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
II.
15 
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1.
16 
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig.
17 
Für das vorliegende Verfahren ist gemäß § 1 Nr. 2 LwVG das Landwirtschaftsverfahrensgesetz anwendbar, weil dem Verfahren eine rechtsgeschäftliche Veräußerung nach dem Grundstückverkehrsgesetz zugrunde liegt. Nach § 9 LwVG in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung sind die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) sinngemäß anzuwenden. Das bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltende Recht ist auf das vorliegende Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz anwendbar, da das vorliegende Verfahren vor dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 01.09.2009 eingeleitet wurde.
18 
Die sofortige Beschwerde ist nach § 22 Abs. 1 LwVG a. F. statthaft. Die Beschwerdefrist nach § 22 Abs. 1 FGG von zwei Wochen ist eingehalten und die Formalien des § 21 FGG sind gewahrt.
2.
19 
Die sofortige Beschwerde ist begründet.
20 
Die Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks bedurfte der Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz (hierzu unter a). Die Genehmigung wurde aber zu Unrecht versagt und ist zu erteilen (hierzu unter b).
a.
21 
Die Veräußerung des Grundstücks bedurfte der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GrdstVG. Es handelt sich um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von § 1 GrdstVG. Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 1 des Baden-Württembergischen Ausführungsgesetzes zum Grundstückverkehrsgesetz und Landespachtverkehrsgesetz (AGGrdstVG) ist nicht einschlägig. Die veräußerte Fläche ist größer als ein Hektar. Auch eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 4 GrdstVG scheidet aus.
b.
22 
Die Genehmigung wurde zu Unrecht versagt. Die Genehmigung darf nach § 9 GrdstVG nur versagt werden, wenn einer der in Absatz 1 genannten Versagungsgründe vorliegt. Weder der zunächst von der Genehmigungsbehörde genannte Versagungsgrund „ungesunde Verteilung des Grund und Bodens“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG (hierzu unter aa.) noch der im erstinstanzlichen Verfahren zusätzlich vorgebrachte Versagungsgrund des groben Missverhältnisses des Kaufpreises zum Wert des Grundstückes nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liegt vor (hierzu unter bb). Sonstige Versagungsgründe bestehen nicht (hierzu unter cc.)
aa.
23 
Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens ist nach § 9 Abs. 2 GrdstVG dann gegeben, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Nach der verfassungskonformen Auslegung des Versagungsgrundes dient diese Bestimmung allein dem Ziel, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden, nicht aber dazu, den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr zu lenken.
24 
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrags zu erwerben (vgl. BGH, Beschluss vom 26.04.2002, BLw 2/02, zitiert nach juris RdNr. 7 m.w.N.).
25 
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
26 
Für die zutreffende Entscheidung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Versagung der Genehmigung am 16.01.2009 an, sondern auf die im Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz vorhandenen Verhältnisse (vgl. Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 3. Aufl. 2006, Seite 408). Eine ablehnende Entscheidung kann deshalb nicht mehr unter Berufung auf den zwischenzeitlich verstorbenen früheren Interessenten H... gerechtfertigt werden. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob das Kaufinteresse des Erwerbsinteressenten H... zu einem Versagungsgrund geführt hätte. Der Verweis auf mögliche Erben des Interessenten H... geht bereits deshalb fehl, da nichts dafür ersichtlich ist, dass mögliche Erben Interesse an einer Übernahme des hier in Rede stehenden Grundstücks zu landwirtschaftlichen Zwecken haben könnten. Im Übrigen ist - wie durch Anlage K 19 nachgewiesen - über den Nachlass des Interessenten H... das Insolvenzverfahren eröffnet worden und der Insolvenzverwalter stellt in seinem Bericht ausdrücklich fest, dass eine Fortsetzung der Pferdezucht des Verstorbenen aus Sicht der Masse keinen Sinn mache.
27 
Der Zeuge K... scheidet als berücksichtigungsfähiger Interessent aus, da er nicht bereit ist, einen angemessenen Kaufpreis zu entrichten. Wie seiner Stellungnahme gegenüber dem Landratsamt entnommen werden kann, möchte er maximal 80 Cent pro Quadratmeter bezahlen. Nachdem der Verkehrswert des Grundstücks wie vom Sachverständigen festgestellt aber bei einem Euro pro Quadratmeter liegt, kann das Gebot des Zeugen K... nicht berücksichtigt werden. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der Zeuge K... tatsächlich Interesse an dem Grundstück hatte.
28 
Für eine Versagung der Genehmigung genügt es nicht, dass abstrakt gedacht weitere Interessenten aus dem landwirtschaftlichen Bereich vorhanden sein könnten. Ein Versagungsgrund besteht nur dann, wenn bestimmte Interessenten konkret benannt sind, die gewillt und fähig sind, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu erwerben. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen engen Auslegung der Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 GrdstVG (zur verfassungskonformen engen Auslegung vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.01.1967, 1 BvR 169/63, zitiert nach juris RdNr. 32). Eine ungesunde Bodenverteilung liegt bei verfassungsgemäßer Auslegung nur vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass die Eigentumsverschiebung unternommenen oder konkret beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Liegen solche Maßnahmen nicht vor, kann die Veräußerung trotzdem ausnahmsweise eine ungesunde Bodenverteilung bedeuten, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind (vgl. BVerfG a.a.O., RdNr. 18). Erforderlich hierfür ist aber eine konkrete nachteilige Auswirkung auf einen bestehenden Betrieb, wie sie bei einem dringenden Aufstockungsbedarf eines landwirtschaftlichen Betriebs, der durch den Verkauf vereitelt würde, besteht. Ist dagegen kein konkreter Interessent vorhanden, scheidet eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG aus.
bb.
29 
Auch der Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liegt nicht vor. Zwar besteht ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis, jedoch fehlt es an ungünstigen Auswirkungen auf die Agrarstruktur.
(1)
30 
Ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert eines Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis liegt vor, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Wert des Grundstücks erheblich übersteigt. Nach gefestigter Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn die Gegenleistung den wahren Wert um mehr als die Hälfte übersteigt, sofern nicht in Ausnahmefällen besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen (BGH, Beschluss vom 02.07.1968, 5 BLw 10/68, BGHZ 50, 297).
31 
Der Sachverständige gelangt nachvollziehbar zu einem Verkehrswert von 19.730 EUR. Der Grund für die niedrige Bewertung durch den Sachverständigen mit einem Euro pro Quadratmeter liegt an der deutlich unterdurchschnittlichen Nutzbarkeit des Grundstücks. Das Gelände befindet sich in Hanglage, ist von Wald umgeben und nur schwer zugänglich. Der Baumbestand ist gering und ein Großteil des Grundstücks ist verbuscht. Das grobe Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert von 19.730,-- EUR und der Verkaufssumme von 69.055,-- EUR ist offensichtlich.
(2)
32 
Das bloße Vorliegen des groben Missverhältnisses in Bezug auf den Verkaufspreis genügt allerdings nicht, um eine Versagung der Genehmigung zu rechtfertigen. Auch § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG unterliegt der gesetzgeberischen Zielsetzung, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden. Der Regelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Erwerb des zur Verbesserung der Agrarstruktur dringend erforderlichen Landes durch interessierte Land- und Forstwirte außerordentlich erschwert würde, wenn überhöhte Preise gefordert werden könnten (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.01.1967, 1 BvR 335/63, zit. nach juris RdNr. 12). Nur wenn ein zu überhöhten Preisen abgeschlossener Vertrag diesem Gesetzeszweck zuwiderläuft, darf die Genehmigung deshalb unter Berufung auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verweigert werden. Eine Veräußerung zu einem unangemessen hohen Preis ist somit nur dann zu missbilligen, wenn eine angemessene Preisgestaltung einen agrarstrukturellen Vorteil bringen könnte. Gehen von dem Verkauf dagegen keine ungünstigen Auswirkungen auf die Agrarstruktur aus, kommt § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht zur Anwendung (vgl. Netz, a.a.O., Seite 559; BGH, Beschluss vom 3.6.1976, 5 BLW 16/75, zitiert nach juris RdNr. 28; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6.2.1979, WB 21/78).
33 
Daraus folgt zum einen, dass der Verkaufspreis nur in Ausnahmefällen beanstandet werden darf, sofern der Erwerber selbst Landwirt ist. Es ist dann Sache des kaufenden Landwirts, selbst zu kalkulieren, ob der angebotene Preis für ihn und seinen Betrieb wirtschaftlich sinnvoll ist. Das Gericht hat diese eigenständige Kalkulation des Landwirts grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl. Netz, a.a.O., Seite 555).
34 
Zum anderen ist bei einem Erwerb durch einen Nichtlandwirt eine Versagung der Genehmigung nur zu rechtfertigen, wenn ein erwerbsbereiter Landwirt Interesse an dem fraglichen Grundstück bekundet. Da § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verhindern soll, dass der Erwerb des zur Verbesserung der Agrarstruktur erforderlichen Landes durch interessierte Landwirte erschwert wird, indem überhöhte Preise gefordert werden können, kann für die Anwendung der Vorschrift nur dann Raum sein, wenn ein überhöhter Preis sich als Erschwernis für den Erwerb durch einen Landwirt auswirken kann. Ein mangelndes Kaufinteresse bäuerlicher Bewerber führt dazu, dass eine Veräußerung mit einem agrarstrukturellen Vorteil schlechthin unmöglich ist. Es besteht deshalb kein Anlass, in einem solchen Fall die Veräußerung an einen Nichtlandwirt zu untersagen (vgl. Netz, a.a.O., Seite 559 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.1998, 10 W (LW) 12/97).
35 
Wie bereits ausgeführt ist vorliegend kein Landwirt an dem Erwerb des streitgegenständlichen Grundstücks zu einem angemessenen Preis interessiert. Auch der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG entfällt somit.
cc.
36 
Eine Versagung kommt auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere wegen Umgehung des Gesetzeszwecks, in Betracht. Eine abweichende Entscheidung ist insbesondere nicht deshalb angezeigt, weil der frühere Kaufvertrag, der mehrere Parzellen umfasste, rückgängig gemacht wurde, als die Geltendmachung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts drohte, und weil die Nutzung des Grundstücks durch den langjährigen Pachtvertrag zwischen den Beteiligten für andere Erwerber erschwert wird. Zwar ist die Vorgehensweise der Beteiligten darauf angelegt, dem Antragsteller den Erwerb zu ermöglichen. Die Beteiligten haben sich hierbei jedoch weder ungesetzlich noch in anderer Weise missbilligenswert verhalten. Das langjährige Pachtverhältnis wurde dem Landratsamt angezeigt, welches dieses per Schreiben vom 20.11.2008 (K 3) ausdrücklich billigte. Der Abschluss des langjährigen Pachtverhältnisses kann den Beteiligten deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden.
37 
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beteiligten entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht alle drei Parzellen auf einmal verkauften, sondern diese Veräußerungen auf mehrere Verträge aufteilten. Die Vertragsgestaltung liegt grundsätzlich in der freien Disposition der Vertragsparteien, welche nicht gezwungen sind, mehrere Grundstücke in einem Vertrag zu veräußern.
38 
Es liegt auch keine Umgehung des Grundstückverkehrsgesetzes vor. Eine solche Umgehung kann vorliegen, wenn Vertragsparteien versuchen, der Genehmigungsnotwendigkeit nach dem Grundstückverkehrsgesetz dadurch zu entkommen, dass sie sukzessive Teile eines Grundstücks veräußern, wenn diese Teile, nicht aber das Ausgangsgrundstück unterhalb der für eine Genehmigung erforderlichen Mindestgröße liegen. Ein derartiges Vorgehen kann zur Folge haben, dass auch die Teilveräußerungen der Genehmigungspflicht nach dem GrdstVG unterstellt werden (vgl. Netz, a.a.O., Seite 275). Diese Fallgestaltung liegt aber nicht vor: Die Beteiligten teilten nicht ein bestehendes Grundstück in mehrere kleinere Grundstücke auf, sondern veräußerten jeweils ganze Parzellen. Sie entzogen das streitgegenständliche Grundstück auch nicht dem Geltungsbereich des Grundstückverkehrsgesetzes, sondern führten das gesetzlich vorgesehene Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz durch. Dass die beiden kleineren Parzellen bereits wegen ihrer unter einem Hektar liegenden Größe nicht der Genehmigungspflicht unterlagen, kann den Beteiligten nicht zum Nachteil gereichen.
39 
Die Genehmigung des Grundstückskaufvertrags nach § 2 GrdstVG ist somit zu erteilen. Nach § 22 Abs. 3 GrdstVG kann die Genehmigung durch das Gericht selbst erteilt werden.
3.
40 
Nach § 42 Abs. 1 LwVG kann das Gericht aus besonderen Gründen anordnen, dass von der Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise abgesehen wird. Dies ist vorliegend angezeigt, nachdem die Entscheidung der Genehmigungsbehörde aufgehoben und die zunächst verweigerte Genehmigung durch das Gericht erteilt wird. Eine Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten nach § 45 Abs. 1 LwVG kann nicht ausgesprochen werden, insbesondere ist die Genehmigungsbehörde nicht Beteiligte des Verfahrens und kommt daher als Kostenschuldner nicht in Betracht.
41 
Der Geschäftswert bestimmt sich gemäß § 36 LwVG nach dem Wert, welcher für die Gebührenberechnung bei der Beurkundung maßgeblich ist, also nach dem Verkaufswert.
42 
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 1 LwVG sind nicht ersichtlich.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10 zitiert 9 §§.

Grundstückverkehrsgesetz - GrdstVG | § 9


(1) Die Genehmigung darf nur versagt oder durch Auflagen (§ 10) oder Bedingungen (§ 11) eingeschränkt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß 1. die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder2. durch

Grundstückverkehrsgesetz - GrdstVG | § 2


(1) Die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen der Genehmigung. Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als

Grundstückverkehrsgesetz - GrdstVG | § 1


(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Grundstücke sowie für Moor- und Ödland, das in landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Kultur gebracht werden kann. (2) Landwirtschaft im Sinne dies

Grundstückverkehrsgesetz - GrdstVG | § 22


(1) Wenn die Genehmigungsbehörde eine Genehmigung versagt oder unter Auflagen oder Bedingungen erteilt, ein Zeugnis nach § 5 oder § 6 Abs. 3 oder eine Bescheinigung nach § 11 Abs. 2 verweigert, können die Beteiligten binnen zwei Wochen nach Zustellun

Reichssiedlungsgesetz - RSiedlG | § 4


(1) Wird ein landwirtschaftliches Grundstück oder Moor- und Ödland, das in landwirtschaftliche Kultur gebracht werden kann, in Größe von zwei Hektar aufwärts durch Kaufvertrag veräußert, so hat das gemeinnützige Siedlungsunternehmen, in dessen Bezirk

Grundstückverkehrsgesetz - GrdstVG | § 4


Die Genehmigung ist nicht notwendig, wenn 1. der Bund oder ein Land als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist;2. eine mit den Rechten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestattete Religionsgesellschaft ein Grundstück erwirbt, es se

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2002 - BLw 2/02

bei uns veröffentlicht am 26.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS BLw 2/02 vom 26. April 2002 in der Landwirtschaftssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1 Das Erfordernis der Dringlichkeit des Aufstockungsbedarfs ist nicht in erster Linie zeitlic
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. März 2011 - 101 W 1/10.

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 12. Sept. 2017 - 2 Ww 10/13

bei uns veröffentlicht am 12.09.2017

Tenor Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Magdeburg vom 04.12.2012 geändert und wie folgt neu gefasst: Der Bescheid des Landkreises B. vom 19.10.2010 – Az.: Schu. 350/2010 – w

Referenzen

(1) Die Genehmigung darf nur versagt oder durch Auflagen (§ 10) oder Bedingungen (§ 11) eingeschränkt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß

1.
die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder
2.
durch die Veräußerung das Grundstück oder eine Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und dem Veräußerer gehören, unwirtschaftlich verkleinert oder aufgeteilt würde oder
3.
der Gegenwert in einem groben Mißverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.

(2) Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(3) Eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 liegt in der Regel dann vor, wenn durch Erbauseinandersetzung, Übergabevertrag oder eine sonstige rechtsgeschäftliche Veräußerung

1.
ein selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb seine Lebensfähigkeit verlieren würde;
2.
ein landwirtschaftliches Grundstück kleiner als ein Hektar wird;
3.
ein forstwirtschaftliches Grundstück kleiner als dreieinhalb Hektar wird, es sei denn, daß seine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung gewährleistet erscheint;
4.
in einem Flurbereinigungsverfahren zugeteilte oder anläßlich einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Aufstockung oder Aussiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebes erworbene Grundstücke in der Weise geteilt werden, daß die Teilung diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(4) Wird das Grundstück für andere als land- oder forstwirtschaftliche Zwecke veräußert, so darf die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 3 nicht versagt werden.

(5) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, so darf, wenn das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 1 nur versagt oder durch Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden, falls es sich um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt.

(6) Bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag muß auch allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen werden, insbesondere wenn Grundstücke zur unmittelbaren Gewinnung von Roh- und Grundstoffen (Bodenbestandteile) veräußert werden.

(7) Die Genehmigung soll, auch wenn ihr Bedenken aus den in Absatz 1 aufgeführten Gründen entgegenstehen, nicht versagt werden, wenn dies eine unzumutbare Härte für den Veräußerer bedeuten würde.

(1) Wird ein landwirtschaftliches Grundstück oder Moor- und Ödland, das in landwirtschaftliche Kultur gebracht werden kann, in Größe von zwei Hektar aufwärts durch Kaufvertrag veräußert, so hat das gemeinnützige Siedlungsunternehmen, in dessen Bezirk die Hofstelle des Betriebes liegt, das Vorkaufsrecht, wenn die Veräußerung einer Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz vom 28. Juli 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1091) bedarf und die Genehmigung nach § 9 des Grundstückverkehrsgesetzes nach Auffassung der Genehmigungsbehörde zu versagen wäre; ist keine Hofstelle vorhanden, so steht das Vorkaufsrecht dem Siedlungsunternehmen zu, in dessen Bezirk das Grundstück ganz oder zum größten Teil liegt.

(2) Das Vorkaufsrecht besteht nicht, wenn der Verpflichtete das Grundstück an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, an seinen Ehegatten oder an eine Person verkauft, die mit ihm in gerader Linie oder bis zum dritten Grade in der Seitenlinie verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist. Hat der Eigentümer das Grundstück an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts verkauft, kann das Vorkaufsrecht abweichend von Satz 1 zu den in § 1 Abs. 1b genannten Zwecken ausgeübt werden. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist vor Ausübung des Vorkaufsrechts zu hören. Das Vorkaufsrecht kann nicht ausgeübt werden, wenn sie das Grundstück für die ihr obliegenden Aufgaben benötigt.

(3) Das Vorkaufsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß in dem Veräußerungsvertrag ein geringeres als das vereinbarte Entgelt beurkundet ist. Dem Siedlungsunternehmen gegenüber gilt das beurkundete Entgelt als vereinbart.

(4) Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung für das Land oder für Teile des Landes die Mindestgröße der Grundstücke, die dem Vorkaufsrecht unterliegen, auf mehr als zwei Hektar festsetzen; für eine beschränkte Zeit kann sie die Mindestgröße auf weniger als zwei Hektar festsetzen, solange dies zur Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur notwendig ist.

(5) Die Siedlungsbehörde kann bestimmen, daß statt des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens eine nach § 1 Abs. 1 Satz 3 als Siedlungsunternehmen bezeichnete Stelle das Vorkaufsrecht hat.

(1) Die Genehmigung darf nur versagt oder durch Auflagen (§ 10) oder Bedingungen (§ 11) eingeschränkt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß

1.
die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder
2.
durch die Veräußerung das Grundstück oder eine Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und dem Veräußerer gehören, unwirtschaftlich verkleinert oder aufgeteilt würde oder
3.
der Gegenwert in einem groben Mißverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.

(2) Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(3) Eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 liegt in der Regel dann vor, wenn durch Erbauseinandersetzung, Übergabevertrag oder eine sonstige rechtsgeschäftliche Veräußerung

1.
ein selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb seine Lebensfähigkeit verlieren würde;
2.
ein landwirtschaftliches Grundstück kleiner als ein Hektar wird;
3.
ein forstwirtschaftliches Grundstück kleiner als dreieinhalb Hektar wird, es sei denn, daß seine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung gewährleistet erscheint;
4.
in einem Flurbereinigungsverfahren zugeteilte oder anläßlich einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Aufstockung oder Aussiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebes erworbene Grundstücke in der Weise geteilt werden, daß die Teilung diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(4) Wird das Grundstück für andere als land- oder forstwirtschaftliche Zwecke veräußert, so darf die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 3 nicht versagt werden.

(5) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, so darf, wenn das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 1 nur versagt oder durch Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden, falls es sich um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt.

(6) Bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag muß auch allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen werden, insbesondere wenn Grundstücke zur unmittelbaren Gewinnung von Roh- und Grundstoffen (Bodenbestandteile) veräußert werden.

(7) Die Genehmigung soll, auch wenn ihr Bedenken aus den in Absatz 1 aufgeführten Gründen entgegenstehen, nicht versagt werden, wenn dies eine unzumutbare Härte für den Veräußerer bedeuten würde.

(1) Die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen der Genehmigung. Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als genehmigt. Die Genehmigung kann auch vor der Beurkundung des Rechtsgeschäfts erteilt werden.

(2) Der Veräußerung eines Grundstücks stehen gleich

1.
die Einräumung und die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück;
2.
die Veräußerung eines Erbanteils an einen anderen als an einen Miterben, wenn der Nachlaß im wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb besteht;
3.
die Bestellung des Nießbrauchs an einem Grundstück.

(3) Die Länder können

1.
die Vorschriften dieses Abschnitts auf die Veräußerung von grundstücksgleichen Rechten, die die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks zum Gegenstand haben, sowie von selbständigen Fischereirechten für anwendbar erklären;
2.
bestimmen, daß die Veräußerung von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe keiner Genehmigung bedarf;
3.
bestimmen, dass in bestimmten Teilen des Landesgebietes die Genehmigung eines nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts über die in § 9 genannten Gründe hinaus versagt oder mit Nebenbestimmungen nach § 10 oder § 11 versehen werden kann, soweit dies in dem betroffenen Teil des Landesgebietes zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Agrarstruktur zwingend erforderlich ist.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Grundstücke sowie für Moor- und Ödland, das in landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Kultur gebracht werden kann.

(2) Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes ist die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen, besonders der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft, der Erwerbsgartenbau, der Erwerbsobstbau und der Weinbau sowie die Fischerei in Binnengewässern.

(3) Grundstück im Sinne dieses Gesetzes ist auch ein Teil eines Grundstücks.

Die Genehmigung ist nicht notwendig, wenn

1.
der Bund oder ein Land als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist;
2.
eine mit den Rechten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestattete Religionsgesellschaft ein Grundstück erwirbt, es sei denn, daß es sich um einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb handelt;
3.
die Veräußerung oder die Ausübung des Vorkaufsrechts der Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens, eines Siedlungsverfahrens oder eines Verfahrens nach § 37 des Bundesvertriebenengesetzes dient;
4.
Grundstücke veräußert werden, die im räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 des Baugesetzbuchs liegen, es sei denn, daß es sich um die Wirtschaftsstelle eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder um Grundstücke handelt, die im Bebauungsplan als Grundstücke im Sinne des § 1 ausgewiesen sind;
5.
die Veräußerung nach dem bayerischen Almgesetz vom 28. April 1932 (Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts Band IV S. 359) zuletzt geändert durch § 59 des Zweiten Bayerischen Gesetzes zur Anpassung des Landesrechts an den Euro vom 24. April 2001 (GVBl. S. 140) genehmigt ist.

(1) Die Genehmigung darf nur versagt oder durch Auflagen (§ 10) oder Bedingungen (§ 11) eingeschränkt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß

1.
die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder
2.
durch die Veräußerung das Grundstück oder eine Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und dem Veräußerer gehören, unwirtschaftlich verkleinert oder aufgeteilt würde oder
3.
der Gegenwert in einem groben Mißverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.

(2) Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(3) Eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 liegt in der Regel dann vor, wenn durch Erbauseinandersetzung, Übergabevertrag oder eine sonstige rechtsgeschäftliche Veräußerung

1.
ein selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb seine Lebensfähigkeit verlieren würde;
2.
ein landwirtschaftliches Grundstück kleiner als ein Hektar wird;
3.
ein forstwirtschaftliches Grundstück kleiner als dreieinhalb Hektar wird, es sei denn, daß seine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung gewährleistet erscheint;
4.
in einem Flurbereinigungsverfahren zugeteilte oder anläßlich einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Aufstockung oder Aussiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebes erworbene Grundstücke in der Weise geteilt werden, daß die Teilung diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(4) Wird das Grundstück für andere als land- oder forstwirtschaftliche Zwecke veräußert, so darf die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 3 nicht versagt werden.

(5) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, so darf, wenn das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 1 nur versagt oder durch Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden, falls es sich um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt.

(6) Bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag muß auch allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen werden, insbesondere wenn Grundstücke zur unmittelbaren Gewinnung von Roh- und Grundstoffen (Bodenbestandteile) veräußert werden.

(7) Die Genehmigung soll, auch wenn ihr Bedenken aus den in Absatz 1 aufgeführten Gründen entgegenstehen, nicht versagt werden, wenn dies eine unzumutbare Härte für den Veräußerer bedeuten würde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 2/02
vom
26. April 2002
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Erfordernis der Dringlichkeit des Aufstockungsbedarfs ist nicht in erster Linie
zeitlich orientiert. Es muß vielmehr eine gesteigerte Notwendigkeit bestehen, was
zeitliche Erwägungen nicht ausschließt, aber Raum läßt für Überlegungen der Zukunftsorientiertheit.
BGH, Beschluß vom 26. April 2002 - BLw 2/02 - OLG Hamm
AG Ahaus
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 26. April
2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Siebers und
Gose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den undatierten, auf mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2001 ergangenen Beschluû des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen.
Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 215.000 ?

Gründe:

I.


Mit notariellem Vertrag vom 5. Oktober 2000 verkaufte der Beteiligte zu 1, der einen Schweinemastbetrieb unterhält, dem Beteiligten zu 2 die im Grundbuch von H. , Blatt 355, verzeichnete Fläche der Gemarkung H. , Flur 46, Flurstück 32, zum Preis von 420.000 DM. Der Beteiligte zu 2 ist kein Landwirt. Mit Vertrag vom 8. Juni 2000/Nachtrag vom 16. Juli 2000 hatte daher der Beteiligte zu 1 die anschlieûend verkaufte Fläche für die Dauer von zehn Jahren, davon die ersten fünf Jahre pachtfrei, zurückgepachtet, um sie wie bisher bewirtschaften zu können. Der Beteiligte zu 2 bot dem Beteiligten zu 1 fer-
ner eine Verlängerung der Pachtzeit nach deren Ablauf um weitere zehn Jahre zu ortsüblichem Pachtzins an.
Im Rahmen des eingeleiteten Genehmigungsverfahrens zeigte der Landwirt H. W. , der in etwa 7 km Entfernung einen Vollerwerbsbetrieb mit rund 42 ha Eigenland und 27 ha Pachtland bewirtschaftet, Interesse an einem Erwerb der Fläche an.
Aufgrund dessen übte die Beteiligte zu 3 mit Bescheid vom 4. Januar 2001 das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz zugunsten von H. W. aus. Gegen diesen Bescheid haben die Beteiligten zu 1 und 2 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt mit dem Antrag, den Grundstückskaufvertrag zwischen ihnen zu genehmigen und die Unwirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung festzustellen.
Das Landwirtschaftsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgen sie den Antrag auf Genehmigung des Grundstückskaufvertrages weiter.

II.


Das Beschwerdegericht hält den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG für gegeben. Die Veräuûerung der Fläche an den Beteiligten zu 2 habe nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur, da der Landwirt W. an dem Erwerb der Fläche ein dringendes Interesse habe. Der Um-
stand, daû die verkaufte Fläche an den Beteiligten zu 1 für zehn Jahre rückverpachtet sei, stehe dem nicht entgegen, da der Erwerb zukunftsorientiert sei und langfristig der Sicherung des Betriebes diene.

III.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG kann die Genehmigung einer Grundstücksveräuûerung gemäû § 2 GrdstVG versagt werden, wenn dies eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens zur Folge hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt dieser Versagungsgrund vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräuûert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (BGHZ 75, 81, 83 f; 94, 292, 294 f; 112, 86, 88). Diese Voraussetzungen hat das Beschwerdegericht im konkreten Fall zu Recht bejaht.

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht der Umstand, daû H. W. im Jahre 1988 12 ha seines Landes an die Gemeinde H. verkauft hat, der Annahme eines Aufstockungsbedarfs nicht entgegen. Der Verkauf an die Gemeinde beruhte darauf, daû die Fläche als Gewerbegebiet ausgewiesen worden war. DaûH. W. sie an sich weiter benötigte , zeigt sich an seinen jahrelangen - wenngleich erfolglosen - Bemühungen um Tauschflächen. Zu Recht hat das Beschwerdegericht diesen Bedarf
auch dadurch als gesteigert angesehen, daûW. zwischenzeitlich seinen Viehbestand noch aufgestockt hat. Dazu bedurfte es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keiner näheren Feststellungen zu der zeitlichen Abfolge und zu dem Verhältnis von Viehbestand und Grundstücksbestand. Denn der Grundstücksbestand ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts im wesentlichen gleich geblieben, da die verkauften Flächen durch Anpachtungen ausgeglichen werden konnten. Eine Aufstockung des Viehbestandes unterstreicht daher in jedem Fall das Bestreben von W. , seinen Betrieb weiter zu vergröûern, um sich auf dem Markt behaupten und entwickeln zu können. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht hieraus gefolgert hat, daû der von W. angestrebte Erwerb der Verbesserung der Agrarstruktur dient und daû angesichts dessen eine Veräuûerung an einen Nichtlandwirt zu einer ungesunden Bodenverteilung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG führt.

b) Der Rechtsbeschwerde ist auch nicht dahin zu folgen, daû die von dem Beschwerdegericht angenommene Dringlichkeit des Aufstockungsbedarfs mit der in dem Kaufvertrag mit dem Beteiligten zu 2 vereinbarten Rückverpachtung in Widerspruch stehe. Das Erfordernis der Dringlichkeit ist nicht in erster Linie zeitlich orientiert. Es geht - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht darum, daû der erstrebte Erwerb des Landwirts eilig sein müsse, daû er keinen Zeitaufschub dulde. Vielmehr ist der Begriff "dringend" im Hinblick auf die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts für die Agrarstruktur zu sehen. Allein darauf kommt es bei der Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG an (BVerfGE 21, 73, 86). Das bedeutet, daû der Zuerwerb für den Betrieb des Landwirts dringlich vor allem im Sinne einer gesteigerten Notwendigkeit sein muû. Das schlieût zeitliche Erwägungen zwar nicht aus, läût aber Raum für die
von dem Beschwerdegericht berücksichtigte Überlegung der Zukunftsorientiertheit. So ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Beschwerdegericht dem Umstand Rechnung getragen hat, daû W. ein besonderes Interesse an einer mittel- bis langfristigen Perspektive seines Betriebes dargelegt hat. Das vergebliche Bemühen, Tauschflächen zu erhalten, die mittelfristige Kompensation des Verkaufs an die Gemeinde durch Pachtflächen machen hinreichend deutlich, daû der Erwerb der Flächen des Beteiligten zu 1 auch mit Rücksicht auf die zehnjährige Rückverpachtungspflicht eine sinnvolle und für die Entwicklung des Betriebes notwendige Maûnahme darstellt, die der Verbesserung der Agrarstruktur dient.
Soweit die Rechtsbeschwerde darauf verweist, daû der Vertrag dem Beteiligten zu 1 die Option auf eine Verlängerung der Pacht um weitere zehn Jahre gewährt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Wertung der konkreten Umstände durch das Beschwerdegericht dahin, daû es völlig offen sei, ob es zu einer Wahrnehmung dieser Option kommen werde, läût Rechtsfehler nicht erkennen. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht der bloûen Möglichkeit einer Pachtverlängerung für die Frage der Notwendigkeit des Erwerbs zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur keine erhebliche Bedeutung beigemessen hat.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke

(1) Die Genehmigung darf nur versagt oder durch Auflagen (§ 10) oder Bedingungen (§ 11) eingeschränkt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß

1.
die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder
2.
durch die Veräußerung das Grundstück oder eine Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und dem Veräußerer gehören, unwirtschaftlich verkleinert oder aufgeteilt würde oder
3.
der Gegenwert in einem groben Mißverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.

(2) Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(3) Eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 liegt in der Regel dann vor, wenn durch Erbauseinandersetzung, Übergabevertrag oder eine sonstige rechtsgeschäftliche Veräußerung

1.
ein selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb seine Lebensfähigkeit verlieren würde;
2.
ein landwirtschaftliches Grundstück kleiner als ein Hektar wird;
3.
ein forstwirtschaftliches Grundstück kleiner als dreieinhalb Hektar wird, es sei denn, daß seine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung gewährleistet erscheint;
4.
in einem Flurbereinigungsverfahren zugeteilte oder anläßlich einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Aufstockung oder Aussiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebes erworbene Grundstücke in der Weise geteilt werden, daß die Teilung diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(4) Wird das Grundstück für andere als land- oder forstwirtschaftliche Zwecke veräußert, so darf die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 3 nicht versagt werden.

(5) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, so darf, wenn das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, die Genehmigung aus Absatz 1 Nr. 1 nur versagt oder durch Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden, falls es sich um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt.

(6) Bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag muß auch allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen werden, insbesondere wenn Grundstücke zur unmittelbaren Gewinnung von Roh- und Grundstoffen (Bodenbestandteile) veräußert werden.

(7) Die Genehmigung soll, auch wenn ihr Bedenken aus den in Absatz 1 aufgeführten Gründen entgegenstehen, nicht versagt werden, wenn dies eine unzumutbare Härte für den Veräußerer bedeuten würde.

(1) Die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen der Genehmigung. Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als genehmigt. Die Genehmigung kann auch vor der Beurkundung des Rechtsgeschäfts erteilt werden.

(2) Der Veräußerung eines Grundstücks stehen gleich

1.
die Einräumung und die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück;
2.
die Veräußerung eines Erbanteils an einen anderen als an einen Miterben, wenn der Nachlaß im wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb besteht;
3.
die Bestellung des Nießbrauchs an einem Grundstück.

(3) Die Länder können

1.
die Vorschriften dieses Abschnitts auf die Veräußerung von grundstücksgleichen Rechten, die die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks zum Gegenstand haben, sowie von selbständigen Fischereirechten für anwendbar erklären;
2.
bestimmen, daß die Veräußerung von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe keiner Genehmigung bedarf;
3.
bestimmen, dass in bestimmten Teilen des Landesgebietes die Genehmigung eines nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts über die in § 9 genannten Gründe hinaus versagt oder mit Nebenbestimmungen nach § 10 oder § 11 versehen werden kann, soweit dies in dem betroffenen Teil des Landesgebietes zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Agrarstruktur zwingend erforderlich ist.

(1) Wenn die Genehmigungsbehörde eine Genehmigung versagt oder unter Auflagen oder Bedingungen erteilt, ein Zeugnis nach § 5 oder § 6 Abs. 3 oder eine Bescheinigung nach § 11 Abs. 2 verweigert, können die Beteiligten binnen zwei Wochen nach Zustellung Antrag auf Entscheidung durch das nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen zuständige Gericht stellen.

(2) Der Antrag kann bei der Genehmigungsbehörde, gegen deren Entscheidung er sich richtet, schriftlich oder bei dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle gestellt werden. Die §§ 17 bis 19 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann die Entscheidungen treffen, die auch die Genehmigungsbehörde treffen kann.

(4) Ist eine Genehmigung unter einer Auflage nach diesem Gesetz oder nach den bisherigen Vorschriften über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken erteilt und haben sich die Umstände, die für die Erteilung der Auflage maßgebend waren, wesentlich geändert, so kann der durch die Auflage Beschwerte beantragen, daß das nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen zuständige Gericht die Auflage ändert oder aufhebt. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.