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| Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus behaupteten ärztlichen Behandlungsfehlern anlässlich ihrer Geburt am 19.11.1996 im Städtischen Krankenhaus W. geltend. |
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| Die am 9.3.1967 geborene Mutter der Klägerin gebar im Jahr 1988 ihr erstes Kind in der 38. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von 2.920 gr. Die Geburt erfolgte wegen einer fetalen Bradykardie mittels Vakuumextraktion aus Beckenmitte. Die Mutter nahm bis zur Geburt von 65 auf 79,3 kg an Gewicht zu. |
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| Am 2.4.1996 wurde die Schwangerschaft mit der Klägerin vom Gynäkologen Dr. Sa. festgestellt. Errechneter Geburtstermin sollte der 22.11.1996 sein. Im Mutterpass findet sich ab der 36. Schwangerschaftswoche die Eintragung „Ödeme ++“. |
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| Eine letzte sonographische Geburtsgewichtsschätzung vom 23.10.1996 kam zu einem zu erwartenden Geburtsgewicht von rund 2.900 gr. |
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| Am 19.11.1996 um 01.00 Uhr stellte sich die Mutter der Klägerin, die während der Schwangerschaft mit der Klägerin von 63,5 auf 84,6 kg bei einer Körpergröße von 167 cm zugenommen hatte, erstmals in der gynäkologischen belegärztlichen Abteilung des Städtischen Krankenhauses W. vor. Diese Abteilung wird von den Dres. W., H. und L. betrieben. Die Beklagte war von den Belegärzten zur Verrichtung des Stationsdienstes angestellt worden. Im Herbst 1996 war die Beklagte etwa ein Jahr lang im Bereich der Geburtshilfe tätig gewesen, davon ein halbes Jahr als Ärztin im Praktikum und ein weiteres halbes Jahr als Assistenzärztin. Die Leitung einer Geburt war ihr noch nicht übertragen worden. |
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| In der Nacht wurde von 02.58 - 03.24 Uhr ein CTG geschrieben. Wehen traten alle 5-6 Minuten auf; der Muttermund war nach einem handschriftlichen Eintrag auf dem CTG 1-2 cm geöffnet, der Kopf der Klägerin noch leicht abschiebbar im Beckeneingang und die Fruchtblase noch erhalten. Die Mutter der Klägerin wurde noch einmal nach Hause geschickt. |
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| An demselben Tag kurz vor 14.00 Uhr stellte sich die Mutter der Klägerin wieder vor und wurde von der zuständigen Hebamme, der früheren Beklagten Ziffer 2, die damals schon über 16 Jahre Berufserfahrung hatte, aufgenommen. Es wurden regelmäßige Wehen alle 5 Minuten und eine Muttermundsweite von 5 cm festgestellt. Das zunächst bis 14.35 Uhr geschriebene CTG ergab eine relative fetale Tachykardie ( 160-170/Min ) mit teilweise eingeschränkter Oszillation bei starken Kindsbewegungen. |
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| Um 15.10 Uhr benachrichtigte die Hebamme Herrn Dr. H. in dessen Praxis von der bevorstehenden Geburt. Ein weiteres, von 15.03 - 15.30 Uhr geschriebenes CTG ergab einen normofrequenten Befund mit guter Oszillation. Um 15.15 Uhr war der Muttermund auf 6-7 cm geweitet. |
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| Das ab 15.30 Uhr durchlaufende CTG ließ bis 16.13/16.14 Uhr eine fetale Herzschlagfrequenz von 130 Schlägen/Min. mit eingeschränkter, zum Teil silenter Oszillation bei guten bis starken Kindsbewegungen erkennen. Gegen 15.43/15.44 Uhr eröffnete die Hebamme die Fruchtblase; dabei ging reichlich klares Fruchtwasser ab. Zwischen 15.55 Uhr und 16.00 Uhr wurde durch die Beklagte, nach deren Darstellung auf Anweisung des Dr. H., ein Wehenunterstützungstropf mit 500 ml Glucose und 3 IE Orasthin angelegt. Im Partogramm ist hierzu als Grund „Wehenschwäche, sekundär“ vermerkt. |
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| Der CTG-Eintragung ist zu entnehmen, dass Dr. H. um 16.08 Uhr informiert wurde; das handschriftliche Protokoll der Hebamme nennt 16.10 Uhr als Zeitpunkt, zu dem Dr. H. gerufen wurde. Die Presswehen setzten gegen 16.10 Uhr ein. Unterstützt durch Kristellern der Beklagten Ziffer 1 wurde gemäß Geburtsbericht der Hebamme der Kopf der Klägerin um 16.14 Uhr geboren, nachdem die Hebamme zuvor einen Dammschnitt gelegt hatte. Die Herztöne waren bradykard. Bei der nächsten Presswehe erschien der Hebamme der kindliche Kopf „auf der Vulva aufgepresst“. Die Hebamme stellte die Diagnose einer „hohen Schulterdystokie“. Es wurde ein sogenanntes „McRoberts-Manöver“ durchgeführt, bei welchem die Beine der Gebärenden maximal gestreckt und gebeugt werden. Bereits die einmalige Durchführung dieses Manövers führte zur Entwicklung des kindlichen Körpers aus - so die Dokumentation der Hebamme - der II. Hinterhauptslage um 16.20 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt erschien auch Dr. H.. Die Klägerin wog 3.270 gr; sie wies Apgarwerte von 9/10/10 und einen Nabelschnur-pH-Wert von 7,26 auf. |
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| Die Klägerin erlitt bei der Geburt eine Plexusparese auf der rechten Seite, die sich trotz einer operativen Intervention im Jahre 1999 und ständiger krankengymnastischer Beübung nicht vollständig zurückgebildet hat. |
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| Die Klägerin hat der Beklagten ( und der im ersten Rechtszug noch mit verklagten Hebamme ) vorgeworfen, das geburtshilfliche Procedere sei nicht im Sinne eines prospektiven Geburtsmanagements an die besondere Risikosituation angepasst worden. Für das Auftreten einer Schulterdystokie habe ein besonderes Risiko bestanden, weil bei der Entbindung des Bruders eine Vakuumextraktion erforderlich gewesen sei, weil die Mutter während der Schwangerschaft exzessiv zugenommen habe, die fetale Herzfrequenz durchweg eingeschränkt gewesen sei, und weil die Geburt wegen der Verabreichung eines wehenunterstützenden Medikaments und wegen der Kristellerhilfe überbeschleunigt worden sei. Über die damit vorliegende relative Indikation für einen Kaiserschnitt sei die Mutter nicht aufgeklärt worden. Die Hebamme habe nach Auftreten der Schulterdystokie ihre Kompetenz überschritten, indem sie die Geburtsleitung weiter beibehalten hat. Die Beklagte habe trotz der aufgetretenen Schulterdystokie weiter kristellert. Schließlich hat die Klägerin Dokumentationsmängel der Beklagten gesehen. Die Verletzungen der Klägerin seien auf die behaupteten Fehler zurückzuführen. |
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| Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schmerzensgeld (100.000,- DM), Ersatz des behinderungsbedingten Mehraufwands (149.000,- DM bis Ende April 2001 und monatliche Rente ab Mai 2001 in Höhe von 2.600,- DM) und Feststellung der Ersatzpflicht für materiellen und immateriellen Schaden gerichtete Klage nach Einholung eines von Dr. P. vorgelegten schriftlichen und mündlich erläuterten Sachverständigengutachtens abgewiesen, weil es Fehler jedenfalls der Beklagten bei der geburtshilflichen Betreuung der Mutter nicht als nachgewiesen erachtete. |
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| Die Klägerin vertieft mit ihrer Berufung die schon im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Vorwürfe und hält der Beklagten vor, sie habe die Geburtsleitung übernommen, obgleich sie dies wegen Überforderung angesichts ihrer geringen Berufserfahrung hätte ablehnen müssen. Den zuständigen Facharzt habe die Beklagte früher hinzuziehen müssen, weshalb der Klägerin die Grundsätze über eine Beweiserleichterung bei einer „Anfängeroperation“ zugute kommen müssten. Dies gelte auch deshalb, weil die Beklagte den Geburtsverlauf nicht selbst dokumentiert habe. Weil die Klägerin schließlich eine Schlüsselbeinfraktur davongetragen habe, sei dem ersten Anschein nach davon auszugehen, dass entweder unzulässig lang kristellert worden sei oder die Beklagte zugelassen habe, dass die Hebamme übereilt oder in unzulässigem Maß am Kopf der Klägerin gezogen habe. |
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| unter Abänderung des angefochtenen Urteils |
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| 1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt wird, mindestens jedoch 51.129,19 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 1.4.1999 zu zahlen; |
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| 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren, derzeit nicht absehbaren immateriellen Folgeschaden zu ersetzen, der ihr durch die fehlerhafte Geburtsbetreuung vom 19.11.1996 entstanden ist und noch entstehen wird; |
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| 3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den im Zeitraum von 11/96 bis 04/01 entstandenen personellen und materiellen behinderungsbedingten Mehraufwand in Höhe von 76.182,49 EUR nebst 4 % Zinsen aus 42.948,52 EUR seit dem 1.4.1999 sowie 4 % Zinsen aus 33.233,97 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen; |
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| 4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine gemäß § 843 Abs. 2, Satz 1 BGB, 760 BGB drei Monate im Voraus zu zahlende monatliche Mehrbedarfsrente ab dem 1.5.2001 in Höhe von 1.329,36 EUR zu zahlen; |
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| 5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen über die Klaganträge zu 3) und 4) hinausgehenden kongruenten materiellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin noch entstehen wird, soweit diese Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder Sozialhilfeträger übergegangen sind bzw. übergehen werden. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. |
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| Der Senat hat ein ergänzendes schriftliches Gutachten eingeholt, das Prof. Dr. F. am 24.2.2003 ( Blatt 317 ff ) vorlegte und im Senatstermin vom 8.7.2003 mündlich erläuterte ( vgl. Blatt 404 f. ). |
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| Wegen des übrigen Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungen, wegen der übrigen Feststellungen des Landgerichts auf das angefochtene Urteil ( Blatt 249 ff ) Bezug genommen. |
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| Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. |
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| Das Landgericht hat die zulässige Klage gegen die im Berufungsrechtszug noch allein weiter in Anspruch genommene Beklagte zu Recht abgewiesen. |
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| Die Feststellungen des Senats beruhen auf den widerspruchsfreien, erkennbar von Sachkunde getragenen und daher überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. P. und Prof. Dr. F.. |
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| I. Die Berufung nimmt nicht zur Kenntnis, dass vom Landgericht schon festgestellt worden ist, dass die Beklagte nur die Hebamme (frühere Beklagte Ziffer 2) unterstützte, letztere aber von Anfang an die Geburtsleitung übernommen und immer behalten hat (vgl. die Äußerungen der damals noch beiden Beklagten im Termin vor dem Landgericht am 26.7.2001, Blatt 111 ff). Die Klägerin hat diese Erklärungen der Beklagten in der ersten Instanz und auch in der Berufungsbegründung nicht bestritten. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). |
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| Die Rollenverteilung zwischen der erfahrenen Hebamme und der unerfahrenen Beklagten, die zuvor noch keine Geburt eigenständig geleitet hatte, entsprechend dieser eindeutigen Kompetenzverteilung war sachgerecht, zutreffend und angemessen. Die Beklagte sollte nicht Dr. H. vertreten, der mit Beginn der Presswehen herbeigerufen wurde, sondern bis zu dessen Erscheinen der Hebamme zur Hand gehen. Schon in der Entscheidung vom 15.7.1993 ( VersR 1994, 1114 ) ist der Senat davon ausgegangen, dass die Geburtsleitung von der Hebamme auch im Beisein eines Arztes übernommen werden kann, ihre Kompetenz allerdings da endet, wo sich wegen einer Schulterdystokie eine schwerwiegende Geburtskomplikation einstellt (vgl. dazu auch § 2 Satz 1-3 HebBO vom 25.11.1992, GBl. 1992, 774 ). Prof. F. hat in seinem GA vom 24.2.2003 die Aufgabenverteilung ebenfalls gebilligt ( GA S. 6, Blatt 322 und Seite 10, Blatt 326 ). Dass Dr. H. bei Eintritt der Komplikation noch nicht anwesend war, hat an der Aufgabenstellung für die Beklagte nichts geändert. |
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| Erstmals mit Schriftsatz vom 3.6.2003 ( Blatt 382 ff ) trägt die Klägerin vor, dass die Beklagte von der Aufnahme der Mutter an im Kreißsaal zugegen gewesen sei und sich als die zuständige Ärztin vorgestellt habe. Erstmals wird in diesem Zusammenhang auch bestritten, dass einzelne Maßnahmen (z.B. Gabe von Wehenmitteln) mit Dr. H. abgesprochen gewesen seien. |
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| Dass sich die Beklagte als „zuständige Ärztin“ vorstellte, kann unterstellt werden, weil sie tatsächlich von den Belegärzten als Stationsärztin angestellt worden war. |
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| Das Bestreiten der Absprache einzelner Maßnahmen wie der Gabe wehenfördernder Mittel mit Dr. H. stellt ein neues Angriffsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO dar, das wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 531 Abs. 2 Ziffer 1 - 3 ZPO nicht zuzulassen ist. Im Übrigen rechtfertigt das Anlegen des Wehentropfes nicht die Annahme eines Fehlers der Beklagten (s.u. II. 2.). Den auf die Einvernahme der Zeugen Z. und Z. gerichteten Beweisanträgen ( Blatt 382 f ) ist daher nicht nachzugehen. |
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| Ansatzpunkte für (berechtigte) Fehlervorwürfe gegenüber der Beklagten ergeben sich demnach nur dann, wenn nachgewiesen wäre, dass für die Beklagte etwaige Fehler der Hebamme erkennbar wurden und sie daraufhin hätte handeln müssen ( vgl. unten II. ), oder wenn die Beklagte bei dem, was sie an unterstützenden Hilfemaßnahmen leistete, Fehler beging ( vgl. unten III. ) |
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| II. Eine Handlungspflicht der Beklagten, sei es in Form eines eigenen Eingreifens in den von der Hebamme betreuten Geburtsverlauf, sei es in Form einer frühzeitigeren Hinzuziehung des Facharztes Dr. H. wegen erkennbarer Risikofaktoren, hätte voraus gesetzt, dass der Hebamme nachweisbar Fehler unterlaufen wären, die für die Beklagte in deren Funktion als Helferin und „Auszubildende“ erkennbar waren. |
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| Solche Fehler sind nach den gutachterlichen Äußerungen der Sachverständigen Dr. P. und von Prof. Dr. F. nicht festzustellen. Danach ist vielmehr davon auszugehen, dass Fehler der Hebamme bei der eigenen Verrichtung oder dem erforderlichen Hinzuziehen des Facharztes der Gynäkologie wegen sich abzeichnender Risiken nicht nachgewiesen sind, so dass sich die Frage nach der Erkennbarkeit für die Beklagte nicht stellt. |
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| 1. Es lag keine Risikokonstellation vor, die ein frühzeitigeres Hinzuziehen des Facharztes erfordert hätte (vgl. GA Prof. F., Seite 6-10, Blatt 322 - 326, Seite 11, Blatt 327). |
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| a) Die Geburt des Bruders im Jahre 1988 mittels Vakuumextraktion „aus Beckenmitte“ stellte keinen Umstand dar, der bei der Geburt der Klägerin das Risiko einer Schulterdystokie nahe legte. |
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| Im ersten Gutachten vom 7.11.2001 hat Dr. P. zwar die „vaginal-operative Entbindung aus Beckenmitte“ als Risikofaktor benannt ( GA S.7 ). Auf die Darlegung des von der Klägerin beauftragten Privatsachverständigen Prof. Dr. J. in dessen Gutachten vom 17.12.2001 ( GA S. 19 ), wonach „in vielen neuen Veröffentlichungen gerade als besonderes Risiko auf die Entstehung einer Schulterdystokie bei Vakuumextraktion aus Beckenmitte hingewiesen werde“, hat Dr. P. im Ergänzungsgutachten vom 11.4.2002 ( S. 2 -5 ) aber erklärt, dass es sich bei einer „Vakuumextraktion aus Beckenmitte“ genau so wie bei einer verlängerten Austreibungsphase um subpartuale Risiken handelt. Bei der Klägerin war eine solche Situation aber unstreitig nicht gegeben. |
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| Soweit die Klägerin einen „Geburtsstillstand“ bei der Geburt ihres Bruders als Ursache für die Bradykardie vermutet, die dann die Vakuumextraktion erforderlich gemacht habe, haben weder Dr. P. noch Prof. F. ( GA S. 8, Blatt 324 ) hierfür einen Anhalt gesehen. Eine Gleichsetzung der Bradykardie bei der Geburt des Bruders der Klägerin mit einem Geburtsstillstand ist nach den Sachverständigen unzulässig (Prof. Dr. F., Protokoll vom 8.7.2003, Seite 3). |
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| Selbst wenn aber von einem solchen Geburtsstillstand bei der Geburt im Jahre 1988 auszugehen wäre, fehlt es nach den überzeugenden Angaben des Dr. P. an einem Zusammenhang zwischen der damaligen Bradykardie des Bruders und den geburtsmechanischen Schwierigkeiten bei der Geburt der Klägerin ( vgl. Protokoll vom 31.7.2002, Seite 4, Blatt 241 ). |
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| b) Die massive Gewichtszunahme der Mutter der Klägerin hat auch der Privatsachverständige Prof. Dr. J. nicht als maßgebliches Problem für den Eintritt der Schulterdystokie gesehen. Im Gutachten vom 17.12.2001 hat Prof. Dr. J. hierauf keinen besonderen Wert gelegt und dazu ausgeführt, dass man „diesen Punkt zunächst lassen sollte“, „die Ursache ( für die Schulterdystokie) liege in einem anderen Bereich“ ( GA S. 15/16 ). |
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| Die starke Gewichtszunahme hatte aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Ursache in einer Ödembildung vor allem in den Beinen der Mutter in den letzten Wochen der Schwangerschaft ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 8/9; GA vom 11.4.2002, Seite 8-11 ); die Gewichtszunahme hätte allenfalls bei einer Makrosomie der Klägerin ein besonderes Risiko dargestellt ( Protokoll vom 31.7.2002, Seite 5 ). Dem entsprechen auch die Ausführungen von Prof. F. ( GA S. 9-10, Blatt 325-326; Protokoll vom 8.7.2003, S. 3 ). |
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| c) Bildgebende Verfahren zur Feststellung der Lage der Klägerin waren nicht geboten, zumal das Problem der Schulterdystokie aus einer gestörten Rotationsbewegung des Kindes resultiert und die Klägerin nicht makrosom war ( GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 4/5 ). |
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| Eine intrapartale Ultraschalluntersuchung war nicht indiziert ( GA Prof. F., Seite 6, Blatt 322 ). |
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| d) Es handelte sich entgegen der Vorstellung der Klägerin auch nicht um eine - weil die Mutter bereits in der Nacht vor der Geburt im Krankenhaus erschienen, aber wieder nach Hause geschickt worden ist - „protrahierte Geburt“ ( GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 17, Blatt 199 ). Die eigentliche Austreibungsperiode begann erst am Nachmittag des 19.11.1996. Auch Prof. F. hat keine protrahierte Geburt festgestellt, sondern einen schnellen Geburtsverlauf ( GA Seite 12, Blatt 328 ). |
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| Nur bei einer protrahierten Austreibungsperiode und einem erschwerten Durchtreten des Kopfes (Geburtsstillstand in der Beckenmitte) könnte die angewandte „Kristellerhilfe“ als Risikofaktor für die Schulterdystokie zu werten sein ( GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 17, Blatt 199 ). |
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| 2. Die Klägerin hat auch nicht den Beweis geführt, dass ein falsches Geburtsmanagement der Hebamme ( das die Beklagte hätte verhindern müssen ) zu dem Gesundheitsschaden der Klägerin geführt hat. |
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| a) Es kann nicht festgestellt werden, dass das „Kristellern“ falsch war (GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 15-20; GA vom 7.11.2001, Seite 10; GA Prof. Dr. F., Seite 13, Blatt 329), noch dass die Amniotomie und das Anlegen des Wehentropfes (der zwar nicht zwingend notwendig war, aber keinen Fehlervorwurf rechtfertigt, vgl. GA vom 7.11.2001, Seite 9/10) im vorliegenden Fall kontraindiziert waren (Protokoll vom 31.7.2002, Seite 7). Die Orasthinkonzentration war nicht zu hoch; der Mutter der Klägerin wurden lediglich 3 IE Orasthin in 500 ml Glucoselösung gegeben (GA Dr. P. vom 11.4.2002, Seite 13 - 14). |
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| Das Anlegen des wehenfördernden Tropfes war vertretbar ( GA Prof. Dr. F., Seite 12, Blatt 328 ). Zudem besteht keine Verbindung zwischen der kurzzeitigen Gabe des Wehenmittels und dem Auftreten einer Schulterdystokie ( Prof. F. aaO ). |
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| Weder die Gabe des wehenfördernden Mittels noch das Kristellern haben das Risiko für eine Schulterdystokie nachweislich erhöht. |
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| b) Die Hebamme durfte die Aufnahmeuntersuchung selbständig durchführen (s.o.). Als die Beklagte hiervon erstmalig (wann auch immer) erfuhr, musste sie nicht allein deshalb zur Sicherstellung des Facharztstandards die sofortige Hinzuziehung von Dr. H. veranlassen. Dieser war als der zuständige Belegarzt zudem ab 15.10 Uhr insoweit in das Geschehen eingeschaltet, als er zu diesem Zeitpunkt schon von der Aufnahme der Mutter im Krankenhaus durch die Hebamme informiert worden war. |
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| c) Mangels nachweisbarer Fehler der Hebamme fehlt es somit an jedem Ansatz für eine Pflicht der Beklagten zum selbständigen Eingreifen, sei es auch nur durch frühzeitigere Hinzuziehung des Facharztes (GA Dr. P., Seite 24). |
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| III. Fehler der Beklagten bei den von ihr übernommenen Aufgaben und Verrichtungen während der Geburt können ebenfalls nicht festgestellt werden. |
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| 1. Das CTG, das zu überwachen die Beklagte mit übernommen hatte (vgl. Blatt 62), zeigte bis 16.10 Uhr keine gravierenden Veränderungen, die die Zuziehung eines Facharztes erforderlich gemacht hätten (GA vom 7.11.2001, Seite 9). Es handelte sich um ein normales CTG mit der Einschränkung, dass die Oszillationsamplitude eingeschränkt war, was mit der vorherigen Gabe von Schmerzmitteln zu erklären war (Protokoll vom 31.7.2002, Seite 4; GA Prof. Dr. F., Seite 12, Blatt 328, und Protokoll vom 8.7.2003, Seite 3). |
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| 2. Dass die Beklagte zu lang kristellert hätte, kann der Dokumentation der Hebamme nicht entnommen werden ( GA Prof. F., Seite 13, Blatt 329 ). Danach hat diese erst um 16.19 Uhr die Schulterdystokie festgestellt. Dass danach noch die „Kristellerhilfe“ angewandt worden wäre, kann die Klägerin nicht beweisen, auch nicht mit dem Zeugnis ihres Vaters. |
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| Insoweit hat das Landgericht unter zutreffender Auswertung der Angaben der Mutter der Klägerin und deren Vater (vgl. Blatt 115 - 117) festgestellt (UG Seite 11, 2. Absatz), dass die Beklagte nach der Geburt des Kopfes der Klägerin von der Seite der Mutter gewichen und mit dem Drücken aufgehört hat. |
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| 3. Die eigenen Maßnahmen der Beklagten bei der Durchführung des McRoberts-Manövers waren ebenfalls nicht nachweisbar fehlerhaft. Dies gilt insbesondere für das behauptete Strecken und Beugen nur eines Beines der Mutter (vgl. GA Prof. F. Seite 13/14, Blatt 329/330). In der Verhandlung am 26.7.2001 hat die Hebamme angegeben (Blatt 112), sie habe das Manöver „nicht allein“ durchgeführt, weil sie die Hände ja am Köpfchen der Klägerin gehabt habe. Dem entspricht die Angabe der Beklagten, nur ein Bein bewegt zu haben (Blatt 113). |
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| Die Mutter der Klägerin hat dazu ausgeführt, dass ihr „die Füße angewinkelt worden seien“ (Blatt 115). Ein Fehler der Beklagten kann demnach nicht festgestellt werden; im Übrigen hat die Maßnahme unstreitig zum Lösen der Schulter geführt. |
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| Dass die Mutter fälschlicherweise als Zeugin gehört worden ist (vgl. § 455 Abs. 1 ZPO; Thomas-Putzo, ZPO, 25. A., RN 6 vor § 373 ZPO), ist insoweit unschädlich, da ihre Angaben jedenfalls als Parteivortrag zu verwerten sind. |
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| 3. Da die Geburtsleitung allein bei der Hebamme lag, hatte auch nur diese zu dokumentieren (vgl. § 5 HebBO und GA Prof. F., Seite 11, Blatt 327). |
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| 4. Die Klägerin erhebt auch zu Unrecht den Vorwurf, jedenfalls nach Auftreten der Schulterdystokie habe die Beklagte als Ärztin die Pflicht gehabt einzugreifen. Sie hatte vielmehr, weil auch jetzt der Facharzt fehlte, der erfahreneren Hebamme den Vortritt und die notwendigen Maßnahmen am Köpfchen des Kindes zu überlassen ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 13; GA vom 11.4.2002, Seite 23; GA Prof. F., Seite 10, Blatt 326; vgl. auch die Schrift von u.a. Prof. Dr. Feige, Blatt 368 ). |
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| 5. Die von jeder Hebamme und von jedem Arzt zu ergreifenden und zu beherrschenden allgemeinen Maßnahmen zur Überwindung einer Schulterdystokie, nämlich |
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| Diagnosesicherung durch vorsichtigen Zug am Köpfchen, |
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| Alarmierung des Facharztes und des Anästhesisten, |
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| Abstellen vorheriger Kristellerhilfe und des Wehentropfes, |
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| gegebenenfalls Gabe eines wehenhemmenden Mittels, |
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| gegebenenfalls Erweiterung der Episiotomie und |
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| Anwendung des McRoberts-Manövers |
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| (vgl. GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 11/12 ), wurden - soweit erforderlich - ergriffen. Die Diagnose wurde mit der nächsten Wehe gestellt. Der Facharzt Dr. H. war bereits informiert. |
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| Das Abstellen des Wehentropfes und die Beendigung der Kristellerhilfe ergeben sich aus der Aussage des Vaters ( Blatt 114 und 117 ). Ein wehenhemmendes Mittel war nicht zwingend erforderlich ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 12 ). Die innere Manipulation, gegebenenfalls anästhesistisch unterstützt, um die Kooperation der Mutter zu verbessern, hätte zu den Maßnahmen gehört, die dem Facharzt vorbehalten sind ( GA Dr. P. vom 7.11.2001, Seite 11/12 ). Sie wurde aber gar nicht notwendig, weil schon das erste McRoberts-Manöver der Hebamme mit der Hilfe der Beklagten zum Erfolg geführt hat. |
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| Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO ). |
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