Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 04. März 2013 - 6 WF 27/13

bei uns veröffentlicht am04.03.2013

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 13. Dezember 2012 - 39 F 97/12 - unter Zurückweisung der weitergehenden Vollstreckungsanträge teilweise dahingehend abgeändert, dass gegen den Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die ihm im Vergleich vom 24. Mai 2012 - 39 F 97/12 EAGS - auferlegten Verpflichtungen, es zu unterlassen

a) sich wechselseitig einander zu beschimpfen, zu bedrohen und zu belästigen,

b) die Wohnung der Antragstellerin im Haus pp. zu betreten und sich dem Haus auf eine Entfernung von weniger als 100 m zu nähern,

c) wechselseitig zueinander Kontakt aufzunehmen, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und es insbesondere zu unterlassen, einander anzurufen, sich SMS zusenden, Kontakt über soziale Netzwerke aufzunehmen und einander anzusprechen,

ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder unmittelbar Ordnungshaft bis 6 Monaten angedroht wird.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Beschwerdewert: 500 EUR.

4. Dem Antragsgegner wird mit Wirkung vom 20. Februar 2013 Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenanordnung bewilligt und Rechtsanwältin pp., beigeordnet.

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die Ordnungsmittelfestsetzung ist zulässig und begründet.

Es kann dahinstehen, ob der Antragsgegner gegen die in dem gerichtlichen Vergleich vom 24. Mai 2012 - 39 F 97/12 EAGS - auferlegten Unterlassungsverpflichtungen verstoßen hat, denn unabhängig davon hat der Antrag der Antragstellerin auf die Verhängung von Ordnungsmitteln bereits deswegen keinen Erfolg, weil die formellen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.

Gemäß §§ 95 Nr. 4, 96 Abs. 1 S. 2 FamFG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Vollstreckung zur Erzwingung von Duldungen und Unterlassungen erfolgen soll. Nach § 890 ZPO sind Unterlassungstitel durch die Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft zu vollstrecken, wobei jedoch gemäß § 890 Abs. 2 ZPO zuvor eine entsprechende Androhung zu erfolgen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, hat die Androhung entweder in dem die Unterlassungsanordnung treffenden Beschluss oder in einem besonderen Beschluss zu erfolgen, hingegen genügt es wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Androhung nicht, wenn diese in einem Vergleich enthalten ist (BGH, MDR 2012, 1060; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 890, Rz. 12 a, jeweils m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gilt dies auch bei einer Vollstreckung wegen Verstößen gegen die Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (vgl. Zöller/Feskorn, a.a.O., § 95 FamFG, Rz. 7). Denn es fehlt insoweit eine gesetzliche Sonderregelung und der Gesetzgeber hat, obwohl auch bereits vor Inkrafttreten des FamFG nach verbreiteter Auffassung die Androhung in einem Vergleich nicht genügt hatte (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 27 Aufl., § 890, Rz. 12 a, m.w.N.), es ersichtlich als ausreichend angesehen, dem besonderen Schutzbedürfnis des Gläubigers in Gewaltschutzverfahren durch die Regelung des § 96 FamFG Rechnung zu tragen und es im Übrigen bei den allgemeinen Vorschriften zu belassen. Demzufolge ist der Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Antragsgegner unbegründet und der angefochtene Beschluss ist insoweit entsprechend abzuändern.

Auf den Hilfsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner die Verhängung von Ordnungsmitteln bei Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsverpflichtungen aus dem Vergleich anzudrohen. Insbesondere ist der Senat hierfür auch zuständig, da ein entsprechender Antrag in dem Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln enthalten und demzufolge auch mit der Beschwerde dem Senat zur Entscheidung angefallen ist (vgl. dazu auch BayObLG, NZM 1999, 769; OLGR Saarbrücken 2004, 640). Der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln ist auch begründet, denn die Vollstreckungsvoraussetzungen liegen zweifellos vor und darauf, ob der Antragsgegner einer titulierten Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt hat, kommt es nicht an (Zoller/Stöber, a.a.O., Rz. 12 a, m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Sie berücksichtigt, dass das Rechtsmittel des Antragsgegners nur einen Teilerfolg hat.

Dem Antragsgegner war gemäß §§ 76 FamFG, 114 ff, 119 Abs. 1 S. 2 ZPO Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ohne Ratenanordnung zu bewilligen.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts orientiert sich an der Höhe des erstinstanzlich festgesetzten Ordnungsgeldes.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 04. März 2013 - 6 WF 27/13 zitiert 7 §§.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 81 Grundsatz der Kostenpflicht


(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen


(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 95 Anwendung der Zivilprozessordnung


(1) Soweit in den vorstehenden Unterabschnitten nichts Abweichendes bestimmt ist, sind auf die Vollstreckung 1. wegen einer Geldforderung,2. zur Herausgabe einer beweglichen oder unbeweglichen Sache,3. zur Vornahme einer vertretbaren oder nicht vertr

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 96 Vollstreckung in Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz und in Ehewohnungssachen


(1) Handelt der Verpflichtete einer Anordnung nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes zuwider, eine Handlung zu unterlassen, kann der Berechtigte zur Beseitigung einer jeden andauernden Zuwiderhandlung einen Gerichtsvollzieher zuziehen. Der Gerichtsvollzie

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Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Königswinter vom 25.04.2014 - 71 F 290/13 - teilweise abgeändert: Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die ihm im Vergleich vom 25.0

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(1) Soweit in den vorstehenden Unterabschnitten nichts Abweichendes bestimmt ist, sind auf die Vollstreckung

1.
wegen einer Geldforderung,
2.
zur Herausgabe einer beweglichen oder unbeweglichen Sache,
3.
zur Vornahme einer vertretbaren oder nicht vertretbaren Handlung,
4.
zur Erzwingung von Duldungen und Unterlassungen oder
5.
zur Abgabe einer Willenserklärung
die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden.

(2) An die Stelle des Urteils tritt der Beschluss nach den Vorschriften dieses Gesetzes.

(3) Macht der aus einem Titel wegen einer Geldforderung Verpflichtete glaubhaft, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, hat das Gericht auf seinen Antrag die Vollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft in der Entscheidung auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann die Vollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden.

(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den §§ 883, 885 bis 887 der Zivilprozessordnung die in § 888 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Soweit in den vorstehenden Unterabschnitten nichts Abweichendes bestimmt ist, sind auf die Vollstreckung

1.
wegen einer Geldforderung,
2.
zur Herausgabe einer beweglichen oder unbeweglichen Sache,
3.
zur Vornahme einer vertretbaren oder nicht vertretbaren Handlung,
4.
zur Erzwingung von Duldungen und Unterlassungen oder
5.
zur Abgabe einer Willenserklärung
die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden.

(2) An die Stelle des Urteils tritt der Beschluss nach den Vorschriften dieses Gesetzes.

(3) Macht der aus einem Titel wegen einer Geldforderung Verpflichtete glaubhaft, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, hat das Gericht auf seinen Antrag die Vollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft in der Entscheidung auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann die Vollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden.

(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den §§ 883, 885 bis 887 der Zivilprozessordnung die in § 888 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt.

(1) Handelt der Verpflichtete einer Anordnung nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes zuwider, eine Handlung zu unterlassen, kann der Berechtigte zur Beseitigung einer jeden andauernden Zuwiderhandlung einen Gerichtsvollzieher zuziehen. Der Gerichtsvollzieher hat nach § 758 Abs. 3 und § 759 der Zivilprozessordnung zu verfahren; er kann ein Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung stellen. Die §§ 890 und 891 der Zivilprozessordnung bleiben daneben anwendbar.

(2) Bei einer einstweiligen Anordnung in Gewaltschutzsachen, soweit Gegenstand des Verfahrens Regelungen aus dem Bereich der Ehewohnungssachen sind, und in Ehewohnungssachen ist die mehrfache Einweisung des Besitzes im Sinne des § 885 Abs. 1 der Zivilprozessordnung während der Geltungsdauer möglich. Einer erneuten Zustellung an den Verpflichteten bedarf es nicht.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.