Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 16. Nov. 2011 - 5 U 60/11 - 12
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 26.01.2011 - Az: 12 O 202/08 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger und seine Ehefrau I. S. weitere 3.893,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit dem 11.03.2008 sowie weitere 2.015,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit dem 23.07.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.056,74 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn und seine Ehefrau, I. S., 3.893,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 11.03.2008 und 2.015,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2008 zu zahlen.
die Berufung zurückzuweisen.
II.
(1.)
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(a)
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(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
(2) Im Übrigen wirkt eine Tatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr am 1. Juni 2001 genommenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Anspruch.
- 2
- Im Januar 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung, die einen anderweitig bestehenden vertraglichen Berufsunfähigkeitsschutz ersetzen sollte. In dem vom Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen F. , ausgefüllten Versicherungsantrag vom 24. Januar 2001 sind die Fragen nach Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden verneint; die Frage nach ärztlichen Behandlungen in den zurückliegenden fünf Jahren ist unter Hinweis auf einen grippalen Infekt im November 2000 bejaht. Im August 2003 begehrte der Kläger Versicherungsleistungen mit der Begründung, er könne seinen bisherigen Beruf als Kfz-Mechaniker wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr ausüben. Die Beklagte erklärte daraufhin den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und focht diesen wegen arglistiger Täuschung an, weil der Kläger bei der Antragstellung mehrere Erkrankungen verschwiegen habe. Demgegenüber macht der Kläger geltend , er habe die Gesundheitsfragen ordnungsgemäß beantwortet; der Versicherungsagent der Beklagten habe die geschilderten Beschwerden jedoch als unerheblich für den Abschluss des Vertrages bezeichnet und deshalb nicht in das Antragsformular aufgenommen.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sowie auf rückständige Rentenleistungen im Wesentlichen stattgegeben, den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses festgestellt und die Beklagte zur Beitragsfreistellung sowie zur Erstattung bereits geleisteter Beiträge verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- I. Das Berufungsgericht sieht es nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Kläger den Versicherungsagenten der Beklagten bei Antragstellung auf seine Vorerkrankungen , insbesondere auf eine frühere Rückenerkrankung hingewiesen und ihn auch von den zum Zeitpunkt der Antragstellung gegenwärtigen Kniebeschwerden in Kenntnis gesetzt hat. Der Versicherungsagent habe, so das Berufungsgericht weiter, daraufhin erklärt, die Rücken- und die Kniebeschwerden seien für den Abschluss des Versicherungsvertrages unerheblich; er habe dann lediglich einen grippalen Infekt in das Antragsformular aufgenommen. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, in einem solchen Fall komme eine arglistige Täuschung des Versicherers dann in Betracht, wenn Versicherungsnehmer und Versicherungsagent zu Lasten des Versicherers zusammengewirkt haben oder wenn der Agent von seiner Vertretungsmacht dergestalt in verdächtigter Weise Gebrauch macht, dass bei dem Versicherungsnehmer begründete Zweifel im Hinblick auf einen Treueverstoß des Agenten entstehen mussten. Dass der Kläger das im vorliegenden Fall auf der Hand liegende treuwidrige Handeln des Versicherungsagenten erkannt und gebilligt habe, ergebe sich daraus, dass nicht nur eine frühere, zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgeklungene Rückenerkrankung nicht in den Antrag aufgenommen worden sei, sondern auch der vom Kläger selbst als krankheitswertig empfundene Zustand des linken Knies. Auch angesichts der gegenteiligen Bekundungen des Agenten könne der Kläger nicht geglaubt haben, dass diese Vorerkrankungen für den Abschluss einer Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung unerheblich gewesen seien. Dass zum Zeitpunkt der Antragstellung schon eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bestand und diese durch die bei der Beklagten beantragte Versicherung habe ersetzt werden sollen, vermöge ausreichende Zweifel an der Arglist des Klägers nicht zu begründen.
- 6
- II. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
- 7
- 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht für die Frage der Kenntniszurechnung bei Antragsaufnahme durch einen Versicherungsagenten von der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu BGHZ 102, 194; 116, 387 und ständig) ausgegangen, die nunmehr auch Eingang in das reformierte, am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Versicherungsvertragsgesetz gefunden hat (vgl. § 70 VVG n.F.). Danach kann der Versicherer allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, der Versicherungsnehmer habe hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht, sofern dieser seinerseits substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet und damit seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit erfüllt zu haben. Dem Versicherer obliegt es in einem solchen Fall darzulegen und gegebenenfalls - im Regelfall durch die Aussage seines Agenten - zu beweisen, dass der Versicherungsnehmer diesen auch mündlich unzutreffend unterrichtet hat (BGHZ 107, 322, 325). Denn was dem Agenten in Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden (§§ 43 Nr. 1 VVG a.F., 166 Abs. 1 BGB), auch wenn der Versicherungsagent es nicht in das Formular aufgenommen hat (BGHZ 116, 387, 389).
- 8
- Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass der Kläger dem Versicherungsagenten der Be- klagten, dem Zeugen F. , seine Vorerkrankungen nicht verschwiegen , sondern vielmehr seine zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr vorhandenen Rückenbeschwerden ebenso genannt hat wie die gegenwärtigen Beschwerden im linken Knie und die in der Vergangenheit erforderlich gewordene Kniespiegelung. Damit war der Kläger seiner Anzeigeobliegenheit nachgekommen. Zu weiteren Angaben musste sich der Kläger nicht veranlasst sehen, zumal der Zeuge F. , wie vom Berufungsgericht ebenfalls festgestellt, die ihm geschilderten Beschwerden als für den Vertragsschluss unerheblich bezeichnet und sie - im Unterschied zu einem grippalen Infekt - nicht in das Antragsformular aufgenommen hat.
- 9
- 2.Durchgreifendenrechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Erwägung im angefochtenen Urteil, die vollständige mündliche Unterrichtung über die Vorerkrankungen habe ausnahmsweise nicht zu einer Wissenszurechnung geführt, weil der Versicherungsagent F. treuwidrig gehandelt und der Kläger dies erkannt und wenigstens billigend in Kauf genommen, also arglistig mit dem Agenten zu Lasten der Beklagten zusammengewirkt habe. Das Berufungsgericht hat die für einen solchen Ausnahmefall in der Rechtsprechung des Senats herausgearbeiteten Anforderungen nicht ausreichend in den Blick genommen und dabei, wie die Revision zu Recht rügt, die Voraussetzungen fehlender Kenntniszurechnung wegen evidenten Vollmachtsmissbrauchs von denen einer arglistigen Täuschung des Versicherers wegen kollusiven Zusammenwirkens zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsagent nicht ausreichend unterschieden.
- 10
- a) Die Wissenszurechnung auf dem Gebiet des Versicherungsvertragsrechts dient, wie der in § 166 Abs. 1 BGB für das Zivilrecht allge- mein geltende Grundsatz der Kenntniszurechnung zum Ausdruck bringt, dem Schutz des redlichen Vertragspartners, hier des künftigen Versicherungsnehmers , dem der Versicherer für den beabsichtigten Vertragsschluss einen zu seiner passiven Stellvertretung Bevollmächtigten und damit zur Entgegennahme antragsbezogener Erklärungen ausschließlich zuständigen Versicherungsagenten gegenüberstellt (BGHZ 102, 194, 198). Danach ist eine Wissenszurechnung nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der künftige Versicherungsnehmer nicht schutzwürdig ist (Senatsurteil vom 7. März 2001 - IV ZR 254/00 - VersR 2001, 620 unter 2 b bb). Das ist der Fall, wenn er mit dem Versicherungsagenten arglistig zum Nachteil des Versicherers zusammenwirkt. Eine solche Kollusion - als besonders schwerer Fall des Vollmachtsmissbrauchs (so zutreffend Fricke VersR 2007, 1614, 1615) - setzt dabei voraus, dass der Versicherungsnehmer auf die Auskunft des Agenten, eine erhebliche Vorerkrankung sei nicht anzeigepflichtig, nicht vertraut, sondern im Bewusstsein der Anzeigeobliegenheit erkennt und billigt, dass der Versicherer durch das Vorgehen des Agenten über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst wird und er deshalb - im Einvernehmen mit dem Versicherungsagenten - will, dass die betreffende Erkrankung im Antragsformular unerwähnt bleibt (Senatsurteil vom 14. Juli 2004 - IV ZR 161/03 - VersR 2004, 1297 unter 3 m.w.N.; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 43 Rdn. 54).
- 11
- Gemessendaranrechtf ertigen die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen die Annahme kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Kläger und dem Zeugen F. zum Nachteil der Beklagten nicht. Fraglich ist schon, ob die vom Berufungsgericht für die Begründung arglistigen Verhaltens des Klägers in den Mittelpunkt gestellte Er- wägung tragfähig ist, wonach dieser nicht geglaubt haben könne, ein gegenwärtiger , also zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandener krankhafter Zustand seines Kniegelenks sei - trotz gegenteiliger Bekundung des ihn beratenden Agenten - für den Abschluss des Vertrages bedeutungslos , vielmehr sei für den Kläger das Gegenteil evident gewesen. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Berufungsgericht den ihm unterbreiteten Tatsachenstoff nicht vollständig ausgeschöpft hat. Die Revision beanstandet insoweit zu Recht, dass die in den Urteilsgründen für diese Erwägung herangezogenen und auszugsweise wörtlich zitierten Bekundungen der Ehefrau des Klägers aus der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in einem entscheidenden Punkt unvollständig wiedergegeben werden. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat diese ausgesagt, sie und ihr Ehemann hätten (dem Versicherungsagenten ) auch erklärt, dass schon eine Kniespiegelung gemacht wurde und dass "zu dem Zeitpunkt" das Knie auch nicht in Ordnung gewesen sei. Die Wendung "zu dem Zeitpunkt", die sich dem Sinnzusammenhang nach ersichtlich auf den Zeitpunkt der Kniespiegelung und nicht auf den der Antragstellung bezieht, fehlt in der wörtlichen Wiedergabe der Aussage der Zeugin in den Entscheidungsgründen. Über diesen Teil der Aussage der Zeugin, der gegen ein arglistiges Verhalten des Klägers spricht, hätte das Berufungsgericht nicht ohne nähere Erörterung hinweggehen dürfen. Dies gilt umso mehr, als es an weiteren, tragfähigen Feststellungen zur Arglist fehlt. Im angefochtenen Urteil ist insoweit lediglich weiter festgestellt, dass der Zeuge F. die ihm gegebenen Informationen zu den Vorerkrankungen des Klägers nicht in das Formular aufgenommen hat. Dafür, dass der Kläger dies gewollt und gebilligt hätte, ist jedoch nichts ersichtlich. Dass er bei Antragstellung schon eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei einem anderen Versicherer unterhielt, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vielmehr ein gewichtiges Indiz gegen ein arglistiges Verhalten dar. Gerade weil es sich bei Arglist um eine innere Tatsache handelt, die regelmäßig nur aus Indizien gefolgert werden kann, hätte es näherer Erörterung bedurft, warum der gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit bereits abgesicherte Kläger in dem Bewusstsein gehandelt haben sollte, auf das Vorstellungsbild der Beklagten unlauter einzuwirken, um diese zu einem Vertragsschluss zu bewegen. Hinzu kommt, dass, von der Beklagten nicht bestritten, die Initiative zum Vertragsschluss von dem Versicherungsagenten F. ausging, der den Kläger nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme von sich aus zu Hause aufsuchte.
- 12
- b) Die Beklagte kann dem Kläger auch einen sonstigen Missbrauch der Vertretungsmacht - als besonderer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) - nicht entgegenhalten.
- 13
- In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit längerem anerkannt, dass der Vertretene auch in Fällen eines Vollmachtsmissbrauchs unterhalb der Schwelle der Kollusion mit dem Vertragspartner im Verhältnis zu diesem geschützt sein kann. Voraussetzung ist dafür indes, dass der Missbrauch aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93 - NJW 1994, 2082 unter II 2 a und vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98 - WM 1999, 1617 unter I 2 a). Dementsprechend hat der Senat an die für § 242 BGB geforderte Evidenz des Vollmachtsmissbrauchs durch einen Versicherungsagenten ebenfalls einen strengen Maßstab angelegt, der dessen besonderer Stellung Rechnung trägt (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 - IV ZR 23/01 - VersR 2002, 425 unter II 3 c; vgl. auch Fricke aaO). Denn der Versicherer, der aufgrund des Vertrauensverhältnisses während der Vertragsverhandlungen dem künftigen Versicherungsnehmer gegenüber zur Auskunft und Beratung verpflichtet ist, soweit sie dieser benötigt, erfüllt diese Pflicht durch Auskünfte seines Agenten. Dementsprechend darf der Antragsteller davon ausgehen, dass der Agent zur Erteilung solcher Auskünfte regelmäßig auch befugt ist. Mit der Vorgabe von Fragen nach gefahrerheblichen Umständen im Antragsformular hat der Versicherer selbst die Anzeigeobliegenheit so ausgestaltet, dass der künftige Versicherungsnehmer die Gefahrumstände anhand der ihm gestellten Fragen zu beantworten hat. Unterläuft das der Versicherungsagent dadurch , dass er dem Antragsteller durch einschränkende Bemerkungen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugeben und in das Formular aufzunehmen ist, kann dieses Agentenverhalten nicht zu Lasten des künftigen Versicherungsnehmers gehen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 aaO, vgl. schon Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 - IV ZR 6/01 - VersR 2001, 1541 unter II 1 d). Den Agenten hinsichtlich seiner Auskünfte , was von den offenbarten Umständen in das Formular aufzunehmen ist, zu kontrollieren, ist nicht Sache des künftigen Versicherungsnehmers (Senatsurteile jeweils aaO).
- 14
- Gemessen daran tragen die getroffenen Feststellungen die Annahme eines evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht im vorliegenden Fall nicht. Aus den oben näher dargelegten Gründen legen sie vielmehr die gegenteilige Annahme nahe.
- 15
- Sache Die bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 15.12.2005 - 13 O 108/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 20.09.2006 - 3 U 14/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zur Dynamisierung der Versicherungsleistungen aus einer Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung noch verpflichtet ist, nachdem der Kläger wegen Berufsunfähigkeit von der Beitragszahlungspflicht frei geworden ist.Er richtete im Mai 1977 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten über deren Versicherungsagenten L. einen von diesem ausgefüllten schriftlichen Antrag auf Abschluß einer Kapitallebensversicherung nebst Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Zugleich beantragte er eine laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes mit einer von der Beklagten vorformulierten Erklärung, die auszugsweise lautet:
"... Ich bin damit einverstanden, daß die dadurch bedingte Beitragserhöhung automatisch zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres in dem gleichen Verhältnis vorgenommen wird, wie sich der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht. Für diese automatische Erhöhung gelten die 'Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung'." Die Beklagte policierte den Versicherungsvertrag "auf Grund des gestellten Antrags und der hierzu gegebenen schriftlichen Erklärungen nach Maßgabe der beiliegenden Versicherungsbedingungen". Die dem Kläger mit dem Versicherungsschein übersandten "Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" enthalten u.a. folgende Bestimmungen: "1. Gemäß der bei Vertragsschluß abgegebenen schriftlichen Erklärung des Versicherungsnehmers ist vereinbart, daß sich der jeweilige Beitrag im gleichen Verhältnis wie der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht. Die Beitragserhöhung bewirkt eine Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung. ... 2. Die Erhöhung des Beitrages und die entsprechende Erhöhung der Versicherungsleistungen erfolgen jeweils zu Beginn des Versicherungsjahres in dem Kalenderjahr, für das der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht worden ist. ... 5. Der Versicherungsschutz für die jeweilige Erhöhung beginnt mit dem Eingang des erhöhten Beitrags ..., jedoch nicht vor dem im Erhöhungsnachtrag angegebenen Termin. 7. Sind Zusatzversicherungen eingeschlossen, so werden ihre Versicherungsleistungen in dem gleichen Verhältnis wie die der Hauptversicherung erhöht.
Bei einer Versicherung mit Einschluû der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung sind Erhöhungen des Beitrags ausgeschlossen, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt." Dem Versicherungsschein war auûerdem eine "Besondere Vereinbarung" mit folgenden Inhalt beigefügt: "Beitrag und Versicherungsleistungen erhöhen sich jährlich gemäû Ziffer 1 der ©Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung©." Ab dem 1. April 1993 ist der Kläger berufsunfähig. Die Beklagte zahlt seitdem an ihn eine Berufsunfähigkeitsrente, die sie nach der bei Eintritt der Berufsunfähigkeit maûgebenden Lebensversicherungssumme berechnet; sie hat die Versicherung beitragsfrei gestellt.
Der Kläger behauptet, er habe bei Antragstellung ausdrücklich eine Dynamisierung der Versicherungssumme und der Rente auch für den Fall der Berufsunfähigkeit gewünscht, einen solchen Versicherungsschutz habe ihm der Versicherungsagent zugesagt.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige Renten in Höhe von 339,99 DM nebst Zinsen zu zahlen. Weiterhin hat es festgestellt, daû die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger bei Ablauf der Lebensversicherung eine über den 1. April 1993 hinaus fortlaufend erhöhte Versicherungssumme auszuzahlen und auf dieser Grundlage Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vom 1. April 1993 bis längstens 1. April 2003 zu erbringen. Das Oberlan-
desgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere fortlaufende Erhöhung der Versicherungssumme und der Berufsunfähigkeitsrente, weil seine Verpflichtung zur Beitragszahlung wegen Berufsunfähigkeit entfallen ist. Daû ausnahmsweise eine Dynamisierung auch im Leistungsstadium vorgenommen werden solle, ergebe sich nicht aus der dem Versicherungsschein beigefügten "Besonderen Vereinbarung". Diese habe nur die Bedeutung, die Dynamik als solche zu policieren. Ihr könne nicht entnommen werden, daû in den Vertrag nur Ziffer 1, nicht aber die Ziffern 2 bis 7 der "Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" einbezogen werden sollten. Diese hätten nach den Erklärungen im Antrag und in der Police insgesamt gelten sollen. Aus ihnen folge, daû die Dynamisierung mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und der damit verbundenen Beitragsfreistellung ende.
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei nicht erwiesen , daû der Kläger seinen Wunsch nach Dynamisierung auch im Leistungsfall gegenüber dem Versicherungsagenten geäuûert und so seinen schriftlich gestellten Antrag mündlich ergänzt habe. Der Kläger trage in-
soweit die Beweislast, weil die mündliche Ergänzung eines schriftlichen Versicherungsantrags rechtsbegründende Wirkung habe. Eine andere Beweislastverteilung gelte nicht deshalb, weil der Versicherungsagent das Antragsformular ausgefüllt habe. Die Grundsätze der "Auge-undOhr" -Rechtsprechung seien nicht anwendbar, wenn über den Inhalt eines Versicherungsantrags gestritten werde.
Die Beklagte habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erfüllungs - oder Vertrauenshaftung einzustehen. Der Kläger habe nicht nachgewiesen , daû der Versicherungsagent ihm bei Aufnahme des Antrags zugesichert habe, die Rente werde auch nach Eintritt der Berufsunfähigkeit weiter dynamisiert.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Revision rügt ohne Erfolg, der Kläger habe eine Dynamisierung der Versicherungsleistungen auch für den Zeitraum nach Eintritt des Versicherungsfalls in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beantragt.
a) Ein entsprechender Wille des Klägers ist seinem schriftlichen Antrag auf laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes nicht zu entnehmen. Die Auslegung dieser Willenserklärung kann der Senat selbst vornehmen, da das Berufungsgericht sie unterlassen hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind (vgl. BGHZ 124, 39, 45 m.w.N.; BGH, Urteile vom 3. April 2000 - II ZR 194/98 - NJW 2000, 2099
unter I 2 c; vom 14. November 2001 - IV ZR 181/00 - VersR 2002, 88 unter II).
aa) Maûgebend für die in erster Linie am Wortlaut auszurichtende Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist, wie sie aus der Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden muûte (BGHZ 47, 75, 78; 103, 275, 280; BGH, Urteil vom 12. März 1992 - IX ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 unter II 1 b m.w.N.). Aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die den Antrag auf laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes vorformuliert hatte, kann der Kläger seinen Willen mit Unterzeichnung dieser Erklärung nur so erklärt haben, wie er seinerseits den vorgegebenen Text verstehen konnte. Deshalb muû die Beklagte den Antrag so gegen sich gelten lassen, wie er bei Berücksichtigung der für den Kläger erkennbaren Umstände objektiv zu verstehen ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. März 1983 - VIII ZR 335/81 - NJW 1983, 1903 unter II 2 b bb; 12. März 1992 aaO NJW 1992, 1446 unter II 1 b). Der Kläger konnte aus dem vorgedruckten Text entnehmen, daû die von ihm beantragte laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes mit einer automatischen Beitragserhöhung zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres verbunden war. Schon diese Verknüpfung deutet nach ihrem Wortsinn darauf hin, daû die Versicherungsleistungen nur solange erhöht werden, wie der Versicherungsnehmer zur Beitragszahlung verpflichtet ist.
bb) Eine Beendigung der Dynamisierung im Leistungsfall ergibt sich auch aus den "Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung". Auf sie wird in dem Antragsformular ausdrücklich Bezug genommen.
Damit sind sie entgegen der Ansicht der Revision Bestandteil der Antragserklärung geworden und können zu deren Auslegung herangezogen werden.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muû. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.; BGH, Urteile vom 21. Februar 2001 - IV ZR 259/99 - VersR 2001, 489 unter 2; vom 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00 - VersR 2001, 576 unter 2 a; vom 23. Januar 2002 - IV ZR 174/01 - VersR 2002, 436 unter 2 b). Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer versteht die "Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" insgesamt so, daû die Dynamisierung mit Eintritt eines Versicherungsfalls in der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung beendet sein soll. Bereits Ziffer 1 S. 2 macht deutlich, daû eine Erhöhung der Versicherungsleistungen durch eine Beitragserhöhung bewirkt wird. Daran anknüpfend werden in Ziffer 2 S. 1 "die Erhöhung des Beitrages und die entsprechende Erhöhung der Versicherungsleistungen" erwähnt. Die Abhängigkeit der Dynamisierung von der Beitragserhöhung kommt auch in Ziffer 5 zum Ausdruck , wonach der Versicherungsschutz für die jeweilige Erhöhung mit dem Eingang, d.h. der tatsächlichen Zahlung des erhöhten Beitrags beginnt. Daû dies auch für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gelten soll, ergibt sich aus Ziffer 7 S. 1, wonach Versicherungsleistungen aus eingeschlossenen Zusatzversicherungen im gleichen Verhältnis wie
die Hauptversicherung erhöht werden. Im Anschluû daran stellt Ziffer 7 S. 2 aber klar, daû bei einer Versicherung mit Einschluû der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung Erhöhungen des Beitrags ausgeschlossen sind, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt. Damit scheidet für diesen Zeitraum auch die - von Beitragserhöhungen abhängige - Erhöhung der Versicherungsleistungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus. Vielmehr erwartet er nur dann höhere Versicherungsleistungen , wenn er erhöhte Beiträge zahlt.
b) Das Berufungsgericht hat nicht feststellen können, daû der Kläger bei Unterzeichnung des Antrags auf laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes mündlich eine Dynamisierung der Versicherungsleistungen auch für den Fall der Berufsunfähigkeit begehrte.
aa) Die vom Kläger geltend gemachte mündliche Ergänzung des schriftlichen Antrags ist entgegen der Darstellung der Revision nach dem Tatbestand des Berufungsurteils nicht unstreitig. Daran ist das Revisionsgericht mangels Tatbestandsberichtigung nach § 561 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F. gebunden.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Berufungsgericht nicht die Überzeugung gewonnen, daû der Kläger seinen Wunsch nach Dynamisierung auch im Leistungsfall gegenüber dem Versicherungsagenten der Rechtsvorgängerin der Beklagten deutlich machte. Die diesbezüglich allein erhobenen Verfahrensrügen zur Beweiswürdigung hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäû § 565 a S. 1 ZPO a.F. abgesehen.
bb) Die Beweislast für eine den schriftlichen Antrag ergänzende mündliche Willenserklärung hat das Berufungsgericht mit Recht dem Kläger auferlegt. Im Versicherungsvertragsrecht gilt dieselbe Grundregel wie im übrigen Zivilrecht. Jede Partei hat die tatsächlichen Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen, dessen Rechtsfolge sie geltend macht. Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegner muû Beweis für rechtshindernde , rechtsvernichtende oder rechtshemmende Tatsachen erbringen (BGHZ 3, 342, 346; 113, 222, 225 m.w.N.; 121, 357, 364; Leipold in Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 286 Rdn. 38 f. m.w.N.; Baumgärtel, Beweislastpraxis im Privatrecht Rdn. 155 ff. m.w.N.). Demgemäû muû derjenige , der Rechte aus einem Versicherungsvertrag herleitet, nachweisen , daû ein Vertrag mit dem von ihm behaupteten Inhalt zustande gekommen ist. Dazu gehört auch der Nachweis eines entsprechenden Vertragsangebots. Wenn sich der Versicherungsnehmer auf eine mündliche Ergänzung seines schriftlichen Versicherungsantrags beruft, trägt er dafür die Beweislast (Prölss in Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Band 5 § 1 VVG Rdn. 1, 2).
Diese Beweislastregelung gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer - wie der Kläger - seinen Antrag auf einem Vordruck gestellt hat, den der Agent des Versicherers anhand der Angaben des Antragstellers ausgefüllt hat (vgl. Prölss in Baumgärtel aaO § 1 VVG Rdn. 2; a.A. Römer in Römer/Langheid, VVG § 5 Rdn. 22). Etwas anderes folgt nicht daraus, daû bei der Entgegennahme eines Antrags auf Abschluû eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller - auf alleinige
Veranlassung des Versicherers - der empfangsbevollmächtigte Vermittlungsagent bildlich gesprochen als das Auge und Ohr des Versicherers gegenübersteht, so daû alles, was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt worden ist, dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden ist (vgl. BGHZ 102, 194, 197; 107, 322, 323; 116, 387, 389; 123, 224, 230 f.). Diese Grundsätze der Kenntniszurechnung haben mit der Beweislast nichts zu tun. Sie führen auch nicht zu einer Verschiebung der Beweislast für mündliche Angaben des Versicherungsnehmers, wenn der Agent den Antrag ausgefüllt hat.
So liegt die Beweislast dafür, daû der Versicherungsnehmer im Zuge der Antragstellung eine Obliegenheitsverletzung durch unzutreffende Beantwortung von Gesundheitsfragen begangen hat, stets beim Versicherer. Diesen Beweis kann er allerdings nicht allein mit der Vorlage des vom Agenten ausgefüllten Antragsformulars, sondern regelmäûig nur durch eine Aussage des Versicherungsagenten führen, sofern der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben (BGHZ 107, 323, 325). Damit wird dem Versicherer nur eine andere Art der Beweisführung abverlangt. Das berührt aber nicht die Beweislast, die der Versicherer deshalb trägt, weil eine Obliegenheitsverletzung ihn zum Rücktritt oder zur Anfechtung berechtigt und somit rechtsvernichtende Wirkung hat. Ebensowenig ändert die Funktion des Versicherungsagenten als "Auge und Ohr" des Versicherers etwas daran, daû dem Versicherungsnehmer die Beweislast für den Inhalt seines Versicherungsantrags obliegt. Sowohl der schriftliche Antrag als auch eine mündliche Ergänzung desselben haben rechtsbegründende Wirkung und sind daher vom Versicherungsnehmer zu beweisen.
c) Von dem schriftlichen Antrag des Klägers weicht die Annahmeerklärung der Beklagten nicht durch die dem Versicherungsschein beigefügte "Besonderen Vereinbarung" dergestalt ab, daû sie einen Willen zur unbegrenzten Dynamisierung zum Ausdruck bringt. Der "Besonderen Vereinbarung" hat das Berufungsgericht zutreffend nur die Bedeutung beigemessen, die Dynamik als solche zu policieren.
2. Ansprüche des Klägers aus gewohnheitsrechtlicher Erfüllungshaftung (vgl. BGHZ 40, 22, 26; BGH, Urteil vom 4. Juli 1989 - VI ZR 217/88 - VersR 1989, 948 unter II 2 aa m.w.N.) oder wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen scheiden ebenfalls aus. Daû der Versicherungsagent dem Kläger bei Aufnahme des Versicherungsantrags zusicherte , die Rente werde auch nach Eintritt der Berufsunfähigkeit weiter dynamisiert, hat das Berufungsgericht nicht als erwiesen angesehen. Auch insoweit greift die gegen die Beweiswürdigung gerichtete Verfahrensrüge nicht durch (§ 565 a S. 1 ZPO a.F.).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Testamentsvollstrecker für den Nachlaß des am 31. Oktober 1996 verstorbenen Dr. L.. Er macht in dieser Eigenschaft Versicherungsleistungen aus einem Gebäudeversicherungsvertrag geltend , hilfsweise Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten.Der Erblasser war Eigentümer eines bei dem früher zuständigen Gebäudemonopolversicherer versicherten Geschäftshauses in P.. Nach Aufhebung des Gebäudeversicherungsmonopols beauftragte und bevollmächtigte er seine Hausverwaltung, die A. GmbH, mit dem Abschluß eines neuen Versicherungsvertrages. Die A. GmbH war auch Versicherungsagentin der Beklagten.
Die A. GmbH holte zunächst ein Angebot der Gebäudeversicherung B. AG, der Rechtsnachfolgerin des Monopolversicherers, auf Abschluß eines Gebäudeversicherungsvertrages zum Neuwert ein. Das Angebot enthielt ausweislich des Anschreibens des Versicherers vom 31. August 1995 einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Die A. GmbH übermittelte das Angebot der Beklagten, nach Behauptung des Klägers einschließlich des Anschreibens vom 31. August 1995, und erklärte, einen Versicherungsvertrag zu gleichlautenden Bedingungen mit der Beklagten abzuschließen, falls diese eine günstigere Prämie anbiete. Die Beklagte, für die ihr Bezirksdirektor F. verhandelte, legte im September 1995 ein Angebot mit einer Versicherungssumme von 3.197.000 DM vor, das den Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung nicht enthielt. Sie überließ der A. GmbH einen von einem Mitarbeiter der Bezirksdirektion K. bereits ausgefüllten Versicherungsantrag, den der Geschäftsführer der A. GmbH für den Erblasser unterzeichnete und an die Beklagte zurückgab. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1995 erklärte die Beklagte die Übernahme der Deckung ab dem 1. Januar 1996 und stellte am 8. März 1996 einen Versicherungsschein auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (VBGB 94) und der Besonderen Bedingungen für
die Versicherung weiterer Elementarschäden bei gewerblichen Risiken (BEG-Klausel 9050) aus. Die A. GmbH erhielt von der Beklagten eine Provision. Am 1. April 1996 entstand an dem versicherten Gebäude ein Brand- oder Explosionsschaden in Höhe von 1.403.728,60 DM. Da der Neuwert des Gebäudes 4.980.000 DM betrug, erhob die Beklagte den Einwand der Unterversicherung und zahlte lediglich 901.053,38 DM.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der restlichen 502.675,22 DM verurteilt. Ihre dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht führt aus: Der geltend gemachte Anspruch sei nach Grund und Höhe aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrages gerechtfertigt. Auf eine Unterversicherung gemäû § 56 VVG könne die Beklagte sich nicht berufen. Der Versicherungsschein enthalte zwar keinen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Jedoch weiche er insoweit vom Versicherungsantrag ab. Der Erblasser
habe über die von ihm bevollmächtigte A. GmbH seinen schriftlichen Antrag um den Ausschluû des Unterversicherungseinwandes mündlich ergänzt. Die A. GmbH, der das Anschreiben der Gebäudeversicherung B. AG vom 31. August 1985 vorgelegen habe, sei gleichzeitig Versicherungsagentin der Beklagten und als solche für diese tätig geworden. Was gegenüber dem Versicherungsagenten erklärt werde, wirke auch gegenüber dem Versicherer. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob der Inhalt des Anschreibens auch den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Beklagten bekannt gewesen sei. Die Auffassung der Beklagten, die A. GmbH sei ausschlieûlich als Bevollmächtigte des Erblassers aufgetreten , könne schon deshalb nicht geteilt werden, weil sie der A. GmbH ihre Tätigkeit mit einer Provision vergütet habe. Das bestätige deren Doppelstellung als Bevollmächtigte des Erblassers einerseits und als Versicherungsagentin der Beklagten andererseits. Die Vorschrift des § 181 BGB stehe dem nicht entgegen, da beide Parteien das Handeln der A. GmbH genehmigt hätten. Da die Beklagte im Versicherungsschein weder auf die Abweichung vom Versicherungsantrag noch darauf hingewiesen habe, daû die Abweichung bei fehlendem schriftlichen Widerspruch als genehmigt gelte, sei der Versicherungsvertrag gemäû § 5 Abs. 3 Satz 3 VVG nach dem Inhalt des einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung einschlieûenden Versicherungsantrages zustande gekommen.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der gemäû § 43 Abs. 1 VVG empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent steht bei der Entgegennahme eines Antrages auf Abschluû eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt. Mit der bloûen Verwendung eines - vorbereiteten - Antragsformulars ist zudem keine erkennbare Beschränkung der Empfangsvollmacht auf schriftliche Erklärungen verbunden (BGHZ 102, 194, 197 ff.), so daû auch mündliche Ergänzungen, die vor dem Versicherungsagenten zum schriftlichen Versicherungsantrag abgegeben werden, gegenüber dem Versicherer erklärt sind. Fertigt der Versicherer einen Versicherungsschein aus, der inhaltlich nicht dem vom Agenten entgegengenommenen - mündlich ergänzten - Versicherungsantrag entspricht, so liegt darin keine unveränderte Annahme des Antrags; es finden die Vorschriften des § 5 VVG Anwendung. Unterläût der Versicherer die in § 5 Abs. 2 VVG vorgeschriebene Rechtsbelehrung, weil er irrigerweise glaubt, der Versicherungsschein entspreche dem vom Versicherungsnehmer gestellten Antrag, dann gilt der Antrag gemäû § 5 Abs. 3 VVG als unverändert angenommen , ohne daû es auf ein Verschulden des Versicherers in diesem Zusammenhang ankäme (Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a).
2. Das Berufungsgericht geht indessen rechtsfehlerhaft davon aus, daû die A. GmbH im Zusammenhang mit der Entgegennahme des Versicherungsantrags als Agentin der Beklagten gehandelt hat. Die Zurechnung der Kenntnis des Agenten setzt voraus, daû dieser bei der An-
tragsentgegennahme in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig geworden ist (Senatsurteil vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 b). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, demgemäû im Lager des Antragstellers und nicht des Versicherers steht. So liegt es hier.
Die A. GmbH war vom Erblasser beauftragt und bevollmächtigt, den Versicherungsvertrag nach seinen Weisungen (§ 662 BGB) abzuschlieûen. In Ausführung des Auftrages, ein möglichst günstiges Angebot für eine Gebäudeversicherung einzuholen, ist die A. GmbH an die Beklagte herangetreten. In den sich anschlieûenden Verhandlungen waren die jeweiligen Aufgabenbereiche deutlich getrennt. Die A. GmbH nahm ausschlieûlich die Interessen des Erblassers wahr, während auf seiten der Beklagten die zuständige Bezirksdirektion auftrat. Auch den Versicherungsantrag hat der Geschäftsführer der A. GmbH allein für den Versicherungsinteressenten unterzeichnet. Eine Doppelstellung der A. GmbH, wie vom Berufungsgericht angenommen, war somit nicht gegeben. Auch sonst sind keine Feststellungen getroffen, die es rechtfertigen könnten, die A. GmbH zusätzlich der Sphäre des Versicherers zuzuweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, daû die A. GmbH nach Abschluû des Versicherungsvertrages eine Provision von der Beklagten erhielt. Das allein begründet noch nicht die Stellung als Versicherungsagentin (vgl. BGHZ 94, 356, 359; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 43 Rdn. 4, Anhang zu §§ 43-48 Rdn. 22). Vielmehr ist entscheidend, daû hier bei Anbahnung und Abschluû des Versicherungsverhältnisses eine klare Rollenvertei-
lung bestand. Der Beklagten war die Stellung der A. GmbH als Vertreterin des Versicherungsnehmers bekannt. Bei einer solchen Sachlage verbietet es sich, ihr die Kenntnis der A. GmbH von dem Inhalt des Anschreibens vom 31. August 1995 zuzurechnen. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt eine Verurteilung der Beklagten mithin nicht.
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird zunächst unter Auswertung des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zu prüfen haben, ob den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Inhalt des Schreibens vom 31. August 1995 im Zuge der Vertragsverhandlungen zur Kenntnis gelangt ist. Für diesen Fall wären bei Vorbereitung des Versicherungsantrages , der der A. GmbH bereits ausgefüllt zur Verfügung gestellt worden ist, die vom Versicherungsinteressenten zuvor geäuûerten Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses nicht vollständig berücksichtigt worden. Das könnte zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo führen (Prölss in Prölss/Martin, § 3 VVG Rdn. 15). Dabei wird das Berufungsgericht andererseits zu berücksichtigen haben, daû die Beklagte eine sorgfältige und sachkundige Prüfung des Versicherungsantrages durch die A. GmbH erwarten konnte. Sollte das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung bejahen, wäre daher ein Mitverschulden auf seiten des Versicherungsnehmers zu erwägen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr am 1. Juni 2001 genommenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Anspruch.
- 2
- Im Januar 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung, die einen anderweitig bestehenden vertraglichen Berufsunfähigkeitsschutz ersetzen sollte. In dem vom Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen F. , ausgefüllten Versicherungsantrag vom 24. Januar 2001 sind die Fragen nach Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden verneint; die Frage nach ärztlichen Behandlungen in den zurückliegenden fünf Jahren ist unter Hinweis auf einen grippalen Infekt im November 2000 bejaht. Im August 2003 begehrte der Kläger Versicherungsleistungen mit der Begründung, er könne seinen bisherigen Beruf als Kfz-Mechaniker wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr ausüben. Die Beklagte erklärte daraufhin den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und focht diesen wegen arglistiger Täuschung an, weil der Kläger bei der Antragstellung mehrere Erkrankungen verschwiegen habe. Demgegenüber macht der Kläger geltend , er habe die Gesundheitsfragen ordnungsgemäß beantwortet; der Versicherungsagent der Beklagten habe die geschilderten Beschwerden jedoch als unerheblich für den Abschluss des Vertrages bezeichnet und deshalb nicht in das Antragsformular aufgenommen.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sowie auf rückständige Rentenleistungen im Wesentlichen stattgegeben, den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses festgestellt und die Beklagte zur Beitragsfreistellung sowie zur Erstattung bereits geleisteter Beiträge verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- I. Das Berufungsgericht sieht es nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Kläger den Versicherungsagenten der Beklagten bei Antragstellung auf seine Vorerkrankungen , insbesondere auf eine frühere Rückenerkrankung hingewiesen und ihn auch von den zum Zeitpunkt der Antragstellung gegenwärtigen Kniebeschwerden in Kenntnis gesetzt hat. Der Versicherungsagent habe, so das Berufungsgericht weiter, daraufhin erklärt, die Rücken- und die Kniebeschwerden seien für den Abschluss des Versicherungsvertrages unerheblich; er habe dann lediglich einen grippalen Infekt in das Antragsformular aufgenommen. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, in einem solchen Fall komme eine arglistige Täuschung des Versicherers dann in Betracht, wenn Versicherungsnehmer und Versicherungsagent zu Lasten des Versicherers zusammengewirkt haben oder wenn der Agent von seiner Vertretungsmacht dergestalt in verdächtigter Weise Gebrauch macht, dass bei dem Versicherungsnehmer begründete Zweifel im Hinblick auf einen Treueverstoß des Agenten entstehen mussten. Dass der Kläger das im vorliegenden Fall auf der Hand liegende treuwidrige Handeln des Versicherungsagenten erkannt und gebilligt habe, ergebe sich daraus, dass nicht nur eine frühere, zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgeklungene Rückenerkrankung nicht in den Antrag aufgenommen worden sei, sondern auch der vom Kläger selbst als krankheitswertig empfundene Zustand des linken Knies. Auch angesichts der gegenteiligen Bekundungen des Agenten könne der Kläger nicht geglaubt haben, dass diese Vorerkrankungen für den Abschluss einer Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung unerheblich gewesen seien. Dass zum Zeitpunkt der Antragstellung schon eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bestand und diese durch die bei der Beklagten beantragte Versicherung habe ersetzt werden sollen, vermöge ausreichende Zweifel an der Arglist des Klägers nicht zu begründen.
- 6
- II. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
- 7
- 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht für die Frage der Kenntniszurechnung bei Antragsaufnahme durch einen Versicherungsagenten von der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu BGHZ 102, 194; 116, 387 und ständig) ausgegangen, die nunmehr auch Eingang in das reformierte, am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Versicherungsvertragsgesetz gefunden hat (vgl. § 70 VVG n.F.). Danach kann der Versicherer allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, der Versicherungsnehmer habe hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht, sofern dieser seinerseits substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet und damit seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit erfüllt zu haben. Dem Versicherer obliegt es in einem solchen Fall darzulegen und gegebenenfalls - im Regelfall durch die Aussage seines Agenten - zu beweisen, dass der Versicherungsnehmer diesen auch mündlich unzutreffend unterrichtet hat (BGHZ 107, 322, 325). Denn was dem Agenten in Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden (§§ 43 Nr. 1 VVG a.F., 166 Abs. 1 BGB), auch wenn der Versicherungsagent es nicht in das Formular aufgenommen hat (BGHZ 116, 387, 389).
- 8
- Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass der Kläger dem Versicherungsagenten der Be- klagten, dem Zeugen F. , seine Vorerkrankungen nicht verschwiegen , sondern vielmehr seine zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr vorhandenen Rückenbeschwerden ebenso genannt hat wie die gegenwärtigen Beschwerden im linken Knie und die in der Vergangenheit erforderlich gewordene Kniespiegelung. Damit war der Kläger seiner Anzeigeobliegenheit nachgekommen. Zu weiteren Angaben musste sich der Kläger nicht veranlasst sehen, zumal der Zeuge F. , wie vom Berufungsgericht ebenfalls festgestellt, die ihm geschilderten Beschwerden als für den Vertragsschluss unerheblich bezeichnet und sie - im Unterschied zu einem grippalen Infekt - nicht in das Antragsformular aufgenommen hat.
- 9
- 2.Durchgreifendenrechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Erwägung im angefochtenen Urteil, die vollständige mündliche Unterrichtung über die Vorerkrankungen habe ausnahmsweise nicht zu einer Wissenszurechnung geführt, weil der Versicherungsagent F. treuwidrig gehandelt und der Kläger dies erkannt und wenigstens billigend in Kauf genommen, also arglistig mit dem Agenten zu Lasten der Beklagten zusammengewirkt habe. Das Berufungsgericht hat die für einen solchen Ausnahmefall in der Rechtsprechung des Senats herausgearbeiteten Anforderungen nicht ausreichend in den Blick genommen und dabei, wie die Revision zu Recht rügt, die Voraussetzungen fehlender Kenntniszurechnung wegen evidenten Vollmachtsmissbrauchs von denen einer arglistigen Täuschung des Versicherers wegen kollusiven Zusammenwirkens zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsagent nicht ausreichend unterschieden.
- 10
- a) Die Wissenszurechnung auf dem Gebiet des Versicherungsvertragsrechts dient, wie der in § 166 Abs. 1 BGB für das Zivilrecht allge- mein geltende Grundsatz der Kenntniszurechnung zum Ausdruck bringt, dem Schutz des redlichen Vertragspartners, hier des künftigen Versicherungsnehmers , dem der Versicherer für den beabsichtigten Vertragsschluss einen zu seiner passiven Stellvertretung Bevollmächtigten und damit zur Entgegennahme antragsbezogener Erklärungen ausschließlich zuständigen Versicherungsagenten gegenüberstellt (BGHZ 102, 194, 198). Danach ist eine Wissenszurechnung nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der künftige Versicherungsnehmer nicht schutzwürdig ist (Senatsurteil vom 7. März 2001 - IV ZR 254/00 - VersR 2001, 620 unter 2 b bb). Das ist der Fall, wenn er mit dem Versicherungsagenten arglistig zum Nachteil des Versicherers zusammenwirkt. Eine solche Kollusion - als besonders schwerer Fall des Vollmachtsmissbrauchs (so zutreffend Fricke VersR 2007, 1614, 1615) - setzt dabei voraus, dass der Versicherungsnehmer auf die Auskunft des Agenten, eine erhebliche Vorerkrankung sei nicht anzeigepflichtig, nicht vertraut, sondern im Bewusstsein der Anzeigeobliegenheit erkennt und billigt, dass der Versicherer durch das Vorgehen des Agenten über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst wird und er deshalb - im Einvernehmen mit dem Versicherungsagenten - will, dass die betreffende Erkrankung im Antragsformular unerwähnt bleibt (Senatsurteil vom 14. Juli 2004 - IV ZR 161/03 - VersR 2004, 1297 unter 3 m.w.N.; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 43 Rdn. 54).
- 11
- Gemessendaranrechtf ertigen die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen die Annahme kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Kläger und dem Zeugen F. zum Nachteil der Beklagten nicht. Fraglich ist schon, ob die vom Berufungsgericht für die Begründung arglistigen Verhaltens des Klägers in den Mittelpunkt gestellte Er- wägung tragfähig ist, wonach dieser nicht geglaubt haben könne, ein gegenwärtiger , also zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandener krankhafter Zustand seines Kniegelenks sei - trotz gegenteiliger Bekundung des ihn beratenden Agenten - für den Abschluss des Vertrages bedeutungslos , vielmehr sei für den Kläger das Gegenteil evident gewesen. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Berufungsgericht den ihm unterbreiteten Tatsachenstoff nicht vollständig ausgeschöpft hat. Die Revision beanstandet insoweit zu Recht, dass die in den Urteilsgründen für diese Erwägung herangezogenen und auszugsweise wörtlich zitierten Bekundungen der Ehefrau des Klägers aus der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in einem entscheidenden Punkt unvollständig wiedergegeben werden. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat diese ausgesagt, sie und ihr Ehemann hätten (dem Versicherungsagenten ) auch erklärt, dass schon eine Kniespiegelung gemacht wurde und dass "zu dem Zeitpunkt" das Knie auch nicht in Ordnung gewesen sei. Die Wendung "zu dem Zeitpunkt", die sich dem Sinnzusammenhang nach ersichtlich auf den Zeitpunkt der Kniespiegelung und nicht auf den der Antragstellung bezieht, fehlt in der wörtlichen Wiedergabe der Aussage der Zeugin in den Entscheidungsgründen. Über diesen Teil der Aussage der Zeugin, der gegen ein arglistiges Verhalten des Klägers spricht, hätte das Berufungsgericht nicht ohne nähere Erörterung hinweggehen dürfen. Dies gilt umso mehr, als es an weiteren, tragfähigen Feststellungen zur Arglist fehlt. Im angefochtenen Urteil ist insoweit lediglich weiter festgestellt, dass der Zeuge F. die ihm gegebenen Informationen zu den Vorerkrankungen des Klägers nicht in das Formular aufgenommen hat. Dafür, dass der Kläger dies gewollt und gebilligt hätte, ist jedoch nichts ersichtlich. Dass er bei Antragstellung schon eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei einem anderen Versicherer unterhielt, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vielmehr ein gewichtiges Indiz gegen ein arglistiges Verhalten dar. Gerade weil es sich bei Arglist um eine innere Tatsache handelt, die regelmäßig nur aus Indizien gefolgert werden kann, hätte es näherer Erörterung bedurft, warum der gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit bereits abgesicherte Kläger in dem Bewusstsein gehandelt haben sollte, auf das Vorstellungsbild der Beklagten unlauter einzuwirken, um diese zu einem Vertragsschluss zu bewegen. Hinzu kommt, dass, von der Beklagten nicht bestritten, die Initiative zum Vertragsschluss von dem Versicherungsagenten F. ausging, der den Kläger nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme von sich aus zu Hause aufsuchte.
- 12
- b) Die Beklagte kann dem Kläger auch einen sonstigen Missbrauch der Vertretungsmacht - als besonderer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) - nicht entgegenhalten.
- 13
- In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit längerem anerkannt, dass der Vertretene auch in Fällen eines Vollmachtsmissbrauchs unterhalb der Schwelle der Kollusion mit dem Vertragspartner im Verhältnis zu diesem geschützt sein kann. Voraussetzung ist dafür indes, dass der Missbrauch aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93 - NJW 1994, 2082 unter II 2 a und vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98 - WM 1999, 1617 unter I 2 a). Dementsprechend hat der Senat an die für § 242 BGB geforderte Evidenz des Vollmachtsmissbrauchs durch einen Versicherungsagenten ebenfalls einen strengen Maßstab angelegt, der dessen besonderer Stellung Rechnung trägt (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 - IV ZR 23/01 - VersR 2002, 425 unter II 3 c; vgl. auch Fricke aaO). Denn der Versicherer, der aufgrund des Vertrauensverhältnisses während der Vertragsverhandlungen dem künftigen Versicherungsnehmer gegenüber zur Auskunft und Beratung verpflichtet ist, soweit sie dieser benötigt, erfüllt diese Pflicht durch Auskünfte seines Agenten. Dementsprechend darf der Antragsteller davon ausgehen, dass der Agent zur Erteilung solcher Auskünfte regelmäßig auch befugt ist. Mit der Vorgabe von Fragen nach gefahrerheblichen Umständen im Antragsformular hat der Versicherer selbst die Anzeigeobliegenheit so ausgestaltet, dass der künftige Versicherungsnehmer die Gefahrumstände anhand der ihm gestellten Fragen zu beantworten hat. Unterläuft das der Versicherungsagent dadurch , dass er dem Antragsteller durch einschränkende Bemerkungen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugeben und in das Formular aufzunehmen ist, kann dieses Agentenverhalten nicht zu Lasten des künftigen Versicherungsnehmers gehen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 aaO, vgl. schon Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 - IV ZR 6/01 - VersR 2001, 1541 unter II 1 d). Den Agenten hinsichtlich seiner Auskünfte , was von den offenbarten Umständen in das Formular aufzunehmen ist, zu kontrollieren, ist nicht Sache des künftigen Versicherungsnehmers (Senatsurteile jeweils aaO).
- 14
- Gemessen daran tragen die getroffenen Feststellungen die Annahme eines evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht im vorliegenden Fall nicht. Aus den oben näher dargelegten Gründen legen sie vielmehr die gegenteilige Annahme nahe.
- 15
- Sache Die bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 15.12.2005 - 13 O 108/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 20.09.2006 - 3 U 14/06 -
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.
(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.
(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Testamentsvollstrecker für den Nachlaß des am 31. Oktober 1996 verstorbenen Dr. L.. Er macht in dieser Eigenschaft Versicherungsleistungen aus einem Gebäudeversicherungsvertrag geltend , hilfsweise Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten.Der Erblasser war Eigentümer eines bei dem früher zuständigen Gebäudemonopolversicherer versicherten Geschäftshauses in P.. Nach Aufhebung des Gebäudeversicherungsmonopols beauftragte und bevollmächtigte er seine Hausverwaltung, die A. GmbH, mit dem Abschluß eines neuen Versicherungsvertrages. Die A. GmbH war auch Versicherungsagentin der Beklagten.
Die A. GmbH holte zunächst ein Angebot der Gebäudeversicherung B. AG, der Rechtsnachfolgerin des Monopolversicherers, auf Abschluß eines Gebäudeversicherungsvertrages zum Neuwert ein. Das Angebot enthielt ausweislich des Anschreibens des Versicherers vom 31. August 1995 einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Die A. GmbH übermittelte das Angebot der Beklagten, nach Behauptung des Klägers einschließlich des Anschreibens vom 31. August 1995, und erklärte, einen Versicherungsvertrag zu gleichlautenden Bedingungen mit der Beklagten abzuschließen, falls diese eine günstigere Prämie anbiete. Die Beklagte, für die ihr Bezirksdirektor F. verhandelte, legte im September 1995 ein Angebot mit einer Versicherungssumme von 3.197.000 DM vor, das den Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung nicht enthielt. Sie überließ der A. GmbH einen von einem Mitarbeiter der Bezirksdirektion K. bereits ausgefüllten Versicherungsantrag, den der Geschäftsführer der A. GmbH für den Erblasser unterzeichnete und an die Beklagte zurückgab. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1995 erklärte die Beklagte die Übernahme der Deckung ab dem 1. Januar 1996 und stellte am 8. März 1996 einen Versicherungsschein auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (VBGB 94) und der Besonderen Bedingungen für
die Versicherung weiterer Elementarschäden bei gewerblichen Risiken (BEG-Klausel 9050) aus. Die A. GmbH erhielt von der Beklagten eine Provision. Am 1. April 1996 entstand an dem versicherten Gebäude ein Brand- oder Explosionsschaden in Höhe von 1.403.728,60 DM. Da der Neuwert des Gebäudes 4.980.000 DM betrug, erhob die Beklagte den Einwand der Unterversicherung und zahlte lediglich 901.053,38 DM.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der restlichen 502.675,22 DM verurteilt. Ihre dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht führt aus: Der geltend gemachte Anspruch sei nach Grund und Höhe aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrages gerechtfertigt. Auf eine Unterversicherung gemäû § 56 VVG könne die Beklagte sich nicht berufen. Der Versicherungsschein enthalte zwar keinen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Jedoch weiche er insoweit vom Versicherungsantrag ab. Der Erblasser
habe über die von ihm bevollmächtigte A. GmbH seinen schriftlichen Antrag um den Ausschluû des Unterversicherungseinwandes mündlich ergänzt. Die A. GmbH, der das Anschreiben der Gebäudeversicherung B. AG vom 31. August 1985 vorgelegen habe, sei gleichzeitig Versicherungsagentin der Beklagten und als solche für diese tätig geworden. Was gegenüber dem Versicherungsagenten erklärt werde, wirke auch gegenüber dem Versicherer. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob der Inhalt des Anschreibens auch den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Beklagten bekannt gewesen sei. Die Auffassung der Beklagten, die A. GmbH sei ausschlieûlich als Bevollmächtigte des Erblassers aufgetreten , könne schon deshalb nicht geteilt werden, weil sie der A. GmbH ihre Tätigkeit mit einer Provision vergütet habe. Das bestätige deren Doppelstellung als Bevollmächtigte des Erblassers einerseits und als Versicherungsagentin der Beklagten andererseits. Die Vorschrift des § 181 BGB stehe dem nicht entgegen, da beide Parteien das Handeln der A. GmbH genehmigt hätten. Da die Beklagte im Versicherungsschein weder auf die Abweichung vom Versicherungsantrag noch darauf hingewiesen habe, daû die Abweichung bei fehlendem schriftlichen Widerspruch als genehmigt gelte, sei der Versicherungsvertrag gemäû § 5 Abs. 3 Satz 3 VVG nach dem Inhalt des einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung einschlieûenden Versicherungsantrages zustande gekommen.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der gemäû § 43 Abs. 1 VVG empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent steht bei der Entgegennahme eines Antrages auf Abschluû eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt. Mit der bloûen Verwendung eines - vorbereiteten - Antragsformulars ist zudem keine erkennbare Beschränkung der Empfangsvollmacht auf schriftliche Erklärungen verbunden (BGHZ 102, 194, 197 ff.), so daû auch mündliche Ergänzungen, die vor dem Versicherungsagenten zum schriftlichen Versicherungsantrag abgegeben werden, gegenüber dem Versicherer erklärt sind. Fertigt der Versicherer einen Versicherungsschein aus, der inhaltlich nicht dem vom Agenten entgegengenommenen - mündlich ergänzten - Versicherungsantrag entspricht, so liegt darin keine unveränderte Annahme des Antrags; es finden die Vorschriften des § 5 VVG Anwendung. Unterläût der Versicherer die in § 5 Abs. 2 VVG vorgeschriebene Rechtsbelehrung, weil er irrigerweise glaubt, der Versicherungsschein entspreche dem vom Versicherungsnehmer gestellten Antrag, dann gilt der Antrag gemäû § 5 Abs. 3 VVG als unverändert angenommen , ohne daû es auf ein Verschulden des Versicherers in diesem Zusammenhang ankäme (Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a).
2. Das Berufungsgericht geht indessen rechtsfehlerhaft davon aus, daû die A. GmbH im Zusammenhang mit der Entgegennahme des Versicherungsantrags als Agentin der Beklagten gehandelt hat. Die Zurechnung der Kenntnis des Agenten setzt voraus, daû dieser bei der An-
tragsentgegennahme in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig geworden ist (Senatsurteil vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 b). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, demgemäû im Lager des Antragstellers und nicht des Versicherers steht. So liegt es hier.
Die A. GmbH war vom Erblasser beauftragt und bevollmächtigt, den Versicherungsvertrag nach seinen Weisungen (§ 662 BGB) abzuschlieûen. In Ausführung des Auftrages, ein möglichst günstiges Angebot für eine Gebäudeversicherung einzuholen, ist die A. GmbH an die Beklagte herangetreten. In den sich anschlieûenden Verhandlungen waren die jeweiligen Aufgabenbereiche deutlich getrennt. Die A. GmbH nahm ausschlieûlich die Interessen des Erblassers wahr, während auf seiten der Beklagten die zuständige Bezirksdirektion auftrat. Auch den Versicherungsantrag hat der Geschäftsführer der A. GmbH allein für den Versicherungsinteressenten unterzeichnet. Eine Doppelstellung der A. GmbH, wie vom Berufungsgericht angenommen, war somit nicht gegeben. Auch sonst sind keine Feststellungen getroffen, die es rechtfertigen könnten, die A. GmbH zusätzlich der Sphäre des Versicherers zuzuweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, daû die A. GmbH nach Abschluû des Versicherungsvertrages eine Provision von der Beklagten erhielt. Das allein begründet noch nicht die Stellung als Versicherungsagentin (vgl. BGHZ 94, 356, 359; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 43 Rdn. 4, Anhang zu §§ 43-48 Rdn. 22). Vielmehr ist entscheidend, daû hier bei Anbahnung und Abschluû des Versicherungsverhältnisses eine klare Rollenvertei-
lung bestand. Der Beklagten war die Stellung der A. GmbH als Vertreterin des Versicherungsnehmers bekannt. Bei einer solchen Sachlage verbietet es sich, ihr die Kenntnis der A. GmbH von dem Inhalt des Anschreibens vom 31. August 1995 zuzurechnen. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt eine Verurteilung der Beklagten mithin nicht.
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird zunächst unter Auswertung des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zu prüfen haben, ob den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Inhalt des Schreibens vom 31. August 1995 im Zuge der Vertragsverhandlungen zur Kenntnis gelangt ist. Für diesen Fall wären bei Vorbereitung des Versicherungsantrages , der der A. GmbH bereits ausgefüllt zur Verfügung gestellt worden ist, die vom Versicherungsinteressenten zuvor geäuûerten Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses nicht vollständig berücksichtigt worden. Das könnte zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo führen (Prölss in Prölss/Martin, § 3 VVG Rdn. 15). Dabei wird das Berufungsgericht andererseits zu berücksichtigen haben, daû die Beklagte eine sorgfältige und sachkundige Prüfung des Versicherungsantrages durch die A. GmbH erwarten konnte. Sollte das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung bejahen, wäre daher ein Mitverschulden auf seiten des Versicherungsnehmers zu erwägen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.
(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.
(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.
(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.