Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 29. Juni 2011 - 5 U 297/09 - 76

bei uns veröffentlicht am29.06.2011

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14.05.2009 - Az: 14 O 413/08 - dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 20.976,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2008 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.976,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Krankentagegeld.

Zwischen den Parteien besteht ein Krankenversicherungsvertrag gemäß Versicherungsschein (Nr. ...) vom 20.06.2007 (Bl. 6 d.A.), der eine Krankentagegeldversicherung umfasst. Diese sieht Leistungen von 114,00 EUR täglich ab dem 15. Tag vor. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung in Form der MB/KT 94 zugrunde (Bl. 38 d.A.).

Der Kläger ist freiberuflicher Notarzt, der zu Unglücksfällen hinzugerufen wird. Am 21.01.2007 ließ er sich wegen einer Arthrose am rechten Knie operieren. Vom 29.10.2006 bis zum 17.04.2007 und vom 14.12.2007 bis zum 13.05.2008 leistete die Beklagte das vereinbarte Krankentagegeld.

Zu einer von der Beklagten verlangten Untersuchung am 28.01.2008 erschien der Kläger nicht, weil ihn das Aufforderungsschreiben hierzu nicht rechtzeitig erreichte. Den Nachuntersuchungstermin am 21.02.2008 (Bl. 10 d.A.) bei Dr. Z. in Bad Nauheim, der von der IMB beauftragt worden war, nahm er dagegen wahr.

Mit Schreiben vom 22.04.2008 (Bl. 16 d.A.) ließ der Kläger durch den von ihm früher beauftragten Rechtsanwalt E. das Gutachten von Dr. Z. zurückweisen, auf dessen Befangenheit hinweisen und der Beklagten eine Frist bis zum 06.05.2008 zur Zahlung von offenstehendem Krankentagegeld setzen.

Am 08.05.2008 verlangte die Beklagte erneut eine Untersuchung bei Dr. Z. am 14.05.2008 (Bl. 12 d.A.). Der Kläger erschien nicht. Der von ihm beauftragte Rechtsanwalt teilte der Beklagten mit Schreiben vom 14.05.2008 (Bl. 14 d.A.) mit, dass Dr. Z. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werde und schlug einen anderen Sachverständigen vor. Außerdem drohte er Klage an wegen noch offenstehender Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Krankentagegeld.

Mit Schreiben vom 16.05.2008 (Bl. 58 d.A.) teilte die Beklagte mit, eine Stellungnahme bei der IMB angefordert zu haben. Mit Schreiben vom 11.07.2008 (Bl. 18 d.A.) lehnte die Beklagte Leistungen wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung ab.

Am 18.08.2008 unterzog sich der Kläger einer erneuten Operation des rechten Kniegelenks (Bl. 59 d.A.). Der Kläger forderte erneut Zahlung von Krankentagegeld. Die Beklagte verlangte mit Schreiben vom 08.09.2008 (Bl. 81 d.A.) weitere Unterlagen und lehnte mit Schreiben vom 22.09.2008 (Bl. 94 d.A.) und 08.10.2008 (Bl. 25 d.A.) Leistungen wegen der begangenen Obliegenheitsverletzung ab.

Der Kläger hat behauptet, er sei vom 14.05.2008 bis zum 14.11.2008 wegen eines Knorpeldefektes im Bereich des rechten medialen Kondylus mit vorhandenem Reizerguss sowie ausgeprägtem synovialen Reizzustand, eingeschränkter Beweglichkeit des Kniegelenks, Druckschmerzes am medialen Gelenkspalt rechts und eingeschränkter Innenrotation vollständig arbeitsunfähig erkrankt. Er könne nicht längere Zeit knien, so dass er Opfer, die sich oft auf dem Boden oder in Fahrzeugen befänden, nicht behandeln könne. Er müsse auch die Behandlung selbst durchführen und könne sie nicht auf die Rettungssanitäter delegieren.

Der Kläger verlangt Krankentagegeld für einen Zeitraum vom 14.05.2008 bis zum 14.11.2008, insgesamt 20.976,00 EUR.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Klage durch Urteil vom 14.05.2009 - Az: 14 O 413/08 - wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.996,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

Der Kläger behauptet in der Berufungsinstanz, er habe sich an seinen früheren Anwalt gewandt, als er das Schreiben der Beklagten vom 08.05.2008 erhalten habe, weil sein Anwalt eine Begutachtung durch Dr. Z. im Schreiben vom 22.04.2008 abgelehnt habe. Sein Anwalt habe ihm erklärt, er müsse wegen der Befangenheit von Dr. Z. diesen Termin nicht wahrnehmen und nichts mehr veranlassen, er werde den Termin für den Kläger absagen.

Der Senat hat ein orthopädisches Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. M. vom 22.12.2010 eingeholt (Bl. 245 d.A.).

II.

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum vom 14.05.2008 bis zum 14.11.2008 in unstreitiger Höhe von 20.976,00 EUR zu, weil er in dieser Zeit arbeitsunfähig war (§ 1 MB/KT 94).

(1.)

Eine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers nach den §§ 9 Nr. 3, 10 Nr. 1 MB/KT 94, § 6 Abs. 3 VVG a.F. besteht nicht.

Den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung muss der Versicherer beweisen. Gelingt ihm dies, wird Vorsatz nach § 6 Abs. 3 S. 1 VVG a.F. gesetzlich vermutet. Diese Vermutung muss der Versicherungsnehmer entkräften.

(a)

Der Kläger hat eine Obliegenheitsverletzung dadurch begangen, dass er den von der Beklagten gewünschten Untersuchungstermin am 14.05.2008 bei Dr. Z. nicht wahrgenommen hat.

Grundsätzlich ist der Versicherer in der Wahl des untersuchenden Arztes frei (OLG Brandenburg, Urt. v. 12.03.2008 - 4 U 168/06; OLG Bremen, VersR 2003, 1429 zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung). "Ablehnungsgründe" gegenüber dem vom Versicherer beauftragten Arzt können deshalb allenfalls in konkreten Ausnahmefällen besonderer Unzumutbarkeit, etwa aufgrund des Verhaltens des Arztes bei früheren Untersuchungen, gegeben sein, müssen aber ein ganz erhebliches Gewicht haben (OLG Köln, ZfSch 2000, 353). Anhaltspunkte dafür hat der Kläger nicht vorgetragen. Seine Befürchtung, der beauftragte Arzt Dr. Z. sei nicht objektiv, ist ohne Bedeutung, weil das Untersuchungsergebnis lediglich der Information der Beklagten dient, für den Kläger dagegen in keiner Weise bindend ist.

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beklagte von ihrem Untersuchungsrecht zu extensiv oder in einer schikanösen Art und Weise Gebrauch gemacht hätte. Aufforderungen zur Nachuntersuchung in Monatsintervallen werden grundsätzlich für zulässig gehalten (OLG Köln, ZfSch 2000, 353; OLG Brandenburg, Urt. v. 12.03.2008 - 4 U 168/06).

(b)

Der Kläger hat jedoch bewiesen, dass diese Obliegenheitsverletzung nicht vorsätzlich und nicht grob fahrlässig nach § 6 Abs. 3 VVG a.F. geschehen ist. Es steht fest, dass der Kläger auf anwaltlichen Rat gehandelt hat. Dies begründet einen Rechtsirrtum, der Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausschließt.

(aa)

Die falsche Bewertung der Rechtslage durch den vom Kläger früher beauftragten Rechtsanwalt kann dem Kläger nicht zugerechnet werden.

Insbesondere war der beauftragte Rechtsanwalt E. nicht Repräsentant für die Erfüllung versicherungsrechtlicher Obliegenheiten. Der frühere Rechtsanwalt des Klägers ist in diesem Bereich nicht aufgrund eines Vertretungsverhältnisses oder eines ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Klägers getreten. Vielmehr hat sich der Kläger beraten lassen, ohne sich vollständig aus seiner Vertragsstellung zurückzuziehen. Dazu genügt nicht, dass sich ein Versicherungsnehmer anwaltlicher Hilfe bedient, auch wenn dieser die Korrespondenz führt. Eine Verdrängung des Versicherungsnehmers durch den Anwalt erfolgt dadurch nicht. Deshalb wird ein beauftragter Anwalt auch grundsätzlich nicht als Repräsentant des Versicherungsnehmers angesehen (BGH, Urt. v. 08.01.1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321; Römer in: Römer/Langheid, VVG, 2.Aufl., § 6 Rdn. 155; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG, § 28 Rdn. 77; Terbille in: Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, § 2 Rdn. 249 - anders OLG Hamm, VersR 1984, 31 im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung).

Auch eine Zurechnung nach § 278 BGB kommt nicht in Betracht, weil es nicht um die Erfüllung von Verbindlichkeiten geht. Für versicherungsrechtliche Obliegenheiten gilt diese Bestimmung nicht (BGH, Urt. v. 08.01.1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321; Senat, Urt. v. 20.02.2002 - 5 U 427/01-30 - ZfSch 2002, 587).

Auch eine Zurechnung über § 166 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, weil der vom Kläger früher beauftragte Rechtsanwalt nicht als Wissenserklärungsvertreter des Klägers aufgetreten ist, sondern der Kläger nach anwaltlicher Beratung selbst entschieden hat, den Nachuntersuchungstermin nicht wahrzunehmen. Um die Abgabe einer Wissenserklärung ging es dabei nicht.

(bb)

Es kommt deshalb auf die Schuld des Klägers selbst an.

Ein Irrtum über zweifelhafte Rechtsfragen schließt Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit aus, wenn sich der Versicherungsnehmer seinen Verhältnissen entsprechend um eine Klarstellung bemüht hat (OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.11.1974 - 7 U 4/74 - VersR 1976, 157). Dazu muss er sich in Zweifelsfällen an den Versicherer wenden oder Rechtsrat einholen.

Wendet sich der Versicherungsnehmer an einen Rechtsanwalt und holt Rat ein, kann er sich grundsätzlich auf dessen Richtigkeit verlassen. Dies gilt sogar dann, wenn der Wortlaut der dem Versicherungsnehmer bekannten Versicherungsbedingungen eindeutig erscheinen mag (BGH, Urt. v. 08.01.1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321). Es ist nichts Ungewöhnliches, dass Vorschriften bzw. Regelungen eine von ihrem Wortlaut scheinbar abweichende Bedeutung für die Entscheidung des Einzelfalles beigemessen wird. Dies gilt vor allem bei Vertragsbedingungen größeren Umfangs, bei denen es nicht nur auf eine einzelne Bedingung ankommen muss, die für sich allein klar erscheinen mag, sondern auch darauf, diese aus dem umfangreichen Bedingungswerk herauszufinden und im Verhältnis zu den anderen Bedingungen und den gesetzlichen Bestimmungen richtig einzuordnen (BGH, Urt. v. 08.01.1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321).

Dem steht nicht entgegen, dass Rechtsauskünfte auch der Versicherer erteilen könnte. Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, sich gerade an den Versicherer zu wenden, weil dieser im Streit über versicherungsrechtliche Fragen der Gegner des Versicherungsnehmers ist (BGH, Urt. v. 08.01.1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321).

In der Regel hat deshalb ein Rechtsuchender weder Anlass noch die Möglichkeit, anwaltliche Auskünfte auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BGH, Urt. v. 08.01.1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321; BGH, Urt. v. 09.12.1965 - II ZR 173/63 - VersR 1966, 152). Er muss grundsätzlich keine Auskünfte anderer Rechtsanwälte einholen. Ob etwas anderes gilt, wenn der anwaltliche Rat eindeutig vom Wortlaut der maßgeblichen Versicherungsbedingung abweicht und der Anwalt hierfür keine einleuchtende Erklärung gegeben hat, diese vielmehr nicht nachvollziehbar und unverständlich ist, weswegen dessen Unrichtigkeit sich auch einem versicherungsrechtlichen Laien aufdrängen muss (so in einem Fall OLG Frankfurt, NJW-RR 1993, 860), kann dahinstehen.

Ein solcher Fall liegt nicht vor. Aus dem Wortlaut von § 9 Nr. 3 MB/KT 94 folgt nicht eindeutig, dass der Versicherer berechtigt ist, jeden Arzt auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers zu beauftragen. Angesichts der Vielzahl der für eine Untersuchung in Betracht kommenden Ärzte ist es für einen versicherungsrechtlichen Laien nicht ohne weiteres erkennbar, dass der Versicherer auf einer Untersuchung durch einen Arzt seiner Wahl bestehen kann, solange dies nicht aus besonders schwerwiegenden Gründen für den Versicherungsnehmer unzumutbar ist. Es bestand deshalb für den Kläger kein Anlass, an dem Rat seines früheren Rechtsanwalts zu zweifeln, dass er sich dieser Untersuchung nicht stellen müsse, sondern der Versicherer zunächst ohne Rechtsverlust aufgefordert werden dürfe, einen anderen Arzt zu beauftragen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der anwaltliche Rat nicht darauf hinauslief, eine Untersuchung überhaupt zu verhindern. Dies hätte Zweifel erwecken können, ob dies richtig sein kann.

Es kommt hinzu, dass die Beklagte dem Kläger nur eine sehr kurze Vorbereitungs- und Überlegungszeit ließ, weil sie ihn am 10.05.2008 aufforderte, sich am 14.05.2008 einer Untersuchung bei dem Arzt zu unterziehen, gegen den er gerade Bedenken geäußert hatte. Auf diese Bedenken hatte die Beklagte nicht einmal reagiert. Sie war in dem Aufforderungsschreiben vom 08.05.2008 (Bl. 12 d.A.) mit keinem Wort auf die Einwände des Klägers eingegangen. Dieses Verhalten war geeignet, den Kläger zu verunsichern, anstatt ihm gegenüber die aus Sicht der Beklagten eindeutige Rechtslage deutlich vor Augen zu führen. Dass hätte aus Sicht des Klägers aber nahegelegen, wenn die Beklagte die Rechtslage für eindeutig gehalten hätte.

(cc)

Der präzisierte Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz zu seinem Rechtsirrtum ist nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch insoweit zu berücksichtigen, als er neue Tatsachen dazu vorgetragen hat. Bereits in der ersten Instanz hat der Kläger das Schreiben seines früheren Anwalts vom 14.05.2008 (Bl. 14 d.A.) vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass er von seinem Anwalt entsprechend beraten war. Daraus war gleichzeitig abzuleiten, dass der Kläger aufgrund des Gesprächs mit seinem Anwalt davon ausgehen musste, keine Rechtsnachteile zu erleiden, wenn er der Untersuchung fernblieb, weil nicht anzunehmen war, dass der Kläger nicht unvernünftiger Weise ohne Not seinen Versicherungsschutz gefährden würde. Es sind nämlich keine Umstände ersichtlich, aus denen es für den Kläger sinnvoll sein konnte, etwas zu verheimlichen bzw. die Untersuchung hinauszuschieben.

Aus diesem Grund beweist der Kläger alleine mit der Vorlage des Schreibens seines früheren Anwalts vom 14.05.2008 (Bl. 14 d.A.) auch den falschen Rat seines früheren Anwalts. Der von ihm als Zeuge benannte Rechtsanwalt E. - Bl. 130 d.A. - ist deshalb nicht zu vernehmen. Die Beklagte, die den Klägervortrag bestritten hatte, hätte deshalb Gegenbeweis erbringen müssen. Dies hat sie trotz Hinweises nicht getan.

(dd)

Es kommt deshalb nicht darauf an, ob eine - unterstellte - vorsätzliche Obliegenheitsverletzung überhaupt zur Leistungsfreiheit der Beklagten geführt hätte. Nach der sog. Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 24.06.1981 - IVa ZR 133/80 - VersR 1982, 182) führt zwar auch eine folgenlose Obliegenheitsverletzung zur Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn nicht der Versicherungsnehmer beweisen kann, dass die Verletzung nicht generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, oder ihn kein erhebliches Verschulden trifft.

Folgenlos geblieben ist eine Obliegenheitsverletzung, wenn dem Versicherer bei der Feststellung des Versicherungsfalls oder des Schadensumfangs keine Nachteile entstanden sind. Der Versicherer darf demnach nicht zuviel gezahlt haben, nicht mit zusätzlichen, sonst nicht entstandenen Kosten belastet und auch nicht - zumindest vorübergehend - mit für ihn nachteiligen Konsequenzen daran gehindert worden sein, sachgemäße Entschlüsse zu fassen oder den Sachverhalt aufzuklären. Die Folgenlosigkeit ist vom Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 07.07.2004 - IV ZR 265/03 - VersR 2004, 1117; BGH, Beschl. v. 10.10.2007 - IV ZR 95/07 - VersR 2008, 241).

Weil der Kläger mit einer Untersuchung durch einen anderen von der Beklagten ausgesuchten Arzt einverstanden war, war die Beklagte nicht in erheblicher Weise an der Aufklärung des Sachverhaltes gehindert. Dass sie auf eine Begutachtung durch Dr. Z. angewiesen war, ist nicht erkennbar. Auch Zusatzkosten durch die Beauftragung eines anderen Arztes sind nicht ersichtlich. Eine nennenswerte zeitliche Verzögerung musste nicht eintreten, wenn sofort ein anderer Arzt beauftragt worden wäre, und wäre insgesamt vermieden worden, wenn die Beklagte dem Kläger nicht einen zeitlich sehr knappen Termin gesetzt hätte, ohne auf seine bereits erhobenen Einwände gegen Dr. Z. einzugehen.

Begründet dies lediglich eine folgenlose Obliegenheitsverletzung, so führt diese nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten, weil sie nicht generell geeignet war, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu beeinträchtigen. Mit dem unwiederbringlichen Verlust von Feststellungs- und Beweismöglichkeiten kann nicht argumentiert werden, weil sich der Kläger nicht generell gegen die Untersuchung durch einen von der Beklagten ausgesuchten Arzt gewandt hat, sondern nur gegen Dr. Z.. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte auf Dr. Z. oder überhaupt einen vom IMB ausgesuchten Arzt angewiesen war, so dass eine ernsthafte Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten nicht anzunehmen ist.

(2.)

Der Kläger hat auch keine Obliegenheitsverletzung dadurch begangen, dass er die von der Beklagten mit Schreiben vom 08.09.2008 (Bl. 81 d.A.) angeforderten Unterlagen nicht übersandt hat. Dies war entbehrlich, nachdem die Beklagte bereits mit Schreiben vom 22.09.2008 (Bl. 94 d.A.) mitgeteilt hatte, sie gehe von keinem neuen Versicherungsfall aus, und sich weiter auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung berufen hatte. Wenn der Versicherer seine Leistungspflicht abschließend verneint, bleibt es für den Versicherungsnehmer ohne Folgen, wenn er versicherungsrechtliche Obliegenheiten nicht länger erfüllt (BGH, Urt. v. 11.12.1991 - IV ZR 238/90 - VersR 1992, 345).

(3.)

Der Anspruch auf Krankentagegeld setzt den Eintritt eines Versicherungsfalles nach § 1 Nr. 2 und Abs. 3 MB/KT 94 voraus. Danach muss eine medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen stattfinden, zu der eine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit hinzutreten muss, deren Voraussetzungen in § 1 Nr. 3 MB/KT 94 näher bestimmt ist. Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingung liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Abzustellen ist auf die konkrete berufliche Tätigkeit bei Eintritt des Versicherungsfalles (BGH, Urt. v. 09.07.1997 - IV ZR 253/96 - VersR 1997, 1133). Das Vorliegen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Eintritts des Versicherungsfalles ist vom Versicherungsnehmer zu beweisen. Diesen Beweis führt der Versicherungsnehmer nicht bereits mit der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des ihn behandelnden Arztes (BGH, Urt. v. 03.05.2000 - IV ZR 110/99 - VersR 2000, 841; Wilmes in: Bach/Moser, a.a.O., § 1 MB/KT Rdn. 24 und 25; Prölss in: Prölss/Martin, a.a.O., § 1 MBKT 94 Rdn. 8 und § 4 MBKT 94 Rdn. 10; Tschersich in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2.Auf., § 45 Rdn. 81). Da die Arbeitsunfähigkeitsnachweise in der Regel keine Begründung für eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit enthalten, reicht einfaches Bestreiten seitens des Versicherers aus (BGH, Urt. v. 03.05.2000 - IV ZR 110/99 - VersR 2000, 841).

(a)

Zur Schlüssigkeit der Klage gehört deshalb, dass der Kläger unter substantiierter Darlegung seiner Beschwerden und seiner Berufstätigkeit vorträgt, warum er den zuletzt konkret ausgeübten Beruf in keiner Weise mehr ausüben kann (allgemein hierzu: Senat, Urt. v. 29.08.2007 - 5 U 163/07-16; OLG Köln, VersR 2008, 912). Andernfalls müsste der Sachverständige erst die Gesundheitsbeeinträchtigung und die Arbeitsbedingungen des Versicherungsnehmers ermitteln.

Dem wird der Vortrag des Klägers gerecht. Zwar hat er zu seiner Tätigkeit nicht insgesamt im einzelnen vorgetragen, diese aber insoweit konkretisiert, dass er längere Zeit knien muss und sich seine Tätigkeit nicht auf „Aufsichtsführung“ beschränkt, sondern er als einzelner Notarzt vor Ort selbst in kniender Lage tätig werden muss. Nachdem die Beklagte zunächst den nur allgemeinen Vortrag des Klägers bestritten hat, hat der Kläger im Schriftsatz vom 02.05.2010 behauptet, er sei vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als selbständiger Notarzt in einer Rettungsdienststelle tätig gewesen und es sei seine Aufgabe gewesen, nach einer Alarmierung als einziger Notarzt mit drei Rettungsassistenten schnellstmöglich den Einsatzort bzw. die Verletzten zu erreichen und zu behandeln, wobei die Anforderungen im konkreten Einsatzfall bei Dienstbeginn nicht abzusehen gewesen seien. Diese Tätigkeitsbeschreibung hat die Beklagte nicht bestritten, so dass sie der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Wegen der Besonderheit der Tätigkeit eines Notarztes im Rettungseinsatz, dass die körperlichen Anforderungen beim konkreten Einsatz im voraus nicht feststehen, ist es offensichtlich, dass die Tätigkeit überhaupt nicht ausgeübt – nämlich begonnen – werden kann, wenn nennenswerte körperliche Belastungen nicht möglich sind, wie z.B. die Behandlung liegender Verletzter in kniender Stellung. Der Kläger stellt damit zur Begründung seiner vollständigen Arbeitsunfähigkeit darauf ab, dass ihm eine „prägende Tätigkeit“ unmöglich ist, so dass er insgesamt seine Tätigkeit nicht ausüben kann. Es kommt deshalb nicht darauf an, wie die sonstige Tätigkeit ausgestaltet ist und ob er diese weiter ausüben kann. Entsprechende Betätigungsfelder eröffnen sich dem Kläger nicht mehr, wenn er wegen seiner Einschränkung für eine „prägende Tätigkeit“ überhaupt nicht mehr als Notarzt eingeteilt wird.

(b)

Dem Kläger ist der Beweis gelungen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum wegen seiner Kniebeschwerden die erforderliche Behandlung von Unfallopfern in Zwangslagen, insbesondere in knieender Stellung nicht mehr vornehmen konnte und deshalb als Notarzt nicht mehr eingesetzt werden konnte.

Die Sachverständige Prof. Dr. M. hat in ihrem Gutachten vom 22.12.2010 (Bl. 245 d.A.) nachvollziehbar dargestellt, dass der drittgradige Knorpelschaden des Klägers in der femoralen Gleitrinne und zweit- bis drittgradige Knorpelschaden retropatellar, der von Prof. Sch. am 18.08.2008 festgestellt wurde, zu nicht zumutbaren Schmerzen im Knie bei knieender Tätigkeit, gleich welcher Zeitdauer führen. Diesen Feststellungen hat die Beklagte auch nicht mehr widersprochen.

Nach Ansicht der Sachverständigen Prof. Dr. M. war und ist eine Besserung dieses Zustandes durch bloßen Zeitablauf nicht zu erwarten. Deshalb gelten ihre Feststellungen für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Dies genügt zum Nachweis einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit des Klägers als Notarzt.

(4.)

Dem Anspruch des Klägers steht keine Berufsunfähigkeit während des streitgegenständlichen Zeitraumes entgegen (§§ 7, 15b MB/KT 94).

Nach § 15b Satz 2 MB/KT liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist. Es geht nach dieser Begriffsbestimmung um einen Zustand (Erwerbsunfähigkeit), dessen Fortbestand aus sachkundiger Sicht für nicht absehbare Zeit prognostiziert wird, der jedoch typischerweise nicht auch als endgültig oder unveränderlich beurteilt werden kann. Denn es lässt sich eine ins Gewicht fallende Besserung zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nicht selten weder zuverlässig voraussagen noch ausschließen. Die erforderliche Prognose kann nur auf den jeweiligen Einzelfall bezogen gestellt werden; sie ist abhängig von individuellen Umständen, wie etwa dem Alter des Versicherten, der Art und Schwere seiner Erkrankung und den Anforderungen der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Ein bestimmter Zeitraum, für den die Prognose zu stellen ist, im Sinne einer festen zeitlichen Grenze für die Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit "auf nicht absehbare Zeit" lässt sich dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Versicherungsbedingungen nicht entnehmen (BGH, Urt. v. 30.06.2010 - IV ZR 163/09 - VersR 2010, 1171). Die Prognose ist - gegebenenfalls rückschauend - für den Zeitpunkt zu stellen, für den der Versicherer das Ende seiner Leistungspflicht behauptet; für die sachverständige Beurteilung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit sind die "medizinischen Befunde" - d.h. alle ärztlichen Berichte und sonstigen Untersuchungsergebnisse - heranzuziehen und auszuwerten, die der darlegungs- und beweisbelastete Versicherer für die maßgeblichen Zeitpunkte vorlegen kann. Dabei ist es gleich, wann und zu welchem Zweck die medizinischen Befunde erhoben wurden; auch müssen sie keine - ausdrückliche oder wenigstens stillschweigende - ärztliche Feststellung der Berufsunfähigkeit enthalten (BGH, Urt. v. 30.06.2010 - IV ZR 163/09 - VersR 2010, 1171).

Eine Erwerbsunfähigkeit auf nicht absehbare Dauer besteht dann, wenn nach aller Erfahrung trotz Einsatzes aller medizinischen Mittel mit der Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit überhaupt nicht zu rechnen ist oder sich jedenfalls aufgrund der relativ geringen Heilungschancen nicht absehen lässt, ob der Versicherte jemals wieder erwerbsfähig sein wird (Voit in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28.Aufl., § 15 MB/KT 2009 Rdn. 24; Tschersich in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2.Auf., § 45 Rdn. 41; OLG Zweibrücken, VersR 1991, 292). Das ist auch der Fall, wenn sich der Versicherungsnehmer einer notwendigen Operation nicht unterziehen will, weil sie gesundheitliche Risiken für ihn birgt (OLG Köln, VersR 1995, 284).

Vorliegend ist die Behauptung des Klägers, dass durch eine Umstellungsosteotomie, wie sie Prof. Dr. Dr. Sch. vorgeschlagen hat, eine deutliche Entlastung des arthrotischen Bezirkes eintritt und in der Folge eine deutliche Verbesserung des Beschwerdebildes und eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit (Bl. 169 d.A.), durch die Sachverstände Prof. Dr. M. in ihrem Gutachten vom 22.12.2010 (Bl. 259 d.A.) bestätigt worden. Die Sachverständige hat zwar die einzelnen notwendigen medizinischen Maßnahmen nicht ausdrücklich genannt. Sie hat aber ebenfalls angenommen, dass die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers in seinem Beruf als Notarzt durch geeignete medizinische Maßnahmen erreicht werden kann.

Zur Erstellung der Prognose kommt es nicht auf die weitere Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse beim Kläger an. Vielmehr hat Prof. Dr. Dr. Sch. bereits aufgrund des Zustandes des Knies des Klägers im Jahr 2008, also im hier streitgegenständlichen Zeitraum, angenommen, dass durch die Umstellungsosteotomie die Arbeitsfähigkeit des Klägers wieder hergestellt werden kann. Dagegen hat die Beklagte aus medizinischer Sicht nichts eingewandt, sondern lediglich vorgetragen, der Kläger habe eine solche Operation nicht beabsichtigt. Die Beklagte hat aber nicht konkret dargelegt und bewiesen, dass sich der Kläger bis zum 14.11.2008 der erforderlichen Operation verweigert hat. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Erst am 02.06.2008 wurde ein CT zur Achs- und Rotationsbestimmung auf Rat von Prof. Dr. Dr. Sch. durchgeführt und am 18.08.2008 eine erneute Kniearthroskopie (Bl. 23 und 59 d.A.). Nach Meinung von Prof. Dr. Dr. Sch. konnte die empfohlene Umstellungsosteotomie aufgrund seiner Untersuchungen bis zu diesem Zeitpunkt wieder zur Arbeitsfähigkeit des Klägers führen. Die Sachverständige Prof. Dr. M. bestätigt dies bei rückschauender Betrachtung in ihrem Gutachten, weil sie ebenfalls davon ausging, dass geeignete medizinische Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers als Notarzt führen. Zu diesem Zeitpunkt Ende August 2008 - und daran hat sich in den folgenden zweieinhalb Monaten nichts geändert - bestand kein Grund, daran zu zweifeln, dass der Kläger diese medizinischen Maßnahmen ergreifen werde. Die Beklagte hat weder behauptet, dass es sich um besonders gefährliche Maßnahmen gehandelt noch dass der Kläger ihr gegenüber geäußert habe, er werde diese medizinischen Maßnahmen nicht vornehmen lassen. Angesichts des Alters des Klägers von rund 48 Jahren und dem Umstand, dass der Kläger ohne Operation seinen Beruf nicht mehr werde ausüben können, war auch von einem hohen Interesse des Klägers an einer erfolgreichen Operation auszugehen. Außerdem hatte sich der Kläger in der Vergangenheit mehreren arthroskopischen Eingriffen gestellt, so dass es bis Mitte November 2008 keinen Hinweis darauf gab, dass der Kläger sich nicht auch weiteren Operationen unterziehen werde.

Weil es auf die weitere Entwicklung für die im streitgegenständlichen Zeitraum anzustellende Prognose nicht ankommt (BGH, Urt. v. 30.06.2010 - IV ZR 163/09 - VersR 2010, 1171), spielt das Verhalten des Klägers nach dem 14.11.2008 keine Rolle. Es kann deshalb nicht aus dem Umstand, dass der Kläger die notwendige Operation in den Jahren 2009 und 2010 nicht vorgenommen hat, darauf geschlossen werden, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 14.11.2008 nicht die Absicht gehabt habe, die Operation durchzuführen.

(5.)

Zinsen schuldet die Beklagte nach den §§ 291, 288 BGB.

(6.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen.

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 29. Juni 2011 - 5 U 297/09 - 76 zitiert 11 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 29. Juni 2011 - 5 U 297/09 - 76 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 29. Juni 2011 - 5 U 297/09 - 76 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2007 - IV ZR 95/07

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 95/07 vom 10. Oktober 2007 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2004 - IV ZR 265/03

bei uns veröffentlicht am 07.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 265/03 Verkündet am: 7. Juli 2004 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________ VVG § 6 Abs. 3; AKB §

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2010 - IV ZR 163/09

bei uns veröffentlicht am 30.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 163/09 Verkündetam: 30.Juni2010 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja AVB Kr

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(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 265/03 Verkündet am:
7. Juli 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 6 Abs. 3; AKB § 7
Die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung finden nur dann Anwendung, wenn die
vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers folgenlos geblieben
ist, d.h. dem Versicherer bei der Feststellung des Versicherungsfalles oder des
Schadenumfanges keine Nachteile entstanden sind. Das ist nicht notwendig schon
dann der Fall, wenn der Versicherer nicht geleistet hat.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - IV ZR 265/03 - HansOLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die Bekla gte ihm wegen eines Fahrzeugdiebstahls bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren hat. Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB; Stand März 1997) zugrunde.
Die Beklagte erhielt am 2. November 2000 vom Kläge r eine fernmündliche Schadensmeldung, die die Entwendung eines Fiat-Wohnmobils auf dem Parkplatz eines Supermarkts in P. zum Gegenstand hatte. Das Fahrzeug wurde zu einem späteren Zeitpunkt in Frankreich wieder aufgefunden und sichergestellt. Mit Schreiben vom 6. November

2000 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Schadensanzeigeformular und einen "Ergänzungs-Fragebogen Fahrzeugdiebstahl", der eine Belehrung über die Rechtsfolgen unwahrer oder unvollständiger Angaben gegenüber dem Versicherer enthielt. Zugleich forderte die Beklagte den Kläger auf, ihr neben den Fahrzeugunterlagen "vorab postwendend" die Kfz-Schlüssel zu übersenden. Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach, obwohl ihn die Versicherungsmaklerin wiederholt darauf hinwies, daß er zur Übersendung verpflichtet sei. Der Kläger stellte sich auf den Standpunkt, er müsse die Fahrzeugschlüssel nur Zug um Zug gegen eine Leistungszusage der Beklagten herausgeben. Die Beklagte beruft sich unter anderem deshalb auf Leistungsfreiheit, weil der Kläger durch sein Verhalten gegen seine Obliegenheit aus § 7 I (2) Satz 3 und 4 AKB verstoßen habe. Danach ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann; er hat hierbei die etwaigen Weisungen des Versicherers zu befolgen.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Festste llungsklage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Weiger ung der Beklagten , den Kläger wegen des behaupteten Diebstahls zu entschädigen, sei

nach § 7 I (2) Satz 3 und 4, V 4 AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG rechtens. Der Kläger habe sich der mit Schreiben vom 6. November 2000 durch den Versicherer erteilten Weisung widersetzt und sich trotz mündlicher und schriftlicher Mahnung seitens der Versicherungsmaklerin geweigert, die Fahrzeugschlüssel zur Verfügung zu stellen, solange die Beklagte ihre Eintrittspflicht nicht anerkenne. Der Verlust des Versicherungsschutzes widerspreche nicht § 242 BGB. Denn die Obliegenheitsverletzung des Klägers sei generell geeignet, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden. Die Fahrzeugschlüssel seien für den Versicherer von erheblicher Bedeutung, weil eine sachverständige Untersuchung darüber Aufschluß geben könne, ob Nachschlüssel existierten; das Fehlen eines Schlüssels könne darauf hinweisen, daß das Fahrzeug auf andere Weise als durch Diebstahl verschwunden sei. Das Verschulden des Klägers sei schon deshalb nicht gering, weil er gegen den ausdrücklichen Rat der Versicherungsmaklerin gehandelt und auch sonst keinen Kontakt zur Beklagten gesucht habe. Die Beklagte habe den Kläger schließlich nicht nach Treu und Glauben über die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen die ihm erteilte Weisung belehren müssen. Eine Belehrung durch den Versicherer müsse nicht für alle denkbaren Obliegenheitsverstöße erfolgen, sondern lediglich im Zusammenhang mit der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten durch unwahre oder unvollständige Angaben im Schadensanzeigeformular. Wegen dieser Frage hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebn is stand. Allerdings kommt es auf die Frage, die dem Berufungsgericht Anlaß zur Zu-

lassung der Revision gegeben hat, nicht an; dennoch war der Senat an die Zulassung gebunden (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO).
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausge gangen, daß der Kläger eine nach dem Versicherungsvertrag bestehende Obliegenheit verletzt hat. Er ist nach § 7 I (2) Satz 3 AKB verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Der Versicherer kann nach Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, daß der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich ist. Der Versicherungsnehmer muß allerdings nicht unaufgefordert ("spontan") durch Auskunftserteilung zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen und den Versicherer von sich aus über alle für Grund und Höhe des Entschädigungsanspruchs wesentlichen Umstände in Kenntnis setzen. Er darf abwarten, bis der Versicherer an ihn herantritt und die Informationen anfordert, die er zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs seiner Leistungspflicht benötigt (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1976 - IV ZR 84/75 - VersR 1976, 821 unter III 1 zu § 13 AFB). Eine solche Aufforderung liegt in dem Schreiben der Beklagten vom 6. November 2000. Sie hat dem Kläger u.a. aufgegeben , ihr die Fahrzeugschlüssel zur Verfügung zu stellen. Darin lag eine an den Kläger gerichtete, ihrem Inhalt nach unmißverständliche Weisung im Sinne des § 7 I (2) Satz 4 AKB, durch eine bestimmte Handlung - die Übersendung der Schlüssel - an der Aufklärung des Tatbestandes mitzuwirken.
2. Das Berufungsgericht ist weiter rechtsfehlerfre i von einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung ausgegangen. Dem Kläger waren die

sich aus § 7 I (2) Satz 3 und 4 AKB ergebenen Verhaltensnormen bekannt. Ihr Vorhandensein ist ihm spätestens durch die Hinweise der Versicherungsmaklerin , er sei zur Herausgabe der Schlüssel verpflichtet, klar vor Augen geführt worden; dennoch hat er sich der Aufforderung der Beklagten widersetzt.
Der Kläger, der die nach § 6 Abs. 3 VVG bestehende Vermutung des Vorsatzes zu widerlegen hat (Senatsurteile vom 21. April 1993 - IV ZR 34/92 - VersR 1993, 828 unter 2 c, in BGHZ 122, 250 insoweit nicht abgedruckt; vom 2. Juni 1993 - IV ZR 72/92 - VersR 1993, 960 unter I 2, in BGHZ 122, 388 insoweit nicht abgedruckt; vom 5. Dezember 2001 - IV ZR 225/00 - VersR 2002, 173 unter 2 a), kann sich nicht auf einen diesen ausschließenden Rechtsirrtum berufen. Sein von ihm eingenommener Rechtsstandpunkt - Herausgabe der Schlüssel nur Zug um Zug gegen die Anerkennung der Leistungspflicht durch die Beklagte - mußte sich aus seiner eigenen Sicht als unhaltbar erweisen. Denn er konnte dem zeitnah zur telefonischen Schadensmeldung vom 2. November 2000 verfaßten Schreiben der Beklagten vom 6. November 2000 unzweifelhaft entnehmen, daß die Beklagte die Fahrzeugschlüssel - und zwar "vorab postwendend" - benötigte, um Feststellungen zum Eintritt des von ihm behaupteten Versicherungsfalles zu treffen, und nicht etwa erst zur Abwicklung eines Eigentumsüberganges an dem zum damaligen Zeitpunkt noch nicht wieder aufgefundenen Fahrzeug gemäß § 13 (7) Satz 2 AKB. Daß aber die Aushändigung von Beweismitteln, die erst der Feststellung des Versicherungsfalles dienen sollen, nicht von einer Leistungszusage durch den Versicherer abhängig gemacht werden kann, muß jedem verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres einleuchten; das gilt um

so mehr angesichts der Hinweise der Versicherungsmaklerin, der Kläger sei zur Übersendung der Schlüssel an die Beklagte verpflichtet.
3. Nach § 7 V (4) AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG ist die Beklagte bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsfrei. In diesem Zusammenhang kommt es auf die vom Berufungsgericht herangezogene "Relevanzrechtsprechung" des Senats nicht an. Danach kann sich der Versicherer zwar auf die vereinbarte Leistungsfreiheit dann nicht berufen, wenn der Obliegenheitsverstoß generell ungeeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden , oder den Versicherungsnehmer subjektiv kein schweres Verschulden trifft (Senatsurteil vom 21. April 1993 - IV ZR 33/92 - VersR 1993, 830 unter II 3), wobei diese Grundsätze auch auf die Fahrzeugversicherung Anwendung finden (Senatsurteile vom 20. Dezember 1972 - IV ZR 57/71 - VersR 1973, 174 unter VI 1; vom 28. Mai 1975 - IV ZR 112/73 - bei juris abrufbar, unter III; vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b). Das Berufungsgericht hat jedoch übersehen, daß die Relevanzrechtsprechung unter der weiteren Voraussetzung steht, daß die Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers folgenlos geblieben ist, dem Versicherer also bei der Feststellung des Versicherungsfalles oder des Schadensumfanges keine Nachteile entstanden sind. Die Folgenlosigkeit ist vom Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen (Senatsurteil vom 21. April 1993 aaO). Dazu hat der Kläger weder vorgetragen noch ist eine Folgenlosigkeit sonst ersichtlich.
Durch seine Weigerung, die Schlüssel für das - spä ter wieder aufgefundene - Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, hat der Kläger die Beklagte dauerhaft gehindert, die Voraussetzungen des von ihm angezeig-

ten Versicherungsfalles zu prüfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, lassen sich durch eine sachverständige Untersuchung der Schlüssel Erkenntnisse darüber gewinnen, ob Kopierspuren vorhanden sind, was auf das Fertigen von Nachschlüsseln deuten würde. Das Fehlen eines Schlüssels kann Hinweise darauf geben, daß dieser einem Dritten zur Verfügung gestellt worden ist, damit dieser das Fahrzeug - zur Vortäuschung eines Diebstahls - von seinem Standort verbringt. Gerade letzteres erklärt die Aufforderung der Beklagten, ihr die (kompletten ) Fahrzeugschlüssel "postwendend" zu übersenden, um dem Kläger keine Gelegenheit zu geben, sich die Schlüssel von einem etwaigen Dritten wiederzubeschaffen und sie anschließend der Beklagten auszuhändigen. Die der Beklagten durch das Vorenthalten der Schlüssel entstandenen Nachteile lassen sich angesichts des Zeitablaufs nicht mehr beheben. Die Parteien streiten nach wie vor über das Vorliegen eines Versicherungsfalles ; Feststellungen, ob ihre Einstandspflicht gegeben ist, kann die Beklagte aufgrund der Obliegenheitsverletzung des Klägers zuverlässig nicht mehr treffen.
Da die Obliegenheitsverletzung mithin nicht folgen los geblieben ist, hätte sich das Berufungsgericht nicht mehr damit zu befassen brauchen , ob die Leistungsfreiheit der Beklagten weiter davon abhängt, den Kläger ausdrücklich und unmißverständlich über die Rechtsfolgen seiner Obliegenheitsverletzung belehrt zu haben. Eine Klärung der Frage, inwieweit sich die Rechtsprechung zur folgenlosen Verletzung von Auskunfts - und Aufklärungsobliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles (vgl. BGHZ 48, 7, 9; Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO unter 2
c) auf den hier gegebenen Verstoß gegen eine seitens des Versicherers

erteilte Weisung übertragen läßt, ist nicht erforderlich; einer Zulassung der Revision hätte es unter diesem Gesichtspunkt nicht bedurft.
4. Ebenso kann auf sich beruhen, ob dem Recht des Versicherers, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen, im allgemeinen oder im Einzelfall entgegenstehen kann, daß er wegen einer unvollständigen Auskunft oder wegen einer nicht befolgten Weisung keine Rückfrage beim Versicherungsnehmer gehalten hat (§ 242 BGB). Denn jedenfalls hier mußte die Beklagte beim Kläger nicht nachfragen, weshalb die Übersendung der "vorab postwendend" angeforderten Schlüssel unterblieb.
Der Kläger ist einer von der Beklagten klar und un mißverständlich formulierten Weisung nicht nachgekommen. Er hat die Weisung nicht etwa versehentlich nicht beachtet, sondern sich ihr bewusst und hartnäckig verweigert. Unstreitig hat die Versicherungsmaklerin bei ihm mehrfach schriftlich und fernmündlich die Herausgabe der Schlüssel angemahnt. Da sie nach seinen Behauptungen von der Beklagten mit der Abwicklung des Schadenfalles beauftragt war, hat sich der Kläger aus seiner Sicht, auf die es an dieser Stelle ankommt, von der für den Versicherer handelnden Vertreterin aufgefordert gesehen, die Schlüssel herauszugeben. Dann aber gilt nichts anderes, als wenn ein Versicherungsnehmer beharrlich an falschen Angaben in seinem Antragsformular festhält, obwohl ihn der Versicherer wiederholt auf die Bedenken gegen seine Angaben aufmerksam gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 12. März 1976 - IV ZR 79/73 - VersR 1976, 383 unter II 2). Denn nur der schutzwürdige Versicherungsnehmer soll vor den Folgen einer Obliegenheitsverletzung und einem unerwarteten Verlust seines Versicherungsanspruchs bewahrt werden. Für ein solches Schutzbedürfnis ist von vornherein kein Raum,

wenn mehrfache Aufforderungen, die erteilte Weisung zu befolgen, ihn nicht dazu veranlassen können, seiner vertraglichen Obliegenheit doch noch nachzukommen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 95/07
vom
10. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 10. Oktober 2007

beschlossen:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. März 2007 wird zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 202.812,44 €

Gründe:


1
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die in der Schadenanzeige - wie schon in den Versicherungsanträgen - erfolgte falsche Angabe zum Bestehen weiterer Unfallversicherungen sei für den Kläger nicht folgenlos geblieben, verletzt den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und - mangels Ent- scheidungsreife (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO) - zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
2
Zu a) Recht beanstandet die Beschwerde, das Berufungsgericht hätte die Folgenlosigkeit dieser Obliegenheitsverletzung als unstreitig seiner Entscheidung zugrunde legen müssen. Es kann dahinstehen, ob - wie die Beschwerde zunächst meint - der Kläger in der Klageschrift und der Berufungserwiderung selbst die Folgenlosigkeit (ausdrücklich) vorgetragen hat. Diese ergibt sich aber jedenfalls aus dem unstreitigen Umstand , dass das von der A. eingeholte Sachverständigengutachten zu einem höheren Invaliditätsgrad gekommen ist und der Kläger die Entschädigung nach dem von ihm anerkannten niedrigeren Invaliditätsgrad aus dem von ihm in Auftrag gegebenen Gutachten geleistet hat. Daraus folgt, dass die zunächst fehlenden Kenntnisse über die für diesen Versicherungsfall auch bei der A. bestehende Unfallversicherung und deren Regulierungsmaßnahmen sich im Ergebnis nicht nachteilig für den Kläger ausgewirkt haben. Er hat nicht zuviel gezahlt, er wurde nicht mit zusätzlichen, sonst nicht entstandenen Kosten belastet und war auch nicht - zumindest vorübergehend - mit für ihn nachteiligen Konsequenzen daran gehindert, sachgemäße Entschlüsse zu fassen oder den Sachverhalt aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80 - VersR 1982, 182 f.).
3
hätte Es dem Kläger oblegen, etwaige andere ihm entstandene Nachteile darzulegen; bei Rückforderungsprozessen hat er - im Gegensatz zu Prozessen des Versicherungsnehmers auf Entschädigungsleistung (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 2004 - IV ZR 265/03 - VersR 2004, 1117 unter 3) - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGHZ 128, 167, 169 ff.; Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rdn. 127 m.N.). Den sich dar- aus ergebenden Sachverhalt einer unstreitig folgenlos gebliebenen Obliegenheitsverletzung hat das Berufungsgericht zu Lasten des Beklagten übergangen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.
4
b) Der Gehörsverstoß ist auch nicht deswegen ohne Einfluss auf die Berufungsentscheidung geblieben, weil nach den - vom Berufungsgericht folgerichtig nicht herangezogenen - Grundsätzen der so genannten Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. statt aller Römer/ Langheid, aaO Rdn. 54 ff.) Leistungsfreiheit des Klägers eingetreten wäre. Mit der dargelegten Folgenlosigkeit der Obliegenheitsverletzung ist zugleich der Kausalitätsgegenbeweis geführt.
5
Dieser Einwand ist dem Beklagten eröffnet, weil die Belehrung des Klägers über die Folgen unzutreffender Angaben unzureichend war. Bei Verletzungen von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall macht die Rechtsprechung die Leistungsfreiheit des Versicherers davon abhängig, dass der Versicherungsnehmer ausdrücklich und unmissverständlich über den Verlust seines Leistungsanspruchs auch für den Fall unterrichtet worden ist, dass die Obliegenheitsverletzung beim Versicherer zu keinen Nachteilen geführt hatte (vgl. nur BGHZ 48, 7, 9 ff.; Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 c und ständig; Römer/Langheid, aaO Rdn. 51, 60, 115 m.N.). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Belehrung nicht, die lediglich vor der Gefährdung des Versicherungsschutzes bei bewusst unwahren und unvollständigen Antworten warnt.
6
2. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif.
7
Zwar wird eine Leistungsverpflichtung des Klägers nicht durch den von ihm nach Eintritt des Versicherungsfalles erklärten Rücktritt gemäß § 21 VVG in Frage gestellt (vgl. Senatsurteil vom 3. April 1996 - IV ZR 344/94 - VersR 1996, 830 unter II 3).
8
Er hat aber bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt auch die Anfechtung der Versicherungsverträge wegen arglistiger Täuschung (§§ 123 BGB, 22 VVG) geltend gemacht und dies in der Berufungsinstanz ausdrücklich wiederholt.
9
Dem wird das Berufungsgericht nachzugehen und sich anschließend - je nach dem Ergebnis der zu treffenden Feststellungen - gegebenenfalls auch mit der nach der Widerklage weiter im Streit befindlichen Entschädigungshöhe zu befassen haben.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Fulda, Entscheidung vom 01.02.2006 - 2 O 164/05 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 06.03.2007 - 14 U 26/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 163/09 Verkündetam:
30.Juni2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AVB Krankentagegeldversicherung (MB/KT 1978) §§ 1 (3), 15 lit. b
Bei einer Krankentagegeldversicherung ist es grundsätzlich der Versicherungsnehmer
, der Eintritt und Fortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit darzulegen
und zu beweisen hat; die Vorlage ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
nach § 4 (7) MB/KT 1978 reicht dafür nicht aus.
Hingegen ist es Aufgabe des Versicherers, darzulegen und zu beweisen, dass seine
Leistungspflicht zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt wegen Berufsunfähigkeit der
versicherten Person geendet hat.
Zu den Anforderungen an die Prognose, ob die versicherte Person nach medizinischem
Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 %
erwerbsunfähig ist.
BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - IV ZR 163/09 - OLG Düsseldorf
LG Krefeld
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Richter Wendt,
die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch, Dr. Karczewski und
Lehmann auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2010

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Rechtsmittel gegen die Entscheidung zugelassen worden ist.
Die Sache wird im Umfang ihrer Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Leistungspflicht der Klägerin aus einer bei ihr zum Tarif TA 6 genommenen Krankentagegeldversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen der Klägerin für die Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen TA in der Fassung 1984 zugrunde, die in ihrem Teil I den Musterbedingungen 1978 des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (im folgenden MB/KT) entsprechen. Sie lauten auszugsweise wie folgt: "§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang. (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. … (3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. § 15 Sonstige Beendigungsgründe Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen …
b) mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit."
2
Die in Teil II der Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltenen Tarifbedingungen für die Tarife TA sehen in § 15 Nr. 2 ergänzend vor, dass das Versicherungsverhältnis spätestens mit Ablauf des sechsten Monats nach Eintritt der Berufsunfähigkeit endet.
3
Der Beklagte ist Physiker und war zuletzt - bis zum 30. Juni 2004 - als Accountmanager tätig. Wegen einer psychischen Erkrankung machte er im Jahre 2002 einen Anspruch auf Krankentagegeld geltend. Die Klägerin lehnte diesen nach einer Nachuntersuchung durch den von ihr beauftragten Arzt Dr. W. zunächst ab, leistete später aber für den Zeitraum vom 7. August 2002 bis zum 28. Februar 2003 eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 17.000 €. Auch in der Zeit danach erbrachte sie Versicherungsleistungen. Am 15. März 2003 beantragte der Beklagte bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin vertrat die Auffassung, der Beklagte sei mit Beginn des Monats der Antragstellung als bedingungsgemäß berufsunfähig zu betrachten; ihre Leistungspflicht bestehe daher nur noch bis zum 31. August 2003.
4
Am 1. Oktober 2003 unterzeichnete der Beklagte eine von der Klägerin vorgefertigte Erklärung: "Ich bin durch die S. darüber informiert worden, dass aufgrund Berufsunfähigkeit kein Anspruch auf die Zahlung von Krankentagegeld nach dem 31.08.2003 mehr besteht. Am 15.03.2003 habe ich einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gestellt. Mir ist bekannt, dass eine Rentenzahlung rückwirkend zum Beginn des Monats der Antragstellung erfolgt. Eine Entscheidung über den Antrag ist mir bisher nicht zugegangen. Das Angebot der S. , auch über den 31.08.2003 hinaus freiwillig Krankentagegeld in Höhe des bisher versicherten Tarifes zu zahlen, nehme ich an. Gleichzeitig verpflichte ich mich, die ab dem 01.09.2003 erhaltenen Beträge nach der Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente an die S. zurück zu zahlen."
5
Nachdem die BfA dem Kläger mit Bescheid vom 17. Januar 2005 rückwirkend zum 1. Januar 2003 und befristet bis zum 31. Dezember 2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hatte, stellte die Klägerin ihre Leistungen zum 29. Januar 2005 ein. Mit ihrer Klage hat sie zuletzt die an den Beklagten vom 1. September 2003 bis zum 28. Januar 2005 - abzüglich in diesem Zeitraum gezahlter Prämien - geflossenen Zahlungen in Höhe von 72.913,67 € nebst Zinsen zurückverlangt. Darüber hinaus hat sie die Feststellung begehrt, dass wegen Berufsunfähigkeit des Beklagten nach § 15 lit. b MB/KT keine Leistungspflicht aus einer Krankentagegeldversicherung seit dem 1. August 2007 mehr bestehe, hilfsweise seit dem 18. April 2008, weiter hilfsweise seit dem 1. Juni 2008.
6
Beklagte Der hat Widerklage erhoben. Er hat für die Zeiträume vom 7. August 2002 bis zum 28. März 2003 und vom 1. August 2004 bis zum 28. Januar 2005 ein höheres als das von der Klägerin gezahlte Krankentagegeld verlangt und insgesamt 29.529 € nebst Zinsen geltend gemacht. Daneben hat er Versicherungsleistungen für die Zeiträume vom 1. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von 25.050 € nebst Zinsen , vom 1. Juli 2005 bis zum 14. September 2006 in Höhe von 82.467 € nebst Zinsen und vom 15. September 2006 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 59.840 € nebst Zinsen begehrt. Ferner hat er die Feststellung der Unwirksamkeit einer seitens der Klägerin am 20./23. Juli 2007 erklärten Kündigung der - von ihr zum 1. September 2003 auf eine Anwartschaftsversicherung umgestellten - Krankentagegeldversicherung beantragt.

7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von insgesamt 169.248,32 € sowie dem Feststellungsantrag stattgegeben. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg. Der Senat hat die Revision gegen das Berufungsurteil bis auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 20./23. Juli 2007 zugelassen.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel hat im Umfang seiner Zulassung Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
9
I. Dieses hat, soweit für das Revisionsverfahren noch erheblich, ausgeführt: Die Klägerin könne sich nicht auf die Verpflichtungserklärung vom 1. Oktober 2003 stützen, ohne gegen die Grundsätze von Treu und Glauben zu verstoßen. Sie habe weder in dem vorangegangenen Schriftverkehr noch in der Erklärung vom 1. Oktober 2003 selbst hinreichend deutlich gemacht, dass die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach den Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen einem Anspruch des Beklagten auf Krankentagegeld nicht zwingend entgegenstand und zudem die übereinstimmende Anerkennung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit auch über den Zeitraum einer befristeten Rentenbewilligung hinaus fortgelten sollte. Die Klägerin als Versicherer wäre aber verpflichtet gewesen, den Beklagten, der mit der Erklärung auf erhebliche Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag ver- zichtet habe, über diese rechtlichen und tatsächlichen Ungewissheiten aufzuklären; ohne dies sei ihr ein Berufen auf die Vereinbarung nach § 242 BGB verwehrt.
10
Entscheidend für die Beurteilung der wechselseitig geltend gemachten Ansprüche und Rechte seien daher die vereinbarten Versicherungsbedingungen. Die Voraussetzungen des § 15 lit. b MB/KT seien nicht bereits durch den Bescheid der BfA vom 17. Januar 2005 erfüllt, der keinen medizinischen Befund im Sinne der Bedingung darstelle. Es komme allein darauf an, ob sonst aus einem medizinischen Befund folge, dass der Beklagte ab einem bestimmten Zeitpunkt berufsunfähig gewesen sei; eine rückwirkende medizinische Befundung scheide dabei aus. Frühestens ab dem Zeitpunkt des Vorliegens eines medizinischen Befundes sei die Feststellung von Berufsunfähigkeit möglich, was nicht ausschließe, dass auf seiner Grundlage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend auf den Eintritt von Berufsunfähigkeit geschlossen werden könne.
11
Diesen Anforderungen genüge keine der bei den Akten befindlichen ärztlichen Stellungnahmen. Die Nachuntersuchung durch Dr. W. am 6. August 2002 habe nicht ergeben, dass der Beklagte bereits im Zeitpunkt der Untersuchung auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig gewesen sei. Auch die zu den Akten gereichten Atteste des den Beklagten behandelnden Arztes Dr. S. ließen die rechtlich erforderliche ärztliche Prognose einer auf Dauer angelegten mehr als 50%-igen Erwerbsunfähigkeit nicht erkennen. Den Attesten seien Einzelheiten der erhobenen Befunde und ihrer Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Beklagten nicht zu entnehmen, eine Überprüfung durch den Versicherten daher nicht einmal ansatzweise möglich. Auf die erstinstanzliche Zeugenaussage von Dr. S. vom 4. September 2008 komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Selbst wenn mit ihr der notwendige medizinische Befund für eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit festgestellt werden könne, was indessen nach dem Inhalt der Aussage nicht einmal der Fall gewesen sei, wäre er wegen des Ausschlusses einer rückwirkenden Befundung schon aus zeitlichen Gründen nicht mehr relevant. Die aus dem im sozialgerichtlichen Prozess, den der Beklagte mit der BfA geführt habe, eingeholten Gutachten Dr. R. vom 30. November 2004 ersichtlichen ärztlichen Atteste und Stellungnahmen erfüllten die aufgezeigten rechtlichen Anforderungen ebenfalls nicht. Auch der Gutachter selbst habe letztlich keine dauerhafte, sondern nach seinen im Untersuchungszeitpunkt gewonnenen Erkenntnissen allenfalls für einen Zeitraum von zwei Jahren feststellbare Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Beklagten im Erwerbsleben prognostizieren können. Das genüge nicht, um eine bedingungsgemäß relevante Einschränkung der Erwerbsfähigkeit "auf nicht absehbare Zeit" anzunehmen.
12
Die Klägerin bestreite ferner ohne Erfolg eine durchgehende vollständige Arbeitsunfähigkeit des Beklagten. Die Aussage des hierzu vernommenen Zeugen Dr. S. werde durch das Gutachten Dr. R. nicht in Zweifel gezogen, sondern zusätzlich bestätigt. Angesichts des schon vor dem Landgericht erzielten eindeutigen Beweisergebnisses bestehe kein Anlass mehr für das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten , zumal eine Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis zum 28. Januar 2005 nicht streitig und damit nicht beweisbedürftig sei. Die Klägerin habe für diesen Zeitraum freiwillig geleistet. Sie habe ihre Zahlungen in der Vereinbarung vom 1. Oktober 2003, deren Unwirksamkeit sie nicht geltend mache, nur unter den Vor- behalt der Rückforderung bei Bewilligung der beantragten Rente wegen Berufsunfähigkeit gestellt; dieser Anspruch sei indes ausgeschlossen, weil die Klägerin insoweit treuwidrig handele. Es bestehe insoweit ein Rechtsgrund für ihre Zahlungen; auf eine mangelnde Arbeitsunfähigkeit des Beklagten komme es für diesen Zeitraum nicht an.
13
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
14
1. Für die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien kann nicht auf die Vereinbarung vom 1. Oktober 2003 abgestellt werden.
15
a) Mit ihr hat sich der Beklagte wesentlicher Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag begeben, soweit es die Leistungspflicht der Klägerin ab dem 1. September 2003 betraf, denn es war eine Rückzahlung der Versicherungsleistungen vorgesehen, sollte dem Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt werden. Ein Rentenbezug wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit schließt den Anspruch auf Krankentagegeld indes nicht in jedem Fall aus, sondern nur, wenn er als Beendigungsgrund in den Bedingungen der Krankentagegeldversicherung ausdrücklich vorgesehen ist (Senatsurteil vom 5. Februar 1997 - IV ZR 67/96 - VersR 1997, 481 unter 2 b). Eine solche Klausel fehlt in den Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen der Klägerin; an einen Rentenbezug wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit werden darin keine rechtlichen Konsequenzen geknüpft. Darauf und auf die mit der Erklärung vom 1. Oktober 2003 deshalb verbundenen Nachteile hätte die Klägerin den Beklagten angesichts ihrer überlegenen Sach- und Rechtskenntnis hinweisen müssen (Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - IV ZR 46/06 - VersR 2007, 777 Tz. 16; vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - VersR 2007, 633 Tz. 13 f.). Da dies nicht geschehen ist, kann sie sich nach Treu und Glauben nicht auf eine am 1. Oktober 2003 erfolgte einvernehmliche Regelung ihrer Leistungspflicht berufen. Das hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ausgangspunkt richtig gesehen; die Revision nimmt diese rechtliche Bewertung hin.
16
b) Es ist indes nicht nur der Klägerin verwehrt, Vorteile aus einer Vereinbarung zu ziehen, die eine nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages bestehende Rechtsposition des Versicherungsnehmers auffallend verschlechtert; auch der Beklagte kann die Klägerin nicht darauf verweisen , sie müsse sich gemäß der Vereinbarung vom 1. Oktober 2003 auf einen Rechtsgrund für die von ihr ab dem 1. September 2003 erbrachten Zahlungen festschreiben lassen.
17
Die Klägerin hat - für den Beklagten erkennbar - die "Freiwilligkeit" der Fortzahlung des Krankentagegeldes hervorgehoben und ihre Leistung ausdrücklich unter den Vorbehalt der Rückzahlbarkeit bei Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt; durch die Vereinbarung sollte unter den darin im Einzelnen genannten Voraussetzungen eine abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage herbeigeführt werden. Wenn aber die Klägerin den Vorbehalt gegenüber dem Beklagten nicht geltend machen kann, weil sie ihn unter Ausnutzung ihrer besonderen Sach- und Rechtskenntnis treuwidrig erlangt hat, bedeutet dies - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - nicht, dass sie dem Beklagten das "freiwillig" gewährte Krankentagegeld in jedem Fall belassen muss, ohne dass es auf den tatsächlichen Eintritt einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit noch ankäme; es fehlt der Vereinbarung die dafür erforderliche abschließende Regelungswirkung.
18
Vielmehr c) enthalten weder die Vereinbarung vom 1. Oktober 2003 noch der von der Klägerin auch außerhalb der Vereinbarung eingenommene Standpunkt, ihre Leistungspflicht habe wegen Eintritts bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit geendet, zugleich ein Zugeständnis bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit. Die Berufsunfähigkeit schließt in einer Krankentagegeldversicherung, der die MB/KT zugrunde liegen, die Arbeitsunfähigkeit - als Minus - nicht denknotwendig ein, denn nach den in den Versicherungsvertrag einbezogenen Bedingungen sind Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit in ihren Voraussetzungen nicht deckungsgleich. Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ist gegeben, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht mehr absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist. Bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit setzt dagegen voraus, dass die berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausgeübt werden kann, ferner dass sie nicht ausgeübt wird und der Versicherte auch keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Die zwei letztgenannten Voraussetzungen fehlen bei bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit. Demnach kann in der Abgrenzung von Berufs- und Arbeitsunfähigkeit im Sinne der MB/KT nicht allein auf das Vergleichspaar "vorübergehend - auf nicht mehr absehbare Zeit" abgestellt werden (Senatsurteil vom 12. Dezember 1990 - IV ZR 163/89 - VersR 1991, 451, 452). Schon deshalb verbietet es sich, eine Arbeitsunfähigkeit des Beklagten jedenfalls für den Zeitraum ab dem 1. September 2003 als unstreitig zu behandeln.
19
2. Es kommt nach alledem, wie das Berufungsgericht an anderer Stelle zutreffend erkannt hat, auf die in den MB/KT enthaltenen Regelungen an, die die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit einerseits und einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit andererseits für das Rechtsverhältnis der Parteien verbindlich festlegen.
20
Bei a) einer Krankentagegeldversicherung mit Bedingungen, wie sie die MB/KT enthalten, gewährt der Versicherer im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld im vertraglich vereinbarten Umfang (§ 1 (1) MB/KT). Der Versicherungsfall ist gemäß § 1 (2) MB/KT die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines Versicherungsfalles ist danach die zur medizinischen Heilbehandlung hinzutretende und in deren Verlauf ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit, deren Voraussetzungen in § 1 (3) MB/KT näher bestimmt werden. Dabei ist es grundsätzlich der Versicherungsnehmer, der Eintritt und Fortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen hat, also Eintritt und Fortbestand der Voraussetzungen des § 1 (3) MB/KT, soweit er vom Versicherer mit dieser Begründung Versicherungsleistungen begehrt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2000 - IV ZR 110/99 - VersR 2000, 841 unter II 1). Mit Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 4 (7) MB/KT allein hat er allerdings noch nicht bewiesen, dass er bedingungsgemäß arbeitsunfähig war; es genügt also nicht, dass er - in Erfüllung seiner Anzeigepflicht aus § 9 (1) i.V. mit § 4 (7) MB/KT - dem Versicherer Bescheinigungen des ihn behandelnden Arztes vorlegt, in denen das (Fort-)Bestehen von Arbeitsunfähigkeit attestiert worden ist. Zwar setzt der Eintritt des Versicherungsfalles unter anderem voraus, dass Arbeitsunfähigkeit während der Heilbehandlung "ärztlich festgestellt" wird; eine Beweisregel, nach der es dem Versicherer verwehrt sein könnte, (später) die inhaltliche Richtigkeit dieses Nachweises zu bestreiten, ergibt sich daraus aber nicht. Vielmehr eröffnet dem Versicherer erst der vom Versicherungsnehmer vorzulegende Nachweis die Möglichkeit der Prüfung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist, ohne dass er an diesen gebunden oder auch nur gehalten wäre, eine Nachuntersuchung gemäß § 9 (3) MB/KT zu verlangen (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2000 aaO unter II 2 a).
21
b) Das bedeutet hier: Es ist Aufgabe des Beklagten, soweit er mit seiner Widerklage Versicherungsleistungen für bestimmte Zeiträume verlangt , über die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinaus den Nachweis zu erbringen, dass er für die geltend gemachten Zeiträume arbeitsunfähig i.S. des § 1 (3) MB/KT war. Das gilt auch, soweit er Zahlungen verlangt, die der Höhe nach über die von der Klägerin in dem betreffenden Zeitraum erbrachten Versicherungsleistungen hinausgehen. Nur soweit die Klägerin bereits geleistete Zahlungen zurückfordert, ist es ihre Sache, darzulegen und zu beweisen, dass sie diese ohne Rechtsgrund erbracht hat. Das kann sie dadurch erreichen, dass sie den vom Beklagten behaupteten Rechtsgrund einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit widerlegt.
22
Die 3. Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen und der Dauer der vom Beklagten behaupteten Arbeitsunfähigkeit sind verfahrensfehlerhaft getroffen.
23
a) Schon das Landgericht hätte sich nicht darauf beschränken dürfen , den behandelnden Arzt Dr. S. zur Frage einer Arbeitsunfähigkeit des Beklagten als Zeugen zu hören. Dessen Bekundungen laufen auf eine Bestätigung der eigenen, zuvor gestellten ärztlichen Prognose hinaus, der Beklagte könne seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben. Wird allein diese Aussage der Feststellung, der Beklagte sei arbeitsunfähig gewesen, zugrunde gelegt, führte dies zu einer Bindung der Klägerin als Versicherer an die durch den behandelnden Arzt damals gestellte und später von ihm als Zeuge bekräftigten Prognose, die nach den Versicherungsbedingungen mit den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gerade nicht einhergehen soll. Der Klägerin darf es - im Rahmen ihres Rückforderungsbegehrens - nicht verwehrt werden, die Richtigkeit der ärztlichen Prognose überprüfen zu lassen, was regelmäßig durch ein Sachverständigengutachten zu geschehen hat, dessen Einholung die Klägerin wiederholt beantragt hat; über diesen Beweisantrag hat sich das Berufungsgericht hinweggesetzt.
24
b) Der Senat hat für den Versicherungsfall in der Krankenversicherung bereits entschieden, dass es für die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer notwendigen Heilbehandlung auf einen objektiven, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängigen Maßstab ankommt. Diese objektive Anknüpfung bedeutet zugleich, dass für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein die des behandelnden Arztes entscheidend ist. Gegenstand der Beurteilung können vielmehr nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß liegt eine medizinisch notwendige Heilbehandlung jedenfalls dann vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (Senat in BGHZ 133, 208, 212 f.; Senatsurteil vom 29. Novem- ber 1978 - IV ZR 175/77 - VersR 1979, 221 unter III); das Urteil des behandelnden Arztes ist deshalb einer Überprüfung durch einen neutralen Sachverständigen zu unterziehen.
25
Für den Anspruch auf Krankentagegeld und den dafür anzusetzenden Maßstab gilt nichts anderes, denn auch hier ist Versicherungsfall nach § 1 (2) MB/KT eine medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf die ärztlich festzustellende Arbeitsunfähigkeit hinzutritt. Das Berufungsgericht hätte den erforderlichen Sachverständigenbeweis mithin erheben müssen.
26
c) Das danach gebotene gerichtliche Sachverständigengutachten konnte nicht durch die Äußerungen des Sachverständigen Dr. R. in dem vor dem Sozialgericht geführten Prozess ersetzt werden, auf die das Berufungsgericht zwar Bezug nimmt, mit deren Inhalt es sich jedoch für die Frage einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit des Beklagten nicht näher auseinandersetzt. Das Gutachten ist aufgrund einer gerichtlichen Beweisanordnung erstellt worden, die sich an den Anforderungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI ausrichtet, die nicht mit den Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit nach den MB/KT übereinstimmen. Insbesondere stellt die Arbeitsunfähigkeit nach § 1 (3) MB/KT auf die berufliche Tätigkeit der versicherten Person ab, während sich der Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in der Sozialversicherung abstrakt an einer generellen Erwerbsfähigkeit orientiert, die nicht zu einem konkret ausgeübten Beruf in Beziehung steht, sondern die Kenntnisse und Fähigkeiten des Versicherten im gesamten Bereich des Arbeitslebens zum Ausgangspunkt nimmt (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Zu- dem legt sich das Gutachten Dr. R. für die hier entscheidende Frage, ob eine (nur) vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bestand, nicht fest. Stattdessen führt der Sachverständige aus, die beim Beklagten vorliegenden Störungen brauchten "nicht dauernder Natur zu sein"; die depressiven Phasen einer endogenen Depression verliefen schicksalhaft, ihre Beendigung sei zeitlich nicht voraussehbar. Schließlich hat sich das Berufungsgericht nicht damit befasst, dass die Aussage des Sachverständigen Dr. R , es habe beim Beklagten eine Arbeitsunfähigkeit - im Sinne des Sozialrechts - im Januar 2003 "und vier Monate zuvor" , d.h. im September 2002, vorgelegen, nicht in Einklang zu bringen ist mit dem zeitnah zum Monat September 2002 erstellten Gutachten Dr. W. vom 9. August 2002, demzufolge die Arbeitsunfähigkeit des Beklagten nach § 1 (3) MB/KT "ab sofort" als beendet zu betrachten war.
27
d) Hat aber eine Partei ein medizinisches Gutachten vorgelegt, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen eines anderen Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall den Streit der - privaten oder gerichtlichen - Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Vielmehr muss er Einwände, die sich aus einem privaten Gutachten gegen ein anderes Gutachten ergeben, ernst nehmen; er muss ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2009 - IV ZR 57/08 - VersR 2009, 975 Tz. 7; Senatsurteile vom 24. September 2008 - IV ZR 250/06 - VersR 2008, 1676 Tz. 11; vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03 - VersR 2005, 676 unter II 2 b aa).
28
e) Dies hat das Berufungsgericht versäumt. Es ist seiner tatrichterlichen Pflicht zur Überprüfung des Urteils der Vorinstanz nicht ausrei- chend nachgekommen; es hat dadurch verkannt, dass konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen der Vorinstanz begründet waren. In einem solchen Fall sind erneute Feststellungen des Berufungsgerichts i.S. von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zwingend geboten (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2009 - IV ZR 211/05 - VersR 2009, 1213 Tz. 15 m.w.N.). Das Berufungsgericht hätte deshalb unter Verwertung des gesamten Prozessstoffes auch der ersten Instanz neue Feststellungen treffen und den Vortrag und die Beweisanträge der Klägerin vollständig zur Kenntnis nehmen und prozessordnungsgemäß bescheiden müssen.
29
4. Auch die Voraussetzungen einer von der Klägerin behaupteten Berufsunfähigkeit des Beklagten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verneint. Der Vortrag der Klägerin, ihre Leistungspflicht habe gemäß § 15 lit. b MB/KT (spätestens) zu den angegebenen Zeitpunkten geendet , kann zum einen Grundlage für einen Anspruch auf Rückgewähr erbrachter Leistungen sein (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - IV ZR 339/90 - VersR 1992, 479 unter II 4 c). Zum anderen kann die Klägerin damit ihrer Darlegungs- und Beweislast für den Antrag auf Feststellung genügen, es habe ab dem 1. August 2007, hilfsweise ab dem 18. April 2008, weiter hilfsweise ab dem 1. Juni 2008 wegen Berufsunfähigkeit ein Anspruch des Beklagten auf Versicherungsleistungen nicht mehr bestanden.
30
a) Nach § 15 lit. b Satz 2 MB/KT liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist. Es geht nach dieser Begriffsbestimmung um einen Zustand (Erwerbsunfähigkeit ), dessen Fortbestand aus sachkundiger Sicht für nicht absehbare Zeit prognostiziert wird, der jedoch typischerweise nicht auch als endgültig oder unveränderlich beurteilt werden kann. Denn es lässt sich eine ins Gewicht fallende Besserung zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nicht selten weder zuverlässig voraussagen noch ausschließen (Senatsurteil vom 26. Februar 1992 aaO unter II 4 b). Die erforderliche Prognose kann nur auf den jeweiligen Einzelfall bezogen gestellt werden; sie ist abhängig von individuellen Umständen, wie etwa dem Alter des Versicherten, der Art und Schwere seiner Erkrankung und den Anforderungen der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Ein bestimmter Zeitraum, für den die Prognose zu stellen ist, im Sinne einer festen zeitlichen Grenze - etwa von drei Jahren (so OLG Hamm VersR 1997, 1087; OLG Köln VersR 1995, 284; OLG Koblenz r+s 1993, 473) - für die Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit "auf nicht absehbare Zeit" lässt sich dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Versicherungsbedingungen nicht entnehmen; sie ist daher der Prognose auch nicht zugrunde zu legen (zutreffend Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 15 MB/KT Rdn. 27 f.; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 15 MB/KT 94 Rdn. 25; Ahlburg in Handbuch des Fachanwalts, Versicherungsrecht 3. Aufl. S. 1188 Rdn. 225).
31
b) Die Prognose ist - gegebenenfalls rückschauend - für den Zeitpunkt zu stellen, für den der Versicherer das Ende seiner Leistungspflicht behauptet; für die sachverständige Beurteilung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit sind die "medizinischen Befunde" - d.h. alle ärztlichen Berichte und sonstigen Untersuchungsergebnisse - heranzuziehen und auszuwerten, die der darlegungs- und beweisbelastete Versicherer für die maßgeblichen Zeitpunkte vorlegen kann. Dabei ist es gleich, wann und zu welchem Zweck die medizinischen Befunde erhoben wurden ; auch müssen sie keine - ausdrückliche oder wenigstens stillschwei- gende - ärztliche Feststellung der Berufsunfähigkeit enthalten (zutreffend Schubach in Münchener Anwaltshandbuch, Versicherungsrecht 2. Aufl. § 23 Rdn. 362).
32
Nur eine derartige Sichtweise entspricht dem auch insoweit klaren und eindeutigen Wortlaut des § 15 lit. b MB/KT, der aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers nicht anders aufgefasst werden kann; für die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ist deshalb kein Raum. Für den medizinischen Befund nach § 15 lit. b MB/KT, auf dessen Grundlage die Prognose einer Erwerbsunfähigkeit "auf nicht absehbare Zeit" erfolgt, können keine strengeren Anforderungen gelten, als für den medizinischen Befund i.S. von § 1 (3) MB/KT, da sich die Prognose "vorübergehend" und die Prognose "auf nicht absehbare Zeit" spiegelbildlich zueinander verhalten. Zudem ist in § 15 lit. b MB/KT - anders als in § 1 (2) MB/KT für die Arbeitsunfähigkeit - eine zusätzliche "ärztliche Feststellung" der Berufsunfähigkeit nicht vorgesehen. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit dient - was sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer wiederum ohne weiteres erschließt - einem bestimmten Zweck: Sie ist Voraussetzung für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 4 (7) MB/KT, die der Versicherungsnehmer dem Versicherer nach § 9 (1) MB/KT vorzulegen hat, nicht zuletzt um die Fälligkeit der Versicherungsleistung nach § 6 (1) MB/KT herbeizuführen; eine vergleichbare Konstellation findet sich für die den Leistungsbezug beendende bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit hingegen nicht (anders Tschersich in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch 2. Aufl. § 45 Rdn. 44 f).
33
c) Daneben gibt das Merkmal "nach medizinischem Befund" auch hier den Maßstab vor, nach dem eine bedingungsgemäße Berufsunfähig- keit beurteilt werden soll, d.h. objektiv durch Einholung eines neutralen (gerichtlichen) Sachverständigengutachtens unter Beiziehung aller verfügbaren medizinischen Unterlagen (Wilmes aaO Rdn. 27; Prölss aaO Rdn. 26). Der weitere Krankheitsverlauf, wie er sich für die Zeit nach dem behaupteten Ende der Leistungspflicht des Versicherers ergibt, kann grundsätzlich keine Berücksichtigung finden, da es dem Wesen einer - rückschauend auf ihre Richtigkeit überprüften - Prognoseentscheidung widerspräche, die Entwicklung nach dem entscheidenden Stichtag und damit einen späteren Erkenntnisstand in die Bewertung einzubeziehen ; der weitere Krankheitsverlauf kann deshalb auch nicht - wie dies zum Teil angenommen wird (vgl. OLG Zweibrücken VersR 1991, 292 f.; Prölss aaO m.w.N.) - als Indiz für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der zum maßgeblichen Zeitpunkt gestellten Prognose herangezogen werden.
34
d) Das Berufungsgericht hat bislang davon abgesehen, einen gerichtlichen Sachverständigen unter Beachtung der sich aus § 15 lit. b MB/KT ergebenden Vorgaben zur Klärung der Frage zu beauftragen, ob bei dem Beklagten zu den von der Klägerin behaupteten Zeitpunkten eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit gegeben war. Das wird nachzuholen sein.
Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Dr. Karczewski Lehmann

Vorinstanzen:
LG Krefeld, Entscheidung vom 23.10.2008 - 5 O 512/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.06.2009 - I-4 U 215/08 -

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.