Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 20. Feb. 2006 - 1 Ws 5/06

published on 20/02/2006 00:00
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 20. Feb. 2006 - 1 Ws 5/06
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Beschwerde wird als unbegründet

v e r w o r f e n.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Der Rechtsanwalt, der dem Angeklagten mit Beschluss vom 23. August 2004 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war, begehrt für seine Teilnahme an den Hauptverhandlungsterminen vom 13., 16. und 20. Juni sowie vom 18. und 21. Juli 2005 die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4122 VV RVG mit der Begründung, es komme insoweit nicht auf den tatsächlichen Beginn der Hauptverhandlung sondern auf den in der Ladung bestimmten Zeitpunkt an, zu dem er jeweils pünktlich erschienen sei. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die zuständige Strafkammer des Landgerichts durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter die Erinnerung des Rechtsanwalts gegen die Absetzung des Betrages von brutto 1032,40 Euro (5 x 178,00 Euro + 16 % MWSt) als unbegründet verworfen. Gegen den ihm am 13. Dezember 2005 zugestellten Beschluss hat der Rechtsanwalt am 14. Dezember 2005 Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerde, über die der Senat im Hinblick auf die bereits ergangene Grundsatzentscheidung vom 7. November 2005 - 1 Ws 166/05 - durch die Einzelrichterin zu entscheiden hatte (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 1, 2 RVG), ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Betrag von 200,-- Euro (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG).

In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch aus den im Beschluss des Senats vom 7. November 2005 - 1 Ws 166/2005 - genannten Gründen ohne Erfolg. Dort hatte der Senat Folgendes ausgeführt:

Für die Auffassung, dass es für die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung auf deren tatsächlichen Beginn und nicht auf die in der Ladung vorgesehene Terminsstunde ankommt, spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift, der auf die Zeit der Teilnahme an der Hauptverhandlung abstellt. Auch Sinn und Zweck der Regelung und ihre systematische Stellung sprechen für diese Auslegung.

Durch das Rechtsanwaltsvergütungsrecht sind die Gebühren des Pflichtverteidigers völlig neu geregelt worden. Der Pflichtverteidiger erhält wie der Wahlverteidiger Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren. Zusätzlich kann er Zuschläge verdienen, wenn sich sein Mandant in Haft befindet oder der Verteidiger an einer Hauptverhandlung mehr als 5 bis 8 Stunden oder mehr als acht Stunden teilgenommen hat.

Wartezeiten und Pausen werden im Rahmen dieser Gesetzessystematik bereits durch die großzügig erhöhte (allgemeine) Terminsgebühr erfasst. So erhält ein Strafverteidiger nach VV Teil 4 Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 auch dann die Terminsgebühr, wenn er zu einem Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Wenn aber der bloße Zeitaufwand bereits durch die allgemeine Terminsgebühr abgegolten wird, muss mit dem Längenzuschlag etwas qualitativ anderes abgegolten werden als der bloße Zeitaufwand. Das kann nur die Tätigkeit als Verteidiger in der laufenden Hauptverhandlung sein (ebenso Hartung /Römermann, RVG, 16. A., VV 4101-4113).

An dieser Auslegung des Gebührentatbestandes VV RVG Nr. 4122 sieht sich der Senat auch nicht durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2005 - 1 AR 22/05 - gehindert, denn diese Entscheidung betraf die Gewährung einer Pauschvergütung nach § 51 RVG; die Ausführungen zum Begriff der Hauptverhandlung in Nr. 4116 VV RVG waren für die Entscheidung ausdrücklich nicht tragend.

Auf den hier in Rede stehenden Gebührentatbestand sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden Regelungen nach Auffassung des Senats nicht übertragbar.

Eine Pauschvergütung ist dem gerichtlich bestellten Rechtsanwalt nämlich in besonders umfangreichen oder besonders schwierigen Strafsachen zu bewilligen. Bei der Ermittlung des im Vergleich zu anderen gleich gelagerten Verfahren besonderen Umfangs einer Strafsache ist u.a. der Zeitaufwand des Rechtsanwalts zu berücksichtigen, der durch die Dauer der Hauptverhandlung ausgelöst wird. Nur in diesem Zusammenhang des § 99 BRAGO hat auch der Senat in der Vergangenheit bei Anwendung des alten Gebührenrechts, das keine Terminsgebühr kannte, für die Dauer der Hauptverhandlung auf die vorgesehene Terminsstunde und nicht erst auf den tatsächlichen Beginn der Hauptverhandlung abgestellt.

Soweit Burhoff unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte zu § 99 BRAGO zu den Längenzuschlägen nach neuem Recht ebenfalls die entgegen gesetzte Auffassung vertritt (vgl. Burhoff/Kindermann/Burhoff, RVG, Rn. 8-10 zu Nr. 4110), übersieht er, dass Wartezeiten und Pausen nach der Neuregelung bereits durch die allgemeine Terminsgebühr abgegolten sind.

Nur die hier vertretene Auffassung, für die Längenzuschläge auf den tatsächlichen und nicht auf den vorgesehenen Beginn der Hauptverhandlung abzustellen, dürfte letztlich auch - nicht nur in Umfangsverfahren mit mehreren Beteiligten wie dem hiesigen - zu praktikablen Ergebnissen führen, da die tatsächliche Dauer der Hauptverhandlung und die Anwesenheit des Rechtsanwalts während der Hauptverhandlung mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten durch das Sitzungsprotokoll nachgewiesen wird. Käme es auf die vorgesehene Terminsstunde an, wären Feststellungen zur Anwesenheit der Verteidiger zu diesem Zeitpunkt und zu den Gründen für den verzögerten Sitzungsbeginn zu treffen, die in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen sind.

An dieser Beurteilung hält der Senat auch angesichts der zwischenzeitlich bekannt gewordenen Entscheidungen anderer Obergerichte fest (KG RVGreport 2006, 33; OLG Stuttgart RVGreport 2006, 32). Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für die auch von Burhoff, RVGreport 2006, 1 vertretene Auffassung, Wartezeiten vor Beginn der Hauptverhandlung seien bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer zugunsten des Rechtsanwalts zu berücksichtigen. Auch aus der amtlichen Begründung ergibt sich dies nicht, denn danach war Ziel der Neuregelung, feste Terminsgebühren zu schaffen, auf deren Höhe die Umstände des Einzelfalls keinen Einfluss haben (vgl. BT-Drucksache 15/1971, S. 224). Besondere Umstände des Einzelfalls können bei dieser Gesetzessystematik nach Auffassung des Senats daher weiterhin nur bei der Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG Berücksichtigung finden.

Für die hier vertretene Auffassung spricht schließlich auch deren Anbindung an die strafprozessualen Regelungen betreffend die Dauer der Hauptverhandlung und deren Protokollierung: Die Hauptverhandlung beginnt nach § 243 Abs. 1 S. 1 StPO mit dem Aufruf der Sache. Nur dieser Zeitpunkt und das Ende des jeweiligen Hauptverhandlungstermins werden eingangs in der Sitzungsniederschrift vermerkt; kürzere Pausen im Verlauf eines Verhandlungstages brauchen nach §§ 272, 273 StPO nicht aufgenommen zu werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. A., § 272 Rn. 3).

Deshalb gehört auch die Einhaltung von Mittagspausen nicht zu den für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen, nur durch die Sitzungsniederschrift nachweisbaren Förmlichkeiten (BGH VRS 32, 143).

Nur diese - und nicht eine auf den Einzelfall abstellende - Handhabung erscheint schließlich auch praktikabel, wie der Blick auf ein derzeit bei dem Landgericht Saarbrücken anhängiges Großverfahren mit mehr als 10 gerichtlich bestellten Rechtsanwälten deutlich macht. Es kann nicht Aufgabe des mit der Sachbearbeitung befassten Gerichts sein, noch vor Aufruf der Sache - beginnend mit der in der Ladung vorgesehenen Terminsstunde bis zum tatsächlichen Beginn der Hauptverhandlung - fortlaufend Feststellungen zum Zeitpunkt des Erscheinens, der jeweiligen Verweildauer und den Möglichkeiten anderweitiger nutzbringender Beschäftigung sämtlicher gerichtlich bestellter Rechtsanwälte zu treffen (vgl. OLG Stuttgart a.a.O. und Burhoff a.a.O. S.), zumal mannigfaltige Gründe für den verspäteten Beginn der Hauptverhandlung denkbar sind.

Für die Längenzuschläge muss folglich der eingangs des Protokolls festgehaltene Beginn und das dort vermerkte Ende der tatsächlichen Dauer der Hauptverhandlung maßgeblich bleiben.

Die Beschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen.

Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 56 II S. 2, 3 RVG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

7 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 06/01/2016 00:00

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung zitiert Tenor 1. Die Erinnerung vom 22.10.2015 gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts Pirmasens vom 26.08.2015 wird zurückgewiesen. 2. Die Beschwerde wird zugelassen. Gründe I.
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.

(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Das Protokoll über die Hauptverhandlung enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter und Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung der Straftat nach der Anklage;
4.
die Namen der Angeklagten, ihrer Verteidiger, der Privatkläger, der Nebenkläger, der Anspruchsteller nach § 403, der sonstigen Nebenbeteiligten, der gesetzlichen Vertreter, der Bevollmächtigten und der Beistände;
5.
die Angabe, daß öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.