Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 21. Apr. 2004 - 1 Verg 1/04

bei uns veröffentlicht am21.04.2004

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Saarlandes vom 22. Dezember 2003 - 1 VK 10/2003 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 2. trägt die Antragstellerin.

Gründe

A.

Die Antragsgegnerin (Vergabestelle) hat die Baumaßnahme „Umbau der Pflegegeschosse 1 bis 7 OG und die Errichtung einer interdisziplinären Intensivstation“ in der-Klinik in S. europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Das vorliegende Beschwerdeverfahren betrifft das Gewerk 1, bestehend aus Betonschneide-, Erd-, Pfahlgründungs-, Mauer-, Beton - und Stahlbetonarbeiten.

Zum Eröffnungstermin lagen für das genannte Gewerk insgesamt 11 Angebote vor. Nach den ungeprüften Angebotssummen lag die Antragstellerin auf Rang 1 mit ca. 1,685 Mio. EUR, die Beigeladene zu 2. mit 1,838 Mio. EUR auf Rang 3.

Bei Prüfung der Angebotssummen wurden im Angebot der Beigeladenen zu 1. Rechenfehler festgestellt, deren Korrektur dazu führte, dass das Angebot der Beigeladenen zu 1. sich mit einem Preisvorteil von ca. 3.000 EUR als das Zweitgünstigste darstellte.

Im Angebotsschreiben EVM (B) Ang 213 hatte die Antragstellerin Punkt 5.2. angekreuzt, wonach die in der beigefügten EVB NU - 317 aufgeführten Leistungen an Nachunternehmer übertragen würden, weil der Betrieb auf diese Leistungen nicht eingerichtet sei. In der von der Antragstellerin mit (späterem) Schreiben vom 29.9.2003 vorgelegten Nachunternehmerliste benannte diese für die Erd-, Mauer-, Betonarbeiten die Beigeladene zu 1. als Nachunternehmerin und für die Abbrucharbeiten eine andere Bauunternehmung. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. ist gleichzeitig mit einer Stammeinlage von 12.750 EUR Gesellschafter der Antragstellerin bei einem Gesamtkapital von 25.000 EUR und ist einer von zwei einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Antragstellerin.

Mit Schreiben vom 7.11.2003 wurde der Antragstellerin gemäß § 13 VgV mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden solle, da es sich um ein unzulässiges Generalübernehmerangebot handele, und beabsichtigt sei, der Beigeladenen zu 1. den Zuschlag zu erteilen. Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin auf die hierzu vertretene Auffassung der Vergabeüberwachungsausschüsse, die vergaberechtliche Literatur und die Rechtsprechung der Vergabekammern. Selbst wenn mit dem europäischen Gerichtshof (EuGH) ein weniger restriktiver Eignungsbegriff zu Grunde gelegt würde, seien die durch den EuGH aufgestellten Voraussetzungen durch das Angebot der Antragstellerin nicht erfüllt gewesen.

Die Antragstellerin stellte hierauf am 20.11.2003 Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer, nachdem bereits zuvor die Beigeladene zu 2. das parallellaufende Vergabeverfahren 1 VK 08/2003 eingeleitet hatte, um sich gegen die beabsichtigte Auftragsvergabe an die Beigeladene zu 1. zu wenden. Im Rahmen ihres Nachprüfungsantrages vertrat die hiesige Antragstellerin die Auffassung, dass im europaweit ausgeschriebenen offenen Verfahren durchaus auch Generalübernehmer beauftragt werden könnten und der Ausschluss ihres Angebots daher rechtswidrig sei. Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH sei es nicht mehr unabdingbar, dass der Bieter die zu erbringenden Leistungen oder zumindest einen wesentlichen Teil davon selbst ausführe, ausreichend sei vielmehr, dass ihm das erforderliche Leistungspotenzial tatsächlich zur Verfügung stehe, sei es auch in Gestalt von Subunternehmern. Das von ihr unterbreitete Angebot lasse klar erkennen, dass sie zuverlässige Subunternehmer an der Hand habe und mit diesen verbindliche Vereinbarungen für den Fall des Zuschlags getroffen habe. Zumindest habe ihr die Möglichkeit geboten werden müssen, weitere Nachweise hierzu sowie zu ihren Verbindungen mit der Beigeladenen zu 1. vorzulegen, so diese für erforderlich erachtet worden wären.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass ihr Ausschluss rechtswidrig sei,

2. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für erforderlich zu erklären.

Die Antragsgegnerin wie auch die Beigeladene zu 2. haben beantragt,

1. den Antrag zurückzuweisen,

2. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für erforderlich zu erklären.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 2. sind dem Nachprüfungsantrag im Wesentlichen damit entgegengetreten, dass es sich bei dem Angebot der Antragstellerin um ein unzulässiges Generalübernehmerangebot gehandelt habe, das auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des EuGH in der konkreten Form nicht habe berücksichtigt werden dürfen. Der Antragstellerin habe auch keine Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag bzw. zur Vorlage von Nachweisen dafür eröffnet werden müssen, dass sie in der geforderten Form auf die Mittel anderer Einrichtungen tatsächlich zugreifen könne, da ein solches Vorgehen dem Nachverhandlungsverbot unterfalle.

Durch den nunmehr angefochtenen Beschluss hat die Vergabekammer des Saarlandes den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen und zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin „als Generalübernehmerin“ zu Recht mit ihrem Angebot ausgeschlossen worden sei. Bauleistungen seien grundsätzlich nur an Unternehmen zu übergeben, die sich selbst gewerbsmäßig mit der Ausführung solcher Leistungen befassen (§ 8 Nr. 2 VOB/A). Generalübernehmer seien von der Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur bisher aus Rechtsgründen daher grundsätzlich für ungeeignet gehalten worden, Auftragnehmer öffentlicher Bauaufträge zu sein. Ein andere Wertung gebiete sich auf Grund der Rechtsprechung des EuGH nur dann, wenn die Generalübernehmerin jedenfalls hinsichtlich wesentlicher Teile der zu erbringenden Bauleistungen in solcher Weise auf die Leistungsfähigkeit der von ihr in einer Nachunternehmerliste genannten Unternehmen zugreifen könne, dass sie tatsächlich über die Einrichtungen dieser Unternehmen im Sinne einer Leistungserbringung „wie im eigenen Betrieb“ verfügen könne. Diesen erforderlichen Nachweis habe die Antragstellerin im Vergabeverfahren indes nicht geführt. Ob die entsprechenden Nachweise auch noch im Vergabenachprüfungsverfahren nachholbar gewesen wären, könne in diesem Zusammenhang dahinstehen, da die entsprechenden Nachweise nicht einmal bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Nachprüfungsverfahren erbracht worden seien.

Gegen diesen, der Antragstellerin am 23.12.2003 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit einem am 6.1.2004 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 1 ff. d.A.) sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Rechtfertigung ihres Rechtsmittels macht sie geltend, dass ihr der Zuschlag habe erteilt werden müssen, da das von ihr unterbreitete Angebot unstreitig das Günstigste gewesen sei. Diesem Angebot sei auch zu entnehmen gewesen, dass sie zuverlässige Nachunternehmer an der Hand gehabt habe, die sich ihr gegenüber zur Erbringung der einzelnen Bauleistungen erboten hätten. Weitere Nachweise hierzu, die sie jederzeit habe erbringen können, seien weder von ihr verlangt worden, noch habe sie damit rechnen können, dass solche erwartet würden. Die Vergabestelle habe damit gegen die ihr im Rahmen des § 24 VOB/A bestehenden Aufklärungspflichten verstoßen, was die Vergabekammer nicht hinreichend berücksichtigt und im Ergebnis auch unzutreffend gewürdigt habe. Vorschnell habe diese ihre Entscheidung damit begründet, dass die Antragstellerin keine Nachweise dafür beigebracht habe, dass sie über die Leistungskapazitäten der Nachunternehmer tatsächlich verfügen könne, obwohl dies bis dahin von niemandem angezweifelt worden sei.

Durch Beschluss vom 15.1.2004 (Bl. 23 - 25 d.A.) hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin einstweilen, bis zur Entscheidung über den Verlängerungsantrag, verlängert.

Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2004 den Antrag (zu 1.), die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern und der Antragsgegnerin vorläufig den Zuschlag zu untersagen, zurückgenommen

und hat im Übrigen beantragt (Bl. 2 d.A.),

1. festzustellen, dass der Ausschluss der Antragstellerin rechtswidrig ist und die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer des Saarlandes vom 22.12.2003 - 1 VK 10/2003 – aufzuheben,

2. die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten festzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt (Bl. 33 d.A.),

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2. beantragt (Bl. 41, 49 d.A.),

1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,

2. die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten als notwendig für die Rechtsverteidigung festzustellen.

Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer und verweist im Wesentlichen darauf, dass das Angebot der Antragstellerin als „Generalübernehmerin“ auch mit Blick auf den weniger restriktiven Eignungsbegriff des EuGH nicht zuschlagsfähig gewesen sei, da die Bezugnahme auf - möglicherweise unverbindliche - Nachunternehmerangebote keinesfalls ausreichend sei und eine entsprechende Nachweisführung wegen des Nachverhandlungsverbotes nicht nachholbar sei.

Die Beigeladene zu 2. vertritt den nämlichen Rechtsstandpunkt und weist ergänzend darauf hin, dass an den geforderten Nachweisen auch deshalb festzuhalten sei, da die Vergabestelle nicht in die Lage versetzt worden sei, die Seriosität der Angebote der Subunternehmer und die tatsächliche Verfügbarkeit ihrer Kapazitäten für die Antragstellerin festzustellen.

B.

I.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 116 Abs. 1 GWB statthaft. Das Rechtsmittel muss nicht explizit als sofortige Beschwerde bezeichnet werden, so lange es sich als solche darstellt (Saarl. Oberlandesgericht ZVgR 2000/24). Mit Schriftsatz vom 7.1.2004 (Bl. 21 d.A.) hat die Antragstellerin zudem eine entsprechende Klarstellung nachgeholt.

Gemäß § 100 Abs. 1 GWB finden die Vorschriften des GWB über die Vergabe öffentlicher Aufträge Anwendung, da der Auftragswert der Gesamtbaumaßnahme die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Schwellenwerte, vorliegend den nach § 1 a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A, § 2 Nr. 4 VgV für Bauaufträge maßgeblichen Schwellenwert von 5 Mio. EUR (netto) erreicht. Der für die Anwendung der a) - Paragraphen maßgebliche geschätzte Gesamtauftragswert errechnet sich aus der Summe der Auftragswerte aller für die Erstellung der baulichen Anlage erforderlichen Leistungen (Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., A § 1 a, Rz. 10 ff.; Franke/Kemper, Zanner, Grünhagen, Bauvergaberecht, Bauvertragsrecht, VOB-Kommentar, 1. Aufl., A § 1 a, Rz. 21 ff). Der in Rede stehende Bauauftrag umfasst den Umbau der Pflegegeschosse 1 - 7 OG und die Errichtung einer interdisziplinären Intensivstation, er umfasst insgesamt 15 Gewerke. Berücksichtigend, dass der Angebotswert allein für das Gewerk 1 bereits bei ca. 1,68 Mio. EUR liegt, unterliegt es keinem Zweifel, dass der Gesamtauftragswert den maßgeblichen Schwellenwert von 5 Mio. EUR nicht unterschreitet. Hiervon gehen die Beteiligten im Übrigen übereinstimmend aus.

Die sofortige Beschwerde wurde zudem form- und fristgerecht eingelegt (§§ 117 GWB). Beschwerdeberechtigt sind alle am Verfahren der Vergabekammer Beteiligten (§§ 109, 119 GWB). Die Antragstellerin ist durch die angegriffene Entscheidung auch beschwert, da ihr durch die Wertung des wirtschaftlicheren Angebots der Beigeladenen zu 1. ein Schaden droht.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Soweit der konkrete Nachprüfungsantrag auf das alleinige Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Handlung der Vergabestelle gerichtet ist, können die hieraus resultierenden Bedenken (OLG Naumburg ZVgR 2000/170) letztlich dahinstehen. Da das Nachprüfungsverfahren zum Zwecke der Einhaltung der Vergabebestimmungen durchgeführt wird, ist das Begehren zwar in der Regel darauf gerichtet, vermeintliche Vergabeverstöße zu beseitigen (§ 114 Abs. 1 Satz 1 GWB). Bis auf den Fall des § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB (Fortsetzungsfeststellungsantrag) handelt es sich folglich um einen Leistungsantrag, dessen Rechtsschutzziel zumindest aus seiner Begründung erkennbar sein muss. Der Senat, der gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB weder an das Begehren noch an sonstige Anträge gebunden ist (Heiermann/Riedl/Rusam a.a.O., § 108 GWB Rz. 5), brauchte allerdings auf einen sachdienlichen Antrag nicht hinzuwirken, da das Begehren der Antragstellerin ohnehin auch in sachlicher Hinsicht erfolglos bleibt.

2.

Der Vergabekammer ist nämlich im Ergebnis zuzustimmen, dass der Ausschluss der Antragstellerin (§ 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A, § 4 Nr. 8 VOB/B) nicht vergaberechtswidrig war und die Antragstellerin mithin nicht in ihren Rechten verletzt ist.

Die Vergabestelle hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht nicht berücksichtigt. Mit ihren Erklärungen zum Nachunternehmereinsatz hat die Antragstellerin ihre Absicht angekündigt, die Auftragsleistung sämtlich an Nachunternehmer zu übertragen, weil ihr Betrieb auf diese Leistungen nicht eingerichtet sei. Sie nimmt damit die Stellung eines Generalübernehmers ein und kommt für eine Auftragsvergabe nach den Regelungen des § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A sowie des § 4 Nr. 8 VOB/B auch im Lichte europarechtskonformer Auslegung des Gebotes der Eigenausführung nicht in Betracht.

§ 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A schreibt vor, dass bei öffentlicher Ausschreibung die Unterlagen an solche Bewerber abzugeben sind, die sich gewerbsmäßig mit der Ausführung von Leistungen der ausgeschriebenen Art befassen. Damit haben nur solche Unternehmen die Chance auf den Auftrag, die gewerbsmäßig die ausgeschriebenen Leistungen ausführen. Dies entspricht dem Grundsatz der Selbstausführungspflicht nach § 4 Nr. 8 VOB/B. Die Bauausführung im eigenen Betrieb und damit auch der Umfang eines geplanten Nachunternehmereinsatz stellen ein wesentliches Merkmal der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters im Sinne von § 2 Nr. 1 Satz 1 VOB/B dar, die ihrerseits wieder Kriterien der Eignung sind, auf die Bieter bei öffentlicher Ausschreibung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 VOB/B durch die Vergabestelle zunächst zu überprüfen sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.5.2001 VerG 10/100). Der klassische Generalübernehmer ist demgegenüber ein Unternehmer, der selbst keinerlei Bauleistung ausführt, sondern sämtliche Leistungen an Nachunternehmer weitervergibt. Er befasst sich nicht selbst gewerbsmäßig mit der Ausführung von Bauleistungen, sondern tritt lediglich als Vermittler auf, der Planungs-, Koordinierungs- und Überwachungsleistungen erbringt. Dass die Antragstellerin nach dieser anerkannten Definition Generalübernehmerin ist, unterliegt keinen vernünftigen Zweifeln. Denn es ist unstreitig, dass diese beabsichtigt, sämtliche Bauleistungen an Nachunternehmer zu vergeben.

Nach - bisheriger - weitgehend einhelliger Auffassung der Vergabeüberwachungsausschüsse und der vergaberechtlichen Literatur ist der Einsatz von Generalübernehmern bei der Bauvergabe unzulässig. Diese wurden bisher grundsätzlich für ungeeignet gehalten, Auftragnehmer öffentlicher Bauleistungen zu sein (Motzke/Pietzker/Prieß, VOB, 2001, Teil A, § 8 Rz. 48 m.w.N.; BayObLG, Beschluss vom 17.6.2002 - verg. 14/02; VK Nordbayern, Beschluss vom 14.8.2001 - 320 VK - 3194 - 25/01; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., A § 8 Rz. 31 ff.; Ingenstau/Korbion, VOB/A, 14. Aufl., A § 8 Rz. 18). Zwar schließt die VOB den Einsatz von Nachunternehmern dann nicht aus, wenn der Betrieb des Bieters auf die entsprechende Leistung nicht eingerichtet ist, bzw. der Auftraggeber dem Einsatz der Nachunternehmer zustimmt. Zwingend bleibt jedoch, dass der Generalunternehmer noch wesentliche Teile der Bauleistung (ca. 1/3) im eigenen Betrieb ausführt (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., A, §8 Rz 11, 43 m.w.N.). Der Eigenleistungsanteil kann dabei im Einzelfall auch durch ein mit dem Bieter verbundenes Tochter- oder ansonsten konzernrechtlich verbundenes Unternehmen erbracht werden. Nur in diese engen Grenzen kam bisher eine hieran anknüpfende Zuordnung zum Generalunternehmer in Betracht.

Aus der neueren, auf den Koordinierungsrichtlinien basierenden Rechtsprechung des EuGH ergibt sich ein weniger restriktiver Eignungsbegriff. Nach den hierzu ergangenen Entscheidungen dürfen auch Generalübernehmer, also solche Unternehmen, die nicht die Absicht oder die Mittel haben, Bauarbeiten selbst auszuführen, nach europäischem Gemeinschaftsrecht dann bei einer Ausschreibung von öffentlichen Bauaufträgen nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sie nachweisen, dass sie unabhängig von der Art der rechtlichen Beziehung zu den ihnen verbundenen Unternehmen tatsächlich über die diesen Unternehmen zustehenden Mittel verfügen können, die zur Ausführung eines Auftrags erforderlich sind („Ballast Nedam Group“ EuGH, Urteil vom 18.12.1997 - Rs. C - 5/97; „Holst/Italia“ EuGH, Urteil vom 2.12.1999 - Rs. C - 176/98; so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.6.2003 - 11 VerG 4/03). Der EuGH hat indes auch betont, dass ein solcher Rückgriff auf externe Mittel nicht uneingeschränkt zugelassen werden kann, sondern dass sich der Auftraggeber im Rahmen der ihm obliegenden Eignungsprüfung die Gewissheit zu verschaffen hat, dass einem Bieter oder Bewerber während des Auftragszeitraumes tatsächlich die Mittel aller Art zu Gebote stehen, auf die er sich beruft, und dass zu diesem Zweck der Bieter oder Bewerber seine tatsächliche Verfügungsmacht über die einem verbundenen Unternehmen zustehenden Mittel, die zur Ausführung des Auftrags benötigt werden, nachzuweisen hat, wobei die Beurteilung der angetretenen Beweise den nationalen Gerichten obliegt.

Ob die Nichtzulassung eines Generalübernehmers, wie sie nationales Recht - § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A, § 4 Nr. 8 VOB/B - ermöglicht, nach Maßgabe dieser Grundsätze gemeinschaftswidrig ist, kann aber im Streitfall letztlich dahinstehen. Denn die Antragstellerin genügt mit dem von ihr abgegebenen Angebot auch dem weniger restriktiven Eignungsbegriff des EuGH nicht.

Die Antragstellerin hat - auch unter Zugrundelegung der in den Entscheidungen des EuGH gemachten Vorgaben - im Vergabeverfahren weder dargelegt, noch den Nachweis angetreten und geführt, dass sie auf die Leistungsfähigkeit der von ihr in der Nachunternehmerliste genannten Unternehmen so zugreifen kann, dass sie tatsächlich über die Einrichtungen dieser Unternehmen im Sinne einer Leistungserbringung „wie im eigenen Betrieb“ verfügen kann.

Bei einem Angebot eines Generalübernehmers, der selbst nicht über die erforderlichen technischen Mittel verfügt, muss sich dem Angebot selbst schon entnehmen lassen, ob es sich bei dem/den Nachunternehmer(n) um ein mit dem Bieter (Konzern-) verbundenes Unternehmen handelt - dann kann die Leistung sogar als Leistung im eigenen Betrieb gewertet werden - oder ein ihm unabhängig von der Art der rechtlichen Beziehung ansonsten verbundenes Unternehmen, über dessen Mittel er tatsächlich verfügen kann. Da in einer Nachunternehmerliste aufgeführte Leistungen regelmäßig ohne weitere Kennzeichnung vergaberechtlich immer als Fremdleistung zu werten sind, die Vergabestelle ihrerseits nicht zur intensiven Recherchen verpflichtet sein kann, muss aus Gründen der Transparenz gefordert werden, dass insoweit die Angebotsunterlagen für sich sprechen müssen, als sich aus diesen unmittelbar ergeben muss, dass sich ein Bieter auf die Leistungsfähigkeit eines von ihm beherrschten oder ansonsten verbundenen Unternehmens berufen will. Ohne derartige Angaben ist ein Angebot wegen unklarer oder aber widersprüchlicher Angaben auszuschließen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5.7.2000 - Verg.5/99 -, NZBau 2001, 106; Beschluss vom 19.7.2000 - Verg. 10/00 -, Baurecht 2000, 1623; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.6.2003 - Verg. 4/03 -; IBR 2003, 569).

Ein Bewerber, der nicht selbst über die zur Ausführung eines Bauauftrages erforderlichen technischen Mittel verfügt, muss daher in seiner Bewerbung von sich aus darlegen und den Nachweis antreten, welcher ihm unmittelbar oder mittelbar verbundenen Unternehmen, die solche technischen Mittel besitzen, er sich bei der Ausführung des Auftrags in der Weise bedienen wird, dass diese Mittel als ihm tatsächlich zu Gebote stehend anzusehen sind. Diese Darlegung ist eine selbstverständliche Obliegenheit des Bewerbers, die auf der Tatsache beruht, dass er zur Erfüllung des Bauauftrags über keine oder nicht ausreichende eigene technische Mittel verfügt (OLG Düsseldorf, NZBau 2001, 110). Zunächst einmal hatte die Antragstellerin erst auf entsprechende Aufforderung eine Nachunternehmerliste vorgelegt. Die schlichte Benennung von Subunternehmern bei einer Generalübernehmerin ohne Vorlage aussagekräftiger Unterlagen, insbesondere ohne Hinweis auf für den konkreten Ausführungszeitraum vorhandene verbindliche Vertragsgestaltungen, auf die die Antragstellerin verlässlich zurückgreifen kann, kann aber nicht als ausreichend erachtet werden. Denn die Vergabe eines Auftrages an einen Generalübernehmer wäre dann stets und ohne besondere Voraussetzungen zulässig.

Es fehlten Hinweise, dass die Beigeladene zu 1. oder auch einer der übrigen Nachunternehmer ein konzernverbundenes (Tochter-)Unternehmen oder ein in sonstiger Weise verbundenes Unternehmen ist, das über die zur Durchführung des Auftrages erforderlichen tatsächlichen Mittel verfügt, über die auch die Antragstellerin während des geplanten Ausführungszeitraumes disponieren kann. Dass die Verbindungen zu den vorgesehenen Nachunternehmern über das Stadium der Verhandlungen und Absichtserklärungen hinausgingen, war dem Angebot der Antragstellerin in keiner Weise zu entnehmen. Diese hat sich noch in dem Verfahren vor der Vergabekammer und in diesem Verfahren lediglich auf „Angebote“ der genannten Subunternehmer berufen.

Eine nachträgliche Spezifizierung der in der Liste der Nachunternehmer enthaltenen Leistungen im Sinne einer Zuweisung der Leistungen zu Leistungen im eigenen Betrieb ggf. der Beigeladenen zu 1. bzw. solchen Unternehmen, die dem Generalübernehmer dauerhaft für den Zeitraum der Ausführung des Auftrags zur Verfügung stehen, übersteigt das durch § 24 VOB/A vorgegebene Maß der informatorischen Aufklärung bereits insoweit, als die jeweilige Bieterin entscheiden könnte, ihr Angebot zuschlagsgeeignet werden zu lassen oder nicht. Fehlende oder unklare Angaben zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz dürfen nicht durch Nachverhandlungen gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A bereinigt werden (BayObLG, Beschluss vom 15.4.2003, Verg. 5/03; VK Hessen, Beschluss vom 21.3.2003 - 69 d - VK - 11/2003, IBR 2003, 265). Würde ein Bieter aufgefordert, diese fehlenden Angaben nachträglich zu liefern, so würde ihm die Möglichkeit eröffnet, sein Angebot nachträglich zuschlagsfähig zu machen oder seinen Ausschluss selbst zu bewirken. Dies würde aber gerade dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 GWB und auch dem Transparenzgebot des Vergabeverfahrens widersprechen. Nachverhandlungen über die sich aus dem Angebot ergebenden Unklarheiten über die Angaben zum Nachunternehmereinsatz, bei denen es sich grundsätzlich um kalkulationserhebliche Erklärungen handelt, die sich wegen ihrer wesentlichen Bedeutung für die Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auf die Wettbewerbsstellung auswirken, sind vielmehr unzulässig.

Dieser Erkenntnis folgend greift auch die Rüge einer Verletzung von Hinweispflichten durch die Antragsgegnerin nicht, erst recht sind die fehlenden Angaben zu den Essentialia des Angebots weder im Vergabenachprüfungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren nachholbar. Nach allgemeinen Grundsätzen ist bei der Überprüfung einer Vergabeentscheidung auf denjenigen Sachverhalt abzustellen, auf dessen Grundlage der Auftraggeber die angegriffene Entscheidung getroffen hat. Spätere Angaben der Antragstellerin könnten für die Beurteilung der Auswahlentscheidung allenfalls dann „nachbessernd“ Berücksichtigung finden, wenn deren Unterlassung im Vergabeverfahren gerade auf einer Verletzung von Hinweis- oder Aufklärungspflichten durch die Antragsgegnerin beruht hätte. Hiervon ist allerdings vorliegend nicht auszugehen. Unabhängig davon, dass eine entsprechende Hinweispflicht – wie oben näher dargelegt – ausscheidet, würde es zudem an der Kausalität einer evtl. Pflichtverletzung der Antragsgegnerin für das Unterbleiben weiterer Angaben fehlen. Denn die Antragstellerin hat letztlich auch im Vergabenachprüfungsverfahren und im Rahmen der sofortigen Beschwerde die erforderlichen Angaben und Nachweise nicht einmal nachgeholt. Sie kann sich mithin nicht mit Erfolg darauf berufen, im Rahmen des Vergabeverfahrens auf entsprechenden Hinweis hin, die notwendigen Erklärungen abgegeben zu haben.

Nach alledem war ein vergaberechtlicher Verstoß der Antragsgegnerin, der die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, nicht festzustellen, mit der Folge, dass die sofortige Beschwerde zurückzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren der sofortigen Beschwerde folgt aus einer analogen Anwendung der §§ 91, 97 ZPO (vgl. BGHZ 146, 202, 217; Bechthold, Kartellgesetz, 2. Aufl., § 123 GWB Rz. 2). Die angefochtene Entscheidung war auch insoweit aufrechtzuerhalten, als die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten in dem Verfahren vor der Vergabekammer für die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 2. für notwendig erklärt wurde (Senat Beschluss vom 29.10.2003 - 1 Verg 2/03; Senat Beschluss vom 26.03.2004 - 1 Verg 3/04).

IV.

Eine Vorlagepflicht gemäß § 124 Abs. 2 GWB besteht nicht. Der Senat weicht in den seine Entscheidung leitenden Erwägungen weder von der Rechtsauffassung eines anderen Beschwerdegerichts noch von derjenigen des Bundesgerichtshofes ab.

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Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind,
2.
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, es handelt sich um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 73000000-2 bis 73120000-9, 73300000-5, 73420000-2 und 73430000-5 fallen und bei denen
a)
die Ergebnisse ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit werden und
b)
die Dienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird,
3.
den Erwerb, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion von Sendematerial für audiovisuelle Mediendienste oder Hörfunkmediendienste, wenn diese Aufträge von Anbietern von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden, die Ausstrahlungszeit oder die Bereitstellung von Sendungen, wenn diese Aufträge an Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden,
4.
finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten, Dienstleistungen der Zentralbanken sowie mit der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchgeführte Transaktionen,
5.
Kredite und Darlehen, auch im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten oder
6.
Dienstleistungen, die an einen öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nummer 1 bis 3 vergeben werden, der ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht hat, die Leistungen zu erbringen.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Wettbewerbe anzuwenden, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

(1) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden.

(2) Verbindliche Vorschriften zur Preisgestaltung sind bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zu beachten.

(3) Die Zuschlagskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Diese Verbindung ist auch dann anzunehmen, wenn sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht, auch wenn sich diese Faktoren nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken.

(4) Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Lassen öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zu, legen sie die Zuschlagskriterien so fest, dass sie sowohl auf Hauptangebote als auch auf Nebenangebote anwendbar sind.

(5) Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

Bei öffentlichen Aufträgen und Wettbewerben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge zu sein, ist dieser Teil nicht anzuwenden,

1.
soweit der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden kann, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens zur Verfügung stellt,
2.
soweit die Voraussetzungen des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt sind,
3.
wenn die Vergabe und die Ausführung des Auftrags für geheim erklärt werden oder nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern; Voraussetzung hierfür ist eine Feststellung darüber, dass die betreffenden wesentlichen Interessen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden können, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen,
4.
wenn der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die Vergabe oder Durchführung nach anderen Vergabeverfahren vorzunehmen, die festgelegt sind durch
a)
eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt,
b)
eine internationale Übereinkunft oder Vereinbarung im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen, die Unternehmen betrifft, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder einem Staat haben, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums ist, oder
c)
eine internationale Organisation oder
5.
wenn der öffentliche Auftraggeber gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung einen öffentlichen Auftrag vergibt oder einen Wettbewerb ausrichtet und dieser öffentliche Auftrag oder Wettbewerb vollständig durch diese Organisation oder Einrichtung finanziert wird. Im Falle einer überwiegenden Kofinanzierung durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden, wenn öffentliche Aufträge, Wettbewerbe oder Konzessionen

1.
nach Vergabeverfahren zu vergeben oder durchzuführen sind, die festgelegt werden durch
a)
ein Rechtsinstrument, das völkerrechtliche Verpflichtungen begründet, wie eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt, oder
b)
eine internationale Organisation oder
2.
gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung bei vollständiger Finanzierung der öffentlichen Aufträge und Wettbewerbe durch diese Organisation oder Einrichtung zu vergeben sind; für den Fall einer überwiegenden Kofinanzierung öffentlicher Aufträge und Wettbewerbe durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

(2) Für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge ist § 145 Nummer 7 und für Konzessionen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit ist § 150 Nummer 7 anzuwenden.

(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.

(2) Öffentlichen Auftraggebern stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach ihrer Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.

(3) Das offene Verfahren ist ein Verfahren, in dem der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auffordert.

(4) Das nicht offene Verfahren ist ein Verfahren, bei dem der öffentliche Auftraggeber nach vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme eine beschränkte Anzahl von Unternehmen nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien auswählt (Teilnahmewettbewerb), die er zur Abgabe von Angeboten auffordert.

(5) Das Verhandlungsverfahren ist ein Verfahren, bei dem sich der öffentliche Auftraggeber mit oder ohne Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über die Angebote zu verhandeln.

(6) Der wettbewerbliche Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge mit dem Ziel der Ermittlung und Festlegung der Mittel, mit denen die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers am besten erfüllt werden können. Nach einem Teilnahmewettbewerb eröffnet der öffentliche Auftraggeber mit den ausgewählten Unternehmen einen Dialog zur Erörterung aller Aspekte der Auftragsvergabe.

(7) Die Innovationspartnerschaft ist ein Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen. Nach einem Teilnahmewettbewerb verhandelt der öffentliche Auftraggeber in mehreren Phasen mit den ausgewählten Unternehmen über die Erst- und Folgeangebote.

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die von einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 an eine juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts vergeben werden, wenn

1.
der öffentliche Auftraggeber über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt,
2.
mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von dem öffentlichen Auftraggeber oder von einer anderen juristischen Person, die von diesem kontrolliert wird, betraut wurde, und
3.
an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht, mit Ausnahme nicht beherrschender Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die durch gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.

(2) Die Ausübung einer Kontrolle im Sinne von Absatz 1 Nummer 1 wird vermutet, wenn der öffentliche Auftraggeber einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausübt. Die Kontrolle kann auch durch eine andere juristische Person ausgeübt werden, die von dem öffentlichen Auftraggeber auf gleiche Weise kontrolliert wird.

(3) Absatz 1 gilt auch für die Vergabe öffentlicher Aufträge, die von einer kontrollierten juristischen Person, die zugleich öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 ist, an den kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber oder an eine von diesem öffentlichen Auftraggeber kontrollierte andere juristische Person vergeben werden. Voraussetzung ist, dass keine direkte private Kapitalbeteiligung an der juristischen Person besteht, die den öffentlichen Auftrag erhalten soll. Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(4) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei denen der öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 über eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts zwar keine Kontrolle im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 ausübt, aber

1.
der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle ausübt wie jeder der öffentlichen Auftraggeber über seine eigenen Dienststellen,
2.
mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von den öffentlichen Auftraggebern oder von einer anderen juristischen Person, die von diesen Auftraggebern kontrolliert wird, betraut wurde, und
3.
an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht; Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(5) Eine gemeinsame Kontrolle im Sinne von Absatz 4 Nummer 1 besteht, wenn

1.
sich die beschlussfassenden Organe der juristischen Person aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen; ein einzelner Vertreter kann mehrere oder alle teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber vertreten,
2.
die öffentlichen Auftraggeber gemeinsam einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausüben können und
3.
die juristische Person keine Interessen verfolgt, die den Interessen der öffentlichen Auftraggeber zuwiderlaufen.

(6) Dieser Teil ist ferner nicht anzuwenden auf Verträge, die zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 geschlossen werden, wenn

1.
der Vertrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt, um sicherzustellen, dass die von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden,
2.
die Durchführung der Zusammenarbeit nach Nummer 1 ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und
3.
die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 Prozent der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach Nummer 1 erfasst sind.

(7) Zur Bestimmung des prozentualen Anteils nach Absatz 1 Nummer 2, Absatz 4 Nummer 2 und Absatz 6 Nummer 3 wird der durchschnittliche Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vor Vergabe des öffentlichen Auftrags oder ein anderer geeigneter tätigkeitsgestützter Wert herangezogen. Ein geeigneter tätigkeitsgestützter Wert sind zum Beispiel die Kosten, die der juristischen Person oder dem öffentlichen Auftraggeber in dieser Zeit in Bezug auf Liefer-, Bau- und Dienstleistungen entstanden sind. Liegen für die letzten drei Jahre keine Angaben über den Umsatz oder einen geeigneten alternativen tätigkeitsgestützten Wert wie zum Beispiel Kosten vor oder sind sie nicht aussagekräftig, genügt es, wenn der tätigkeitsgestützte Wert insbesondere durch Prognosen über die Geschäftsentwicklung glaubhaft gemacht wird.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten entsprechend für Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 Absatz 1 Nummer 1 hinsichtlich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sowie für Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1 und 2 hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.