Oberlandesgericht Rostock Urteil, 15. Mai 2008 - 3 U 18/08

bei uns veröffentlicht am15.05.2008

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichtes Neubrandenburg vom 11.07.2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten unter der laufenden Nummer ... der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ...des Amtsgerichts ... und unter der laufenden Nummer ... der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ... des Amtsgerichts ... eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von 826.292,23 € (= 1.616.087,14 DM) zu erteilen und den Grundschuldbrief an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1 Mio. € abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zustimmung zur Löschung einer zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld. Die Beklagte macht widerklagend Schadensersatz aus der Verletzung eines von ihr behaupteten Treuhandvertrages geltend.

2

Die Klägerin verkaufte mit notariellem Vertrag vom 30.12.1997 auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes Waldflächen an Herrn ... zu einem Kaufpreis von 1.616.087,14 DM (826.292,23 €). Zugunsten der Klägerin wurde in die Grundbücher ein Veräußerungsverbot und eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen.

3

Die Beklagte gewährte Herrn ... ein Darlehen über 1,7 Mio DM und dieser seinerseits Herrn ... mit Vertrag vom 09.01.1998 ein Darlehen in Höhe des Grundstückskaufpreises. Herr ... trat seine sämtlichen Ansprüche aus dem o.g. Kaufvertrag an die Beklagte mit Urkunde vom 14.01.1998 ab. In dieser wurden die zedierten Ansprüche wie folgt beschrieben:

4

"Sämtliche Ansprüche, die dem Sicherungsgeber bei jeglicher Art der Aufhebung, Rückabwicklung etc. bezüglich des Kaufvertrages URNr. 163/1997, Notar ... vom 30.12.1997 gegen die ... GmbH zustehen, insbesondere abgetreten werden die Ansprüche auf Kaufpreisrückzahlung."

5

Unter "2. Sicherungszweck" ist in der Abtretungsurkunde bestimmt:

6

"Die Abtretung der Forderungen und die Übertragung der sonstigen in diesem Vertrag aufgeführten Rechte erfolgt zur Sicherung der Ansprüche der Bank aus dem nachstehend bezeichneten Kreditvertrag Darlehen Nr. 03 ... über DM 1.700.000,-- gegen Herrn ..., ..."

7

Die Beklagte überwies am 20.01.1998 den Kaufpreis unmittelbar auf das Konto der Klägerin mit dem Zusatz: "Zu treuen Händen gem. Schreiben vom 20.01.1998." Im Weiteren übersandte sie der Klägerin ein Schreiben vom 20.01.1998, in dem es heißt:

8

"Gem. v. g. Kaufvertrag haben wir heute den Kaufpreis i. H. v. DM 1.616.087,14 zu treuen Händen auf Ihr Konto Nr. 7... bei der Deutschen Bank AG Berlin überwiesen.

9

Über den v. g. Betrag dürfen Sie verfügen, wenn o. g. Kaufvertrag wirksam wird, insbesondere die Genehmigung des Kaufvertrages erfolgt und sichergestellt ist, dass die am 20.01.1998 zu unseren Gunsten beurkundete Grundschuld in Höhe des Kaufpreises gem. der erteilten Belastungsvollmacht im Kaufvertrag in die Grundbücher eingetragen wird.

10

Weitere Auflage ist, dass bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrages bzw. jeglicher Art der Aufhebung, der Rückabwicklung etc. bezüglich des Kaufvertrages die Kaufpreisrückzahlung ausschließlich an uns zu erfolgen hat. Dies bitten wir entsprechend vorzumerken. Herr ... hat uns seine dahingehenden Ansprüche entsprechend abgetreten."

11

Mit Schreiben vom 18.11.2002 erklärte die Klägerin gegenüber Herrn ... den Rücktritt vom Kaufvertrag. Herr ... war zwischenzeitlich in Vermögensverfall geraten und hatte versucht, die Grundstücke zu verwerten. Hierzu hatte er einen Kaufvertrag über diese geschlossen, dem die Klägerin nicht zustimmte, und bestellte ohne Zustimmung der Klägerin für Dritte eine Grundschuld i.H.v. 250.000,00 €.

12

Am 27.11.2003 wurde über das Vermögen des Herrn ... das Insolvenzverfahren eröffnet. Herr ... verstarb am 08.12.2003. Zum Insolvenz- und sodann Nachlassinsolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt ... bestellt. Durch notarielle Vereinbarung vom 26.08.2004 verpflichtete sich dieser zur Rückübertragung der Grundstücke an die Klägerin und diese zur Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug von 96.378,48 € wegen Übermaßnutzungen und 41.314,61 € wegen einer nach Ansicht der Klägerin verwirkten Vertragsstrafe. Die verbleibenden und vereinbarten 688.599,12 € zahlte sie am 02.12.2004 an den Insolvenzverwalter. Die Klägerin wurde am 12.01.2005 im Grundbuch von ... und am 14.03.2005 im Grundbuch von ... als Eigentümerin eingetragen.

13

Das Landgericht Neubrandenburg hat die Beklagte mit Urteil vom 11.07.2006 verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten unter der laufenden Nr. 1 der dritten Abteilung des Grundbuchs von ... des Amtsgerichts ... und unter der laufenden Nr. 1 der dritten Abteilung des Grundbuchs ... des Amtsgerichts ... eingetragenen Grundschuld i.H.v. 826.292,23 € Zug um Zug gegen Zahlung von 688.599,12 € (826.292,23 € abzüglich 96.378,48 € und 41.314,61 €) zu erteilen und den Grundschuldbrief an die Klägerin herauszugeben. Die Klage im Übrigen und die Widerklage hat es abgewiesen. Wegen der weitergehenden erstinstanzlichen Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Urteils nimmt der Senat auf dieses Bezug.

14

Mit ihrer Berufung greift die Klägerin das Urteil des Landgerichtes insoweit an, als sie zur Zug-um-Zug-Leistung verurteilt worden ist. Dies sei zu Unrecht erfolgt, denn die Klägerin sei zur Zahlung an die Beklagte nicht verpflichtet und dieser stehe ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.

15

Die von der Beklagten behauptete Treuhandabrede, die auch das Landgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, sei nicht dadurch zustande gekommen, dass die Klägerin die Zahlung der Beklagten in Verbindung mit dem Schreiben vom 20.01.1998 angenommen habe. Vom Empfängerhorizont der Klägerin aus habe das Schreiben vom 20.01.1998 wegen des ausdrücklichen Hinweises darauf, dass Herr ... der Beklagten sämtliche Rückabwicklungsansprüche abgetreten habe, nur als ausdrücklicher Hinweis auf die Sicherungsabtretung verstanden werden können.

16

Des Weiteren sei vorliegend von einem gesetzlichen Einzugsrecht des Nachlassinsolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO auszugehen, so dass die Klägerin zu Recht an diesen geleistet habe und sich die Beklagte an diesen halten müsse. Ein etwaiger Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin sei durch die Einziehung des Verwalters erloschen.

17

Die Beklagte beantragt mit ihrer Berufung vom 29.12.2006, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt hat,

18

1. die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten unter der lfd. Nr. 1 der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ..., des AG ... und unter der lfd. Nr. 1 der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ... des AG ..., eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von 826.292,23 EUR (= 1.616.087,14 DM) Zug um Zug gegen Zahlung von 826.292,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten p.a. vom 20. Januar 1998 bis 29. Juni 1998 und in Höhe von 5,85 Prozentpunkten p.a. seit dem 30. Juni 1998 zu verurteilen,

19

2. die Klägerin und Anschlussberufungsbeklagte auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 826.292,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten p.a. vom 20. Januar 1998 - 29. Juni 1998 und in Höhe von 5,85 Prozentpunkten p.a. seit dem 30. Juni 1998 zu zahlen, und zwar in Höhe eines Betrages von 626.625,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten p.a. vom 20. Januar 1998 bis zum 29. Juni 1998 und in Höhe von 5,85 Prozentpunkten p.a. seit dem 30. Juni 1998 gesamtschuldnerisch neben dem Rechtsanwalt ..., als Nachlassinsolvenzverwalter über das Vermögen des verstorbenen ....

20

Sie sei sowohl aus der Abtretungsvereinbarung als auch aus der Treuhandvereinbarung zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts befugt, so dass nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung in Betracht komme, denn ihre Forderung sei noch nicht befriedigt worden. Dabei könne die Beklagte nicht nur den ausgeurteilten Betrag, sondern den gesamten herausverlangten Betrag von 826.292,23 € beanspruchen. Insoweit sei die Widerklage auch begründet, denn die Forderung sei fällig. Soweit die Klägerin Anspruch auf Zustimmung zur Löschung habe, befinde sie sich in Annahmeverzug. Zur Höhe ihres Zahlungsanspruches wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.

21

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Leistung eines Dritten - hier ihre Leistung - unter einem Vorbehalt dann zur Erfüllung der Schuld führe, wenn der Gläubiger sie annimmt. Das sei hier der Fall, denn die Klägerin habe die Zahlung unter Mitteilung der Auflagen aus dem Schreiben vom 20.01.1998 angenommen, so dass die Kaufpreisverpflichtung des Herrn ... hierdurch erfüllt worden sei. Hieraus ergebe sich letztlich auch die Treuhandvereinbarung. Aus dieser hafte die Klägerin der Beklagten auf Schadensersatz wegen der Verletzung ihrer Vertragspflichten. Inhaber dieses Anspruches sei die Beklagte selbst, weshalb es auf mögliche Rechte des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO für dieses Verfahren nicht ankomme.

22

Die Klägerin habe das Schreiben vom 20.01.1998 nicht nur als ausdrücklichen Hinweis auf die Sicherungsabtretung sehen können, da diese in dem Schreiben der Auflage erst nachfolge. Außerdem sei der Sinn dieser Vereinbarung im Sicherungsbedürfnis der Beklagten begründet. Es sei klar zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte im Fall der Rückabwicklung einen eigenen Anspruch auf den Kaufpreis haben wollte, der nicht durch Dritte, auch nicht den Insolvenzverwalter, tangiert werden könne.

II.

23

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg, nicht hingegen die Berufung der Beklagten.

24

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Grundschuld. Soweit das landgerichtliche Urteil einen solchen Anspruch festgestellt hat, hat die Beklagte dies mit ihrer Berufung nicht angegriffen. Bedenken hiergegen bestehen nicht.

25

Die Beklagte kann diesem Anspruch keinen Zahlungsanspruch aus eigenem oder abgetretenem Recht im Wege eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) oder einer Widerklage erfolgreich entgegenhalten.

26

1. Der Beklagten steht ein vom Einzugsrecht des Nachlassinsolvenzverwalters unberührter unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen die Klägerin nicht zu. Insbesondere ist ein von Anfang an in der Person der Beklagten begründeter Rückzahlungsanspruch bei Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages nicht gegeben. Der Rückgewähranspruch des § 346 BGB entsteht auch im Falle einer Sicherungsabtretung in der Person der Vertragspartei, der Zessionar ist allenfalls Inhaber der Forderung. Kaufvertragspartei der Klägerin ist die Beklagte zu keinem Zeitpunkt geworden.

27

2. Allerdings ist die Beklagte infolge der Sicherungszession Inhaberin des Anspruchs des Verkäufers gegen die Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises geworden. Insoweit unterstellt der Senat die Wirksamkeit der Sicherungszession. Auch sieht er die Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag durch die Klägerin für gegeben an.

28

3. Der sicherungszedierte Anspruch ist aber durch Zahlung an den Insolvenzverwalter erloschen (§ 362 BGB) bzw. durch eine Verrechnungsabrede untergegangen.

29

a. Gem. § 166 Abs. 2 InsO, der auch für den Nachlassinsolvenzverwalter anzuwenden ist (Wegener in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung [FK], 4. Aufl., § 166 Rn. 1b m.w.N.), darf der Insolvenzverwalter eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten. Voraussetzung für die Entstehung des Verwertungsrechtes des Insolvenzverwalters ist zum einen, dass das Insolvenzverfahren eröffnet ist, zum anderen, dass die zur Sicherung abgetretene Forderung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch besteht.

30

Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 Satz 1 InsO schließt das Verwertungsrecht des Sicherungszessionars aus. Es führt damit zu einem automatischen Verwertungsstopp für den Sicherungszessionar. Das aus § 166 Abs. 2 Satz 1 InsO abgeleitete alleinige Einziehungsrecht des Insolvenzverwalters entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung und ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt (BGH, Urt. v. 17.11.2005, IX ZR 174/04, ZIP 2006, 91; KG, Urt. v. 13.08.2001, 12 U 5843/00, ZIP 2001, 2012; OLG Dresden, Urt. v. 10.08.2006, 13 U 926/06, ZInsO 2006, 1168; OLG Celle, Urt. v. 27.03.2008, 13 U 160/07, ZIP 2004, 749; OLG Frankfurt, Urt. v. 25.05.2005, 1 U 124/04, InVo 2005, 404; Häcker, NZI 2002, 409; FK/Wegener, § 166 Rn. 6; Landfermann in Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung [HK], 4. Aufl., § 166 Rn. 5; Dithmar in Braun, Insolvenzordnung,, 3. Aufl., § 166 Rn. 12). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Sicherungszessionar von seinem Einziehungsrecht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch keinen Gebrauch gemacht hat (OLG Frankfurt, a.a.O.). Der Ausschluss des Verwertungsrechts des Sicherungszessionars führt damit zum Verlust der Einziehungsbefugnis des Sicherungszessionars mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (OLG Celle, a.a.O., m.w.N.; OLG Frankfurt, a.a.O.).

31

Macht der Insolvenzverwalter von der Einziehungsbefugnis Gebrauch, ist der Sicherungszessionar darauf verwiesen, gegenüber diesem ein Absonderungsrecht bzw. Ersatzabsonderungsrecht aus §§ 50, 51 InsO geltend zu machen. Damit wird der Sicherungszessionar nicht rechtlos gestellt.

32

Vorliegend hat der Nachlassinsolvenzverwalter, Rechtsanwalt ..., von seiner Verwertungsbefugnis Gebrauch gemacht und die Auskehransprüche im Wege der Vertragsrückabwicklung auf der Grundlage der Vereinbarung mit der Klägerin vom 26.08.2004 gegen Rückauflassung der Grundstücke zur Masse gezogen. Die Beklagte ihrerseits hat ihr Absonderungsrecht unter Abzug ihres Kostenanteils nach § 170 InsO gegenüber dem Nachlassinsolvenzverwalter geltend gemacht und dessen Durchsetzung in einem gesonderten Gerichtsverfahren erstrebt.

33

b. Die alleinige Verwertungsbefugnis des Nachlassinsolvenzverwalters haben die Parteien auch nicht durch eine Treuhandabrede ausgeschlossen. Dabei kann es der Senat dahinstehen lassen, ob die Parteien mit der Zahlung des Kaufpreises durch die Beklagte mit Zusatz "zu treuen Händen" in Verbindung mit dem Inhalt des Schreibens vom 20.01.1998 und die Entgegennahme der Zahlung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 05.10.2006, III ZR 166/05, NJW 2006, 3777) stillschweigend eine Abrede dahin getroffen haben, dass die Rückzahlung des Kaufpreises ausschließlich an die Beklagte erfolgen solle.

34

Eine Treuhandabrede diesen Inhaltes vermag das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach Auffassung des Senates nicht auszuschließen. Die Insolvenzordnung hat das Recht zur Verwertung beweglicher Sachen im Besitz des Insolvenzverwalters und zur Sicherung abgetretener Forderungen beim Insolvenzverwalter konzentriert. Hierdurch soll die Herauslösung des Sicherungsgutes aus dem technisch organisatorischen Verbund des Schuldnervermögens durch einzelne Gläubiger verhindert werden. Etwaige Chancen für eine zeitweilige oder dauernde Fortführung des Unternehmens des Schuldners sollen so erhalten bleiben. Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters soll einen umfassenden Forderungseinzug gewährleisten, da der Insolvenzverwalter über die Unterlagen des Schuldners verfügt, die ihm die Einziehung der Forderungen ermöglichen. Das alleinige Einziehungsrecht des Verwalters schafft die notwendige Klarheit (BGH, Urt. v. 17.11.2005, IX ZR 174/04, ZIP 2006, 91; KG, Urt. v. 13.08.2001, 12 U 5843/00, ZIP 2001, 2012; OLG Dresden, Urt. v. 10.08.2006, 13 U 926/06, ZInsO 2006, 1168; OLG Celle, Urt. v. 27.03.2008, 13 U 160/07, ZIP 2008, 749; Dithmar in Braun, § 166 Rn. 1; Hess Insolvenzrecht, 2007, § 166 Rn. 3). Durch die so gewährleistete Erhaltung der betrieblichen Einheit wird die in den Vordergrund der Insolvenzordnung gerückte einheitliche Verwertung des Schuldnervermögens gefördert (Dithmar in Braun, a.a.O.), eine Maximierung der Masse ermöglicht (OLG Celle, a.a.O.) und nicht zuletzt dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit eröffnet, zugunsten der Masse für diese günstige Vereinbarungen u. a. mit Sicherungsgläubigern zu schließen (OLG Frankfurt, a.a.O.). Die Übertragung der Verwertungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter nimmt den absonderungsberechtigten Gläubigern die Möglichkeit, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Sicherheiten herauszuverlangen und dadurch den Verbund des schuldnerischen Unternehmens zu zerschlagen (Lwowski/Tetzlaff in MünchKomm., § 166 Rn. 2). Einzelnen Gläubigern wird so der Zugriff auf die wirtschaftliche Einheit verwehrt (Wegener a.a.O., § 166 Rn. 2). Schließlich erleichtert die Übertragung der Verwertungsrechte auf den Insolvenzverwalter die Geltendmachung von Anfechtungsrechten für diesen, denn er muss nicht erst Rückgewähransprüche geltend machen (Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 3). Der Insolvenzverwalter erhält so im eröffneten Insolvenzverfahren kraft Gesetzes eine originäre, d.h. eine nicht vom Gläubiger oder vom Schuldner abgeleitete Rechtsposition, deren wesentlicher Inhalt das Recht zur Verfügung über den Sicherungsgegenstand insbesondere durch Veräußerung, bei Forderungen das Recht zur Einziehung, bildet (Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 1; Wegener a.a.O., § 166 Rn. 1; Landfermann a.a.O. § 166 Rn. 4).

35

§ 166 InsO stellt damit ein Kernstück der insolvenzrechtlichen Regelungen dar (allgemein Wegener a.a.O., § 166 Rn. 1a; für § 166 Abs. 1 InsO Dithmar, a.a.O.; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 1; Landfermann a.a.O., § 166 Rn. 4) und steht nicht zur Disposition der Parteien. Die Vorschrift ist somit zwingendes Recht und kann durch Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner nicht abbedungen werden (Hess a.a.O., § 166 Rn. 16). Somit konnten die Parteien des Rechtsstreits die Wirkung des § 166 Abs. 2 InsO auch nicht durch eine Treuhandabrede ausschließen.

36

c. Die Beklagte kann von der Klägerin auch nicht die Erstattung des Teils des Rückzahlungsbetrages aus dem Kaufvertrag verlangen, den diese in der Vereinbarung mit dem Nachlassinsolvenzverwalter für Übermaßnutzungen und Vertragsstrafe in Abzug gebracht hat. Mit dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nämlich korrespondiert dessen Empfangsbefugnis für Leistungen des Drittschuldners (OLG Celle, a.a.O.; Hess a.a.O., § 166 Rn. 4; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 47). Dabei kann es der Senat offen lassen, ob auch dem Sicherungsgläubiger eine Empfangsbefugnis verbleibt, denn die Klägerin hat an diesen gerade nicht geleistet. Steht dem Insolvenzverwalter die Empfangsbefugnis zu, hat die Leistung des Drittschuldners für diesen eine schuldbefreiende Wirkung (Hess a.a.O., § 166 Rn. 4; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 47). Macht der Insolvenzverwalter von seiner Verwertungsbefugnis Gebrauch, muss auch der hiernach absonderungsberechtigte Sicherungszessionar das Ergebnis gegen sich gelten lassen. Dabei umfasst die Verwertung, die der Insolvenzverwalter freihändig vollziehen kann, sowohl die Einziehung der Forderung an sich, aber auch deren Veräußerung oder Abtretung gegen ein beliebiges Entgelt (Wegener a.a.O., § 166 Rn. 10ff.; Landfermann a.a.O., § 166 Rn. 26; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 47). Somit ist die gesamte Forderung von der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters auch dann erfasst, wenn er vom Drittschuldner geltend gemachte Gegenansprüche anerkennt um so einen beachtlichen Teil der Forderung zeitnahe zur Masse zu ziehen. Es obliegt dabei dem Insolvenzverwalter, die eingewandten Ansprüche des Drittschuldners zu prüfen und die Forderung bei entsprechender Erfolgsaussicht ggf. auch gegen diesen gerichtlich durchzusetzen (Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 48).

37

Folgerichtig korrespondiert mit der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO dessen persönliche Haftung (Hess a.a.O., § 166 Rn. 14). Er haftet gem. § 60 InsO gegenüber Ab- und Aussonderungsberechtigten, wenn er deren Rechte vereitelt (BGH, Urt. v. 09.03.2006, IX ZR 55/04, ZIP 2006, 859 = ZinsO 2006, 429). Auf die Haftung des Insolvenzverwalters muss sich die Beklagte wegen der schuldbefreienden Wirkung der Leistung der Klägerin verweisen lassen, wenn sie der Ansicht ist, der Insolvenzverwalter habe Ersatzleistungen für Übermaßnutzungen und Vertragsstrafenansprüche zu Unrecht anerkannt.

38

4. Aus den gleichen Erwägungen scheiden Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Verpflichtungen der Klägerin aus der Treuhandabrede aus. Soweit diese kraft Gesetzeslage zur Leistung an den Nachlassinsolvenzverwalter wegen der Ausübung seines Verwertungsrechtes verpflichtet war, scheidet eine anspruchsbegründende Pflichtverletzung der Klägerin bereits aus.

39

5. Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen unbedingten Zahlungsanspruch aus der Treuhandabrede unabhängig von der Inanspruchnahme der Klägerin durch einen Dritten berufen. Eine Vereinbarung, dass die Klägerin sich aus der Treuhandabrede unabhängig von einer Inanspruchnahme durch einen Dritten zur Leistung an die Beklagte verpflichten wollte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Schon dem Wortlaut des Schreibens vom 20.01.1998 kann ein solches unabhängiges Haftungsbegehren nicht entnommen werden. Erst Recht liegt in der Annahme der Zahlung durch die Klägerin keine Willenserklärung dergestalt, dass sie eine soweit reichende Haftung hat übernehmen wollen. Der Senat sieht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin im Falle der berechtigten Inanspruchnahme durch einen Dritten den rückzugewährenden Kaufpreis zweimal habe zahlen wollen. Das widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und lässt sich mit den Grundsätzen einer interessengerechten Auslegung nicht in Einklang bringen.

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

41

Da die Frage der Abdingbarkeit des § 166 Abs. 2 InsO bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, lässt der Senat die Revision zu.

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(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).

(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.

(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

(1) Gläubiger, die an einem Gegenstand der Insolvenzmasse ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht, ein durch Pfändung erlangtes Pfandrecht oder ein gesetzliches Pfandrecht haben, sind nach Maßgabe der §§ 166 bis 173 für Hauptforderung, Zinsen und Kosten zur abgesonderten Befriedigung aus dem Pfandgegenstand berechtigt.

(2) Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters oder Verpächters kann im Insolvenzverfahren wegen der Miete oder Pacht für eine frühere Zeit als die letzten zwölf Monate vor der Eröffnung des Verfahrens sowie wegen der Entschädigung, die infolge einer Kündigung des Insolvenzverwalters zu zahlen ist, nicht geltend gemacht werden. Das Pfandrecht des Verpächters eines landwirtschaftlichen Grundstücks unterliegt wegen der Pacht nicht dieser Beschränkung.

Den in § 50 genannten Gläubigern stehen gleich:

1.
Gläubiger, denen der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs eine bewegliche Sache übereignet oder ein Recht übertragen hat;
2.
Gläubiger, denen ein Zurückbehaltungsrecht an einer Sache zusteht, weil sie etwas zum Nutzen der Sache verwendet haben, soweit ihre Forderung aus der Verwendung den noch vorhandenen Vorteil nicht übersteigt;
3.
Gläubiger, denen nach dem Handelsgesetzbuch ein Zurückbehaltungsrecht zusteht;
4.
Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit ihnen zoll- und steuerpflichtige Sachen nach gesetzlichen Vorschriften als Sicherheit für öffentliche Abgaben dienen.

(1) Nach der Verwertung einer beweglichen Sache oder einer Forderung durch den Insolvenzverwalter sind aus dem Verwertungserlös die Kosten der Feststellung und der Verwertung des Gegenstands vorweg für die Insolvenzmasse zu entnehmen. Aus dem verbleibenden Betrag ist unverzüglich der absonderungsberechtigte Gläubiger zu befriedigen.

(2) Überläßt der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, dem Gläubiger zur Verwertung, so hat dieser aus dem von ihm erzielten Verwertungserlös einen Betrag in Höhe der Kosten der Feststellung sowie des Umsatzsteuerbetrages (§ 171 Abs. 2 Satz 3) vorweg an die Masse abzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 166/05
Verkündet am:
5. Oktober 2006
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für die Auslegung einer Willenserklärung sind nur solche Umstände
heranzuziehen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar
waren.

b) Zu den Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Treuhandvertrags
, wenn der Kaufpreis vor Lieferung der Sache vereinbarungsgemäß
auf das Fremdgeldkonto eines Dritten gezahlt wird.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Juli 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 7. März 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von 39.200 € in Anspruch , die er als Käufer im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb eines Kraftfahrzeuges auf ein Treuhandkonto der Beklagten, einer Steuerberaterin , leistete.
2
Die Beklagte schloss am 20. November 2003 mit der S. AG i.G. (im Folgenden S. ) einen Treuhandvertrag. Die Beklagte übernahm darin die Pflicht, ein Fremdgeldkonto einzurichten, auf das Gelder von Kunden der S. aus Fahrzeugverkäufen eingehen sollten. In § 1 Abs. 2 des Treuhandvertrags war auf ein Kaufvertragsmuster der S. Bezug genommen, das die Beklagte bereits in den Vertragsverhandlungen erhalten hatte. Dessen § 2 lautet auszugsweise : "a) Der Kaufpreis und Preise für Nebenleistungen sind bei Abschluß des Vertrages gemäß § 1a) zahlbar und fällig auf ein dem Käufer vom Verkäufer im Kaufvertrag benanntes Konto bei einer Deutschen Bank oder Sparkasse, welches zur Absicherung des Käufers durch eine Vermögens-Schadenshaftpflicht versichert ist."
3
Nach § 2 Abs. 1 des Treuhandvertrags hatte die Beklagte mit dem Treugut ausschließlich nach Weisung und Interesse der S. zu verfahren.
4
Im Dezember 2003 wurde ihr mitgeteilt, dass auf dem Anderkonto auch der Eingang von Geldern der Kunden eines O. M. zu erwarten sei, der für die S. Autoverkäufe vermittele.
5
M. und der Kläger schlossen am 20./22. Januar 2004 einen Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug. Hierfür wurde nicht das oben erwähnte Vertragsmuster verwendet. M. trat überdies in eigenem Namen auf. Von dem Kaufpreis sollte er 2.500 € unmittelbar erhalten. Der verbleibende Teil in Höhe von 39.200 € sollte auf ein Treuhandkonto geleistet werden, zu dem es in § 4.3 des Kaufvertrags hieß: "Die Restzahlung wird nach Einzahlung auf dem Treuhandkonto durch eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung versichert."
6
Des weiteren wurde in § 4.5 des Kaufvertrags bezüglich des Treuhandkontos auf ein "Annahmeprotokoll" Bezug genommen, in dem dieses Konto näher bezeichnet und als Treuhänderin die Beklagte angegeben wurde.
7
Der Kläger leistete die 39.200 € auf das inzwischen von der Beklagten eingerichtete Fremdgeldkonto. Die Beklagte macht geltend, die Summe auf Weisung der S. sodann an eine Autohaus S. KG überwiesen zu haben. Zur Lieferung des gekauften Fahrzeugs an den Kläger kam es nicht.
8
Das Landgericht hat der auf Ersatz des an die Beklagte gezahlten Betrages gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


9
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

I.


10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts besteht zwischen den Parteien kein Treuhandvertrag, aufgrund dessen die Beklagte zur Rückgewähr des auf ihr Anderkonto eingezahlten Betrages verpflichtet ist. Die Parteien hätten in der ersten Instanz übereinstimmend vorgetragen, zwischen ihnen bestünden keine vertraglichen Beziehungen. Überdies habe der Kläger mit seiner Zahlung ledig- lich seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber M. nachkommen wollen. Er habe deshalb keine Erklärung abgegeben, die auf Abschluss eines Treuhandvertrags mit der Beklagten gerichtet gewesen sei. Auch die Beklagte habe keine entsprechende Willenserklärung abgegeben. Sie habe mit der Entgegennahme des Kaufpreises lediglich eine Verpflichtung aus dem mit der S. geschlossenen Treuhandvertrag erfüllt. Für sie sei nicht erkennbar gewesen , dass ihrem Handeln der Charakter einer Willenserklärung im Verhältnis zum Kläger habe zukommen können. Der Abschluss eines weiteren Treuhandvertrags mit dem Kläger wäre mit den Verpflichtungen gegenüber der S. unvereinbar gewesen und hätte Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können. Es sei auszuschließen, dass die rechtlich beratene Beklagte angesichts dieser Risiken bereit gewesen sei, mit dem Kläger zusätzlich einen unentgeltlichen Treuhandvertrag zu schließen.
11
Weitere Anspruchsgrundlagen hat das Berufungsgericht geprüft und gleichfalls verneint.

II.


12
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Höhe der als Kaufpreis eingezahlten 39.200 €. Zwischen den Parteien kam ein Treuhandvertrag zustande, aufgrund dessen die Beklagte die ihr überlassenen 39.200 € nicht ohne weiteres an einen Dritten hätte weiterreichen dürfen. Die Wertung des Berufungsgerichts, die Handlungen der Parteien seien nicht als auf den Abschluss eines Treuhandvertrages gerichtete Willenserklärungen anzusehen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Da weitere Feststellungen zugunsten der Beklagten nicht zu erwar- ten sind, kann der Senat die Erklärungen der Parteien selbst auslegen (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 2006 - III ZR 61/05 - WM 2006, 871, 872; BGHZ 121, 284, 289 jew. m.w.N.)
13
1. Zwar ist die Auslegung individualvertraglicher Erklärungen im Grundsatz dem Tatrichter vorbehalten. Sie ist jedoch für das Revisionsgericht nicht bindend , wenn sie gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt (st. Rspr. z.B.: Senatsurteil vom 2. Februar 2006 aaO). Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes sind die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.
14
2. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen, deren Einhaltung das Revisionsgericht nachzuprüfen hat, gehört insbesondere, dass der Tatrichter von ihm selbst festgestellte wesentliche Tatsachen bei der Auslegung gebührend berücksichtigt (z.B.: BGHZ 24, 39, 41; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 546 Rn. 9). Soweit das Berufungsgericht meint, der Kläger habe mit seiner Einzahlung auf das Fremdgeldkonto der Beklagten keine auf den Abschluss eines Treuhandvertrags gerichtete Willenserklärung abgegeben, da er lediglich seiner Verpflichtung aus dem Kaufvertrag mit M. habe nachkommen wollen, hat es die vom ihm festgestellten Inhalte des Fahrzeugkaufvertrags nebst Annahmeprotokoll, des zwischen der S. und der Beklagten geschlossenen Treuhandvertrags sowie des darin in Bezug genommenen Musterkaufvertrags nicht hinreichend berücksichtigt. Werden diese Verträge vollständig in die Wertung einbezogen, stellt sich die Zahlung des Klägers als auf den Abschluss eines Treuhandvertrags mit der Beklagten gerichtete Willenserklärung dar.
15
a) Das Konto, auf das der Kläger den Großteil des Kaufpreises zu zahlen hatte, war in dem Kaufvertrag mit M. als mit einer Vermögenshaftpflichtversicherung versehenes Treuhandkonto bezeichnet. Der Kläger konnte deshalb die Erwartung haben, die von ihm eingezahlten Gelder würden von einer neutralen Person verwahrt, um die mit der Vorleistung des Kaufpreises verbundenen Risiken auszugleichen.
16
b) Diese - der Interessenlage entsprechende - Erwartung der Käuferseite war für die Beklagte bei objektiver Betrachtung erkennbar. Die Hintergründe und die Interessenlage derjenigen, die Einzahlungen auf ihr Fremdgeldkonto vornahmen, ergaben sich für sie aus dem mit der S. geschlossenen Treuhandvertrag. In diesem war der Hinweis auf die Herkunft der zu verwahrenden Gelder aus Fahrzeugkaufverträgen enthalten. Überdies wurde auf den - der Beklagten bereits aus den Vorgesprächen bekannten - Text des Musterkaufvertrags Bezug genommen (§ 1 Abs. 2 des Treuhandvertrags). Zwar waren dessen Bedingungen mit denen des zwischen dem Kläger und M. geschlossenen Kaufvertrags nicht identisch. In dem für die Beklagte entscheidenden Punkt hatten die Verträge jedoch im Wesentlichen den gleichen Inhalt. Dem Musterkaufvertrag war gleichfalls zu entnehmen, dass die auf dem von der Beklagten unterhaltenen Treuhandkonto eingehenden Gelder von Autokäufern stammten. Ferner ging aus ihm hervor, dass die Käufer mit ihren Zahlungen gegenüber dem Verkäufer eine Vorleistung erbrachten. Weiter war in § 2 a) des Musterkaufvertrags bestimmt, dass der Kaufpreis auf ein Konto zu zahlen war, das "zur Absicherung des Käufers" mit einer "Vermögensschadenhaftpflicht" versichert war. Auch wenn - anders als in dem zwischen dem Kläger und M. geschlossenen Vertrag - im Musterkaufvertrag der Begriff Treuhandkonto nicht verwendet wurde, musste der Beklagten aufgrund der Tatsache, dass die Käufer zwar vorleisteten, jedoch nicht an den Verkäufer, sondern an einen Dritten zahlten, und aufgrund der Wendung "welches zur Absicherung des Käufers durch eine Vermögens-Schadenshaftpflicht versichert ist" klar sein, dass die Fahrzeugkäufer bei Einzahlung der Kaufpreise auf das von ihr unterhaltene Treuhandkonto den Eindruck haben durften, sie verwahre die ihr überlassenen Gelder als neutrale Dritte auch zur Sicherung der Käuferinteressen.
17
c) Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte bei objektiver Betrachtung die Zahlung des Klägers als schlüssigen Antrag auffassen musste, mit ihr zur Sicherung des Leistungsaustausches der Kaufvertragsparteien einen Treuhandvertrag zu schließen, der auch seinen Interessen als Käufer dienen sollte, wobei es eine unerhebliche Abweichung darstellte, ob die Kunden des M. mit diesem selbst oder mit der S. den Kaufvertrag schlossen. Die Zahlung des Klägers war auf dem Hintergrund der der Beklagten bekannten Angaben gegenüber den Autokäufern mit der erkennbaren konkludenten Erklärung verbunden , sich in den Schutz eines Treuhandverhältnisses begeben zu wollen, auch wenn es an einem ausdrücklichen Vorbehalt und einer konkreten Weisung, unter welchen Voraussetzungen auszuzahlen war, fehlte. Aus den Umständen ergab sich, dass die Leistung auf das Treuhandkonto der Beklagten der Sicherung des Klägers vor den mit seiner Vorleistung verbundenen Risiken diente. Hieraus folgt, dass im - hier eingetretenen - Fall, dass das Fahrzeug nicht geliefert wurde, die Rückzahlung des Kaufpreises an den Kläger gewährleistet werden sollte, und zwar entweder von der Treuhänderin selbst, jedenfalls aber (wirtschaftlich) durch die hinter ihr stehende Haftpflichtversicherung.
18
3. Gleichfalls auf einem revisionsrechtlich beachtlichen Auslegungsfehler beruht die Erwägung des Berufungsgerichts, die Annahme eines solchen Angebots durch die Beklagte sei auszuschließen, weil sie sich ansonsten in Widerspruch zu dem mit der S. geschlossenen Vertrag gesetzt hätte und dies nicht ihrem Willen habe entsprechen können. Für die Auslegung sind nur solche Umstände heranzuziehen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren (Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, § 133 Rn. 23 m.w.N.; Palandt /Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 133 Rn. 9, 15). Der zwischen der S. und der Beklagten geschlossene Vertrag war jedoch, wie sie selbst vorgetragen hat, den Käufern nicht bekannt. Er ist deshalb bei der Auslegung nicht zu berücksichtigen. Die Verwahrung des Geldes auf dem Treuhandkonto ist in diesem Fall, sofern nicht schon die unterlassene Zurückweisung des Betrags als schlüssige Annahmeerklärung zu werten ist, jedenfalls als Annahme des Vertragsangebots ohne Erklärung gemäß § 151 Satz 1 BGB aufzufassen. In dieser Handlung der Beklagten ist das für die Annahme ohne Erklärung erforderliche als Willensbetätigung zu wertende, nach außen hervortretende Verhalten des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt (vgl. z.B.: Senatsurteil BGHZ 160, 393, 396 f; BGHZ 111, 97, 101; BGH, Urteile vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 101/02 - NJW 2004, 287, 288 und vom 12. Oktober 1999 - XI ZR 24/99 - NJW 2000, 276, 277), enthalten.
19
Sollte die Beklagte bei der vorbehaltlosen Verwahrung des vom Kläger eingezahlten Geldes kein Erklärungsbewusstsein gehabt haben - etwa weil sie die Leistung des Klägers nicht als Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrags verstanden hat oder weil sie, wie das Berufungsgericht angenommen hat, sich nicht in Widerspruch zu dem mit der S. geschlossenen Treuhandvertrag setzen wollte -, hülfe ihr dies nichts. Sie müsste sich ihr Verhalten als Angebotsannahme zurechnen lassen, da es sich für den Kläger als Ausdruck eines bestimmten Rechtsfolgewillens darstellte und sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass ihre Handlung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Annahme aufgefasst werden durfte (vgl. BGHZ 109, 171, 177).
20
4. Nicht rechtsfehlerfrei ist schließlich auch die Erwägung des Berufungsgerichts , das Zustandekommen eines Treuhandvertrags zwischen den Parteien sei - unabhängig vom objektiven Erklärungssinn ihrer Handlungen - auch deshalb auszuschließen, weil beide Seiten in der ersten Instanz übereinstimmend vorgetragen hätten, zwischen ihnen bestünden keine vertraglichen Beziehungen , und dies auch den Vortrag des Fehlens der tatsächlichen Voraussetzungen eines Vertragsschlusses beinhalte. Soweit im ersten Rechtszug davon gesprochen worden ist, zwischen den Parteien habe kein Vertragsverhältnis bestanden , hat es sich lediglich um eine das Gericht nicht bindende Äußerung einer Rechtsansicht gehandelt. Tatsachen, die diese Auffassung zu untermauern vermochten, hat der Kläger hingegen auch in erster Instanz nicht vorgebracht. Vielmehr hat er im Kern vorgetragen, dass er seine Zahlung bewusst und gewollt auf das Treuhandkonto der Beklagten in der Erwartung geleistet habe, sein Geld sei dort auch in dem Fall, dass das Fahrzeug nicht geliefert werde, sicher.
21
5. Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), so dass der Senat selbst abschließend über die Klage befinden kann.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 07.03.2005 - 2 O 1786/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.07.2005 - 15 U 26/05 -

(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 55/04
Verkündet am:
9. März 2006
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GesO § 8 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1, § 12 (InsO §§ 60, 103, 49)

a) Der Insolvenzverwalter ist dem Absonderungsberechtigten gegenüber verpflichtet,
dafür zu sorgen, dass der mit dem Recht belastete Gegenstand nicht einen Wertverlust
durch einen vermeidbaren Rechtsmangel erleidet.

b) Zur Wirksamkeit der sicherungshalber erfolgten Zession eines Anspruchs aus einem
bei Insolvenzeröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllten Vertrag.
BGH, Urteil vom 9. März 2006 - IX ZR 55/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Januar 2004, berichtigt durch Beschluss vom 20. Januar 2004, aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Verwalter in der Gesamtvollstreckung über das Vermögen der H. S. GmbH (i. F.: Schuldnerin). Das Gesamtvollstreckungsverfahren wurde am 17. Juli 1998 eröffnet, nachdem der Beklagte bereits zuvor zum Sequester bestellt worden war.
2
Die Schuldnerin vermietete im Juni 1997 das Grundstück L. - straße 36 in B. an einen Schaustellerbetrieb. Der Mietvertrag war bis zum Jahresende 1997 befristet und verlängerte sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekündigt wurde. Mit notariellem Vertrag vom 15. Dezember 1997 verkaufte die Schuldnerin das Grundstück für 240.000 DM an die B. GmbH (i.F.: Käuferin). Gemäß § 6 des Kaufvertrages bewilligten und beantragten die Vertragsparteien die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Käuferin. Der beurkundende Notar war angewiesen, den entsprechenden Antrag beim Grundbuchamt unverzüglich nach Voreintragung der Schuldnerin als Eigentümerin zu stellen. Nach § 2 des Vertrages sollte der Kaufpreis 14 Tage nach Mitteilung des Notars, dass die Auflassungsvormerkung eingetragen und eine Bauvoranfrage der Käuferin positiv beschieden sei, fällig werden. Gemäß § 5 des Vertrages war das Grundstück "am Tag der Kaufpreisbelegung" frei von Rechten Dritter zu übergeben.
3
Im März 1998 trat die Schuldnerin den Kaufpreisanspruch zur Sicherung von Darlehensforderungen an die G. eG ab. Deren Vorschlag, die zur Durchführung des Kaufvertrages erforderliche Summe von 45.000 DM unter der Bedingung vorzuschießen, dass der Kaufpreis an sie ausgekehrt werde , nahm der Beklagte mit Schreiben vom 5. August 1998 an.
4
Im Dezember 1998 trat die G. eG ihre Forderungen gegen die Schuldnerin sowie die Ansprüche aus den ihr eingeräumten Sicherheiten an die Klägerin ab. Der beurkundende Notar teilte am 2. August 1999 der Klägerin mit, dass die Fälligstellung des Kaufpreises erfolgt, dieser jedoch wegen Unklarheiten mit dem Mietverhältnis noch nicht bezahlt sei. Die Klägerin setzte den Beklagten von diesem Sachverhalt umgehend in Kenntnis. Die Käuferin weigerte sich später, den vollen Kaufpreis zu bezahlen, weil sich mangels rechtzeitiger Kündigung des Mietvertrages das Mietverhältnis über das Grundstück bis zum 31. Dezember 2000 verlängert habe. In der Folge vereinbarte der Beklagte mit der Käuferin unter Zustimmung der Klägerin eine Kaufpreisreduzierung auf 150.000 DM.
5
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem reduzierten Kaufpreis, somit 90.000 DM (= 46.016,27 €). Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte insgesamt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


6
Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Beklagte hafte der Klägerin in Höhe der Klageforderung auf Schadensersatz aus § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO, weil er den über das Kaufgrundstück bestehenden Mietvertrag nicht rechtzeitig gekündigt habe. Damit habe der Beklagte eine gesamtvollstreckungsspezifische Pflicht gegenüber der Klägerin als Absonderungsberechtigter verletzt. Der Beklagte habe spätestens nach Kenntnis der Mitteilung des beurkundenden Notars vom 2. August 1999 Veranlassung gehabt, das Mietverhältnis zum Jahresende 1999 zu kündigen. Die Käufe- rin sei durch die unterlassene Kündigung in die Lage versetzt worden, eine Reduzierung des Kaufpreises um 90.000 DM durchzusetzen. Die Zustimmung der Klägerin zur Kaufpreisherabsetzung stehe dem Schadensersatzanspruch nicht entgegen, weil sie damit lediglich ihrer Schadensminderungspflicht genügt habe.

II.


8
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Absonderungsrechts der Klägerin nicht bejaht werden.
9
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend prüft das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO. Danach ist der Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten allen Beteiligten verantwortlich. Die Haftung entspricht derjenigen des Konkursverwalters gemäß § 82 KO und der des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO (vgl. BGH, Urt. v. 5. März 1998 - IX ZR 265/97, NJW 1998, 2213, 2215). Beteiligte im Sinne dieser Vorschriften sind alle, denen gegenüber der Verwalter insolvenzspezifische Pflichten wahrzunehmen hat. Dazu zählen auch Aus- und Absonderungsberechtigte, denen gegenüber der Verwalter haftet, wenn er ihre Rechte vereitelt (vgl. BGHZ 99, 151, 154; 100, 346, 350; BGH, Urt. v. 5. März 1998 aaO).
10
2. Das Berufungsgericht hat indes nicht geprüft, ob der Klägerin tatsächlich ein wirksames Absonderungsrecht an dem Kaufpreisanspruch zustand. Dies lässt sich auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilen.
11
a) § 12 Abs. 1 GesO gewährt über den Wortlaut hinaus dem Sicherungszessionar ein Absonderungsrecht; er kann Zahlung an sich verlangen (vgl. BGHZ 138, 179, 185 f). Dies gilt auch für aufschiebend bedingte Forderungen, bei denen die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt (vgl. BGHZ 155, 87, 92; BGH, Urt. v. 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 145; MünchKomm-InsO/Ganter, vor §§ 49-52 Rn. 29), und für noch nicht fällige Ansprüche (vgl. BGHZ 150, 353, 364).
12
Die b) vor Verfahrenseröffnung erfolgte Sicherungszession eines Anspruchs des Schuldners aus einem im Eröffnungszeitpunkt beiderseits nicht vollständig erfüllten Vertrag verliert grundsätzlich mit der Erfüllungswahl des Gesamtvollstreckungsverwalters nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GesO (§ 17 Abs. 1 KO, § 103 Abs. 1 InsO) ihre Wirkung (vgl. BGHZ 106, 236, 241 ff; 116, 156, 159 f; 129, 336, 338 f; 135, 25, 26 f). Daran hat der Senat auch nach Änderung seiner Rechtsprechung (zuletzt BGH, Urt. v. 7. April 2005 - IX ZR 138/04, NZI 2005, 384; v. 17. November 2005, aaO), wonach die gegenseitigen Erfüllungsansprüche durch die Verfahrenseröffnung lediglich ihre Durchsetzbarkeit verlieren, festgehalten (BGHZ 150, 353, 359 f; jedenfalls dem Erg. zust. Henckel, Festschrift für Kirchhof S. 191, 198, 206; Pape WuB VI C § 103 InsO 1.03; krit. HKInsO /Marotzke 4. Aufl. § 103 Rn. 17a). Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht ersichtlich übersehen. Mit der von ihm gegebenen Begründung kann daher ein Absonderungsrecht der Klägerin, das sie aus der Sicherungsabtretung an ihre Rechtsvorgängerin herleitet, nicht bejaht werden.

III.


13
Die angefochtene Entscheidung stellt sich nach dem derzeitigen Sachund Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
14
1. Allerdings kann der Gläubiger nach § 9 Abs. 1 Satz 3 GesO (§ 24 KO, § 106 Abs. 1 InsO) die Erfüllung des Anspruchs verlangen, wenn zu dessen Sicherung eine Vormerkung eingetragen ist. Das ansonsten vorhandene Wahlrecht des Verwalters ist dann ausgeschlossen; eine vor Verfahrenseröffnung vorgenommene Abtretung des schuldnerischen Anspruchs auf die Gegenleistung bleibt wirksam (vgl. BGHZ 138, 179, 187; zust. Henckel WuB VI G. § 9 GesO 1.99). Der Senat sieht keine Veranlassung, von diesem Ergebnis abzuweichen.
15
Zu Unrecht meint die Revision, das Absonderungsrecht der Klägerin sei auch dann wieder entfallen, wenn eine Vormerkung zugunsten der Käuferin eingetragen worden sei. Sie ist der Auffassung, die Verpflichtung des Beklagten zur Verschaffung des Eigentums an dem Kaufgrundstück sei teilbar, weil die Schuldnerin die zusätzliche Pflicht übernommen habe, das Eigentum frei von Rechten Dritter zu übertragen. Da die Vormerkung dem Wahlrecht des Verwalters nur im Umfang des gesicherten Anspruchs entgegenstehe, habe der Beklagte noch wählen können, das Grundstück rechtsmangelfrei oder rechtsmangelbehaftet zu übertragen. Dementsprechend sei auch die Gegenleistung der Käuferin zu teilen, weshalb die Abtretung in Höhe der Kaufpreisminderung für den Rechtsmangel ins Leere gegangen sei. Dieser Auffassung vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil sich die regelmäßige Verpflichtung des Verkäufers zur Verschaffung des Eigentums an der Sache frei von Rechtsmängeln bereits aus dem Gesetz ergibt (§ 434 BGB a.F.; § 433 Abs. 1 Satz 2, § 435 BGB n.F.). Sie kann auch insolvenzrechtlich nicht von einer Pflicht zur bloßen Eigentumsübertragung getrennt werden. Eine Vergleichbarkeit mit den Fällen, in denen der Bundesgerichtshof teilbare Leistungsverpflichtungen angenommen hat (vgl. BGHZ 150, 353 ff zum Bauträgerkonkurs; BGHZ 147, 28 zum Werklieferungsvertrag ), ist nicht gegeben. Der auf den Rechtsmangel entfallende Minderwert kann deshalb der Masse nicht zugeordnet werden.
16
2. Jedoch tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts, das diesen rechtlichen Gesichtspunkt nicht geprüft hat, nicht die Annahme, die Wirksamkeit der Sicherungszession bestehe mangels eines Wahlrechts des Verwalters unverändert fort. Die Feststellungen der Vorinstanzen ergeben nicht, dass die Vormerkung zugunsten der Käuferin schon zur Zeit der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens eingetragen war. Zwar treten die Wirkungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 GesO auch dann ein, wenn bereits zuvor die Vormerkung bindend bewilligt wurde und der Berechtigte den Eintragungsantrag gestellt hat (BGHZ 138, 179, 186). Ist gemäß § 2 Abs. 3 GesO ein vorläufiges richterliches Veräußerungs- und Verfügungsverbot erlassen worden, müssen die Voraussetzungen bereits zu diesem Zeitpunkt erfüllt sein (vgl. BGHZ 149, 1, 6). Hier war die Vormerkung nach § 6 des Kaufvertrages bindend bewilligt worden. Es fehlen aber jegliche Feststellungen dazu, ob der Notar den Eintragungsantrag für die Käuferin noch rechtzeitig vor Verfahrenseröffnung oder vor dem - etwaigen - Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbotes beim Grundbuchamt gestellt hat. Der Senat kann daher nicht abschließend beurteilen, ob das Berufungsurteil deswegen zutrifft, weil das Wahlrecht des Beklagten ausgeschlossen war und die Sicherungszession wirksam blieb.

IV.


17
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit die noch fehlenden Feststellungen getroffen werden können. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
18
1. Stünde der Klägerin hier ein Absonderungsrecht zu, hätte der Beklagte dieses Recht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, durch die unterlassene Kündigung des Mietvertrages zumindest nach Erlangung der Kenntnis von der Notarmitteilung vom 2. August 1999 schuldhaft beeinträchtigt.
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a) Der Sicherungszessionar gehört zum Kreis der Beteiligten, denen gegenüber der Gesamtvollstreckungsverwalter für schuldhafte Pflichtverletzungen haftet. Eine Eigenhaftung des Verwalters nach § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO kommt freilich nur in Betracht, wenn dieser sich aus der Gesamtvollstreckungsordnung ergebende, also insolvenzspezifische Pflichten verletzt hat. Nicht zu diesen Pflichten gehören hingegen solche, die dem Verwalter der Gesamtvollstreckungsmasse wie jedem Vertreter fremder Interessen gegenüber Vertragspartnern bei oder nach Vertragsschluss obliegen (BGHZ 99, 151, 154; 100, 346, 350 zu § 82 KO; BGH, Urt. v. 5. März 1998 aaO zu § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO analog). Der Beklagte hat hier jedoch nicht nur vertragliche Pflichten gegenüber der Käuferin verletzt, indem er das auf diese mit Eigentumserwerb übergehende Mietverhältnis nicht rechtzeitig durch Kündigung beendete. Durch diese Unterlassung hätte er zugleich auch den Wert eines Absonderungsrechts der Klägerin gemindert. Denn hierdurch setzte er die Masse der im Vertrag vorgesehenen Rechtsmängelhaftung aus; dies führte nahe liegend zu einer Herab- setzung des Kaufpreises. Der hiermit einhergehende Wertverlust höhlte ein Sicherungsrecht der Klägerin teilweise aus; auf diese Weise würden deren durch das dingliche Recht geschützte Interessen verletzt. Dadurch beeinträchtigte Pflichten sind insolvenzspezifisch; sie folgen aus den Insolvenzgesetzen. Dies ergibt sich besonders deutlich aus der Insolvenzordnung, die in ihren §§ 166 ff sicherstellt, dass dem Absonderungsberechtigten der Erlös - abzüglich bestimmter Pauschalen - zufließt (vgl. Lüke in Kübler/Prütting, InsO § 60 Rn. 18 f). Nichts anderes folgt aber auch aus der knapper gefassten Vorschrift des § 12 GesO (BGHZ 138, 179, 185 f; vgl. auch BGH, Urt. v. 2. Dezember 1993 - IX ZR 241/92, ZIP 1994, 140, 141 zur Konkursordnung). Der Gesamtvollstreckungsverwalter ist daher dem Absonderungsberechtigten gegenüber verpflichtet, einem Wertverlust des belasteten Gegenstands entgegenzuwirken (vgl. BGHZ 105, 230, 235 ff).
20
Anders als in dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 15. März 2003 (IX ZR 322/01, ZIP 2003, 1303 f) zugrunde lag, geht es hier nicht um Pflichten der Schuldnerin, die aus dem Sicherungsvertrag folgen.
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2. Zu Unrecht wendet die Revision eine Pflichtenkollision des Beklagten ein, weil bei einer Kündigung des Mietvertrages zum Jahresende 1999 der Masse Mieteinnahmen entgangen wären. Dies kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Masse die Mieteinkünfte nach § 5 des notariellen Vertrages mit der Übergabe des Grundstücks am Tag der Kaufpreisbelegung nicht mehr zustanden. Ein nennenswerter Verlust von Mieteinnahmen scheidet danach aus.
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3. Ergibt die weitere Verhandlung, dass der Antrag auf Eintragung der Vormerkung nicht rechtzeitig gestellt worden ist, wird entscheidungserheblich, ob der Beklagte der Klägerin aus einem anderen Rechtsgrund als § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO persönlich haftet. Eine anderweitige Haftung des Verwalters, die aufgrund Übernahme eigener vertraglicher Pflichten oder wegen Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo in Betracht kommen kann (vgl. BGHZ 100, 346, 352; 159, 104, 121 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 1989 - IX ZR 245/88, ZIP 1989, 1584, 1588 f; v. 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01, NZI 2005, 500), scheidet hier aber jedenfalls nach dem derzeitigen Sachstand aus. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat nicht die Klägerin, sondern die G. eG dem Beklagten die Zahlung von 45.000 DM zur Masse angeboten, um die Durchführung des Kaufvertrages und die Abführung des Erlöses an die Zessionarin zu erreichen; hiermit war der Beklagte einverstanden. Der Abtretungsvertrag zwischen der G. eG und der Klägerin umfasst jedoch keine Schadensersatzansprüche gegen den Gesamtvollstreckungsverwalter. Soweit sich die Klägerin in der Revision erstmals darauf berufen hat, die 45.000 DM seien erst später von ihr selbst an die Masse bezahlt worden, wird das Berufungsgericht zu entscheiden haben, ob dieser neue Sachvortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO zulassungsfähig ist. Dasselbe würde für den zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 5. Januar 2004 gelten, wonach sie persönlich mit dem Beklagten eine Verwertungsvereinbarung geschlossen habe, sofern es sich insoweit nicht nur um eine irrtumsbedingt ungenaue Wiedergabe ihres erstinstanzlichen, durch Urkunden belegten Vorbringens handelt.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.06.2003 - 6 O 521/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.01.2004 - 4 U 195/03 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.