A.
Die Parteien streiten um Unterlassungsansprüche in Bezug auf die Berichterstattung in einem laufenden Strafverfahren.
I.
Der Verfügungskläger ist geschäftsführender Gesellschafter der S… & B… B… GmbH sowie der S… & B… B… A… KG. Er ist Großbauer in G…(Ort) und ein regional bekannter Unternehmer. Im Verbreitungsgebiet des S-Tagblatts verfügt er über einen erheblichen Bekanntheitsgrad. Er ist Arbeitgeber von zahlreichen Arbeitnehmern, insbesondere von Erntearbeitskräften.
Die Verfügungsbeklagte verlegt u.a. das S-Tagblatt und verantwortet darüber hinaus den dazugehörigen Online-Auftritt unter www.i… .de.
Gegen den Verfügungskläger läuft derzeit ein Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung. Ihm wird angelastet, bei den bayerischen Kommunalwahlen am 16.03.2014 veranlasst zu haben, dass rumänische Erntehelfer mitwählen, obwohl sie hierzu möglicherweise nicht berechtigt waren; es sollen auch nicht alle Erntehelfer die Wahlzettel selbst ausgefüllt haben.
Der Verfügungskläger äußerte sich zunächst zu den erhobenen Vorwürfen. Seine Äußerungen wurden im S-Tagblatt abgedruckt. Im Rahmen des sodann eingeleiteten Ermittlungsverfahrens äußerten sich sowohl der Verfügungskläger als auch seine Ehefrau, welche für die CSU Mitglied des Stadtrats in G. ist und für den Kreistag kandidierte, mehrfach gegenüber der Verfügungsbeklagten und anderen lokalen Medien zu den Vorwürfen; hierbei stimmte der Verfügungskläger der vollen Namensnennung und der unverpixelten Bildveröffentlichung zu. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen nach dem Jahr 2014 erfolgten keine weiteren öffentlichen Äußerungen mehr, nachdem bereits erhebliche Nachteile für die Unternehmen des Verfügungsklägers entstanden waren.
Nachdem das Landgericht Regensburg die Anklage zugelassen hatte, wurde mit Email vom 05.10.2018 die Anklageschrift u.a. gegen den Verfügungskläger an die Pressevertreter und somit auch an die Verfügungsbeklagte versandt. Die Anklageschrift wurde hierbei von der Pressestelle des Landgerichts Regensburg dahingehend bearbeitet, dass von allen darin genannten Angeklagten nur noch der Vorsowie der erste Buchstabe des Nachnamens erkennbar waren. Am 09.10.2018 fand sodann die Eröffnung der Hauptverhandlung u.a. gegen den Verfügungskläger statt.
Die Verfügungsbeklagte veröffentlichte am 09.10.2018 unter dem Online-Auftritt i.de fortlaufend aktualisierte Berichte über die Eröffnung der Hauptverhandlung (Anlage ASt 1). Die Berichterstattung umfasste Bildaufnahmen und einen Text. Hierbei wurde der Verfügungskläger als „K. B.“ genannt und seine berufliche Tätigkeit als Bauer sowie sein Wohnort (G…) mitgeteilt.
II.
Mit Endurteil vom 06.12.2018 wies das Landgericht Regensburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Zur Begründung führte das Landgericht u.a. aus, dass kein Verfügungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB bestünde. Insbesondere sei das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG enthaltene Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers nicht verletzt, da die vorzunehmende Abwägung mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und der Pressefreiheit nicht zur Annahme einer unzulässigen Berichterstattung durch Text und/oder Bildveröffentlichung führe.
Der Verfügungskläger habe eine Veröffentlichung unverpixelter Fotos durch die Verfügungsbeklagte nicht nachweisen können. Eine Erkennbarkeit trotz Verpixelung sei - jedenfalls nicht im erforderlichen Umfang - nicht gegeben. Auch die Textberichterstattung verstoße nicht gegen die Grundsätze, welche bei einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung zu beachten seien. Es liege schließlich auch kein Verstoß gegen §§ 22 f. KUG vor.
Wegen des weiteren Inhalts wird auf das angegriffene Urteil Bezug genommen.
III.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Verfügungskläger in seiner Berufung. Er beantragt unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Regensburg:
Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der KG, verboten, über den Verfügungskläger im Zusammenhang mit dem laufenden Strafverfahren vor dem Landgericht Regensburg (Az. …) gegen seine Person unter Angabe seines Vor- und abgekürzten Nachnamens, der Nennung seiner beruflichen Tätigkeit und unter/oder Verwendung seines Bildnisses identifizierend zu berichten und/oder berichten zu lassen.
Zur Begründung führt der Verfügungskläger u.a. aus, dass entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichts eine Erkennbarkeit i.S.v. § 22 KUG zu bejahen sei. Die identifizierende Berichterstattung sei im Streitfall aufgrund der Vorgaben der Rechtsprechung als unzulässig zu qualifizieren. Die Berichterstattung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Selbstöffnung“ als rechtmäßig anzusehen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Zur Begründung führt sie u.a. aus, dass der Verfügungsantrag bereits mangels eines bestimmten Antrags unzulässig sei. Jedenfalls habe das Erstgericht zu Recht einen Verfügungsanspruch verneint.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die Berufung ist offensichtlich unbegründet. Zwar ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig. Er ist jedoch mangels Bestehens eines Verfügungsanspruchs unbegründet.
I.
Das Erstgericht ging zutreffend davon aus, dass der klägerische Antrag den Anforderungen, die gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an einen Unterlassungsantrag zu stellen sind, genügt.
Der Verfügungskläger beantragt das Unterlassen der identifizierenden Berichterstattung im Zusammenhang mit einem konkreten laufenden Strafverfahren unter Angabe des Vor- und abgekürzten Nachnamens, der Nennung der beruflichen Tätigkeit und unter/oder Verwendung des Bildnisses. Dabei ist der Begriff der identifizierenden Berichterstattung ein durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs geprägter allgemeiner Rechtsbegriff, dessen Sinngehalt jedenfalls im vorliegenden Kontext nicht zweifelhaft oder zwischen den Parteien streitig und deshalb als Verallgemeinerung der konkreten Verletzungsform im Interesse einer sachgerechten Titulierung unbedenklich ist (BGH, Urteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, Rn. 9).
Im ursprünglichen Verfügungsantrag war das Unterlassungsbegehren ausdrücklich auf den in Anlage ASt 1 beigefügten Zeitungsartikel beschränkt. Aber auch nunmehr ergibt sich aus der Klagebegründung, dass die konkrete Verletzungshandlung wie aus Anlage ASt 1 ersichtlich (einschließlich kerngleicher Verstöße) Streitgegenstand dieses Verfahrens ist.
II.
Das Erstgericht führte aus, dass der Verfügungskläger eine Veröffentlichung unverpixelter Fotos durch die Verfügungsbeklagte nicht habe nachweisen können. Diese Tatsachenfeststellungen des Landgerichts können im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg angegriffen werden. Der Verfügungskläger hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Insbesondere ist die Einschätzung des Erstgerichts zutreffend, dass der Verfügungskläger die Darlegungs- und Beweislast für das Aufstellen oder Verbreiten der angegriffenen Darstellung ausnahmslos trägt (vgl. Burkhardt, in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 12 Rn. 132 m.w.N.).
III.
Da erneute Feststellungen nicht geboten sind, hat der Senat von den Feststellungen des Erstgerichts auszugehen (§ 529 Abs. 1 ZPO). Diese rechtfertigen keine andere Entscheidung. Das Urteil des Landgerichts Regensburg beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO), weil das Landgericht zu Recht einen Verfügungsanspruch gemäß §§ 934, 940 ZPO, §§ 823, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verneint hat. Denn die streitgegenständliche Wort- und Bildberichterstattung überschritt die Grenze zur Rechtswidrigkeit nicht.
1. Allerdings liegt sowohl ein Eingriff in das Recht des Verfügungsklägers am eigenen Bild, das als Ausprägung des Persönlichkeitsrechts in den §§ 22, 23 KUG geregelt ist, als auch ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers durch die Wortbeiträge vor.
a) Ein Bildnis i.S.v. § 22 Satz 1 KUG setzt zwar die Erkennbarkeit (Identifizierbarkeit) der abgebildeten Person voraus. Die Erkennbarkeit des Abgebildeten muss sich jedoch nicht zwingend aus der Abbildung als solcher ergeben. Es genügt für die Erkennbarkeit im Rechtssinne, wenn der Abgebildete durch Merkmale erkennbar ist, die gerade ihm eigen sind; welche dies sind, ist grundsätzlich ohne Belang. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Erkennbarkeit überhaupt auf der Abbildung beruht. Vielmehr genügt es, wenn begleitende Umstände die Erkennbarkeit zur Folge haben; insbesondere genügt es, wenn sich diese aus dem neben oder unter dem Bild stehenden Text oder aufgrund früherer Veröffentlichungen ergibt. Bei der Beurteilung der Erkennbarkeit ist nicht darauf abzustellen, ob auch der flüchtige Durchschnittsleser oder -betrachter den Abgebildeten erkennen kann, vielmehr reicht die Erkennbarkeit für einen mehr oder weniger großen Bekanntenkreis aus. Der Abgebildete muss auch nicht den Beweis führen, tatsächlich von bestimmten Personen erkannt worden zu sein; vielmehr liegt ein „Bildnis“ bereits dann vor und ist damit bei fehlender Einwilligung in die Verbreitung ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild gegeben, wenn er begründeten Anlass für die Annahme hat, er könne identifiziert werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 02. April 2014 - 4 U 174/13, Rn. 51).
Gemessen an diesen Maßstäben ist trotz des Umstands, dass der Verfügungskläger jedenfalls für Personen, die ihn nicht bereits kennen, allein aufgrund des gepixelten Lichtbildes tatsächlich nicht erkennbar ist, eine Erkennbarkeit im Rechtssinne und mithin ein Bildnis i.S.v. § 22 Satz 1 KUG gegeben und liegt infolgedessen durch dessen ohne Einwilligung erfolgte Veröffentlichungen ein Eingriff in sein Recht am eigenen Bild vor. Dies ergibt sich insbesondere aus der vorangegangenen Berichterstattung über den Verfügungskläger und den Vorwürfen aus dem Ermittlungsverfahren sowie der Tatsache, dass der Verfügungskläger, der im Verbreitungsgebiet des Straubinger Tagblatts über einen erheblichen Bekanntheitsgrad verfügt, in den Begleittexten als „Karl B.“ genannt und seine berufliche Tätigkeit als Bauer sowie sein Wohnort (G.) mitgeteilt wurde.
b) Aus diesem Grund ist auch aufgrund der Wortberichterstattung ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers zu bejahen. Denn die Berichterstattung über ein Strafverfahren in einer Weise, die - jedenfalls für einen gewissen Personenkreis - die Identifizierung des Angeklagten ermöglicht, beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und guten Ruf, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, Rn. 15).
2. Eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers durch die beanstandeten Veröffentlichungen der gepixelten Lichtbilder des Klägers ist jedoch nicht gegeben. Denn es handelt sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG), durch deren Verbreitung berechtigte Interessen des Verfügungsklägers nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
a) Die streitgegenständlichen Bilder sind als Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu qualifizieren.
aa) Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen, wobei dieser Begriff alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse umfasst. Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Bei der Gewichtung der kollidierenden Interessen kommt dem Anlass und dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen. Geht es um eine identifizierende Bildberichterstattung über den Verdacht einer Straftat, so ist darüber hinaus zu beachten, dass eine solche Berichterstattung in das Recht des Abgebildeten auf Schutz seiner Persönlichkeit eingreift, weil sie sein angebliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert. Insbesondere ist auch in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Unschuldsvermutung die Gefahr in den Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und dass der Eindruck, der Abgebildete sei ein Straftäter, selbst bei einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens nicht beseitigt wird. Ob im Einzelfall dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit oder dem Informationsinteresse Vorrang gebührt, hängt unter anderem von dem Verdachtsgrad ab, dem der Beschuldigte ausgesetzt war und gegebenenfalls noch ist (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, Rn. 38).
Bei der gebotenen Abwägung des Persönlichkeitsschutzes mit dem kollidierenden Informationsinteresse kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, ist der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung im Kontext der dazu gehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Neben den Umständen der Gewinnung der Abbildung ist für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH, Urteil vom 07. Juni 2011 - VI ZR 108/10, Rn. 23).
Gerichtliche Verfahren können wegen ihres Streitgegenstandes oder der Verfahrensbeteiligten eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse sein und damit ein Vorgang des Zeitgeschehens, der eine Bildberichterstattung über diese Beteiligten erlaubt. Öffentliches Interesse besteht insbesondere an bestimmten Strafprozessen (von Strobl-Albeg/Pfeifer, in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 8 Rn. 41). Straftaten gehören zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien überhaupt ist, weil unter anderem die Verletzung der allgemeinen Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft ein durchaus anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter begründen. Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung gegen den damit zwangsläufig verbundenen Einbruch in den Persönlichkeitsbereich des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Wer den Rechtsfrieden bricht, durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen oder Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür in der Rechtsordnung verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen. Er muss grundsätzlich auch dulden, dass das von ihm selbst durch seine Tat erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit in einer nach dem Prinzip freier Kommunikation lebenden Gemeinschaft auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird. Dies rechtfertigt nicht nur die Wortberichterstattung, sondern auch die Veröffentlichung eines kontextgerechten oder kontextneutralen Fotos zu dem Bericht (KG Berlin, Urteil vom 15. Juni 2006 - 10 U 184/05, Rn. 4 und 8). Bei Straftaten, die die Öffentlichkeit in besonderem Maße berühren, kann wegen der Stellung der Person des Beschuldigten und der Art der Straftat eine namentliche Berichterstattung auch unterhalb der Schwelle der Schwerkriminalität zulässig sein (BGH, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, Rn. 24).
bb) Im vorliegenden Fall führt das Landgericht zutreffend aus, dass ein durchaus erhebliches öffentliches Interesse an einer etwas näheren Personenbeschreibung des Hauptangeklagten im genannten Strafverfahren ersichtlich sei. Hierbei komme es nicht entscheidend auf die konkrete Strafandrohung und die Tatsache an, dass lediglich ein Vergehen angeklagt wurde. Maßgeblich sei vielmehr der aufsehenerregende Vorwurf, in eine Kommunalwahl durch Organisierung von Stimmen, die der eigenen Parteiwahl entsprechen, eingegriffen zu haben, was tatsächlich einen erheblichen Eingriff in die Demokratie darstellen würde. Es stelle auch einen absoluten Ausnahmefall dar, dass eine Kommunalwahl wegen solcher Vorwürfe zu wiederholen war.
Darüber hinaus ist die Person des Verfügungsklägers in die Abwägung einzubeziehen. Laut unstreitigen Tatbestand des Ersturteils verfügt er im Verbreitungsgebiet des S-Tagblatts über einen erheblichen Bekanntheitsgrad. Er ist Arbeitgeber von zahlreichen Arbeitnehmern, insbesondere von Erntearbeitskräften.
b) Der Verbreitung der Bilder steht kein berechtigtes Interesse des Verfügungsklägers i.S.v. § 23 Abs. 2 KUG entgegen.
Auch bei einem Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ist die Verwertung nicht gestattet, wenn durch sie ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG). Ob die der Verbreitung oder Zurschaustellung des Bildnisses entgegenstehenden Belange des Abgebildeten oder von dessen Angehörigen berechtigte Interessen sind, kann nur aufgrund einer für den Einzelfall durchzuführenden Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit festgestellt werden (BGH, Urteil vom 06. März 2007 - VI ZR 13/06). Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes wird - wie schon bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG - neben den Umständen der Gewinnung der Abbildung bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie der dargestellt wird.
Überwiegende Umstände i.S.v. § 23 Abs. 2 KUG, die einer Veröffentlichung entgegenstehen, hat der darlegungsbelastete Verfügungskläger nicht dargetan. Dafür ist nicht ausreichend, dass eine identifizierende Bildberichterstattung aus dem Gerichtssaal allgemein eine erhebliche Prangerwirkung hat. Denn demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass die Bildveröffentlichung den Verfügungskläger in einem öffentlichen Verfahren vor Gericht zeigt und daher dessen Sozialsphäre betrifft. Auch der Tatvorwurf des Wahlbetrugs ist der Sozialsphäre des Verfügungsklägers zuzuordnen, da es dabei um eine gezielte Interaktion mit der Außenwelt geht. Außerdem hat sich der Verfügungskläger im Ermittlungsverfahren mehrfach in Interviews - in welchen er auch unverpixelt und mit vollständiger Namensnennung zu sehen war - zum Tatvorwurf geäußert und sich somit aktiv in das „Licht der Öffentlichkeit“ begeben. Schließlich zeigt das streitgegenständliche Foto den Verfügungskläger nur schräg von hinten. Das Gesicht wurde verpixelt. Zudem ist das Foto sehr stark verkleinert worden.
3. Der angegriffene Wortbeitrag „Liveticker: Prozessauftakt um Wahlbetrug in G…“ (Anlage ASt 1) stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers dar, weil das Schutzinteresse des Verfügungsklägers nicht die schutzwürdigen Belange der Verfügungsbeklagten überwiegt.
a) Über den Unterlassungsantrag in Bezug auf die Wortberichterstattung ist aufgrund einer Abwägung des Rechts der Klagepartei auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihres Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagtenpartei auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, Rn. 18).
Von besonderer Bedeutung für diese Abwägung ist, ob die mitgeteilte Tatsache wahr ist. Allerdings darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf. Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, Rn. 22).
Geht es um eine Berichterstattung über den Verdacht einer Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass Straftaten zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Handelt es sich um die Berichterstattung über ein noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung allerdings auch die zugunsten des Betroffenen sprechende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese gebietet eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung. Außerdem ist eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen, die durch die Medienberichterstattung bewirkt werden kann (BGH, Urteil vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, Rn. 18 f.).
Wird darüber berichtet, dass gegen jemanden ein Strafverfahren anhängig ist, so ist der Gegenstand jenes Berichts, falls es tatsächlich ein Strafverfahren gibt, zunächst einmal wahr. Zugleich offenbart die Publikation aber mit dem Gegenstand des Verdachts eine Information über den Verdächtigen, die ihrerseits unzutreffend sein kann, so dass es besonderer Vorkehrungen bedarf, um den Einzelnen vor ungerechtfertigten Verletzungen zu bewahren, die durch solche Äußerungen und ihre Publikation entstehen können. Die Rechtsprechung hat hierzu die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung entwickelt, wonach die Beurteilung deren Zulässigkeit sich an verschiedenen Kriterien orientiert. Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wenn der Verdacht einer Straftat über das Stadium eines bloßen Anfangsverdachts hinaus gediehen war und die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der Anklage und das Gericht zur Eröffnung des Hauptverfahrens veranlasste, regelmäßig die Presse nicht gehalten ist, die vorangegangenen Ermittlungen in Zweifel zu ziehen (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 05. Oktober 2016 - 5 U 3/16, Rn. 43 und 53).
Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung; vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 07. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, Rn. 20).
b) Vor diesem Hintergrund fällt die Abwägung der widerstreitenden (Grund-)Rechte unter den konkreten Bedingungen des Streitfalls zugunsten der Verfügungsbeklagten aus. Dabei ist zunächst auf die unter Ziffern B. III. 2. a) bb) und b) aufgeführten Abwägungskriterien, die hier gleichermaßen zu berücksichtigen sind, Bezug zu nehmen. Darüber hinaus sind folgende Punkte in die Abwägungsentscheidung einzubeziehen:
Der Grad der Erkennbarkeit war gering. Denn der Verfügungskläger wurde lediglich als „Karl B.“ genannt und seine berufliche Tätigkeit als Bauer sowie sein Wohnort (G…) mitgeteilt. Auch die Pressestelle des Landgerichts Regensburg bearbeitete die Anklageschrift dahingehend, dass von den darin genannten Angeklagten nur der Vorsowie der erste Buchstabe des Nachnamens erkennbar waren.
Das für die Verdachtsberichterstattung erforderliche, mit pressemäßiger Sorgfalt zu ermittelnde „Mindestmaß an Beweistatsachen“ in Bezug auf den Tatverdacht gegen den Verfügungskläger ist anzunehmen, zumal bereits das Hauptverfahren eröffnet war und somit der hinreichende Tatverdacht gemäß § 203 StPO bereits durch das Landgericht Regensburg geprüft worden war.
Die streitgegenständlichen Artikel sind auch nicht als unzulässig vorverurteilend zu werten. Wie sich aus dem Anlagenkonvolut AG 14 ergibt, berichtete die Verfügungsbeklagte umfangreich über den Vorgang. Inhaltlich enthält der beanstandete Liveticker (Anlage ASt 1) einen neutralen Ablauf der Hauptverhandlung und einen kurzen Hintergrundbericht. Dessen zugrundeliegenden Fakten entsprechen den Angaben in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 24.08.2017 (Anlage AG 13).
Die beanstandete Berichterstattung ist auch aktuell, da sie vom 09.10.2018 - dem Tag der Eröffnung der Hauptverhandlung - stammt.
Eine (öffentliche) Stellungnahme zur Berichterstattung lehnte der Verfügungskläger über seinen Prozessbevollmächtigten mit E-Mail vom 09.10.2018 ab (Anlage AG 15).
C.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1422 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.