Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 02. Nov. 2015 - 2 Ws 562/15
vorgehend
Tenor
I.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing aufgehoben,
1. soweit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Teil des Bescheids der Justizvollzugsanstalt Straubing vom 17.11.2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde, mit dem dem Antragsteller weitere vollzugsöffnende Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 3 Sätze 1, 2 BaySvVollzG versagt worden sind; insoweit wird auch der Bescheid der Justizvollzugsanstalt Straubing vom 17.11.2014 aufgehoben,
2. hinsichtlich der Kostenentscheidung.
II.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
III.
Die Gerichtskosten beider Rechtszüge und die notwendigen Auslagen des Antragstellers tragen der Antragsteller und die Staatskasse je zur Hälfte.
IV.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
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Gründe
Oberlandesgericht Nürnberg
Az. 1 Ws 224/15
Beschluss
vom 11. August 2015
5 Ws 248/15 Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg
SR StVK 631/14 Landgericht Regensburg, StVK b. d. AG Straubing
LEITSATZ
In dem Strafvollzugsverfahren gegen
B.
Verteidiger: Rechtsanwalt S.
wegen schwerer räuberischer Erpressung
hier: Rechtsbeschwerde
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg - 1. Strafsenat - durch die unterzeichnenden Richter am 11.08.2015 folgenden Beschluss
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten B. wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing
2. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing zurückverwiesen.
Gründe:
I.
II.
1. Es ist tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 BaySvVollzG, dass diese dem Erreichen der Vollzugsziele dienen. Hierbei handelt es sich um eine bewertende Entscheidung, die auch prognostische Elemente enthält. Die Vollzugsbehörde hat daher hinsichtlich der Frage, ob eine vollzugsöffnende Maßnahme dem Erreichen der Vollzugsziele dient, eine Einschätzungsprärogative und im Anschluss daran einen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraum.
(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle tun.
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
Gründe
Oberlandesgericht Nürnberg
Az. 1 Ws 224/15
Beschluss
vom 11. August 2015
5 Ws 248/15 Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg
SR StVK 631/14 Landgericht Regensburg, StVK b. d. AG Straubing
LEITSATZ
In dem Strafvollzugsverfahren gegen
B.
Verteidiger: Rechtsanwalt S.
wegen schwerer räuberischer Erpressung
hier: Rechtsbeschwerde
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg - 1. Strafsenat - durch die unterzeichnenden Richter am 11.08.2015 folgenden Beschluss
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten B. wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing
2. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing zurückverwiesen.
Gründe:
I.
II.
1. Es ist tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 BaySvVollzG, dass diese dem Erreichen der Vollzugsziele dienen. Hierbei handelt es sich um eine bewertende Entscheidung, die auch prognostische Elemente enthält. Die Vollzugsbehörde hat daher hinsichtlich der Frage, ob eine vollzugsöffnende Maßnahme dem Erreichen der Vollzugsziele dient, eine Einschätzungsprärogative und im Anschluss daran einen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraum.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Arnsberg zurückverwiesen.
1
Gründe
2I.
3Der Betroffene befindet sich im Vollzug der Sicherungsverwahrung in der JVA X. Am 27.11.2013 beantragte er die Bewilligung von Begleitausgängen mit seiner Familie. Der Leiter der JVA X lehnte dies mit Bescheid vom 17.03.2014 ab. Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses wurde dies damit begründet, dass nach dem aktuellen Behandlungsstand kein Begleitausgang angezeigt sei. Auch seien keine vollzugsöffnende Maßnahmen nach § 53 Abs. 2 SVVollzG NW zur Erreichung der Vollzugsziele zu gewähren. Nach dem zur Frage der Legalprognose des Betroffenen eingeholten Gutachten des Sachverständigen C vom 16.08.2013 hätten vollzugsöffnende Maßnahmen aus psychologischer Sicht nicht befürwortet werden können. Es sei für erforderlich erachtet worden, dass der Betroffene sich mit seinem Alkohol- und Drogenkonsum auseinandersetze und seine Veränderungsbereitschaft ggf. auch in einer sozialtherapeutischen Abteilung unter Beweis stelle, bevor weitere Lockerungsmaßnahmen einen therapeutischen Anreiz bieten könnten.
4Den gegen diesen Bescheid eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen. Der Vollzugsbehörde stehe bei der Beurteilung der Bewilligung von Lockerungen und einer der Bewilligung entgegenstehenden Flucht- oder Missbrauchsgefahr ein Ermessensspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei. Hier seien die Abstinenzbereitschaft, die Deliktsaufarbeitung und die Rückfallprophylaxe noch nicht so weit fortgeschritten, dass Begleitausgänge gewagt werden könnten. Da diese Begleitausgänge zur Erreichung des Vollzugsziels im jetzigen Stadium auch therapeutisch nicht erforderlich seien, habe der Antragsteller den Antrag zu Recht zurückgewiesen.
5Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Der Betroffene sieht den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts als gegeben an. In der Sache meint er, dass es – entgegen der Ansicht der Justizvollzugsanstalt und der Strafvollstreckungskammer – nicht Voraussetzung für die Bewilligung vollzugsöffnender Maßnahmen sei, dass diese der Erreichung der Vollzugsziele dienen müssten. Auch sei hier eine – erforderliche – konkrete Flucht- oder Missbrauchsgefahr nicht hinreichend begründet worden. Diese Handhabung verstoße gegen Verfassungsrecht. Das Minimierungsgebot gebiete, dass Untergebrachte nur solchen Einschränkungen unterworfen werden, die zur Sicherung unabdingbar seien. Lockerungen seien hingegen keine Vergünstigungen für angepasstes Verhalten.
6Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde für zulässig und begründet. Es meint, die Strafvollstreckungskammer habe verkannt, dass § 53 Abs. 2 SVVollzG keinen Ermessensspielraum auf Rechtsfolgensseite sondern nur einen Beurteilungsspielraum auf Tatbestandsseite eröffne.
7II.
8Die – auch im Übrigen zulässig erhobene – Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des Rechts nach § 116 StVollzG zuzulassen, da der Senat nunmehr erstmalig Gelegenheit hat, zur Auslegung der noch jungen Vorschrift des § 53 Abs. 2 SVVollzG Stellung zu nehmen. Hingegen kam eine Zulassung wegen einer Verletzung rechtlichen Gehörs wegen fehlender Übersendung einer Seite der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt an den Betroffenen vor Entscheidung durch die Strafvollstreckungskammer nicht in Betracht. Ungeachtet der Frage, ob dies überhaupt gerügt werden soll (ausdrücklich ist dies nicht geschehen), wäre die Rüge jedenfalls nicht in einer die Begründungsanforderungen des § 118 Abs. 2 StVollzG erfüllenden Art und Weise erhoben worden. Der Betroffene hat jedenfalls nicht mitgeteilt, was er im Falle der rechtzeitigen Gewährung rechtlichen Gehörs (bzgl. dieser einen Seite) vorgebracht hätte.
9III.
10Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss verstößt gegen § 53 Abs. 2 SVVollzG NW zu Lasten des Betroffenen.
111.
12Bei § 53 Abs. 2 SVVollzG handelt es sich schon seinem Wortlaut nach um eine Vorschrift des zwingenden Rechts und nicht – wie die Strafvollstreckungskammer meint – um eine Ermessensvorschrift („werden … gewährt“). Vollzugsöffnende Maßnahmen sind danach zu gewähren, es sei denn, es stehen zwingende Gründe entgegen. Dies ergibt sich auch aus dem Verweis in den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 16/1425 S. 100) auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011 (NJW 2011, 1931, dort Rdn. 116). Darin wird die Forderung aufgestellt, dass der Vollzug der Sicherungsverwahrung so ausgestaltet sein muss, dass Vollzugslockerungen nicht ohne zwingenden Grund versagt werden dürfen.
13Damit hat trägt der angefochtene Beschluss schon dem gebotenen Prüfungsumfang und Prüfungsmaßstab keine Rechnung.
142.
15Es ist – anders als die Strafvollstreckungskammer meint – auch keine tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen i.S.v. § 53 SVVollzG, dass diese dem Vollzugsziel dienen.
16Die Gesetzesformulierung ist insoweit allerdings mehrdeutig. Einerseits könnte die Formulierung „werden zur Erreichung des Vollzugsziels“ so verstanden werden, dass vollzugsöffnende Maßnahmen nur dann zu gewähren sind, wenn sie selbst der Erreichung des Vollzugsziels dienen, und umgekehrt nicht zu gewähren sind, wenn das nicht der Fall ist. Andererseits könnte die Gesetzesformulierung aber auch nur das Verständnis des Gesetzgebers zum Ausdruck bringen, dass seiner Auffassung nach vollzugsöffnende Maßnahmen an sich schon der Erreichung des Vollzugszieles dienen. Insoweit würde dann nur der Grund umschrieben, warum der Gesetzgeber solche Maßnahmen überhaupt vorgesehen hat. Insoweit würde mit der Formulierung nur eine Abgrenzung zu anderen vollzugsöffnenden Maßnahmen, etwa aus wichtigem Anlass (§ 54 SVVollzG NW) oder zur Entlassungsvorbereitung (§ 55 SVVollzG NW), vorgenommen.
17Auch die Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 16/1425 S. 100) sind insoweit nicht ganz eindeutig. Einerseits wird darauf verwiesen, dass die Regelung der Umsetzung von § 66c Abs. 1 Nr. 3 lit. a StGB diene. § 66c Abs. 1 Nr. 3 StGB knüpft aber die Möglichkeit der vollzugsöffnenden Maßnahmen gerade an die Erreichung des Vollzugsziels der Minderung der Gefährlichkeit des Verurteilten i.S.v. § 66c Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB. Der Bundesgesetzgeber hatte bei Schaffung dieser Regelungen die Vorstellung, dass die vollzugsöffnenden Maßnahmen geeignet seien, eine möglichst breite und fundierte Grundlage für eine etwaige Bewährungsaussetzung oder Erledigung der Unterbringung zu schaffen (BT-Drs. 17/9874 S. 19; vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – III – 1 VAs185/13 - juris). Angesichts dessen könnte man die Gesetzesmaterialien zu § 53 SVVollzG so verstehen, dass Voraussetzung für die vollzugsöffnende Maßnahme ist, dass sie der Erreichung des Vollzugsziels in dem genannten Sinne dienen muss, was z.B. dann nicht der Fall wäre, wenn die Vollzugssituation so ist, dass eine Bewährungsaussetzung oder Erledigung der Maßregel in absehbarer Zeit – etwa wegen der hohen Gefährlichkeit des Betroffenen und fehlender Behandlungsfortschritte – ohnehin nicht in Betracht kommt (wobei man dann freilich regelmäßig auch zu einer Versagung wegen entgegenstehender zwingender Gründe käme).
18Andererseits sollen aber nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers die vollzugsöffnenden Maßnahmen auch der Umsetzung des Minimierungsgebots dienen. Danach soll der Freiheitsorientierung möglichst weitgehend Rechnung getragen werden (BVerfG a.a.O.). Dies könnte dafür sprechen, dass vollzugsöffnende Maßnahmen – wegen der möglichst weitgehenden Freiheitsorientierung des Vollzuges dieser Maßregel – auch dann zu gewähren sind, wenn sie zwar nicht dem Vollzugsziel dienen, aber auch keine zwingenden Gründe entgegenstehen.
19Der Senat gibt der letztgenannten Auslegung den Vorzug. Zum einen spricht dafür, dass der Gesetzgeber eben nicht nur die Förderung des Vollzugsziels i.S.v. § 1 SVVollzG NW, sondern auch das Minimierungsgebot, also eher eine Modalität der Gestaltung des Vollzugs i.S.v. § 2 SVVollzG NW umsetzen wollte. Für diese Auslegung spricht auch, dass sich mit ihr das Regelungsgefüge des § 53 Abs. 2 SVVollzG NW am besten umsetzen lässt. Einerseits wird durch die Ausgestaltung als voraussetzungslose zwingende Regelung den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen Rechnung getragen, andererseits kann die Frage des Vollzugsziels hinreichend im Rahmen der entgegenstehenden zwingenden Gründe berücksichtigt werden, so dass insoweit am besten eine praktische Konkordanz zwischen diesen beiden Regelungszielen hergestellt wird. In § 53 Abs. 2 SVVollzG NW sind die entgegenstehenden zwingenden Gründe nur beispielhaft mit der Flucht- oder Missbrauchsgefahr benannt. Hierbei handelt es sich indes nicht um eine abschließende Aufzählung („insbesondere“). Dies bedeutet, dass wenn eine vollzugsöffnende Maßnahme das Vollzugsziel konkret gefährdet, eine Versagung dieser Lockerung wegen entgegenstehender zwingender Gründe möglich (und geboten) ist. Wenn sich aber die Lockerung im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels lediglich neutral verhält, ist eine Versagung wegen zwingender entgegenstehender Gründe (jedenfalls insoweit) nicht angängig. Dies deckt sich auch mit der genannten Zielsetzung des Bundesgesetzgebers, dass durch vollzugsöffnende Maßnahmen eine Verbreiterung der Prognosegrundlage für Aussetzungs- oder Erledigungsentscheidungen erreicht werden soll.
203.
21Bei der Beurteilung, ob zwingende Gründe entgegenstehen, steht der Vollzugseinrichtung ein Beurteilungsspielraum auf Tatbestandsseite zu, da es sich insoweit um eine Prognoseentscheidung handelt (LT-Drs. 16/1425 S. 100 f.). Die zwingenden entgegenstehenden Gründe müssen auf „konkreten Anhaltspunkten“ beruhen. Dieser Maßstab, der nach dem Gesetzeswortlaut nur für die Flucht- oder Missbrauchsgefahr gilt, findet auch auf andere zwingende Gründe (wie etwa die Gefährdung des Vollzugsziels, s.o.) Anwendung, da ersichtlich bei anderen Versagungsgründen kein geringerer Maßstab gelten sollte, denn der Gesetzgeber wollte die Versagung von Lockerungen nur aufgrund von pauschalen Wertungen verhindern (LT-Drs. 16/1425 S. 101). Er folgt damit den Maßgaben des Bundesgesetzgebers bei Schaffung des § 66c StGB (vgl. BT-Drs. 17/9874 S. 19) und denen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG a.a.O.).
22Wann „konkrete Anhaltspunkte“ für einen dringenden Versagungsgrund vorliegen, bemisst sich nach der konkret ins Auge gefassten vollzugsöffnenden Maßnahme. Dabei ist die bei Anordnung der Maßregel festgestellte Gefährlichkeit, eine etwaige Minderung derselben durch bereits erfolgte vollzugliche oder behandlerische Maßnahmen oder durch sonstige Umstände sowie die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung einer (verbleibenden) Gefährlichkeit im Rahmen der konkret anstehenden vollzugsöffnenden Maßnahme zu bewerten. So kann es unter Umständen ausreichen, dass die bei Anordnung der Maßregel festgestellte Gefährlichkeit unvermindert fortbesteht und aufgrund der Art und Weise der begangenen Taten die Gefahr besteht, dass diese auch im Rahmen der anstehenden Lockerung fortgesetzt werden (etwa, wenn die bisherigen Taten zeigen, dass der Betroffene zur Begehung vergleichbarer Taten keiner längeren Vorlaufzeit bedarf und das regulierende Eingreifen von etwaigen Begleitpersonen voraussichtlich erfolglos sein würde).
234.
24Der Senat kann nicht ausschließen, das bei Zugrundelegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabes weitere oder andere Feststellungen möglich sind, so dass die Sache an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen war (§ 119 Abs. 4 StVollzG).
(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.
(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.
(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.
(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.
(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.
(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.