Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 14. Sept. 2015 - 11 W 277/15

bei uns veröffentlicht am14.09.2015
vorgehend
Amtsgericht Nürnberg, UR III 89/14, 08.01.2015

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Gründe

Oberlandesgericht Nürnberg

Az.: 11 W 277/15

Beschluss

vom 14.09.2015

UR III 89/14 AG Nürnberg

In Sachen

A. N., - Betroffene

Weitere Beteiligte:

1) A. G.,

- Antragstellerin, Beteiligte FamFG

2) M.. A.,

- Antragsteller, Beteiligter FamFG 3) A. S.,

- Vater,

Beteiligter FamFG

4) Stadt Nürnberg, - Rechtsamt/Standesamtsaufsicht - - Standesamtsaufsicht, -

Beschwerdeführerin

5) Stadt Nürnberg, - Standesamt -,

- Beteiligte

wegen Beschwerde in Personenstandssachen

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg - 11. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Redel, den Richter am Oberlandesgericht Beck und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Zorn folgenden

Beschluss

I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 4) wird der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 8. Januar 2015 geändert.

Der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1) und 2) auf Berichtigung des Geburtseintrags vom 24. Juni 2014, G 3150/2014 wird zurückgewiesen.

II. Die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) tragen die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte.

Im Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I. Das betroffene Kind wurde am ... Mai 2014 in Nürnberg geboren. Seine Mutter, die griechische Staatsangehörige G. A. (weitere Beteiligte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) verheiratet. Ihre am 24. August 2002 in Drama/Griechenland mit dem griechischen Staatsangehörigen S. A. (weiterer Beteiligter zu 3) geschlossene Ehe war zu dieser Zeit bereits durch Endbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 12. Juni 2013, rechtskräftig seit 3. September 2013, geschieden. Am 23. Juni 2014 erkannte der griechische Staatsangehörige A. M. (weiterer Beteiligter zu 2) zu Protokoll des Jugendamts der Stadt Nürnberg mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft zu dem Kind an.

Die Mutter des Kindes hielt sich zu dieser Zeit schon lange in Nürnberg auf. Das Kind lebt seit seiner Geburt gemeinsam mit zwei noch in Drama geborenen Kindern aus der Ehe der Mutter mit Herrn A. bei ihr und Herrn A. M. in Nürnberg. Die beiden vorerwähnten ehelichen Kinder tragen entsprechend einer Erklärung ihrer Eltern nach Art. 1505 griech. ZGB den Namen ihres Vaters „A.“.

Das Standesamt Nürnberg trug die Geburt am 24.Juni 2014 unter der Nummer G 3150/2014 in sein Geburtenregister ein. Als Vater wurde der frühere Ehemann der Mutter, S. A. eingetragen.

Mit Schriftsätzen vom 26. September und 29. Oktober 2014 hat die Mutter des Kindes gemeinsam mit ihrem Partner A. M. beim Amtsgericht Nürnberg beantragt, das Standesamt Nürnberg anzuweisen, Herrn M. als Vater und als Nachnamen des Kindes statt „A.“ nunmehr M. - die weibliche Form von M. - einzutragen.

Das Standesamt Nürnberg ist dem Antrag entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass für das Kind im Zeitpunkt seiner Geburt lediglich nach seinem griechischen Heimatrecht eine Vaterschaft bestanden habe. Das griechische Recht (Art. 1465 ff. griech. ZGB) sieht alle Kinder als ehelich an, die innerhalb von 300 Tagen nach der Scheidung geboren werden. Solange die Ehelichkeit nicht erfolgreich angefochten sei, sei das Vaterschaftsanerkenntnis des Herrn M. unwirksam.

Mit Beschluss vom 8. Januar 2015, auf den Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Nürnberg angeordnet, dass dem Geburtenregister folgender Vermerk beizuschreiben ist:“ Der Geburtsname des Kindes lautet richtig: M.. Der Vater des Kindes heißt richtig: M. A.. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass nach dem bei der Anwendung von Art. 19 EGBGB maßgeblichen Günstigkeitsprinzip die Rechtsordnung anzuwenden sei, die zur Eintragung des wahren Vaters führe. Dies sei hier die deutsche.

Gegen diesen ihr am 15. Januar 2015 zugestellten Beschluss hat die Standesamtsaufsicht Nürnberg (weitere Beteiligte zu 4) mit am 9. Februar 2015 eingegangenem Schreiben vom selben Tag Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie sich zunächst auf frühere Ausführungen des Standesamts bezogen, in einem weiteren Schreiben aber beantragt, die Rechtsauffassung des Amtsgerichts zu bestätigen. Eine obergerichtliche Klärung der zugrundeliegenden Rechtsfrage sei erforderlich. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 51 Abs. 1, § 53 Abs. 2 PStG, §§ 58ff FamFG) und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abweisung des Berichtigungsantrags.

1) Die deutschen Gerichte sind nach § 51 Abs. 1 PStG, § 105 FamFG international zuständig, da nach § 50 Abs. 2 PStG das Amtsgericht Nürnberg für das Standesamt Nürnberg, das die begehrte Amtshandlung vornehmen soll, örtlich zuständig ist.

2) Da das betroffene Kind, seine Mutter und der Mann, der die Vaterschaft zu dem Kind anerkannt hat, ihren Aufenthalt in Deutschland haben, der frühere Ehemann der Mutter seinen Aufenthalt aber in Griechenland hat und alle Beteiligten griechische Staatsangehörige sind, besteht eine Berührung mit zwei Rechtsordnungen. Die Frage, welche Rechtsordnung die rechtliche Abstammung des betroffenen Kindes von seinem Vater festlegt, beantwortet Art. 19 EGBGB.

Staatsvertragliche Regelungen existieren nur für die Bestimmung der mütterlichen Abstammung (CIEC-Übereinkommen vom 12. September 1962; Palandt/Thorn, 74. Aufl. Art. 19 EGBGB).

a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht seines jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalts. Dies würde im vorliegenden Fall zur Anwendung deutschen Rechts und dazu führen, dass der weitere Beteiligte zu 2) seit Wirksamwerden (§ 1594 ff BGB) seiner am 23. Juni 2014 formgerecht abgegebenen Anerkennungserklärung als rechtlicher Vater anzusehen wäre (§ 1592 Nr. 2 BGB). Allerdings wäre das Kind nach deutschem Recht im Zeitpunkt seiner Geburt ohne rechtlichen Vater gewesen, da es nach Rechtskraft der Scheidung seiner Mutter geboren wurde und damit die in § 1592 Nr. 1 BGB vorgesehene Zuordnung zu dem Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, nicht greift. Da die Ehe der Mutter nicht durch Tod aufgelöst wurde, ist es nach deutschem Recht unerheblich, dass die Geburt weniger als 300 Tage nach der Eheauflösung erfolgte (§ 1593 BGB).

Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB kann die Vaterschaft aber auch nach dem Heimatrecht des (potentiellen) Vaters festgestellt werden. Da der geschiedene Ehemann der Mutter griechischer Staatsangehöriger ist, verweist Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBG auf das griechische Recht. Dabei handelt es sich im Ergebnis um eine Sachnormverweisung, weil zumindest eine Rückverweisung auf deutsche Aufenthaltsrecht dem Sinn der Verweisung auf das - hier griechische - Heimatrecht des als Vater in Betracht kommenden früheren Ehemann widersprechen würde (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB soll nämlich dem Kind die Feststellung der Vaterschaft erleichtern, indem die Zahl der für die Abstammungsfeststellung ermöglichenden Rechtsordnungen vermehrt wird. Eine Rück- oder Weiterverweisung kann nur berücksichtigt werden, wenn sie die Zahl der anwendbaren Rechte nicht vermindert. Führt das Recht, auf das Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB verweist, zu einer positiven Feststellung der Abstammung, ist eine eventuelle Rück- oder Weiterverweisung durch das Kollisionsrecht des betreffenden Staates nicht zu beachten (OLG Celle, StAZ 2011, 152; OLG Hamm, FamRZ 2009,126; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697; Palandt/Thorn, BGB 74. Aufl. Art. 19 Rdnr. 2; Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art. 19 Rdnr.25; Staudinger/Rainer Hausmann (2013) Art. 4 Rdnr. 270/274/276 MünchKomm-BGB/Klinkhardt, 5. Aufl. Art. 19 RN 22f.; FA-FamR/Ganz, 10. Aufl., Kap. 15 Rdnr. 241; v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht 9.Aufl. § 8 RN 131).

Da die vor der Geburt rechtskräftig gewordene Scheidung der Mutter auch in Griechenland anerkannt wird (Art. 21 EuEheVO) kann die dritte in Art. 19 Abs. 1 EGBGB genannte Alternative, die Anwendung des Ehewirkungsstatuts, hier außer Betracht bleiben.

b) Die aufgezeigten Anknüpfungsalternativen sind gleichrangig. Dies entspricht einhelliger Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung in der Literatur. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, obwohl der Wortlaut es auch ermöglichen würde, die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt als Regelanknüpfung zu verstehen, zumal diese Anknüpfung zunehmend die Anknüpfung an das Personalstatut der Beteiligten ersetzt (v. Hoffmann/Thorn a. a. O. Rdnr. 132). Das Günstigkeitsprinzip soll entscheiden, welche Rechtsordnung im Einzelfall zur Anwendung kommt (BGH FamRZ 2006,1745; OLG Karlsruhe StAZ 2015, 182/183; OLG Hamm StAZ 2014, OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697; BayObLGZ 2002, 4/7 Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art. 19 Rdnr. 22; Staudinger/Rainer Hausmann (2013) Art. 4 Rdnr. 270; Palandt/Thorn a. a. O. Rdnr. 6; MüKoBGB/Helms, EGBGB 6. Aufl. Art. 19 Rdnr. 12; FA-FamR/Ganz, 10. Aufl. Kap. 15 Rdnr. 240; Helms, StAZ 2009,293/294).

Die Frage, wie das Günstigkeitsprinzip in die Praxis umzusetzen ist, wird unterschiedlich beantwortet. Viele halten es für besser, dem Kind möglichst früh, am besten schon im Zeitpunkt der Geburt, einen rechtlichen Vater zuzuordnen. Andere meinen, das Interesse des Kindes erfordere es, ihm möglichst ohne weitere Umwege wie Ehelichkeitsanfechtungsverfahren den richtigen rechtlichen Vater zuzuordnen und nur diesen in das Geburtenregister einzutragen.

Die obergerichtliche Rechtsprechung stellt mit einem wesentlichen Teil der Literatur überwiegend auf den Zeitpunkt der Geburt ab und sieht die Rechtsordnung als die günstigere an, die dem Kind bereits in diesem Zeitpunkt einen Vater zuordnet. Hierfür werden vor allem erb- und unterhaltsrechtliche Gründe angeführt. Nur wenn, etwa infolge einer pränatalen Vaterschaftsanerkennung, bereits im Zeitpunkt der Geburt mehrere Väter konkurrieren, stellt diese Auffassung auf die Wahrscheinlichkeit ab und ordnet dem Kind den Anerkennenden als Vater zu (OLG Hamm StAZ 2014,239; OLG Köln StAZ 2013, 319; OLG München StAZ 2012, 208; OLG Hamm FamRZ 2009,126;; OLG Celle StAZ 2007,82; OLG Nürnberg FamRZ 2005,1697; OLG Schleswig FamRZ 2003, 781; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688 BayObLGZ 2002, 4/7; Bamberger/Roth/Heiderhoff, BeckOK Art. 19 EGBGB Rdnr. 21 f; Erman/Hohloch, BGB 14. Aufl. Art. 19 EGBGB RN 17; jurisPK-BGB/Gärtner, 7. Aufl. Art. 10 EGBGB Rdnr. 63ff; MünchKomm-BGB/Helms, 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rdnr. 16; PWW/Martiny, BGB 9. Aufl. Art. 19 EGBGB Rdnr. 9; Grziwotz/Siede in: Krenzler/Borth, Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. Kap. 3 RN 155; FA-FamR/Ganz, 10. Aufl. Kap. 15 Rdnr. 240 Helms, StAZ 2009,293/294 Hepting, StAZ 2000,33; Sturm, StAZ 2003, 353).

Dagegen wird eingewandt, es könne nicht im Sinne des Kindeswohls sein, dem (wahrscheinlichen) biologischen Vater die Anerkennungsmöglichkeit solange zu nehmen bis die Vaterschaft des anderen mit Hilfe eines möglicherweise umständlichen und zeitraubenden Verfahrens beseitigt sei. Die Abstammungswahrscheinlichkeit sei vorrangig zu berücksichtigen (AG Nürnberg in der angefochtenen Entscheidung; AG Heidelberg, Beschluss vom 5.3.2014 - 46 F 15/14, zitiert nach OLG Karlsruhe a. a. O.; AG Osnabrück, FamRZ 2008,1771; AG Leverkusen, FamRZ 2007,2087; AG Karlsruhe, FamRZ 2007, 1585; AG Hannover, FamRZ 2002,1722; AG Regensburg, FamRZ 2003,1856). Die h. M. führe zu praktisch unbefriedigenden Ergebnissen (Helms, FamRZ 2012,618; Frank StAZ 2009, 65/67).

Die von Gaaz (StAZ 1998,241) vorgeschlagene analoge Anwendung von § 1599 Abs. 2 BGB stößt auf Kritik, weil diese Vorschrift darauf beruht, dass es gerade keine Vaterschaftsvermutung für nach Rechtskraft der Scheidung geborene Kinder gibt. Eine solche Vermutung ist jedoch gerade in den problematischen Fällen in den Heimatrechten der geschiedenen früheren Ehemänner vorgesehen (OLG Hamm FamRZ 2009, 126; OLG Karlsruhe a. a. O.; Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art. 19 Rdnr. 40a). Der BGH hat zwar in seiner Entscheidung vom 23.11.2011 (FamRZ 2012, 616) eine statusdurchbrechende Anerkennung wie sie § 1599 Abs. 2 BGB vorsieht, gebilligt. Der betroffene Fall unterschied sich aber von dem vorliegenden dadurch, dass sich die Vaterschaft auch nach deutschem Recht ergab (Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art. 19 Rdnr. 41f m. w. Nachw.). Im Übrigen fehlt es im hier zu entscheidenden Fall an der Zustimmung des früheren Ehemanns der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung.

Das OLG Karlsruhe (a. a. O.) will die Günstigkeit bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung im Geburtenregister beurteilen und einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung den Vorrang vor einer nach ausländischem Recht vermuteten Vaterschaft des geschiedenen Ehemanns einräumen. Das Kind habe ein Interesse an der Berücksichtigung des biologisch wahrscheinlichen Vaters. Nur in Fällen, in denen es an einer Vaterschaftsanerkennung fehle, solle auf Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zurückgegriffen und der geschiedene Ehemann als (rechtlicher) Vater angesehen werden. Die Schwebezeit bis zur Eintragung in das Geburtenregister, in der noch kein Vaterschaftsanerkenntnis vorliege, könne in Kauf genommen werden. Auch Henrich (Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art. 19 Rdnr. 43 ff.) befürwortet es, von einer Vaterschaftskonkurrenz bzw. gleichzeitigen Anerkennung nicht nur in Fällen vorgeburtlicher Anerkennung zu sprechen, sondern auch dann, wenn im Zeitpunkt der Geburt die Bereitschaft des (biologischen) Vaters bereits besteht und dem Standesamt mitgeteilt wird.

c) Der Senat folgt der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung, nach der es für die Bestimmung der Abstammung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Geburt ankommt. Nur wenn zu diesem Zeitpunkt eine Vaterschaftskonkurrenz besteht, kann die Zuordnung zum wahrscheinlichen biologischen Vater dem Kindeswohl günstiger sein.

aa) Für die Maßgeblichkeit des Geburtszeitpunktes sprechen zunächst erbrechtliche und unterhaltsrechtliche Gesichtspunkte. Das betroffene Kind hat in diesem Fall sogleich mit der Geburt einen unterhaltsverpflichteten Vater und ist kraft Gesetzes nach diesem und seiner Familie erbberechtigt. Wartet man ab, ob sich ein anerkennungswilliger Mann findet und eine Vaterschaftskonkurrenz entsteht, ergibt sich eine mehr oder weniger lange Zeit der Ungewissheit, in der das Kind nur mit der Mutter und ihrer Familie unterhalts- und erbrechtlich verbunden ist. Vergleicht man die beiden Alternativen sprechen sowohl wirtschaftliche Gesichtspunkte wie die Rechtssicherheit dafür, auf den Geburtszeitpunkt abzustellen.

bb) Allerdings hat der deutsche Gesetzgeber im Zuge der Kindschaftsrechtsreform die gegenteilige Auffassung vertreten, es sei besser keinem Mann von Gesetzes wegen als Kind zugeordnet zu werden, um eine unproblematische Anerkennung durch den biologischen Vater zu ermöglichen. Aber bei der Anwendung des Art. 19 Abs. 1 EGBGB geht es um Konstellationen, in denen verschiedene Rechtsordnungen gleichzeitig zur Anwendung berufen sind, die widersprüchliche Anknüpfungsregeln bereithalten. Zur deutschen Regelung gehören auch die im Scheidungsrecht vorgesehenen Trennungsfristen, die es nahezu ausgeschlossen erscheinen lassen, dass der frühere Ehemann der biologische Vater des Kindes ist. Solche Trennungsfristen muss es in den konkurrierenden Rechtsordnungen nicht geben. Soll das vom Gesetzgeber des Art. 19 EGBGB gewollte System der Mehrfachanknüpfung Sinn machen, muss man die Wertungen des deutschen Sachrechts zurückstellen und die Gleichwertigkeit der betroffenen Rechtsordnungen anerkennen.

cc) Unter diesen Umständen ist es sinnvoll, der Rechtsordnung zum Durchbruch zu verhelfen, die zeitlich als erste dem Kind einen Vater zuordnet. Lässt sich ein Fall mit der Prioritätsregel lösen, hat man sicheren Boden unter den Füßen. Der Vorrang des Prioritätsprinzips lässt sich nicht zuletzt (auch) formal begründen:

Die Frage nach dem Vater des neugeborenen Kindes stellt sich erstmals im Zeitpunkt der Geburt. Sie sollte, wenn irgend möglich, möglichst rasch und damit bezogen auf diesen Zeitpunkt beantwortet werden. Die Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als Erste einen Vater zuordnet, kann nur durch eine Vaterschaftsanfechtung beseitigt werden (BayObLG, NJW-RR 2002,1009; MüKo-BGB/Helms, 6. Aufl. Art. 19 EGBGB RN 16 ders. StAZ 2009, 293ff).

Die Auffassung des OLG Karlsruhe, das die Günstigkeit statt zum Geburtszeitpunkt zum Zeitpunkt der Registereintragung beurteilen will, führt zu einem Schwebezustand von ungewisser Dauer. Der Zeitpunkt des Registereintrags steht anders als der der Geburt nicht von vorneherein fest. Geht man von der Maßgeblichkeit des Geburtszeitpunkts ab, wird Rechtsunsicherheit erzeugt, weil auch für den Standesbeamten offen bleibt, in welchen Fällen und wie lange auf das Entstehen einer Vaterschaftskonkurrenz gewartet werden soll. Der potentielle biologische Vater wird nicht immer, wie im vorliegenden Fall, bereits in der Geburtsanzeige genannt werden und innerhalb eines Monats seine Vaterschaft anerkennen. Auch müssen die Angaben der Beteiligten zum richtigen Vater nicht stets zutreffend sein. Hier kann - wie der Senat aus Vaterschaftsanfechtungsverfahren weiß - selbst auf Seiten der Mutter Ungewissheit bestehen. Auch können Zweckmäßigkeitserwägungen die Angaben beeinflussen. Ein solcher mehrere Wochen oder Monate andauernder - das AG Hannover (a. a. O.) spricht von ein oder zwei Monaten - Schwebezustand ist mit Rechtssicherheit und Statusklarheit, tragenden Grundpfeilern des internationalen Abstammungsrechts (Helms a. a. O.) nicht zu vereinbaren.

Entscheidend ist, dass rein formal der maßgebende Zeitpunkt für die Bestimmung der Vater-Kind-Zuordnung zunächst die Geburt und nicht die Beurkundung der Geburt ist. Es kann nicht in der Hand des Standesbeamten liegen, durch Aufforderungen, Fristsetzungen und mehr oder weniger langes Zuwarten über die rechtliche Abstammung eines Kindes zu entscheiden. Wer Vater eines Kindes ist, muss vielmehr nach allgemein abstrakten Prinzipien festgelegt werden (MüKo-BGB/Helms, 6. Aufl. EGBGB Art. 19 Rdnr. 19).

Diese Prinzipien waren bis zur Entscheidung des OLG Karlsruhe in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Das Standesamt Nürnberg handelte daher aus rechtlicher Sicht vollkommen richtig, als es den früheren Ehemann der Mutter, wie geschehen, als Vater des Kindes registrierte und die Beteiligten auf die Anfechtung der Vaterschaft des Ehemanns verwies.

Danach steht der Wirksamkeit des seitens des Beteiligten zu 2) erklärten Anerkenntnisses § 1594 Abs. 2 BGB entgegen, da die Vaterschaft eines anderen Mannes auch dann entgegensteht, wenn sich diese aus einer ausländischen Rechtsordnung ergibt (OLG Köln StAZ 2013, 319; OLG Hamm FamRZ 2009,126; BayObLG FGPrax 2002,66).

3) Die Antragsteller tragen (nur) die Kosten des ersten Rechtszugs, weil sie (nur) dieses Verfahren veranlasst haben. Im Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 81 Abs. 1 FamFG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Die Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 2. Februar 2015 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde nach §§ 70 ff. FamFG statthaft, da und soweit sie mit diesem Beschluss zugelassen wurde.

Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von 1 Monat beim Bundesgerichtshof Karlsruhe Herrenstraße 45a 76133 Karlsruhe

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Zustellung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, ist das Datum der Zustellung maßgebend. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post und soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück 3 Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Erlass (§ 38 Abs. 3 FamFG) des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichen einer Rechtsbeschwerdeschrift eingelegt.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.

Die Beteiligten müssen sich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, der die Rechtsbeschwerdeschrift zu unterzeichnen hat.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Die zur Vertretung berechtigte Person muss die Befähigung zum Richteramt haben.

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht bei Beteiligten, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind.

Soweit sich der Rechtsbeschwerdeführer nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen muss, ist die Rechtsbeschwerdeschrift durch ihn oder seinen Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Rechtsbeschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);

2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar

a. die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;

b. soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

Mit der Rechtsbeschwerde soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses vorgelegt werden.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 14.09.2015.

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(1) Auf das gerichtliche Verfahren sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. Standesämter und Aufsichtsbehörden sind von Gerichtskosten befreit.

(2) Die Aufsichtsbehörde, das Standesamt und die Beteiligten können in jeder Lage des Verfahrens diesem beitreten; sie können ihren Beitritt auch durch Einlegung eines Rechtsmittels erklären.

(1) Der Beschluss, durch den das Standesamt zur Vornahme einer Amtshandlung angehalten oder durch den die Berichtigung eines Personenstandsregisters angeordnet wird, wird mit Rechtskraft wirksam.

(2) Gegen den Beschluss steht dem Standesamt und der Aufsichtsbehörde die Beschwerde in jedem Fall zu.

(1) Auf das gerichtliche Verfahren sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. Standesämter und Aufsichtsbehörden sind von Gerichtskosten befreit.

(2) Die Aufsichtsbehörde, das Standesamt und die Beteiligten können in jeder Lage des Verfahrens diesem beitreten; sie können ihren Beitritt auch durch Einlegung eines Rechtsmittels erklären.

In anderen Verfahren nach diesem Gesetz sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist.

(1) Für die in den §§ 48 und 49 vorgesehenen Entscheidungen sind ausschließlich die Amtsgerichte zuständig, die ihren Sitz am Ort eines Landgerichts haben. Ihr Bezirk umfasst den Bezirk des Landgerichts.

(2) Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Sitz des Standesamts bestimmt, das die Sache dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt hat oder das die Amtshandlung vornehmen oder dessen Personenstandsregister berichtigt werden soll.

Vater eines Kindes ist der Mann,

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2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

§ 1592 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung ein Kind geboren wird. Steht fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, so ist dieser Zeitraum maßgebend. Wird von einer Frau, die eine weitere Ehe geschlossen hat, ein Kind geboren, das sowohl nach den Sätzen 1 und 2 Kind des früheren Ehemanns als auch nach § 1592 Nr. 1 Kind des neuen Ehemanns wäre, so ist es nur als Kind des neuen Ehemanns anzusehen. Wird die Vaterschaft angefochten und wird rechtskräftig festgestellt, dass der neue Ehemann nicht Vater des Kindes ist, so ist es Kind des früheren Ehemanns.

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

(1) Die Rechtswirkungen der Anerkennung können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung wirksam wird.

(2) Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.

(3) Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam.

(4) Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes zulässig.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.

(2) Der Beschluss enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
die Beschlussformel.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit

1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist,
2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder
3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.

(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:

1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung;
2.
in Abstammungssachen;
3.
in Betreuungssachen;
4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.

(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.