Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 17. Jan. 2014 - 2 Verg 6/13

bei uns veröffentlicht am17.01.2014

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 2013 bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Der Antragsgegner, eine Gebietskörperschaft, welche Aufgabenträger für den Öffentlichen Straßenpersonennahverkehr und zugleich Genehmigungsbehörde für Linienverkehre i.S. von § 42 PBefG in ihrem Gemeindegebiet nach § 11 Abs. 2 PBefG ist, schrieb im September 2013 EU-weit einen Wettbewerb um die Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen i.S. des sog. „Wittenberger Modells“ für 32 Omnibuslinien aus. Als Schlusstermin für den Eingang von Teilnahmeanträgen wurde der 20.12.2013, 12:00 Uhr, festgesetzt. Das Antrags- und Bearbeitungsverfahren für die Erteilung der Genehmigungen sollte nach dem PBefG und auf der Grundlage des gültigen Nahverkehrsplanes des Kreistages vom 08.07.2013 (gültig bis zum 31.12. 2020) durchgeführt werden; letzterer sieht eine Zusammenfassung von Omnibuslinien zu Linienbündeln vor. Der Genehmigungszeitraum sollte am 01.01.2015 beginnen; die Laufzeiten der Genehmigungen sollten sich nach § 16 Abs. 2 PBefG richten. Der Wettbewerbsbekanntmachung war am 27.03.2013 eine EU-weite Vorinformation über das Auslaufen der bisher gültigen Linienverkehrsgenehmigungen vorausgegangen.

2

Am 28.09.2013 veröffentlichte der Antragsgegner in seinem eigenen Amtsblatt die Bekanntmachung des Auslaufens der betreffenden Linienverkehrsgenehmigungen. In beiden Bekanntmachungen, sowohl in der EU-weiten als auch in der nationalen Bekanntmachung, verwies der Antragsgegner auf im Internet zugängliche, jedoch passwortgeschützte weiterführende Informationen. Zu diesen Informationen gehörte die Satzung des Landkreises über anteilige Mitfinanzierung von Defiziten der Verkehrsunternehmen für die Erstellung von eigenwirtschaftlichen Verkehrsleistungen des Öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs auf dem Territorium des Landkreises ... - ÖSPV-Finanzierungssatzung - vom 29.07.2013, in welcher konkrete Zuschussleistungen pro Fahrgastkilometer bzw. pro Beförderungsfall sowie der begrenzte Gesamtbetrag der Zuschussleistungen ausgewiesen sind. Die Zuschussleistungen dienen nach dem Inhalt der ÖPNV-Finanzierungssatzung zur Sicherstellung eigenwirtschaftlicher Verkehrsleistungen. Auf eine entsprechende Anfrage teilte der Antragsgegner allen Interessenten mit, dass die ÖPNV-Finanzierungssatzung eine allgemeine Vorschrift nach Art. 3 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 darstelle. Die Ausgleichsleistungen führten nach § 8 Abs. 4 PBefG nicht zum Verlust der Eigenwirtschaftlichkeit.

3

Mit Fax-Schreiben vom 23.09.2013 rügte die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner, dass die Laufzeit der Linienverkehrsgenehmigungen nach dem Inhalt der Wettbewerbsbekanntmachung vom Inhalt der Vorinformation abweiche (statt für einen Zeitraum von zehn Jahren lediglich ein Zeitraum von sechs Jahren), ohne dass eine Berichtigung der Vorinformation stattgefunden habe. Zudem vertrat sie die Ansicht, dass die ÖPNV-Satzung nicht den Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 entspreche. Schließlich rügte die Antragstellerin, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht klar definiert seien und dass Vorgaben zum Subunternehmereinsatz fehlten. Die Antragsgegnerin half diesen Rügen nicht ab und vertrat in ihrem Absageschreiben vom 30.09.2013, per Fax an die Antragstellerin am 02.10.2013 gesandt, die Auffassung, dass es sich bei dem Verfahren um ein Verwaltungsverfahren handle und daher die Vorschriften der §§ 97 ff. GWB nicht anwendbar seien.

4

Mit Schriftsatz vom 17.10.2013 hat die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit dem Ziel beantragt, dass der Antragsgegner zur Aufhebung des Genehmigungswettbewerbs verpflichtet werden möge und ihm aufgegeben werde, die Dienstleistungen EU-weit entweder nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 i.V.m. § 8a Abs. 2 PBefG oder nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1370/2007 i.V.m. § 8b PBefG auszuschreiben sowie zuvor die Vorinformation zu berichtigen.

5

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Beschluss vom 19.12.2013 als unzulässig verworfen. Sie stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass sie für eine Prüfung von Rechtsverstößen außerhalb des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften nicht zuständig sei. Die Einordnung von Verkehrsleistungen in die Kategorien der eigenwirtschaftlichen oder gemeinwirtschaftlichen Verkehre stelle keine vergaberechtliche Vorschrift dar. Es bestehe auch kein unmittelbarer vergaberechtlicher Anknüpfungspunkt. Für die aufgeworfenen Rechtsfragen stehe der Antragstellerin der Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zur Verfügung.

6

Gegen diese ihr am 20.12.2013 zugestellte Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 27.12.2013 erhobene und am selben Tage vorab per Fax beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

7

Die Antragstellerin ist u.a. der Meinung, dass eine Prüfung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 6 S. 1 PBefG - der Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehrsleistungen - nicht erforderlich sei, da der Antragsgegner die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nicht beabsichtigt habe und zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass der Gewinner des Wettbewerbs Ausgleichsleistungen in Anspruch nehmen werde. Die Gewährung von Ausgleichsleistungen sei jedoch mit der Verpflichtung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens verknüpft, soweit sie nicht über eine allgemeine Vorschrift zur Festsetzung von Höchsttarifen für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen erfolge. Eine solche Ausnahme von der Verpflichtung zur EU-weiten Ausschreibung sei ebenso zu beurteilen, wie die in §§ 100 Abs. 2 ff., 101a bis 101c GWB aufgeführten Ausnahmen, d.h. deren Vorliegen oder Nichtvorliegen unterfalle der vergaberechtlichen Nachprüfung.

8

Die Antragstellerin verfolgt ihr Rechtsschutzziel mit gleichen Anträgen, wie im Verfahren vor der Vergabekammer gestellt, weiter und hat darüber hinaus beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens anzuordnen, um der Gefahr zu begegnen, dass der Antragsgegner während des Beschwerdeverfahrens die Linienverkehrsgenehmigung an einen Konkurrenten der Antragstellerin erteilt.

9

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Eilrechtsschutzantrags begehrt. Er meint, dass eine Anordnung nach § 118 Abs. 1 GWB schon deshalb nicht in Betracht komme, weil er - der Antragsgegner - kein Vergabeverfahren durchführe. Hilfsweise beruft er sich auf s.E. fehlende Erfolgsaussichten des Rechtsmittels.

B.

10

Der Antrag der Antragstellerin im Eilrechtsschutz ist nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zulässig, er hat aber in der Sache keinen Erfolg.

11

Unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen überwiegen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung des vom Antragsgegner eingeleiteten Verfahrens bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile (§ 118 Abs. 2 GWB). Der Senat misst der sofortigen Beschwerde keine Erfolgsaussicht bei. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist überwiegend unzulässig und im Übrigen unbegründet.

12

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist allerdings zulässig. Sie wurde frist- und formgerecht (§ 117 Abs. 1 bis 3 GWB) beim zuständigen Gericht (§ 116 Abs. 3 S. 1 GWB) eingelegt. Die Antragstellerin ist durch die angefochtene Entscheidung formell und materiell beschwert.

13

II. Das Rechtsmittel hat nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist nur insoweit zulässig, als er (inzident) auf eine Prüfung des Vorliegens der objektiven Voraussetzungen der §§ 98 bis 100c GWB gerichtet ist. Im Übrigen ist er unzulässig. Der vom Antragsgegner betriebene Wettbewerb um die Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen für eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen ist kein öffentlicher Auftrag i.S. von § 99 Abs. 1 und 4 GWB.

14

1. Allerdings ist der Zugang der Antragstellerin zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bzw. vor dem Vergabesenat eingeschränkt eröffnet.

15

a) Die Antragstellerin rügt mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht die Art und Weise der Einleitung oder Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens. Der Nachprüfungsantrag ist gleichwohl nach § 102 GWB teilweise statthaft, soweit beanstandet wird, dass ein nach Maßgabe der §§ 97 ff. GWB gestaltetes Vergabeverfahren bislang nicht stattgefunden hat. Das gebietet die unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts (vgl. BGH, Beschluss v. 01.02.2005, X ZB 27/04 „Altpapierverwertung II“, BGHZ 162, 116; Beschluss v. 01.12.2008, X ZB 31/08 „Rettungsdienstleistungen I“, BGHZ 179, 84). Eine Entscheidung eines Auftraggebers, welche der Nachprüfung zugänglich ist, liegt bereits dann vor, wenn ein öffentlicher Auftraggeber i.S. von § 98 GWB beschließt, kein förmliches Vergabeverfahren einzuleiten, weil der abzuschließende Vertrag seiner Auffassung nach nicht in den Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts bzw. des diese umsetzenden nationalen Rechts fällt (vgl. nur EuGH, Urteil v. 11.01.2005, C-26/03 „Stadt Halle u. RPL GmbH ./. ARGE TREA Leuna“, VergabeR 2005, 44).

16

b) Für die Nachprüfung dieser Rüge ist die Antragstellerin antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB, was auch der Antragsgegner nicht in Frage gestellt hat. Eine Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ist nicht ersichtlich oder vorgetragen; die Antragsfrist des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB ist gewahrt worden.

17

2. Die Rüge des vergaberechtswidrigen Absehens von der Einleitung und Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für eine EU-weite Ausschreibungspflicht liegen objektiv nicht vor, insbesondere fehlt es an der Erteilung eines öffentlichen Auftrags.

18

a) In formeller Hinsicht hat der Antragsgegner dazu aufgefordert, dass Omnibusverkehrsunternehmen sich an einem Verfahren auf Erteilung einer Genehmigung für die Durchführung eigenwirtschaftlicher Linienverkehre i.S. von § 8 Abs. 4 PBefG durch Einreichung eines entsprechenden Genehmigungsantrages beteiligen. Damit hat er ausdrücklich kein wettbewerbliches Vergabeverfahren nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB eingeleitet, sondern ein Verwaltungsverfahren zur Erteilung einer Genehmigung. Für das Genehmigungsverfahren hat er zwar einen wettbewerblichen Rahmen gewählt, hier das sog. „Wittenberger Modell“, bei welchem Verkehrsunternehmen aufgefordert werden, ihren hinsichtlich der Leistungen im Einzelnen selbst gestalteten Genehmigungsantrag auf der Grundlage des Nahverkehrsplans (Linienführung und Linienbündelung) zu entwerfen, und in dem der Auftraggeber Anreize zur Antragstellung dadurch setzt, dass er über eine kommunale Fördersatzung leistungsbezogene Zuwendungen gewährt, welche die Kosten allein nicht decken. Die wettbewerbliche Ge-staltung des Genehmigungsverfahrens berührt aber dessen Charakter als ein Verwaltungsverfahren mit dem Ziel des Erlasses eines Verwaltungsakts - der Linienverkehrsgenehmigung - nicht.

19

b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt auch bei funktionaler Betrachtung, d.h. in materieller Hinsicht, in dem eröffneten Verfahren kein Beschaffungsvorgang i.S. der (beabsichtigten) Erteilung eines öffentlichen Auftrags gemäß § 99 Abs. 1 GWB. Hierfür fehlt es jedenfalls an dem Merkmal der Entgeltlichkeit der Leistungserbringung des Genehmigungsadressaten. Zwar erfasst dieses Merkmal nach dem maßgeblichen „weiten“ Entgeltbegriff jede Art von Vergütung, welche einen geldwerten Vorteil bedeutet; es ist unerheblich, ob der Auftragnehmer hieraus einen Gewinn erzielt (vgl. Eschenbruch in: Kulartz/ Kus/ Portz, a.a.O., § 99 Rn. 187 ff, u.a. unter Verweis auf OLG Naumburg, Beschluss v. 03.11.2005, 1 Verg 9/05 „Nachbarlandkreis“, VergabeR 2006, 88 m.w.N.). Durch die Genehmigung eines eigenwirtschaftlichen Linienverkehrs verpflichtet sich der öffentliche Auftraggeber jedoch weder zur Zahlung einer unmittelbaren Vergütung - die Vergütung der Leistungen des Verkehrsunternehmens erfolgt durch den Fahrgast in Form eines Beförderungsentgelts - noch sonst zu einer geldwerten Gegenleistung für die Leistung des Unternehmens. Soweit er mit seiner ÖSPV-Finanzierungssatzung eine Anspruchsgrundlage für sämtliche Verkehrsunternehmen geschaffen hat, welche Öffentliche Straßenpersonennahverkehrsleistungen im Landkreis erbringen, um finanzielle Zuschüsse für Beförderungsleistungen zu erhalten, erfolgt die Gewährung dieser Zuwendungen nicht in einem einheitlichen, durch die Genehmigung begründeten Leistungsaustauschverhältnis. Die Zuwendungen stehen nicht in einem Gegenleistungsverhältnis zur Verkehrsleistung.

20

3. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nicht statthaft. Die Antragstellerin hat im Rahmen des Verfahrens vor der Vergabekammer gemäß § 102 GWB keine Antragsbefugnis für vermeintliche Verstöße gegen beihilferechtliche Regelungen, insbesondere gegen Art. 3 VO (EG) Nr. 1370/2007, oder gegen fachrechtliche Bestimmungen im Personenbeförderungsrecht. Denn das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ist auf die Überprüfung von Vergaberechtsverstößen beschränkt; die Antragstellerin kann nach § 107 Abs. 2 GWB nur die Verletzung subjektiver Rechte im Vergabeverfahren i.S. von § 97 Abs. 7 GWB geltend machen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 02.03.2011, VII-Verg 48/10, VergabeR 2011, 301; Thüringer OLG, Beschluss v. 23.12.2011, 9 Verg 3/11, VergabeR 2012, 461; OLG Rostock, Beschluss v. 04.07.2012, 17 Verg 3/12, zitiert nach juris; jeweils für die Rüge der Verletzung des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehre nach § 8 Abs. 4 PBefG). Ob die ÖSPV-Finanzierungssatzung eine „allgemeine Vorschrift“ i.S. von Art. 2 lit. l) VO (EG) Nr. 1370/2007 ist und ggf. den Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung entspricht oder ob die Art und Weise der Einleitung und Durchführung des vorliegenden Genehmigungsverfahrens für die Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen für eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen den hierfür geltenden Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Informations- und Auskunftsansprüche der Interessenten, gerecht wird, ist dem gegenüber weder unmittelbar noch mittelbar Gegenstand einer vergaberechtlichen Vorschrift, welche dem Schutz der Bieter, Bewerber bzw. Interessenten eines Vergabeverfahrens zu dienen bestimmt ist. Selbst ein - unterstellter - Verstoß der vorgenannten Satzung gegen das Beihilferecht, wie ihn die Antragstellerin geltend macht, berührte zwar u.U. die Vereinbarkeit der Zuschüsse des Antragsgegners an die leistungsausführenden Verkehrsunternehmen mit dem EU-Binnenmarkt, wäre aber nicht als eine Verletzung von subjektiven Rechten der Antragstellerin im förmlichen Vergabeverfahren anzusehen. Auch nach der Darstellung der Antragstellerin findet derzeit kein Vergabeverfahren statt; die Einleitung und Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens wäre erst die - in der Zukunft liegende - Konsequenz daraus, dass der Antragsgegner für den Fall des Ausbleibens von Anträgen auf Genehmigung von eigenwirtschaftlichen Linienverkehrsleistungen mangels rechtlich zulässiger Ausgleichsleistungen (u.U.) gehalten wäre, auf eine Betrauung von Verkehrsunternehmen mit gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen zurückzugreifen und für die Auswahl des zu betrauenden Unternehmens die Vorgaben des Vergaberechts einzuhalten.

21

III. Eine Entscheidung über die Kostentragung ist im Eilrechtsschutz nicht veranlasst.


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(1) Die Genehmigung erteilt die von der Landesregierung bestimmte Behörde.

(2) Zuständig ist

1.
bei einem Straßenbahn-, Obusverkehr oder einem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen die Genehmigungsbehörde, in deren Bezirk der Verkehr ausschließlich betrieben werden soll,
2.
bei einem Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen die Genehmigungsbehörde, in deren Bezirk der Unternehmer seinen Sitz oder seine Niederlassung im Sinne des Handelsrechts hat.

(3) Soll ein Straßenbahn-, Obusverkehr oder ein Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen in den Bezirken mehrerer Genehmigungsbehörden desselben Landes betrieben werden, so ist die Genehmigungsbehörde zuständig, in deren Bezirk die Linie ihren Ausgangspunkt hat. Wird eine Genehmigung gemäß § 9 Absatz 2 für mehrere Linien gebündelt erteilt, ist die Genehmigungsbehörde zuständig, in deren Bezirk die Mehrzahl der Linien betrieben werden soll. Bestehen Zweifel über die Zuständigkeit, so wird die zuständige Genehmigungsbehörde von der von der Landesregierung bestimmten Behörde benannt. Die zuständige Genehmigungsbehörde trifft ihre Entscheidung im Einvernehmen mit den an der Linienführung beteiligten Genehmigungsbehörden; Genehmigungsbehörden, deren Bezirke im Transit durchfahren werden, sind nicht zu beteiligen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die von der Landesregierung bestimmte Behörde.

(4) Soll ein Straßenbahn-, Obus- oder Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen in mehreren Ländern betrieben werden, so ist Absatz 3 Satz 1, 2 und 4 entsprechend anzuwenden. Bestehen zwischen den beteiligten Ländern Zweifel über die Zuständigkeit und kommt eine Einigung der obersten Landesverkehrsbehörden darüber nicht zustande, so entscheidet auf Antrag einer beteiligten obersten Landesverkehrsbehörde das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das gleiche gilt, wenn über die Entscheidung eines Genehmigungsantrags zwischen den Genehmigungsbehörden der beteiligten Länder ein Einvernehmen nicht hergestellt und auch ein Einvernehmen zwischen den obersten Landesverkehrsbehörden darüber nicht erzielt werden kann.

(1) Die Geltungsdauer der Genehmigung für Straßenbahn-und Obusverkehr beträgt höchstens 15 Jahre. Sie kann unter den Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 für einen längeren Zeitraum festgelegt werden. Bei Wiedererteilung der Genehmigung ist die Geltungsdauer so zu bemessen, dass die Genehmigung mit Vereinbarungen und Entscheidungen über die Benutzung öffentlicher Straßen nach § 31 Absatz 2 und 5 in Einklang steht. Ist die beantragte Verkehrsleistung Gegenstand eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, darf die Geltungsdauer der Genehmigung die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrages nicht überschreiten.

(2) Die Geltungsdauer der Genehmigung für Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen ist unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen zu bemessen. Sie beträgt höchstens zehn Jahre. Die Genehmigung kann unter den Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 für einen längeren Zeitraum festgelegt werden. Ist die beantragte Verkehrsleistung Gegenstand eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, darf die Geltungsdauer der Genehmigung die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrages nicht überschreiten. Im öffentlichen Personennahverkehr ist § 8 Absatz 3 zu beachten.

(3) Weicht im öffentlichen Personennahverkehr ein Genehmigungsantrag für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr wesentlich vom bisherigen Verkehrsangebot ab und sichert die zuständige Behörde der Genehmigungsbehörde die Vergabe eines dem bisherigen Verkehrsangebot entsprechenden öffentlichen Dienstleistungsauftrages zu, so ist die Geltungsdauer der Genehmigung so zu bemessen, dass sie zu dem Zeitpunkt endet, den die zuständige Behörde als Zeitpunkt der geplanten Betriebsaufnahme des zugesicherten Verkehrs angibt. Setzt die zuständige Behörde ihre Zusicherung nicht um, so ist die Geltungsdauer der Genehmigung unter Beachtung der Absätze 1 und 2 neu festzusetzen.

(4) Die Geltungsdauer der Genehmigungen für Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen beträgt höchstens zehn Jahre und für sonstigen Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen höchstens fünf Jahre.

(1) Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.

(2) Öffentlicher Personennahverkehr ist auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der eine der in Absatz 1 genannten Verkehrsarten ersetzt, ergänzt oder verdichtet.

(3) Für die Sicherstellung einer ausreichenden den Grundsätzen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind die von den Ländern benannten Behörden (Aufgabenträger) zuständig. Der Aufgabenträger definiert dazu die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in der Regel in einem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die in Satz 3 genannte Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden. Im Nahverkehrsplan werden Aussagen über zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen getroffen. Bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans sind die vorhandenen Unternehmer frühzeitig zu beteiligen; soweit vorhanden sind Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeiräte, Verbände der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Fahrgäste und Fahrgastverbände anzuhören. Ihre Interessen sind angemessen und diskriminierungsfrei zu berücksichtigen. Der Nahverkehrsplan bildet den Rahmen für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Länder können weitere Einzelheiten über die Aufstellung und den Inhalt der Nahverkehrspläne regeln.

(3a) Die Genehmigungsbehörde wirkt im Rahmen ihrer Befugnisse nach diesem Gesetz und unter Beachtung des Interesses an einer wirtschaftlichen, den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit sowie die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse berücksichtigenden Verkehrsgestaltung an der Erfüllung der dem Aufgabenträger nach Absatz 3 Satz 1 obliegenden Aufgabe mit. Sie hat hierbei einen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen, der unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 6 zustande gekommen ist und vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet.

(3b) Für Vereinbarungen von Verkehrsunternehmen und für Beschlüsse und Empfehlungen von Vereinigungen dieser Unternehmen gilt § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht, soweit sie dem Ziel dienen, für eine Integration der Nahverkehrsbedienung, insbesondere für Verkehrskooperationen, für die Abstimmung oder den Verbund der Beförderungsentgelte und für die Abstimmung der Fahrpläne, zu sorgen. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Anmeldung bei der Genehmigungsbehörde. Für Vereinigungen von Unternehmen, die Vereinbarungen, Beschlüsse und Empfehlungen im Sinne von Satz 1 treffen, gilt § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entsprechend. Verfügungen der Kartellbehörde, die solche Vereinbarungen, Beschlüsse oder Empfehlungen betreffen, ergehen im Benehmen mit der zuständigen Genehmigungsbehörde.

(4) Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen. Eigenwirtschaftlich sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) und sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden. Ausgleichszahlungen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs nach § 45a sind aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausgenommen.

(1) Soweit eine ausreichende Verkehrsbedienung für eine Gesamtleistung nach § 8a Absatz 2 Satz 4 oder für eine Teilleistung nicht entsprechend § 8 Absatz 4 Satz 1 möglich ist, ist die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 maßgebend. Die zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (zuständige Behörde) kann zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung allgemeine Vorschriften im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erlassen oder öffentliche Dienstleistungsaufträge nach Maßgabe des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erteilen. Wer zuständige Behörde ist, richtet sich nach dem Landesrecht; sie soll grundsätzlich mit dem Aufgabenträger nach § 8 Absatz 3 identisch sein.

(2) Sind öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 für den Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder mit Kraftfahrzeugen zugleich öffentliche Aufträge im Sinne des § 103 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, gilt der Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Die zuständige Behörde ist auch in diesem Fall zur Veröffentlichung nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (Vorabbekanntmachung) verpflichtet; die Veröffentlichung soll nicht früher als 27 Monate vor Betriebsbeginn erfolgen und hat den Hinweis auf die Antragsfrist in § 12 Absatz 6 zu enthalten. In der Vorabbekanntmachung sollen die mit dem beabsichtigten Dienstleistungsauftrag verbundenen Anforderungen für Fahrplan, Beförderungsentgelt und Standards angegeben werden. Es kann angegeben werden, inwieweit eine Vergabe als Gesamtleistung beabsichtigt ist (Netz, Teilnetz, Linienbündel, Linie). Die Angaben können auch durch Verweis auf bestimmte Inhalte des Nahverkehrsplans im Sinne des § 8 Absatz 3 oder durch Verweis auf andere öffentlich zugängliche Dokumente geleistet werden.

(3) Die zuständige Behörde ist unter den in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 genannten Voraussetzungen befugt, Verkehrsleistungen im Nahverkehr nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 selbst zu erbringen oder nach Artikel 5 Absatz 2 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 direkt zu vergeben.

(4) Bei der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Absatz 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 für den Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder mit Kraftfahrzeugen sind die Interessen des Mittelstandes angemessen zu berücksichtigen. Bei der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sind Leistungen in Lose aufgeteilt zu vergeben.

(5) Beabsichtigt die zuständige Behörde, Verkehrsleistungen im Nahverkehr selbst zu erbringen oder nach Artikel 5 Absatz 2 oder 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 direkt zu vergeben, so hat sie interessierte Unternehmer auf Antrag über die Gründe für die beabsichtigte Entscheidung zu informieren. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Vorabbekanntmachung zu stellen.

(6) Die Unternehmen können verlangen, dass die zuständige Behörde die Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge einhält.

(7) Die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Absatz 2 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 für den Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen unterliegt der Nachprüfung nach Teil 4 Kapitel 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Die Prüfungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde der zuständigen Behörde bleiben unberührt.

(8) Die zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 kann in dem öffentlichen Dienstleistungsauftrag ein ausschließliches Recht im Sinne von Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gewähren. Das ausschließliche Recht darf sich nur auf den Schutz der Verkehrsleistungen beziehen, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrages sind. Die zuständige Behörde bestimmt hierbei den räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich sowie die Art der Personenverkehrsdienstleistungen, die unter Ausschluss anderer Betreiber zu erbringen sind. Dabei dürfen solche Verkehre, die das Fahrgastpotenzial der geschützten Verkehre nur unerheblich beeinträchtigen, nicht ausgeschlossen werden.

(1) Ein wettbewerbliches Vergabeverfahren nach Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 muss die Anforderungen nach den Absätzen 2 bis 7 erfüllen.

(2) Die Bekanntmachung über das vorgesehene wettbewerbliche Vergabeverfahren muss allen in Betracht kommenden Bietern zugänglich sein. Sie kann auf der Internetseite www.bund.de veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung muss alle für die Teilnahme an dem Vergabeverfahren erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere Informationen über

1.
den vorgesehenen Ablauf des wettbewerblichen Vergabeverfahrens,
2.
vorzulegende Nachweise der Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit (Eignungsnachweis),
3.
Anforderungen an die Übermittlung von Unterlagen sowie
4.
Zuschlagskriterien einschließlich deren vorgesehener Gewichtung.

(3) Die Dienstleistungen sind eindeutig und umfassend zu beschreiben, sodass alle in Betracht kommenden Bieter die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind. Fristen sind unter Berücksichtigung der Komplexität der Dienstleistungen angemessen zu setzen.

(4) Die Teilnehmer an dem wettbewerblichen Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln. Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.

(5) Werden Unteraufträge zugelassen, kann vorgegeben werden, dass die Übertragung von Unteraufträgen nach wettbewerblichen Grundsätzen vorzunehmen ist.

(6) Das Vergabeverfahren ist von Beginn an fortlaufend zu dokumentieren. Alle wesentlichen Entscheidungen sind zu begründen.

(7) Der Aufgabenträger hat die nicht berücksichtigten Bieter über den Namen des ausgewählten Unternehmens, über die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung und über den frühesten Zeitpunkt der Beauftragung unverzüglich zu informieren. Die §§ 134 und 135 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend.

(1) Der Antrag auf Erteilung der Genehmigung soll enthalten

1.
in allen Fällen
a)
Namen sowie Wohn- und Betriebssitz des Antragstellers, bei natürlichen Personen außerdem Geburtstag und Geburtsort,
b)
Angaben darüber, ob der Antragsteller bereits eine Genehmigung für eine Verkehrsart besitzt oder besessen hat,
c)
eine Darstellung der Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der vollständigen Barrierefreiheit des beantragten Verkehrs entsprechend den Aussagen im Nahverkehrsplan (§ 8 Absatz 3 Satz 3),
d)
Beginn und Ende der beantragten Geltungsdauer,
e)
gegebenenfalls den Nachweis über einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007;
2.
bei einem Straßenbahn- oder Obusverkehr
a)
eine Übersichtskarte, in der die beantragte Strecke mit Haltestellen und alle in dem Verkehrsgebiet bereits vorhandenen Schienenbahnen, Obuslinien, Kraftfahrzeuglinien und Schiffahrtslinien, letztere soweit sie dem Berufsverkehr dienen, eingezeichnet sind,
b)
Beförderungsentgelte und Fahrplan,
c)
auf Verlangen der Genehmigungsbehörde einen Bauplan mit Kostenanschlag sowie Beschreibung der Anlage, Angaben über die höchste und tiefste Lage des Fahrdrahts, Längs- und Querschnitte sowie Pläne für notwendige Änderungen an öffentlichen Straßen, Beschreibung der Fahrzeuge einschließlich der Schaltpläne und der Betriebsweise;
3.
bei einem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen
a)
eine Übersichtskarte in der unter Nummer 2 Buchstabe a beschriebenen Form,
b)
die Länge der Linie, bei Unterwegsbedienung auch der Teilstrecken, in Kilometern,
c)
Angaben über die Zahl, die Art und das Fassungsvermögen (Sitz- und Stehplätze) der zu verwendenden Fahrzeuge,
d)
Beförderungsentgelte und Fahrplan;
3a.
bei einem Linienbedarfsverkehr mit Kraftfahrzeugen abweichend von Nummer 3
a)
eine Übersichtskarte, in der das beantragte Gebiet und alle in dem Gebiet bereits vorhandenen Verkehre entsprechend den Vorgaben in Nummer 2 Buchstabe a eingezeichnet sind,
b)
Angaben über die Anzahl, die Art und das Fassungsvermögen der zu verwendenden Fahrzeuge und
c)
Beförderungsentgelte und Bedienzeiten;
4.
bei einem Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen
a)
Verkehrsform des Gelegenheitsverkehrs (§ 46),
b)
Angaben über die Zahl, die Art und das Fassungsvermögen (Sitzplätze) der zu verwendenden Fahrzeuge,
c)
und ergänzend bei einem gebündelten Bedarfsverkehr eine Übersichtskarte, in der das Gebiet, in dem der Verkehr durchgeführt werden soll, eingezeichnet ist.
Bei einem Personenfernverkehr (§ 42a Satz 1) genügt abweichend von Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a eine Übersichtskarte, in der die beantragte Strecke mit Haltestellen eingezeichnet ist und abweichend von Satz 1 Nummer 3 Buchstabe d der Fahrplan. Der Antrag auf Erteilung der Genehmigung sowie die dafür notwendigen Dokumente können in elektronischer Form eingereicht werden.

(1a) Um bestimmte Standards des beantragten Verkehrs verbindlich zuzusichern, kann der Antragsteller dem Genehmigungsantrag weitere Bestandteile hinzufügen, die als verbindliche Zusicherungen zu bezeichnen sind.

(2) Dem Antrag sind Unterlagen beizufügen, die ein Urteil über die Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs ermöglichen.

(3) Die Genehmigungsbehörde kann weitere Angaben und Unterlagen, insbesondere Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, verlangen. Sie hat bei einem Antrag auf Erteilung der Genehmigung von Linien- oder Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen das Kraftfahrt-Bundesamt um Auskunft über den Antragsteller zu ersuchen. Bei einem Personenfernverkehr kann sie geeignete Unterlagen verlangen, aus denen sich ergibt, dass die zuständigen Stellen vor Ort den beantragten Haltestellen zugestimmt haben.

(4) Das Genehmigungsverfahren soll im Falle des § 3 Abs. 3 erst dann eingeleitet werden, wenn auch der Antrag auf Erteilung der Genehmigung für den Betrieb vorliegt. Die Verfahren sind nach Möglichkeit miteinander zu verbinden.

(5) Der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr ist spätestens zwölf Monate vor dem Beginn des beantragten Geltungszeitraums zu stellen. Die Genehmigungsbehörde kann verspätete Anträge zulassen, wenn kein genehmigungsfähiger Antrag gestellt worden ist. Die Genehmigungsbehörde kann andere Termine setzen. Sie muss hierauf in der Bekanntmachung nach § 18 hinweisen. Danach sind Ergänzungen und Änderungen von Anträgen nur dann zulässig, wenn sie von der Genehmigungsbehörde im öffentlichen Verkehrsinteresse angeregt worden sind.

(6) Beabsichtigt die zuständige Behörde die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Absatz 2 bis 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 oder nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, ist der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr spätestens drei Monate nach der Vorabbekanntmachung zu stellen. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit dem Aufgabenträger verspätete Anträge zulassen. Das Einvernehmen des Aufgabenträgers nach Satz 2 gilt als erteilt, wenn der von dem Aufgabenträger beauftragte Verkehr den im Rahmen der Vorabbekanntmachung gesetzten Anforderungen nach § 8a Absatz 2 Satz 3 bis 5 nicht entspricht.

(7) Der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr im Sinne von § 8a Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 soll spätestens sechs Monate vor dem Beginn der beantragten Geltungsdauer gestellt werden. Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Frist verkürzen.

(8) Die Absätze 5 und 6 gelten nicht für den Personenfernverkehr (§ 42a Satz 1).

(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.

(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.

Bei öffentlichen Aufträgen und Wettbewerben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge zu sein, ist dieser Teil nicht anzuwenden,

1.
soweit der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden kann, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens zur Verfügung stellt,
2.
soweit die Voraussetzungen des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt sind,
3.
wenn die Vergabe und die Ausführung des Auftrags für geheim erklärt werden oder nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern; Voraussetzung hierfür ist eine Feststellung darüber, dass die betreffenden wesentlichen Interessen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden können, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen,
4.
wenn der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die Vergabe oder Durchführung nach anderen Vergabeverfahren vorzunehmen, die festgelegt sind durch
a)
eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt,
b)
eine internationale Übereinkunft oder Vereinbarung im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen, die Unternehmen betrifft, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder einem Staat haben, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums ist, oder
c)
eine internationale Organisation oder
5.
wenn der öffentliche Auftraggeber gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung einen öffentlichen Auftrag vergibt oder einen Wettbewerb ausrichtet und dieser öffentliche Auftrag oder Wettbewerb vollständig durch diese Organisation oder Einrichtung finanziert wird. Im Falle einer überwiegenden Kofinanzierung durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, die die Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge durch zwischenbetriebliche Zusammenarbeit zum Gegenstand haben, erfüllen die Voraussetzungen des § 2 Absatz 1, wenn

1.
dadurch der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt wird und
2.
die Vereinbarung oder der Beschluss dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu verbessern.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn diese Aufträge Folgendes zum Gegenstand haben:

1.
Rechtsdienstleistungen, die eine der folgenden Tätigkeiten betreffen:
a)
Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in
aa)
Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen,
bb)
nationalen oder internationalen Schiedsgerichts- oder Schlichtungsverfahren,
b)
Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Verfahrens im Sinne von Buchstabe a dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird,
c)
Beglaubigungen und Beurkundungen, sofern sie von Notaren vorzunehmen sind,
d)
Tätigkeiten von gerichtlich bestellten Betreuern, Vormündern, Pflegern, Verfahrensbeiständen, Sachverständigen oder Verwaltern oder sonstige Rechtsdienstleistungen, deren Erbringer durch ein Gericht dafür bestellt oder durch Gesetz dazu bestimmt werden, um bestimmte Aufgaben unter der Aufsicht dieser Gerichte wahrzunehmen, oder
e)
Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind,
2.
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, es handelt sich um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 73000000-2 bis 73120000-9, 73300000-5, 73420000-2 und 73430000-5 fallen und bei denen
a)
die Ergebnisse ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit werden und
b)
die Dienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird,
3.
den Erwerb, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion von Sendematerial für audiovisuelle Mediendienste oder Hörfunkmediendienste, wenn diese Aufträge von Anbietern von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden, die Ausstrahlungszeit oder die Bereitstellung von Sendungen, wenn diese Aufträge an Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden,
4.
finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten, Dienstleistungen der Zentralbanken sowie mit der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchgeführte Transaktionen,
5.
Kredite und Darlehen, auch im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten oder
6.
Dienstleistungen, die an einen öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nummer 1 bis 3 vergeben werden, der ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht hat, die Leistungen zu erbringen.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Wettbewerbe anzuwenden, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Sektorentätigkeiten im Bereich Wasser sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Fortleitung und der Abgabe von Trinkwasser,
2.
die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze.
Als Sektorentätigkeiten gelten auch Tätigkeiten nach Satz 1, die im Zusammenhang mit Wasserbau-, Bewässerungs- oder Entwässerungsvorhaben stehen, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der Gesamtwassermenge ausmacht, die mit den entsprechenden Vorhaben oder Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellt wird oder die im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung oder -behandlung steht. Die Einspeisung von Trinkwasser in feste Netze zur Versorgung der Allgemeinheit durch einen Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 gilt nicht als Sektorentätigkeit, sofern die Erzeugung von Trinkwasser durch den betreffenden Auftraggeber erfolgt, weil dessen Verbrauch für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlich ist, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und die Einspeisung in das öffentliche Netz nur von dem Eigenverbrauch des betreffenden Auftraggebers abhängt und bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Trinkwassererzeugung des betreffenden Auftraggebers ausmacht.

(2) Sektorentätigkeiten im Bereich Elektrizität sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Elektrizität,
2.
die Einspeisung von Elektrizität in diese Netze, es sei denn,
a)
die Elektrizität wird durch den Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 erzeugt, weil ihr Verbrauch für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlich ist, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und
b)
die Einspeisung hängt nur von dem Eigenverbrauch des Sektorenauftraggebers ab und macht bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Energieerzeugung des Sektorenauftraggebers aus.

(3) Sektorentätigkeiten im Bereich von Gas und Wärme sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Gas und Wärme,
2.
die Einspeisung von Gas und Wärme in diese Netze, es sei denn,
a)
die Erzeugung von Gas oder Wärme durch den Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 ergibt sich zwangsläufig aus der Ausübung einer Tätigkeit, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und
b)
die Einspeisung zielt nur darauf ab, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und macht bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Sektorenauftraggebers aus.

(4) Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehrsleistungen sind die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn, automatischen Systemen, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Seilbahn; ein Netz gilt als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne.

(5) Sektorentätigkeiten im Bereich Häfen und Flughäfen sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets mit dem Zweck, für Luft-, See- oder Binnenschifffahrtsverkehrsunternehmen Flughäfen, See- oder Binnenhäfen oder andere Terminaleinrichtungen bereitzustellen.

(6) Sektorentätigkeiten im Bereich fossiler Brennstoffe sind Tätigkeiten zur Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets zum Zweck

1.
der Förderung von Öl oder Gas oder
2.
der Exploration oder Förderung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen.

(7) Für die Zwecke der Absätze 1 bis 3 umfasst der Begriff „Einspeisung“ die Erzeugung und Produktion sowie den Groß- und Einzelhandel. Die Erzeugung von Gas fällt unter Absatz 6.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 27/04
vom
1. Februar 2005
in dem Nachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 97 Abs. 7 GWB begründet ein subjektives Recht auf Einleitung und Durchführung
eines nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelten Vergabeverfahrens.
Die Verletzung dieses subjektiven Rechts unterliegt der durch § 102 GWB eröffneten
Nachprüfung.
Ein Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen
hat Dienstleistungen zum Gegenstand, wenn der öffentliche Auftraggeber hiermit
eine Leistung beschaffen will, die nicht unter § 99 Abs. 2 oder 3 GWB fällt,
und das Unternehmen jedenfalls unter anderem diese Leistung zu erbringen
hat.
Verpflichtet sich der öffentliche Auftraggeber seinerseits zu einer geldwerten
Gegenleistung, handelt es sich um einen entgeltlichen Vertrag, wenn Leistung
und Gegenleistung voneinander nicht trennbare Teile eines einheitlichen Leistungsaustauschgeschäfts
sind.
§ 13 VgV ist entsprechend anzuwenden, wenn es im Anwendungsbereich der
§§ 97 bis 99, 100 Abs. 1 GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur
Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben
haben, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen
trifft.
BGH, Beschl. v. 1. Februar 2005 - X ZB 27/04 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer bei der Bezirksregierung
Arnsberg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterinnen
Ambrosius und Mühlens sowie den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluß der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 17. Juni 2004 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 125.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


A. Die Antragstellerin und die Beigeladene sind Entsorgungsunternehmen. Die Antragstellerin war von der Antragsgegnerin, einer kreisfreien Stadt, beauftragt, bis zum Ablauf des Jahres 2004 Container für Altpapier an bestimmten Stellen im Stadtgebiet aufzustellen, diese zu leeren und das Altpapier zu verwerten. Die Antragsgegnerin wollte/will diese sich aus Sicht der Bürger
als Bringsystem darstellende Vorgehensweise beginnend ab Januar 2005 auf ein haushaltsnahes Holsystem umstellen. Sie will den Bürgern Abfallbehälter für das Altpapier zur Verfügung stellen sowie das darin abgelegte Altpapier durch einen Eigenbetrieb einsammeln und zu einer Umschlagsanlage bringen. Wegen der weiteren Behandlung des Altpapiers an bzw. ab der Umschlagsanlage nahm sie mit der Antragstellerin und der Beigeladenen sowie mit mindestens zwei weiteren Entsorgungsunternehmen Kontakt auf. Diese Kontaktaufnahme führte zu Angeboten über die "Papiervermarktung" bzw. "Altpapierentsorgung" einer H. GmbH, eines Unternehmens R. K. S. und der Antragstellerin sowie zu Verhandlungen mit der Beigeladenen.
Am 27./28. April 2004 unterzeichneten die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen Kaufvertrag mit einer am 1. Januar 2005 beginnenden Laufzeit von fünf Jahren. Danach verkauft die Antragsgegnerin für 50 € pro Tonne das gesamte von ihr oder Unterauftragnehmern im Stadtgebiet erfaßte Altpapier. Die Durchführung des Vertrags soll wie folgt geschehen: Die Antragsgegnerin soll bis auf Widerruf durch die Beigeladene sämtliche gesammelten Altpapiermengen bei einer bestimmten von der Beigeladenen mit der Annahme beauftragten Betriebsstätte anliefern. Das dortige Personal soll den angelieferten Altpapiermengen grobe Störstoffe entnehmen und der Antragsgegnerin zur (Wieder-)Abholung bereitstellen. Die Beigeladene soll monatlich angeben, welche Mengen getrennt nach Papier und Störstoffen die Betriebsstätte im Vormonat verlassen haben und, falls eine Umladung dort nicht mehr stattfindet, welche Altpapiermengen direkt der Verwertung zugeführt worden sind. Außerdem soll die Beigeladene die verkehrsüblichen Nachweise und Belege über die Verwertung der gesammelten und angelieferten Verkaufspackungen aus "PPK"
vorlegen, damit die Antragsgegnerin ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Betreibern des sogenannten Dualen Systems nachkommen kann.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. April 2004 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, daß ein Vertrag über die Altpapierverwertung nicht ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren abgeschlossen werden dürfe. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 6. Mai 2004 mit, "daß ein Kaufvertrag über das im Stadtgebiet durch den Abfallwirtschafts - und Stadtreinigungsbetrieb erfaßte Altpapier unterschrieben worden" sei.
Hierauf hat die Antragstellerin am 10. Mai 2004 die Vergabekammer angerufen und beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, einen Auftrag zur Verwertung des im Gebiet der Antragsgegnerin anfallenden, der öffentlichen Entsorgungsverantwortlichkeit unterliegenden Altpapiers an ein Unternehmen der privaten Entsorgungswirtschaft ohne vorangegangene öffentliche Ausschreibung zu vergeben. Diesen Nachprüfungsantrag hat die Vergabekammer für zulässig und begründet erachtet. Mit Beschluß vom 17. Juni 2004 hat sie die Antragsgegnerin verpflichtet, den in Frage stehenden Auftrag zur Verwertung des Altpapiers aus Haushalten der Stadt nicht ohne EU-weite Ausschreibung zu vergeben.
Gegen diesen Beschluß haben sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,
den Beschluß der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Das angerufene Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluß vom 27. Oktober 2004 (red. LS abgedr. in AbfallR 2004, 293) das Nachprüfungsverfahren dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Es hält den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin für statthaft, für nach § 107 GWB zulässig und auch für begründet, weil die Antragsgegnerin öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB sei und es sich bei dem am 27./28. April 2004 von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen unterzeichneten Vertrag um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 GWB handele, der den gemäß § 100 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 2 Nr. 3 VgV erforderlichen Schwellenwert übersteige und nicht nach § 100 Abs. 2 GWB vom Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen sei. Hinsichtlich der Einordnung des Vertrags vom 27./28. April 2004 als entgeltlicher Dienstleistungsauftrag sieht das Oberlandesgericht Düsseldorf jedoch eine Divergenz zu dem Beschluß des Oberlandesgerichts Celle vom 1. Juli 2004 (13 Verg 8/04, abgedr. in OLGR Celle 2004, 593 f.), die eine Vorlage an den Bundesgerichtshof erforderlich mache.
B. Der Senat hat gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts über die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu entscheiden, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf die Sache zu Recht vorgelegt hat. Das Oberlandesgericht Celle hat einen Kaufvertrag , der im Gebiet des öffentlichen Auftraggebers eingesammeltes Altpapier
betraf und mit dem Unternehmen abgeschlossen wurde, das für die Überlassung das unter mehreren insoweit eingegangenen Angeboten günstigste abgegeben hatte, nicht als entgeltlichen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB gewertet, der Dienstleistungen zum Gegenstand hat, und deshalb das Unterlassen der Einleitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens nach Maßgabe von § 97 Abs. 1 GWB (geregeltes Vergabeverfahren) als nicht in dem durch § 102 GWB eröffneten Verfahren nachprüfbar angesehen. Diese Auffassung will das Oberlandesgericht Düsseldorf in der vorgelegten Sache nicht zugrunde legen, weil es den Kaufvertrag mit dem Unternehmen, welches das nach Ansicht der Antragsgegnerin günstigste Angebot abgegeben hat, als entgeltlichen öffentlichen Auftrag über Dienstleistungen im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB ansieht. Da es nach den weiteren Ausführungen des vorlegenden Oberlandesgerichts hierauf für die von diesem beabsichtigte Entscheidung in der Sache ankommt, ist der nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB vorausgesetzte, die Vorlagepflicht begründende Tatbestand gegeben.
C. Die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluß der Vergabekammer vom 17. Juni 2004 bleiben ohne Erfolg, weil der von der Antragstellerin angebrachte Nachprüfungsantrag zulässig und begründet ist.
I. 1. Der Nachprüfungsantrag vom 10. Mai 2004 ist statthaft, obwohl mit ihm nicht die Art und Weise der Einleitung oder Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens gerügt wird, sondern beanstandet wird, daß ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang nicht stattgefunden hat (für Primärrechtsschutz in diesen Fällen z.B. BayObLG u.a. VergabeR 2003, 563; OLG Jena VergabeR 2002, 52; OLG Düsseldorf u.a. NZBau
2003, 55 u. aus der Lit. z.B. Burgi, NZBau 2003, 16, 19; zweifelnd OLG Naumburg NZBau 2003, 224).

a) Nach § 102 GWB unterliegt der Nachprüfung "die Vergabe öffentlicher Aufträge". § 107 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 GWB, der ebenfalls die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens nach § 102 GWB betrifft, stellt auf die Nichtbeachtung, die Verletzung oder den Verstoß gegen Vergabevorschriften "im Vergabeverfahren" ab. Daraus kann abgeleitet werden, daß um Primärrechtsschutz auf dem durch § 102 GWB eröffneten Weg erst nachgesucht werden kann, wenn ein öffentlicher Auftraggeber zur Deckung seines Bedarfs bereits in ein Verfahren eingetreten ist, das der Beschaffung beispielsweise von Dienstleistungen am Markt dient, hierauf ausgerichtet ist und mit der Vergabe des Auftrags seinen Abschluß finden soll. Ob den genannten Bestimmungen darüber hinaus wegen des Zusammenhangs, in dem sie stehen, überhaupt entnommen werden kann, daß ein Vergabeverfahren notwendig ist, das nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelt ist, kann dahinstehen. Denn die einzig mögliche Auslegung wäre das nicht. Da in den genannten, die Zulässigkeit eröffnenden und näher regelnden Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen von einer bestimmten Förmlichkeit des angesprochenen Vergabeverfahrens und seiner Einleitung nicht die Rede ist, sondern in § 107 GWB wesentlich auf die materiellen Vergabevorschriften und deren Mißachtung abgestellt ist, kommt vielmehr jedenfalls auch in Betracht, daß es ausreicht, wenn überhaupt ein Verfahren in Frage steht, an dem ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB und mindestens ein außenstehender Dritter (Unternehmen) beteiligt ist und das eingeleitet ist, um einen entgeltlichen Vertrag im Sinne des § 99 GWB beispielsweise über eine von einem Unternehmen zu erbringende Dienstleistung abzuschließen, der nicht nach § 100 Abs. 2 GWB von den Regelungen des Vierten Teiles des
Abs. 2 GWB von den Regelungen des Vierten Teiles des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen ist und dessen Wert den nach § 100 Abs. 1 GWB festgelegten Schwellenwert erreicht oder übersteigt. Eröffnen die maßgeblichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch diese Auslegung, muß aber auch außerhalb eines nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelten Vergabeverfahrens ein Nachprüfungsantrag statthaft sein. Dies gebietet der Grundsatz gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung nationalen Rechts, der eingreift, wenn der Wortlaut der einschlägigen nationalen Norm oder Normen einen Entscheidungsspielraum eröffnet (BGHZ 149, 165, 173 f.). Denn nach Gemeinschaftsrecht dürfen die Mitgliedstaaten die vergaberechtliche Nachprüfungsmöglichkeit nicht von der Einleitung und Durchführung eines bestimmten Vergabeverfahrens abhängig machen.

b) Zu beachten ist insoweit Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/665/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer - und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG geänderten Fassung. Diese Vorgabe verlangt, daß die Entscheidungen der Vergabebehörden hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der letztgenannten Richtlinie fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können. Nach der Auslegung, die diese Regelung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erfahren hat, liegt bereits dann eine Entscheidung vor, die der Nachprüfung zugänglich sein muß, wenn ein öffentlicher Auftraggeber beschließt, kein geregeltes Vergabeverfahren einzuleiten, weil der zu erteilende Auftrag seiner Auffassung nach nicht in den
zu erteilende Auftrag seiner Auffassung nach nicht in den Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bzw. des diese umsetzenden nationalen Rechts fällt (EuGH, Urt. v. 11.01.2005 - C-26/03 Rdn. 33). Auch im Streitfall muß deshalb das in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nach § 102 GWB vorgesehene Nachprüfungsverfahren eröffnet sein.

c) Das kann auch nicht im Hinblick darauf in Zweifel gezogen werden, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften das Gemeinschaftsrecht eine Nachprüfbarkeit nicht fordert hinsichtlich Handlungen, die eine bloße Vorstudie des Marktes darstellen oder die rein vorbereitend sind und sich im Rahmen der internen Überlegungen des öffentlichen Auftraggebers im Hinblick auf die Vergabe eines öffentlichen Auftrags abspielen (EuGH, aaO Rdn. 35). Denn dieses Stadium hatte die Antragsgegnerin bereits verlassen, weil sie mehreren Unternehmen Gelegenheit zu Angeboten gegeben hatte, mit der Beigeladenen über deren Angebot verhandelt hatte und hierauf schließlich dieser den Vorzug gegeben hat. Die Einleitung eines in gewisser Hinsicht sogar wettbewerblichen Verfahrens steht im Streitfall deshalb fest, so daß auch die Gründe des Beschlusses vom 8. Januar 2003 (NZBau 2003, 224, 227), die das Oberlandesgericht Naumburg insoweit zu den vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften dann mit Urteil vom 11. Januar 2005 beschiedenen Vorlagefragen veranlaßt haben, der Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin nicht entgegenstehen können.
2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt.
Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutzzu gewähren, dürfen an die in § 107 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; die Darlegungslast darf insoweit nicht überspannt werden (BVerfG, Beschl. v. 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564; vgl. auch Sen.Beschl. v. 18.05.2004 - X ZB 7/04, NZBau 2004, 457, 458). Das hiernach Erforderliche hat die Antragstellerin vorgebracht. Ihr Interesse am Auftrag hat sie bereits durch den Hinweis geltend gemacht, der Antragsgegnerin ein Angebot abgegeben zu haben. Die Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB ist durch die insbesondere auf abfallrechtliche Gesichtspunkte gestützte Darlegung geltend gemacht, daß trotz der Anlieferung des Altpapiers durch die Antragsgegnerin und dessen Verkauf an die Beigeladene noch eine Entsorgungsaufgabe bestehe und deshalb eine Dienstleistung zu erbringen sei, weshalb der Auftrag nicht wie geschehen habe vergeben werden dürfen, sondern nach § 97 Abs. 1 GWB habe ausgeschrieben werden müssen. Dafür, daß der Antragstellerin infolge der Mißachtung von § 97 Abs. 1 GWB zumindest ein Schaden zu entstehen droht, genügt, daß der behauptete Vergaberechtsverstoß geeignet ist, die Aussichten auf den Zuschlag zu beeinträchtigen (BVerfG, NZBau 2004, 564, 566). Das kann im Streitfall nicht zweifelhaft sein, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei einem geregelten Vergabeverfahren, das unter für alle Bieter gleichen Bedingungen und ohne weitere Vertragsverhandlungen mit lediglich einem Unternehmen stattfindet, die Antragstellerin den Zuschlag hätte erhalten müssen.
3. Der Zulässigkeit des Begehrens der Antragstellerin steht nicht § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entgegen, wonach der Nachprüfungsantrag unzulässig ist,
soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und nicht unverzüglich gerügt hat.

a) Anders als § 107 Abs. 2 GWB macht diese einen Ausnahmetatbestand regelnde Vorschrift die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht von einer entsprechenden Darlegung durch den Antragsteller abhängig und verlangt von diesem auch nicht, einen etwaigen Verdacht auszuräumen, verspätet gerügt zu haben; lediglich im Rahmen der Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht, die jede Partei eines förmlichen Streitverfahrens trifft, hat der Antragsteller sich hierzu zu äußern. Die Unzulässigkeit eines ansonsten zulässigen Nachprüfungsantrags kann deshalb nur angenommen werden, wenn dem Antragsteller nachgewiesen ist, daß er den behaupteten Vergaberechtsverstoß erkannt und diesen gleichwohl nicht unverzüglich gerügt hat (OLG Düsseldorf u.a. VergabeR 2001, 419, 421; Meier, VergabeR 2004, 176, 179).

b) Die hierzu erforderliche Überzeugung läßt sich im Streitfall nicht gewinnen. Denn es ist weder von der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen dargetan noch etwas dafür ersichtlich, daß die Antragstellerin bereits vor dem 29. April 2004 positive Kenntnis hatte, hinsichtlich des im Stadtgebiet gesammelten Altpapiers werde es ein geregeltes Vergabeverfahren nicht geben, obwohl ein solches notwendig sei. Zwar kann der Antragstellerin nicht verborgen geblieben sein, daß bisher kein geregeltes Vergabeverfahren eingeleitet worden war. Der gerügte Vergabeverstoß war jedoch erst bekannt, wenn die Antragstellerin aus den ihr bekannten Umständen auch geschlossen hatte, daß ein geregeltes Vergabeverfahren erforderlich ist, es hierzu aber nicht kommen würde, oder - was nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BGHZ 133, 192, 198 f.; BGH, Urt. v. 18.01.2000 - VI ZR 375/98, NJW 2000, 953 m.w.N.) Wissen re-
gelmäßig gleichsteht - wenn sie sich dieser Erkenntnis, obwohl sie sich aufdrängte , verschlossen oder entzogen hatte. Hierzu hat die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen, ihr sei erst am 29. April 2004 in einem persönlichen Gespräch seitens der Antragsgegnerin mitgeteilt worden, die Stadt beabsichtige , jetzt ein regionales Entsorgungsunternehmen mit der Altpapiervermarktung für die nächsten fünf Jahre zu beauftragen. Da der bisherige Kontakt der Antragsgegnerin mit der Antragstellerin auch als eine noch der Erkundung der Möglichkeiten des Marktes dienende Vorbereitungsmaßnahme verstanden werden konnte, kann daher der Antragstellerin jedenfalls nicht widerlegt werden , erst zu diesem Zeitpunkt einen aussagekräftigen Anhaltspunkt gehabt zu haben, daß es bei dem bisherigen Vorgehen der Antragsgegnerin verbleiben solle und es ein geregeltes Vergabeverfahren nicht geben werde. Der Antragstellerin kann deshalb nicht vorgeworfen werden, die Notwendigkeit des bisher unterbliebenen geregelten Vergabeverfahrens nicht früher gerügt zu haben, als es mit dem Schreiben vom 30. April 2004 geschehen ist. Unter diesen Umständen bedarf es im Streitfall auch keiner Beantwortung der streitigen Frage, ob § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nach seinem Wortlaut oder Sinngehalt der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags überhaupt entgegenstehen kann, wenn das Nachprüfungsverfahren geführt wird, damit ein bisher unterbliebenes geregeltes Vergabeverfahren eingeleitet und durchgeführt wird (verneinend z.B. BayObLG u.a. VergabeR 2002, 244; OLG Frankfurt NZBau 2004, 692, 693; OLG Düsseldorf NZBau 2001, 696; Burgi, NZBau 2003, 16, 21; bejahend z.B. Wagner, VergabeR 2002, 250, 251; Otting, VergabeR 2002, 146, 147; Bär, ZfBR 2001, 375, 377).
4. Die Zulässigkeit des am 10. Mai 2004 angebrachten Nachprüfungsantrags der Antragstellerin scheitert schließlich auch nicht daran, daß die An-
tragsgegnerin und die Beigeladene bereits am 27./28. April 2004 den Kaufvertrag über das im Stadtgebiet gesammelte Altpapier unterzeichnet hatten. Zwar kann die Vergabekammer in zulässiger Weise nicht mehr angerufen werden, sobald der Vertrag, an welchem ein Antragsteller Interesse zu haben behauptet , wirksam zustande gekommen ist, weil dann zuvor begangene Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen nicht mehr beseitigt werden können (BGHZ 146, 202, 206). Diese Folge tritt unabhängig davon ein, ob die Einigung unter Beachtung der Vorgaben des § 97 Abs. 1 GWB oder sonstwie zustande gekommen ist, weshalb nach einem wirksamen Vertragsschluß ein Nachprüfungsantrag auch dann unzulässig ist, wenn der Mangel eines geregelten Vergabeverfahrens gerügt wird (ebenso Burgi, NZBau 2003, 16, 20 m.w.N.). Mit ihrer Übereinkunft vom 27./28. April 2004 haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen wirksamen Vertrag jedoch nicht geschlossen, weil die Antragsgegnerin , die öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB ist, die Antragstellerin entgegen § 13 Satz 1, 2 VgV zuvor nicht darüber unterrichtet hat, daß und warum beabsichtigt sei, deren Angebot nicht zu berücksichtigen und statt dessen das Geschäft mit der Beigeladenen zu tätigen.

a) § 13 Satz 6 VgV, der anordnet, daß ein ohne vorherige Information der Bieter abgeschlossener Vertrag nichtig ist, betrifft entgeltliche Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem außenstehenden Dritten (Unternehmen), die den maßgeblichen Schwellenwert erreichen oder überschreiten und Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen des Unternehmens zum Gegenstand haben. Das folgt aus §§ 97 Abs. 1 u. 6, 98, 99 Abs. 1, 100 Abs. 1 GWB. Auf einen solchen Vertrag in der Form des Dienstleistungsauftrags haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene sich geeinigt.
aa) Der Vertrag vom 27./28. April 2004 hat Dienstleistungen zum Gegenstand , weil die Antragstellerin einen weder durch Lieferung von Waren noch durch Bauleistungen zu erfüllenden Bedarf hat (vgl. § 99 Abs. 4 GWB), diesen nicht durch Einsatz eigener Einrichtungen, Arbeitskräfte o.ä. befriedigen will und die Beigeladene sich verpflichtet hat, das insoweit Nötige für die Antragsgegnerin zu erledigen.
(1) Wann ein Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB vorliegt , kann nicht losgelöst vom Zweck des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beantwortet werden, der gemäß § 97 Abs. 1 GWB darin besteht, die Beschaffung von Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber zu erfassen und zu regeln. Das rückt die Frage in den Vordergrund , ob der öffentliche Auftraggeber einen entsprechenden Bedarf hat und ob dieser mit dem abgeschlossenen Vertrag gedeckt werden soll. Da das Vergaberecht des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen andererseits nicht der Durchsetzung sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Vorgaben dient, die ein öffentlicher Auftraggeber zu beachten haben mag, entscheidet darüber, ob ein Bedarf besteht und deshalb eine Dienstleistung beschafft werden soll, allein der öffentliche Auftraggeber. Sobald er einen tatsächlich bestehenden Bedarf erkennt oder auch nur meint, einen durch Dienstleistung zu befriedigenden Bedarf zu haben, den er nicht selbst decken will, kommt deshalb die Einordnung eines zu diesem Zweck geschlossenen Vertrags als Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB in Betracht.
(2) Der Streitfall ist insoweit dadurch gekennzeichnet, daß der Antragsgegnerin nach den einschlägigen gesetzlichen oder sie im Verhältnis zum sogenannten Dualen System vertraglich bindenden Regeln die Entsorgung der im
Stadtgebiet anfallenden und ihr überlassenen Abfälle verpflichtet ist und daß die hierzu erforderlichen Arbeiten sich nicht auf das Einsammeln, das Befördern zu einer Umschlagsanlage und das dortige Überlassen an einen Dritten beschränken. Diese Vorgänge allein bewirken lediglich eine Zusammenführung von Altpapier und können ferner zu einer Änderung der Besitz- und Eigentumslage führen. Um das Altpapier zu entsorgen, bedarf es jedoch weiterer Behandlung , sei es in Form von Handlungen, die bestimmt und geeignet sind, das Altpapier einer stofflichen Verwertung zuzuführen, und die so zu dieser gesetzlich erlaubten Art der Entsorgung (vgl. § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG) beitragen, sei es in Form von Handlungen, die der Beseitigung des Altpapiers dienen. Erst wenn sichergestellt ist, daß auch das insoweit Nötige getan wird, ist deshalb der Entsorgungslast der Antragsgegnerin Rechnung getragen.
(3) Unter den Umständen des Streitfalls sind Zweifel nicht angebracht, daß die Antragsgegnerin den Vertrag vom 27./28. April 2004 unterzeichnet hat, um Leistungen zu erhalten, die bestimmt und geeignet sind, gerade dies sicherzustellen. Die Umstellung der Altpapierentsorgung von dem bisherigen Bringsystem auf das von der Antragsgegnerin beschlossene Holsystem hat einen ständigen Anfall großer Mengen von Altpapier auf einer Umschlagsanlage zur Folge, die beginnend mit einer sukzessiven Entfernung von dort einer geordneten Weiterverwendung zugeführt werden müssen. Dies erfordert Dienstleistungen im Sinne von § 97 Abs. 4 GWB. Daß die Antragsgegnerin davon ausging, diese ohne Vergabe selbst erbringen zu müssen, muß schon deshalb angenommen werden, weil sie das Holsystem beschlossen hat, sie deshalb für dessen Funktionieren ihren Bürgern gegenüber einzustehen hat und das neue System anderenfalls nicht weiter zu praktizieren wäre. Bereits
damit ist der für einen Dienstleistungsauftrag erforderliche Dienstleistungsbedarf gegeben.
(4) Daß der am 27./28. April 2004 geschlossene Vertrag die Beigeladene zu der Erbringung der vorstehend genannten Dienstleistungen verpflichtet, steht ebenfalls fest. Zwar ist eine Entfernungs- und der stofflichen Verwertung dienende Weiterverwendungspflicht nicht ausdrücklich genannt. In § 2 Abs. 1 des Vertrags wird jedoch vorausgesetzt, daß das Altpapier die Umschlagsanlage "verläßt" und von der Beigeladenen "der Verwertung zugeführt" wird. Der von der Beigeladenen zu erledigende "Output", wie es dort ferner heißt, ist also Inhalt des von der Beigeladenen vertraglich Übernommenen. Das erlaubt im Rückschluß die Überzeugung, daß das Geschäft vom 27./28. April 2004 auch mit einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gewollt ist. Bestätigt wird dies dadurch, daß in der Beschlußvorlage der Verwaltung der Antragsgegnerin der Vertrag, der zur Durchführung der dann vom Rat beschlossenen Umstellung der Altpapiererfassung abgeschlossen werden soll, als "Papierverwertungsvertrag" bezeichnet ist.
(5) Der Feststellung, daß der am 27./28. April 2004 unterzeichnete Vertrag daher ein Dienstleistungsauftrag ist, steht nicht entgegen, daß die Antragsgegnerin und die Beigeladene die gegenseitigen Rechte und Pflichten mittels eines Kaufvertrags geregelt haben, weil sie das Altpapier als ein werthaltiges Gut angesehen haben und es deshalb an die Beigeladene gegen Entgelt veräußert werden soll. Denn § 99 Abs. 1 GWB stellt weder auf die zivilrechtliche Einordnung eines Vertrags noch darauf ab, ob in der Übernahme der Leistung im Sinne des § 99 Abs. 4 GWB, die von dem Unternehmen erbracht werden soll, ein wesentlicher oder gar der Hauptzweck des Vertrags liegt. Der
Vertrag muß lediglich Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Gemäß der Erläuterung, die § 99 Abs. 4 GWB gibt, reicht es aus, daß der Vertrag sich überhaupt über Leistungen verhält, die das Unternehmen zu erbringen hat. Ob ein Vertrag gleichwohl ausnahmsweise Dienstleistungen dann nicht im Sinne von § 99 Abs. 1 GWB zum Gegenstand hat, wenn die vertragsgemäß von dem Unternehmen zu erbringende Leistung angesichts des rechtlichen und wirtschaftlichen Schwerpunkts des Vertrags nicht ins Gewicht fällt, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Angesichts des vor allem in § 97 Abs. 1 GWB zum Ausdruck kommenden Anliegens des in diesem Gesetz normierten Vergaberechtssystems, daß öffentliche Beschaffung, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen ist, umfassend unter geregelten Wettbewerbsbedingungen erfolgt, könnte eine solche Ausnahme ohnehin nur in Fällen in Erwägung gezogen werden, in denen die Pflicht zur Dienstleistung völlig untergeordneter Natur ist und es deshalb ausgeschlossen erscheint, daß auch ihretwegen der Vertrag abgeschlossen worden ist. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht zu beurteilen.
bb) Der Vertrag vom 27./28. April 2004 weist unabhängig von den vom vorlegenden Oberlandesgericht hierzu angestellten Überlegungen und getroffenen Feststellungen die nach § 99 Abs. 1 GWB ferner erforderliche Entgeltlichkeit bereits deshalb auf, weil die Antragsgegnerin sich zur Überlassung des im Stadtgebiet gesammelten Altpapiers verpflichtet hat und daher ihrerseits eine Verpflichtung zu einer geldwerten Leistung eingegangen ist.
Von Entgeltlichkeit eines Vertrags wird üblicherweise gesprochen, wenn der Empfänger einer versprochenen Leistung seinerseits eine (Gegen-)Leistung zu erbringen hat (vgl. BGHZ 141, 96, 99 m.w.N.). Es ist nichts dafür er-
sichtlich, warum dies nicht auch hinsichtlich § 99 Abs. 1 GWB gelten sollte. Vor allem erfordert die Vorschrift nicht, in Fällen, in denen die von dem Unternehmen übernommene (Dienst-)Leistung in der weiteren Behandlung eines Gutes von Wert liegt und in denen der öffentliche Auftraggeber - wegen dieser Eigenschaft - eine Bezahlung durch das Unternehmen erreichen kann, Entgeltlichkeit erst dann anzunehmen, wenn feststeht, daß und gegebenenfalls inwieweit bei der Höhe des von dem Unternehmen zu zahlenden Preises die Pflicht zur Erbringung der übernommenen (Dienst-)Leistung preismindernd berücksichtigt worden ist. Dabei kann dahinstehen, ob sich das bereits daraus ergibt, daß § 99 Abs. 1 GWB nicht von einem Entgelt für die (Dienst-)Leistung spricht, die der betreffende Vertrag zum Gegenstand hat, sondern von einem entgeltlichen Vertrag und es hiernach ausreichen könnte, daß ein Vertrag, der wenigstens unter anderem Beschaffungszwecken dient, überhaupt eine geldwerte Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers vorsieht. Die Leistungen, die die Beigeladene vertragsgemäß zu erbringen hat, damit für die geordnete Altpapierverwertung Sorge getragen wird, lassen sich nämlich nicht von den kaufvertraglichen Komponenten trennen, welche die Antragsgegnerin und die Beigeladene hinsichtlich des betreffenden Altpapiers vereinbart haben. Der Vertrag vom 27./28. April 2004 mit seinen Komponenten ist vielmehr das wesentliche Mittel, deren sich die Antragsgegnerin bedient, um die gewünschte Dienstleistung zu erhalten. Die Altpapierverwertung einerseits und die Veräußerung des Altpapiers andererseits stellen nicht zwei voneinander trennbare Leistungsaustauschgeschäfte dar, die mehr oder weniger willkürlich in einem Rechtsgeschäft miteinander verbunden worden sind. Aus vergaberechtlicher Sicht ist der Verkauf des Altpapiers das rechtliche Gewand, in dem sich die Antragsgegnerin die Leistungen beschafft, die die ihr obliegende geordnete Altpapierverwertung sicherstellen oder zumindest fördern sollen, zumal der Erwerb des Altpa-
piers ein nachhaltiges Interesse der Beigeladenen an dessen (gewinnbringender ) Verwertung begründet. Daß bei wirtschaftlicher Betrachtung die Kauf- bzw. Verkaufskomponente des Vertrags bei weitem im Vordergrund stehen mag, ist unerheblich. Denn § 99 GWB schließt nicht Veräußerungsgeschäfte der öffentlichen Hand von der Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aus. Ein Veräußerungsgeschäft kann lediglich als solches die Anwendbarkeit dieser Vorschriften nicht begründen. Ist es hingegen Mittel zur Beschaffung einer Leistung, ist der kaufrechtliche Aspekt des öffentlichen Auftrags ohne Bedeutung. Das entspricht auch dem Zweck des in §§ 97 ff. GWB geregelten Vergaberechts. Denn auf diese Weise wird eine vollständige Erfassung aller Beschaffungsvorgänge erreicht, die für den öffentlichen Auftraggeber mit geldwertem Aufwand verbunden sind.
Hiernach erübrigt es sich auch, sich mit der ergänzenden Vereinbarung der Beigeladenen und der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2004 zu befassen , in der diese nachträglich bekundet haben, den vereinbarten Zahlungsbetrag ausschließlich als Gegenleistung für die Übereignung des gelieferten Altpapiers gewollt zu haben.
cc) Angesichts der gebotenen Auslegung von § 99 Abs. 1 GWB kann entgegen der Meinung der Beigeladenen gegen die Anwendung des Vergaberechts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf den am 27./28. April 2004 unterzeichneten Vertrag auch nichts aus § 100 Abs. 1 GWB hergeleitet werden. Diese Vorschrift verlangt das Erreichen oder Übersteigen eines bestimmten Schwellenwerts für einen Auftrag, wie er in § 99 Abs. 1 GWB definiert ist. Auch insoweit ist deshalb der Vertrag selbst und da-
mit dessen Wert maßgebend. Dieser liegt hier - wie von keinem Beteiligten bezweifelt wird - über dem in § 2 Nr. 3 VgV festgelegten Schwellenwert.
dd) In Anbetracht der beiderseits bestehenden Pflichten aus dem Vertrag vom 27./28. April 2004 kann dieser schließlich nicht als Konzessionsvertrag , der beispielsweise bei der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/38/EWG des Rates ausgenommen ist (EuGH, Urt. v. 07.12.2000 - C-324/98, Tz. 56, NZBau 2001, 148, 150 f. - Tele Austria), vergaberechtsfrei sein. Denn die Vereinbarung beschränkt sich nicht darauf, der Beigeladenen das Recht zu verschaffen, die eigene Leistung selbst zu nutzen oder entgeltlich zu verwerten (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. EuGH, aaO; BayObLG NZBau 2002, 233; OLG Düsseldorf NZBau 2002, 634; OLG Celle NZBau 2005, 51).

b) § 13 VgV ist eine Regelung, die das Verfahren näher bestimmt, das § 97 Abs. 1 bis 5 GWB für die Beschaffung von Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber vorschreibt. Die Informationspflicht und die öffentliche Aufträge nach § 99 Abs. 1 GWB treffende Nichtigkeitsfolge im Falle ihrer Mißachtung sind damit Teil eines nach Maßgabe des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingeleiteten und durchgeführten geregelten Vergabeverfahrens (vgl. Sen.Beschl. v. 09.02.2004 - X ZB 44/03, NZBau 2004, 229, für BGHZ 158, 43 vorgesehen; so auch z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543, 546; Dietlein/ Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 513; Dieckmann, NZBau 2001, 481, 482; Hertwig, NZBau 2001, 241). Das hat zur Folge, daß diese Bestimmung nicht unmittelbar anwendbar ist, wenn - wie hier - bislang ein derart geregeltes Verfahren nicht stattgefunden hat (so auch z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543,
545 f.; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 513; Schimanek, ZfBR 2003, 39, 41; Delius, ZfBR 2003, 341, 342; Portz, VergabeR 2002, 211, 217; Hailbronner , NZBau 2002, 474, 479; Putzier, DÖV 2002, 517, 519; Dieckmann, NZBau 2001, 481, 482; Hertwig, NZBau 2001, 241, 242; Gesterkamp, WuW 2001, 665, 669; a.A. z.B. OLG Thüringen ZfBR 2004, 193, 195; OLG Düsseldorf ZfBR 2003, 605; OLG Dresden ZfBR 2002, 298).

c) Die Nichtigkeit des öffentlichen Vertrags vom 27./28. April 2004 folgt jedoch aus einer gebotenen entsprechenden Anwendung von § 13 VgV (für Analogie - allerdings in unterschiedlichem Umfang - z.B. Otting, VergabeR 2002, 11, 18 u. 147; Hertwig, NZBau 2001, 241 f.; Byok, NJW 2001, 2295, 2301; Prieß, EuZW 2001, 365, 367; Bär, ZfBR 2001, 375, 379; wohl auch Dreher , NZBau 2001, 244, 245; im Erg. ebenfalls für Nichtigkeit des Vertrags Burgi , NZBau 2003, 16, 21; gegen Analogie z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543, 545 f.; Delius, ZfBR 2003, 341, 343; Schimanek, ZfBR 2003, 39, 41; Hailbronner , NZBau 2002, 474, 481 ff.; Portz, VergabeR 2002, 211, 217 f.; Antweiler, u.a. VergabeR 2002, 109, 110; Müller-Wrede/Kaelble, VergabeR 2002, 1; Putzier , DÖV 2002, 517, 519; Braun, NZBau 2001, 675, 678; Diekmann, NZBau 2001, 481; Heuvels/Kaiser, NZBau 2001, 479; Wegmann, NZBau 2001, 475, 478; Stolz, VergabeR 2001, 154; Gesterkamp, WuW 2001, 665, 668 f.).
(1) Die Vorschrift ordnet die Informationspflicht und die Nichtigkeit eines ohne Information geschlossenen öffentlichen Auftrags an, weil anderenfalls ein übergangener Bieter zunächst unerkannten Verstößen gegen das Vergaberecht nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg begegnen könnte. Das sich hieraus ergebende Anliegen ist nicht auf den mit der Vorschrift geregelten Fall beschränkt. In ihm kommt vielmehr ein Grundgedanke effektiven Rechtsschutzes
zum Ausdruck (vgl. BT-Drucks. 455/00, S. 19). Damit steht die Regelung für eine Heranziehung bei vergleichbaren Sachverhalten zur Verfügung (a.A. z.B. Lindenthal, VergabeR 2003, 630, 635). § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, aus dem verschiedentlich geschlossen wird (z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543, 546), § 13 VgV sei eine der Analogie nicht zugängliche Einzelfallregelung, verbietet diese Wertung nicht. Der Senat hat bereits in seiner für BGHZ 158, 43 vorgesehenen Entscheidung vom 9. Februar 2004 (NZBau 2004, 229, 230) darauf hingewiesen, daß § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, nach dem ein bereits erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden kann, der Kompetenz der zur Gewährung des Primärrechtsschutzes berufenen Vergabekammern und der ihnen im Instanzenzug nachgeordneten Gerichte einerseits und der für die Entscheidungen über Schadensersatzklagen zuständigen Zivilgerichte andererseits dient. Eine Aussage darüber, daß die Vorschrift nicht entsprechend herangezogen werden dürfe, ist hiermit nicht verbunden. Ihr Grundgedanke ist vielmehr auch dann tangiert, wenn entgegen § 97 Abs. 1 GWB zur Beschaffung von Dienstleistungen ein geregeltes Vergabeverfahren nicht eingeleitet wird, weil auch dann droht, daß an dem Auftrag interessierte Unternehmen als Folge eines Vertragsschlusses keinen Primärrechtsschutz erlangen können.
Die damit gegebene Regelungslücke kann auch ohne weiteres mit der unter der Sanktion der Nichtigkeit stehenden Informationspflicht nach § 13 VgV ausgefüllt werden, wenn - wie hier - die Beschaffung einer Dienstleistung immerhin zur Beteiligung mehrerer Unternehmen, zu verschiedenen Angeboten und schließlich zu einer Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat. Denn dann gibt es neben dem in Aussicht genommenen Unternehmen bestimmte andere außenstehende Dritte, die - wie im Falle eines geregelten Vergabeverfahrens - als Bieter aufgetreten sind, und deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, sowie Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser
sichtigt werden sollen, sowie Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser Angebote. Diese Gegebenheiten kann der öffentliche Auftraggeber wie bei einem geregelten Vergabeverfahren zu einer sachgerechten Information der Unternehmen nutzen, deren Angebote nicht zum Zuge kommen sollen, so daß insoweit Unsicherheiten hinsichtlich der Informationspflicht nicht bestehen. Eine Unkenntnis von der Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens mit entsprechender Information von Unternehmen, die ebenfalls als Argument gegen eine entsprechende Anwendung von § 13 VgV ins Feld geführt wird (z.B. Lindenthal, VergabeR 2003, 630, 634), kann hingegen allenfalls bestehen, wenn der öffentliche Auftraggeber verkannt hat, daß er öffentlicher Auftraggeber ist, daß die beabsichtigte Beschaffung auf einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB gerichtet ist oder daß dieser Vertrag den Schwellenwert erreicht oder übersteigt. Die richtige rechtliche Einordnung eines geplanten Vorgehens gehört aber zum allgemeinen Risiko, das jeder zu tragen hat, der am Rechtsleben teilnehmen will (ähnlich Petersen, ZfBR 2003, 611, 614; OLG Düsseldorf NZBau 2003, 400, 405). Es führt auch nicht etwa gerade hier zu nicht mehr hinnehmbaren Unzuträglichkeiten für die betreffende Partei, weil allenfalls in Zweifelsfällen die Entscheidung gegen ein geregeltes Vergabeverfahren weniger streng beurteilt werden kann, in diesen Fällen der öffentliche Auftraggeber die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens aber regelmäßig erwogen haben wird und deshalb die mit einem Angebot hervorgetretenen Unternehmen jedenfalls vorsorglich hätten informiert werden können.
(2) Zu berücksichtigen ist auch nicht etwa ein vorrangiges Interesse des Unternehmens, mit dem sich der öffentliche Auftraggeber über den öffentlichen Auftrag geeinigt hat. Nach § 97 GWB, der insoweit die maßgebliche Bestimmung ist, gehört es nicht zu den Aufgaben des Vergaberechts, daß die Betei-
ligten auf die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses über die Beschaffung am Markt vertrauen können, und auch aus zivilrechtlicher Sicht steht jede Einigung unter dem Vorbehalt der Anerkennung der rechtlichen Wirksamkeit. Außerdem ist dem Vergaberecht ein Anspruch auf einen zu erteilenden Auftrag unbekannt (vgl. BGHZ 154, 32, 40 f.; a.A. - Anspruch in engen Grenzen - Kaelble, ZfBR 2003, 657). Erst wenn der Vertrag nach der Gesetzeslage, zu der neben dem unmittelbaren Regelungsgehalt der einschlägigen Vorschriften auch durch Analogieschluß gewonnene Regeln gehören, wirksam zustande gekommen ist, besteht insoweit für das Unternehmen eine unter Eigentumsgarantie stehende Rechtsposition.
Eine Planwidrigkeit der damit bestehenden und ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke kann schließlich auch nicht mit der Begründung verneint werden (so aber Burgi, NZBau 2003, 16, 21; ähnlich Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 517; Müller-Wrede/Kaelble, VergabeR 2002, 1, 5), allein der unmittelbare Regelungsgehalt von § 13 VgV sei durch die Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB gedeckt (vgl. hierzu Sen.Beschl. v. 09.02.2004 - X ZB 44/03, NZBau 2004, 229, für BGHZ 158, 43 vorgesehen). Da die Bundesregierung befugt war, die Bestimmungen des § 13 VgV durch Rechtsverordnung zu treffen (Sen.Beschl. v. 09.02.2004, aaO, S. 230 f.), handelt es sich hierbei um ein verfassungsgemäß zustande gekommenes Gesetz im materiellen Sinne. Als solches hat die Regelung keine andere Qualität als eine durch den Gesetzgeber selbst getroffene. Sie bestimmt den materiellen Gehalt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit, wie wenn sie unmittelbar dort aufgenommen worden wäre. Damit enthält das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen trotz eines grundsätzlichen Anliegens des dort geregelten Vergaberechts nur für einen Teilbereich desselben eine sachgerechte Lö-
sung. Das macht die entsprechende Heranziehung von § 13 VgV in den genannten Fällen nötig.
II. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet.
Die Antragstellerin hat Anspruch darauf, daß die Antragsgegnerin die gewünschten Leistungen im Wege eines geregelten Vergabeverfahrens beschafft und den insoweit erstrebten Vertrag ausschreibt, letzteres weil Gründe für ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung nicht dargetan oder ersichtlich sind. Das folgt aus § 97 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 VgV sowie § 3 a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A 2. Abschnitt.
Aus § 97 Abs. 1 GWB ergibt sich angesichts des bereits Ausgeführten die Pflicht der Antragsgegnerin, zur Beschaffung der erörterten Leistungen ein geregeltes Vergabeverfahren einzuleiten. Diese Pflicht hat nicht allein Ordnungsfunktion. Durch die Eröffnung eines Verfahrens mit bestimmten Regeln sollen die durch sie konkretisierten Grundsätze von Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung gewährleistet werden (vgl. auch § 97 Abs. 2 GWB). Da die insoweit geltenden Bestimmungen gemäß § 97 Abs. 7 GWB ein subjektives Recht begründen, bedingt das, auch hinsichtlich der Einleitung eines geregelten Vergabeverfahrens einen durchsetzbaren Anspruch zugunsten interessierter Unternehmen anzuerkennen, wenn in dieser Weise nach § 97 Abs. 1 GWB eine von dem öffentlichen Auftraggeber gewünschte Beschaffung vorzunehmen ist (ebenso z.B. Burgi, NZBau 2003, 16, 19; Schimanek, ZfBR 2003, 39, 40; a.A. z.B. Portz, VergabeR 2002, 211, 217 f.). Die Einleitung eines geregelten Vergabeverfahrens ist gleichsam "Existenzgrundlage" (so Müller-Wrede/ Kaelble, VergabeR 2002, 1, 8 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/9340, S. 13 f.)
für die bei Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens sich ergebenden subjektiven Rechte, so daß es nur konsequent ist, auch einen Anspruch der Unternehmen auf Einleitung eines geregelten Verfahrens anzuerkennen. Erst er eröffnet den umfassenden Rechtsschutz, der nach den erörterten europarechtlichen Vorgaben notwendig ist. Ihn der Regelung in § 97 Abs. 7 GWB zu entnehmen, ist auch mit dessen Wortlaut in Einklang zu bringen. Denn auch die oben genannten Vorschriften gehören zu den Bestimmungen über das Vergabeverfahren.
III. Die Verfolgung des Anspruchs auf Einleitung eines geregelten Vergabeverfahrens durch die Antragstellerin ist schließlich auch nicht rechtsmißbräuchlich.
Ein Unternehmen verhält sich nicht schon dann treuwidrig, wenn es einem öffentlichen Auftraggeber ein Angebot abgibt, das eine Dienstleistung zum Gegenstand hat, ohne bereits hierbei auf die Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens hinzuweisen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt erst in Betracht, wenn das Unternehmen bereits zu diesem Zeitpunkt weiß oder - was regelmäßig positiver Kenntnis gleichsteht (vgl. z.B. BGHZ 133, 192, 198 f.; BGH, Urt. v. 18.01.2000 - VI ZR 375/98, NJW 2000, 953 m.w.N.) - sich aufdrängender Erkenntnis verschließt, daß der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ohne Einleitung und Durchführung eines notwendigen geregelten Vergabeverfahrens vergeben will (vgl. OLG Brandenburg NJOZ 2004, 2759). Hierfür ist aber im Streitfall - wie bereits hinsichtlich § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ausgeführt - nichts dargetan oder ersichtlich. Da die Antragsgegnerin und die Beigeladene nach wie vor die Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens leugnen, muß ohne derartige Darlegung oder entsprechende Anhaltspunkte im
übrigen auch der Antragstellerin zugute gehalten werden, hiervon nicht schon ausgegangen zu sein, als es zu dem formlosen Kontakt kam und dieser zu dem Angebot der Antragstellerin an die Antragsgegnerin führte.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung (vgl. Sen. BGHZ 146, 202, 216).
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (vgl. Sen. BGHZ 146, 202, 217).
Melullis Scharen Ambrosius
Mühlens Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 31/08
vom
1. Dezember 2008
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Rettungsdienstleistungen
Das zur Übertragung der Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports
nach § 31 SächsBRKG vorgesehene Auswahlverfahren ist als Vergabeverfahren
nach § 97 Abs. 1 GWB durchzuführen, wenn der Wert des abzuschließenden
Vertrags den Schwellenwert erreicht.
BGH, Beschl. v. 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08 - OLG Dresden
1. VK d. Freistaates Sachsen beim
Regierungspräsidium Leipzig
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen beim Regierungspräsidium Leipzig vom 26. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Beschluss des Oberlandesgerichts vorbehalten.

Gründe:


1
A. Der Antragsgegner ist ein von mehreren sächsischen Kommunalkörperschaften gebildeter Zweckverband. Er hat als öffentliche Aufgabe den Rettungsdienst. Diese Aufgabe umfasst gemäß § 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 des im Wesentlichen am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) vom 24. Juni 2004 (SächsGVBl. S. 245) die Notfallrettung und den Krankentransport im Gebiet der angeschlossenen Körperschaften, daneben aber auch etwa noch die Unterhaltung von Leitstellen (§ 34 SächsBRKG).
2
Dieses Gesetz sieht in seinem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 31 vor, dass der Aufgabenträger des Rettungsdienstes die dazu nötigen Leistungen selbst durchführt (Abs. 7) oder dass er die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports nach einem Auswahlverfahren durch öffentlich -rechtlichen Vertrag auf private Hilfsorganisationen oder andere Unternehmer , die so genannten Leistungserbringer, überträgt (Abs. 1). Das Auswahlverfahren ist in § 31 und in der aufgrund dessen Absatz 3 erlassenen Landesrettungsdienstplanverordnung vom 24. Januar 2008 (SächsLRettDPVO, SächsGVBl. S. 79) näher geregelt. Diese Regeln sind nicht identisch mit denen der Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A Ausgabe 2006) vom 6. April 2006. So heißt es in § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO nur, dass im Übrigen die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten. Im Übertragungsvertrag ist unter anderem die Höhe der Vergütung des Leistungserbringers zu regeln (§ 31 Abs. 4 SächsBRKG). Diese Vergütung ist gemäß § 32 SächsBRKG Teil der Benutzungsentgelte , die der Aufgabenträger mit Kostenträgern vereinbart und die für alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Benutzer verbindlich sind und für andere Benutzer durch Satzung als Gebühr festgelegt werden können.
3
Der Antragsgegner gab am 17. Januar 2008 im Sächsischen Amtsblatt bekannt, ein Auswahlverfahren nach § 31 SächsBRKG zur Übertragung der Notfallrettung nebst Krankentransport ab 1. Januar 2009 durchzuführen.
4
Die Antragstellerin ist der Meinung, dass die Leistungen nach Maßgabe des Kartellvergaberechts und europaweit auszuschreiben seien. Sie hat deshalb von dem Antragsgegner Abhilfe verlangt und das Nachprüfungsverfahren eingeleitet, in dem sie u.a. auch die vom Antragsgegner beabsichtigte losweise Aufteilung der Leistungen beanstandet hat. Der Antragsgegner ist hingegen der Auffassung, nach § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO sei nur ein öffentlichrechtliches Auswahlverfahren nötig; eine Vergabe nach den Regeln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Verdingungsordnung für Leistungen komme daher nicht in Betracht.
5
Die Vergabekammer hat den Antragsgegner als zur Beachtung des aufgrund des Ersten Abschnitts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einzuhaltenden Vergabeverfahrens (zukünftig auch kurz: GWB-Vergaberegime) verpflichtet angesehen. Allerdings bedürfe es keines europaweiten Vergabeverfahrens, weil Rettungsdienstleistungen als anteilig überwiegend medizinischen Inhalts nur nach § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006 zu vergeben seien.
6
Gegen den teils stattgebenden, teils zurückweisenden Beschluss der Vergabekammer haben der Antragsgegner sofortige Beschwerde und die Antragstellerin Anschlussbeschwerde eingelegt.
7
Das Oberlandesgericht hat (ausschließlich) die sofortige Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Beschl. abgedr. u.a. VergabeR 2008, 809). In Streit stehe ein Dienstleistungsauftrag im Sinne von § 99 Abs. 1 und 4 GWB, keine Dienstleistungskonzession, weil der Leistungserbringer die ihm zustehende Vergütung ausschließlich und unmittelbar vom öffentlichen Aufgabenträger erhalte. Die beabsichtigte Auftragserteilung sei auch nicht wegen Art. 45, 55 EG-Vertrag von den Vorschriften des GWB-Vergaberegimes ausgenommen. Rettungsdienstleistungen trügen aus der Natur der Sache heraus keinen hoheitlichen Charakter. An der deshalb gebotenen Zurückweisung der sofortigen Beschwerde sehe man sich jedoch durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2006 (abgedr. u.a. VergabeR 2006, 787) gehindert; denn dem liege die Auffassung zugrunde, dass das Handeln am Rettungsdienst beteiligter Privater der hoheitlichen Betätigung des Staates zuzurechnen sei mit der Folge, dass die Vergabe derartiger Leistungen nicht dem GWB-Vergaberegime unterworfen sei.
8
B. Die Vorlage ist zulässig.
9
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 GWB liegen vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (BGHZ 154, 32, 35 f. m.w.N.).
10
Eine solche Divergenz ist hier gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht will die sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Begründung zurückweisen , Rettungsdienstleistungen, die an Private nicht im Wege eines Konzessionsmodells vertraglich übertragen werden sollen, seien nach Maßgabe des GWB-Vergaberegimes zu vergeben. Dieser Rechtssatz stimmt nicht mit der die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2006 tragenden Begründung überein. Dieses Oberlandesgericht stützt seinen Beschluss auf den Rechtssatz, dass solche Rettungsdienstleistungen wegen Art. 45, 55 EG-Vertrag von dem GWB-Vergaberegime ausgenommen sind.
11
C. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere in rechter Frist und Form erhoben; sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat die Vergabekammer auf den zulässigen Nachprüfungsantrag hin festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist, weil der Antragsgegner die im Januar 2008 angekündigte Übertragung der Notfallrettung nebst Krankentransport nicht in einem Vergabeverfahren vornehmen will, das die Regeln des Ersten Abschnitts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der wegen § 4 VgV ferner geltenden Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A einhält.
12
I. Gegen das Erreichen des nach § 100 Abs. 1 GWB erforderlichen Schwellenwerts und gegen die Antragsbefugnis der Antragstellerin (§ 107 Abs. 2 GWB) gibt es ebenso wenig Bedenken wie Anhaltspunkte dafür bestehen , dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert sein könnte. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts im Vorlagebeschluss verwiesen werden.
13
II. Näherer Ausführungen bedarf es hingegen im Hinblick darauf, dass sich der Regelungsgehalt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB beschränkt. Nach der dort gegebenen gesetzlichen Definition sind das entgeltliche Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen, die, soweit es hier interessiert, Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Auch die sich hieraus ergebenden Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
14
1. Der Antragsgegner ist als Verband im Sinne des § 98 Nr. 3 GWB öffentlicher Auftraggeber.
15
2. Er will mit einem Dritten einen Vertrag abschließen, damit dessen Unternehmen verpflichtet ist, Notfallrettung und Krankentransporte im Sinne des § 2 Abs. 2 SächsBRKG durchzuführen. Ein solcher Vertrag hat Leistungen des Unternehmens zum Gegenstand, die, da keine Waren zu liefern sind und keine Bauausführung oder -planung geschuldet sein soll, gem. § 99 Abs. 4 GWB als Dienstleistungen einzustufen sind.
16
a) Der Feststellung, dass der Vertrag (Dienst)Leistungen zum Gegenstand hat, steht nicht entgegen, dass in Übereinstimmung mit § 31 Abs. 1 SächsBRKG nach dem Wortlaut des zu den Akten gereichten Entwurfs des abzuschließenden Vertrags (dort § 1) die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports übertragen werden soll, was möglicherweise als Übertragung jedenfalls eines Teils der öffentlichen Aufgabe selbst bzw. als Anvertrauen eines öffentlichen Amts verstanden werden könnte. Ein solcher Inhalt der Vereinbarung änderte nämlich nichts daran, dass der Vertrag sich über Leistungen verhält, zu denen ein Dritter aufgrund der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet sein soll, was nach der Rechtsprechung des Senats bereits zur Anwendung von § 99 Abs. 1 GWB führt (BGHZ 162, 116, 128). Denn der Leistungserbringer soll - wie es in § 2 Abs. 2 Satz 2 SächsBRKG heißt - lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchführen, deren Transportfähigkeit herstellen, sie unter fachgerechter Betreuung in ein Krankenhaus befördern, anderen Kranken , Verletzten oder sonstigen Hilfsbedürftigen Hilfe leisten und auch diese Personen befördern. Dass es bei dem abzuschließenden Vertrag um die Pflicht zur Erbringung gerade auch dieser Dienstleistungen geht, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der Antragsgegner nach § 31 Abs. 7 SächsBRKG diese Tätigkeiten ansonsten mit eigenen Kräften durchführen müsste (vgl. auch hierzu BGHZ 162, 115, 126).
17
b) Unerheblich ist auch, dass § 31 Abs. 1 SächsBRKG den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags vorschreibt und auch der Vertragsentwurf eine Vereinbarung dieser rechtlichen Art vorsieht. Denn § 99 Abs. 1 GWB unterscheidet nicht nach der Rechtsnatur des abzuschließenden Vertrags. Er weist Rechtsgeschäfte allein deshalb dem GWB-Vergaberegime zu, weil der öffentliche Auftraggeber Leistungen durch einen Dritten für wünschenswert oder notwendig erachtet und dies zum Anlass nimmt, deren Erbringung auf vertraglichem Weg und nicht in anderer Weise, etwa durch einen Beleihungsakt (vgl. hierzu Burgi NVwZ 2007, 383), sicherzustellen (vgl. BGHZ 148, 55, 61), wobei angesichts des zu beurteilenden Sachverhalts dahinstehen kann, ob fallweise - etwa zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten - auch eine Beauftragung auf vertragsähnlichem Wege ausreichen kann.
18
3. Da in dem Vertragsentwurf vorgesehen ist (dort § 5), dass der Leistungserbringer vom Aufgabenträger für die Durchführung der übernommenen Tätigkeiten bzw. Aufgabe den im Angebot geforderten Eurobetrag als Vergütung erhält, soll schließlich auch ein entgeltlicher Vertrag abgeschlossen werden. Denn die erforderliche Entgeltlichkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber sich durch ein einheitliches Leistungsaustauschgeschäft zu einer geldwerten Gegenleistung für die Leistung des Unternehmens verpflichtet (vgl. BGHZ 162, 116, 129 m.w.N.).
19
4. Auf die von dem vorlegenden Oberlandesgericht einerseits und dem Oberlandesgericht Düsseldorf (aus der vergaberechtlichen Rspr. wie oder ähnlich wie dieses OLG Celle NZBau 2000, 299; OLG Naumburg VergabeR 2001, 134 u. Beschl. v. 11.07.2008 - 1 Verg 5/08; BayObLG VergabeR 2003, 563 f.; OLG Brandenburg NZBau 2005, 236 u. Beschl. v. 18.09.2008 - VergW 9/04) andererseits kontrovers diskutierte und den eigentlichen Grund für die Divergenzvorlage bildende Frage, ob von der Ankündigung des Antragsgegners betroffene Tätigkeiten dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, so dass durch sie nach der Vorgabe von Art. 45, 55 EG-Vertrag weder die Niederlassungsfreiheit noch die Dienstleistungsfreiheit in den Mitgliedstaaten berührt wird, kommt es nicht an.
20
Die sich aus Art. 45, 55 EG-Vertrag ergebende so genannte Bereichsausnahme beschränkt sich nach dem Wortlaut von Art. 45 und dessen Zweck darauf, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, Ausländer von den dort genannten Tätigkeiten im Inland fernzuhalten (EuGH, Urt. v. 21.06.1974 - 2/74, Slg. 1974, 631 Rdn. 44); ein Zwang für den nationalen Gesetzgeber ist damit nicht verbunden. Die Reichweite des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eröffneten Vergaberegimes bestimmt sich mithin nach deutschem Recht. Nur wenn oder soweit das deutsche Gesetz einen bestimmten Dienstleistungsverkehr hiervon ausnähme, könnten der EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage erlassene europäische Rechtsakte noch Bedeutung erlangen, nämlich dann, wenn das Gemeinschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland Derartiges untersagte (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 18.12.2007 - C-357/06, ZfBR 2008, 400, 403). Die Vergabe von Dienstleistungen der hier interessierenden Art ist nach nationalem Recht jedoch nicht von dem GWB-Vergaberegime ausgenommen, wie die Auslegung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen ergibt.
21
a) Ausgangspunkt für diese Auslegung ist - wie stets - der Gesetzeswortlaut. Dieser weist die beabsichtigte Vergabe von Rettungsdienstleistungen aber eindeutig dem GWB-Vergaberegime zu, weil § 99 Abs. 1 GWB allein darauf abstellt, dass die Leistung in dem bereits erörterten Sinne Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags zwischen öffentlichem Auftraggeber und Unter- nehmen werden soll. Es kommt hinzu, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen selbst in § 100 Abs. 2 einen allgemein als abschließend angesehenen Katalog von Verträgen benennt, für die das GWBVergaberegime nicht gelten soll, ohne darin Aufträge der im Januar 2008 vom Antragsgegner angekündigten Art aufgenommen zu haben.
22
b) Die Geltung des GWB-Vergaberegimes auch für die Vergabe dieser Verträge und das dabei einzuhaltende Verfahren kann auch nicht als mit dem Zweck des Gesetzes unvereinbar angesehen werden, der zur Auslegung ebenfalls herangezogen werden muss (BGHZ 162, 116, 126). Die hierzu ergangenen Vorschriften dienen dazu, unter Wahrung von Transparenz und Gleichbehandlung am Auftrag Interessierter der öffentlichen Hand zu ermöglichen und sie anzuhalten, möglichst unter Nutzung vorhandenen Wettbewerbs das wirtschaftlichste Angebot zu erhalten und wahrzunehmen. Dieser Zweck kann ohne weiteres auch für die im Streitfall interessierenden Verträge Geltung beanspruchen. Es erscheint geradezu sinnvoll, auch diese Nachfrage der öffentlichen Hand in der nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehenen Weise abzuwickeln, nicht zuletzt angesichts des auch vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogenen Umstands, dass es bekanntermaßen althergebrachter Praxis entspricht, die fraglichen Leistungen durch außerhalb des Staates stehende Organisationen oder Unternehmen, häufig sogar auf rein privatrechtlicher Grundlage, erbringen zu lassen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zu Verträgen, die nach der Rechtsprechung des Senats § 99 Abs. 1 GWB nicht unterfallen, obwohl auch sie in den Ausnahmekatalog des § 100 Abs. 2 GWB nicht aufgenommen sind (BGHZ 148, 155), nämlich zu Verträgen mit Unternehmen, deren alleiniger Anteilseigner der öffentliche Auftraggeber ist, über die er eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübt und die ihre Tätigkeit im Wesentlichen für diesen öffentlichen Auftraggeber verrichten. Denn dann wird der Sache nach kein anderer beauftragt; die Tätigkeit wird vielmehr von einer Stelle erbracht, die der öffentlichen Verwaltung bzw. dem Geschäftsbetrieb des öffentlichen Auftraggebers zuzurechnen ist, so dass für einen geregelten Wettbewerb schon von vornherein kein Raum ist.
23
c) Schließlich führt auch die historische Auslegungsmethode zu keinem anderen Ergebnis. Ein vom Wortlaut her gebotenes und vom Gesetzeszweck getragenes Auslegungsergebnis bedarf nicht des Nachweises entsprechenden gesetzgeberischen Willens. Es kann lediglich dann in Frage gestellt sein, wenn ein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille feststeht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, wobei der Senat unterstellt, dass die bereits erwähnte Bereichsausnahme europarechtlich die Vergabe von Aufträgen über Rettungsdienstleistungen nach Maßgabe des § 31 SächsBRKG erfasst.
24
Es kann nicht schon deshalb angenommen werden, das sich unter dieser Prämisse ergebende Hinausgehen über das nach dem Gemeinschaftsrecht Notwendige sei nicht vom Willen des deutschen Gesetzgebers gedeckt, weil Anlass für das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergaberechtsänderungsgesetz - VgRÄG) vom 26. August 1998 (BGBl. I 2512) europarechtliche Vorgaben waren (vgl. EuGH, Urt. v. 11.08.1995 - C-433/93, Slg. 1995, 2317 Rdn. 18 f.; Urt. v. 02.05.1996 - C-253/95, Slg. 1996, 2430 Rdn. 15). Denn der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angemahnte Umsetzungsbedarf betraf nicht den Umfang der vom nationalen Vergaberecht erfassten Geschäfte, sondern ein Defizit an Rechtsschutz für die Bieter, weil die so genannte haushaltsrechtliche Lösung (2. Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes v. 26.11.1993, BGBl. 1993 I 1928) keine individuellen einklagbaren Rechtsansprüche der am Auftrag interessierten Unternehmen begründet hatte (vgl. BT-Drucks. 12/4636, S. 12). Ebenso wenig folgt ein der vorgenommenen Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille daraus, dass im Gesetzgebungsverfahren wiederholt der Wunsch geäußert worden ist, ausschließlich europarechtliche Vorgaben, insbesondere diejenigen der Vergaberichtlinien, umzusetzen. Denn dieser Wunsch hat tatsächlich keine vollständige Erfüllung gefunden. Das zeigt sich schon daran, dass im Falle einer echten Chance auf den Zuschlag die Richtlinie 92/13/EWG vom 25. Februar 1992 (ABl. Nr. L 76 v. 23.02.1992, S. 14; dort Art. 2 Abs. 7) nur den Nachweis eines ursächlichen Schadens im Streit um die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren erleichtert wissen wollte, und dies auch nur bei Auftragsvergaben im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, während nach § 126 GWB die echte Chance auf den Zuschlag und deren Beeinträchtigung den Anspruch bereits auslösen, und zwar in allen Fällen, in denen ein Bieter Kostenerstattung verlangt, der sich durch eine erfolgte fehlerhafte Vergabe benachteiligt fühlt. Im Gesetzgebungsverfahren hätte demgemäß schon hervorgetreten sein müssen, dass vom GWB-Vergaberechtsregime trotz des entgegenstehenden allgemeinen Wortlauts von § 99 Abs. 1 GWB der sogenannten Bereichsausnahme unterfallende Verträge oder konkret solche der hier interessierenden Art ausgenommen sein sollen (a.A. z.B. Burgi, NVwZ 2007, 383, 385). Hieran fehlt es jedoch.
25
5. Diese Ausnahme ergibt sich schließlich auch nicht, wenn man die auch für das nationale Recht weitverbreitete Auffassung zu Grunde legt, Dienstleistungskonzessionen seien - sehe man davon ab, dass die sogenannten Grundfreiheiten des EG-Vertrags und der von dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hieraus abgeleitete Transparenzgrundsatz zu beachten seien - "vergaberechtsfrei" (so wörtlich Dreher/Stockmann, Kartellvergaberecht, § 99 GWB Rdn. 121). Denn zu Recht hat das vorlegende Oberlandesgericht festgestellt, dass im Streitfall keine Dienstleistungskonzession betroffen ist. Als ein derartiges Rechtsgeschäft werden in Übereinstimmung mit der Definition in Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31. März 2004 (ABl. Nr. L 134 S. 114) Verträge angesehen, bei denen die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Notwendig ist danach, dass der Auftragnehmer ein Nutzungsrecht an der Dienstleistung erhält, die erbracht werden soll. Die Einräumung eines solchen Rechts ist nach dem bereits mehrfach erwähnten Vertragsentwurf im Streitfall jedoch nicht vorgesehen. Der Leistungserbringer soll nicht hierdurch in die Lage versetzt werden, von dem Benutzer oder dessen Krankenkasse eine Vergütung zu verlangen, sondern die Vergütung ausschließlich durch Geldzahlung des Aufgabenträgers erhalten. Nach § 5 des Vertragsentwurfs soll die so zu erbringende jährliche Vergütung zudem für die gesamte Laufzeit des Vertrags mit der Möglichkeit einer Anpassung im Falle wesentlicher tatsächlicher Veränderungen festgelegt sein. Demgemäß kann auch keine Rede davon sein, dass der Leistungserbringer ein Betriebs- oder Vergütungsrisiko trage. Er hat ausschließlich die öffentliche Hand als Schuldner. Wie diese ihrerseits die für die im Vorhinein vereinbarte Vergütung erforderlichen Mittel beschafft, berührt das Verhältnis zum Leistungserbringer nicht.
26
6. Nach allem darf der Antragsgegner sich nicht darauf beschränken, die mit seiner Bekanntmachung vom 17. Januar 2008 nachgefragten Dienstleistungen nach Maßgabe des in der Sächsischen Landesrettungsdienstplanverord- nung näher geregelten Auswahlverfahrens zu vergeben. Angesichts der Feststellung der Vergabekammer, dass Leistungen der Kategorie 25 des Anhangs I B zur VOL/A 2006 betroffen sind und des mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffenen und daher hier auch nicht zur Überprüfung stehenden Ausspruchs, dass deshalb § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006 eingreift, hat der Antragsgegner vielmehr - vorbehaltlich einer anderen Anschlussbeschwerdeentscheidung - jedenfalls nach Maßgabe der Basisparagraphen des Abschnitts 2 der VOL/A 2006 sowie der §§ 8a und 28a dieses Abschnitts im Rahmen des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des GWB geschaffenen Vergaberegimes zu verfahren.
27
Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber ein besonderes Auswahlverfahren geschaffen hat, entbindet hiervon (entgegen dem vom OLG Naumburg VergabeR 2008, 821 hieraus gezogenen Schluss) nicht, weil eine Kompetenz des Freistaates Sachsen zur Einschränkung des bundeseinheitlichen Vergaberechts nicht mehr bestand, nachdem der Bund den Vierten Teil des GWB geschaffen hatte (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 11, 16, Art. 109 Abs. 3 GG).
28
D. Entgegen der Meinung der Antragstellerin hat der Senat nicht über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden. Wenn es in § 124 Abs. 2 GWB heißt, im Falle einer Divergenz lege das Oberlandesgericht die Sache dem Bundesgerichtshof vor, so bedeutet dies nicht, dass immer und ausnahmslos der gesamte noch anhängige Nachprüfungsstreit dem Bundesgerichtshof vorzulegen ist. Die Vorlagepflicht besteht nur, soweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs anstelle des Oberlandesgerichts notwendig ist, um den abtrennbaren Teil des Streits zu erledigen, dessen Bescheidung nach Ansicht des vorlegenden Oberlandesgerichts von der zum Anlass der Vorlage genom- menen Divergenz abhängt. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht die Vorlage zu Recht auf die sofortige Beschwerde beschränkt. Ob der Senat, etwa aus Gründen der Prozessökonomie, befugt wäre, die Anschlussbeschwerde an sich zu ziehen, kann dahinstehen, weil der Senat im Streitfall keine Gründe für eine solche Maßnahme zu erkennen vermag.
29
E. In Anbetracht der Tatsache, dass nach allem das Oberlandesgericht über die Anschlussbeschwerde noch zu beschließen hat, bleibt die Kostenentscheidung insgesamt der Schlussentscheidung des Oberlandesgerichts überlassen.
30
F. Von einer mündlichen Verhandlung sieht der Senat ab, weil die Sache eilbedürftig und angesichts des unstreitigen Sachverhalts von einem Termin vor dem Senat eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist. Hier kommt noch hinzu, dass der durch die Entscheidung des Senats allein beschwerte Antragsgegner vorgebracht hat, "eine mündliche Verhandlung dürfte entbehrlich sein".
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.07.2008 - WVerg 3/08 -

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.

(2) Öffentlicher Personennahverkehr ist auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der eine der in Absatz 1 genannten Verkehrsarten ersetzt, ergänzt oder verdichtet.

(3) Für die Sicherstellung einer ausreichenden den Grundsätzen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind die von den Ländern benannten Behörden (Aufgabenträger) zuständig. Der Aufgabenträger definiert dazu die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in der Regel in einem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die in Satz 3 genannte Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden. Im Nahverkehrsplan werden Aussagen über zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen getroffen. Bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans sind die vorhandenen Unternehmer frühzeitig zu beteiligen; soweit vorhanden sind Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeiräte, Verbände der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Fahrgäste und Fahrgastverbände anzuhören. Ihre Interessen sind angemessen und diskriminierungsfrei zu berücksichtigen. Der Nahverkehrsplan bildet den Rahmen für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Länder können weitere Einzelheiten über die Aufstellung und den Inhalt der Nahverkehrspläne regeln.

(3a) Die Genehmigungsbehörde wirkt im Rahmen ihrer Befugnisse nach diesem Gesetz und unter Beachtung des Interesses an einer wirtschaftlichen, den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit sowie die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse berücksichtigenden Verkehrsgestaltung an der Erfüllung der dem Aufgabenträger nach Absatz 3 Satz 1 obliegenden Aufgabe mit. Sie hat hierbei einen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen, der unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 6 zustande gekommen ist und vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet.

(3b) Für Vereinbarungen von Verkehrsunternehmen und für Beschlüsse und Empfehlungen von Vereinigungen dieser Unternehmen gilt § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht, soweit sie dem Ziel dienen, für eine Integration der Nahverkehrsbedienung, insbesondere für Verkehrskooperationen, für die Abstimmung oder den Verbund der Beförderungsentgelte und für die Abstimmung der Fahrpläne, zu sorgen. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Anmeldung bei der Genehmigungsbehörde. Für Vereinigungen von Unternehmen, die Vereinbarungen, Beschlüsse und Empfehlungen im Sinne von Satz 1 treffen, gilt § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entsprechend. Verfügungen der Kartellbehörde, die solche Vereinbarungen, Beschlüsse oder Empfehlungen betreffen, ergehen im Benehmen mit der zuständigen Genehmigungsbehörde.

(4) Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen. Eigenwirtschaftlich sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) und sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden. Ausgleichszahlungen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs nach § 45a sind aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausgenommen.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Sektorentätigkeiten im Bereich Wasser sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Fortleitung und der Abgabe von Trinkwasser,
2.
die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze.
Als Sektorentätigkeiten gelten auch Tätigkeiten nach Satz 1, die im Zusammenhang mit Wasserbau-, Bewässerungs- oder Entwässerungsvorhaben stehen, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der Gesamtwassermenge ausmacht, die mit den entsprechenden Vorhaben oder Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellt wird oder die im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung oder -behandlung steht. Die Einspeisung von Trinkwasser in feste Netze zur Versorgung der Allgemeinheit durch einen Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 gilt nicht als Sektorentätigkeit, sofern die Erzeugung von Trinkwasser durch den betreffenden Auftraggeber erfolgt, weil dessen Verbrauch für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlich ist, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und die Einspeisung in das öffentliche Netz nur von dem Eigenverbrauch des betreffenden Auftraggebers abhängt und bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Trinkwassererzeugung des betreffenden Auftraggebers ausmacht.

(2) Sektorentätigkeiten im Bereich Elektrizität sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Elektrizität,
2.
die Einspeisung von Elektrizität in diese Netze, es sei denn,
a)
die Elektrizität wird durch den Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 erzeugt, weil ihr Verbrauch für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlich ist, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und
b)
die Einspeisung hängt nur von dem Eigenverbrauch des Sektorenauftraggebers ab und macht bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Energieerzeugung des Sektorenauftraggebers aus.

(3) Sektorentätigkeiten im Bereich von Gas und Wärme sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Gas und Wärme,
2.
die Einspeisung von Gas und Wärme in diese Netze, es sei denn,
a)
die Erzeugung von Gas oder Wärme durch den Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 ergibt sich zwangsläufig aus der Ausübung einer Tätigkeit, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und
b)
die Einspeisung zielt nur darauf ab, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und macht bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Sektorenauftraggebers aus.

(4) Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehrsleistungen sind die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn, automatischen Systemen, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Seilbahn; ein Netz gilt als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne.

(5) Sektorentätigkeiten im Bereich Häfen und Flughäfen sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets mit dem Zweck, für Luft-, See- oder Binnenschifffahrtsverkehrsunternehmen Flughäfen, See- oder Binnenhäfen oder andere Terminaleinrichtungen bereitzustellen.

(6) Sektorentätigkeiten im Bereich fossiler Brennstoffe sind Tätigkeiten zur Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets zum Zweck

1.
der Förderung von Öl oder Gas oder
2.
der Exploration oder Förderung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen.

(7) Für die Zwecke der Absätze 1 bis 3 umfasst der Begriff „Einspeisung“ die Erzeugung und Produktion sowie den Groß- und Einzelhandel. Die Erzeugung von Gas fällt unter Absatz 6.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern vom 05.03.2012 (Az.: 2 VK 09/11) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten wird für notwendig erklärt.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin fühlt sich in ihren Rechten verletzt, weil der Antragsgegner seinen Eigenbetrieb W… (im folgenden: Eigenbetrieb) mit dem Betrieb von drei Buslinien in seinem Zuständigkeitsbereich betraut hat.

2

Die Antragstellerin betreibt in der Hansestadt W… und Umgebung Buslinienverkehre, hierunter auf Grundlage einer bis zum 31.12.2011 durch das Landesamt für Straßenbau und Verkehr MV (im folgenden: Landesamt) erfolgten Genehmigung die Buslinien 233, 244 und 251.

3

Am 24.10.2010 veröffentlichte der Antragsgegner eine Wettbewerbsbekanntmachung hinsichtlich des Betriebs der drei Linien im EU-Amtsblatt. Diese enthielt u.a. den folgenden Abschnitt:

4

"ABSCHNITT II:

5

GEGENSTAND DES WETTBEWERBS/BESCHREIBUNG DES PROJEKTS

6

II.1) BESCHREIBUNG

7

II.1.1) Bezeichnung des Wettbewerbs/Projekts durch den öffentlichen Auftraggeber/den Auftraggeber Direktvergabe von 3 Linien im sonstigen öffentlichen Personennahverkehr im Sinne Art. 7 Abs. 2 EU VO 1370/07.

8

II.1.2) Kurze Beschreibung

9

Der Landkreis N… als Aufgabenträger für den sonstigen öffentlichen Personennahverkehr beabsichtigt, 3 Linien als 1 Los mit einer jährlich durchschnittlichen Fahrplankilometerleistung (Fplkm) über 301 963 Fplkm, nach Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 Art. 5 Abs. 4 für das Gebiet Landkreis N… für die Dauer von 4 Jahre zu vergeben.

10

Die Fahrplankilometer der Linien teilen sich wie folgt auf:

11

1) Linien 233 = 90 352 Fplkm, 244 = 75 388 Fplkm und 251 = 136 223 Fplkm.

12

Bewerber welche die Verkehrsleistung selbst erbringen wollen (sogenannter kommerzieller Verkehr), können bis zum 31.3.2011, 10:00 Uhr ihr Interesse beim

13

Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern
Erich-Schlesinger-Str. 35
18059 Rostock
DEUTSCHLAND

14

bekunden. Dem Antrag ist eine Tariftreueerklärung beizufügen. Später eingehende Anträge können keine Berücksichtigung finden.

15

Auskünfte über den Umfang der zu erbringenden Verkehrsleistung und ein Formblatt für die Tariftreueerklärung erhalten Sie beim Landkreis Nordwestmecklenburg.

16

Landkreis Nordwestmecklenburg
Vergabestelle
Herrn W…
B… W…3
2… G…
DEUTSCHLAND
Tel.: +49…
Fax.: +49…
e-mail: t….de "

17

Zum vollständigen Inhalt der Wettbewerbsbekanntmachung wird auf Bl. 92 bis 94 d.A. Bezug genommen. Nachdem die Antragstellerin auf ihre Interessenbekundung vom 11.01.2011 von der Antragsgegnerin die erforderlichen Unterlagen erhalten hatte, übersandte sie mit Schreiben vom 04.03.2011, zu dessen Inhalt auf Bl. 95 d.A. Bezug genommen wird, ihre Teilnahmeunterlagen an den Antragsgegner. Gleichzeitig versandte sie die erforderlichen Unterlagen für einen bei dem Landesamt zu stellenden Genehmigungsantrag nach dem PBefG an den Antragsgegner mit. Der Antragsgegner meldete sich hierauf nicht. Sachstandsanfragen der Antragstellerin vom 10. und 24.05.2011 blieben unbeantwortet.

18

Mit Schreiben vom 09.11.2011 beantragte die Antragstellerin eine Genehmigung für den Betrieb der drei Linien gem. § 42 i.V.m. § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG beim Landesamt.

19

Mit Schreiben vom 16.11.2011 betraute der Antragsgegner den seit Inkrafttreten der Kreisstrukturreform zu seinem Vermögen gehörenden Eigenbetrieb mit der Erbringung der Verkehrsleistungen auf den drei Buslinien. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben an den Antragsgegner vom 18.11.2011.

20

Mit Schreiben vom 22.11.2011 beantragte auch der Eigenbetrieb die Genehmigung für den Betrieb der drei Linien beim Landesamt.

21

Am 28.11.2011 beantragte der Antragsgegner eine Berichtigung der im EU-Amtsblatt erfolgten Vergabebekanntmachung vom 24.12.2010, die dort am 03.12.2011 erschien. Gegenstand der Berichtigung ist, dass der Antragsgegner nunmehr an Stelle einer Vergabe der drei Buslinien gem. Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) 1370/2007 eine Selbsterbringung gem. Art. 5 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. EG (VO) 1370/2007 beabsichtige. Zum Inhalt der Bekanntmachung wird auf Bl. 100, 101 d.A. Bezug genommen.

22

Mit Schreiben vom 30.11.2011 teilte das Landesamt der Antragstellerin sowie dem Eigenbetrieb mit, dass beide dort gestellten Anträge unzulässig seien und regte an, die Anträge erneut zu stellen. Zum Inhalt dieses Schreibens wird auf die Vergabeakte Bezug genommen.

23

Nachdem beide Anträge bei dem Landesamt neu gestellt waren, bewilligte das Landesamt mit Bescheid vom 23.12.2011, zu dessen Inhalt auf Bl. 109 bis 118 d.A. Bezug genommen wird, der Antragstellerin den Betrieb der drei Buslinien. Den Antrag des Eigenbetriebs lehnte das Landesamt mit demselben Bescheid ab.

24

Auf Aufforderung der Antragstellerin vom 09.12.2011 (Bl. 102/103 d.A.) begründete der Antragsgegner mit Schreiben vom 14.12.2011 (Bl. 105/106 d.A.) seine Entscheidung, den Eigenbetrieb mit dem Betrieb der Buslinien zu betrauen und die Vergabebekanntmachung zu berichtigen.

25

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28.12.2011 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer und beantragte festzustellen, dass die Betrauung des Eigenbetriebs mit der Erbringung der Verkehrsleistungen gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoße, die Antragstellerin in ihren Rechten verletze und unwirksam sei. Zum genauen Inhalt des Antrags wird auf Seite 11 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Zur Begründung führte die Antragstellerin aus:

26

Die Zuständigkeit der Vergabekammer ergebe sich daraus, dass es sich bei dem Betrieb der Buslinien um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag i.S. der VO (EG) 1370/2007 (im folgenden: VO 1370) handele. Hierfür sei der Rechtsschutz vor der Vergabekammer jedenfalls in analoger Anwendung von §§ 102ff. GWB eröffnet. Die Antragstellerin sei auch antragsbefugt, weil sie ihr Interesse an der Durchführung der Linienverkehre gegenüber dem Antragsgegner mehrfach erklärt habe. Die Begründetheit des Nachprüfungsantrages ergebe sich daraus, dass (1.) die Entscheidung zur Eigenbetrauung des Eigenbetriebs mit dem Betrieb der Buslinien zu einem Zeitpunkt getroffen worden sei, zu dem die Entscheidung nicht gem. Art. 7 Abs. 2 VO 1370 im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht gewesen sei. Diese Verpflichtung zur Bekanntmachung bestehe auch dann, wenn der Aufgabenträger eine Entscheidung zur Selbsterbringung treffe. Außerdem seien (2.) die von der Verordnung aufgestellten Voraussetzungen für eine Eigenerbringung gem. Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 1370 nicht erfüllt. Die beabsichtigte Eigenerbringung verstoße gegen den in § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG geregelten Vorrang der eigenwirtschaftlichen Durchführung von Verkehrsleistungen. Schließlich verstoße die erfolgte Betrauung (3.) auch gegen die Anforderungen gem. Art. 5 Abs. 2 S. 2 Ziff. E) und (4.) gegen Art. 4 Abs. 7 VO 1370. Es fehle nämlich an einer Festlegung, dass der interne Betreiber den überwiegenden Teil des öffentlichen Verkehrsdienstes selber erbringe und an den gem. Art. 4 Abs. 7 VO 1370 erforderlichen Angaben in dem Betrauungsschreiben vom 16.11.2011.

27

Der Antragsgegner hat beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Zum genauen Inhalt des Antrages wird auf S. 11 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

28

Er hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, weil die Zuständigkeit der Vergabekammer nicht gegeben sei. Die Betreuung des Stadtverkehrs W… als einer Organisationseinheit des Antragsgegners ohne eigene Rechtspersönlichkeit sei eine interne Organisationsentscheidung, die allenfalls durch die Verwaltungsgerichte überprüft werden könne. Es liege auch keine Direktvergabe i.S.v. Art. 5 Abs. 2 VO 1370 und auch kein öffentlicher Auftrag i.S.v. § 99 Abs. 1 GWB vor. Des Weiteren fehle es der Antragstellerin an der Antragsbefugnis, da die Betrauung des Eigenbetriebes keine Außenwirkung habe, von der die Antragstellerin betroffen sei. Schließlich habe es die Antragstellerin unterlassen, die angeblich fehlerhafte Betrauung rechtzeitig gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB zu rügen. Der Nachprüfungsantrag sei überdies unbegründet, weil die in Art. 7 Abs. 2 VO 1370 geregelte Bekanntmachungspflicht dann nicht gelte, wenn der Aufgabenträger sich für eine ausschreibungsfreie Selbsterbringung der Leistung entscheidet. Es liege auch keine de-facto-Vergabe gem. § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB vor. Außerdem verstoße die Selbstvergabe nicht gegen § 8 Abs. 4 PBefG, da diese Vorschrift nicht als Prüfungsmaßstab für die Entscheidung zur Selbsterbringung heranzuziehen sei, denn die Selbstbetrauung entscheide nicht darüber, ob der Eigenbetrieb auch tatsächlich die Verkehrsdienstleistung erbringen dürfe. Dies obliege der Entscheidung des für die beantragte Linienverkehrsgenehmigung zuständigen Landesamtes.

29

Hilfsweise hat der Antragsgegner ausgeführt, dass die personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften der Selbsterbringung deswegen nicht entgegenstünden, weil auf die im Rahmen der Bekanntmachung vom 24.12.2010 bekanntgemachte Ausschlussfrist bis zum 31.03.2011 keine kommerziellen Genehmigungsanträge durch private Verkehrsunternehmen beim Landesamt eingegangen seien. Auch ein Verstoß gegen die in Art. 5 Abs. 2 Ziff. e) VO 1370 geregelte Verpflichtung zur überwiegenden Selbsterbringung der Leistung durch den Eigenbetrieb liege nicht vor.

30

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 05.03.2012 den Nachprüfungsantrag als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, der Antragstellerin fehle es an der erforderlichen Antragsbefugnis, deren Mindestvoraussetzung es sei, dass sich der Antragsteller entweder an dem der beabsichtigten Auftragsvergabe vorausgegangenen Wettbewerb beteiligt habe oder darlege, gerade daran durch den beabsichtigten Verstoß gegen Vorschriften des Vergaberechts gehindert gewesen zu sein. Die Antragstellerin habe es unterlassen, wie in der Bekanntmachung vom 24.12.2010 verlangt, innerhalb der Ausschreibungsfrist ihr Interesse an der Bedienung der fraglichen Buslinien gegenüber dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr zu bekunden. Die Einreichung der Antragsunterlagen beim Antragsgegner kompensiere diese Unterlassung nicht. Ihr unbedingtes Interesse an dem fraglichen Auftrag sei deshalb nicht dargetan.

31

Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der ergänzend zu der vor der Vergabekammer abgegebenen Begründung des Nachprüfungsantrags ausgeführt wird, dass die von der Vergabekammer zur Begründung herangezogene Ausschlussfrist in der EU-Bekanntmachung vom 24.12.2010 sich auf den Fall beziehe, dass ein Bewerber nicht an dem beabsichtigten Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 4 VO 1370 teilnehmen wolle, sondern sich ohne Beauftragung in der Lage sehe, allein aufgrund einer zu erteilenden Linienverkehrsgenehmigung die Busverkehre durchzuführen. Die Einhaltung der Frist sei dagegen für den Fall nicht maßgeblich, dass ein Bewerber an dem vom Antragsgegner beabsichtigten Verfahren habe teilnehmen wollen und sich gegen die Durchführung eines kommerziellen Verkehrs entschieden habe.

32

Die Antragstellerin beantragt,

33

1. Die Entscheidung der Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus MV vom 05.03.2012, Az: 2 VK 9/11, aufzuheben;

34

2. festzustellen, dass die mit Schreiben vom 16. November 2011 erfolgte Betrauung des Eigenbetriebs Stadtverkehr W… mit der Erbringung von Verkehrsleistungen auf den Buslinien 233, 244 und 251 gegen vergaberechtliche Vorschriften verstößt, die Antragstellerin und Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt und unwirksam ist;

35

3. hilfsweise, die Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus MV zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden;

36

4. die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären und

37

5. dem Beschwerdegegner die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen aufzuerlegen.

38

Der Antragsgegner beantragt,

39

die Beschwerde zurückzuweisen.

40

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt ergänzend aus, durch den am 09.11.2011 verspätet gestellten Antrag der Antragstellerin beim Landesamt sei der gem. § 8 Abs. 4 S. 1 und S. 3 PBefG bestehende gesetzliche Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit für die Verkehrsleistungen entfallen und das Initiativrecht für die Verkehrsleistungen mit Fristablauf auf den Antragsgegner übergegangen.

B.

41

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

I.

42

Die am 26.03.2012 eingegangene sofortige Beschwerde gegen den der Antragstellerin am 13.03.2012 zugestellten Beschluss der Vergabekammer wurde form- und fristgerecht eingelegt. Auch ansonsten bestehen hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keine Bedenken.

II.

43

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, denn der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist nur teilweise zulässig. Soweit er zulässig ist, ist er unbegründet.

44

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin bei der Vergabekammer ist nur teilweise zulässig.

45

a) Die Zuständigkeit der Vergabekammer zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag ergibt sich aus analoger Anwendung von § 102 GWB.

46

Die Antragstellerin begehrt die Nachprüfung der am 16.11.2011 durch den Antragsgegner ausgesprochenen Betrauung des Eigenbetriebs mit der Durchführung des Linienbetriebs der Buslinien 233, 244 und 251. Diese Betrauung ist am Maßstab des Art. 5 VO 1370 sowie ggf. der weiteren einschlägigen Vorschriften der VO zu messen.

47

aa) Die Betrauung an den keine eigene Rechtspersönlichkeit darstellenden Eigenbetrieb ist als Vergabe einer Dienstleistungskonzession in Form einer "In-House-Vergabe" einzuordnen.

48

Eine Dienstleistungskonzession liegt nach der Legaldefinition in den Vergaberechtsrichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG in Abgrenzung zu einem Dienstleistungsauftrag bei Verträgen vor, "die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Dienstleistung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung des Preises besteht". Das bedeutet, dass eine Konzession insbesondere dann vorliegt, wenn die vereinbarte Vergütung im Recht zur Verwertung der Dienstleistung besteht und der Dienstleistungserbringer das Betriebsrisiko übernimmt (Losch/Wittig in VergabeR 2011, 561 ff./567). So ist es hier. Gemäß Ziff. 4. der Betrauungserklärung vom 16.11.2011 stehen die Fahrgeldeinnahmen dem Eigenbetrieb zu, der ansonsten keine Ausgleichsleistungen vom Antragsgegner erhält.

49

Eine In-House-Vergabe liegt vor, wenn der Aufgabenträger die Dienstleistung entweder an eine eigene Dienststelle vergibt ("In-House-Vergabe im engeren Sinne") oder den Auftrag an eine andere rechtsfähige Person vergibt, diese aber funktional als eigene Dienststelle anzusehen ist, weil der Auftraggeber sie (z.B. gesellschaftsrechtlich) beherrscht ("In-House-Vergabe im weiteren Sinne", vgl. OLG Düsseldorf v. 02.03.2011, VergabeR 2011, 244 ff., Tz. 62; Losch/Wittig a.a.O. S. 569). Da der Eigenbetrieb keine eigenständige Rechtspersönlichkeit darstellt, stellt das Betrauungsschreiben vom 16.11.2011 eine "In-House-Vergabe im engeren Sinne" dar.

50

bb) Art. 5 VO 1370 sieht vor, dass sich das Rechtsschutzverfahren bei Dienstleistungskonzessionen und bei In-House-Vergaben von Dienstleistungen nach Art. 5 Abs. 2 - 6 i.V.m. Abs. 7 VO 1370 richtet. Das führt zu einer Zuständigkeit der Vergabekammern auf Grundlage einer analogen Heranziehung von § 102 GWB. Da nämlich die in Art. 5 Abs. 7 VO 1370 dem nationalen Gesetzgeber auferlegten Instrumente zur Gewährleistung einer Überprüfung der gem. Abs. 2 - 6 erfolgten Maßnahmen der Vergabestelle bisher nicht geschaffen worden sind, liegt eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die nur durch analoge Anwendung von § 102 GWB als abdrängende Zuständigkeitsregelung im Sinne von § 40 Abs. 1 VwGO geschlossen werden kann (OLG Düsseldorf a.a.O. Tz. 31 - 46; OLG München v. 22.06.2011, VergabeR 2011, 848 ff., Tz. 54 - 56; beide zit. nach juris; a.A.: Losch/Wittig a.a.O. S. 565). Der Senat schließt sich hierzu der Auffassung der Oberlandesgerichte Düsseldorf und München an. Deshalb bedarf es entgegen der Annahme des Antragsgegners für die Zuständigkeit der Vergabekammer keiner zusätzlichen gesetzlichen Regelung.

51

cc) Der Antragsgegner beruft sich ohne Erfolg darauf, dass es vorliegend - anders als bei OLG Düsseldorf und OLG München a.a.O. - nicht um die Vergabe der Konzession an ein beherrschtes Unternehmen (In-House-Vergabe im weiteren Sinne), sondern um die Betrauung eines Eigenbetriebs (In-House-Vergabe im engeren Sinne) und damit eine von vorneherein vom Vergaberecht freie Selbsterbringung der Leistung gehe.

52

Der Wortlaut von Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO unterscheidet zwischen der Selbsterbringung der Verkehrsdienste durch den Aufgabenträger (1. Alt.) und der direkten Vergabe des Auftrags an eine rechtlich getrennte, aber durch den Aufgabenträger kontrollierte Einheit (2. Alt.). Die hier vorliegende Selbstbetrauung unterfällt dem Regime des Art. 5 Abs. 2 - 6 und damit auch der Rechtswegzuweisung in Art. 5 Abs. 7 VO. Der Wortlaut von Abs. 7, der die Mitgliedsstaaten zur Sicherstellung der Überprüfung der gemäß den Absätzen 2 - 6 getroffenen Entscheidungen auffordert, ist insoweit eindeutig, denn auch die Entscheidung zur Selbsterbringung gem. Abs. 2 S. 1, 1. Alt. ist eine Entscheidung gemäß der Absätze 2 - 6.

53

Das gilt unbeschadet des Umstandes, dass es sich bei der Selbsterbringung nicht um die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags im Sinne von § 99 GWB bzw. der Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG handelt. Denn daraus ergibt sich nur, dass es sich nicht um einen Dienstleistungsauftrag gem. Art. 5 Abs. 1 VO handelt. Der hier relevante Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 2 VO 1370 regelt gerade die darüberhinausgehenden und bisher vergaberechtsfreien Fälle der In-House-Vergabe im engeren Sinne, so dass auch diese Fälle - soweit sie der Sache nach unter das Regime des Art. 5 VO 1370 fallen - der Überprüfung durch die Vergabekammer gem. § 102 GWB analog unterliegen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. Tz. 62).

54

b) Antragsbefugnis

55

Die Antragstellerin ist nur teilweise gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt.

56

aa) Die Antragsbefugnis ist (nur) gegeben, soweit die Antragstellerin eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 Ziff. e) und von Art. 4 Abs. 7 S. 1 VO 1370 geltend macht. Insoweit macht sie eine Nichtbeachtung von vergaberechtlichen Vorschriften und eine Verletzung ihrer Rechte gem. § 97 Abs. 7 GWB (analog) geltend.

57

Die Antragstellerin hat auch ein Interesse am Auftrag. Ausreichend ist ein tatsächliches wirtschaftliches Interesse am Auftrag (Reidt/Stickler/Glahs, 3. Aufl., § 107 GWB Rz. 22). Ein solches wirtschaftliches Interesse hat die Antragstellerin schon dadurch hinreichend deutlich gemacht, dass sie am 04.03.2011 die ihr zuvor zur Verfügung gestellten Vergabeunterlagen einschließlich der Vordrucke für die Genehmigung nach dem PBefG an den Antragsgegner übersandt hat. Das Interesse an dem Erhalt des Auftrags ist überdies durch den am 09.11.2011 beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr gestellten Antrag auf Erteilung der Verkehrsgenehmigung bzw. dessen erneute Stellung am 05.12.2011 dokumentiert.

58

Das Interesse wird nicht dadurch beseitigt, dass die Antragstellerin nicht entsprechend der EU-Bekanntmachung vom 24.12.2010 bis zum 31.03.2011 ihr Interesse gegenüber dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr bekundet hat. Die diesbezüglich in der Bekanntmachung gesetzte Ausschlussfrist hatte zum Hintergrund, dass der Antragsgegner sich entsprechend der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 29.10.2009, NVwZ-RR 2010, 559 ff., zit. nach juris) zum Zeitpunkt der ursprünglichen Veröffentlichung die Möglichkeit offen lassen wollte, den Auftrag zur gegebenen Zeit gemeinwirtschaftlich auf Grundlage einer Genehmigung gem. § 13a PBefG vergeben zu können.

59

Geht innerhalb der Frist kein eigenwirtschaftlicher Antrag eines Unternehmens ein, darf der Aufgabenträger im Rahmen der ihm obliegenden Prognose davon ausgehen, dass kein eigenwirtschaftlicher Betrieb möglich ist und er daher den Dienst gemeinwirtschaftlich gem. § 13a PBefG vergeben darf (BVerwG a.a.O. Tz. 23). Die Nichteinhaltung der Frist durch einen Interessenten hat aber keine Auswirkungen auf das Bestehen des im Rahmen der vergaberechtlichen Nachprüfung erforderlichen Interesses am Erhalt des zu vergebenden Auftrags oder auf die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB.

60

bb) Die Antragsbefugnis fehlt, soweit die Antragsstellerin eine Verletzung des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehre gem. § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG geltend gemacht. Insoweit beruft sie sich nicht auf eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften.

61

Ein (unterstellter) Verstoß gegen § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG wäre keine im Rahmen von Art. 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 7 VO 1370 zu prüfende Verletzung von Rechten der Antragstellerin. Die Frage, ob vorrangig ein eigenwirtschaftlicher Verkehr vergeben werden muss, betrifft eine durch den Aufgabenträger zu entscheidende Vorfrage, die nicht Gegenstand der vergaberechtlichen Prüfung im Rahmen von Art. 5 VO 1370 ist, sondern allenfalls im Rahmen des gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren im Rahmen des PBefG von Bedeutung sein kann (OLG Düsseldorf a.a.O. Tz. 122 - 125; Thüringer OLG v. 23.12.2011, Az.: 9 Verg 3/11, zit. nach ibr-online). Damit ist die Frage der Überprüfungszuständigkeit der Vergabekammern entzogen.

62

cc) Die Antragsbefugnis fehlt auch, soweit sich die Antragstellerin auf eine Verletzung der Informationspflicht gem. Art. 7 Abs. 2 VO 1370 beruft.

63

Insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob ein Verstoß des Antragsgegners gegen Art. 7 Abs. 2 VO 1370 von vorneherein ausgeschlossen werden kann, weil die Vorschrift auf die hier vorliegende Vergabe an einen Eigenbetrieb nicht anwendbar wäre.

64

Denn die Antragstellerin hat jedenfalls nicht gem. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB dargelegt, dass ihr durch die behauptete Nichtbeachtung der Jahresfrist in Art. 7 Abs. 2 VO 1370 ein Schaden entstanden ist oder droht.

65

Es ist nicht erkennbar, welchen konkreten Nachteil die Antragstellerin durch eine Verletzung der Informationspflicht erleiden könnte. Die Frist soll es ihrem Sinn und Zweck nach den Interessenten an einer Vergabe ermöglichen, rechtzeitig einen Antrag zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu stellen (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 21.12.2011, BT-DrS 17/8233, Begründung zu § 8a PBefG-E, S. 14 oben). Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin am 04.03.2011 gestellt. Selbst wenn der Antragsgegner seinen später gefassten Entschluss, doch keine Vergabe gem. Art. 5 Abs. 4 VO 1370 durchzuführen und die Leistung stattdessen selbst zu erbringen, erneut gem. Art. 7 Abs. 2 VO 1370 hätte bekannt machen müssen, wäre nicht erkennbar, inwieweit dies die Chancen der Antragstellerin, den Auftrag zu bekommen, auf den sie sich schon beworben hatte, erhöht hätte. Denn sie hätte auf eine entsprechende rechtzeitige Bekanntmachung hin lediglich das tun können, was sie jetzt auch getan hat, nämlich ein Nachprüfungsverfahren mit der Begründung in die Wege zu leiten, dass die beabsichtigte Selbsterbringung in der Sache nicht den vergaberechtlichen Vorschriften entspricht. Hieran ist sie durch die unterlassene Vorabinformation des Antragsgegners aber nicht gehindert worden.

66

Die Darlegung eines zumindestens drohenden Schadens setzt voraus, dass sich die gerügten Rechtsverstöße nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers zu seinem Nachteil auswirken können. Wenn dies nicht der Fall ist, fehlt es an der erforderlichen Antragsbefugnis (Reidt/Stickler/Glahs, 3. Aufl., § 107 GWB Rz. 35 m.w.N.). So ist es hier.

67

c) Die Antragstellerin ist mit ihrem - verbleibenden, s.o. b) aa) - Monitum nicht gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert. Die Bekanntmachung des Antragsgegners vom 24.12.2010 enthält keine Frist zur Angebotsabgabe im Sinne der Vorschrift (s. o. b) aa)).

68

Ebensowenig ist die Antragstellerin gem. § 101b Abs. 2 GWB präkludiert. Von der angegriffenen Betrauung des Eigenbetriebs vom 16.11.2011 und der am 03.12.2011 im EU-Amtsblatt veröffentlichten Absicht, nicht an der ursprünglich angekündigten Vergabe gem. Art. 5 Abs. 4 VO 1370 festzuhalten, hat die Antragstellerin erst mit Schreiben des Antragsgegners vom 06.12.2011 erfahren. Mit dem Eingang des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer am 28.12.2011 sind sowohl die Fristen gem. § 101b Abs. 2 S. 1 wie auch gem. Abs. 2 S. 2 GWB eingehalten.

69

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist - soweit er zulässig ist - unbegründet.

70

Die einzig von der Antragstellerin zulässig gerügten Verstöße gegen Art. 5 Abs. 2 S. 2 Ziff. e) und Art. 4 Abs. 7 VO 1370 liegen nicht vor.

71

a) Ein Verstoß des Eigenbetriebs gegen die in Art. 5 Abs. 2 Ziff. e) VO 1370 geregelte Verpflichtung, den überwiegenden Teil des ihm durch den Antragsgegner zugewiesenen Verkehrsdienstes selber zu erbringen, liegt nicht vor. Der Eigenbetrieb ist in Ziff. 7. des Betrauungsschreibens vom 16.11.2011 für den Fall der Vergabe von Unteraufträgen ausdrücklich auf die Einhaltung der geltenden vergaberechtlichen Vorschriften verpflichtet worden. Zu diesen Vorschriften gehört auch die Regelung in Art. 5 Abs. 2 S. 2 Ziff. e) VO 1370. Dafür, dass der Eigenbetrieb gegen die Regelung verstößt oder beabsichtigt, dies zu tun, ist von der Antragstellerin nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

72

b) Der Antragsgegner hat auch nicht gegen die in Art. 4 Abs. 7 S. 1 VO 1370 geregelte Verpflichtung zur transparenten Angabe, ob und in welchem Umfang eine Vergabe von Unteraufträgen in Frage kommt, verstoßen.

73

Die Antragstellerin beruft sich ohne Erfolg darauf, dass dem Betrauungsschreiben vom 16.11.2011 die in der Vorschrift genannten Angaben fehlen.

74

Die Angabe, dass die Vergabe von Unteraufträgen in Frage kommt, ist in Ziff. 7. des Schreibens enthalten. Darauf kommt es aber letztlich genausowenig an, wie auf die Frage, ob dem Schreiben auch hinreichend transparent entnommen werden kann, in welchem Umfang Unteraufträge in Frage kommen. Denn jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Aufgabenträger den öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Rahmen einer In-House-Vergabe im engeren Sinne an einen Eigenbetrieb vergibt, ist die in Art. 4 Abs. 7 VO 1370 geforderte Angabe entbehrlich.

75

Die in Art. 4 Abs. 7 S. 1 VO 1370 geforderten Angaben konkretisieren das allgemeine vergaberechtliche Transparenzgebot. Sie sollen es potentiellen Auftragsinteressenten ermöglichen, sich mit Blick auf die Berechtigung zur Vergabe von Unteraufträgen anhand der Vergabeunterlagen ein sachgerechtes und umfassendes Bild vom Auftrag machen zu können und danach ausgerichtete, vergleichbare Angebote abgeben zu können (Kaufmann/Lübbig/Prieß/Pünder, Kommentar zur VO (EG) 1370/2007, 1. Aufl., Art. 4 Rz. 89). Bereits aus dieser Zielrichtung ergibt sich, dass die geforderte Transparenz erst in dem Moment Bedeutung erlangt, wenn ein Interessent sich damit auseinandersetzen kann, ob und wie er sich auf einen zu vergebenden, ihn interessierenden Auftrag bewirbt. Dieser Moment ist noch nicht erreicht, wenn der Aufgabenträger sich dazu entschlossen hat, die Verkehrsdienstleistung grundsätzlich durch einen Eigenbetrieb selber zu erbringen, gleichzeitig jedoch die Möglichkeit zur Vergabe von Unteraufträgen zu eröffnen. Denn beide Entscheidungen kann der Aufgabenträger im Rahmen der ihm zustehenden freien Entscheidungsbefugnis treffen, ohne dass er hierzu öffentliche Vergabe- oder ähnliche Verfahren durchführen muss (Kaufmann pp. a.a.O. Art. 5 Rz. 69, 70 bzw. Art. 4 Rz. 77). Erst dann, wenn die Unteraufträge - entsprechend der hierfür anzuwendenden vergaberechtlichen Vorschriften - vergeben werden sollen, besteht für potentielle Bewerber überhaupt die Möglichkeit, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen und ein daraus folgendes Interesse, sich über Art und Umfang des (dann) ausgeschriebenen (Teil-)Auftrags informieren zu können.

76

Ebenso spricht gegen eine verpflichtende Aufnahme der in Art. 4 Abs. 7 S. 1 VO 1370 genannten Angaben in ein Eigenbetrauungsschreiben, dass die inhaltlichen Erfordernisse, die an solche Schreiben zu stellen sind, sich an der Zielrichtung und an dem Adressatenkreis der Schreiben orientieren müssen. Eigenbetrauungsschreiben stellen Verwaltungsinterna dar, die nicht zum Ziel haben, externe Interessenten zu informieren oder diesen im Regelfall überhaupt zugänglich gemacht zu werden. Die fehlende Außenwirkung macht es entbehrlich, die Angaben zu möglichen Unteraufträgen zwingend aufzunehmen.

77

Mit Blick darauf, dass es auch in Fällen von Direktvergaben im Sinne von Art. 2 Ziff. h) VO 1370 an einem wettbewerblichen Verfahren fehlt, ist außerdem anerkannt, dass Art. 4 Abs. 7 in diesen Fällen nicht anwendbar ist (Kaufmann pp. a.a.O. Art. 4 Rz. 76). Dies muss genauso gelten, wenn eine Direktvergabe - wie hier - begrifflich nur deswegen nicht vorliegt, weil der betraute Eigenbetrieb nicht im Sinne der VO 1370 von dem Aufgabenträger "rechtlich getrennt" ist.

78

Dem steht schließlich auch nicht der Wortlaut von Art. 4 Abs. 7 S. 1 VO 1370 entgegen, nach dem sich die Bekanntgabepflichten auf die "Unterlagen der … Öffentlichen Dienstleistungsaufträge" beziehen. Denn auch wenn es sich bei dem Betrauungsschreiben vom 16.11.2011 um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne von Art. 2 Ziff. i) letzter Spiegelstrich VO 1370 handelt, ist der Wortlaut - genau wie bei Vorliegen einer Direktvergabe - im oben dargestellten Sinne einschränkend auszulegen.

79

Nach alledem kommt es für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde nicht auf den im nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Antragsgegners vom 22.06.2012 enthaltenen neuen Vortrag an, nach dem das Betrauungsschreiben mit weiterem Schreiben an den Eigenbetrieb vom 19.06.2012 mit Blick auf Art. 4 Abs. 7 VO 1370 nunmehr ergänzt worden ist. Der Schriftsatz gebietet daher keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

III.

80

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog.

(1) Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.

(2) Öffentlicher Personennahverkehr ist auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der eine der in Absatz 1 genannten Verkehrsarten ersetzt, ergänzt oder verdichtet.

(3) Für die Sicherstellung einer ausreichenden den Grundsätzen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind die von den Ländern benannten Behörden (Aufgabenträger) zuständig. Der Aufgabenträger definiert dazu die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in der Regel in einem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die in Satz 3 genannte Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden. Im Nahverkehrsplan werden Aussagen über zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen getroffen. Bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans sind die vorhandenen Unternehmer frühzeitig zu beteiligen; soweit vorhanden sind Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeiräte, Verbände der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Fahrgäste und Fahrgastverbände anzuhören. Ihre Interessen sind angemessen und diskriminierungsfrei zu berücksichtigen. Der Nahverkehrsplan bildet den Rahmen für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Länder können weitere Einzelheiten über die Aufstellung und den Inhalt der Nahverkehrspläne regeln.

(3a) Die Genehmigungsbehörde wirkt im Rahmen ihrer Befugnisse nach diesem Gesetz und unter Beachtung des Interesses an einer wirtschaftlichen, den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit sowie die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse berücksichtigenden Verkehrsgestaltung an der Erfüllung der dem Aufgabenträger nach Absatz 3 Satz 1 obliegenden Aufgabe mit. Sie hat hierbei einen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen, der unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 6 zustande gekommen ist und vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet.

(3b) Für Vereinbarungen von Verkehrsunternehmen und für Beschlüsse und Empfehlungen von Vereinigungen dieser Unternehmen gilt § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht, soweit sie dem Ziel dienen, für eine Integration der Nahverkehrsbedienung, insbesondere für Verkehrskooperationen, für die Abstimmung oder den Verbund der Beförderungsentgelte und für die Abstimmung der Fahrpläne, zu sorgen. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Anmeldung bei der Genehmigungsbehörde. Für Vereinigungen von Unternehmen, die Vereinbarungen, Beschlüsse und Empfehlungen im Sinne von Satz 1 treffen, gilt § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entsprechend. Verfügungen der Kartellbehörde, die solche Vereinbarungen, Beschlüsse oder Empfehlungen betreffen, ergehen im Benehmen mit der zuständigen Genehmigungsbehörde.

(4) Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen. Eigenwirtschaftlich sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) und sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden. Ausgleichszahlungen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs nach § 45a sind aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausgenommen.