Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Juli 2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision der Klägerin wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung angeblich überzahlter Kaufpreise für die Lieferung von Fernwärme im Jahr 2008 und stützt sich insoweit auf vermeintlich unwirksame einseitige Anpassungen des Arbeitspreises durch die Beklagte.

2

Am 01./08.09.1998 schlossen die Klägerin und die H.            AG, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, einen Sonderkunden-Liefervertrag über Fernwärme für die Gebäude der Klägerin in G.            ab. Die Lieferantin erzeugte die Fernwärme auf der Basis von Erdgas als Energieträger. Der Lieferpreis setzte sich nach den vertraglichen Abreden aus drei Preiskomponenten zusammen, einem Jahresgrundpreis, welcher quartalsweise in unmittelbarer Anknüpfung an den Index des Statistischen Bundesamtes für den tariflichen Stundenlohn in der Energiewirtschaft und Wasserversorgung ermittelt werden sollte, einem Arbeitspreis für die gelieferte Wärmemenge, welcher quartalsweise in unmittelbarer Anknüpfung an den Preisindex für Verbraucher für extra leichtes Heizöl ermittelt werden sollte, sowie einem Messpreis, hinsichtlich dessen sich die Lieferantin eine Anpassung im gleichen Umfang wie diejenige des Jahresgrundpreises vorbehielt. Der Vertrag begründete das Lieferverhältnis rückwirkend zum 10.04.1997.

3

Die H.            AG wurde von der A.                  AG übernommen. Mit Änderungs- und Ergänzungsvertrag vom 02./22.06.2006 änderten die Vertragsparteien des Lieferverhältnisses u.a. die Formeln für die Berechnung der Quartals-Arbeitspreise rückwirkend zum 01.01.2006 (vgl. § 3 Abs. 3); dabei wurde die Entwicklung des Arbeitspreises nunmehr an die Entwicklung des Preises für leichtes Heizöl gekoppelt.

4

Die Klägerin zahlte an die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf der Grundlage der von dieser errechneten Arbeitspreise für das Jahr 2008 insgesamt 344.081,73 € netto. Bei Fortgeltung des am 01.01.2006 geltenden Arbeitspreises hätte sie nur 283.284,98 € zu zahlen gehabt. Die Jahresabrechnung für 2008 wurde der Klägerin unter dem Datum des 14.01.2009 erteilt und ging ihr zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Januar 2009 zu.

5

Angeregt durch eine Informationsveranstaltung zweier Verbände der Wohnungswirtschaft, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2011 hinsichtlich ihrer sämtlichen Zahlungen an die Klägerin den Vorbehalt der Rückforderung unter Bezugnahme auf die i.E. unwirksame Preisanpassungsregelung im Vertrag.

6

Mit der Klage hat die Klägerin die Rückzahlung der für das Jahr 2008 zuviel entrichteten Kaufpreisentgelte geltend gemacht.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

8

Das Landgericht hat am 29.01.2013 ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil erlassen; auf den zulässigen Einspruch der Klägerin hat es mit seinem am 16.07.2013 verkündeten Urteil dieses Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel nicht rechtzeitig beanstandet worden sei. Die Forderung der Klägerin sei zwar nicht verjährt, insbesondere sei der Lauf der Verjährung durch die Einleitung des Mahnverfahrens rechtzeitig gehemmt worden. Es könne auch offen bleiben, ob die Preisanpassungsklausel wirksam sei bzw. ob die Preisanpassungsankündigungen zugleich als Angebote auf Abschluss einer Preisänderungsvereinbarung auszulegen seien. In Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Durchsetzbarkeit von einseitigen Preiserhöhungen in Strom- bzw. Erdgasversorgungsverträgen sei von einer nicht mehr hinnehmbaren Störung des Vertragsgefüges auszugehen, wenn ein langjähriges Versorgungsverhältnis vorliege, der Kunde die Preiserhöhungen und die darauf basierenden Jahresrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht beanstande und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel geltend mache. Im Hinblick auf vergleichbare Regelungen in §§ 21 und 30 AVBFernwärmeV sei davon auszugehen, dass Beanstandungen einer Preiserhöhung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in welcher die Preiserhöhung erstmals wirksam werde, erfolgen müsse.

9

Die Klägerin hat gegen das ihr am 25.07.2013 zugestellte Urteil mit einem am 07.08.2013 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihr bis zum 25.10.2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet.

10

Sie greift die ergänzende Vertragsauslegung durch das Landgericht an und meint, dass Beanstandungen gegen die Abrechnung jeweils innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Zugang der Schlussrechnung, in welcher sich die Preisanpassung erstmalig ausgewirkt habe, geltend zu machen seien, um wirksam sein zu können.

11

Die Klägerin beantragt,

12

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts vom 29.01.2013

13

die Beklagte zu verurteilen, an sie 72.348,13 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2009 zu zahlen.

14

hilfsweise,

15

das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.

19

Der Senat hat am 19.03.2014 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen.

B.

20

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

21

Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von Teilbeträgen hat, welche sie auf den Arbeitspreis der von ihr im Kalenderjahr 2008 abgenommenen Fernwärme gezahlt hat, weil sie - ungeachtet aller anderer Streitfragen - die Abrechnung für das Kalenderjahr 2008 nicht rechtzeitig beanstandet hat.

22

I. Der Senat lässt - ebenso wie das Landgericht - jeweils offen, ob es sich bei der für das Jahr 2008 gültigen Klausel zur Anpassung des Arbeitspreises in § 3 Abs. 3 des Liefervertrags in der Fassung des Änderungsvertrags vom 02./22.06.2006 um eine Individualvereinbarung oder eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ob in den nachfolgenden quartalsweisen Preisanpassungsankündigungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Schweigen der Klägerin hierauf (ausnahmsweise) jeweils erneute einvernehmliche Vertragsänderungen i.S. von Preishauptabreden zu sehen sind oder nicht, sowie ob die Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einer Inhaltskontrolle standhielte, wobei rechtlicher Maßstab nicht die Vorschriften der §§ 307 ff. BGB, sondern die Spezialvorschrift des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV 2010 wäre (vgl. BGH, Urteil v. 06.04.2011, VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131), oder ob sie danach als von Anfang an unwirksam zu bewerten wäre. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin jeweils das Letztgenannte, denn für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es auf die Klärung dieser Streitfragen nicht an.

23

II. Geht man von der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel im Liefervertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin aus, dann weist der Liefervertrag eine planwidrige Regelungslücke auf, welche eine ergänzende Vertragsauslegung nötig macht. Denn die Parteien haben eine Regelung für den Fall der Unwirksamkeit der Preisanpassungsbestimmung und des Verstreichens eines längeren Zeitraums bis zur erstmaligen Geltendmachung dieser Unwirksamkeit bei fortlaufender Lieferung nicht getroffen und hätten dies getan, wenn es ihnen rechtzeitig bewusst geworden wäre. Insbesondere ist hierfür die Bestimmung des § 30 Nr. 2 AVBFernwärmeV nicht unmittelbar anwendbar (vgl. nur BGH, Urteile jeweils v. 06.04.2011, VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 sowie VIII ZR 66/90, CuR 2011, 80). Beide Vertragsparteien sind von der Notwendigkeit einer Anpassung u.a. des Arbeitspreises für Fernwärme während der nicht befristeten Laufzeit des Lieferverhältnisses ausgegangen. Die Parteien des Rechtsstreits sind auch übereinstimmend und zutreffend der Ansicht, dass es zur Aufrechterhaltung des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses im Dauerlieferverhältnis notwendig ist, die Rückwirkung der Geltendmachung dieser Unwirksamkeit zeitlich zu begrenzen, wenn der Kunde den Preisanpassungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über  einen längeren Zeitraum hinweg nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeiträume die Unwirksamkeit der Preisanpassungsregelung geltend macht. Streit besteht lediglich über die Länge dieser Ausschlussfrist.

24

III. Das Landgericht hat den Liefervertrag zutreffend dahin ergänzend ausgelegt, dass unter den vorgenannten Umständen der Anspruch auf Rückforderung von gezahlten Wärmepreisen in der Weise beschränkt ist, dass die konkrete Preisanpassung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der Schlussabrechnung, in welcher sie erstmalig wirksam geworden ist, beanstandet worden sein muss.

25

1. a) Die ergänzende Vertragsauslegung hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, welcher hier nicht zuverlässig zu ermitteln ist, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren und muss zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führen. Die vom Bundesgerichtshof angestellten Erwägungen zur ergänzenden Vertragsauslegung von Erdgaslieferverträgen für eine vergleichbare Konstellation (vgl. nur BGH, Urteil v. 14.03.2012, VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372) sind auf den Fernwärmeliefervertrag übertragbar. Auch ein Fernwärmeliefervertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, bei dem ein beiderseitiges besonderes Bedürfnis danach besteht, dass gegenseitige Ansprüche zeitnah geltend gemacht werden und sich nicht durch eine späte Geltendmachung aufsummieren. Das Schuldverhältnis ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Abrechnungsvorgängen, welche Jahr für Jahr aufeinander aufbauen. Aus Sicht des Versorgers kommt die Vielzahl der gleichförmigen Kundenbeziehungen erschwerend hinzu. Aus diesen Gründen dürfen die in den Jahresabrechnungen jeweils enthaltenen Preisgrundlagen nicht unvertretbar lange mit Unsicherheiten behaftet sein, sondern für beide Vertragsparteien muss die Frage, ob eine Preisanpassung Bestand hat oder nicht, ohne größere praktische Schwierigkeiten und in einem noch überschaubaren Zeitraum beantwortet werden können - aus Sicht des Versorgers im Hinblick auf eine verlässliche Basis seiner Kostenkalkulation, aus Sicht des Verbrauchers im Hinblick auf sein Verbrauchsverhalten und u.U. auch auf die Wahl des Versorgers.

26

b) Dem Recht der Energielieferverträge (Strom, Gas und Fernwärme) ist es nicht fremd, einen Interessenausgleich für derartige Konstellationen dadurch herbeizuführen, die Geltendmachung von Rechten von einer Reaktion der anspruchstellenden Vertragspartei innerhalb bestimmter Fristen abhängig zu machen. In der AVBFernwärmeV, deren Regelungen die Vertragsparteien auch ihrem Lieferverhältnis zugrunde gelegt haben (vgl. § 7 Ziffer 1 des Vertrags), gibt es zwei vorbildhafte Regelungen, die Bestimmung des § 21 Abs. 2 mit einer Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Mess- und Berechnungsfehlern („längstens zwei Jahre“) und die Bestimmung des § 30 Nr. 2 mit einer Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten (Zahlungsaufschub oder Zahlungsverweigerung) wegen offensichtlicher Abrechnungsfehler („innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsrechnung“).

27

2. a) Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien sich auch hinsichtlich der Regelung einer weiteren Ausschlussfrist an dem generell vorgesehenen Zwei-Jahres-Zeitraum orientiert hätten, welcher vom Verordnungsgeber als eine angemessene und für beide Vertragsseiten zumutbare Reaktionsfrist beurteilt worden ist (vgl. BR-Drs.90/80 v. 12.02.1980, S. 54 Begründung zu § 21 Abs. 2: -„Unter Abwägung dieser Umstände erscheint es gerechtfertigt, eine für beide Seiten gleiche Ausschlussfrist von zwei Jahren vorzusehen. … Beide Seiten müssen es in Kauf nehmen, dass ihnen im Einzelfall unter Umständen weitergehende Ansprüche auf Rückerstattung bzw. Nachzahlung abgeschnitten werden.“; S. 58 f. Begründung zu § 30 Nr. 2- „Um die Abwicklung des Versorgungsverhältnisses nicht auf lange Zeit mit Unsicherheiten zu belasten, ist es zweckmäßig, das Recht auf Zahlungsaufschub und Zahlungsverweigerung auf einen Zeitraum von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Berechnung zu begrenzen.“). Hierfür sprechen auch praktische Gründe, denn eine unterschiedliche Bemessung von Ausschlussfristen je nach der Art der Beanstandung (Messfehler, Abrechnungsfehler, unwirksame Preisanpassung) führte zu neuen Streitfragen, z. Bsp. auch hinsichtlich des Erklärungswerts einer erhobenen Beanstandung, so dass der Zweck einer Ausschlussfrist - die schnelle Herbeiführung von Rechtsklarheit und Rechtsfrieden - verfehlt werden würde.

28

b) Für den Beginn der Zwei-Jahres-Frist ist es aus objektiver Sicht allerdings sachgerecht, weder auf den Abrechnungszeitraum (analog zu § 21 Abs. 2) noch auf den Zugang einer Abschlagsrechnung (§ 30 Nr. 2 Alt. 2) abzustellen, sondern allein auf den Zugang der Jahresabrechnung (§ 30 Nr. 2 Alt. 1), weil nur die Schlussrechnung eine entsprechende verbindliche Darlegung der (endgültigen) Preisgrundlagen enthält.

29

3. Einer derartigen ergänzenden Vertragsauslegung steht nicht entgegen, dass theoretisch unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der durch die Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel entstandenen vertraglichen Regelungslücke in Betracht gekommen wären.

30

a) Es gibt keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass hier die Vertragsparteien dann, wenn sie bei Vertragsabschluss die planwidrige Regelungslücke erkannt hätten, für die zu schaffende Regelung nicht auf die generell in der AVBFernwärmeV vorgesehenen Ausschlussfristen von jeweils zwei Jahren zurückgegriffen hätten, sondern für diese Konstellation eine abweichende Frist bestimmt bzw. sich an anderen rechtlichen Fristen orientiert hätten.

31

b) Der Verweis der Klägerin auf die Dauer der Regelverjährungsfrist ist für die Bemessung der Dauer einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist, welche nicht nur die Durchsetzung des Anspruchs hindert, sondern den Anspruch entfallen lässt, schon aus systematischen und teleologischen Gründen nicht sachgerecht. Die Wirkung der materiell-rechtlichen Ausschlussfrist soll unabhängig von der Vollendung der Verjährungsfrist eintreten, um den Vertragsparteien wechselseitig einen Anreiz für eine schnelle Klärung der Streitfragen zu setzen. Die Ausschlussfrist erzeugte ihre Wirkungen im Übrigen auch dann bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist, wenn sie auf drei Jahre verlängert wäre, weil der Lauf der Verjährungsfrist regelmäßig nicht zugleich mit dem Zugang der Schlussrechnung, sondern erst nach subjektiver Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände beginnt.

32

c) Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Verordnungsgeber die ursprünglich in den AVBGasV und AVBEltV vorgesehenen entsprechenden Regelungen (§§ 21 Abs. 2, 30 AVBGasV, §§ 21 Abs. 2, 30 AVBEltV) seit der Neufassung der Vorschriften in der GasGVV und der StromGVV im Jahr 2006 jeweils hinsichtlich der Ausschlussfristen geändert und diese von zwei Jahren auf drei Jahre verlängert hat, rechtfertigt dies hier keine andere Entscheidung. Dabei kann offen bleiben, ob die abweichenden Regelungen für die Gas- und Stromgrundversorgung einerseits und für die einheitliche, nicht zwischen Grund- und Sonderversorgungsverhältnissen differenzierende Fernwärmeversorgung andererseits etwa darauf zurückzuführen sein könnte, dass die Neuregelung in den erstgenannten Verordnungen vor allem im Interesse der Haushaltskunden erfolgte (vgl. BR-Drs. 306/06 v. 04.05.2006, S. 39 Begründung zu § 18 StromGVV), während die Regelungen der AVBFernwärmeV nicht nur den Haushalts-, sondern auch den gewerblichen Kunden, wie der Klägerin, zugute kämen. Denn jedenfalls hat der Verordnungsgeber die sich hierfür bietenden Gelegenheiten jeweils nicht genutzt, und zwar sowohl im Jahr 2006 anlässlich der Neuregelung der Bedingungen für die Grundversorgungsverhältnisse bei Gas- und Stromlieferungen als auch insbesondere im Jahr 2010 anlässlich des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Energieeffizienz und Energiedienstleistungen, mit dessen Art. 5 eine Änderung der AVBFernwärmeV (§ 24) in Anpassung an die entsprechenden Regelungen für die Strom- und Gasversorgung erfolgte (vgl. BT-Drs. 17/1719, S. 27 zu Artikel 5). Diese Untätigkeit des Verordnungsgebers im Hinblick auf eine Anpassung der §§ 21 Abs. 2 und 30 Nr. 2 AVBFernwärmeV lässt nur den Schluss zu, dass es sich um eine planvolle, beabsichtigte Abweichung handelt. Jedenfalls stellt, was entscheidend ist, die Orientierung der ergänzenden Vertragsauslegung am derzeit geltenden Recht eine für beide Seiten zumutbare Lösung dar.

33

IV. Nach diesen Maßstäben war die erstmalige Beanstandung der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel mit Schreiben der Klägerin vom 22.12.2011 nicht geeignet, den Ausschluss des Rückzahlungsanspruchs für die im Jahr 2008 gezahlten Wärmepreise zu verhindern. Denn die Jahresabrechnung für das Jahr 2008 ging der Klägerin im Januar 2009 zu, so dass deren Preisgrundlagen spätestens bis Ende Januar 2011 hätten beanstandet werden müssen, um den Ausschluss der Klägerin mit einer Rückforderung zu verhindern.

C.

34

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

35

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

36

Die Revision der Klägerin war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.


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1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Ergibt eine Prüfung der Meßeinrichtungen eine nicht unerhebliche Ungenauigkeit oder werden Fehler in der Ermittlung des Rechnungsbetrages festgestellt, so ist der zuviel oder zuwenig berechnete Betrag zu erstatten oder nachzuentrichten. Ist die Größe des Fehlers nicht einwandfrei festzustellen oder zeigt eine Meßeinrichtung nicht an, so ermittelt das Fernwärmeversorgungsunternehmen den Verbrauch für die Zeit seit der letzten fehlerfreien Ablesung aus dem Durchschnittsverbrauch des ihr vorhergehenden und des der Feststellung des Fehlers nachfolgenden Ablesezeitraums oder auf Grund des vorjährigen Verbrauchs durch Schätzung; die tatsächlichen Verhältnisse sind angemessen zu berücksichtigen.

(2) Ansprüche nach Absatz 1 sind auf den der Feststellung des Fehlers vorhergehenden Ablesezeitraum beschränkt, es sei denn, die Auswirkung des Fehlers kann über einen größeren Zeitraum festgestellt werden; in diesem Fall ist der Anspruch auf längstens zwei Jahre beschränkt.

Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1.
soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen, und
2.
wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Abrechnung des Energieverbrauchs und die Bereitstellung von Abrechnungsinformationen einschließlich Verbrauchsinformationen erfolgt nach den §§ 4 und 5 der Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung.

(2) (weggefallen)

(3) Ändern sich innerhalb eines Abrechnungszeitraumes die Preise, so wird der für die neuen Preise maßgebliche Verbrauch zeitanteilig berechnet; jahreszeitliche Verbrauchsschwankungen sind auf der Grundlage der für die jeweilige Abnehmergruppe maßgeblichen Erfahrungswerte angemessen zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei Änderung des Umsatzsteuersatzes.

(4) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, daß sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen. Eine Änderung einer Preisänderungsklausel darf nicht einseitig durch öffentliche Bekanntgabe erfolgen.

(5) Hat ein Energieversorgungsunternehmen gegenüber einem Fernwärmeversorgungsunternehmen nach § 24 Absatz 1 oder Absatz 4 des Energiesicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3681), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. Juli 2022 (BGBl. I S. 1054) geändert worden ist, den Preis für die Lieferung von Gas zur Erzeugung von Fernwärme erhöht, so sind dieses Fernwärmeversorgungsunternehmen sowie ein Fernwärmeversorgungsunternehmen, das seinerseits Wärme von einem solchen Fernwärmeversorgungsunternehmen geliefert bekommt, berechtigt, ein in einem Wärmeliefervertrag vereinbartes und insoweit einschlägiges Preisanpassungsrecht frühestens zwei Wochen nach der Gaspreiserhöhung auszuüben, auch wenn in dem Wärmeliefervertrag ein längerer Zeitraum für die Anpassung des Preises für die Wärmelieferung an die Änderung der durch die Gaspreiserhöhung gestiegenen Bezugskosten vereinbart wurde. Die Ausübung des Preisanpassungsrechts ist dem Kunden in Textform mitzuteilen und mit einer Begründung zu versehen. Die Preisanpassung wird frühestens zwei Wochen nach dem Tag, der auf den Tag des Zugangs der mit der Begründung versehenen Mitteilung folgt, wirksam. Übt das Fernwärmeversorgungsunternehmen ein vertraglich vereinbartes Preisanpassungsrecht gegenüber dem Kunden nach Maßgabe des Satzes 1 aus, hat der Kunde das Recht, den Wärmeliefervertrag außerordentlich mit Wirkung spätestens zum Ende des ersten Jahres nach Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen. Die Kündigung ist dabei binnen vier Wochen nach Wirksamwerden der Preisänderung in Textform gegenüber dem Fernwärmeversorgungsunternehmen unter Angabe des gewählten Wirksamkeitszeitpunkts zu erklären. In der Preisanpassungsmitteilung nach Satz 2 ist auf das Kündigungsrecht nach Satz 3 und auf das Überprüfungsrecht nach Absatz 6 Satz 1 hinzuweisen.

(6) Bis zur Aufhebung der Feststellung nach § 24 Absatz 1 Satz 1 des Energiesicherungsgesetzes durch die Bundesnetzagentur hat der Kunde des Fernwärmeversorgungsunternehmens, das ein vertraglich vereinbartes Preisanpassungsrecht gegenüber dem Kunden nach Maßgabe des Absatzes 5 Satz 1 ausgeübt hat, das Recht, alle zwei Monate ab Wirksamwerden einer solchen Preisanpassung die Überprüfung und gegebenenfalls unverzügliche Preissenkung auf ein angemessenes Niveau zu verlangen. Das Fernwärmeversorgungsunternehmen hat dem Kunden innerhalb einer Frist von zwei Wochen das Ergebnis der Überprüfung und eine etwaige Preisänderung mitzuteilen und zu begründen. Dabei sind für die Angemessenheit des Preises beim Fernwärmeversorgungsunternehmen seit der Preisanpassung nach Absatz 5 Satz 1 eingetretene Kostensenkungen und das Recht des Fernwärmeversorgungsunternehmens, nach § 24 Absatz 4 des Energiesicherungsgesetzes vom Energieversorgungsunternehmen eine Anpassung des Gaspreises zu verlangen, zu berücksichtigen. Erfolgt auf ein Verlangen des Kunden nach Satz 1 keine Preissenkung, hat der Kunde das Recht, den Wärmeliefervertrag ohne Einhaltung einer Frist außerordentlich mit Wirkung spätestens zum Ende des ersten Jahres nach Zugang der Mitteilung nach Satz 2 zu kündigen. Die Kündigung ist dabei binnen vier Wochen nach Zugang der Mitteilung nach Satz 2 in Textform gegenüber dem Fernwärmeversorgungsunternehmen unter Angabe des gewählten Wirksamkeitszeitpunkts zu erklären. In der Mitteilung nach Satz 2 ist auf das Kündigungsrecht nach Satz 4 hinzuweisen.

(7) Nach der Aufhebung der Feststellung nach § 24 Absatz 1 Satz 1 des Energiesicherungsgesetzes durch die Bundesnetzagentur ist Absatz 6 entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass sechs Wochen nach Aufhebung der Feststellung nach § 24 Absatz 1 Satz 1 des Energiesicherungsgesetzes das Fernwärmeversorgungsunternehmen verpflichtet ist, den Kunden über die Aufhebung der Feststellung zu unterrichten und den Preis auf ein angemessenes Niveau abzusenken. Wird ein höherer Preis vorgesehen als der Preis, der vor der Ausübung eines vertraglich vereinbarten Preisanpassungsrechts nach Maßgabe des Absatzes 5 Satz 1 galt, muss das Fernwärmeversorgungsunternehmen dem Kunden die Angemessenheit dieses höheren Preises nachvollziehbar darlegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 273/09 Verkündet am:
6. April 2011
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verträgen zwischen Lieferanten und
Abnehmern von Fernwärme unterliegen - von den Fällen des § 1 Abs. 2 und
3 Satz 1 AVBFernwärmeV abgesehen - nicht der Inhaltskontrolle nach
§§ 307 ff. BGB (im Anschluss an BGH, Urteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR
37/86, BGHZ 100, 1 ff.). Sofern nicht eine von § 1 Abs. 2 und 3 Satz 1
AVBFernwärmeV erfasste Fallgestaltung vorliegt, sind daher Preisanpassungsklauseln
in Verträgen mit Fernwärmekunden nicht an §§ 307 ff. BGB,
sondern an der Regelung des § 24 Abs. 4 AVBFernwärme V (bzw. des gleich
lautenden § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF) zu messen.

b) Durch § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) soll eine kostenorientierte
Preisbemessung gewährleistet und zugleich dem Umstand
Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise
nicht losgelöst von den Marktverhältnissen vollziehen kann. § 24 Abs. 4
Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) weist beiden aufgeführten Bemessungsfaktoren
an sich den gleichen Rang zu und ermöglicht Abstufungen
nur, soweit dies der Angemessenheit entspricht.

c) Auch bei einer bloßen Kostenorientierung muss ein Indikator als Bemessungsgröße
gewählt werden, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten
des überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft.

d) Eine von einem Versorgungsunternehmen, das zur Erzeugung von Fernwärme
ausschließlich Erdgas einsetzt, in Fernwärmelieferungsverträgen
verwendete Preisanpassungsklausel ist mit den Vorgaben des § 24 Abs. 4
Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) nicht zu vereinbaren und daher
unwirksam, wenn die Veränderung des verbrauchsabhängigen Arbeitspreises
allein an die Preisentwicklung für leichtes Heizöl gekoppelt ist.

e) Ein Fernwärmekunde ist mit seinen Einwendungen gegen die Wirksamkeit
einer vom Versorgungsunternehmen verwendeten Preisanpassungsklausel
im Zahlungsprozess nicht gemäß § 30 Nr. 1 AVBFernwärmeV ausgeschlossen
(im Anschluss an Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05,
NJW 2006, 1667; vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131; vom
6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, WM 1990, 608; vom 19. Januar 1983
- VIII ZR 81/82, WM 1983, 341).
BGH, Urteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09 - OLG Naumburg
LG Dessau-Roßlau
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das Kunden mit Fernwärme beliefert. Die Fernwärme wird in einem Blockheizwerk der Klägerin erzeugt, das mit Erdgas betrieben wird. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Wohnungsbaugenossenschaft, die für ihre Wohnblöcke aufgrund eines am 18. Oktober/6. November 2003 von den Parteien unterzeichneten Energielieferungsvertrages Fernwärme von der Klägerin bezieht. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis zum 30. September 2013.
2
In § 5 des Vertrages ist der von der Beklagten zu entrichtende Wärmepreis wie folgt bestimmt: "1. Der Kunde zahlt S. [= Klägerin] für die gelieferte Wärmemenge einen Wär- mepreis. Der Wärmepreis setzt sich zusammen aus
a) einem Wärmegrundpreis
b) einem Wärmearbeitspreis
c) einem Verrechnungspreis und
d) einem Mietpreis für Hausübergabestationen. Die jeweils gültigen Preise sowie die Preisänderungsbestimmungen ergeben sich aus dem als Anlage 1 beigefügten Preisblatt. Zu dem Wärmepreis wird die gesetzliche Umsatzsteuer in der jeweils gültigen Höhe (...) hinzugerechnet.
2. S. ist berechtigt, die Preise nach der in Anlage 1 angegebenen Preisänderungsklausel anzupassen. Preisänderungen werden nach Übersendung eines neuen Preisblattes an die Kunden und Angabe des Zeitpunktes der Preisänderung wirksam. 3. ..."
3
Bis einschließlich 31. Dezember 2005 hat die Beklagte die Preise der Klägerin akzeptiert (zuletzt bei einem Wärmearbeitspreis von 52,13 €/MWh). Für das Jahr 2006 hat die Klägerin der Beklagten vier Preisanpassungsmitteilungen übermittelt, mit denen sie den Wärmearbeitspreis angepasst hat: am 23. November 2005 zum 1. Januar 2006 Wärmearbeitspreis: 59,76 €/MWh am 21. Februar 2006 zum 1. April 2006 Wärmearbeitspreis: 64,32 €/MWh am 22. Mai 2006 zum 1. Juli 2006 Wärmearbeitspreis: 63,66 €/MWh am 8. August 2006 zum 1. Oktober 2006 Wärmearbeitspreis: 65,32 €/MWh
4
Die Parteien streiten vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Änderungen des Wärmearbeitspreises wirksam sind. Zur Anpassung des Wärmearbeitspreises heißt es unter Nr. 3 der Anlage 1 zum Fernwärmeliefervertrag : "3. Der Arbeitspreis für die zu verrechnenden Mengen ändert sich entsprechend nachstehender Formel: WAP = WAP + 1,26 x (HEL – 31,24) €/MWh o Es bedeuten: WAP = Wärmearbeitspreis in €/MWh WAP = 41,33 in €/MWh o HEL = Veröffentlichter Heizölpreis in €/MWh (extra leichtes Heizöl gemäß Ziffer 4) 31,24 = veröffentlichter Heizölpreis für in €/MWh das IV. Quartal 2003 Die Anpassung erfolgt vierteljährlich. Preise zuzüglich Mehrwertsteuer. 4. Der Preis für extra leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) in €/hl ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden, unter Fachserie 17 – Preise, Reihe 2, "Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise)" – zu entnehmen, und zwar der Preis für Verbraucher in Düsseldorf, Frankfurt und Mannheim/Ludwigshafen bei TankkraftwagenLieferung , 40 bis 50 hl pro Auftrag, einschließlich Verbrauchssteuer. Maßgebend ist das arithmetische Mittel der Preise der drei vorgenannten Berichtsorte. 5. Der Arbeitspreis gemäß Ziffer 3 ändert sich entsprechend der Preisformel mit Wirkung zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres. Dabei wird jeweils zugrunde gelegt ..."
5
Der in § 5 des Wärmelieferungsvertrages weiter aufgeführte Wärmegrundpreis wird nicht verbrauchsabhängig bestimmt, sondern richtet sich nach dem Anschlusswert der jeweiligen Wohnung. Er belief sich bis zum 1. Oktober 2006 auf 31,25 €/kW und ab diesem Zeitpunkt auf 31,48 €/kW. Seine Anpassung ist in Nr. 1 und 2 der Anlage 1 zum Fernwärmelieferungsvertrag geregelt. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt: 1. Der monatliche Leistungspreisanteil des Jahresgrundpreises ändert sich entsprechend nachstehender Formel: WGP = WGP + 0,00315 x (Lohn – 2.360,71) €/kW/a o Es bedeuten: WGP = Wärmegrundpreis in €/kW/a WGP = 31,15 in €/kW/a o Lohn = an die Entwicklung angepasster Lohn entsprechend der Tarifverhandlungen 2.360,7 = angepasster Lohn - gültig seit 1. Februar 2003 2. Für den Lohn ist maßgebend der Monatstabellenlohn eines verheirateten Lohnempfängers mit mehr als 40 Lebensjahren und einem Kind in Lohngruppe V, Stufe 5, des Tarifvertrages des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein -Westfalen. Der Jahresgrundpreis ändert sich mit Wirkung vom ersten Tag des der LohnänderungfolgendenMonats.
6
Der weiter in § 5 des Fernwärmelieferungsvertrages genannte Verrechnungspreis wird durch einen - vom Anschlusswert der Verbrauchsstelle abhängigen - Festbetrag bestimmt (Nr. 7 der Anlage 1 zum Fernwärmeliefervertrag). Er belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum bei einem Anschlusswert bis 120 kW auf 7,77 €/Monat, bei einem Anschlusswert von 121 bis 150 kW auf 8,18 €/Monat, bei einem Anschlusswert von 151 bis 200 kW auf 9,20 €/Monat und ab einem Anschlusswert von über 200 kW auf 10,74 €/Monat.
7
In den Schreiben vom 23. November 2005, vom 21. Februar 2006, vom 22. Mai 2006 und vom 8. August 2006, in welchen die jeweiligen Anpassungen des Wärmearbeitspreises (und im letztgenannten Schreiben auch des Wärmegrundpreises ) der Beklagten mitgeteilt wurden, waren neben den neuen Preisen unter anderem die für die Berechnung von Wärmearbeits- und -grundpreis maßgeblichen Formeln sowie der aktuelle Wert für "HEL" und "L" (Lohn) angegeben.
8
Die Beklagte beanstandete mit Anwaltsschreiben vom 2. März 2006 die von der Klägerin für das Jahr 2006 vorgenommenen Preisanpassungen. Zugleich kündigte sie an, in der Folgezeit Zahlungen nur auf der Basis eines Wärmearbeitspreises von 52,13 €/MWh (= Stand 31. Dezember 2005) und unter Ansatz geringerer Anschlusswerte zu leisten. Mit Schreiben vom 20. März 2006 kündigte die Beklagte den Fernwärmeliefervertrag außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30. September 2013. Dem widersprach die Klägerin.
9
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin den Differenzbetrag zwischen den von der Beklagten entsprechend ihrer Ankündigung im Anwaltsschreiben vom 2. März 2006 erbrachten Zahlungen und den von der Klägerin im Jahr 2006 stufenweise erhöhten Preisen in Höhe von - rechnerisch unstreitigen - 75.256,36 € (nebst Zinsen) geltend. Die Beklagte hat hilfsweise in Höhe von 3.013,25 € die Aufrechnung gegen die Klageforderung unter Hinweis darauf erklärt, dass die Klägerin abredewidrig keine Herabsetzung der Anschlusswerte für die Wohnblöcke der Beklagten vorgenommen habe.
10
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

11
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

12
Das Berufungsgericht (OLG Naumburg, CuR 2009, 144 = ZNER 2009, 400) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
13
Bei § 5 des Fernwärmeliefervertrages und der Anlage 1 zum Vertrag handele es sich um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Klägerin habe nicht ernsthaft bestritten, dass der Vertragstext auch gegenüber anderen Kunden verwandt worden sei. Dies habe auch die Beweisaufnahme bestätigt. Ein Aushandeln im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht erfolgt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1906/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/19cz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR007420980BJNE002500325&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1906/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
14
Die Preisanpassungsklausel in Anlage 1 zum Fernwärmeliefervertrag unterliege als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Einer solchen Kontrolle stehe § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] nicht entgegen, da diese Vorschrift die §§ 305 ff. BGB nicht verdränge. Vielmehr seien die in § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] gemachten Vorgaben für die Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit von Preisanpassungsklauseln im Rahmen der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Dabei sei davon auszugehen, dass durch § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] Kunden von Fernwärmelieferanten kein geringerer Verbraucherschutz zuteil werden solle als den Abnehmern anderer Energieträger. Ob für die Klausel auch eine Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB in Betracht komme, bedürfe keiner Entscheidung, weil sie bereits nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.
15
Nach der Rechtsprechung seien nur solche Preisanpassungsklauseln zulässig , durch die lediglich reale Kostensteigerungen des Lieferanten an die Kunden mit dem Ziel weitergegeben würden, auch bei langfristigen Lieferverträgen das vor Vertragsbeginn kalkulierte Gewinnniveau beibehalten zu können. Vor diesem Hintergrund sei die Kopplung der Preisanpassung an den Preis für die Lieferung leichten Heizöls im Bereich der so genannten Rheinschiene vorliegend ein ungeeigneter Maßstab. Die Klägerin betreibe das Blockheizwerk, in dem die Fernwärme erzeugt werde, nicht mit Öl, sondern ausschließlich mit Erdgas. Der Berechnungsfaktor "HEL" (leichtes Heizöl) knüpfe nicht an die konkreten Bezugspreise der Klägerin an. Es stehe nicht fest, dass sich die Bezugspreise der Klägerin entsprechend der Entwicklung des "HEL"-Preises veränderten. Offen sei insbesondere, ob und in welchem Umfang die Vorlieferanten der Klägerin Preisänderungen an diese weitergäben. Die bloße Möglichkeit, dass der Erdgaspreis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung dem Ölpreis folge (so genannte Ölpreisbindung), reiche im konkreten Einzelfall nicht für die Feststellung aus, dass dies stets auch für die Preise der Vorlieferanten der Klägerin gelte.
16
Da die Klägerin somit eine Preisanpassung nicht von einer Preiserhöhung oder -senkung ihrer Vorlieferanten abhängig mache, sondern diese unab- http://www.juris.de/jportal/portal/t/19cz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR007420980BJNE002500325&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/19cz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - hängig davon, ob Veränderungen des "HEL"-Preises tatsächlich zu Kostensteigerungen bei der Klägerin geführt hätten, an der Entwicklung des "HEL"Preises im Referenzzeitraum ausrichte, benachteilige die Klausel die Beklagte unangemessen und sei daher unwirksam. Ob aus § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] folge, dass eine Preisänderungsklausel nicht "kostenecht" sein müsse, bedürfe dabei keiner Entscheidung; jedenfalls müsse geprüft werden können, ob sich dieser Gesichtspunkt in der verwendeten Klausel überhaupt hinreichend deutlich widerspiegele. Davon könne bei einem Index, der - wie hier - mit den Bezugskosten der Klägerin (für Erdgas) zumindest unmittelbar in keinem Zusammenhang stehe, nicht ausgegangen werden. Zudem sei bei dem Index willkürlich auf die Bezugskosten in der so genannten Rheinschiene abgestellt worden. Das Statistische Bundesamt erhebe die Preise für leichtes Heizöl beispielsweise auch für Magdeburg. Die dort geltenden "HEL"-Preise dürften in den Fällen, in denen - wie hier - sowohl Lieferant als auch Abnehmer ihren Sitz in Z. haben, eher geeignet sein, die Kosten realistisch abzubilden.
17
Neben der genannten Preisanpassungsklausel seien auch die in § 5 Nr. 2 des Fernwärmeliefervertrages getroffenen Preisbestimmungen nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Der dort verwendeten Formulierung, wonach die Klägerin berechtigt sei, die Preise gemäß der Anlage 1 anzupassen, sei nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Klägerin im Falle einer Absenkung ihrer Bezugskosten nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung vorzunehmen. Zudem habe es die Klägerin in der Hand, den Anpassungszeitraum willkürlich zu bestimmen, weil Preisänderungen nach § 5 Nr. 2 Satz 2 des Fernwärmeliefervertrages erst dann wirksam würden, wenn die Klägerin das neue Preisblatt an die Beklagte übersandt habe.
18
Da die Preisanpassungsklausel nach § 5 Nr. 2 des Fernwärmeliefervertrages in Verbindung mit dessen Anlage 1 nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei, fehle es an einer Rechtsgrundlage, auf die die Klägerin die streitgegenständlichen Preisanpassungen stützen könne. Die Klage sei daher schon aus diesem Grunde abzuweisen; einer Entscheidung über die weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen bedürfe es nicht.

II.

19
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
20
Der Klägerin steht kein weiterer Anspruch auf Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB) für die im Jahr 2006 an die Beklagte gelieferte Fernwärme zu. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin kein Recht zur einseitigen Preiserhöhung hat, weil die von ihr verwendete Preisänderungsklausel in Nummer 3 der Anlage 1 des Wärmelieferungsvertrages unwirksam ist. Die Unwirksamkeit dieser Klausel ergibt sich allerdings - anders als das Berufungsgericht meint - nicht aus der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB. Vielmehr gibt die speziellere Regelung in § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV in der vorliegend anwendbaren Fassung (im Folgenden: aF; in der Neufassung vom 4. November 2010 [BGBl. I S. 1483] ist die genannte Bestimmung in Abs. 4 enthalten) die Maßstäbe für eine inhaltliche Kontrolle von Preisanpassungsklauseln in der Fernwärmeversorgung vor. Da die von der Klägerin verwendete Klausel den dort genannten Vorgaben widerspricht, ist sie nach § 134 BGB unwirksam.
21
1. Bei der von der Beklagten beanstandeten Preisanpassungsklausel handelt es sich - was keine Seite mehr in Zweifel zieht - um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Solche vorformulierten Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen, die zwischen einem Versorgungsunternehmen und einem Normsonderkunden über die Belieferung mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme oder Wasser abgeschlossen werden, unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB, auch wenn sie - unter den in § 310 Abs. 2 BGB genannten Voraussetzungen - von den Klauselverboten der §§ 308, 309 BGB ausgenommen sind (vgl. für die Gasversorgung etwa Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 Rn. 13, und vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rn. 21 ff., 24 ff.).
22
2. Um einen solchen Normsonderkundenvertrag handelt es sich jedoch vorliegend nicht. Anders als bei der Versorgung mit Gas oder Strom, bei der Haushalte vom Energieversorger nicht nur im Rahmen seiner Grundversorgungspflicht als Tarifkunden, sondern daneben - in weit verbreitetem Maße - aufgrund von Sondervereinbarungen mit Energie beliefert werden (für die Gasversorgung vgl. etwa Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 14), besteht bei der Bereitstellung von Fernwärme im Rahmen der Wohnraumnutzung regelmäßig nicht die Möglichkeit, die Lieferbedingungen weitgehend auf der Grundlage der allgemeinen Vertragsfreiheit auszugestalten. Vielmehr richten sich bei der Versorgung von Wohnobjekten mit Fernwärme die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien des Wärmelieferungsvertrages nach den gemäß § 27 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz, AGBG) vom 9. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3317) als Rechtsverordnung erlassenen Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742; vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, BGHZ 100, 1, 4, 6 f.).
23
Eine Differenzierung zwischen Tarifabnehmer- und Sonderkundenverträgen soll dabei nach dem Willen des Verordnungsgebers - abgesehen von den Fällen des § 1 Abs. 2, 3 AVBFernwärmeV - nicht erfolgen, weil es im Gegensatz zum Strom- und Gassektor bei der Fernwärme keine gesetzlichen Regelungen über unterschiedliche Tarifgestaltungen gibt (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, Allgemeine Versorgungsbedingungen für Fernwärme, 2. Aufl., S. 238; vgl. ferner Büdenbender, Zulässigkeit der Preiskontrolle von Fernwärmeversorgungsverträgen nach § 315 BGB, 2005, S. 67). In Umsetzung dieses Ziels sieht § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV vor, dass bei sämtlichen Verträgen , in denen vom Versorgungsunternehmen vorformulierte Allgemeine Versorgungsbedingungen verwendet werden, automatisch und unterschiedslos die in §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV getroffenen Regelungen Bestandteil der mit Wärmekunden abgeschlossenen Versorgungsverträge werden, sofern nicht die in § 1 Abs. 2, 3, § 35 AVBFernwärmeV genannten Ausnahmen eingreifen. Der Abschluss von Sondervereinbarungen, die nicht den Vorgaben der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV genügen, ist daher nur bei den nach § 1 Abs. 2 AVBFernwärmeV vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommenen Industriekunden (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO; vgl. ferner für die gleich lautende Vorschrift in § 1 Abs. 2 AVBWasserV Senatsurteil vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358, 359 f.) und daneben - also auch bei der Versorgung von Wohnobjekten mit Fernwärme - nur dann möglich, wenn der Energieversorger einen Vertragsabschluss zu abweichenden Bedingungen anbietet und der Kunde ausdrücklich mit diesen abweichenden Bedingungen einverstanden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV).
24
3. Konsequenz des beschriebenen Regelungskonzepts der AVBFernwärmeV ist, dass eine Inhaltskontrolle nach der Generalklausel des § 307 BGB nur in der Fallkonstellation des § 1 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV und darüber hinaus bei Wärmelieferungsverträgen mit Industriekunden (§ 1 Abs. 2 AVBFernwärmeV ) erfolgen kann (zu Industriekunden vgl. für die insoweit gleich lautende AVBWasserV Senatsurteil vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, aaO [noch zur Vorgängerregelung in § 9 AGBG]; zu Sonderkunden allgemein Hermann in Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, 1984, Band II, § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV Rn. 40). Dagegen schließt § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF als Spezialregelung für das Preisanpassungsrecht in allen anderen Fällen eine Prüfung am Maßstab des § 307 BGB aus (Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 179; Topp in Zenke/ Wollschläger, § 315 BGB: Streit um Versorgerpreise, 2. Aufl., S. 201; Fricke, N&R 2010, 71, 72 f.; ders., CuR 2009, 29; Baumgart, CuR 2009, 148 f.; Topp, RdE 2009, 133, 138; Legler, ZNER 2010, 20, 21; Recknagel, CuR 2010, 43; Lippert, CuR 2010, 56, 59; Wollschläger/Beermann, CuR 2010, 62, 66). Dass einer der beschriebenen Ausnahmefälle vorliegt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Die im Streitfall ver- wendete Preisanpassungsklausel ist damit ausschließlich an den Vorgaben des § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF zu messen.
25
a) Dies lässt sich zunächst im Wege des Umkehrschlusses aus § 1 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV aF ableiten, der bestimmt, dass abweichende Allgemeine Versorgungsbedingungen, die vom Kunden unter den in § 1 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV genannten Voraussetzungen akzeptiert worden sind, einer Überprüfung nach §§ 3 bis 11 AGBG (heute § 305c bis § 309 BGB) unterworfen sind. Wenn der Verordnungsgeber diese Ausnahmefälle ausdrücklich einer AGB-rechtlichen Kontrolle unterstellt, bringt er damit zugleich zum Ausdruck , dass in allen anderen Fällen die Sonderregelungen in §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV die Maßstäbe vorgeben, an denen Allgemeine Versorgungsbedingungen zu messen sind.
26
b) Das ist jedoch nicht der einzige Grund dafür, Allgemeine Versorgungsbedingungen in Fernwärmelieferungsverträgen anhand der speziellen Vorgaben der AVBFernwärmeV auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Denn ein Verordnungsgeber hat nicht die originäre Befugnis, eine Rechtsmaterie vom Anwendungsbereich eines an sich einschlägigen Gesetzes - hier der §§ 3 bis 11 AGBG beziehungsweise der Nachfolgeregelungen in §§ 305c ff. BGB - auszunehmen. Hier kommt jedoch die gesetzliche Ermächtigung in § 27 AGBG (neuerdings Art. 243 Satz 1 EGBGB) zum Tragen. Der Gesetzgeber hat bereits frühzeitig erkannt, dass das Kontrollsystem der §§ 3 bis 11 AGBG nicht geeignet ist, die im Bereich der Fernwärme zu regelnden Problemstellungen angemessen zu lösen. Er hat ausdrücklich betont, das seinerzeit geplante Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen werde auf die Wasser- und Fernwärmeversorgung keine Anwendung finden; vielmehr werde sich der Bezug von Fernwärme und Wasser im Rahmen von vorgesehenen Rechtsverordnungen vollziehen (vgl. BT-Drucks. 7/3919, S. 45). Zur Umsetzung dieses Regelungskonzepts hat der Gesetzgeber in § 27 AGBG das Bundesministerium für Wirtschaft ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme bundeseinheitlich zu regeln. Um dem Bundesministerium für Wirtschaft ausrei- chend Gelegenheit für den Erlass einer solchen Verordnung zu verschaffen, hat er zudem in § 28 Abs. 3 AGBG bestimmt, dass das am 1. April 1977 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für eine Zeitspanne von drei Jahren nicht auf die Fernwärmeversorgung anzuwenden ist (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO).
27
Dieses Anliegen des Gesetzgebers, die Rechtsbeziehungen zwischen den Lieferanten und Abnehmern von Fernwärme nicht der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz zu unterstellen (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO; BT-Drucks. 7/3919, aaO), hat der Verordnungsgeber aufgegriffen. Das Bundesministerium für Wirtschaft hat in seiner "Begründung zum Regierungsentwurf der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme" ausgeführt, die geplante Regelung solle in ihrem Anwendungsbereich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Fernwärmelieferung ausgewogen gestalten und hierbei einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Energieversorgungsunternehmen und ihren Kunden herstellen (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO S. 237).
28
Dabei sah er in Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf zum AGBGesetz ein besonderes Regelungsbedürfnis für diese Sachverhalte vor allem deswegen, weil das AGB-Gesetz den Eigenheiten, die sich einerseits aus der monopolartigen Stellung der Fernwärmeversorgungsunternehmen und der dadurch bedingten Abhängigkeit der Verbraucher und andererseits aus den wirtschaftlich -technischen Besonderheiten der leitungsgebundenen Energieversorgung ergeben, nicht hinreichend Rechnung trage (BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO; BT-Drucks. 7/3919, aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO S. 9). Um dieses Ziel zu erreichen, sah sich der Verordnungsgeber in der Folgezeit veranlasst, die sich abzeichnende Verzögerung der Verkündung der AVBFernwärmeV - diese erfolgte erst am 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742) und damit nach Ablauf der in § 28 Abs. 3 AGBG vorgesehenen Frist - durch eine rückwirkende Inkraftsetzung der Bestimmungen der AVBFernwärmeV zu dem in § 28 Abs. 3 AGBG genannten Zeitpunkt (1. April 1980) auszugleichen (vgl. § 37 AVBFernwärmeV; vgl. ferner Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO S. 5 - 8).
29
c) Auch in der Folgezeit hat sich an der Verdrängung der AGBrechtlichen Kontrollinstrumentarien durch die Bestimmungen der AVBFernwärmeV nichts geändert. Zwar sieht nun § 310 Abs. 2 BGB vor, dass Verträge mit Sonderabnehmern nicht nur - wie bisher - im Bereich der Gas- und Stromversorgung , sondern auch auf dem Fernwärme- und Wassersektor neben der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unter bestimmten Voraussetzungen auch einer richterlichen Überprüfung nach §§ 308, 309 BGB unterliegen. Jedoch wollte der Gesetzgeber mit der Einbeziehung von Fernwärmeverträgen in § 310 Abs. 2 BGB lediglich eine vom Schrifttum bemängelte "planwidrige Lücke" für die auch auf dem Fernwärme- und Wassersektor in Ausnahmefällen anzutreffenden Sonderverträge ausfüllen (BT-Drucks. 14/6040, S. 160). Wie das von ihm zur Begründung angeführte Zitat (Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 23 Rn. 39) belegt, ging es dem Gesetzgeber nicht um eine Erweiterung der AGB-rechtlichen Kontrolle (§§ 307 ff. BGB) auf sämtliche auf dem Fernwärme- und Wassersektor abgeschlossenen Lieferverträge.
30
Vielmehr wollte er durch die in § 310 Abs. 2 BGB vorgesehenen Beschränkungen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle lediglich klarstellen, dass Sonderabnehmer in keinem Bereich der Energieversorgung eines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifkunden und sich daher bei der Wasser- und Fernwärmeversorgung - ebenso wenig wie bei der Gas- oder Stromlieferung - uneingeschränkt auf eine Klauselkontrolle nach §§ 308, 309 BGB berufen können (Ulmer, aaO Rn. 38, 39). Da der Gesetzgeber den Begriff des Sonderabnehmers im Fernwärme- und Gassektor nicht neu definieren wollte, trifft die Regelung des § 310 Abs. 2 BGB keine Aussage darüber, an welchen Maßstäben die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Fernwärme- oder Wasserbezugsverträgen, die nicht gegenüber Sonderabnehmern verwendet werden, zu messen ist. Es verbleibt daher bei Preisanpassungsklauseln, die im Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV Verwendung finden, beim Vorrang der speziellen Vorgaben des § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF.
31
Bestätigt wird dies auch durch das am 14. September 2007 in Kraft getretene Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (Preisklauselgesetz; BGBl. I S. 2246 - PrKG), das die Vorschriften über die Zulässigkeit von Preisklauseln in Wärmelieferungsverträgen nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme unberührt lässt (§ 1 Abs. 3 PrKG). Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung sicherstellen, dass die Rechtmäßigkeit solcher Klauseln allein nach den Vorgaben des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Wärmelieferungsverträgen beurteilt wird, das "eine spezielle Regelung in § 24 Abs. 3 AVBFernwärme [aF] enthält" (BR-Drucks. 68/07, S. 69).
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4. Den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF wird die in Nummer 3 der Anlage 1 des Wärmelieferungsvertrages enthaltene Preisänderungsklausel indessen nicht gerecht. Denn sie bildet die in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aufgestellten Kriterien, die bei Preisänderungsklauseln zu beachten sind, nicht hinreichend ab.
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a) Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF müssen Preisanpassungsklauseln so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet werden, zum anderen soll aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise "nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann" (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO S. 255 f.). Der Verordnungsgeber wollte damit den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen. Eine wirtschaftliche und kostengünstige Versorgung mit Fernwärme setzt den Abschluss langfristiger Verträge voraus, weswegen sich notwendige Preisanpassungen nur im Rahmen von Preisänderungsklauseln vollziehen können (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO; Witzel, Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme, 1980, § 24 AVBFernwärmeV, S. 105). Aus diesen Gründen waren in der Praxis in Versorgungsverträgen schon vor dem Inkrafttreten der AVBFernwärmeV Preisänderungsklauseln vorgesehen, die in der Regel auf Kostenelemente oder Marktpreise anderer Energieträger abstellten (Witzel, aaO). Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf den von ihm angestrebten Ausgleich der gegenläufigen Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden hat sich der Verordnungsgeber für eine Kombination von Kosten- und Marktelement entschieden.
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b) Die von der Klägerin verwendete Klausel erfüllt die beschriebenen Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht. Allerdings folgt dies - anders als dies im Berufungsurteil anklingt - nicht schon daraus, dass sich die Preisanpassungsklausel nicht allein an der Entwicklung der beim Lieferanten entstehenden Kosten orientiert. Denn im Hinblick auf die in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF verlangte Anknüpfung an zwei unterschiedliche Bemessungsfaktoren (Kosten des Versorgers und Verhältnisse auf dem Wärmemarkt ) können die zur Inhaltskontrolle von Preisanpassungsbestimmungen in Gaslieferungsverträgen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätze , wonach sich die Preisanpassung ausschließlich an der Entwicklung der Kosten zu orientieren hat, nicht uneingeschränkt auf Preisänderungsklauseln in der Fernwärmeversorgung übertragen werden.
35
aa) Bei Gasversorgungsverträgen mit Normsonderkunden gibt es keine normativen Vorgaben für den Inhalt von Preisanpassungsklauseln. Für deren Ausgestaltung besteht vielmehr Vertragsfreiheit, der durch die Bestimmungen der §§ 307 ff. BGB inhaltliche Grenzen gesetzt sind. Dabei ist zu beachten, dass der Verordnungsgeber bei Erlass der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) in der Erläuterung zu § 4 AVBGasV zum Ausdruck gebracht hat, dass Gasversorgungsunternehmen angesichts der langfristigen Vertragsbindung die "Möglichkeit haben (müssen ), Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit in den Preisen an die Kunden weiterzugeben" (BR-Drucks. 77/79, S. 38; vgl. ferner Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 19). Ein entsprechendes Interesse an der Weitergabe von Kostensteigerungen ist auch bei Gasversorgungsverträgen mit Sonderkunden anzuerkennen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 22, und VIII ZR 56/08, aaO Rn. 24).
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Dies hat zur Folge, dass im Gassektor durch die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB und bei Sonderkunden darüber hinaus durch eine Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB sicherzustellen ist, dass die Preisanpassung das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahrt, also das Versorgungsunternehmen Preisanpassungen nicht dazu nutzen kann, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben , um nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 25, und vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 26 [für Tarifkunden]; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ NJW 2010, 2789 Rn. 35, zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHZ 185, 96; VIII ZR 304/08, aaO Rn. 43 [für Sonderkunden]).
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bb) Diese Grundsätze können in Anbetracht der unterschiedlichen Vorgaben für die Zulässigkeit von Preisanpassungsklauseln in Gas- und Fernwärmelieferungsverträgen (einerseits Kostenentwicklung; andererseits angemessene Berücksichtigung von Kosten und Marktverhältnissen) bei Fernwärmeverträgen nur in eingeschränktem Maße Geltung beanspruchen. Da § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF dem Versorgungsunternehmen aufgibt, bei einer Preisanpassung nicht allein die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen, sondern auch die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen zu berücksichtigen, ist eine Preisanpassungsklausel in Fernwärmeverträgen - anders als dies offenbar das Berufungsgericht meint - nicht bereits deswegen zu beanstanden, weil sie nicht ausschließlich an der Entwicklung der Erzeugungs- und Lieferkosten ausgerichtet ist (vgl. hierzu auch Legler, aaO S. 22). Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, dass ein Fernwärmeversorger, der - wie hier - Fernwärme allein mit Erdgas erzeugt, den Vorgaben in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht gerecht wird, wenn er die Preisanpassung unabhängig von den eigenen Bezugskosten ausschließlich von der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ("HEL") abhängig macht. Denn auch bei Preisanpassungsklauseln in Fernwärmeverträgen ist - allerdings nur hinsichtlich des Kostenelements - eine unmittelbare Anknüpfung an die beim Fernwärmeversorger anfallenden Kosten der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme geboten.
38
(1) Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob der in der Preisanpassungsklausel der Klägerin verwendete "HEL"-Faktor zur Abbildung der Verhältnisse am Wärmemarkt geeignet ist (vgl. hierzu Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180, 182; Hermann, aaO Rn. 22; Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Dezember 2010, § 24 AVBFernwärmeV Rn. 8). Denn die Preisanpassungsklausel der Klägerin ist schon deswegen mit § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht zu vereinbaren, weil der Bemessungsfaktor "HEL" die neben den Marktverhältnissen zu berücksichtigende Kostenorientierung nicht wie erforderlich widerspiegelt. Kostenorientierung bedeutet zwar nicht Kostenechtheit, weswegen sie nicht dazu zwingt, Preise spiegelbildlich zur jeweiligen Kostenstruktur auszugestalten (vgl. BR-Drucks. 459/79, S. 11). Der Grundsatz der Kostenorientierung ist jedoch dann tangiert, wenn die Preise oder einzelne ihrer Bestandteile kostenmäßige Zusammenhänge nicht mehr hinreichend erkennen lassen (vgl. BR-Drucks. 459/79, aaO). So liegen die Dinge hier.
39
(2) § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF verlangt, dass neben den Marktverhältnissen die Erzeugungskosten und die Kosten für die Bereitstellung von Fernwärme (etwa Transport, Verteilung u.ä.; vgl. hierzu etwa Hermann, aaO Rn. 13 f.) angemessen berücksichtigt werden. Die Erzeugungskosten hängen in der Regel überwiegend von den Brennstoffkosten ab, während die Bereitstellungskosten vor allem durch die Lohnkosten und in geringem Maße durch die Materialkosten bestimmt werden (vgl. OLG Brandenburg, ZNER 2006, 269; Hempel/Franke, aaO Rn. 6). Da die Klägerin für die Wärmeerzeugung kein leichtes Heizöl, sondern ausschließlich Erdgas als Brennstoff ein- http://www.juris.de/jportal/portal/t/7ib/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=11&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE034302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 20 - setzt, sind die Gasbezugskosten der maßgebende Faktor bei den Wärmeerzeugungskosten. Dem wird die Preisanpassungsklausel der Klägerin nicht gerecht.
40
(a) Die Klägerin hat Preisanpassungen beim verbrauchsabhängigen Wärmearbeitspreis an die Entwicklung der in Anlage 1 zum Fernwärmevertrag vom 18. Oktober/6. November 2003 genannten "HEL"-Notierungen gekoppelt. Die Revision hält es für zulässig, bei den Brennstoffkosten auf die Entwicklung "mittelbarer Preisrepräsentanten" abzustellen; mit der Bezugnahme auf die Heizölpreise werde der tatsächliche Erzeugerpreis abgebildet. Diese Annahme ist jedoch nicht allgemein gerechtfertigt. Auch wenn der Preis für leichtes Heizöl die Preise der anderen Energieträger weitgehend mitbestimmt, ist angesichts der gerichtsbekannten (§ 291 ZPO) Vielfältigkeit der in der Praxis anzutreffenden Ausgestaltungen einer "HEL"-Preisbindung (vgl. Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08 und VIII ZRVIII ZR 178/08, aaO Rn. 46 bzw. Rn. 37) die Anknüpfung von Preisanpassungen an einen "HEL"-Parameter nicht ohne weiteres mit der Kostenentwicklung bei den Erdgasbezugskosten gleichzusetzen. Die gewählte Bemessungsgröße genügt daher ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht der in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF geforderten Orientierung an der Kostenentwicklung der Fernwärmeerzeugung (so auch Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180; wohl auch Topp in Zenke/Wollschläger, aaO S. 189; Hempel/Franke, aaO; offen gelassen bei Fricke, aaO S. 74; aA Hermann , aaO Rn. 16; Legler, aaO S. 22 f.; Wollschläger/Beermann, aaO S. 63).
41
(b) Auf dieses Erfordernis kann auch nicht im Hinblick darauf, dass nach der Begründung zur AVBFernwärmeV eine Kostenorientierung ausreicht und keine Kostenechtheit verlangt wird, verzichtet werden (so aber Wollschläger /Beermann, aaO S. 66). Denn auch bei einer Kostenorientierung muss sich der das Kostenelement repräsentierende Preisänderungsparameter im Wesentlichen - wenn auch mit gewissen Spielräumen - an den kostenmäßigen Zusammenhängen ausrichten (vgl. BR-Drucks. 459/79, aaO). Dies erfordert aber, dass ein Indikator als Bemessungsgröße gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten des überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft. Der von der Klägerin gewählte "HEL"-Faktor wäre nur dann geeignet, die Gasbezugskosten der Klägerin ausreichend abzubilden, wenn feststünde, dass sie ihrerseits gegenüber ihren Vorlieferanten einer Ölpreisbindung unterliegt, die ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der von der Klägerin gegenüber ihren Endkunden praktizierten "HEL"-Bindung entspricht (vgl. hierzu Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 und VIIIVIII ZR 304/08, aaO Rn. 37 bzw. Rn. 45, 46, jeweils zu Gaspreisklauseln; ähnlich Lippert, aaO S. 59). Davon ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszugehen.
42
Das Berufungsgericht hat zu Recht Sachvortrag dazu vermisst, ob und in welchem Umfang die Vorlieferanten der Klägerin Preisänderungen an diese weitergeben. Es steht bereits nicht fest, dass die Vorlieferanten der Klägerin bei ihrer Preisbestimmung als Referenzgröße vergleichbare örtliche Notierungen des Produkts "leichtes Heizöl" (einschließlich der Verbrauchssteuern) heranziehen. Weiter bleibt offen, ob die Vorlieferanten der Klägerin neben einem "HEL"Parameter zusätzliche Bemessungsfaktoren vorsehen, ob sie einen ähnlichen Äquivalenzfaktor wie die Klägerin verwenden und ob sie vergleichbare Berechnungszeiträume zugrunde legen (vgl. zu diesen Gesichtspunkten Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08, aaO). Übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zu den Einzelheiten der Preisbildung der Vorlieferanten zeigt die Revision nicht auf. Sie verweist lediglich darauf, der Faktor "1,26" diene nach dem Vortrag der Klägerin dazu, eine kostenneutrale Umrechnung eines alternativen Brennstoffpreises (üblicherweise leichtes Heizöl als marktbeherrschender Energieträger) in einen erdgasabhängigen Wärmepreis zu gewährleisten. Damit ist aber nur der von der Klägerin verwendete Äquivalenzfaktor erläutert worden, der nach deren Vorbringen zum einen den Unterschieden bei den Brennwerten von leichtem Heizöl und Erdgas und zum anderen dem Jahresnutzungsgrad einer durchschnittlichen Wärmeerzeugungsanlage Rechnung tragen soll. Da durch die verwendete Bezugsgröße "HEL" nicht gesichert ist, dass sich der den Endkunden berechnete Wärmearbeitspreis an den tatsächlichen Gasbezugskosten der Klägerin orientiert, wird die von der Klägerin verwendete Preisanpassungsklausel den Vorgaben in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht gerecht, wonach bei Preisänderungen die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme angemessen zu berücksichtigen ist.
43
(3) Ohne Erfolg hält die Revision dem entgegen, die Kosten des Brennstoffs Erdgas müssten nicht zwingend in die von der Klägerin verwendete Anpassungsklausel für den Wärmearbeitspreis einbezogen werden.
44
(a) Sie macht zunächst geltend, eine Berücksichtigung von Brennstoffkosten sei dann nicht zwingend erforderlich, wenn andere Kostenfaktoren so stark ausgeschöpft würden, dass die Kostenorientierung der Klausel nicht völlig verdrängt werde (ähnlich Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180, 184; vgl. ferner Fricke, aaO). Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob sich eine solche Sichtweise mit dem Umstand vereinbaren lässt, dass § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF den beiden dort genannten Bemessungsfaktoren (Marktverhältnisse und Kosten der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme) an sich den gleichen Rang zuweist und Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zulässt (vgl. hierzu Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 184). Die Frage, ob sich eine solche Gestaltung noch im Rahmen der den Fernwärmeversorgern eingeräumten Spielräume bewegt (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, S. 256), bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Klärung, denn die von der Revision zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen gemachte Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben.
45
Die Revision meint, im Streitfall könne eine Berücksichtigung der Brennstoffkosten deswegen unterbleiben, weil die Klägerin bei der Anpassung des Wärmegrundpreises auf die Entwicklung der Lohnkosten abstelle, denen sowohl für die Erzeugung als auch für die Bereitstellung der Fernwärme erhöhte Bedeutung zukomme. Dieser Einwand ist schon deswegen unbeachtlich, weil ausweislich der streitgegenständlichen Abrechnungen der Wärmearbeitspreis in der Regel einen weitaus höheren Anteil an dem Gesamtwärmepreis ausmacht als der Wärmegrundpreis und zudem bei der Anpassung des Wärmegrundpreises die Entwicklung der Lohnkosten ohnehin nur mit einem Faktor von 0,00315 berücksichtigt wird, der multipliziert mit dem Differenzbetrag zwischen aktuellem Lohn und Basislohn zum Ausgangspreis von 31,15 €/kW/a addiert wird (Nr. 1 der Anlage 1 zum Fernwärmelieferungsvertrag). Dementsprechend hat sich der Wärmegrundpreis in der Zeit nach Vertragsschluss nur unwesentlich erhöht. Bis Oktober 2006 belief er sich auf 31,25 €/kW/a, danach auf 31,48 €/kW/a. In Anbetracht dieser Umstände werden die Preisanpassungsbestimmungen der Klägerin den Anforderungen an eine angemessene Kostenorientierung nicht schon dadurch gerecht, dass die Preisentwicklung bei dem Wärmegrundpreis an die Änderung der Löhne anknüpft.
46
(b) Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Einwand der Revision, die Brennstoffkosten könnten im Streitfall bei der Anpassung des Wärmearbeitspreises deswegen außer Acht gelassen werden, weil ihnen nur eine untergeordnete Bedeutung für die Kostenstruktur der Klägerin zukomme. Zwar wird im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, dass Brennstoffkosten bei einer Preisänderungsklausel dann unberücksichtigt bleiben könnten, wenn der Brennstoff für die Erzeugung der Fernwärme keinen Preis habe, was insbesondere bei der Erzeugung von Fernwärme in KWK-Anlagen oder der Verbrennung von Müll und Abgasen der Fall sei (Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180). Dies begegnet schon im Ansatz Bedenken, denn bei der Gewinnung zweier Endprodukte (Elektrizität und Abwärme) durch den Einsatz eines Brennstoffes (so genannte Kraft-Wärme-Kopplung) können die Kosten des Brennstoffes (hier Erdgas) nicht allein der Elektrizitätserzeugung zugeordnet werden. Entgegen der von der Revision aufgegriffenen Behauptung der Beklagten sind für die Erzeugung von Wärme in aller Regel nicht die Kosten des mit Erdgas produzierten Stroms maßgebend, denn die Wärme wird nicht in einem zweiten Arbeitsschritt durch den Einsatz der zuvor gewonnenen Elektrizität erzeugt, sondern entsteht - als weiteres Produkt zu dem gleichzeitig erzeugten Strom - durch die Verbrennung von Erdgas. Daher sind die Kosten des eingesetzten Brennstoffes regelmäßig aufzuteilen auf die der Strom- und der Wärmeerzeugung zuzuordnenden Anteile (vgl. hierzu auch Hermann, aaO Rn. 13).
47
Dass bei der Klägerin hiervon abweichend eine andere Kostenstruktur gegeben ist, zeigt die Revision nicht auf. Sie verweist lediglich auf eine von der Beklagten aufgestellte Behauptung, wonach die von der Klägerin vertriebene Fernwärme "lediglich das Abfallprodukt eines mit dem Energieträger Gas betriebenen Blockheizkraftwerks ist", so dass ein Anstieg der Bereitstellungs- und Erzeugungskosten für den Betrieb des Blockheizkraftwerkes "allenfalls eine Erhöhung des Preises für den Strom, der mit dem Blockheizkraftwerk produziert (werde), rechtfertigen (könne), jedoch nicht die Preiserhöhung des Abfallprodukts Fernwärme." Entgegen der Darstellung der Revision hat die Klägerin diese Behauptung nicht unstreitig gestellt, sondern unter Beanstandung des Begriffs "Abfallprodukt" im Gegenteil ausgeführt, dass beim Betrieb des Blockheizkraftwerkes Wärme und Strom immer zeitgleich anfallen. Damit fehlt hinreichender Vortrag dazu, dass die Klägerin die Gasbezugskosten in ihrer Kostenkalkulation ausschließlich der Erzeugung von Elektrizität zuweist und daher bei der Wärmeerzeugung nur die (erhöhten) Stromkosten in Ansatz bringt. Davon abgesehen liefe die Argumentation der Revision darauf hinaus, dass zwar nicht die Kosten des Brennstoffes Erdgas, wohl aber Stromkosten als Bemessungsfaktoren für die Änderung des Wärmearbeitspreises zu berücksichtigen wären. Auch dem würde die von der Klägerin verwendete Klausel nicht gerecht, da sie allein auf den Faktor "HEL" abstellt.
48
c) Da bereits die in Anlage 1 Nr. 3 des Fernwärmevertrages vom 18. Oktober /6. November 2003 vorgesehene und in § 5 Nr. 2 dieses Vertrags in Bezug genommene Preisanpassungsklausel wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärrmeV aF nach § 134 BGB nichtig ist und folglich nicht als Grundlage für Preisänderungen dienen kann, bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie vom Berufungsgericht angenommen - zusätzlich auch der Passus in § 5 Nr. 2 des Vertrags unwirksam ist, nach dem die Klägerin berechtigt sein soll, ihre Preise nach der in Anlage 1 angegebenen Preisänderungsklausel anzupassen, und nach dem Preisänderungen erst nach Übersenden eines neuen Preisblatts an den Kunden und Angabe des Zeitpunkts der Preisänderung wirksam werden sollen. Die aus der Unvereinbarkeit der Klausel mit § 24 Abs. 3 Satz 1 AVB- FernwärmeV folgende Nichtigkeit (§ 134 BGB) erfasst allerdings nicht den gesamten Wärmelieferungsvertrag, sondern nur die für den Kunden nachteilige Preisanpassungsklausel (vgl. hierzu auch Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 134 Rn. 13 i.V.m. § 139 Rn. 18 mwN).
49
5. Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel auch nicht gemäß § 30 Nr. 1 AVBFernwärmeV ausgeschlossen , wonach Einwände gegen Rechnungen und Abschlagszahlungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur berechtigen, soweit sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen.
50
a) Ausgehend von ihrem Wortlaut deckt diese Bestimmung zwar sämtliche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ab, die der Kunde der Entgeltforderung des Versorgungsunternehmens entgegensetzen kann (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, NJW 2006, 1667 Rn. 28), so dass ihr Geltungsbereich an sich nicht auf die in den Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO S. 258) ausdrücklich genannten Rechen - und Ablesefehler beschränkt ist. Sinn und Zweck dieser Vorschrift rechtfertigen es jedoch nicht, dem Wärmekunden die Möglichkeit abzuschneiden, bereits im Abrechnungsprozess die vertraglichen Grundlagen seiner Leistungspflicht zu klären.
51
b) Durch § 30 AVBFernwärmeV soll im Interesse einer möglichst kostengünstigen Fernwärmeversorgung vermieden werden, dass die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Unternehmen unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen in den Fällen hinnehmen müssen, in denen Kunden Einwände geltend machen, die sich letztlich als unberechtigt erweisen (BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO; vgl. ferner Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO, und vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, WM 1990, 608 unter B I 2 a). Da der Einwendungsausschluss in § 30 AVBFernwärmeV nach der Zielsetzung des Verordnungsgebers letztlich den Interessen beider Seiten dienen soll ("kostengünstige Fernwärmeversorgung" einerseits und Unterbindung von "unvertretbaren Verzögerungen" ande- rerseits), lässt sich die inhaltliche Reichweite dieser Vorschrift nicht allein unter Berücksichtigung der Interessen der Versorgungsunternehmen bestimmen; vielmehr ist hierbei auch den schutzwürdigen Belangen der Wärmekunden ausreichend Rechnung zu tragen. In bestimmten Fällen kommt den Interessen der Wärmekunden an der Geltendmachung von Einwendungen ein solches Gewicht zu, dass es unangemessen wäre, ihre Einwände im Zahlungsprozess unberücksichtigt zu lassen und die Kunden stattdessen auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind daher Einwendungen des Kunden, die sich nicht auf bloße Abrechnungs- und Rechenfehler beziehen, sondern die vertraglichen Grundlagen für die Art und den Umfang seiner Leistungspflicht betreffen, vom Anwendungsbereich des § 30 AVBFernwärmeV oder gleich lautender Bestimmungen ausgenommen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO; vgl. ferner Senatsurteile vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 unter II 2 a [zu § 30 AVBWasserV]; vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, aaO unter B I 3 a [zu § 30 AVBFernwärmeV]; vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 81/82, WM 1983, 341 unter II 2 a, b).
52
aa) Zu den durch § 30 AVBFernwärmeV nicht abgeschnittenen Einwänden zählt zunächst das Vorbringen des Abnehmers, die ihm in Rechnung gestellten Preise entsprächen nicht den für gleichartige Versorgungsverhältnisse (§ 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV) geltenden Preisen (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO Rn. 27 ff.). Ebenso wenig wird durch die genannte Bestimmung die Möglichkeit ausgeschlossen, die Billigkeit einer einseitigen Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens (§§ 315, 316 BGB) zu bestreiten (vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 18; vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO Rn. 28, 29; vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, aaO [zu § 30 AVBWasserV]; vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, aaO; vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 81/82, aaO; aA Berkner/Topp/Kuhn/Tomala, ET 2005, 952, 953 f.; ferner BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 unter II 2 b bb, insoweit in BGHZ 163, 321 nicht abgedruckt; KG, GE 2004, 887 f. [jeweils für den Fall von vertraglichen Leistungsbedingungen in einem Abfallentsorgungsvertrag]). In beiden Fällen entfällt die bei einem Vertrag normalerweise bestehende Gewissheit über Inhalt und Umfang der Leistung, welche aus der Einigung der Parteien hierüber folgt (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO Rn. 28; vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, aaO; vom 19. Januar 1989 - VIII ZR 81/82, aaO unter II 2 b). Es geht hier nicht um Fehler der konkreten Abrechnung, sondern um die Feststellung der vertraglichen Grundlagen für Art und Umfang der Leistungspflicht des Abnehmers (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO, und vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, aaO). Der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der vertraglichen Grundlagen für die Entgeltpflicht des Kunden hat der Normgeber aber besondere Bedeutung beigemessen, wie insbesondere die in § 2 Abs. 3 AVBFernwärmeV2 Abs. 3 AVBWasserV) geregelte Verpflichtung der Versorgungsunternehmen zeigt, jedem Neukunden die maßgeblichen Preisregelungen und Preislisten unentgeltlich auszuhändigen (Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO). Dem sonach berechtigten Interesse des Abnehmers daran, kein überhöhtes Entgelt zahlen zu müssen, kann nur dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass es ihm gestattet wird, die beschriebenen Einwände schon im Rahmen einer gegen ihn gerichteten Leistungsklage zu erheben.
53
bb) Eine vergleichbare Interessenlage besteht, wenn ein Kunde - wie hier - Einwände gegen die Wirksamkeit einer vom Versorgungsunternehmen eingeführten vorformulierten Preisanpassungsklausel erhebt. Auch hier sind nicht Fehler der konkreten Abrechnung betroffen, sondern der Abnehmer stellt die vertraglichen Grundlagen für Art und Umfang seiner Leistungspflicht in Frage. Ist die beanstandete Preisanpassungsklausel unwirksam, kann sie nicht als Berechnungsgrundlage für den verlangten Wärmepreis dienen, so dass - sofern das Versorgungsunternehmen Preiserhöhungen nicht auf eine andere Rechtsgrundlage stützen kann - allein der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Preis maßgebend bleibt. Folglich besteht - ebenso wie in den oben unter II 5 b aa beschriebenen Fallgestaltungen - eine Ungewissheit über den Umfang der tatsächlich geschuldeten Vergütung. Der einzige Unterschied zu dem ein- gangs genannten Fall einer einseitigen Leistungsbestimmung nach §§ 315, 316 BGB besteht darin, dass im Falle der Unangemessenheit des festgesetzten Preises das geschuldete Entgelt vom Gericht im Wege rechtlicher Gestaltung bestimmt wird (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB), während bei einer Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel grundsätzlich keine gerichtliche Leistungsbestimmung erfolgt, sondern regelmäßig der von den Parteien ursprünglich vereinbarte Preis gültig bleibt. Diese Unterschiede führen jedoch nicht dazu, dass ein Kunde, der sich auf die Unwirksamkeit einer vorformulierten Preisanpassungsklausel beruft, weniger schutzwürdig wäre als ein Abnehmer, der eine einseitige Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens als unbillig beanstandet (aA OLG Brandenburg, NJW-RR 2007, 270, 272; Steenbuck, MDR 2010, 357, 359). Die Überprüfung der Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel dient - ebenso wie die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB - dazu, privatautonomer Gestaltungsmacht bestimmte Grenzen zu setzen und zu klären , welcher Preis tatsächlich geschuldet ist (vgl. hierzu auch Büdenbender, aaO S. 73).
54
cc) Schon die beschriebene Vergleichbarkeit der Interessenlagen macht deutlich, dass den berechtigten Belangen eines Fernwärmekunden dadurch Rechnung zu tragen ist, dass diesem gestattet wird, sich bereits in dem vom Wärmelieferanten angestrengten Zahlungsprozess auf die Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel des Versorgungsunternehmens zu berufen. Hinzu kommt, dass der Normgeber ein erhöhtes Schutzbedürfnis des Abnehmers bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln in der Fernwärmeversorgung anerkannt und aus diesem Grunde dem Wärmelieferanten in § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF dezidierte Vorgaben hinsichtlich der Preisbemessungsfaktoren sowie der Transparenz und Verständlichkeit von Preisanpassungsklauseln gemacht hat. Mit dem vom Normgeber anerkannten besonderen Schutzbedürfnis eines Wärmekunden wäre es nicht zu vereinbaren, diesen mit der Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen. Soweit demgegenüber in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die "Fehlerhaftigkeit" von Preisanpassungsklauseln stelle in der Regel keinen offensichtlichen Fehler dar, der zur Zahlungsverweigerung nach § 30 AVBFernwärmeV berechtige (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1455; LG Frankfurt am Main, CuR 2007, 76 f.; Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 207; Hempel/Franke, aaO § 30 AVBFernwärmeV Rn. 6 mwN; Morell, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser, Stand April 2004, E § 30 Anm. d; Fricke, aaO S. 74 f.), wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass bei einer solch eingeschränkten Sichtweise der mit § 24 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV bezweckte Schutz des Kunden vor unangemessenen Preisanpassungen nicht erreicht wird. Durch die gebotene einschränkende Auslegung des § 30 AVBFernwärmeV wird diese Bestimmung auch nicht jeglichen Anwendungsbereichs beraubt (vgl. hierzu Büdenbender , aaO S. 90). Denn von dieser Vorschrift werden neben den vom Normgeber besonders hervorgehobenen Ablese- und Rechenfehlern auch sonstige Berechnungsmängel erfasst wie beispielsweise der Ansatz unzutreffender Bemessungsgrößen für die Tarifbestandteile (etwa Anzahl der Räume, Preis pro Mengeneinheit u.ä.) oder die Anlegung unrichtiger Verteilungsmaßstäbe (vgl. hierzu Hermann, aaO, § 30 AVBFernwärmeV Rn.17). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 29.12.2008 - 2 O 633/06 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 17.09.2009 - 1 U 23/09 -

Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1.
soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen, und
2.
wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 273/09 Verkündet am:
6. April 2011
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verträgen zwischen Lieferanten und
Abnehmern von Fernwärme unterliegen - von den Fällen des § 1 Abs. 2 und
3 Satz 1 AVBFernwärmeV abgesehen - nicht der Inhaltskontrolle nach
§§ 307 ff. BGB (im Anschluss an BGH, Urteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR
37/86, BGHZ 100, 1 ff.). Sofern nicht eine von § 1 Abs. 2 und 3 Satz 1
AVBFernwärmeV erfasste Fallgestaltung vorliegt, sind daher Preisanpassungsklauseln
in Verträgen mit Fernwärmekunden nicht an §§ 307 ff. BGB,
sondern an der Regelung des § 24 Abs. 4 AVBFernwärme V (bzw. des gleich
lautenden § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF) zu messen.

b) Durch § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) soll eine kostenorientierte
Preisbemessung gewährleistet und zugleich dem Umstand
Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise
nicht losgelöst von den Marktverhältnissen vollziehen kann. § 24 Abs. 4
Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) weist beiden aufgeführten Bemessungsfaktoren
an sich den gleichen Rang zu und ermöglicht Abstufungen
nur, soweit dies der Angemessenheit entspricht.

c) Auch bei einer bloßen Kostenorientierung muss ein Indikator als Bemessungsgröße
gewählt werden, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten
des überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft.

d) Eine von einem Versorgungsunternehmen, das zur Erzeugung von Fernwärme
ausschließlich Erdgas einsetzt, in Fernwärmelieferungsverträgen
verwendete Preisanpassungsklausel ist mit den Vorgaben des § 24 Abs. 4
Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) nicht zu vereinbaren und daher
unwirksam, wenn die Veränderung des verbrauchsabhängigen Arbeitspreises
allein an die Preisentwicklung für leichtes Heizöl gekoppelt ist.

e) Ein Fernwärmekunde ist mit seinen Einwendungen gegen die Wirksamkeit
einer vom Versorgungsunternehmen verwendeten Preisanpassungsklausel
im Zahlungsprozess nicht gemäß § 30 Nr. 1 AVBFernwärmeV ausgeschlossen
(im Anschluss an Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05,
NJW 2006, 1667; vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131; vom
6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, WM 1990, 608; vom 19. Januar 1983
- VIII ZR 81/82, WM 1983, 341).
BGH, Urteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09 - OLG Naumburg
LG Dessau-Roßlau
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das Kunden mit Fernwärme beliefert. Die Fernwärme wird in einem Blockheizwerk der Klägerin erzeugt, das mit Erdgas betrieben wird. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Wohnungsbaugenossenschaft, die für ihre Wohnblöcke aufgrund eines am 18. Oktober/6. November 2003 von den Parteien unterzeichneten Energielieferungsvertrages Fernwärme von der Klägerin bezieht. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis zum 30. September 2013.
2
In § 5 des Vertrages ist der von der Beklagten zu entrichtende Wärmepreis wie folgt bestimmt: "1. Der Kunde zahlt S. [= Klägerin] für die gelieferte Wärmemenge einen Wär- mepreis. Der Wärmepreis setzt sich zusammen aus
a) einem Wärmegrundpreis
b) einem Wärmearbeitspreis
c) einem Verrechnungspreis und
d) einem Mietpreis für Hausübergabestationen. Die jeweils gültigen Preise sowie die Preisänderungsbestimmungen ergeben sich aus dem als Anlage 1 beigefügten Preisblatt. Zu dem Wärmepreis wird die gesetzliche Umsatzsteuer in der jeweils gültigen Höhe (...) hinzugerechnet.
2. S. ist berechtigt, die Preise nach der in Anlage 1 angegebenen Preisänderungsklausel anzupassen. Preisänderungen werden nach Übersendung eines neuen Preisblattes an die Kunden und Angabe des Zeitpunktes der Preisänderung wirksam. 3. ..."
3
Bis einschließlich 31. Dezember 2005 hat die Beklagte die Preise der Klägerin akzeptiert (zuletzt bei einem Wärmearbeitspreis von 52,13 €/MWh). Für das Jahr 2006 hat die Klägerin der Beklagten vier Preisanpassungsmitteilungen übermittelt, mit denen sie den Wärmearbeitspreis angepasst hat: am 23. November 2005 zum 1. Januar 2006 Wärmearbeitspreis: 59,76 €/MWh am 21. Februar 2006 zum 1. April 2006 Wärmearbeitspreis: 64,32 €/MWh am 22. Mai 2006 zum 1. Juli 2006 Wärmearbeitspreis: 63,66 €/MWh am 8. August 2006 zum 1. Oktober 2006 Wärmearbeitspreis: 65,32 €/MWh
4
Die Parteien streiten vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Änderungen des Wärmearbeitspreises wirksam sind. Zur Anpassung des Wärmearbeitspreises heißt es unter Nr. 3 der Anlage 1 zum Fernwärmeliefervertrag : "3. Der Arbeitspreis für die zu verrechnenden Mengen ändert sich entsprechend nachstehender Formel: WAP = WAP + 1,26 x (HEL – 31,24) €/MWh o Es bedeuten: WAP = Wärmearbeitspreis in €/MWh WAP = 41,33 in €/MWh o HEL = Veröffentlichter Heizölpreis in €/MWh (extra leichtes Heizöl gemäß Ziffer 4) 31,24 = veröffentlichter Heizölpreis für in €/MWh das IV. Quartal 2003 Die Anpassung erfolgt vierteljährlich. Preise zuzüglich Mehrwertsteuer. 4. Der Preis für extra leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) in €/hl ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden, unter Fachserie 17 – Preise, Reihe 2, "Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise)" – zu entnehmen, und zwar der Preis für Verbraucher in Düsseldorf, Frankfurt und Mannheim/Ludwigshafen bei TankkraftwagenLieferung , 40 bis 50 hl pro Auftrag, einschließlich Verbrauchssteuer. Maßgebend ist das arithmetische Mittel der Preise der drei vorgenannten Berichtsorte. 5. Der Arbeitspreis gemäß Ziffer 3 ändert sich entsprechend der Preisformel mit Wirkung zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres. Dabei wird jeweils zugrunde gelegt ..."
5
Der in § 5 des Wärmelieferungsvertrages weiter aufgeführte Wärmegrundpreis wird nicht verbrauchsabhängig bestimmt, sondern richtet sich nach dem Anschlusswert der jeweiligen Wohnung. Er belief sich bis zum 1. Oktober 2006 auf 31,25 €/kW und ab diesem Zeitpunkt auf 31,48 €/kW. Seine Anpassung ist in Nr. 1 und 2 der Anlage 1 zum Fernwärmelieferungsvertrag geregelt. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt: 1. Der monatliche Leistungspreisanteil des Jahresgrundpreises ändert sich entsprechend nachstehender Formel: WGP = WGP + 0,00315 x (Lohn – 2.360,71) €/kW/a o Es bedeuten: WGP = Wärmegrundpreis in €/kW/a WGP = 31,15 in €/kW/a o Lohn = an die Entwicklung angepasster Lohn entsprechend der Tarifverhandlungen 2.360,7 = angepasster Lohn - gültig seit 1. Februar 2003 2. Für den Lohn ist maßgebend der Monatstabellenlohn eines verheirateten Lohnempfängers mit mehr als 40 Lebensjahren und einem Kind in Lohngruppe V, Stufe 5, des Tarifvertrages des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein -Westfalen. Der Jahresgrundpreis ändert sich mit Wirkung vom ersten Tag des der LohnänderungfolgendenMonats.
6
Der weiter in § 5 des Fernwärmelieferungsvertrages genannte Verrechnungspreis wird durch einen - vom Anschlusswert der Verbrauchsstelle abhängigen - Festbetrag bestimmt (Nr. 7 der Anlage 1 zum Fernwärmeliefervertrag). Er belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum bei einem Anschlusswert bis 120 kW auf 7,77 €/Monat, bei einem Anschlusswert von 121 bis 150 kW auf 8,18 €/Monat, bei einem Anschlusswert von 151 bis 200 kW auf 9,20 €/Monat und ab einem Anschlusswert von über 200 kW auf 10,74 €/Monat.
7
In den Schreiben vom 23. November 2005, vom 21. Februar 2006, vom 22. Mai 2006 und vom 8. August 2006, in welchen die jeweiligen Anpassungen des Wärmearbeitspreises (und im letztgenannten Schreiben auch des Wärmegrundpreises ) der Beklagten mitgeteilt wurden, waren neben den neuen Preisen unter anderem die für die Berechnung von Wärmearbeits- und -grundpreis maßgeblichen Formeln sowie der aktuelle Wert für "HEL" und "L" (Lohn) angegeben.
8
Die Beklagte beanstandete mit Anwaltsschreiben vom 2. März 2006 die von der Klägerin für das Jahr 2006 vorgenommenen Preisanpassungen. Zugleich kündigte sie an, in der Folgezeit Zahlungen nur auf der Basis eines Wärmearbeitspreises von 52,13 €/MWh (= Stand 31. Dezember 2005) und unter Ansatz geringerer Anschlusswerte zu leisten. Mit Schreiben vom 20. März 2006 kündigte die Beklagte den Fernwärmeliefervertrag außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30. September 2013. Dem widersprach die Klägerin.
9
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin den Differenzbetrag zwischen den von der Beklagten entsprechend ihrer Ankündigung im Anwaltsschreiben vom 2. März 2006 erbrachten Zahlungen und den von der Klägerin im Jahr 2006 stufenweise erhöhten Preisen in Höhe von - rechnerisch unstreitigen - 75.256,36 € (nebst Zinsen) geltend. Die Beklagte hat hilfsweise in Höhe von 3.013,25 € die Aufrechnung gegen die Klageforderung unter Hinweis darauf erklärt, dass die Klägerin abredewidrig keine Herabsetzung der Anschlusswerte für die Wohnblöcke der Beklagten vorgenommen habe.
10
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

11
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

12
Das Berufungsgericht (OLG Naumburg, CuR 2009, 144 = ZNER 2009, 400) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
13
Bei § 5 des Fernwärmeliefervertrages und der Anlage 1 zum Vertrag handele es sich um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Klägerin habe nicht ernsthaft bestritten, dass der Vertragstext auch gegenüber anderen Kunden verwandt worden sei. Dies habe auch die Beweisaufnahme bestätigt. Ein Aushandeln im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht erfolgt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1906/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/19cz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR007420980BJNE002500325&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1906/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
14
Die Preisanpassungsklausel in Anlage 1 zum Fernwärmeliefervertrag unterliege als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Einer solchen Kontrolle stehe § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] nicht entgegen, da diese Vorschrift die §§ 305 ff. BGB nicht verdränge. Vielmehr seien die in § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] gemachten Vorgaben für die Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit von Preisanpassungsklauseln im Rahmen der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Dabei sei davon auszugehen, dass durch § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] Kunden von Fernwärmelieferanten kein geringerer Verbraucherschutz zuteil werden solle als den Abnehmern anderer Energieträger. Ob für die Klausel auch eine Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB in Betracht komme, bedürfe keiner Entscheidung, weil sie bereits nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.
15
Nach der Rechtsprechung seien nur solche Preisanpassungsklauseln zulässig , durch die lediglich reale Kostensteigerungen des Lieferanten an die Kunden mit dem Ziel weitergegeben würden, auch bei langfristigen Lieferverträgen das vor Vertragsbeginn kalkulierte Gewinnniveau beibehalten zu können. Vor diesem Hintergrund sei die Kopplung der Preisanpassung an den Preis für die Lieferung leichten Heizöls im Bereich der so genannten Rheinschiene vorliegend ein ungeeigneter Maßstab. Die Klägerin betreibe das Blockheizwerk, in dem die Fernwärme erzeugt werde, nicht mit Öl, sondern ausschließlich mit Erdgas. Der Berechnungsfaktor "HEL" (leichtes Heizöl) knüpfe nicht an die konkreten Bezugspreise der Klägerin an. Es stehe nicht fest, dass sich die Bezugspreise der Klägerin entsprechend der Entwicklung des "HEL"-Preises veränderten. Offen sei insbesondere, ob und in welchem Umfang die Vorlieferanten der Klägerin Preisänderungen an diese weitergäben. Die bloße Möglichkeit, dass der Erdgaspreis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung dem Ölpreis folge (so genannte Ölpreisbindung), reiche im konkreten Einzelfall nicht für die Feststellung aus, dass dies stets auch für die Preise der Vorlieferanten der Klägerin gelte.
16
Da die Klägerin somit eine Preisanpassung nicht von einer Preiserhöhung oder -senkung ihrer Vorlieferanten abhängig mache, sondern diese unab- http://www.juris.de/jportal/portal/t/19cz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR007420980BJNE002500325&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/19cz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE260101377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - hängig davon, ob Veränderungen des "HEL"-Preises tatsächlich zu Kostensteigerungen bei der Klägerin geführt hätten, an der Entwicklung des "HEL"Preises im Referenzzeitraum ausrichte, benachteilige die Klausel die Beklagte unangemessen und sei daher unwirksam. Ob aus § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV [aF] folge, dass eine Preisänderungsklausel nicht "kostenecht" sein müsse, bedürfe dabei keiner Entscheidung; jedenfalls müsse geprüft werden können, ob sich dieser Gesichtspunkt in der verwendeten Klausel überhaupt hinreichend deutlich widerspiegele. Davon könne bei einem Index, der - wie hier - mit den Bezugskosten der Klägerin (für Erdgas) zumindest unmittelbar in keinem Zusammenhang stehe, nicht ausgegangen werden. Zudem sei bei dem Index willkürlich auf die Bezugskosten in der so genannten Rheinschiene abgestellt worden. Das Statistische Bundesamt erhebe die Preise für leichtes Heizöl beispielsweise auch für Magdeburg. Die dort geltenden "HEL"-Preise dürften in den Fällen, in denen - wie hier - sowohl Lieferant als auch Abnehmer ihren Sitz in Z. haben, eher geeignet sein, die Kosten realistisch abzubilden.
17
Neben der genannten Preisanpassungsklausel seien auch die in § 5 Nr. 2 des Fernwärmeliefervertrages getroffenen Preisbestimmungen nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Der dort verwendeten Formulierung, wonach die Klägerin berechtigt sei, die Preise gemäß der Anlage 1 anzupassen, sei nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Klägerin im Falle einer Absenkung ihrer Bezugskosten nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung vorzunehmen. Zudem habe es die Klägerin in der Hand, den Anpassungszeitraum willkürlich zu bestimmen, weil Preisänderungen nach § 5 Nr. 2 Satz 2 des Fernwärmeliefervertrages erst dann wirksam würden, wenn die Klägerin das neue Preisblatt an die Beklagte übersandt habe.
18
Da die Preisanpassungsklausel nach § 5 Nr. 2 des Fernwärmeliefervertrages in Verbindung mit dessen Anlage 1 nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei, fehle es an einer Rechtsgrundlage, auf die die Klägerin die streitgegenständlichen Preisanpassungen stützen könne. Die Klage sei daher schon aus diesem Grunde abzuweisen; einer Entscheidung über die weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen bedürfe es nicht.

II.

19
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
20
Der Klägerin steht kein weiterer Anspruch auf Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB) für die im Jahr 2006 an die Beklagte gelieferte Fernwärme zu. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin kein Recht zur einseitigen Preiserhöhung hat, weil die von ihr verwendete Preisänderungsklausel in Nummer 3 der Anlage 1 des Wärmelieferungsvertrages unwirksam ist. Die Unwirksamkeit dieser Klausel ergibt sich allerdings - anders als das Berufungsgericht meint - nicht aus der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB. Vielmehr gibt die speziellere Regelung in § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV in der vorliegend anwendbaren Fassung (im Folgenden: aF; in der Neufassung vom 4. November 2010 [BGBl. I S. 1483] ist die genannte Bestimmung in Abs. 4 enthalten) die Maßstäbe für eine inhaltliche Kontrolle von Preisanpassungsklauseln in der Fernwärmeversorgung vor. Da die von der Klägerin verwendete Klausel den dort genannten Vorgaben widerspricht, ist sie nach § 134 BGB unwirksam.
21
1. Bei der von der Beklagten beanstandeten Preisanpassungsklausel handelt es sich - was keine Seite mehr in Zweifel zieht - um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Solche vorformulierten Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen, die zwischen einem Versorgungsunternehmen und einem Normsonderkunden über die Belieferung mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme oder Wasser abgeschlossen werden, unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB, auch wenn sie - unter den in § 310 Abs. 2 BGB genannten Voraussetzungen - von den Klauselverboten der §§ 308, 309 BGB ausgenommen sind (vgl. für die Gasversorgung etwa Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 Rn. 13, und vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rn. 21 ff., 24 ff.).
22
2. Um einen solchen Normsonderkundenvertrag handelt es sich jedoch vorliegend nicht. Anders als bei der Versorgung mit Gas oder Strom, bei der Haushalte vom Energieversorger nicht nur im Rahmen seiner Grundversorgungspflicht als Tarifkunden, sondern daneben - in weit verbreitetem Maße - aufgrund von Sondervereinbarungen mit Energie beliefert werden (für die Gasversorgung vgl. etwa Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 14), besteht bei der Bereitstellung von Fernwärme im Rahmen der Wohnraumnutzung regelmäßig nicht die Möglichkeit, die Lieferbedingungen weitgehend auf der Grundlage der allgemeinen Vertragsfreiheit auszugestalten. Vielmehr richten sich bei der Versorgung von Wohnobjekten mit Fernwärme die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien des Wärmelieferungsvertrages nach den gemäß § 27 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz, AGBG) vom 9. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3317) als Rechtsverordnung erlassenen Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742; vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, BGHZ 100, 1, 4, 6 f.).
23
Eine Differenzierung zwischen Tarifabnehmer- und Sonderkundenverträgen soll dabei nach dem Willen des Verordnungsgebers - abgesehen von den Fällen des § 1 Abs. 2, 3 AVBFernwärmeV - nicht erfolgen, weil es im Gegensatz zum Strom- und Gassektor bei der Fernwärme keine gesetzlichen Regelungen über unterschiedliche Tarifgestaltungen gibt (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, Allgemeine Versorgungsbedingungen für Fernwärme, 2. Aufl., S. 238; vgl. ferner Büdenbender, Zulässigkeit der Preiskontrolle von Fernwärmeversorgungsverträgen nach § 315 BGB, 2005, S. 67). In Umsetzung dieses Ziels sieht § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV vor, dass bei sämtlichen Verträgen , in denen vom Versorgungsunternehmen vorformulierte Allgemeine Versorgungsbedingungen verwendet werden, automatisch und unterschiedslos die in §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV getroffenen Regelungen Bestandteil der mit Wärmekunden abgeschlossenen Versorgungsverträge werden, sofern nicht die in § 1 Abs. 2, 3, § 35 AVBFernwärmeV genannten Ausnahmen eingreifen. Der Abschluss von Sondervereinbarungen, die nicht den Vorgaben der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV genügen, ist daher nur bei den nach § 1 Abs. 2 AVBFernwärmeV vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommenen Industriekunden (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO; vgl. ferner für die gleich lautende Vorschrift in § 1 Abs. 2 AVBWasserV Senatsurteil vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358, 359 f.) und daneben - also auch bei der Versorgung von Wohnobjekten mit Fernwärme - nur dann möglich, wenn der Energieversorger einen Vertragsabschluss zu abweichenden Bedingungen anbietet und der Kunde ausdrücklich mit diesen abweichenden Bedingungen einverstanden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV).
24
3. Konsequenz des beschriebenen Regelungskonzepts der AVBFernwärmeV ist, dass eine Inhaltskontrolle nach der Generalklausel des § 307 BGB nur in der Fallkonstellation des § 1 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV und darüber hinaus bei Wärmelieferungsverträgen mit Industriekunden (§ 1 Abs. 2 AVBFernwärmeV ) erfolgen kann (zu Industriekunden vgl. für die insoweit gleich lautende AVBWasserV Senatsurteil vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, aaO [noch zur Vorgängerregelung in § 9 AGBG]; zu Sonderkunden allgemein Hermann in Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, 1984, Band II, § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV Rn. 40). Dagegen schließt § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF als Spezialregelung für das Preisanpassungsrecht in allen anderen Fällen eine Prüfung am Maßstab des § 307 BGB aus (Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 179; Topp in Zenke/ Wollschläger, § 315 BGB: Streit um Versorgerpreise, 2. Aufl., S. 201; Fricke, N&R 2010, 71, 72 f.; ders., CuR 2009, 29; Baumgart, CuR 2009, 148 f.; Topp, RdE 2009, 133, 138; Legler, ZNER 2010, 20, 21; Recknagel, CuR 2010, 43; Lippert, CuR 2010, 56, 59; Wollschläger/Beermann, CuR 2010, 62, 66). Dass einer der beschriebenen Ausnahmefälle vorliegt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Die im Streitfall ver- wendete Preisanpassungsklausel ist damit ausschließlich an den Vorgaben des § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF zu messen.
25
a) Dies lässt sich zunächst im Wege des Umkehrschlusses aus § 1 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV aF ableiten, der bestimmt, dass abweichende Allgemeine Versorgungsbedingungen, die vom Kunden unter den in § 1 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV genannten Voraussetzungen akzeptiert worden sind, einer Überprüfung nach §§ 3 bis 11 AGBG (heute § 305c bis § 309 BGB) unterworfen sind. Wenn der Verordnungsgeber diese Ausnahmefälle ausdrücklich einer AGB-rechtlichen Kontrolle unterstellt, bringt er damit zugleich zum Ausdruck , dass in allen anderen Fällen die Sonderregelungen in §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV die Maßstäbe vorgeben, an denen Allgemeine Versorgungsbedingungen zu messen sind.
26
b) Das ist jedoch nicht der einzige Grund dafür, Allgemeine Versorgungsbedingungen in Fernwärmelieferungsverträgen anhand der speziellen Vorgaben der AVBFernwärmeV auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Denn ein Verordnungsgeber hat nicht die originäre Befugnis, eine Rechtsmaterie vom Anwendungsbereich eines an sich einschlägigen Gesetzes - hier der §§ 3 bis 11 AGBG beziehungsweise der Nachfolgeregelungen in §§ 305c ff. BGB - auszunehmen. Hier kommt jedoch die gesetzliche Ermächtigung in § 27 AGBG (neuerdings Art. 243 Satz 1 EGBGB) zum Tragen. Der Gesetzgeber hat bereits frühzeitig erkannt, dass das Kontrollsystem der §§ 3 bis 11 AGBG nicht geeignet ist, die im Bereich der Fernwärme zu regelnden Problemstellungen angemessen zu lösen. Er hat ausdrücklich betont, das seinerzeit geplante Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen werde auf die Wasser- und Fernwärmeversorgung keine Anwendung finden; vielmehr werde sich der Bezug von Fernwärme und Wasser im Rahmen von vorgesehenen Rechtsverordnungen vollziehen (vgl. BT-Drucks. 7/3919, S. 45). Zur Umsetzung dieses Regelungskonzepts hat der Gesetzgeber in § 27 AGBG das Bundesministerium für Wirtschaft ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme bundeseinheitlich zu regeln. Um dem Bundesministerium für Wirtschaft ausrei- chend Gelegenheit für den Erlass einer solchen Verordnung zu verschaffen, hat er zudem in § 28 Abs. 3 AGBG bestimmt, dass das am 1. April 1977 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für eine Zeitspanne von drei Jahren nicht auf die Fernwärmeversorgung anzuwenden ist (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO).
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Dieses Anliegen des Gesetzgebers, die Rechtsbeziehungen zwischen den Lieferanten und Abnehmern von Fernwärme nicht der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz zu unterstellen (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO; BT-Drucks. 7/3919, aaO), hat der Verordnungsgeber aufgegriffen. Das Bundesministerium für Wirtschaft hat in seiner "Begründung zum Regierungsentwurf der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme" ausgeführt, die geplante Regelung solle in ihrem Anwendungsbereich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Fernwärmelieferung ausgewogen gestalten und hierbei einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Energieversorgungsunternehmen und ihren Kunden herstellen (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO S. 237).
28
Dabei sah er in Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf zum AGBGesetz ein besonderes Regelungsbedürfnis für diese Sachverhalte vor allem deswegen, weil das AGB-Gesetz den Eigenheiten, die sich einerseits aus der monopolartigen Stellung der Fernwärmeversorgungsunternehmen und der dadurch bedingten Abhängigkeit der Verbraucher und andererseits aus den wirtschaftlich -technischen Besonderheiten der leitungsgebundenen Energieversorgung ergeben, nicht hinreichend Rechnung trage (BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO; BT-Drucks. 7/3919, aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO S. 9). Um dieses Ziel zu erreichen, sah sich der Verordnungsgeber in der Folgezeit veranlasst, die sich abzeichnende Verzögerung der Verkündung der AVBFernwärmeV - diese erfolgte erst am 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742) und damit nach Ablauf der in § 28 Abs. 3 AGBG vorgesehenen Frist - durch eine rückwirkende Inkraftsetzung der Bestimmungen der AVBFernwärmeV zu dem in § 28 Abs. 3 AGBG genannten Zeitpunkt (1. April 1980) auszugleichen (vgl. § 37 AVBFernwärmeV; vgl. ferner Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO S. 5 - 8).
29
c) Auch in der Folgezeit hat sich an der Verdrängung der AGBrechtlichen Kontrollinstrumentarien durch die Bestimmungen der AVBFernwärmeV nichts geändert. Zwar sieht nun § 310 Abs. 2 BGB vor, dass Verträge mit Sonderabnehmern nicht nur - wie bisher - im Bereich der Gas- und Stromversorgung , sondern auch auf dem Fernwärme- und Wassersektor neben der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unter bestimmten Voraussetzungen auch einer richterlichen Überprüfung nach §§ 308, 309 BGB unterliegen. Jedoch wollte der Gesetzgeber mit der Einbeziehung von Fernwärmeverträgen in § 310 Abs. 2 BGB lediglich eine vom Schrifttum bemängelte "planwidrige Lücke" für die auch auf dem Fernwärme- und Wassersektor in Ausnahmefällen anzutreffenden Sonderverträge ausfüllen (BT-Drucks. 14/6040, S. 160). Wie das von ihm zur Begründung angeführte Zitat (Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 23 Rn. 39) belegt, ging es dem Gesetzgeber nicht um eine Erweiterung der AGB-rechtlichen Kontrolle (§§ 307 ff. BGB) auf sämtliche auf dem Fernwärme- und Wassersektor abgeschlossenen Lieferverträge.
30
Vielmehr wollte er durch die in § 310 Abs. 2 BGB vorgesehenen Beschränkungen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle lediglich klarstellen, dass Sonderabnehmer in keinem Bereich der Energieversorgung eines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifkunden und sich daher bei der Wasser- und Fernwärmeversorgung - ebenso wenig wie bei der Gas- oder Stromlieferung - uneingeschränkt auf eine Klauselkontrolle nach §§ 308, 309 BGB berufen können (Ulmer, aaO Rn. 38, 39). Da der Gesetzgeber den Begriff des Sonderabnehmers im Fernwärme- und Gassektor nicht neu definieren wollte, trifft die Regelung des § 310 Abs. 2 BGB keine Aussage darüber, an welchen Maßstäben die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Fernwärme- oder Wasserbezugsverträgen, die nicht gegenüber Sonderabnehmern verwendet werden, zu messen ist. Es verbleibt daher bei Preisanpassungsklauseln, die im Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV Verwendung finden, beim Vorrang der speziellen Vorgaben des § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF.
31
Bestätigt wird dies auch durch das am 14. September 2007 in Kraft getretene Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (Preisklauselgesetz; BGBl. I S. 2246 - PrKG), das die Vorschriften über die Zulässigkeit von Preisklauseln in Wärmelieferungsverträgen nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme unberührt lässt (§ 1 Abs. 3 PrKG). Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung sicherstellen, dass die Rechtmäßigkeit solcher Klauseln allein nach den Vorgaben des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Wärmelieferungsverträgen beurteilt wird, das "eine spezielle Regelung in § 24 Abs. 3 AVBFernwärme [aF] enthält" (BR-Drucks. 68/07, S. 69).
32
4. Den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF wird die in Nummer 3 der Anlage 1 des Wärmelieferungsvertrages enthaltene Preisänderungsklausel indessen nicht gerecht. Denn sie bildet die in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aufgestellten Kriterien, die bei Preisänderungsklauseln zu beachten sind, nicht hinreichend ab.
33
a) Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF müssen Preisanpassungsklauseln so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet werden, zum anderen soll aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise "nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann" (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO S. 255 f.). Der Verordnungsgeber wollte damit den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen. Eine wirtschaftliche und kostengünstige Versorgung mit Fernwärme setzt den Abschluss langfristiger Verträge voraus, weswegen sich notwendige Preisanpassungen nur im Rahmen von Preisänderungsklauseln vollziehen können (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO; Witzel, Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme, 1980, § 24 AVBFernwärmeV, S. 105). Aus diesen Gründen waren in der Praxis in Versorgungsverträgen schon vor dem Inkrafttreten der AVBFernwärmeV Preisänderungsklauseln vorgesehen, die in der Regel auf Kostenelemente oder Marktpreise anderer Energieträger abstellten (Witzel, aaO). Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf den von ihm angestrebten Ausgleich der gegenläufigen Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden hat sich der Verordnungsgeber für eine Kombination von Kosten- und Marktelement entschieden.
34
b) Die von der Klägerin verwendete Klausel erfüllt die beschriebenen Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht. Allerdings folgt dies - anders als dies im Berufungsurteil anklingt - nicht schon daraus, dass sich die Preisanpassungsklausel nicht allein an der Entwicklung der beim Lieferanten entstehenden Kosten orientiert. Denn im Hinblick auf die in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF verlangte Anknüpfung an zwei unterschiedliche Bemessungsfaktoren (Kosten des Versorgers und Verhältnisse auf dem Wärmemarkt ) können die zur Inhaltskontrolle von Preisanpassungsbestimmungen in Gaslieferungsverträgen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätze , wonach sich die Preisanpassung ausschließlich an der Entwicklung der Kosten zu orientieren hat, nicht uneingeschränkt auf Preisänderungsklauseln in der Fernwärmeversorgung übertragen werden.
35
aa) Bei Gasversorgungsverträgen mit Normsonderkunden gibt es keine normativen Vorgaben für den Inhalt von Preisanpassungsklauseln. Für deren Ausgestaltung besteht vielmehr Vertragsfreiheit, der durch die Bestimmungen der §§ 307 ff. BGB inhaltliche Grenzen gesetzt sind. Dabei ist zu beachten, dass der Verordnungsgeber bei Erlass der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) in der Erläuterung zu § 4 AVBGasV zum Ausdruck gebracht hat, dass Gasversorgungsunternehmen angesichts der langfristigen Vertragsbindung die "Möglichkeit haben (müssen ), Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit in den Preisen an die Kunden weiterzugeben" (BR-Drucks. 77/79, S. 38; vgl. ferner Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 19). Ein entsprechendes Interesse an der Weitergabe von Kostensteigerungen ist auch bei Gasversorgungsverträgen mit Sonderkunden anzuerkennen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 22, und VIII ZR 56/08, aaO Rn. 24).
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Dies hat zur Folge, dass im Gassektor durch die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB und bei Sonderkunden darüber hinaus durch eine Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB sicherzustellen ist, dass die Preisanpassung das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahrt, also das Versorgungsunternehmen Preisanpassungen nicht dazu nutzen kann, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben , um nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 25, und vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 26 [für Tarifkunden]; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ NJW 2010, 2789 Rn. 35, zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHZ 185, 96; VIII ZR 304/08, aaO Rn. 43 [für Sonderkunden]).
37
bb) Diese Grundsätze können in Anbetracht der unterschiedlichen Vorgaben für die Zulässigkeit von Preisanpassungsklauseln in Gas- und Fernwärmelieferungsverträgen (einerseits Kostenentwicklung; andererseits angemessene Berücksichtigung von Kosten und Marktverhältnissen) bei Fernwärmeverträgen nur in eingeschränktem Maße Geltung beanspruchen. Da § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF dem Versorgungsunternehmen aufgibt, bei einer Preisanpassung nicht allein die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen, sondern auch die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen zu berücksichtigen, ist eine Preisanpassungsklausel in Fernwärmeverträgen - anders als dies offenbar das Berufungsgericht meint - nicht bereits deswegen zu beanstanden, weil sie nicht ausschließlich an der Entwicklung der Erzeugungs- und Lieferkosten ausgerichtet ist (vgl. hierzu auch Legler, aaO S. 22). Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, dass ein Fernwärmeversorger, der - wie hier - Fernwärme allein mit Erdgas erzeugt, den Vorgaben in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht gerecht wird, wenn er die Preisanpassung unabhängig von den eigenen Bezugskosten ausschließlich von der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ("HEL") abhängig macht. Denn auch bei Preisanpassungsklauseln in Fernwärmeverträgen ist - allerdings nur hinsichtlich des Kostenelements - eine unmittelbare Anknüpfung an die beim Fernwärmeversorger anfallenden Kosten der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme geboten.
38
(1) Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob der in der Preisanpassungsklausel der Klägerin verwendete "HEL"-Faktor zur Abbildung der Verhältnisse am Wärmemarkt geeignet ist (vgl. hierzu Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180, 182; Hermann, aaO Rn. 22; Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Dezember 2010, § 24 AVBFernwärmeV Rn. 8). Denn die Preisanpassungsklausel der Klägerin ist schon deswegen mit § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht zu vereinbaren, weil der Bemessungsfaktor "HEL" die neben den Marktverhältnissen zu berücksichtigende Kostenorientierung nicht wie erforderlich widerspiegelt. Kostenorientierung bedeutet zwar nicht Kostenechtheit, weswegen sie nicht dazu zwingt, Preise spiegelbildlich zur jeweiligen Kostenstruktur auszugestalten (vgl. BR-Drucks. 459/79, S. 11). Der Grundsatz der Kostenorientierung ist jedoch dann tangiert, wenn die Preise oder einzelne ihrer Bestandteile kostenmäßige Zusammenhänge nicht mehr hinreichend erkennen lassen (vgl. BR-Drucks. 459/79, aaO). So liegen die Dinge hier.
39
(2) § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF verlangt, dass neben den Marktverhältnissen die Erzeugungskosten und die Kosten für die Bereitstellung von Fernwärme (etwa Transport, Verteilung u.ä.; vgl. hierzu etwa Hermann, aaO Rn. 13 f.) angemessen berücksichtigt werden. Die Erzeugungskosten hängen in der Regel überwiegend von den Brennstoffkosten ab, während die Bereitstellungskosten vor allem durch die Lohnkosten und in geringem Maße durch die Materialkosten bestimmt werden (vgl. OLG Brandenburg, ZNER 2006, 269; Hempel/Franke, aaO Rn. 6). Da die Klägerin für die Wärmeerzeugung kein leichtes Heizöl, sondern ausschließlich Erdgas als Brennstoff ein- http://www.juris.de/jportal/portal/t/7ib/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=11&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE034302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 20 - setzt, sind die Gasbezugskosten der maßgebende Faktor bei den Wärmeerzeugungskosten. Dem wird die Preisanpassungsklausel der Klägerin nicht gerecht.
40
(a) Die Klägerin hat Preisanpassungen beim verbrauchsabhängigen Wärmearbeitspreis an die Entwicklung der in Anlage 1 zum Fernwärmevertrag vom 18. Oktober/6. November 2003 genannten "HEL"-Notierungen gekoppelt. Die Revision hält es für zulässig, bei den Brennstoffkosten auf die Entwicklung "mittelbarer Preisrepräsentanten" abzustellen; mit der Bezugnahme auf die Heizölpreise werde der tatsächliche Erzeugerpreis abgebildet. Diese Annahme ist jedoch nicht allgemein gerechtfertigt. Auch wenn der Preis für leichtes Heizöl die Preise der anderen Energieträger weitgehend mitbestimmt, ist angesichts der gerichtsbekannten (§ 291 ZPO) Vielfältigkeit der in der Praxis anzutreffenden Ausgestaltungen einer "HEL"-Preisbindung (vgl. Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08 und VIII ZRVIII ZR 178/08, aaO Rn. 46 bzw. Rn. 37) die Anknüpfung von Preisanpassungen an einen "HEL"-Parameter nicht ohne weiteres mit der Kostenentwicklung bei den Erdgasbezugskosten gleichzusetzen. Die gewählte Bemessungsgröße genügt daher ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht der in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF geforderten Orientierung an der Kostenentwicklung der Fernwärmeerzeugung (so auch Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180; wohl auch Topp in Zenke/Wollschläger, aaO S. 189; Hempel/Franke, aaO; offen gelassen bei Fricke, aaO S. 74; aA Hermann , aaO Rn. 16; Legler, aaO S. 22 f.; Wollschläger/Beermann, aaO S. 63).
41
(b) Auf dieses Erfordernis kann auch nicht im Hinblick darauf, dass nach der Begründung zur AVBFernwärmeV eine Kostenorientierung ausreicht und keine Kostenechtheit verlangt wird, verzichtet werden (so aber Wollschläger /Beermann, aaO S. 66). Denn auch bei einer Kostenorientierung muss sich der das Kostenelement repräsentierende Preisänderungsparameter im Wesentlichen - wenn auch mit gewissen Spielräumen - an den kostenmäßigen Zusammenhängen ausrichten (vgl. BR-Drucks. 459/79, aaO). Dies erfordert aber, dass ein Indikator als Bemessungsgröße gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten des überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft. Der von der Klägerin gewählte "HEL"-Faktor wäre nur dann geeignet, die Gasbezugskosten der Klägerin ausreichend abzubilden, wenn feststünde, dass sie ihrerseits gegenüber ihren Vorlieferanten einer Ölpreisbindung unterliegt, die ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der von der Klägerin gegenüber ihren Endkunden praktizierten "HEL"-Bindung entspricht (vgl. hierzu Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 und VIIIVIII ZR 304/08, aaO Rn. 37 bzw. Rn. 45, 46, jeweils zu Gaspreisklauseln; ähnlich Lippert, aaO S. 59). Davon ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszugehen.
42
Das Berufungsgericht hat zu Recht Sachvortrag dazu vermisst, ob und in welchem Umfang die Vorlieferanten der Klägerin Preisänderungen an diese weitergeben. Es steht bereits nicht fest, dass die Vorlieferanten der Klägerin bei ihrer Preisbestimmung als Referenzgröße vergleichbare örtliche Notierungen des Produkts "leichtes Heizöl" (einschließlich der Verbrauchssteuern) heranziehen. Weiter bleibt offen, ob die Vorlieferanten der Klägerin neben einem "HEL"Parameter zusätzliche Bemessungsfaktoren vorsehen, ob sie einen ähnlichen Äquivalenzfaktor wie die Klägerin verwenden und ob sie vergleichbare Berechnungszeiträume zugrunde legen (vgl. zu diesen Gesichtspunkten Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08, aaO). Übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zu den Einzelheiten der Preisbildung der Vorlieferanten zeigt die Revision nicht auf. Sie verweist lediglich darauf, der Faktor "1,26" diene nach dem Vortrag der Klägerin dazu, eine kostenneutrale Umrechnung eines alternativen Brennstoffpreises (üblicherweise leichtes Heizöl als marktbeherrschender Energieträger) in einen erdgasabhängigen Wärmepreis zu gewährleisten. Damit ist aber nur der von der Klägerin verwendete Äquivalenzfaktor erläutert worden, der nach deren Vorbringen zum einen den Unterschieden bei den Brennwerten von leichtem Heizöl und Erdgas und zum anderen dem Jahresnutzungsgrad einer durchschnittlichen Wärmeerzeugungsanlage Rechnung tragen soll. Da durch die verwendete Bezugsgröße "HEL" nicht gesichert ist, dass sich der den Endkunden berechnete Wärmearbeitspreis an den tatsächlichen Gasbezugskosten der Klägerin orientiert, wird die von der Klägerin verwendete Preisanpassungsklausel den Vorgaben in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF nicht gerecht, wonach bei Preisänderungen die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme angemessen zu berücksichtigen ist.
43
(3) Ohne Erfolg hält die Revision dem entgegen, die Kosten des Brennstoffs Erdgas müssten nicht zwingend in die von der Klägerin verwendete Anpassungsklausel für den Wärmearbeitspreis einbezogen werden.
44
(a) Sie macht zunächst geltend, eine Berücksichtigung von Brennstoffkosten sei dann nicht zwingend erforderlich, wenn andere Kostenfaktoren so stark ausgeschöpft würden, dass die Kostenorientierung der Klausel nicht völlig verdrängt werde (ähnlich Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180, 184; vgl. ferner Fricke, aaO). Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob sich eine solche Sichtweise mit dem Umstand vereinbaren lässt, dass § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF den beiden dort genannten Bemessungsfaktoren (Marktverhältnisse und Kosten der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme) an sich den gleichen Rang zuweist und Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zulässt (vgl. hierzu Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 184). Die Frage, ob sich eine solche Gestaltung noch im Rahmen der den Fernwärmeversorgern eingeräumten Spielräume bewegt (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, S. 256), bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Klärung, denn die von der Revision zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen gemachte Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben.
45
Die Revision meint, im Streitfall könne eine Berücksichtigung der Brennstoffkosten deswegen unterbleiben, weil die Klägerin bei der Anpassung des Wärmegrundpreises auf die Entwicklung der Lohnkosten abstelle, denen sowohl für die Erzeugung als auch für die Bereitstellung der Fernwärme erhöhte Bedeutung zukomme. Dieser Einwand ist schon deswegen unbeachtlich, weil ausweislich der streitgegenständlichen Abrechnungen der Wärmearbeitspreis in der Regel einen weitaus höheren Anteil an dem Gesamtwärmepreis ausmacht als der Wärmegrundpreis und zudem bei der Anpassung des Wärmegrundpreises die Entwicklung der Lohnkosten ohnehin nur mit einem Faktor von 0,00315 berücksichtigt wird, der multipliziert mit dem Differenzbetrag zwischen aktuellem Lohn und Basislohn zum Ausgangspreis von 31,15 €/kW/a addiert wird (Nr. 1 der Anlage 1 zum Fernwärmelieferungsvertrag). Dementsprechend hat sich der Wärmegrundpreis in der Zeit nach Vertragsschluss nur unwesentlich erhöht. Bis Oktober 2006 belief er sich auf 31,25 €/kW/a, danach auf 31,48 €/kW/a. In Anbetracht dieser Umstände werden die Preisanpassungsbestimmungen der Klägerin den Anforderungen an eine angemessene Kostenorientierung nicht schon dadurch gerecht, dass die Preisentwicklung bei dem Wärmegrundpreis an die Änderung der Löhne anknüpft.
46
(b) Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Einwand der Revision, die Brennstoffkosten könnten im Streitfall bei der Anpassung des Wärmearbeitspreises deswegen außer Acht gelassen werden, weil ihnen nur eine untergeordnete Bedeutung für die Kostenstruktur der Klägerin zukomme. Zwar wird im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, dass Brennstoffkosten bei einer Preisänderungsklausel dann unberücksichtigt bleiben könnten, wenn der Brennstoff für die Erzeugung der Fernwärme keinen Preis habe, was insbesondere bei der Erzeugung von Fernwärme in KWK-Anlagen oder der Verbrennung von Müll und Abgasen der Fall sei (Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 180). Dies begegnet schon im Ansatz Bedenken, denn bei der Gewinnung zweier Endprodukte (Elektrizität und Abwärme) durch den Einsatz eines Brennstoffes (so genannte Kraft-Wärme-Kopplung) können die Kosten des Brennstoffes (hier Erdgas) nicht allein der Elektrizitätserzeugung zugeordnet werden. Entgegen der von der Revision aufgegriffenen Behauptung der Beklagten sind für die Erzeugung von Wärme in aller Regel nicht die Kosten des mit Erdgas produzierten Stroms maßgebend, denn die Wärme wird nicht in einem zweiten Arbeitsschritt durch den Einsatz der zuvor gewonnenen Elektrizität erzeugt, sondern entsteht - als weiteres Produkt zu dem gleichzeitig erzeugten Strom - durch die Verbrennung von Erdgas. Daher sind die Kosten des eingesetzten Brennstoffes regelmäßig aufzuteilen auf die der Strom- und der Wärmeerzeugung zuzuordnenden Anteile (vgl. hierzu auch Hermann, aaO Rn. 13).
47
Dass bei der Klägerin hiervon abweichend eine andere Kostenstruktur gegeben ist, zeigt die Revision nicht auf. Sie verweist lediglich auf eine von der Beklagten aufgestellte Behauptung, wonach die von der Klägerin vertriebene Fernwärme "lediglich das Abfallprodukt eines mit dem Energieträger Gas betriebenen Blockheizkraftwerks ist", so dass ein Anstieg der Bereitstellungs- und Erzeugungskosten für den Betrieb des Blockheizkraftwerkes "allenfalls eine Erhöhung des Preises für den Strom, der mit dem Blockheizkraftwerk produziert (werde), rechtfertigen (könne), jedoch nicht die Preiserhöhung des Abfallprodukts Fernwärme." Entgegen der Darstellung der Revision hat die Klägerin diese Behauptung nicht unstreitig gestellt, sondern unter Beanstandung des Begriffs "Abfallprodukt" im Gegenteil ausgeführt, dass beim Betrieb des Blockheizkraftwerkes Wärme und Strom immer zeitgleich anfallen. Damit fehlt hinreichender Vortrag dazu, dass die Klägerin die Gasbezugskosten in ihrer Kostenkalkulation ausschließlich der Erzeugung von Elektrizität zuweist und daher bei der Wärmeerzeugung nur die (erhöhten) Stromkosten in Ansatz bringt. Davon abgesehen liefe die Argumentation der Revision darauf hinaus, dass zwar nicht die Kosten des Brennstoffes Erdgas, wohl aber Stromkosten als Bemessungsfaktoren für die Änderung des Wärmearbeitspreises zu berücksichtigen wären. Auch dem würde die von der Klägerin verwendete Klausel nicht gerecht, da sie allein auf den Faktor "HEL" abstellt.
48
c) Da bereits die in Anlage 1 Nr. 3 des Fernwärmevertrages vom 18. Oktober /6. November 2003 vorgesehene und in § 5 Nr. 2 dieses Vertrags in Bezug genommene Preisanpassungsklausel wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärrmeV aF nach § 134 BGB nichtig ist und folglich nicht als Grundlage für Preisänderungen dienen kann, bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie vom Berufungsgericht angenommen - zusätzlich auch der Passus in § 5 Nr. 2 des Vertrags unwirksam ist, nach dem die Klägerin berechtigt sein soll, ihre Preise nach der in Anlage 1 angegebenen Preisänderungsklausel anzupassen, und nach dem Preisänderungen erst nach Übersenden eines neuen Preisblatts an den Kunden und Angabe des Zeitpunkts der Preisänderung wirksam werden sollen. Die aus der Unvereinbarkeit der Klausel mit § 24 Abs. 3 Satz 1 AVB- FernwärmeV folgende Nichtigkeit (§ 134 BGB) erfasst allerdings nicht den gesamten Wärmelieferungsvertrag, sondern nur die für den Kunden nachteilige Preisanpassungsklausel (vgl. hierzu auch Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 134 Rn. 13 i.V.m. § 139 Rn. 18 mwN).
49
5. Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel auch nicht gemäß § 30 Nr. 1 AVBFernwärmeV ausgeschlossen , wonach Einwände gegen Rechnungen und Abschlagszahlungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur berechtigen, soweit sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen.
50
a) Ausgehend von ihrem Wortlaut deckt diese Bestimmung zwar sämtliche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ab, die der Kunde der Entgeltforderung des Versorgungsunternehmens entgegensetzen kann (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, NJW 2006, 1667 Rn. 28), so dass ihr Geltungsbereich an sich nicht auf die in den Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO S. 258) ausdrücklich genannten Rechen - und Ablesefehler beschränkt ist. Sinn und Zweck dieser Vorschrift rechtfertigen es jedoch nicht, dem Wärmekunden die Möglichkeit abzuschneiden, bereits im Abrechnungsprozess die vertraglichen Grundlagen seiner Leistungspflicht zu klären.
51
b) Durch § 30 AVBFernwärmeV soll im Interesse einer möglichst kostengünstigen Fernwärmeversorgung vermieden werden, dass die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Unternehmen unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen in den Fällen hinnehmen müssen, in denen Kunden Einwände geltend machen, die sich letztlich als unberechtigt erweisen (BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp, aaO; vgl. ferner Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO, und vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, WM 1990, 608 unter B I 2 a). Da der Einwendungsausschluss in § 30 AVBFernwärmeV nach der Zielsetzung des Verordnungsgebers letztlich den Interessen beider Seiten dienen soll ("kostengünstige Fernwärmeversorgung" einerseits und Unterbindung von "unvertretbaren Verzögerungen" ande- rerseits), lässt sich die inhaltliche Reichweite dieser Vorschrift nicht allein unter Berücksichtigung der Interessen der Versorgungsunternehmen bestimmen; vielmehr ist hierbei auch den schutzwürdigen Belangen der Wärmekunden ausreichend Rechnung zu tragen. In bestimmten Fällen kommt den Interessen der Wärmekunden an der Geltendmachung von Einwendungen ein solches Gewicht zu, dass es unangemessen wäre, ihre Einwände im Zahlungsprozess unberücksichtigt zu lassen und die Kunden stattdessen auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind daher Einwendungen des Kunden, die sich nicht auf bloße Abrechnungs- und Rechenfehler beziehen, sondern die vertraglichen Grundlagen für die Art und den Umfang seiner Leistungspflicht betreffen, vom Anwendungsbereich des § 30 AVBFernwärmeV oder gleich lautender Bestimmungen ausgenommen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO; vgl. ferner Senatsurteile vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 unter II 2 a [zu § 30 AVBWasserV]; vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, aaO unter B I 3 a [zu § 30 AVBFernwärmeV]; vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 81/82, WM 1983, 341 unter II 2 a, b).
52
aa) Zu den durch § 30 AVBFernwärmeV nicht abgeschnittenen Einwänden zählt zunächst das Vorbringen des Abnehmers, die ihm in Rechnung gestellten Preise entsprächen nicht den für gleichartige Versorgungsverhältnisse (§ 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV) geltenden Preisen (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO Rn. 27 ff.). Ebenso wenig wird durch die genannte Bestimmung die Möglichkeit ausgeschlossen, die Billigkeit einer einseitigen Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens (§§ 315, 316 BGB) zu bestreiten (vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 18; vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO Rn. 28, 29; vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, aaO [zu § 30 AVBWasserV]; vom 6. Dezember 1989 - VIII ZR 8/89, aaO; vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 81/82, aaO; aA Berkner/Topp/Kuhn/Tomala, ET 2005, 952, 953 f.; ferner BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 unter II 2 b bb, insoweit in BGHZ 163, 321 nicht abgedruckt; KG, GE 2004, 887 f. [jeweils für den Fall von vertraglichen Leistungsbedingungen in einem Abfallentsorgungsvertrag]). In beiden Fällen entfällt die bei einem Vertrag normalerweise bestehende Gewissheit über Inhalt und Umfang der Leistung, welche aus der Einigung der Parteien hierüber folgt (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO Rn. 28; vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, aaO; vom 19. Januar 1989 - VIII ZR 81/82, aaO unter II 2 b). Es geht hier nicht um Fehler der konkreten Abrechnung, sondern um die Feststellung der vertraglichen Grundlagen für Art und Umfang der Leistungspflicht des Abnehmers (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO, und vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, aaO). Der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der vertraglichen Grundlagen für die Entgeltpflicht des Kunden hat der Normgeber aber besondere Bedeutung beigemessen, wie insbesondere die in § 2 Abs. 3 AVBFernwärmeV2 Abs. 3 AVBWasserV) geregelte Verpflichtung der Versorgungsunternehmen zeigt, jedem Neukunden die maßgeblichen Preisregelungen und Preislisten unentgeltlich auszuhändigen (Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, aaO). Dem sonach berechtigten Interesse des Abnehmers daran, kein überhöhtes Entgelt zahlen zu müssen, kann nur dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass es ihm gestattet wird, die beschriebenen Einwände schon im Rahmen einer gegen ihn gerichteten Leistungsklage zu erheben.
53
bb) Eine vergleichbare Interessenlage besteht, wenn ein Kunde - wie hier - Einwände gegen die Wirksamkeit einer vom Versorgungsunternehmen eingeführten vorformulierten Preisanpassungsklausel erhebt. Auch hier sind nicht Fehler der konkreten Abrechnung betroffen, sondern der Abnehmer stellt die vertraglichen Grundlagen für Art und Umfang seiner Leistungspflicht in Frage. Ist die beanstandete Preisanpassungsklausel unwirksam, kann sie nicht als Berechnungsgrundlage für den verlangten Wärmepreis dienen, so dass - sofern das Versorgungsunternehmen Preiserhöhungen nicht auf eine andere Rechtsgrundlage stützen kann - allein der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Preis maßgebend bleibt. Folglich besteht - ebenso wie in den oben unter II 5 b aa beschriebenen Fallgestaltungen - eine Ungewissheit über den Umfang der tatsächlich geschuldeten Vergütung. Der einzige Unterschied zu dem ein- gangs genannten Fall einer einseitigen Leistungsbestimmung nach §§ 315, 316 BGB besteht darin, dass im Falle der Unangemessenheit des festgesetzten Preises das geschuldete Entgelt vom Gericht im Wege rechtlicher Gestaltung bestimmt wird (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB), während bei einer Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel grundsätzlich keine gerichtliche Leistungsbestimmung erfolgt, sondern regelmäßig der von den Parteien ursprünglich vereinbarte Preis gültig bleibt. Diese Unterschiede führen jedoch nicht dazu, dass ein Kunde, der sich auf die Unwirksamkeit einer vorformulierten Preisanpassungsklausel beruft, weniger schutzwürdig wäre als ein Abnehmer, der eine einseitige Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens als unbillig beanstandet (aA OLG Brandenburg, NJW-RR 2007, 270, 272; Steenbuck, MDR 2010, 357, 359). Die Überprüfung der Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel dient - ebenso wie die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB - dazu, privatautonomer Gestaltungsmacht bestimmte Grenzen zu setzen und zu klären , welcher Preis tatsächlich geschuldet ist (vgl. hierzu auch Büdenbender, aaO S. 73).
54
cc) Schon die beschriebene Vergleichbarkeit der Interessenlagen macht deutlich, dass den berechtigten Belangen eines Fernwärmekunden dadurch Rechnung zu tragen ist, dass diesem gestattet wird, sich bereits in dem vom Wärmelieferanten angestrengten Zahlungsprozess auf die Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel des Versorgungsunternehmens zu berufen. Hinzu kommt, dass der Normgeber ein erhöhtes Schutzbedürfnis des Abnehmers bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln in der Fernwärmeversorgung anerkannt und aus diesem Grunde dem Wärmelieferanten in § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF dezidierte Vorgaben hinsichtlich der Preisbemessungsfaktoren sowie der Transparenz und Verständlichkeit von Preisanpassungsklauseln gemacht hat. Mit dem vom Normgeber anerkannten besonderen Schutzbedürfnis eines Wärmekunden wäre es nicht zu vereinbaren, diesen mit der Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen. Soweit demgegenüber in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die "Fehlerhaftigkeit" von Preisanpassungsklauseln stelle in der Regel keinen offensichtlichen Fehler dar, der zur Zahlungsverweigerung nach § 30 AVBFernwärmeV berechtige (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1455; LG Frankfurt am Main, CuR 2007, 76 f.; Witzel in Witzel/Topp, aaO S. 207; Hempel/Franke, aaO § 30 AVBFernwärmeV Rn. 6 mwN; Morell, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser, Stand April 2004, E § 30 Anm. d; Fricke, aaO S. 74 f.), wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass bei einer solch eingeschränkten Sichtweise der mit § 24 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV bezweckte Schutz des Kunden vor unangemessenen Preisanpassungen nicht erreicht wird. Durch die gebotene einschränkende Auslegung des § 30 AVBFernwärmeV wird diese Bestimmung auch nicht jeglichen Anwendungsbereichs beraubt (vgl. hierzu Büdenbender , aaO S. 90). Denn von dieser Vorschrift werden neben den vom Normgeber besonders hervorgehobenen Ablese- und Rechenfehlern auch sonstige Berechnungsmängel erfasst wie beispielsweise der Ansatz unzutreffender Bemessungsgrößen für die Tarifbestandteile (etwa Anzahl der Räume, Preis pro Mengeneinheit u.ä.) oder die Anlegung unrichtiger Verteilungsmaßstäbe (vgl. hierzu Hermann, aaO, § 30 AVBFernwärmeV Rn.17). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 29.12.2008 - 2 O 633/06 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 17.09.2009 - 1 U 23/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 113/11 Verkündet am:
14. März 2012
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel
nach § 307 BGB entstehende planwidrige Regelungslücke in einem
Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden kann im Wege
der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) dahingehend geschlossen
werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen
, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen
, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums
von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung
erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
BGH, Urteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11 - LG Köln
AG Wipperfürth
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9. Februar 2011 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen , welches den Kläger leitungsgebunden mit Erdgas versorg- te, die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 2.621,54 € nebst Zinsenund die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren aufgrund unwirksamer Gaspreisanpassungen im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September 2008. Die Parteien schlossen am 7. April/1. Juni 1981 rückwirkend zum 1. Januar 1981 einen vorformulierten Erdgasliefervertrag (GasversorgungsSondervertrag ). Als Arbeitspreis waren 4,2 Pf/kWh netto vereinbart, als Grund- preis 36,40 DM/Monat netto. § 2 des Vertrages sieht vor, dass sich der Gaspreis ändert, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarife der Beklagten eintritt.
2
Nach § 5 Ziffer 1 kann der Vertrag erstmals nach Ablauf von 24 Monaten und danach jeweils mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Abrechnungsjahres schriftlich gekündigt werden.
3
Die Beklagte änderte aufgrund der Preisanpassungsklausel wiederholt ihre Preise. Der Kläger widersprach den Preisänderungen nicht. Zum 1. Oktober 2008 kündigte er den Vertrag und wechselte zu einem anderen Anbieter. Mit Schreiben vom 21. Februar 2009 beanstandete der Kläger die Preiserhöhungen der Beklagten und forderte die gezahlten Erhöhungsbeträge zurück.
4
Er hat, ausgehend von dem ursprünglich vereinbarten Arbeitspreis in Höhe von 2,15 ct/kWh (4,2 Pf/kWh), den Rückforderungsanspruch mit 2.621,54 € beziffert. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte zur Rückzahlung von 1.861,72 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ver- urteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Dem Kläger stehe ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 30. September 2009 habe der Kläger für die Gaslieferungen der Beklagten lediglich einen Grundpreis von 223,33 € und einen Arbeitspreis von 2,15 ct/kWh zu entrichten gehabt.
8
Das vertragliche Preisänderungsrecht in § 2 des Sondervertrages sei - was die Beklagte nicht in Abrede stelle - gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da die Klausel hinsichtlich des Umfangs der Preisänderung nicht klar und verständlich sei und die Kunden deswegen unangemessen benachteilige. Ein einseitiges Preisanpassungsrecht der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einem Rückgriff auf die AVBGasV beziehungsweise die GasGVV, denn § 2 des Vertrages enthalte eine ausdrückliche und abschließende Vereinbarung über die Preisanpassung.
9
Ein Anspruch der Beklagten auf das erhöhte Entgelt folge auch nicht aus einer konkludenten vertraglichen Änderung des Gaspreises. Bei einer einseitigen Erhöhung von Gaspreisen des Gasversorgers gegenüber Sonderkunden werde der Gaspreis auch dann nicht zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde auf die ihm individuell bekannt gegebene Preiserhöhung weiterhin widerspruchslos Gas beziehe. Beide Parteien handelten insoweit in dem Bewusstsein , die Erhöhungen des Arbeitspreises seien von dem vertraglichen Preisanpassungsrecht gedeckt, so dass dem Verhalten des Klägers nicht entnommen werden könne, er würde die Änderungen auch bei einer Unwirksamkeit des vertraglichen Preisänderungsrechts akzeptieren.
10
Ein Recht der Beklagten zur einseitigen Preisänderung ergebe sich auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Eine solche komme nur in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lasse und dies zu einem Ergebnis führe, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trage, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebe. Dies könne hier nicht festgestellt werden.
11
Der Vertrag sei auch nicht nach § 306 Abs. 3 BGB unwirksam. Denn ebenso wenig wie eine einseitige Vertragsverschiebung könne eine unzumutbare Härte für die Beklagte durch das Festhalten an dem Vertrag festgestellt werden.
12
Dem Rückzahlungsanspruch stehe auch nicht der Einwand der Verwirkung oder ein sonstiger Verstoß gegen Treu und Glauben entgegen. Insoweit fehle es bereits am erforderlichen Zeitmoment, denn hierfür sei auf den Zeitpunkt der Kenntnis von der Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Preisänderungsrechts abzustellen.
13
Unter Zugrundelegung der Verbrauchszahlen ergebe sich - entgegen der Berechnung des Klägers - indes nur ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 1.861,72 €.

II.

14
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Recht geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen für den Zeitraum von Januar 2006 bis September 2008 gezahlten Erhöhungsbeträge zusteht. Das Berufungsgericht hat aber der Berechnung des Rückforderungsanspruchs rechtsfehlerhaft den im Jahre 1981 vereinbarten Ausgangspreis von 4,2 Pf/kWh (2,15 ct/kWh) zugrunde gelegt.
15
1. Das Berufungsgericht ist im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 (VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 ff.) zutreffend vom Vorliegen eines (Norm-)Sonderkundenvertrages und von der Unwirksamkeit des in diesem Vertrag vorgesehenen Preisänderungsrechts der Beklagten ausgegangen. Gegen diese rechtliche Bewertung wendet sich die Revision nicht.
16
2. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass weder in der Zahlung der Abrechnungen noch in dem Weiterbezug von Gas nach Ankündigung der Preiserhöhungen eine konkludente Zustimmung des Klägers zur Erhöhung der Gaspreise liegt.
17
Eine Vertragsänderung bedarf entsprechender übereinstimmender Willenserklärungen der vertragsschließenden Parteien. Hier fehlt es schon an einem entsprechenden Vertragsangebot der Beklagten. Aus der maßgeblichen Sicht des Kunden lässt sich der Übersendung einer Jahresabrechnung, die einseitig erhöhte Preise ausweist, nicht der Wille des Versorgungsunternehmens entnehmen, eine Änderung des Gaslieferungsvertrages hinsichtlich des vereinbarten Preises herbeizuführen (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 57 mwN).
18
Entgegen der Auffassung der Revision ändert sich diese Beurteilung nicht dadurch, dass die Beklagte die Änderungen ihrer Preise nicht nur öffentlich bekannt gab, sondern allen Kunden - und damit auch dem Kläger - in individuellen Schreiben ankündigte. Denn nach dem eigenen Vortrag der Beklagten hat sie Preiserhöhungen dem Kläger lediglich bekannt gemacht. Dass hierin ein - von dem Kläger auch ablehnbares - Angebot zur einvernehmlichen Vertragsanpassung liegen kann, ist für einen objektiven Empfänger (§§ 133, 157 BGB) nicht ersichtlich. Aus der Sicht des Kunden stellte sich die Mitteilung der Beklagten vielmehr als Ausübung des vertraglich geregelten einseitigen Preisbestimmungsrechts dar und nicht als Angebot, den Preis einvernehmlich zu ändern.
19
3. Da die Preisänderungsklausel unwirksam ist, hat der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen für den Zeitraum von Januar 2006 bis September 2008 gezahlten Erhöhungsbeträge. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Berechnung des Anspruchs jedoch nicht der bei Vertragsschluss geschuldete Anfangspreis zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) des Versorgungsvertrages, deren Voraussetzungen das Berufungsgericht zu Unrecht verneint hat und die dazu führt, dass sich der Kläger nicht darauf berufen kann, für den genannten Zeitraum nur den ursprünglich vereinbarten Anfangspreis mit Rechtsgrund geleistet zu haben.
20
Beide Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein sollte. Denn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde - und nicht das Versorgungsunternehmen - Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn- und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist. Da die von den Parteien vereinbarte Preis- änderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhält, ist daher im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 74, und VIII ZRVIII ZR 106/83, juris Rn. 27).
21
Diese Lücke im Vertrag ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise zu schließen, dass der Kläger die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
22
a) Zwar hat der Senat in Fällen, in denen auf Feststellung der Unwirksamkeit bestimmter Preiserhöhungen gerichtete Klagen von (Norm-)Sonderkunden Erfolg hatten, die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung mit dem Ziel der Ersetzung einer unwirksamen Preisanpassungsklausel durch eine wirksame Klausel als nicht erfüllt angesehen (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 38 f.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn. 27; jeweils mwN). Diese Fälle waren aber dadurch gekennzeichnet, dass das Energieversorgungsunternehmen es selbst in der Hand hatte, einer nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Kunden zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation durch Ausübung des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechts in zumutbarer Weise zu begegnen.
23
Offen gelassen hat der Senat die - im Streitfall entscheidungserhebliche - Frage, ob eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges dann anzunehmen ist, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 52). Das ist zu bejahen. In diesen Fällen vermag die vertraglich vorgesehene, nur in die Zukunft wirkende Kündigungsmöglichkeit des Energieversorgungsunternehmens die Regelungslücke im Vertrag nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise zu schließen. Denn bevor der Kunde Widerspruch erhob oder Zahlungen nur noch unter Vorbehalt leistete, hatte das Energieversorgungsunternehmen keinen Anlass, das bis dahin praktizierte Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung in Frage gestellt zu sehen und dementsprechend das Versorgungsverhältnis zu kündigen.
24
b) Die ergänzende Vertragsauslegung hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren und muss zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führen (Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, aaO S. 78, und VIII ZRVIII ZR 106/83, aaO Rn. 33). Bereits deshalb kommt es nicht in Betracht, an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner des Klauselverwenders im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligenden Preisänderungsklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine (wirksame) Bestimmung gleichen Inhalts zu setzen. Auch widerspräche dies im Ergebnis dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 118 f. mwN). Es geht vielmehr darum zu ermitteln, was die Parteien bei einer angemessenen, objektivgeneralisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, aaO S. 75; vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115 unter III 1 c).
25
c) Nach Ansicht des Senats ist ein in diesem Sinne angemessener Interessenausgleich dadurch zu erzielen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung , in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
26
aa) Bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, besteht ein anerkennenswertes Bedürfnis , das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 106/83, aaO Rn. 32; vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252, 258). Diesem Bedürfnis liefe es zuwider, wenn bei einem Energielieferungsvertrag mit langer Laufzeit die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen rückwirkend ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht werden könnte. Denn dies hätte zur Folge, dass der Energieversorger ohne Rücksicht auf Schwankungen seiner eigenen Bezugspreise für die gesamte Vertragslaufzeit nur den ursprünglich vereinbarten Preis beanspruchen könnte. Angesichts der Entwicklung der Energiepreise entstünde dadurch bei langfristigen Versorgungsverträgen regelmäßig ein gravierendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung. Dies wäre unbillig und würde dem Kunden einen unverhofften und ungerechtfertigten Gewinn verschaffen (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, aaO S. 77 f., und VIII ZR 106/83, aaO; vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, aaO unter II 2 b, III 1 b). Dies entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen.
27
bb) Bei der Beurteilung, welche Regelung als angemessener Interessenausgleich anzusehen ist, darf auch der mit dem Energiewirtschaftsrecht verfolgte Zweck einer möglichst sicheren und preisgünstigen Energieversorgung (§ 1 EnwG) nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183 unter III 2 a; Büdenbender, EnWG, 2003, § 1 Rn. 56). Zwar wurde er erstmals durch das Energiewirtschaftsgesetz vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730) in den Gesetzestext selbst aufgenommen. Er war jedoch auch schon in der Präambel des davor geltenden Energiewirtschaftsgesetzes (in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7521 , veröffentlichten bereinigten Fassung) enthalten und konnte bereits damals für die Auslegung des Energierechts herangezogen werden (Büdenbender, aaO Rn. 4; Braband, Strompreise zwischen Privatautonomie und staatlicher Kontrolle , 2003, S. 9 f.; Germer/Loibl/Dorß, Energierecht, 2. Aufl., S. 69).
28
Das Ziel der Preisgünstigkeit ist nicht nur auf die möglichst billige Energieversorgung der Endkunden ausgerichtet. Zu berücksichtigen sind zugleich die insbesondere durch die Kostenstruktur geprägte individuelle Leistungsfähigkeit der Versorgungsunternehmen sowie die Notwendigkeit, die Investitionskraft und die Investitionsbereitschaft zu erhalten und angemessene Erträge zu erwirtschaften (Danner/Theobald, Energierecht, Stand 2011, § 1 EnWG Rn. 19; Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. Aufl., § 1 Rn. 28; vgl. Braband, aaO S. 30). Insofern wurde im Recht der Energielieferung stets vorausgesetzt, dass die Möglichkeit des Versorgers besteht, Änderungen der Bezugspreise weiterzugeben , ohne den mit dem Kunden bestehenden Versorgungsvertrag kündigen zu müssen (vgl. BR-Drucks. 77/79, S. 34 [für die AVBGasV]; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 24, und VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 22; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 27, und VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rn. 34).
29
Dass das Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, Kostensteigerungen weiterzugeben, dient daneben auch dem Zweck der Versorgungssicherheit (vgl. Danner/Theobald, aaO Rn. 7 und 26). Denn diese betrifft nicht nur die technische Sicherheit der Energieversorgung und die Sicherstellung einer mengenmäßig stets ausreichenden Versorgung der Abnehmer (BRDrucks. 806/96, S. 28; Braband, aaO S. 29). Sie hat vielmehr insoweit auch einen ökonomischen Aspekt, als die nötigen Finanzmittel für die Unterhaltung von Reservekapazitäten, für Wartungsarbeiten, Reparaturen, Erneuerungs- und Ersatzinvestitionen bereit stehen müssen (Britz/Hellermann/Hermes, aaO Rn. 26; Salje, EnWG, 2006, § 1 Rn. 27). Das wiederum setzt voraus, dass diese Mittel durch auskömmliche Versorgungsentgelte erwirtschaftet werden können.
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cc) Die Rückforderung bereits gezahlter Entgelte durch den Kunden berührt die genannten Zielsetzungen des Energiewirtschaftsrechts, da hierdurch dem Versorger im Nachhinein die Möglichkeit genommen wird, Kostensteigerungen an den Kunden weiterzugeben, ohne dass er sich einer möglichen Unterdeckung durch eine Kündigung des Sonderkundenvertrages entziehen kann, zu der er bei einem zeitnahen Widerspruch des Kunden Anlass gehabt hätte. Die Parteien hätten daher, wenn sie erkannt hätten, dass die Wirksamkeit der vereinbarten Preisanpassungsklausel unsicher war, jedenfalls eine Regelung vereinbart, nach der es ausgeschlossen ist, nach einem längeren Zeitraum die Unwirksamkeit von Preisanpassungen geltend zu machen, die zuvor nicht in Frage gestellt worden sind.
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dd) Die Bestimmung einer Frist, innerhalb derer der Kunde die Preiserhöhung beanstanden muss, um sich auf ihre Unwirksamkeit berufen zu können, trägt den Interessen beider Parteien Rechnung. Ein Gasliefervertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, bei dem ein besonderes Bedürfnis danach besteht, dass gegenseitige Ansprüche zeitnah geltend gemacht werden und sich nicht durch verspätete Geltendmachung aufsummieren (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1989 - VIII ZR 12/88, WM 1989, 1023 unter B II 5 a bb; vgl. für die Energieversorger die Abrechnungsfrist in § 40 Abs. 2 EnWG). Zudem handelt es sich um ein Schuldverhältnis mit einer Vielzahl von Kunden und damit auch einer Vielzahl von Abrechnungsvorgängen, die Jahr für Jahr aufeinander aufbauen. Die in diesen Jahresabrechnungen enthaltenen Preiserhöhungen dürfen daher nicht unvertretbar lange mit Unsicherheiten behaftet sein. Es ist vielmehr erforderlich, dass die sich für beide Seiten stellende Frage, ob eine bestimmte Preiserhöhung Bestand hat oder nicht, ohne größere praktische Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Damit wird dem Versorger eine verlässliche Basis für seine (Kosten-)Kalkulationen geschaffen, während der Verbraucher weiß, mit welchen Kosten er zu rechnen hat, um hiernach sein Verbrauchsverhalten und gegebenenfalls auch die Wahl des Energieversorgers auszurichten.
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ee) Ein Interessenausgleich, der die Geltendmachung von Rechten von der Reaktion einer Partei innerhalb gewisser Fristen abhängig macht, ist im Energierecht auch sonst verschiedentlich vorgesehen, so dass es nahe liegt, sich an diesen Vorbildern auch für die hier im Wege ergänzender Vertragsauslegung vorzunehmende Lückenschließung zu orientieren. Das gilt namentlich für die - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Tarifkundenbereich geltende - AVBGasV, die in besonderer Weise darauf abzielt, den mit der Leitungsgebundenheit zusammenhängenden wirtschaftlich-technischen und rechtlichen Besonderheiten der Gasversorgung sowie dem energiepolitischen Ziel einer mög- lichst kostengünstigen Gasversorgung Rechnung zu tragen (vgl. BR-Drucks. 77/79, S. 34).
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So ist etwa in § 21 AVBGasV geregelt, dass Ansprüche wegen Fehlern bei der Ermittlung des Rechnungsbetrages auf einen Zeitraum von längstens zwei Jahren beschränkt sind. Zur Begründung dafür führte der Verordnungsgeber an: Es gelte zu vermeiden, dass der Kunde größeren Nachforderungen ausgesetzt werde, die weit in die Vergangenheit zurückreichten. Es empfehle sich daher, eine zeitliche Begrenzung festzulegen. Dabei sei zwar zu berücksichtigen , dass dem Gasversorgungsunternehmen Einnahmen entgehen könnten. Unter Abwägung dieser Umstände erscheine es aber gerechtfertigt, an einer für beide Seiten gleichen Ausschlussfrist von zwei Jahren festzuhalten. Beide Seiten müssten es in Kauf nehmen, dass ihnen im Einzelfall unter Umständen weitergehende Ansprüche auf Rückerstattung beziehungsweise Nachzahlung abgeschnitten würden (BR-Drucks. 77/79, S. 58). An dieser Zielsetzung hat die GasGVV in ihrem § 18, der die Anspruchsbeschränkung gegenüber § 21 AVBGasV von zwei auf drei Jahre erweitert, im Wesentlichen festgehalten, wobei der Verordnungsgeber auch hier darauf hingewiesen hat, dass diese Bestimmung im Interesse einer reibungslosen Durchführung des Vertragsverhältnisses und des Rechtsfriedens eine zeitliche Beschränkung der Ansprüche enthalte (BR-Drucks. 306/06, S. 39).
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In § 30 AVBGasV findet sich eine weitere zeitliche Begrenzung. Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen, und der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird. Zur Begründung heißt es: Um die Abwicklung des Versorgungsverhältnisses nicht auf lange Zeit mit Rechtsunsicherheiten zu belasten, sei es zweckmäßig, das Recht auf Zahlungsaufschub und -verweigerung auf einen Zeitraum von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Berechnung zu begrenzen (BRDrucks. 77/79, S. 64). Das bedeute nicht, dass der Kunde das Recht verliere, die mangelnde Berechtigung solcher Forderungen auch noch nach Ablauf von zwei Jahren geltend zu machen. Er solle dann allerdings spätere Zahlungen nicht mehr mit der Begründung verweigern können, frühere Forderungen ohne Rechtsgrund beglichen zu haben (BR-Drucks. 77/79, aaO).
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e) Einer derartigen ergänzenden Vertragsauslegung steht nicht entgegen , dass theoretisch unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der durch die Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel entstandenen vertraglichen Regelungslücke in Betracht gekommen wären (vgl. Senatsurteile vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, aaO S. 80 f.; vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, aaO unter III 1 c mwN; BGH, Urteile vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 317 mwN; vom 6. November 2009 - V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531 Rn. 43). Die vorstehend aus einer objektiv-generalisierenden Abwägung der gegenseitigen Interessen und den Erfordernissen einer funktionierenden Energiewirtschaft entwickelte, die Rechtsfolgen einer unwirksamen Preisanpassungsklausel begrenzende Regelung stellt, was entscheidend ist, eine für beide Seiten zumutbare Lösung dar. Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt im Übrigen nicht voraus, dass sich für jede Einzelheit der "technischen" Ausgestaltung der Vertragsergänzung konkrete Anhaltspunkte im Willen oder in den Erklärungen der Vertragsparteien nachweisen lassen (Senatsurteil vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, aaO S. 81).
36
4. In Anwendung vorstehender Grundsätze ergibt sich für den Streitfall folgendes:
37
Der Kläger kann der Berechnung des Rückforderungsanspruchs nicht den im Jahre 1981 vereinbarten Ausgangspreis von 2,15 ct/kWh zugrunde legen und somit die Unwirksamkeit sämtlicher Preiserhöhungen seit Vertragsbeginn geltend machen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 21. Februar 2009 und damit nach Beendigung des Vertrages den Preiserhöhungen widersprochen. Während der gesamten Vertragslaufzeit über einen Zeitraum von 27 Jahren hat der Kläger die Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen ohne Beanstandungen hingenommen und damit der Beklagten keine Veranlassung gegeben, eine Beendigung des (Norm-)Sonderkundenverhältnisses - etwa mit dem Ziel eines Übergangs in das Grundversorgungsverhältnis (vgl. dazu Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZR 333/10, juris, Rn. 8; jew. mwN) - in Erwägung zu ziehen. Die Beklagte kann somit nicht an dem bei Vertragsschluss vereinbarten Preis festgehalten werden.
38
Welchen Arbeitspreis der Kläger seinem Rückforderungsanspruch zugrunde legen kann, hängt davon ab, wann dem Kläger die einzelnen Jahresabrechnungen der Beklagten zugegangen sind und gegen welche darin enthaltenen Preiserhöhungen der Widerspruch des Klägers vom 21. Februar 2009 somit noch rechtzeitig erfolgt ist. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

III.

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Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Zugang der Jahresabrechnungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG Wipperfürth, Entscheidung vom 12.01.2010 - 1 C 251/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 16.03.2011 - 10 S 66/10 -

(1) Ergibt eine Prüfung der Messeinrichtungen eine Überschreitung der Verkehrsfehlergrenzen oder werden Fehler in der Ermittlung des Rechnungsbetrages festgestellt, so ist die Überzahlung vom Grundversorger zurückzuzahlen oder der Fehlbetrag vom Kunden nachzuentrichten. Ist die Größe des Fehlers nicht einwandfrei festzustellen oder zeigt eine Messeinrichtung nicht an, so ermittelt der Grundversorger den Verbrauch für die Zeit seit der letzten fehlerfreien Ablesung aus dem Durchschnittsverbrauch des ihr vorhergehenden und des der Feststellung des Fehlers nachfolgenden Ablesezeitraums oder auf Grund des vorjährigen Verbrauchs durch Schätzung; die tatsächlichen Verhältnisse sind angemessen zu berücksichtigen. Bei Berechnungsfehlern auf Grund einer nicht ordnungsgemäßen Funktion einer Messeinrichtung ist der vom Messstellenbetreiber ermittelte und dem Kunden mitgeteilte korrigierte Verbrauch der Nachberechnung zu Grunde zu legen.

(2) Ansprüche nach Absatz 1 sind auf den der Feststellung des Fehlers vorhergehenden Ablesezeitraum beschränkt, es sei denn, die Auswirkung des Fehlers kann über einen größeren Zeitraum festgestellt werden; in diesem Fall ist der Anspruch auf längstens drei Jahre beschränkt.

(1) Ergibt eine Prüfung der Meßeinrichtungen eine nicht unerhebliche Ungenauigkeit oder werden Fehler in der Ermittlung des Rechnungsbetrages festgestellt, so ist der zuviel oder zuwenig berechnete Betrag zu erstatten oder nachzuentrichten. Ist die Größe des Fehlers nicht einwandfrei festzustellen oder zeigt eine Meßeinrichtung nicht an, so ermittelt das Fernwärmeversorgungsunternehmen den Verbrauch für die Zeit seit der letzten fehlerfreien Ablesung aus dem Durchschnittsverbrauch des ihr vorhergehenden und des der Feststellung des Fehlers nachfolgenden Ablesezeitraums oder auf Grund des vorjährigen Verbrauchs durch Schätzung; die tatsächlichen Verhältnisse sind angemessen zu berücksichtigen.

(2) Ansprüche nach Absatz 1 sind auf den der Feststellung des Fehlers vorhergehenden Ablesezeitraum beschränkt, es sei denn, die Auswirkung des Fehlers kann über einen größeren Zeitraum festgestellt werden; in diesem Fall ist der Anspruch auf längstens zwei Jahre beschränkt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.