Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 15. März 2016 - 12 Wx 22/15

bei uns veröffentlicht am15.03.2016

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 7) wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Wernigerode - Grundbuchamt - vom 21. Januar 2015 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Antrages auf teilweise Löschung des Vorkaufsrechts nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 21. Januar 2015 zu verweigern.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 5.000,00 €.

Gründe

I.

1

Mit einem von dem Notar P. in B. beurkundeten Grundstücksüberlassungsvertrag vom 12. Januar 1995 ist den Beteiligten zu 2) bis 7) ein Vorkaufsrecht an dem im Grundbuch von I. Blatt ..., Gemarkung I., Flurstück … der Flur, eingetragenen Grundstück bestellt worden. Die vertragliche Regelung lautet:

2

„Des weiteren räumen die Erschienenen zu 1) bis 3) den Erschienenen zu 4) und 5) [dies sind hier die Beteiligten zu 6) und zu 2)] und deren Ehegatten sowie Abkömmlingen, nämlich

3

a) Frau C. K. geb. L., geb. am 16.07.1947, S. Straße 43, M.,
b) Herrn G. R., geb. am 03.07.1947, K. Straße 5, I.,
c) Herrn F. R., geb. am 23.08.1973, K. Straße 5, I.,
d) Herrn P. R., geb. am 17.10.1977, K. Straße 5, I.,

4

ein Vorkaufsrecht ein. Das Vorkaufsrecht gilt für alle Verkaufsfälle.

5

Die Erschienenen bewilligen und beantragen:

6

die Eintragung dieses Vorkaufsrechts im Grundbuch an rangbereiter Stelle.

7

Das Vorkaufsrecht wirkt insoweit auch gegen Rechtsnachfolger des Erschienenen zu 2) [dies ist hier der Beteiligte zu 1)]. Bei einem Verkauf des Grundstücks sind die Vorkaufsberechtigten berechtigt, das Vorkaufsrecht zu einem Preis auszuüben, der 25 v.H. unter dem mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreis liegt.

8

Das Vorkaufsrecht soll nicht gelten für Fälle, in denen der Erschienene zu 2) seiner Ehefrau und/oder seinen Abkömmlingen das Grundstück bzw. ideelle Teile davon im Wege der Schenkung, ehebedingten Zuwendung oder vorweggenommenen Erbfolge überträgt.“

9

Im Anschluss daran wurde in Abteilung 2 des Grundbuchs von I. Blatt ... unter laufender Nr. 3 eingetragen:

10

„Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für H. K. wohnhaft in M. (geboren am 7. August 1946), R. R. geborene K. wohnhaft in I. (geboren am 15. März 1949), C. K. geborene L. wohnhaft in M. (geboren am 16. Juli 1947), G. R. wohnhaft in I. (geboren am 3. Juli 1947), F. R. wohnhaft in I. (geboren am 23. August 1973) und P. R. wohnhaft in I. (geboren am 17. Oktober 1977). Gemäß Bewilligung vom 12. Januar 1995 (UR.Nr. 3/95 des Notars P. ) gleichrangig mit dem Recht Abt.II Nr.2 und mit Vorrang vor den Rechten Abt.III Nr.8 und Nr.9 eingetragen am 23.12.1995.“

11

Der Verfahrensbevollmächtigte Notar Prof. Dr. Z. hat mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 die Löschung des Vorkaufsrechts im Wege des Teilvollzugs für die Beteiligten zu 2) bis 4) unter Vorlage einer entsprechenden Löschungsbewilligung vom 1. Oktober 2014 beantragt.

12

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Rechtspfleger des Grundbuchamtes darauf hingewiesen, dass der beantragten Löschung bzw. Teillöschung Abt. II Nr. 3 ein Hindernis entgegenstehe und hat zur formgerechten Behebung eine Frist von einem Monat bestimmt. Nach seiner Ansicht war das Vorkaufsrecht schon nicht entstanden, weil ein gemeinschaftliches Vorkaufsrecht unzulässig sei, unabhängig davon, ob ein Gemeinschaftsverhältnis angegeben wurde. Nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Vertrages sei ein solches auch nicht vorgesehen gewesen und damit eine rechtsgeschäftliche Löschung ausgeschlossen. Nach Anhörung der Rechtsinhaber sei daher die Löschung von Amts wegen beabsichtigt.

13

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 3. Februar 2015 hat sich der Beteiligte zu 7) gegen die angekündigte vollständige Löschung des Vorkaufsrechts von Amts wegen gewendet.

14

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

15

Der Widerspruch des Beteiligten zu 7) ist als Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung vom 21. Januar 2015.

16

Soweit das Grundbuchamt darauf abgestellt hat, dass es nur eine Löschung des Vorkaufsrechts insgesamt aber keine Teillöschung vornehmen könne, besteht dieses Eintragungshindernis nicht.

17

Die Eintragung des Vorkaufsrechts zu Gunsten der Beteiligten zu 2) bis 7) war zulässig, eine Löschung von Amts wegen kommt daher nicht in Betracht. Der Senat hat auf der Grundlage der Bestellungsurkunde und der darauf gestützten Eintragung keinen Zweifel daran, dass das Vorkaufsrecht allen sechs Beteiligten gemeinschaftlich bestellt worden ist. Die vertraglichen Regelungen geben jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass den Beteiligten jeweils ein eigenes Vorkaufrecht an demselben Grundstück eingeräumt werden sollte.

18

Eine gemeinschaftliche Bestellung war auch zulässig. Denn es ist überwiegend anerkannt, dass ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht für mehrere Berechtigte bestellt werden kann. Soweit nichts anderes vereinbart ist, bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen mehreren Berechtigten nach §§ 472, 1098 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der Folge, dass sie das Recht nicht in Teilen, sondern nur im Ganzen ausüben können. Es liegt insoweit eine Art Gesamthandsverhältnis vor (z. B. BGH, NJW 1997, 3235; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 17; beide Entscheidungen noch zu dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden § 513 BGB als Vorgängervorschrift des § 472 BGB; Morvilius, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl. B Rdn. 500; Kohler, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., AT III Rdn. 134; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 1406).

19

Ob auf der Grundlage der jüngeren Rechtsprechung des BGH - in Abkehr von der bis dahin in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung - (vergl. BGH NJW 1997, 3235; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 17) nunmehr nach § 47 Abs. 1 GBO in das Grundbuch ein Vermerk einzutragen wäre, dass die Regelung des § 472 BGB auf das Vorkaufsrecht Anwendung findet, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn ein solcher Mangel wäre jedenfalls kein Anlass für eine von Amts wegen vorzunehmende Löschung des hier eingetragenen Vorkaufsrechts.

III.

20

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil der Beteiligte zu 7) mit seiner Beschwerde obsiegt hat und Gebühren und Auslagen insoweit nicht erhoben werden (§ 25 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1, Abs. 3 GNotKG.


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Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 79 Festsetzung des Geschäftswerts


(1) Soweit eine Entscheidung nach § 78 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren ande

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 25 Kostenschuldner im Rechtsmittelverfahren, Gehörsrüge


(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht

Grundbuchordnung - GBO | § 47


(1) Soll ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, so soll die Eintragung in der Weise erfolgen, daß entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis beze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1098 Wirkung des Vorkaufsrechts


(1) Das Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 463 bis 473. Das Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Insolvenzverwalter aus freier Hand verkauf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 472 Mehrere Vorkaufsberechtigte


Steht das Vorkaufsrecht mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen aus

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 513 Anwendung auf Existenzgründer


Die §§ 491 bis 512 gelten auch für natürliche Personen, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen oder zu diesem Zw

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(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

Steht das Vorkaufsrecht mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.

(1) Das Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 463 bis 473. Das Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Insolvenzverwalter aus freier Hand verkauft wird.

(2) Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums.

(3) Steht ein nach § 1094 Abs. 1 begründetes Vorkaufsrecht einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so gelten, wenn seine Übertragbarkeit nicht vereinbart ist, für die Übertragung des Rechts die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d entsprechend.

Die §§ 491 bis 512 gelten auch für natürliche Personen, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen oder zu diesem Zweck einen Ratenlieferungsvertrag schließen, es sei denn, der Nettodarlehensbetrag oder Barzahlungspreis übersteigt 75 000 Euro oder die Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1) ist anwendbar.

Steht das Vorkaufsrecht mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.

(1) Soll ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, so soll die Eintragung in der Weise erfolgen, daß entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird.

(2) Soll ein Recht für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen werden, so sind auch deren Gesellschafter im Grundbuch einzutragen. Die für den Berechtigten geltenden Vorschriften gelten entsprechend für die Gesellschafter.

Steht das Vorkaufsrecht mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.

(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht von einem anderen Beteiligten übernommen worden sind.

(2) Richtet sich eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts und ist sie von dem Betreuten oder dem Pflegling oder im Interesse dieser Personen eingelegt, so schuldet die Kosten nur derjenige, dem das Gericht die Kosten auferlegt hat. Entsprechendes gilt für ein sich anschließendes Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

(3) Die §§ 23 und 24 gelten nicht im Rechtsmittelverfahren.

(1) Soweit eine Entscheidung nach § 78 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist,
2.
zumindest für den Regelfall ein fester Wert bestimmt ist oder
3.
sich der Wert nach den Vorschriften dieses Gesetzes unmittelbar aus einer öffentlichen Urkunde oder aus einer Mitteilung des Notars (§ 39) ergibt.
In den Fällen des Satzes 2 setzt das Gericht den Wert nur fest, wenn ein Zahlungspflichtiger oder die Staatskasse dies beantragt, oder wenn es eine Festsetzung für angemessen hält.

(2) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen des Hauptgegenstands oder wegen der Entscheidung über den Geschäftswert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung wegen des Hauptgegenstands Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.