Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 20. März 2014 - 1 U 113/13

bei uns veröffentlicht am20.03.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.7.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal (21 O 153/11) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert:

Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger insgesamt 13.122,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.7.2011 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.025,55 Euro zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger ½ der künftig aus dem Unfallgeschehen vom 21.7.2010 gegen 16.00 Uhr in J. OT S. in Fahrtrichtung D. entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten der 1. Instanz tragen der Kläger zu 66 % und die Beklagten zu 1) und zu 2), diese als Gesamtschuldner, zu 34 %.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) für die erste Instanz und für die Berufungsinstanz. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der 1. Instanz der Beklagten zu 1) und zu 2) zu 50 %; die Beklagten zu 1) und zu 2) tragen als Gesamtschuldner die außergerichtlichen Kosten der 1. Instanz des Klägers zu 50 %.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 66 % und die Beklagten zu 1) und zu 2), diese als Gesamtschuldner, zu 34 %.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz der Beklagten zu 1) und zu 2) zu 50 %; die Beklagten zu 1) und zu 2) tragen als Gesamtschuldner die die außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz des Klägers zu 50 %.

Im Übrigen findet eine Kostenausgleichung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Die Zurücknahme der Berufung gegen die Beklagte zu 3) hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 19.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger machte gegen die Beklagten (in der Berufungsinstanz nur noch gegen die Beklagten zu 1) und zu 2); die zunächst auch gegen die Beklagte zu 3) eingelegte Berufung hat der Kläger mit der Berufungsbegründung zurückgenommen) Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfallgeschehen geltend.

2

Der Kläger befuhr am 21.7.2010 mit einem Pkw den Weg von S. nach D.. Nach dem Foto Nr. 18 aus der Ermittlungsakte handelt es sich um einen Privatweg (Befahren verboten). Sicherungsmaßnahmen (Tor oder Kette) gibt es nicht. Der Weg ist etwa 3 m breit und führt entlang landwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Der Kläger war auf dem Weg zu einem Feuerwehreinsatz. Der Kläger fuhr dabei unmittelbar vor dem Unfallgeschehen mit einer Geschwindigkeit von 100 - 120 km/h (SV W. S. 19).

3

Der Beklagte zu 2), ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1), fuhr mit einem Fahrzeug, das im Polizeibericht als selbstfahrende Arbeitsmaschine Deere (D) 3400 bezeichnet wird, auf einem Feld und wollte auf den Weg einbiegen (in Richtung D. ). Vor dem eigentlichen Fahrzeug befindet sich noch eine Arbeitsschaufel.

4

Der Beklagte zu 2) persönlich vom Landgericht angehört hat ausgesagt, dass er mit Schrittgeschwindigkeit in den Weg einbiegen wollte, wobei die Schaufel nur ganz geringfügig in den Straßenraum hineingeragt haben könne. Er habe dann eine Staubwolke gesehen und sofort gebremst.

5

Aus der Blickrichtung des Beklagten zu 2) war die Sichtmöglichkeit in Richtung S. durch Büsche und Bäume erschwert (Fotos 1, 2, 13, 14 und 16 aus der Ermittlungsakte, Fotos S. 8 und 9 aus dem Gutachten W. ).

6

Nach Angabe des Klägers hat er zunächst die Schaufel gesehen: Entweder kollidiere ich dagegen oder ich muss ausweichen (Anhörung vom 28.10.2011). Der Kläger hat kurz angebremst und ist dann aus seiner Sicht nach links ausgewichen: er hat sich mehrfach überschlagen und kam dann auf einem Feld links des Weges zum Stillstand.

7

Bei dem Unfall wurde der Kläger erheblich verletzt, insbesondere Brüche des 1. und 2. Lendenwirbels und ein verschobener Bruch des linken Mittelfußknochens. Die Brüche mussten operativ versorgt werden:

8
- Krankenhausaufenthalt vom 21.7. - 2.8.2010; arbeitsunfähig bis 20.9.2010
9
- Physiotherapie
10
- Ende 2010, Entfernung der Zuggurtung am linken Fuß (11 Tage arbeitsunfähig)
11
- Entfernung der Metallplatte an der Wirbelsäule (stationär 22. - 24.3.2011, danach 20 Tage arbeitsunfähig)
12
- Bewegungsbeeinträchtigung bis heute
13
- 20 % Dauerschaden

14

Der Kläger macht gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) in der Berufungsinstanz folgende Schadensersatzansprüche geltend:

15
- Schmerzensgeld 25.000,-- Euro
16
- vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,42 Euro (ausgehend von einem Gegenstandswert von 25.744,81 (Bl. 9 I)
17
- Ersatz der Kosten für die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens in Höhe von 244,81 Euro.
18
- Feststellungsantrag wegen künftiger Schäden

19

Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten und beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

20

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

21

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat nur zum Teil Erfolg. Der Senat folgt im Wesentlichen der Begründung des Landgerichts und bewertet - wie im rechtlichen Hinweis in der Ladungsverfügung bereits ausgeführt - nur die Frage der Geschwindigkeitsüberschreitung des Klägers im Rahmen des Mitverschuldens abweichend.

22

Soweit das Landgericht im Hinblick darauf, dass es des sich bei dem vom Beklagten zu 2) geführten Fahrzeug um eine selbstfahrende Arbeitsmaschine handelt, die Regelungen des StVG nicht angewandt hat, kann dahinstehen, ob die Beklagten nachgewiesen haben, dass das Fahrzeug nicht zulassungspflichtig war und auch keine Versicherungspflicht bestand. Wie ebenfalls im rechtlichen Hinweis bereits ausgeführt ist nicht ersichtlich, welche anderen Gesichtspunkte bei der Bemessung der Haftungsquoten hätten berücksichtigt werden müssen, wenn auf die Regelungen des StVG hätte zurückgegriffen werden müssen.

23

Der Senat folgt dem Landgericht auch darin, dass der Weg zwischen S. und D. als öffentliche Verkehrsfläche einzustufen ist.

24

Der Verstoß des Beklagten zu 2) gegen die Anforderungen des § 10 Abs. 1 StVO ist in der Berufungsinstanz letztlich nicht mehr streitig. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass er sich wegen der Sichtbehinderung durch die Büsche und Bäume in Richtung S. und weiter aufgrund des Umstandes, dass die Arbeitsschaufel bereits in den Verkehrsraum hinein geragt haben muss, bevor der Beklagte zu 2) überhaupt Sicht in Fahrtrichtung des Klägers haben konnte, hätte einweisen lassen müssen. Bei einem Verstoß gegen § 10 Abs. 1 StVO ist hinsichtlich der Haftungsverteilung von Folgendem auszugehen:

25

Die Verletzung des Vorfahrtsrechts durch den in die Straße Einfahrenden indiziert sein Verschulden (= Anscheinsbeweis gegen die Beklagten). Wahrt der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften (BGH Urteil vom 20.9.2011 - VI ZR 282/10 - [z.B. VersR 2011, 1540]; hier: zitierte nach juris).

26

Es kommt aber eine Mithaftung des im fließenden Verkehr befindlichen Fahrers bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Betracht (dazu: OLG Hamm Urteil vom 5.3.1997 - 13 U 185/96 - [z.B. OLGR 1997, 275]; hier: zitiert nach juris; KG Urteil vom 29.11.1984 - 12 U 1635/84 - [VRS 68, 190]; hier: zitiert nach juris; OLG Saarbrücken Urteil vom 6.3.1992 - 3 U 126/91 - [z.B. ZfS 1992, 333]; hier: zitiert nach juris).

27

Nach den Feststellungen des Sachverständigen W. ist beim Kläger von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 100 - 120 km/h auszugehen. Ob das Landgericht im Urteil von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf dem Weg von 50 km/h ausgegangen ist oder nur unter den gegebenen konkreten Umständen dies als Obergrenze angesehen hat, ist den Entscheidungsgründen nicht eindeutig zu entnehmen (der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat im Senatstermin erklärt, dass wohl von Letzterem auszugehen sei). Dies kann aber letztlich dahinstehen. Der Weg liegt außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, eine Geschwindigkeitsbegrenzung ist durch eine entsprechende Beschilderung nicht angeordnet, sodass - bei Annahme einer öffentlichen Verkehrsfläche - davon auszugehen ist, dass grundsätzlich § 3 Abs. 3 Nr. 2 lit. c StVO gilt und von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auszugehen ist. Sie gilt indes nur unter den günstigsten Umständen und entbinden den Fahrer nicht von der Grundregel aus § 3 Abs. 1 StVO (Sichtfahrgebot/Begrenzung aus den örtlichen Straßenverhältnissen). Soweit das Landgericht bei der Bewertung von einer Ausgangsgeschwindigkeit des Klägers von 110 km/h ausgegangen ist, ist dies nicht zu beanstanden. Zu dem Rahmen von 100 bis 120 km/h hat der Sachverständige W. ausgeführt, dass sich innerhalb dieses Rahmens die Geschwindigkeitsannahme nach oben verschiebt, wenn der Kläger vor dem Ausweichmanöver noch auf dem Weg gebremst hat. Zwar wurden keine Bremsspuren gesichert, jedoch hat der Kläger bei seiner Anhörung durch das Landgericht selbst eingeräumt, dass er vor dem Ausweichen auf der Straße kurz gebremst habe. Im Zusammenhang mit den Feststellungen des Sachverständigen rechtfertigt dies die Annahme, nicht vom unteren Ende des Geschwindigkeitsrahmens auszugehen, sondern mit dem Landgericht von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 110 km/h. Damit liegt bereits grundsätzlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung vor. Da aber - wie bereits ausgeführt - die zulässige Höchstgeschwindigkeit - nur unter optimalen Umständen gefahren werden darf, muss sie in der konkreten Situation auf unter 100 km/h angesetzt werden. Der Weg ist lediglich rund 3 m breit. Dem Kläger, der an dem Weg selbst ein Grundstück besitzt, muss bewusst gewesen sein, dass mit landwirtschaftlichem Verkehr gerechnet werden musste, der sich ganz erheblich langsamer bewegen würde, als er selbst. Auch für ihn stellten die Büsche und die Bäume auf der (aus seiner Sicht) rechten Seite eine deutliche Sichtbehinderung dar, und zwar nicht nur für eine kurze, sondern für längere Strecke (was den Fall z.B. von dem Fall einer nicht einsehbaren Grundstückseinfahrt unterscheidet). Insoweit nicht gewertet werden kann, dass sich der Kläger auf dem Weg zu einem Feuerwehreinsatz befand. Dies mag die Geschwindigkeit zwar erklären, jedoch schaffen Sonderrechte auch für Einsatzkräfte (§ 35 StVO) nur die (berechtigte) Nutzung von Blaulicht und Martinshorn, wovon vorliegend überhaupt keine Rede sein kann. Bei einer Gesamtbewertung ist davon auszugehen, dass eine Geschwindigkeit von 70 - 80 km/h angemessen gewesen wäre. Gelangt man damit zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung von etwa 50 % rechtfertigt dies, auch von einer hälftigen Teilung der Haftung auszugehen (wie KG a.a.O.).

28

Soweit das Landgericht von einem berechtigten Schmerzensgeld bei voller Haftung von 25.000,-- Euro ausgegangen ist, ist dies nicht zu beanstanden, wird von den Parteien auch nicht weiter problematisiert. Wird eine Haftungsquote gebildet, folgt der Schmerzensgeldbetrag nicht schematisch dieser, sondern es ist eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen. Vorliegend rechtfertigt es die Schwere der Verletzungen (wie unter I. ausgeführt), die der Kläger bei dem Unfallgeschehen erlitten hat, von der Hälfte nach oben abzuweichen und von einem Schmerzensgeldbetrag von 13.000,-- Euro auszugehen.

29

Die Gutachterkosten sind mit 244,81 Euro unstreitig (½ = 122,41 Euro).

30

Zur Begründetheit des Feststellungsantrages wird Bezug genommen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag beim Streitwert mit 2.000,-- Euro berücksichtigt, dem schließt sich der Senat an.

31

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltkosten bemessen sich damit nach einem Gegenstandswert gemäß der Gebührenstufe bis 16.000,-- Euro

32

1,3 Gebühr gemäß VV 2300   

845,00 Euro

MwSt 19 %

1.005,55 Euro

Gebühr gemäß VV 7002

     20,00 Euro

Gesamt

1.025,55 Euro

33

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO (ein gesonderter Ausspruch zur Kostentragungspflicht gegenüber der Beklagten zu 3) konnte nicht ergehen, weil eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen war).

34

Die Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

35

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.

36

Streitwert:

37

- Schmerzensgeld: 25.000 Euro ./. 8.250 Euro   

16.750,00 Euro

- Feststellungsantrag: 2/3 von 2.000 Euro

1.333.33 Euro

- Gutachterkosten:

     163,21 Euro

Gesamt

18.246,54 Euro

(= Gebührenstufe bis 19.000 Euro)

        

38

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind nur bei der Kostenentscheidung, nicht aber beim Streitwert zu berücksichtigen.


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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - VI ZR 282/10

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 282/10 Verkündet am: 20. September 2011 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Die Absicht einzufahren oder anzufahren ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Dort, wo eine Klarstellung notwendig ist, kann Zeichen 205 stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 282/10 Verkündet am:
20. September 2011
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr
teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des aus einem
Grundstück auf die Straße Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang
zu belassen und diesen nicht zu behindern.
BGH, Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten zu 2 gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12. Oktober 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land Ersatz von Schäden an ihrem Pkw.
2
Die Klägerin fuhr am 20. Mai 2008 gegen 11.25 Uhr mit ihrem Pkw auf der F.-Straße in M. Der Beklagte zu 1 bog mit einem VW-Bus, der bei dem Beklagten zu 2 (künftig: Beklagter) versichert ist, aus einem Behördengelände kommend nach rechts in die F.-Straße ein. In Höhe der aus der Sicht der Klägerin links gelegenen Ausfahrt kam es zu einem Zusammenstoß zwischen den beiden Fahrzeugen. Der VW-Bus berührte den Pkw der Klägerin im Bereich des linken vorderen Kotflügels. Es entstand ein Sachschaden an dem Pkw in Höhe von 6.902,02 €. Hiervon zahlte das beklagte Land 4.537,13 € unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 zugunsten der Klägerin.
3
Das Landgericht hat eine Mithaftungsquote der Klägerin von 25 % angenommen und weitere 642,39 € nebst Zinsen zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die volle Haftung des beklagten Landes bejaht und der Klage mit Ausnahme der Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten stattgegeben. Es hat die Revision zugelassen, weil in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt werde, ob ein Verstoß eines vorfahrt- oder vorrangberechtigten Fahrers gegen das Rechtsfahrgebot beim Zusammenstoß mit einem die Vorfahrt oder den Vorrang missachtenden Fahrzeug wegen Erhöhung der Betriebsgefahr als Mitverursachungsanteil berücksichtigt werden könne. Mit der Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht führt aus, dass der Klägerin gegen das beklagte Land Schadensersatz in Höhe von 2.368,89 € gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zustehe. Der Beklagte zu 1 habe als Bediensteter des Beklagten bei der Dienstfahrt ein öffentliches Amt ausgeübt. Dabei habe ihm die Beachtung der allgemeinen Verkehrsregeln als Amtspflicht gegenüber allen Verkehrsteilnehmern oblegen. Maßgeblich sei der Unfall dadurch verursacht worden, dass der Beklagte zu 1 bei der Ausfahrt aus dem Behördengrundstück auf die F.-Straße entgegen § 10 StVO den Vorrang der im fließenden Verkehr fahrenden Klägerin nicht beachtet habe. Der Vorrang bestehe unabhängig davon, wie weit rechts oder links die Klägerin gefahren sei. Das Verschulden des Beklagten zu 1 überwiege erheblich und lasse den Verursachungsanteil der Klägerin vollständig zurücktreten. Zwar habe die Klägerin gegen das Rechtsfahrgebot (§ 2 Abs. 2 StVO) verstoßen. Doch diene dieses nicht dem Schutz des von einem Grundstück auf die Straße einbiegenden Fahrzeugs, sondern nur dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die sich in Längsrichtung auf derselben Fahrbahn bewegten. Ein Verstoß könne der Klägerin deshalb nicht als Mitverursachungsanteil zugerechnet werden. Der Senat folge nicht der Auffassung derjenigen Obergerichte, die demjenigen, der gegen das Rechtsfahrgebot verstoße, zwar ein Verschulden am Unfall nicht anlasteten, über die Erhöhung der Betriebsgefahr dann aber dem Vorfahrtsberechtigten doch einen Verursachungsanteil anrechneten.
5
Ein für die Haftungsquote erhebliches Mitverschulden der Klägerin oder Umstände, die die Betriebsgefahr des von ihr geführten Fahrzeugs erhöhen würden, seien nicht dargelegt. Für die Einholung des von den Beklagten angebotenen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die Klägerin bei Wahrung der gebotenen Sorgfalt rechtzeitig hätte bremsen bzw. ausweichen können, fehle der Vortrag konkreter Tatsachen, die diese Annahme des beklagten Landes stützen würden.

II.

6
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
7
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1, für dessen Haftpflicht das beklagte Land einzustehen hat, den Verkehrsunfall und den daraus entstandenen Schaden der Klägerin schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er unter Verletzung der gemäß § 10 Satz 1 StVO geforderten Sorgfalt von dem Behördenparkplatz kommend in die F.-Straße nach rechts einbog, ohne den entgegenkommenden Pkw der Klägerin durchfahren zu lassen, die ihr Vorrecht nicht deshalb verloren hatte, weil sie über der Fahrbahnmitte fuhr (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 15/90, VersR 1991, 352; BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72, VersR 1975, 37, 38 f.).
8
a) § 10 Satz 1 StVO legt dem aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Fahrzeugführer gesteigerte Pflichten auf. Die Pflichten werden nicht dadurch gemindert, dass der Vorfahrtsberechtigte unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot die linke Straßenseite benutzt. Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber einem auf eine Straße Einfahrenden gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn. Der aus einem Grundstück kommende Fahrzeugführer hat sich grundsätzlich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber Vorfahrtsberechtigte in diesem Sinne von seinem Recht Gebrauch macht (vgl. Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 15/90, aaO; vom 19. Mai 1981 - VI ZR 8/80, VersR 1981, 837; vom 11. Januar 1977 - VI ZR 268/74, VersR 1977, 524, 526; BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72, aaO mwN; OLG Bamberg, VersR 1987, 1137). Selbst das Befahren der linken Fahrbahn beseitigt nicht die Verpflichtung des Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern (vgl. Henschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 10 StVO Rn. 18).
9
Die Verletzung des Vorfahrtsrechts durch den in die Straße Einfahrenden indiziert sein Verschulden (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 15/90 und BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72 jeweils aaO). Wahrt der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften (Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 15/90, aaO; OLG Karlsruhe, VersR 1977, 673; OLG Frankfurt am Main, VersR 1994, 1203, 1204 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 15. März 1994 - VI ZR 220/93 und OLG Celle, NJW-RR 2003, 1536, 1537; vgl. Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 11. Aufl. Rn. 68; Nugel, DAR 2009, 346, 350). Demgegenüber darf der sich im fließenden Verkehr bewegende Vorfahrtsberechtigte, sofern nicht Anzeichen für eine bestehende Vorfahrtsverletzung sprechen, darauf vertrauen, dass der Einbiegende sein Vorrecht beachten werde (vgl. Senatsurteil vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02, VersR 2003, 783, 785; BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72, aaO).
10
b) Nach diesem im Straßenverkehr allgemein geltenden Vertrauensgrundsatz konnte die Klägerin sich grundsätzlich darauf verlassen, dass der Fahrer des VW-Busses ihr Vorfahrtsrecht beachten und sie vorbeilassen würde, ehe er in die F.-Straße einbiegen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 1954 - VGS 1/54, BGHZ 14, 232, 235 f.; Senatsurteil vom 4. Oktober 1966 - VI ZR 23/65, VersR 1966, 1157; vom 20. Dezember 1966 - VI ZR 3/65, VersR 1967, 283, 284). Soweit der Klägerin der Vertrauensgrundsatz zur Seite stand, brauchte sie nicht vorherzusehen, dass ihre Fahrweise zu einem Unfall führen würde. Sie handelte mithin auch nicht fahrlässig.
11
c) Das Recht sich auf den Vertrauensgrundsatz zu berufen, hat die Klägerin nicht deshalb eingebüßt, weil sie pflichtwidrig zu weit links gefahren ist. Das Rechtsfahrgebot, gegen das die Klägerin nach den insoweit nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts verstoßen hat, soll sicherstellen, dass Fahrzeuge sich gefahrlos begegnen und überholen können. Es dient also dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die sich in Längsrichtung auf derselben Straße bewegen. Hingegen sollen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs solche Verkehrsteilnehmer nicht geschützt werden, die diese Straße überqueren oder - wie der Beklagte zu 1 - in sie einbiegen wollen (vgl. Senat, Urteil vom 4. Februar 1953 - VI ZR 70/52, BGHZ 9, 6, 11 f.; vom 15. November 1966 - VI ZR 57/65, VersR 1967, 157; BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72 aaO). Die Klägerin durfte mithin weiterhin darauf vertrauen, der Beklagte zu 1 werde ihr Vorfahrtsrecht beachten, obwohl sie gegen das Rechtsfahrgebot verstieß.
12
Der Vertrauensgrundsatz gilt zugunsten des Vorfahrtsberechtigten allerdings nicht mehr, sobald dieser aus besonderen Umständen erkennt oder bei gebotener Sorgfalt erkennen kann, dass ihm der Wartepflichtige die Vorfahrt nicht einräumen wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72, aaO mwN). Dabei gilt, dass der Vorfahrtsberechtigte mit der Missachtung seines Vorrechts solange nicht zu rechnen braucht, wie der Wartepflichtige noch die Möglichkeit hat, sein Fahrzeug durch eine gewöhnliche Bremsung rechtzeitig anzuhalten, so dass der Vorfahrtsberechtigte ungefährdet vor ihm vorüberfahren kann. Erst wenn diese Möglichkeit nicht mehr besteht, wird der Unfall für den Vorfahrtsberechtigten vorhersehbar und stellt sich für ihn die Frage der Vermeidbarkeit.
13
Im Streitfall war die Klägerin nicht gehalten, ihr Fahrverhalten zu verändern, sobald für sie der VW-Bus im Bereich der Ausfahrt erkennbar wurde. Es kommt mithin nicht, wie die Revision meint, darauf an, in welcher Entfernung das gegnerische Fahrzeug für die Klägerin bereits zu sehen war. Die Klägerin musste sich nicht bereits bei Erkennbarkeit des gegnerischen Fahrzeugs auf eine Vorfahrtsverletzung durch den Beklagten zu 1 einstellen. Sie durfte darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1 ihr Vorfahrtsrecht beachten würde. Entscheidend ist, ob die Klägerin den Unfall hätte vermeiden können, als sie erkennen musste, dass der Beklagte zu 1 ihre Vorfahrt missachten würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin sowohl eine Schrecksekunde als auch die Reaktions- und Bremsansprechzeit zugute zu halten sind. Bei einer durch die Verkehrssituation gebotenen Verringerung der zulässigen Geschwindigkeit unter das bis dahin zulässige Maß ist dem verkehrsgerecht Fahrenden bei Eintritt der kritischen Verkehrslage stets eine Reaktions- und Bremszeit zuzubilligen (vgl. Senatsurteile vom 23. April 2002 - VI ZR 180/01, VersR 2002, 911, 912 und vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02 aaO, mwN). Tatsachenvortrag dazu, aus welchen Umständen und ab wann die Klägerin auf eine konkrete Gefahrenlage hätte schließen müssen, den das Berufungsgericht verfahrenswidrig außer Acht gelassen hätte, zeigt die Revision nicht auf.
14
2. Danach ist die vom Berufungsgericht fürden vorliegenden Einzelfall vorgenommene Haftungsverteilung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87, VersR 1988, 1238, 1239; vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00, VersR 2002, 613, 615 f. und vom 25. März 2002 - VI ZR 161/02, VersR 2003, 783, 785, jeweils mwN; BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - X ZR 139/96, NJW 2000, 217, 219 und vom 14. September 1999 - X ZR 89/97, NJW 2000, 280, 281 f.). In erster Linie ist hierbei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1998 - VI ZR 59/97, VersR 1998, 474, 475 mwN).
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Diesen Grundsätzen folgt die Abwägung des Berufungsgerichts, ungeachtet der zu weit gefassten Zulassungsfrage. Auf die Zulassungsfrage kommt es im Streitfall nicht an.
16
Die Revision weist selbst darauf hin, dass der Beklagte zu 1 aufgrund seiner Sitzhöhe eine bessere Sichtposition als die Klägerin in ihrem Pkw hatte und offenkundig auf die Straße eingefahren ist, ohne hinreichend auf den von rechts kommenden Verkehr zu achten. Unter diesen Umständen ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht aufgrund des überwiegenden Verursachungsanteils und des Verschuldens des Beklagten zu 1 die Betriebsgefahr des Pkw der vorfahrtsberechtigten Klägerin bei der gemäß § 254 BGB, § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung hat zurücktreten lassen. Erfolglos bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe dem Beweisangebot des Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Vermeidbarkeit des Unfalls für die Klägerin nachgehen müssen (§ 286 ZPO). Wie bereits dargelegt, kommt es nicht darauf an, dass der Unfall im Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Fahrzeugs des Beklagten für die Klägerin vermeidbar gewesen wäre. Nur die Vermeidbarkeit des Unfalls bei Erkennen des verkehrswidrigen Verhaltens des Beklagten zu 1 unter Berücksichtigung der Reaktions- und Bremszeit der Klägerin, wäre bei der Abwägung zu berücksichtigen. Hierzu fehlt aber der erforderliche Tatsachenvortrag.

III.

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Nach alledem muss der Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO der Erfolg versagt bleiben. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 18.11.2009 - 10 O 730/09 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 12.10.2010 - 9 U 214/09 -

(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.

(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen

1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h,
2.
außerhalb geschlossener Ortschaften
a)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger,
cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie
dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
80 km/h,
b)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t,
bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie
cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t100 km/h.Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.

(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.

(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

(1a) Absatz 1 gilt entsprechend für ausländische Beamte, die auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Nacheile oder Observation im Inland berechtigt sind.

(2) Dagegen bedürfen diese Organisationen auch unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 der Erlaubnis,

1.
wenn sie mehr als 30 Kraftfahrzeuge im geschlossenen Verband (§ 27) fahren lassen wollen,
2.
im Übrigen bei jeder sonstigen übermäßigen Straßenbenutzung mit Ausnahme der nach § 29 Absatz 3 Satz 2.

(3) Die Bundeswehr ist über Absatz 2 hinaus auch zu übermäßiger Straßenbenutzung befugt, soweit Vereinbarungen getroffen sind.

(4) Die Beschränkungen der Sonderrechte durch die Absätze 2 und 3 gelten nicht bei Einsätzen anlässlich von Unglücksfällen, Katastrophen und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung sowie in den Fällen der Artikel 91 und 87a Absatz 4 des Grundgesetzes sowie im Verteidigungsfall und im Spannungsfall.

(5) Die Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes sowie der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgenommen Deutschland sind im Falle dringender militärischer Erfordernisse von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, von den Vorschriften des § 29 allerdings nur, soweit für diese Truppen Sonderregelungen oder Vereinbarungen bestehen.

(5a) Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

(6) Fahrzeuge, die dem Bau, der Unterhaltung oder Reinigung der Straßen und Anlagen im Straßenraum oder der Müllabfuhr dienen und durch weiß-rot-weiße Warneinrichtungen gekennzeichnet sind, dürfen auf allen Straßen und Straßenteilen und auf jeder Straßenseite in jeder Richtung zu allen Zeiten fahren und halten, soweit ihr Einsatz dies erfordert, zur Reinigung der Gehwege jedoch nur, wenn die zulässige Gesamtmasse bis zu 2,8 t beträgt. Dasselbe gilt auch für Fahrzeuge zur Reinigung der Gehwege, deren zulässige Gesamtmasse 3,5 t nicht übersteigt und deren Reifeninnendruck nicht mehr als 3 bar beträgt. Dabei ist sicherzustellen, dass keine Beschädigung der Gehwege und der darunter liegenden Versorgungsleitungen erfolgen kann. Personen, die hierbei eingesetzt sind oder Straßen oder in deren Raum befindliche Anlagen zu beaufsichtigen haben, müssen bei ihrer Arbeit außerhalb von Gehwegen und Absperrungen auffällige Warnkleidung tragen.

(7) Messfahrzeuge der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahn (§ 1 des Gesetzes über die Bundesnetzagentur) dürfen auf allen Straßen und Straßenteilen zu allen Zeiten fahren und halten, soweit ihr hoheitlicher Einsatz dies erfordert.

(7a) Fahrzeuge von Unternehmen, die Universaldienstleistungen nach § 11 des Postgesetzes in Verbindung mit § 1 Nummer 1 der Post-Universaldienstleistungsverordnung erbringen oder Fahrzeuge von Unternehmen, die in deren Auftrag diese Universaldienstleistungen erbringen (Subunternehmer), dürfen abweichend von Anlage 2 Nummer 21 (Zeichen 242.1) Fußgängerzonen auch außerhalb der durch Zusatzzeichen angeordneten Zeiten für Anlieger- und Anlieferverkehr benutzen, soweit dies zur zeitgerechten Leerung von Briefkästen oder zur Abholung von Briefen in stationären Einrichtungen erforderlich ist. Ferner dürfen die in Satz 1 genannten Fahrzeuge abweichend von § 12 Absatz 4 Satz 1 und Anlage 2 Nummer 62 (Zeichen 283), Nummer 63 (Zeichen 286) und Nummer 64 (Zeichen 290.1) in einem Bereich von 10 m vor oder hinter einem Briefkasten auf der Fahrbahn auch in zweiter Reihe kurzfristig parken, soweit dies mangels geeigneter anderweitiger Parkmöglichkeiten in diesem Bereich zum Zwecke der Leerung von Briefkästen erforderlich ist. Die Sätze 1 und 2 gelten nur, soweit ein Nachweis zum Erbringen der Universaldienstleistung oder zusätzlich ein Nachweis über die Beauftragung als Subunternehmer im Fahrzeug jederzeit gut sichtbar ausgelegt oder angebracht ist. § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anhang 3 Nummer 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2793) geändert worden ist, ist für die in Satz 1 genannten Fahrzeuge nicht anzuwenden.

(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.

(9) Wer ohne Beifahrer ein Einsatzfahrzeug der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) führt und zur Nutzung des BOS-Funks berechtigt ist, darf unbeschadet der Absätze 1 und 5a abweichend von § 23 Absatz 1a ein Funkgerät oder das Handteil eines Funkgerätes aufnehmen und halten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.