vorgehend
Landgericht München I, 11 O 17404/12, 21.03.2013

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgericht München

9 U 1676/13 Bau

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 21.07.2015

11 O 17404/12 LG München I

In dem Rechtsstreit

...

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Prof. ... Regensburg, Gz.: ...

gegen

...

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .... München

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 9. Zivilsenat - durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Buchner, den Richter am Oberlandesgericht Augsberger und die Richterin am Oberlandesgericht Haumer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21.03.2013, Az. 11 O 17404/12, wird zurückgewiesen.

2. Der Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 44.576,18 € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Klägerin macht Vergütungsansprüche im Rahmen eines Vergabeverfahrens geltend. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Form einer Architektenbietergemeinschaft, bestehend aus zwei Architektenbüros. Sie hat an einem VOF-Verfahren, einer Ausschreibung im Verhandlungsverfahren des Beklagten teilgenommen. Der Beklagte hatte in dem VOF-Verfahren Leistungen der Objektplanung für die Erweiterung eines sonderpädagogischen Förderzentrums in Unterhaching europaweit ausgeschrieben (vgl. Anlage K 1). Mit Einladungsschreiben vom 24.1.2012 teilte der Beklagte über das Ingenieurbüro Hitzler (Anlage K 3) mit, was von den Bietern, und damit auch der Klägerin als mögliche Bieterin, im Verhandlungsverfahren erwartet werde. In dem Einladungsschreiben wurden die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekannt gegeben, unter anderem forderte der Beklagte mit einem zu bewertenden Prozentanteil von jeweils 15% der zu erreichenden Punkte die Anfertigung von (vgl. Anlage K 3):

Einer Ideenskizze zur Variante 1 und

Einer Ideenskizze zur Variante 2

Dabei wurde in der Einladung näher aufgeführt:

„Basierend auf den in Anlage 1 beigefügten Informationen sind Ideenskizzen (gerne auch Handskizzen) für die Planungsvariante anzufertigen: Folgende Ideenskizzen sollten im Rahmen der Power-Point-Präsentation dargestellt werden:

- Städtebauliche Ideenskizze (M: 1:500 oder 1: 1000), Darstellung der Lage der neu zu errichtenden Baukörper in Bezug auf die Bestandsbebauung

- Isometrische Darstellung der einzelnen Baukörper

- Schematische Darstellung der vorgesehenen Bauphasen (...)“

Die Klägerin nahm an der Ausschreibung teil und präsentierte ihre Unterlagen (Anlage K 5). Dabei handelte es sich um eine Präsentation, in der auf ca. 60 Seiten die Bietergemeinschaft, sowohl die personelle Struktur der Bietergemeinschaft als auch drei Referenzobjekte dargestellt wurden. Auf Seite 63-80 präsentierte die Klägerin die geforderten Ideenskizzen zu den zwei Lösungsvarianten. Insgesamt beteiligten sich 7 Bieter an der Ausschreibung (vgl. Anlage K 6). Der Beklagte hatte eingangs des Verhandlungsverfahrens mitgeteilt, dass er lediglich eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen gedenke, in Höhe von 1.500 €.

Die Klagepartei berechnete in der Folgezeit 46.361,18 € an Honorar und stellte diese dem Beklagten in Rechnung. Diese Forderung verfolgte die Klägerin mit der Klage weiter.

Das Landgericht wies die Klage mit Urteil vom 21.3.2013 ab. Über die bezahlte Aufwandsentschädigung hinaus bestehe kein Vergütungsanspruch der Klägerin.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klagepartei ihr ursprüngliches Klageziel auf Honorarzahlung in Höhe von 44.576,18 € unverändert weiter. Dabei rügt die Klägerin vorrangig die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht. Die Klägerin ist der Auffassung, dass § 20 Abs. 3 VOF im vorliegenden Fall eine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung begründet. Die Klägerin habe zwei Ideenskizzen im Rahmen der Ausschreibungspräsentation vorgelegt. Diese Ideenleistungen seien klassische Architektenleistungen. Mit der Ausschreibung habe der Beklagte Lösungsskizzen gem. § 20 Abs. 3 VOF verlangt, diese seien daher nach Maßgabe der HOAI zu vergüten. § 20 Abs. 3 VOF bilde eine eigene Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Honorarforderung. Die Bieter befänden sich bei dem Ausschreibungsverfahren im Akquise-Status. Der Auftraggeber, also der Beklagte, verlange in diesem Fall nicht die Lösung der Planungsaufgabe, sondern er stelle sie dem Bieter gewissermaßen anheim. Durch § 20 Abs. 3 VOF sei sichergestellt, dass keine unentgeltlichen Lösungsvorschläge von den Bietern verlangt werden könnten. Die Klägerin habe klassische Vorplanungen gem. § 33 HOAI erbracht, dementsprechend sei die erbrachte Leistung auch zu vergüten.

Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 26.6.2013:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 21.3.2013 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 44.576,18 € zu bezahlen. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 653,10 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 31.7.2013,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass das Urteil des Landgerichts München I zutreffend sei. Es seien keine Lösungsvorschläge, sondern nur Ideenskizzen verlangt worden. Dabei handle es sich um Unterlagen, die von der gezahlten Aufwandsentschädigung gem. § 13 Abs. 3 VOF abgegolten seien. Im Übrigen beinhalte § 20 VOF eine verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens. Das bedeute, dass Bieter etwaige Verstöße im Vergabeverfahren zu rügen hätten. Die Sperrwirkung der Spezialzuweisung verhindere eine Honorarklage im Zivilrechtsweg. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 3 VOF seien eng auszulegen.

Nur wenn Lösungsvorschläge im Rahmen eines Gesamtkonzepts erbracht werden sollten, bestünde eine Abrechenbarkeit der Leistung nach der HOAI i. V. m. § 20 Abs. 3 VOF. In einem Wettbewerb habe auch nicht jeder Teilnehmer Anspruch auf Vergütung seiner erbrachten Leistung. Es würden Wertungswidersprüche eintreten, wenn bei einem Wettbewerb klassische Architektenleistungen nicht vergütet würden, die bei einem Bieten im Rahmen einer VOF-Ausschreibung nach HOAI zu vergüten wären. Es hätten die Grundsätze des Vergabeverfahrens zu gelten, andernfalls müsse der Beklagte an alle Bieter eine entsprechende Vergütung bezahlen.

Gesamtplanerische Leistungen seien von allen Bietern gerade nicht abverlangt gewesen, vielmehr hätten alle Bieter dieselbe Vorgabe durch die Ausschreibung gehabt.

Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 10.12.13 sowie durch weiteren Beschluss vom 16.6.2014 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Thomas Schmidt. Auf das Gutachten vom 31.3.2914 sowie das Ergänzungsgutachten vom 20.11.2014, wird Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.6.2014 sowie auf das Protokoll vom 19.11.2013.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auf die zutreffenden und rechtlichen Feststellungen des Ersturteils wird nach Maßgabe der folgenden Ausführungen Bezug genommen.

1. Ein Anspruch der Klägerin gem. § 20 Abs. 3 VOF auf Vergütung der erbrachten Leistungen besteht nicht.

Der Beklagte führte hier einen sog. Teilnahmewettbewerb, also ein Verhandlungsverfahren durch, § 3 Abs. 1 und 2 VOF. Das Verfahren endet mit einem Zuschlag für den Bieter, § 11 Abs. 6 VOF. Die Ausschreibung erfolgte europaweit. An dem Verfahren nahmen insgesamt 7 Bieter teil. § 20 Abs. 3 VOF begründet keinen Anspruch der Klägerin auf das eingeforderte Honorar. Im Rahmen der VOF stellt § 20 VOF eine Ausformung des § 11 VOF dar, er ist eine ergänzende Regelung (Harr in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar 3. Auflage 2014, 9. Los/Rn. 1). Er soll die Grundlagen liefern, die für die Vergabeentscheidung notwendig ist (Voppel/Osenbrück/Bubert VOF 3. Auflage 2012, § 20 Rn. 1). Die durchgeführte Ausschreibung erfolgte im Verhandlungsverfahren.

Dieses Verfahren ist vom Planungswettbewerb nach § 15 ff. VOF abzugrenzen. Im Rahmen eines Planungswettbewerbes werden Lösungsvorschläge nicht gesondert vergütet. Nach § 20 Abs. 2 S. 2 VOF darf die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen in einem Planungswettbewerb nach § 15 VOF verlangt werden. Im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens, das keinen Wettbewerb darstellt, ist die Forderung ebenfalls zulässig, zieht aber eine zusätzliche Vergütung nach sich, § 20 Abs. 3 VOF (Willenbruch/Wieddekind-Harr, 9. Los/Rn. 17). Diese Vergütung würde dann zwingend nach HOAI zu bestimmen sein. Insofern begründet § 20 Abs. 3 eine eigene Anspruchsgrundlage, durch den Hinweis auf die Vergütung stellt sich diese als Rechtsfolgenverweisung dar (so auch Voppel/Osenbrück/Bubert, § 20 VOF, Rn. 18). Da ein Vertrag aufgrund der Besonderheiten des Vergabeverfahrens in diesem Stadium noch nicht gegeben ist, müsste entsprechend § 20 Abs. 3 VOF die erbrachte Leistung anhand der Leistungsstufen der HOAI ermittelt und vergütet werden. Es handelt sich bei § 20 Abs. 3 VOF um eine eigene Anspruchsgrundlage (so auch Voppel/Osenbrück/Bubert, a. a. O.), da sich die dort ausgesprochene Verpflichtung direkt auf die Vergütung und nicht eine Zwischenmaßnahme, wie Festsetzung der Vergütung richtet.

2. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 VOF sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben.

a) § 20 VOF ist im Gesamtzusammenhang der VOF und deren Verfahrensregelungen zu sehen. In der VOF sind zwei Formen der Ausschreibung vorgesehen. So gibt es das sogenannte Verhandlungsverfahren sowie eine Ausschreibung mittels eines Planungswettbewerbs. Ersteres richtet sich nach den §§ 4 ff. VOF, der Planungswettbewerb ist in den §§ 15 ff. VOF geregelt.

Für den Fall des Verhandlungsverfahrens ist keine Vergütung, sondern eine Aufwandsentschädigung vorgesehen, § 13 Abs. 3 VOF. Damit soll das Verhandlungsverfahren grundsätzlich erfasst sein. Für den Fall des Planungswettbewerbs gibt § 16 VOF vor, dass der ausgelobte Preis nach der jeweiligen Honorarordnung angemessen sein soll. Für den Fall des Planungswettbewerbs soll keine gesonderte Vergütung anfallen, weil das Preisgeld gem. § 16 VOF auf alle Preisträger umgelegt wird und so eine „angemessene“ Vergütung der Bieter erreicht werden kann. Dabei soll sich der ausgelobte Preis an den Honorarordnungen orientieren. Jedoch erhalten nur diejenigen, die Preisträger sind, auch eine Beteiligung an dem ausgelobten Preisgeld. Für den Fall, dass konkrete Lösungsansätze durch den Auftraggeber verlangt werden, gibt § 20 VOF die Konsequenzen vor, also dass bei einer Auslobung eines Preisgeldes keine weitere Vergütung für das Erstellen von Lösungsvorschlägen erfolgt. Insbesondere sieht § 20 Abs. 2 VOF vor, dass für ungeforderte Lösungsvorschläge keine Vergütung entstehen soll. Diese Vorschrift hat vor allem den Sinn, dass sich alle Bieter darauf verlassen können, dass die Anforderungen vom Auftraggeber abschließend festgelegt sind und sie hinreichend leisten, wenn sie dem nachkommen (Voppel/Osenbrück/Bubert, Kommentar zur VOF, § 20 Rn. 14)

Da § 13 Abs. 3 VOF aber für das Verhandlungsverfahren nur eine Aufwandsentschädigung regelt, soll für das Verlangen von Lösungsvorschlägen in diesen Verfahren dann eine gesonderte Vergütung nach den Regeln der HOAI in Betracht kommen. Deutlich wird durch die genannten Vorschriften, dass vom Verordnungsgeber die Vergütung nach HOAI nicht als der Regelfall, sondern als Ausnahmetatbestand konzipiert wurde. Wäre die klassische Vergütung im Ausschreibungverfahren eine Abrechnung nach HOAI, hätte dies bereits bei den jeweiligen Ausschreibungsarten aufgenommen werden können. Voraussetzung einer Vergütung nach § 20 Abs. 3 VOF soll sein, dass sich bei dem verlangten Lösungsvorschlag um eine qualitativ und quantitativ höherwertige Leistung handelt, als eine branchenübliche Bewerbungsleistung (Koeble in Locher/Koeble/Fink, HOAI, 12. Auflage, 2014, Einleitung Rn. 47, a.A. Orlowski, BauR 2012, 1554).

Dabei ist wesentlich für das Vergabeverfahren, dass dort die Architektenleistung nämlich nicht auf Basis einer synallagmatischen vertraglichen Bindung erbracht wird, sondern es sich um eine Auftragsakquisition des Architekten handelt, für die diesem eine vom potentiellen Auftraggeber einseitig festgesetzte Vergütung zufließt (OLG München Verg 5/13 unter Hinweis auf Willenbruch, Vergaberecht, 2. Auflage, Rn. 21 zu § 20 VOF). Die Teilnahme an einem Wettbewerb ist freiwillig. Bloße Akquisehandlungen lösen noch keinen Vergütungsanspruch des Architekten aus. Der Auftragnehmer erbringt in der Akquise Leistungen mit dem Ziel, einen potentiellen Auftraggeber zu einem Abschluss des Vertrages zu bewegen (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Auflage 2013, Einführung, Rn. 123). Die Akquisephase kann sehr weit gefasst sein, sie kann bis in die Leistungsphasen 3 und 4 hineinreichen (OLG Hamm, NJW-RR 1990, 91).

b) Es fehlt aber vorliegend an einer Verwirklichung des § 20 Abs. 3 VOF. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind nicht gegeben. Zwar wäre der Beklagte grundsätzlich ein Auftraggeber im Sinne der Vorschrift, da von ihm die Ausschreibung durchgeführt wurde.

Voraussetzung für einen Anspruch ist jedoch, dass ein Lösungsvorschlag durch den Auftragnehmer auf Verlangen durch diesen erstellt wird. Ein solches Verlangen wird durch die reine Ausschreibung durch den Beklagten im Verhandlungsverfahren nicht begründet.

Nach Auffassung des Senates bezog sich die Formulierung „Ideenskizze“ in den Ausschreibungsunterlagen nicht auf einen Lösungsvorschlag. Bei dieser Frage, ob ein tatsächlicher Sachverhalt, wie eine Formulierung in Ausschreibungsunterlagen als Verlangen eines Lösungsvorschlag zu qualifizieren ist, handelt es sich um eine zu klärende Rechtsfrage.

Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Klägerin durch die Vorgaben gestellt wurden, erholte der Senat ein Sachverständigengutachten. Der Sachverständige führte aus, dass es sich bei den durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen um klassische Architektenleistungen handelte. Es waren Planungskonzepte zu erstellen, die grundsätzlich nach der HOAI abzurechnen seien, nämlich LPH2d und 2 f der Anlage 11 zu § 33 HOAI. Insoweit wird auf die Sachverständigengutachten Bezug genommen. Der Sachverständige erläuterte in seinem Gutachten auch, was unter einer städtebaulichen Ideenskizze aus seiner Sicht zu verstehen sei. Darunter fallen aus Sicht des Sachverständigen auch Darstellungen der Baukörperanordnungen und Ausformung mit ihrem Bezug zum Umfeld, wie sie im konkreten Fall erbracht werden. Diese entstünden aus einem Planungskonzept, welche der Leistungsphase 2 d-f der Anlage 11 zu § 33 HOAI zuzuordnen seien.

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Anforderungen in der Ausschreibung nicht auf einen Lösungsvorschlag im Sinne von § 20 VOF abzielten. Zwar sind die zu erbringenden Leistungen im Rahmen der Ausschreibung durchaus abrechnungsfähig, aber stellen noch kein planerisches Gesamtkonzept dar. Vielmehr wird die vorgegebene Variante punktuell umgesetzt. Auch wenn der Sachverständige grundsätzlich eine Einordnung in die Leistungsphase 2 der HOAI für gegeben hält, so fehlt es für das konkrete Vorhaben an einem gesamtplanerischen Konzept, welches im Übrigen auch nicht durch den Beklagten gefordert war.

c) Jedenfalls war ein solcher Lösungsvorschlag hier vom Beklagten nicht verlangt im Sinne von § 20 Abs. 3 VOF. Da ein solches Verlangen Honoraransprüche nach § 20 Abs. 3 VOF auslösen kann, ist der Tatbestand des § 20 Abs. 3 VOF eng auszulegen. Der Verordnungsgeber wollte mit der Vorschrift lediglich der Tendenz entgegenwirken, dass Auftraggeber im Vorfeld von Auswahlverfahren und Auftragsverhandlungen vorvertraglich Leistungen der Bewerber zur Erledigung der Auftraggeberaufgaben nach DIN 18205 oder weitergehende Architekten- und Ingenieurleistungen anfordern und ohne Vergütung entgegennehmen oder Bewerber die Ergebnisse solcher Leistungen zur Verbesserung ihrer Auftragschancen von sich aus ohne Vergütung vorlegen (Kaufhold, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen ober- und unterhalb der Schwellenwerte, 2. Auflage 2012, § 20 VOF 2009, Rdnr. 9). Die Vorschrift sollte die Gleichbehandlung aller Bieter sicherstellen und eine Mitwirkung auch für kleinere und mittelgroße Büros ermöglichen.

Um exorbitante Kosten eines Verhandlungsverfahrens zu verhindern, muss die Leistung gem. § 20 Abs. 3 VOF dann aber ausdrücklich verlangt werden und sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr sein als eine branchenübliche Bewerbungsleistung (OLG Koblenz, Beck RS 2014, 00951, Entscheidung vom 20.12.2013, 8 U 1341/12). Da ein solches Verlangen gem. § 20 Abs. 3 VOF Honoraransprüche auslöst und eine Forderung nach HOAI außerhalb des Vergabeverfahrens einen Architektenvertrag voraussetzt, muss dieses Verlangen eindeutig sein und einen rechtsverbindlichen Charakter aufweisen. Aus dem Verlangen muss sich für den Empfänger eindeutig ein entsprechender Rechtsbindungswillen erkennen lassen. Das Verlangen, Lösungsvorschläge auszuarbeiten, ist keine nach § 657 BGB zu beurteilende Auslobung, sondern eine empfangsbedürftige, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegenden Willenserklärung (OLG Koblenz, Urteil vom 6.7.2012, 8 U 45/11,), die sich an die Teilnehmer des Vergabeverfahrens richten muss (Müller-Wrede/Hebel, VOF, 4. Auflage 2011, Rn. 18). Das Verlangen setzt damit den entsprechenden Rechtsbindungswillen der Auftraggeber voraus. Eine Vergütung kommt daher nicht in Betracht, wenn lediglich eine projektbezogene Präsentation des Angebots verlangt wird (vgl. OLG Koblenz, a. a. O. Vergabekammer Südbayern, VPR 2013, 2945). Andernfalls würden auch im Verhandlungsverfahren eine Vielzahl von Vergütungsansprüchen einer unübersehbaren Zahl von Bewerbern entstehen. Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass ein öffentlicher Auftraggeber diese Folge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit einer Mehrzahl von Bietern regelmäßig nicht herbeiführen will. Darauf haben sich auch die betreffenden Verkehrskreise einzustellen (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil v. 20.12.2013, 8 U 1341/12, BeckRS 2014, 00951).

In der Formulierung „Ideenskizze, gerne auch Handskizze“ ist ein Verlangen nach einem ausgearbeiteten Lösungsvorschlag nicht eindeutig erkennbar. Ergeben sich für den Bieter Zweifel, ob die abzugebende Bieterleistung bereits als Lösungsvorschlag zu qualifizieren ist, so sind Zweifel mit dem Auftraggeber zu klären (vgl. OLG Koblenz, Urteil v. 20.12.2013, a. a. O.). Das war hier im konkreten Fall auch erfolgt, denn auf Nachfrage war der Klägerin durch den Beklagten mitgeteilt worden, dass für die Bieterunterlagen lediglich eine Aufwandsentschädigung bezahlt werden würde. In der Ausschreibung an sich ist ein Erklärungsbewusstsein hinsichtlich einer nach § 20 Abs. 3 VOF zu vergütenden Leistung nicht zu erkennen. Die reine Entgegennahme von Leistungen reicht regelmäßig für die Annahme eines Rechtsbindungswillens in der einseitigen Erklärung, den man für § 20 Abs. 3 VOF voraussetzen muss, nicht aus. Zudem hat hier der Beklagte überdies den Willen, keine Architektenleistungen zu verlangen, deutlich zum Ausdruck gebracht.

d) Es kann in der Ausschreibung allein auch kein schlüssiges „Verlangen“ erkannt werden. Die Ausschreibung allein begründet kein Verlangen gem. § 20 Abs. 3 VOF mit honorarrechtlichen Konsequenzen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Übrigen für die Anwendung der HOAI eine Beauftragung des Architekten erforderlich ist, die durch ausdrückliches oder konkludentes Verhalten erfolgen kann. An ein Verlangen im Sinne von § 20 Abs. 3 VOF, welches die gleichen Folgen, nämlich einen nicht unerheblichen Vergütungsanspruch, nach sich zieht, muss ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein beim Auftraggeber erwartet werden. Ein solches ist hier nicht erkennbar. Zum einen hat die Beklagte auf Rückfrage der Klägerin ausdrücklich auf die Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.500 € hingewiesen und weitere Vergütung ausgeschlossen. Zum anderen lässt sich ein solches Erklärungsbewusstsein auch nicht allein aus der Ausschreibung herleiten. Soweit einem tatsächlichen Verhalten auch ohne ein solches Erklärungsbewusstsein oder ohne einen Rechtsbindungswillen die Wirkungen einer Willenserklärung beigelegt werden (vgl. BGHZ NJW 1984, 2279; BGH NJW 1990, 454; BGH NJW 2010, 1585), geschieht dies zum Schütze des redlichen Rechtsverkehrs und setzt einen Zurechnungsgrund voraus. Ein solcher liegt nur vor, wenn ein sich in missverständlicher Weise Verhaltender bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass die in seinem Verhalten liegende Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, NJW 1995, 953 m.w.Nachw.) Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Es handelte sich um ein übliches Verhandlungsverfahren, es ergaben sich für die Klägerin keine Besonderheiten, aus denen sich eine gesonderte Vergütung herleiten ließe. Auf die erfolgte Nachfrage ergaben sich für die Klägerin auch keine gesonderten, vertrauensschaffenden Umstände.

Der Senat ist im Übrigen in Anschluss an die Entscheidung des OLG München vom 20.3.2013, Verg 5/13 der Auffassung, dass es sich auch bei § 20 Abs. 3 VOF um eine Vorschrift handelt, die dem Vergaberecht zuzuordnen ist. § 97 GWB, auf dessen Grundlage die VOF erlassen wurde, regelt das Vergabeverfahren. Nach § 97 GWB kann der Gesetzgeber nur nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren regeln. Es ist bereits fraglich, ob die Klage auf Honorar gem. § 20 Abs. 3 VOF vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann. (vgl. Stolz, VergabeR 2013, Heft 2a, S. 300). Deswegen wäre die Frage, ob hier gegebenenfalls fehlerhaft ausgeschrieben wurde und mit der Ausschreibung bereits Lösungsvorschläge verlangt worden, im Rechtsweg des Vergabeverfahrens zu klären. Notwendig wäre also eine Rüge nach § 107 Abs. 2 GWB und die Durchführung eines entsprechenden Nachprüfungsverfahrens. Das würde bedeuten, dass der Bieter den Verstoß nach § 107 Abs. 3 GWB rügen müsste und auf Einhaltung einer ordnungsgem. Ausschreibung bei der Vergabekammer hinwirken müsste, hier mit dem Hinweis, dass die vorgesehene Aufwandsentschädigung nicht der abzuliefernden Planungsleistung entspricht. Eine solche Rüge erfolgte im konkreten Fall nicht. Im Fall der Nichtabhilfe müsste die Einhaltung der Ausschreibungsregeln im Vergabeverfahren durchgesetzt werden. Die Frage kann hier aber dahinstehen, da ein Anspruch der Klägerin nach den vorherigen Ausführungen ohnehin nicht aus § 20 Abs. 3 VOF herleiten lässt.

Wird § 20 Abs. 3 VOF als Verfahrensvorschrift des Vergabeverfahrens angesehen, muss der Bieter Verstöße dort rügen. Versäumt er dies, so verhindert die Sperrwirkung der Spezialzuweisung eine an das Vergabeverfahren anschließende Honorarklage (OLG München v. 20.3.13, Verg. 5/13).

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO

Die Revision war nicht zuzulassen, da nicht von den Entscheidungen des Bundesgerichthofs oder anderer Oberlandesgerichte abgewichen wurde. Es handelt sich auch nicht um Entscheidung mit grundsätzlicher Bedeutung.

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

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Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind die Kosten der Baukonstruktion anrechenbar.

(2) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht,

1.
vollständig anrechenbar bis zu einem Betrag von 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und
2.
zur Hälfte anrechenbar mit dem Betrag, der 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigt.

(3) Nicht anrechenbar sind insbesondere die Kosten für das Herrichten, für die nichtöffentliche Erschließung sowie für Leistungen zur Ausstattung und zu Kunstwerken, soweit der Auftragnehmer die Leistungen weder plant noch bei der Beschaffung mitwirkt oder ihre Ausführung oder ihren Einbau fachlich überwacht.

Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.


Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Dezember 2010 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die durch die Streithilfe verursachten Kosten zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um zusätzliche Vergütungen für Planungsleistungen der Klägerin im Rahmen eines Vergabeverfahrens.

2

Die Klägerin ist eine Bietergemeinschaft, die sich neben vier weiteren Bewerbern an einer von der Beklagten europaweit ausgeschriebenen Vergabe eines Generalplanerauftrages für die energetische Sanierung der studentischen Wohnanlagen ...[A I] und ...[A II] sowie im ...[B] in …[Z] beteiligte. Die Streithelferin der Beklagten führte das Vergabeverfahren für die Beklagte durch. Die öffentliche Ausschreibung des Vergabeverfahrens war mit Bekanntmachung Nr. 2008/S17-021824 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 25. Januar 2008 als sog. Verhandlungsverfahren mit vorhergehendem Teilnahmewettbewerb gemäß der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) erfolgt (Anlage 11). Dort teilt die Beklagte als zusätzliche Information unter Abschnitt VI. 3) Satz 4 Folgendes mit:

3

„Von den zur Verhandlung aufgeforderten ausgewählten Bewerbern wird unter Berücksichtigung der Sicherstellung der energetischen Teilnahmevoraussetzungen am Modellvorhaben Niedrigenergiehaus im Bestand 3. Projektphase der Deutschen Energieagentur die Ausarbeitung eines Lösungsvorschlages nach § 24 VOF abgefragt“.

4

Nach Durchführung des Teilnahmewettbewerbs forderte die Beklagte die Klägerin durch die Streithelferin mit Schreiben vom 11. März 2008 (Anlage K 1 - Bl.19 f. GA) im Rahmen des Verhandlungsverfahrens auf, „ein schriftliches Angebot für die ausgeschriebenen Generalplanerleistungen abzugeben.“

5

Unter Ziffer 4 (Bl. 20 GA) sind folgende - prozentual unterschiedlich gewichtete - Zuschlagskriterien aufgeführt:

6

4.1 Risikoarmes Sanierungskonzept

     - Erfüllung der KfW-Kriterien

     - Erfüllung der Maßgaben des Modellvorhabens

4.2 Architektonisches Konzept

4.3 Techn.-Organisatorisches Konzept

4.4 Einsatz von umweltschonender Technologie

4.5 Honorar

5. Zur abschließenden Beurteilung Ihres Angebotes wird (ausschließlich) Ihrem Projektleiter (&) Gelegenheit zu einer dreiviertelstündigen Präsentation gegeben (&)

7

Als Anlagen waren die Bewerbungsbedingungen, die Aufgaben- und Leistungsbeschreibungen, der Generalplanervertrag: Leistungsbeschreibung und Honorarermittlung beigefügt. In Anlage 2 zur Angebotsaufforderung ist folgende Aufgaben-/Leistungsbeschreibung enthalten:

8

1. Energetisches Sanierungskonzept nach den Maßgaben des Modellvorhabens „Niedrigenergiehaus im Bestand, 3. Projektphase“ für die Liegenschaften:

9

...[A I]

...[A II], Haus 38

Im ...[B]

10

Darzustellen sind für jede Liegenschaft (max. DIN A3):

11

Regelgrundriss     

M 1: 200

Systemschnitt

M 1: 20

Fassadendetail

M 1: 20

12

2. Geeigneter Rechnerischer Nachweis der Maßgaben (tabellarische Angaben H, Q Q) durch z.B. EnEV 07 - Berechnungen und Nachweis von Detaillösungen.

13

3. Erfüllung der Förderkriterien der KfW-Förderbank

14

4. Kostenschätzung für das Sanierungskonzept nach DIN 276

15

5. Zeitablaufplan für die Umsetzung der Sanierung

16

6. Bestätigung der Parameter der Honorarermittlung nach HOAI für die Generalplanerleistung (Anlage 3.2)

17

In Ziffer 2.3 der Bewerbungsbedingungen zur Angebotsaufforderung vom 11. März 2008 hatte die Beklagte eine pauschale Entschädigung für die Bearbeitung des Angebots und eine angemessene Präsentation in Höhe von 4.000,-- € brutto im Falle der Nichtbeauftragung festgelegt.

18

Nach Beantwortung etlicher Bewerberanfragen (Anlage K 15) gab die Klägerin mit Schreiben vom 18. April 2008 ihr Angebot ab (Anlagen K 2 und 3, 13 „Erläuterungen zu den vom Auslober geforderten Planungsleistungen“) und übersandte entsprechende Unterlagen - Bl. 21ff. GA). Erläuternd wies sie auf Folgendes hin:

19

„Zur Bestandserfassung können in der Planungsphase (z.B. Brandschutz, Tragwerksplanung, Verfahren) Bauwerkserkundungen vor Ort erforderlich werden. Diese Erkundungsarbeiten und ggf. erforderliche Materialprüfungen werden vom Generalplaner festgelegt und koordiniert. Die Beauftragung und Vergütung der dafür benötigten Unternehmen erfolgt direkt durch den Bauherrn. Um unser Kosten- und Planungskonzept abzusichern sind weitergehende Informationen über die Bestandsplanung, den Bauwerkszustand, vorliegende Projektunterlagen/Anträge etc. erforderlich. Insofern stehen unsere hier vorgelegten Unterlagen im Auftragsfall unter dem Vorbehalt einer diesbezüglichen Prüfung und Anpassung durch unser Planungsteam.

20

Die Beklagte bat die Klägerin durch die Streithelferin mit Schreiben vom 16. Juli 2008 (Anlage K 4 - Bl.26 GA) angesichts der drei Bauabschnitte und der genannten Baubeginndaten, das Angebot hinsichtlich der Kostenschätzung und des Honorarangebotes zu aktualisieren.

21

Am 4. August 2008 nahm die Klägerin an einem Verhandlungs- und Präsentationstermin teil.

22

Mit Schreiben vom 6. August 2008 (Anlage K 5 - Bl.25 GA) wurde die Klägerin gebeten, die Kostenschätzung im Hinblick auf KFW-förderfähige Kosten sowie nicht KFW-förderfähige Kosten zu modifizieren.

23

Der Zuschlag erfolgte an einen Mitbewerber, die „...[C]“.

24

Mit Schreiben vom 12. Februar 2009 teilte die Beklagte der Klägerin auf Anfrage die Einzelheiten der Siegerbewertung mit (Anlage K 7 - Bl. 27 GA).

25

Mit Rechnung vom 2. April 2009 verlangte die Klägerin neben der mit selben Datum fakturierten Pauschalvergütung (Anlage B 1 Bl. 56 GA) für den Fall der Nichtberücksichtigung von der Beklagten „für geforderte Planungsleistungen“ eine Vergütung in Höhe von 141.727,13 €, die sich auf die Bereiche Objektplanung, Tragwerksplanung inkl. Konstruktiver Brandschutz, Leistungen der technischen Ausrüstungen, Wärmeschutz und Schallschutz bezog (Anlage K 8 - Bl.34 GA).

26

Die Klägerin die ihren Anspruch auf § 24 Abs. 3 VOF 2006 gestützt hat, hat vorgetragen:

27

Bereits die von der Beklagten ausgeschriebene Leistung habe die Bereiche der Objektplanung, der Tragwerksplanung, der technischen Gebäudeausrüstung sowie des Wärme- und Schallschutzes betroffen. Dies folge auch aus der Ausschreibung (Ziffer VI.3), wonach die Ausarbeitung eines Lösungsvorschlages nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 habe abgefragt werden sollen. Mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots am 11. März 2008 seien bereits grundlegende interdisziplinäre Planungen und Berechnungen als HOAI-Leistungen abgefordert worden. Erst recht seien später dann mit den Aktualisierungen weitere planerische Leistungen verlangt worden. So sei die Kostenschätzung nach DIN 276 komplett neu aufzugliedern gewesen, was eine Tätigkeit der Leistungsphase 2 (Kostenschätzung) darstelle. Ebenso verhalte es sich mit der Anpassung des Bauablaufs. Darüber hinaus hätten Antworten der Beklagten auf Rückfragen von insgesamt sechs konkurrierenden Bietern in das Angebot integriert werden müssen.

28

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 (Bl.119 ff. GA) ergänzend vorgetragen, dass Planungsleistungen im Sinne des § 24 Abs. 3 VOF 2006 abgefordert worden seien. Das Landgericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2010 (Bl.120 f. GA) darauf hingewiesen, dass „der Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 im Hinblick auf §§ 296, 282 Abs. 2 ZPO verspätet sein dürfte“. Dem Klägervertreter wurde auf diesen Hinweis des Gerichts ein Schriftsatznachlass eingeräumt.

29

Sie hat beantragt,

30

die Beklagte zu verurteilen, an sie 141.727,13 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2009 zu zahlen.

31

Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt,

32

die Klage abzuweisen.

33

Sie haben die Ansicht vertreten,
dass es sich bei § 24 Abs. 3 VOF 2006 nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage handele und im Übrigen vorgetragen, es seien keine Planungsaufgaben abgefordert worden. Weder mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe noch durch die späteren Nachforderungen sei es zur Abforderung von Leistungen i.S. d. § 24 Abs. 3 VOF 2006 gekommen. Die Nachforderungen seien allein aus der Notwendigkeit heraus entstanden, Missverständnisse und Fehler im Angebot auszuräumen sowie Begrifflichkeiten und technische Zusammenhänge ergänzend zu erläutern. Die Klägerin verhalte sich auch treuwidrig, denn sie habe die pauschale Aufwandsentschädigung von 4.000,-- € akzeptiert und auch abgerechnet. Eine zusätzliche Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI sei zumindest widersprüchlich. Im Übrigen erschließe sich nicht, welche über die Bearbeitung des Angebots sowie die Präsentation hinausgehenden Planungsleistungen die Klägerin erbracht habe.

34

Die späteren Aktualisierungen und Präzisierungen des Angebots seien ebenfalls nicht als darüber hinausgehende Planungsleistungen anzusehen. Des Weiteren sei nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin ihr Honorar berechne. Die Rechnung vom 2. April 2009 (Anlage K 8 - Bl. 34 GA) entspreche nicht den Vorgaben der HOAI.

35

Mit Schriftsatz vom 10. November 2010 (Bl.166 ff. GA) hat die Klägerin die Klage auf der Grundlage einer Rechnung vom 8. November 2010 (Anlage K 21) auf 145.525,84 € erhöht und zur Prüffähigkeit der Rechnung vom 2. April 2009/26. Januar 2010 und zu den einzelnen Honoraransprüchen vorgetragen. Unter III. (Bl 227 ff. GA) werden die abgeforderten Lösungsvorschläge dargelegt. Der Vorsitzende der Zivilkammer hat durch Verfügung vom 11. November 2010 (Bl.161R GA) darauf hingewiesen, dass der Antrag vom 10. November 2010 nicht mehr berücksichtigt werde. Hiergegen richtete sich die Gegenvorstellung der Klägerin vom 18. November 2010 (Bl.240 ff. GA).

36

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 8. Dezember 2010, auf dessen Feststellungen im Übrigen verwiesen wird, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, die Klage abgewiesen. Zwar ist nach der Auffassung des Landgerichts § 24 Abs. 3 VOF 2006 eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Dessen Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Ein Abfordern von Lösungsvorschlägen für die Planungsaufgabe im Sinne der Vorschrift sei aber nicht dargetan. So sei im Schreiben der Beklagten vom 11. März 2008 lediglich von Konzepten, nicht von Planungen die Rede. Gerade dort wäre aber die - im Einzelnen zu konkretisierende - Forderung nach der Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen der Planungsaufgabe aufzunehmen gewesen. Auf eine solche Konkretisierung durch die Beklagte habe die Klägerin bestehen müssen. Das Gegenteil sei vorliegend der Fall. Ausweislich des Begleitschreibens für die Abgabe eines Angebots sei gerade seitens der Klägerin - aus ihrer eigenen Sicht - auch nicht mehr geleistet worden, denn es sei in diesem Schreiben ausdrücklich von Konzepten die Rede. Angesichts der Einschränkungen zur Vorläufigkeit sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte ersichtlich nur von vorläufigen Konzepten und nicht von vergütungspflichtigen Lösungsvorschlägen der Planungsaufgabe ausgegangen sei. Außerdem sei der Vortrag zum Erfordernis des Abforderns von vergütungspflichtigen Lösungsvorschlägen auch nicht hinreichend.

37

Selbst wenn die Klägerin alle diese nunmehr bezeichneten Unterlagen bei der Beklagten eingereicht habe und man unterstelle, es habe sich um für eine Vergütungspflicht nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 geeignete Unterlagen gehandelt, so fehle es trotzdem an dem Vortrag der Klägerin, dass die Klägerin gerade diese Leistungen abgefordert habe.

38

So stelle weder die im Schreiben vom 16. Juli 2008 geforderte Präzisierung des Angebots im Hinblick auf die relevanten Baubeginndaten, die ausdrücklich als „Aktualisierung Ihres Angebots" bezeichnet worden seien, noch die Modifizierung der Kostenschätzung im Hinblick auf KFW-förderfähige und nicht förderfähige Kosten eine Leistungsabforderung mit eigenständigem und erheblichem Charakter dar. Aus dem Sinn und Zweck des § 24 Abs.3 2006 - eigenständige Anspruchsgrundlage mit Ausnahmecharakter - ergebe sich, dass bloße Ergänzungen und Aktualisierungen der Angebotsunterlage keine Vergütungspflicht nach der HOAI auslösen sollen. Ein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht nicht gesehen.

39

Gegen dieses, ihr am 13. Dezember 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Januar 2011 eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie die Zahlung von 145.525,84 € aus der Rechnung vom 08. November 2010 verlangt. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags führt sie zur Begründung führt aus:

40

Es handele sich um eine unzulässige Überraschungsentscheidung. Das Landgericht stütze sein klageabweisendes Urteil allein darauf, dass Vortrag dazu fehle, die Beklagte habe „Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe abgefordert“. Diese Frage sei im Rahmen der gewechselten Schriftsätze nie problematisiert worden. Das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung nur darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz vom 27. Oktober 2010 möglicherweise verspätet und nicht dargelegt sei, dass sie Planungsleistungen im Sinne des § 24 Abs. 3 VOF 2006 erbracht habe und mangels prüffähiger Honorarrechnung die Höhe des Honoraranspruches nicht schlüssig dargelegt sei. Auf diese Hinweise habe sie mit ihrem Schriftsatz reagiert. Hätte das Landgericht darauf hingewiesen, dass es die Angaben für das Abfordern als nicht ausreichend angesehen hat, hätte sie Folgendes vorgetragen:

41

Die Beklagte habe ein energetisches Sanierungskonzept gefordert, das den Maßgaben des Modellhauses „Niedrigenergiehaus im Bestand, 3. Projektphase“ der Deutschen Energie-Agentur (DENA) entspricht. Um diese Leistung erfüllen zu können, habe die sie konkrete Lösungen nach §§ 15 (Objektplanung für Gebäude), 64 (Tragwerksplanung), 73 (Technische Ausrüstung), 77 (Thermische Bauphysik) HOAI a.F. entwickeln müssen, um die von der DENA vorgegebenen Standards entsprechen. Im Übrigen werde lediglich eine neue Honorarrechnung vorgelegt. Dies sei auch in der Berufungsinstanz möglich.

42

Zuletzt vertritt sie die Ansicht, es sei unzutreffend den Begriff der Planungsleistungen in § 24 Abs. 3 VOF 2006 bereits auf der Tatbestandsebene zu beschränken und Planungskonzepte auszunehmen. Hinzu komme, dass der Begriff des Konzepts seiner wahren Wortbedeutung nach synonym und nicht etwa als "Minus" zur Planung zu verstehen sei.

43

Sie beantragt,

44

unter Abänderung des am 8. Dezember 2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Mainz, Az. 9 O 162/10, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 145.525,84 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2009 aus einem Betrag in Höhe von 141.727,13 € sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 3.798,71 € seit Zustellung des Berufungsbegründungsschriftsatzes zu zahlen.

45

Die Beklagte beantragt wie die Streithelfer und die Streithelferin,

46

die Berufung zurückzuweisen.

47

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

48

Zum weiteren Berufungsvorbringen der Parteien wird auf die in II. Instanz gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

II.

49

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

50

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Verletzung des Rechts noch rechtfertigen die vom Landgericht festgestellten Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).

1.

51

Das Landgericht hat nicht gegen seine sich aus § 139 Abs. 1 ZPO ergebende Hinweispflicht verstoßen. Anders als die Klägerin meint, hat das Landgericht seine Entscheidung nämlich nicht darauf gestützt, dass die Klägerin nicht zum Abfordern von Lösungsvorschlägen vorgetragen habe, sondern darauf, dass keine Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe sondern lediglich Konzepte verlangt worden seien. Da die Beklagte das aber bereits mit der Klagerwiderung (Seite 4 - Bl. 51 GA) und später unter Hinweis auf das bloße Vorliegen der Anlagen K1, 4 und 5 (Bl. 101 GA) bestritten hat, konnte die Klägerin hierzu, ohne dass es eines besonderen Hinweises bedurft hätte, vortragen, was aber bis zum Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 unterblieb.

2.

52

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der in I. Instanz festgestellten Tatsachen aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt - einzig denkbar ist ein Anspruch aus § 24 Abs. 3 VOF 2006 - zu.

53

§ 24 Abs. 3 VOF 2006 stellt allerdings eine eigene Anspruchsgrundlage dar. Die VOF 2006 findet im vorliegenden Fall in der Fassung vom 16. März 2006 Anwendung. § 24 Abs. 3 VOF 2006 ordnet - auf der Grundlage von § 97 Abs. 6 GWB als sonstige Frage des Vergabeverfahrens - die Vergütung für Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe an; ohne diese Anordnung bestünde eine Vergütungspflicht mangels Vertrag nicht (Müller-Wrede, VOF, 4. Auflage, § 20 VOF 2009 Rdnr. 22, 24).

54

Was Anspruch ist, normiert die Legaldefinition in § 194 BGB, nämlich das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Nichts anderes postuliert der Verordnungsgeber in § 24 Abs. 3 VOF 2006 für den Bewerber dadurch, dass dem Auftraggeber Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe zu vergüten sind. Die Formulierung im Passiv („sind & zu“) ändert daran nichts, denn Anspruchssteller und Anspruchsgegner sind ausdrücklich bezeichnet. Anders als § 15 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006 formuliert § 24 Abs. 3 VOF 2006 "sind zu vergüten" und nicht "ist eine Vergütung festzusetzen" (Müller-Wrede a.a.O., § 13 VOF 2009 Rdnr. 36: Angebot und Annahme durch Zurverfügungstellung der Unterlagen; Vergütung im Zweifel entsprechend § 632 Abs. 2 BGB).

3.

55

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 24 Abs. 3 VOF liegen jedoch nicht vor. Darauf stellt das Landgericht zu Recht ab. Die Beklagte hat außerhalb eines Planungswettbewerbs lediglich eine Pauschalvergütung nach § 15 Abs. 2 VOF angeboten. Das schließt Ansprüche nach § 24 Abs. 3 VOF aus (3. a)). Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe hat sie nach § 24 Abs. 3 VOF nicht verlangt, §§ 133, 242 BGB - auch nicht durch ihre Ankündigung in der Bieterausschreibung vom 25. Januar 2008 (3. B).

a)

56

Der Auftraggeber (die Beklagte) verlangte zwar von der Klägerin "etwas" außerhalb eines Planungswettbewerbs. Gegenstand dieses Verlangens waren aber - entsprechend den Ausführungen des Landgerichts - keine Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe. Daran ändert auch Formulierung in Abschnitt VI. 3) der nach § 9 Abs. 1 und 2 VOF 2006 veröffentlichten Bekanntmachung des Dienstleistungsauftrags vom 25. Januar 2008 nichts.

aa)

57

Die Klägerin ist außerhalb eines im 2. Kapitel der VOF 2006 geregelten Planungswettbewerbs tätig geworden.

58

Wettbewerb im Kontext der VOF meint eine spezielle Form der Einkaufsvorbereitung durch einen öffentlichen Auftraggeber (Müller-Wrede, VOF 2009, § 15 Rdnr. 4). Planungswettbewerbe sind gemäß §§ 20 Abs.1, 25 Abs. 1 VOF 2006 Auslobungsverfahren, die dazu dienen, dem Auftraggeber einen Plan oder eine Planung zu verschaffen, deren Auswahl durch ein Preisgericht aufgrund vergleichender Beurteilungen mit oder ohne Verteilung von Preisen erfolgt.

59

Diese können jederzeit vor, während oder ohne Verhandlungsverfahren nach § 16 VOF 2006 ausgelobt werden. Hier erfolgte die Vergabe aber im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung (1. Phase: Bewerbung, 2. Phase: Verhandlung: §§ 5 Abs.1 Satz 1, 10 ff., 16 VOF 2006) ohne Auslobung im o.g. Sinn (vgl. auch die „Begründung der Verfahrensart des Vergabeverfahrens“ durch den Streithelfer ...[D] vom 18. und 21. Januar 2008 Seite 4 = Bl. 504 GA).

60

Nach erfolgter Bewerberauswahl (Ende der 1. Phase) sind auch bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen gemäß § 16 VOF 2006 die verbliebenen Bewerber zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Das ist geschehen.

61

Die Beklagte forderte die Klägerin durch die Streithelferin mit Schreiben vom 11. März 2008 (Anlage K 1 - Bl.19 f. GA) auf, „ein schriftliches Angebot für die ausgeschriebenen Generalplanerleistungen abzugeben.“ Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe nach der § 15 Abs. 2 VOF 2006 verdrängenden Spezialvorschrift des § 24 Abs. 3 VOF 2006 (Müller-Wrede a.a.O. § 13 VOF 2010 Rdnr. 27 a.E.) verlangte sie damit nicht.

bb)

(1)

62

§ 15 Abs. 2 S.2 VOF 2006 stellt ausdrücklich klar, dass gesetzliche Gebühren- oder Honorarordnungen unberührt bleiben. Im Hinblick auf die Sonderregelung des § 24 Abs. 3 VOF 2006 kommt eine entsprechende Vergütung für die in § 15 Abs. 2 S.1 VOF 2006 erwähnten Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen dann nur insoweit zum Tragen, wie damit honorarpflichtige Leistungen nach der HOAIaußerhalb von Lösungsvorschlägen gem. § 24 Abs. 3 VOF 2006 erfasst sind. Ob die fehlerhafte Vergütungsfestsetzung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006 anstatt der Auslösung einer Vergütung nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 einen Vergabefehler konstituiert, ist eine davon unabhängige Frage des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens. Die hier tatsächlich verlangten Leistungen fallen lediglich unter die Generalbestimmung von § 15 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006. Nichts anderes erklärte die Beklagte mit dem Aufforderungsschreiben vom 11. März 2008.

63

Nach § 15 Abs. 1 VOF 2006 werden die für die Bearbeitung der Bewerbungsunterlagen entstehenden Kosten grundsätzlich nicht erstattet. Auch wenn § 15 Abs. 1 VOF 2006 ausdrücklich nur von den Bewerbungsunterlagen spricht, § 13 Abs. 2 VOF 2009 erweitert den Anwendungsbereich nun auch ausdrücklich auf Angebotsunterlagen, unterfallen auch dieser Bestimmung die Angebotsunterlagen der 2. Phase (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 16).

64

Der Grund für die Unentgeltlichkeit liegt darin, dass es sich um eine rein werbende Tätigkeit im Rahmen der Vorbereitung für eine mögliche Auftragserteilung handelt. Die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen stellt für sich genommen keine echte Leistung des Bewerbers mit einem rechtlich und tatsächlich bewertbaren Vergütungswert dar. Die stets im Rahmen der Bewerbung anfallenden Kosten zählen zu den Allgemein- und Geschäftskosten des Freiberuflers, für die er eine Kostenerstattung nicht beanspruchen kann.

65

Das ist selbst dann anzunehmen, wenn es sich bei der Leistung um umfangreichere und komplexere Tätigkeiten zur Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen handelt, solange diese erforderlich sind, um seitens des Auftraggebers klare und vollständige Bewerberunterlagen zu erhalten (Müller-Wrede a.a.O.).

(2)

66

Eine Ausnahme hiervon sieht § 15 Abs. 2 VOF 2006 vor, wenn auf ausdrückliches Verlangen des Auftraggebers weitere Unterlagen in die Bewerbungsunterlagen aufgenommen werden. Es geht um solche Unterlagen, die über die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen hinausgehen.

67

§ 15 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006 sieht eine Vergütung vor, meint aber Aufwendungsersatz im Sinne einer Entschädigung wie sie § 8 Abs. 8 Nr. 1 Satz 2 VOB/A vorsieht (Müller-Wrede a.a.O. § 13 Rdnr. 31). Vergütungspflichtig sind Unterlagen erst dann, wenn sie nicht mehr in einem werbenden Sinn „branchenüblich“ sind, d.h. mehr sind als die Unterlagen, die noch dazu dienen, dem Auftraggeber die Auswahlentscheidung zu erleichtern (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 37).

68

Eine Vergütungspflicht ist insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen von dem Bewerber Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen ihrer Art nach ein derartiges zeitliches Ausmaß oder eine Qualität annehmen, dass sie aus dem Rahmen des Üblichen herausfallen. Stellen Pläne und Zeichnungen nur Erläuterungen zu den Bewerbungsunterlagen dar, ist nicht ohne weiteres von einer Vergütungspflicht auszugehen (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 26 ff.).

69

Die Beklagte und die Streithelferin haben, wie sich ihrem Anforderungsschreiben und den entsprechenden Anlagen entnehmen lässt, weitere Unterlagen angefordert und diese selbst als vergütungspflichtig angesehen, in dem sie hierfür gem. § 15 Abs. 2 VOF 2006 eine Vergütung in Höhe von 4.000,-- € festgesetzt haben. Das Besprechungsprotokoll vom 18. Februar 2008 geht von einer „Aufwandsentschädigung“ aus, die § 15 Abs. 2 VOF 2006 gerade im Blick hat (Müller-Wrede a.a.O.). Dann handelt es sich aber nicht um die Anforderung der Ausarbeitung eines Lösungsvorschlages im Sinne des § 24 Abs. 3 VOF 2006, sonst hätte sich die Festsetzung einer Pauschalvergütung verboten.

70

Wenn jedem Bieter ungeachtet seines tatsächlichen Aufwandes pauschal ein Bearbeitungshonorar gezahlt wird, schließt dieses Angebot eine Berechnung des Honorars nach der Höhe der ermittelten anrechenbaren Kosten und dem Umfang der erbrachten Leistungen, wie dies durch § 4 ff. HOAI vorgesehen ist, bereits dem Grunde nach aus (OLG Rostock, Vergabesenat, Beschluss vom 6. Juni 2001 - 17 W 6/01, zitiert nach juris Rdnr. 33). Wird beim Durcharbeiten einer solchen Aufgabenstellung - wie hier ganz offensichtlich von der Klägerin - erkannt, dass die verlangten Leistungen mit dem Pauschalhonorar nicht zu erbringen sind, liegt zwar ggf. positive Kenntnis eines Vergabefehlers vor (OLG Rostock a.a.O. Rdnr. 36); eindeutig bleibt das Angebot nach § 15 Abs. 2 VOF 2006 dennoch.

(3)

71

Ob die dafür festgesetzte Vergütung in Höhe von 4.000,-- € angemessen ist, ist ebenfalls nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Setzt der Auftraggeber die Vergütung zu niedrig fest, begeht der Auftraggeber einen Verfahrensverstoß. Dieser Verfahrensverstoß kann von den Bewerbern ebenfalls im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor die zuständige Vergabekammer gebracht werden. Grund ist, dass der Verstoß gegen § 15 Abs. 2 S. 1 VOF 2006 insbesondere die Bewerber diskriminiert, die sich eine kostenaufwändige Ausarbeitung zusätzlicher Unterlagen nicht leisten können. Hierbei handelt es sich häufig gerade um kleinere Büros, die, wie sich insbesondere aus § 97 Abs. 3 GWB und § 2 Abs. 4 VOF 2006 ergibt, dem besonderen Schutz des Vergaberechts unterliegen. § 15 Abs. 2 S. 1 VOF 2006 beinhaltet eine Schutzvorschrift, die gerade den Interessen der Bewerber zur „Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren“ dient und auf die diese daher nach § 97 Abs. 7 GWB einen subjektiven Anspruch haben. Versäumt es der Bewerber aber, rechtzeitig den Vergabeverstoß zu rügen, muss er sich grundsätzlich mit der fehlenden oder zu niedrigeren Entschädigung abfinden und kann nicht mehr den Weg vor die Vergabekammer bestreiten. In diesem Fall ist ihm wegen der Spezialrechtszuweisung nach §§ 102 ff. GWB auch der Zivilrechtsweg versperrt.

b)

72

Eine Vergütung nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 ist nur dann geschuldet, wenn es sich Lösungsvorschläge für Planungsleistungen angefordert werden. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 24 Abs. 2 Satz 2 VOF 2006 zu sehen.

aa)

73

Danach kann die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen nur im Rahmen eines Wettbewerbes (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 VOF 2006) oder durch eine direkte Beauftragung der Bieter (Alt. 1) verlangt werden (Kaufhold, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen ober- und unterhalb der Schwellenwerte, 2. Auflage 2012, § 20 VOF 2009, Rdnr. 10).

(1)

74

Ein Wettbewerb kommt nach § 25 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006 zwar auch während eines laufenden Verhandlungsverfahrens nach § 16 Abs. 1 und 2 VOF 2006 in Betracht um alternative Vorschläge für Planungen zu erhalten. Statt eines Planungswettbewerbes kann gemäß § 24 Abs. 3 VOF 2006 aber auch eine Beauftragung durch den Auftraggeber erfolgen.

(2)

75

Zulässig ist das Verlangen der Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen aber nur, wenn es sich an Teilnehmer der Auftragsverhandlung richtet (Müller-Wrede a.a.O. § 20 VOF 2009 Rdnr. 18). Dadurch wird dem Auftraggeber die Möglichkeit eröffnet, schon vor der Zuschlagsentscheidung und damit vor Vertragsschluss vom Bewerber Leistungen zu verlangen, die über die Bewerbungsunterlagen hinausgehen. Dabei muss dem Auftraggeber aber klar sein, dass er sich dieses Mehr an Beurteilungsgrundlage erkauft (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 19).

(3)

76

Mit „Lösungsvorschlägen für die Planungstätigkeit“ ist mit Blick auf die engere, weil dezidiertere Formulierung der angeforderten Arbeiten in § 15 Abs. 2 VOF 2006 jegliche Planungstätigkeit der Bewerber gemeint, die mit dem Gegenstand des ausgeschriebenen und zu vergebenden Auftrags aus Sicht des Auftraggebers in Zusammenhang steht oder stehen kann (Müller-Wrede a.a.O., Rdnr. 24). Es kann sich auch um die weitere Ausarbeitung eines schon vorliegenden - ebenfalls vom Auftraggeber verlangten - Lösungsvorschlags handeln (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 19: weite Auslegung, str. ).

(4)

77

Verlangt werden muss von den ausgewählten Architekten aber die Ausarbeitung neuer eigener architektonischer Lösungen - also das, was sonst das Wesen eines Planungswettbewerbs ausmacht. Es handelt sich bei § 24 Abs. 3 VOF 2006 faktisch um eine Art Realisierungswettbewerb im Verhandlungsverfahren, aber ohne Aussicht auf Preisgeld. Nur diese Sonderleistungen sind nach der HOAI zu vergüten (§ 24 Abs. 3 VOF 2006). Nicht von dieser Vorschrift erfasst ist die Bitte um Überarbeitung/Optimierung der vom Bieter bereits freiwillig unterbreiteten Ideen/Vorschläge.

(5)

78

§ 24 Abs. 3 VOF 2006 gibt dem Bewerber einen Vergütungsanspruch durch einseitige Erklärung des Auftraggebers an die Hand, ohne dass dieser sich nach HOAI-Grundsätzen binden wollte. Der Verordnungsgeber wollte lediglich der Tendenz entgegenwirken, dass Auftraggeber im Vorfeld von Auswahlverfahren und Auftragsverhandlungen vorvertraglich Leistungen der Bewerber zur Erledigung der Auftraggeberaufgaben nach DIN 18205 oder weitergehende Architekten - und Ingenieurleistungen anfordern und ohne Vergütung entgegennehmen oder Bewerber die Ergebnisse solcher Leistungen zur Verbesserung ihrer Auftragschancen von sich aus ohne Vergütung vorlegen Kaufhold a.a.O. § 20 Rdnr. 9). Um exorbitante Kosten eines Verhandlungsverfahrens zu verhindern, muss die Leistung dann aber ausdrücklich im Wortlaut des § 24 Abs. 3 VOF 2006 verlangt werden und sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr sein als eine branchenübliche Bewerbungsleistung.

bb)

79

Geht man von alledem aus, hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 VOF 2006 nicht angenommen.

(1)

80

Die „Sonstige Information“ in Abschnitt VI. 3) Satz 4 der Bekanntgabe vom 25. Januar 2008 stellt kein Verlangen i.S.d. § 24 Abs. 3 VOF 2006 dar:

81

Zwar teilt die Beklagte den ausgewählten Bewerbern vorab für den Beginn der 2. Phase mit, dass „die Ausarbeitung eines Lösungsvorschlags“ (ggf.) nach § 24 VOF 2006 abgefragt (werden) wird. Zu einer solchen, nur in Aussicht gestellten, Abfrage kam es dann aber nicht. Den möglichen ausgewählten Bewerbern musste sich schon aus der allgemein gehaltenen Formulierung erklären, dass die Abfrage unter dem Vorbehalt einer tatsächlichen Notwendigkeit solcher Lösungsvorschläge steht.

82

Sonst hätte die Beklagte die weitreichende Vergütungsfolge nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 a.E. nämlich mit in ihre Mitteilung aufgenommen und diese auch nicht unter der Überschrift „sonstige Information“ veröffentlicht. Hinzu kommt, dass die Mitteilung einer Abfrage nach § 24 VOF 2006 nicht in der 2. Phase der Verhandlung sondern bereits im in der 1. Phase des Teilnehmerwettbewerbs erfolgte, wenn auch für die „ausgewählten Bewerber“, die späteren Verhandlungsteilnehmer i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 VOF 2006. Da es diese aber zum Mitteilungszeitpunkt am 25. Januar 2008 noch nicht gab, konnte die Mitteilung in den Bewerbungsbedingungen auch noch keine verbindliche Abfrage i.S.d. § 24 Abs. 3 VOF 2006 darstellen.

83

Zudem fehlte einer wirksamen Abfrage von Lösungsvorschlägen bereits am 25. Januar 2008 die Mitteilung der Gewichtungskriterien nach § 16 Abs. 2 VOF 2006 (vgl. hierzu Kaufhold a.a.O. Rdnr. 9 a.E.) wie dann im Schreiben vom 11. März 2008 unter Ziff. 4.1 - 4.5. erfolgt.

(2)

84

Im Schreiben vom 11. März 2008 umschrieb die Beklagte in Ziff. 4.1.,2. und 3. die Aufgabe der Verhandlungsteilnehmer mit dem Begriff „Konzept“. Die Abfrage von Konzeptideen, die keine Lösungsvorschläge sind, ist ein zulässiges Wertungskriterium. Wenn in den Bewerbungsbedingungen klargestellt ist, dass die Ausarbeitung eines Lösungsvorschlags zur Planungsaufgabe nicht verlangt wird, ist Vergütung nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 für das angeforderte Konzept nicht geschuldet (Kaufhold a.a.O. Rdnr. 12 mit Verweis auf eine Entscheidung der Vergabekammer des Saarlands vom 05. Oktober 2007 - 3 VK 9/2007).

85

Ob der Begriff "Konzept" etymologisch synonym mit "Planung" ist, wie die Beklagte mit ihrem letzten Schriftsatz meint, kann letztlich dahinstehen. Hier teilte die Beklagte zwar in den Bewerbungsunterlagen mit, dass ggf. von den späteren Bewerbern ein Lösungsvorschlag abgefragt wird. Da sie sich jedoch im Schreiben vom 11. März 2008 hierauf nicht mehr bezog, sondern nur noch "Konzepte" verlangte, konnten die Bewerber, darunter die Klägerin, dies i.S.d. §§ 133, 242 BGB nur so verstehen, dass nun, anders als zunächst angekündigt, keine Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt würden.

86

Die nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 abzugebende Erklärung ist empfangsbedürftig, weshalb sie nicht wie die einem unbestimmten Kreis gegenüber mitzuteilende Auslobung nach § 657 BGB über § 133 BGB (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Auflage (2012), Überbl v § 104 Rdnr. 11 und § 133 Rdnr. 1 und 7) nur nach dem natürlichen - wahren - Willen des Erklärenden, sondern normativ nach der objektiven Erklärungsbedeutung entlang der Vorgaben von § 242 BGB auszulegen ist (Palandt a.a.O. Rdnr. 1, 7, 9 und 12).

87

Danach ist Folgendes entscheidend:

88

Die Beklagte kannte den Wortlaut von § 24 Abs. 3 VOF 2006. Sonst hätte sie am 25. Januar 2008 nicht das Wort "Lösungsvorschlag" verwandt. Gibt sie dann aber in Kenntnis des exakten Wortlautes einer Erklärung nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 eine Erklärung wie im Aufforderungsschreiben vom 11. März 2008 ab (Konzept, nicht Lösungsvorschlag für die Planungsaufgabe), kann die Klägerin nicht davon ausgehen, dass die Beklagte mit den erbetenen Konzepten in Wahrheit Lösungsvorschläge anfordert.

89

Dazu müsste sich die Beklagte nämlich im Klaren gewesen sein, dass sie bei vier auszuschließenden Bewerbern die im Schreiben vom 11. März 2008 angeforderten Leistungen mit hohen sechsstelligen Beträgen erkaufen musste. Das ist aber nicht anzunehmen.

90

Die Klägerin war nach Zugang des Angebotes vom 11. März 2008 jedenfalls gehalten, bei der Beklagten nachzufragen, ob vergütungstechnisch tatsächlich wie ausgeschrieben nach § 24 Abs. 3 VOF oder - nur - nach § 15 Abs. 2 VOF verfahren werde. Der Empfänger einer Willenserklärung kann der Erklärung nämlich nicht einfach den für sich günstigen Sinn bemessen. Er ist vielmehr nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (Palandt a.a.O. Rdnr. 9 a.E. m.w.N.). Das gilt umso mehr, wenn - wie hier - ein Vergütungsanspruch systemfremd durch einseitige Erklärung entsteht.

(4)

91

Der Senat verkennt dabei nicht, dass über § 24 Abs. 3 VOF 2006 grundsätzlich eher sämtliche Tätigkeiten zu vergüten sind, die nach der HOAI vergütungspflichtig sind (s.o. b) aa) (3)), d.h. auch die eher "konzeptionellen" Leistungsphasen 1 und 2 der Vor- und Entwurfsplanung nach § 33 Satz 1 Nrn. 1 und 2 i.V.m. Anlage HOAI 11 n.F., die die Klägerin u.a. abrechnet.

92

Die Beklagte verlangte aber nichts nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 (s.o.). Sie brachte durch die Verwendung des Begriffs "Konzept" vielmehr bewusst in Abgrenzung zur Ausschreibung zum Ausdruck, dass sie lediglich Leistungen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006 erwarte.

93

Auch ihre Erläuterungen zur Vergabe des Auftrags i.S.d. § 16 Abs. 4 VOF 2006 (Anlage K 7 - Bl. 27 GA) belegen das. Das „Siegerkonzept“ enthält zwar rechnerische Nachweise zur ENEV 07 (Ziff. 1.2.) und Wärmebrückenberechnungen (auch Ziff. 1.2.), ansonsten aber ersichtlich nur Lösungsansätze zu neuen Grundrissstrukturen, der Art energiesparender Umhausungen, Verglasungen, Brandschutzsicherung und Tragwerkoptimierung („Sanierung mit Querkraft- und Sogankern"), Zeitablaufpläne und weiter Vorschläge zu Lüftung, Beleuchtungssteuerung und Fotovoltaik. Nur diese kursorisch ausgearbeiteten Ideen bewertete die Beklagte, vgl. auch die Formulierungen in der abschließenden Bewertung: „Lüftungskonzept“, „Solarthermische Anlage vorgesehen“, „Schemata über Realisierungskonzept liegt nicht vor, aber Beschreibung und Herstellerausarbeitungen in EnEV-Berechnung berücksichtigt“.

(6)

94

Das Landgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst noch mit der Angebotsabgabe davon ausgegangen ist, dass die eigentliche Planungsphase noch bevorstehe. So schreibt sie schon auf Seite 1 des Begleitschreibens und Spiegelstrich 3:

95

„Zur Bestandserfassung können in der Planungsphase (z.B. Brandschutz, Tragwerksplanung, Fassaden) Bauwerkserkundungen vor Ort erforderlich werden.

96

Und weiter unter Spiegelstrich 4:

97

„Um unser Kosten- und Planungskonzept abzusichern (&)“.

98

In ihren Vorabbeschreibungen der einzelnen Teilbereiche beschreibt die Klägerin dann auch folgerichtig z.B. ihr „energetisches Sanierungskonzept“ (3.), die Vorschläge für die Bauakustik (4.) sowie den Brandschutz (5.). Die Beschreibung der technischen Ausrüstung (2.) unterfüttert sie lediglich mit Herstellerangaben der vorgeschlagenen Produktlinien.

99

Aus den Antworten der Beklagten zu den Bieteranfragen (der Klägerin) folgt nichts anderes. Die Fragen aus dem Schreiben vom 10. April 2008 betrafen Marginalien, wie z.B. einen „Zahlendreher“ bei Angabe der AHO-Leitpapierordner. Die im Schreiben vom 8. April 2008 aufgeworfenen Fragen fokussierten sich neben Präsentationsdetails, erneut auf die AHO-Leitpapierhefte und die Zuleitung der Honorartabellenwerke durch die Beklagte. Soweit Abrechnungsfragen (§ 78 HOAI oder Leitpapier Heft 23) betroffen waren, legt dies nicht zwingend den Schluss nahe, die Beklagte habe - ohne den Wortlaut des § 24 Abs. 3 VOF 2006 zu gebrauchen - (trotzdem) Lösungsvorschläge für die ausgeschriebene Planungsaufgabe verlangt.

100

Wenn die Beklagte dann in ihrer Beantwortung der Fragen am 10. April 2008 schreibt, dass den Bewerbern keine Pläne sondern (lediglich) Plandarstellungen zur Verfügung gestellt werden, zwingt dies ebenfalls nicht zur Annahme, von den Bewerbern seien in Wahrheit Leistungen im Sinne von § 24 Abs. 3 VOF 2006 erwartet worden. Wenn die Beklagte nämlich zu Frage 4 mitteilt, eine umfassende energetische Sanierung sei „verlangt“ worden, ist auch dort von einem detaillierten Lösungsvorschlag nicht die Rede. Gleiches gilt für das Energieversorgungskonzept, das im Übrigen der contractor erbringen sollte.

c)

101

Selbst wenn man aber annehmen wollte, die Beklagte habe, nach §§ 133, 242 BGB objektiv wohlverstanden, Leistungen nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 verlangt, ist der Vortrag der Klägerin hierzu nicht zu berücksichtigen, weil vom Landgericht zutreffend mit dem Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 als verspätet zurückgewiesen, §§ 531 Abs. 1, 296 Abs. 2, 282 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte war nämlich nicht in der Lage - und musste dies i.S. von § 282 Abs. 2 ZPO auch nicht sein - auf den ihr zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung zugestellten Schriftsatz umfassend Stellung zu nehmen. Die Klägerin war gehalten, zu den von der Beklagten bereits mit der Klageerwiderung vom 5. Juli 2010 erhobenen Einwänden zum Verlangen nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 - Leistungen substantiiert vorzutragen, § 138 Abs. 2 ZPO. Da der in der mündlichen Verhandlung gewährte Schriftsatznachlass lediglich zum Hinweis auf die Verspätung gewährt war, nicht aber um weiter in der Sache vorzutragen (vgl. Musielak/Stadler, ZPO, 9. Auflage (2012) § 139 Rdnr. 30), sind die Ausführungen im Schriftsatz vom 10. November 2010, die erstmals im Einzelnen auf die angeblich verlangten Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe eingehen, verspätet.

102

Da der vertiefte Vortrag in der Berufungsbegründung zu den Einzelleistungen der Klägerin weder einen übersehenen Gesichtspunkt nach § 531 Abs. 2 Nr. ZPO betrifft noch aufgrund eines erstinstanzlichen Verfahrensfehlers nicht geltend gemacht wurde (s.o.) und auch nicht ohne Nachlässigkeit der Klägerin nicht weit vor dem 18. Oktober in den Rechtsstreit eingeführt worden ist, kommt eine Zulassung des Vortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.

d)

103

Nach alledem kann auch dahinstehen, ob die erst mit Schriftsatz vom 10. November 2010 nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schlussrechnung gem. §§ 529 Abs. 1, 531 ZPO präkludiert sein kann.

3.

104

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 101 Abs. 1 Halbsatz 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

105

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die hierfür notwendigen Gründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Umfang der unter § 24 Abs. 3 VOF 2006 fallenden Leistungen ist zwar ungeklärt. Entscheidend ist vorliegend aber nicht der Umfang der abgeforderten Leistungen sondern allein das Verständnis der Erklärung der Beklagten vom 11. März 2008. Das hat aber keine über den Fall hinausgehende Bedeutung.

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Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26.10.2012, Az. 2 O 382/10, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht Vergütungsansprüche im Rahmen eines Vergabeverfahrens geltend.

2

Mit Bekanntmachung vom 08.03.2010 schrieb die Beklagte im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union das Projekt „266 KG 700/Um- und Erweiterungsbauten Klinikum ...[A]“ als sog. Verhandlungsverfahren gemäß der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) öffentlich aus. Unter „IV.2) Zuschlagskriterien“ wurde in der Bekanntmachung auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug unter anderem auf folgende Kriterien abgestellt:

3

„1. Eigene Kostenschätzung nach den Inhalten der Machbarkeitsstudie. Gewichtung: 20.

4

2. Grobterminplan für die Umsetzung der Maßnahmen. Gewichtung: 10.

5

(…)

6

9. Honorar. Gewichtung: 20.“

7

Unter „VI.3) Sonstige Informationen“ hieß es: „Bieter, die für das Verhandlungsverfahren gemäß IV.1.2 ausgewählt worden sind, erhalten weitere Informationen zu den Wertungskriterien 1 und 2 aus IV.2.1. Es ist beabsichtigt, die Bieterpräsentation voraussichtlich am 27./28.4.2010 durchzuführen.

8

Unter dem 01.04.2010 bewarb sich die Klägerin unter Hinweis auf ein detailliertes Angebot für die folgenden Lose:

9

Los 2 – Ingenieurleistungen Elektrotechnik gemäß HOAI 2009, Teil 4 § 53, LPH 1-9

10

Los 3 – Ingenieurleistungen Heizung-/ Lüftung-/ Sanitärtechnik gemäß HOAI 2009, Teil 4 §53, LPH 1-9

11

Mit E-Mail vom 13.04.2010 lud die Beklagte die Klägerin aufgrund ihrer Bewerbung zu einer Bieterpräsentation betreffend Los 2 und 3 in ihren Räumlichkeiten ein und teilte unter anderem mit: „Zu den Wertungskriterien Nr. 1 und 2 erhalten Sie in der Anlage die erforderlichen Informationen aus der Machbarkeitsstudie. Betreffend das Kriterium 9 Honorar finden Sie den Entwurf eines Vertrages beigefügt mit der Bitte, auch hierzu (insbesondere zu den verschiedenen Honorarvarianten) eine Aussage zu treffen.“

12

Unter Hinweis auf Anfragen mehrerer Bieter, ob eine präzisere Kalkulationsvorgabe zu der zur Vorbereitung der Präsentation bereits zugeleiteten Machbarkeitsstudie „MBK-Raumprogramm Bestand und Umstrukturierung“ erhältlich sei, stellte die Beklagte mit E-Mail vom 20.04.2010 weiter ein Soll-Raumprogramm zur Verfügung.

13

Mit E-Mail vom 12.05.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie mit ihrem Angebot punktgleich mit einem Mitbewerber liege; sie lade daher zu einer weiteren Verhandlungsrunde in die Bauabteilung der Muttergesellschaft ein. Weiter wies die Beklagte darauf hin, dass die Bau-Kostenschätzung überprüft werden sollte (Anlage K 5 – Anlagenkonvolut zur Klage).

14

Am 21.05.2010 teilte die Beklagte der Klägerin per E-Mail folgendes mit: „Nach Zugang der aktuellen Kostenschätzungen und zugehöriger Honorarofferten i.V.m. den Abweichungen/Schwankungsbreiten der Kostenschätzungen bitten wir letztmalig Ihr zu erwartendes Honorar für Los 2+3 auf folgender Basis (zur besseren Vergleichbarkeit) zu überarbeiten: (...)“ (Anlage K 6).

15

Nach Abschluss des Verhandlungsverfahrens erhielt eine Konkurrentin der Klägerin den begehrten Zuschlag. Die Klägerin leitete daraufhin mit Schriftsatz vom 07.09.2010 bei der Vergabekammer Rheinland-Pfalz ein Vergabenachprüfungsverfahren ein. Nach einem Hinweis der Vergabekammer auf die voraussichtliche Unzulässigkeit des Antrags vom 21.09.2010 nahm die Klägerin den Vergabenachprüfungsantrag zurück und stellte unter dem gleichen Datum der Beklagten ihre bisherige Planungsleistung mit insgesamt 88.894,62 € in Rechnung (Anlage K 7).

16

Die Klägerin, die ihren Anspruch auf § 24 Abs. 3 VOF 2006 gestützt hat, hat vorgetragen:

17

Sie habe für die ausgeschriebene Planungsaufgabe auf Anforderung der Beklagten Lösungsvorschläge in Bezug auf Grundlagenanalyse, Bau-Kostenschätzung und Terminpläne für das Technikgewerk erbracht. Die erbrachten Leistungen unterfielen dem Anwendungsbereich der HOAI und seien auf dieser Grundlage zu vergüten. Ein Planungswettbewerb gemäß § 25 VOF 2006 habe nicht stattgefunden und sei auch nicht während des Verhandlungsverfahrens von der Beklagten ausgelobt worden. Im Rahmen eines Vergabeverfahrens für Architekten- und Ingenieurleistungen sei allein die bloße Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen selbst kostenfrei.

18

Die Klägerin hat beantragt,

19

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 88.804,62 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.11.2010 zu zahlen.

20

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 977,75 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

21

Die Beklagte hat beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie hat die Ansicht vertreten,

24

der Klägerin stehe ein Vergütungsanspruch aus § 24 Abs. 3 VOF 2006 nicht zu. Es handele sich hierbei schon nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage. Zudem seien der Klägerin Planungsaufgaben im Sinne der Vorschrift nicht abgefordert worden. Sie habe vielmehr lediglich akquisitorische Leistungen im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens erbracht, die nicht nach der HOAI zu vergüten seien. Sie – die Beklagte – habe keine Lösungsvorschläge von der Klägerin "verlangt“, sondern ihr lediglich Gelegenheit gegeben, sie durch ihre Ausarbeitung von sich als der besten Bewerberin zu überzeugen. Derart „integrierte Planungswettbewerbe“ seien im Rahmen von Verhandlungsverfahren üblich; eine Honorierung insoweit erbrachter Leistungen bei fehlenden Angaben hierzu in den Verfahrensunterlagen werde von den Bietern nicht erwartet. Werde wie hier kein Preis ausgelobt, so seien dies schlicht die "Spielregeln“ dieses Planungswettbewerbs. Die Einhaltung der Verfahrensvoraussetzungen des § 25 VOF sei für die Annahme eines Planungswettbewerbs nicht Voraussetzung.

25

Das Landgericht hat mit Grundurteil vom 26.10.2012, auf dessen Feststellungen im Übrigen verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 24 Abs. 3 VOF 2006 enthalte eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Daran, dass diese von der Ermächtigungsgrundlage in § 97 Abs. 6 GWB erfasst sei, habe die Kammer keinen Zweifel. Die Anspruchsvoraussetzungen seien auch gegeben. Bei der Kostenschätzung und der Grobterminplanung handele es sich um Lösungsvorschläge, die auf "Verlangen“ der Beklagten erstellt worden seien, denn das "Verlangen" liege in jeder Form des Auftraggebers zur Vorlage von Leistungen, die für die Zuschlagsentscheidung von Bedeutung seien. Dass Bewerber damit zugleich "Gelegenheit" erhielten, den Auftraggeber von sich als geeignetstem Bewerber zu überzeugen, ändere hieran nichts. Das Verlangen der Beklagten sei auch "außerhalb eines Planungswettbewerbs" erfolgt; ein solcher sei nicht im Sinne des § 25 VOF durchgeführt worden.

26

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft sowie zur weiteren Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 06.07.2012 – 8 U 45/11 – ausführt, verlangt worden seien vorliegend nicht Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe, sondern die Überarbeitung der Baukostenschätzung im Hinblick auf die Honorarofferte; dies sei – mangels entsprechender Auslobung – außerhalb eines Planungswettbewerbs geschehen. Eine Vergütung sei gemäß § 15 Abs. 1 VOF 2006 ausgeschlossen. Jedenfalls aber greife §15 Abs. 2 VOF 2006; werde die dort vorgesehene Vergütung nicht festgesetzt und dies auch nicht auf Rüge hin korrigiert, könne keine Vergütung geschuldet sein. Wegen der Einzelheiten ihres Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.01.2013 (Bl. 208 – 230 GA) Bezug genommen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26.10.2012 – 2 O 382/10 – die Klage abzuweisen.

29

Die Klägerin beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.

32

Zum weiteren Berufungsvorbringen der Parteien wird auf die in II. Instanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

33

Der Klägerin steht der geltend gemachte Vergütungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere die Voraussetzungen der von der Klägerin geltend gemachten Anspruchsgrundlage (§ 24 Abs. 3 VOF 2006) liegen nicht vor. Die Kosten ihrer letztlich erfolglosen Bewerbung kann sie von der Beklagten nicht erstattet verlangen.

1.

34

Allerdings stellt § 24 Abs. 3 der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen in der Fassung vom 16. März 2006 (VOF 2006), die auf das Streitverhältnis der Parteien vorliegend Anwendung findet, entgegen der Auffassung der Beklagten eine eigene Anspruchsgrundlage dar.

a)

35

Dieser Auffassung des erkennenden Senats, die dieser bereits im Urteil vom 06.07.2012 – 8 U 45/11 (VergabeR 2013, 636-644) geäußert hat, haben sich die insoweit seither – soweit ersichtlich – ergangene Rechtsprechung (vgl. OLG München, Beschluss vom 20.03.2013 – Verg 5/13) und Stimmen der Literatur angeschlossen (Voppel/Osenbrück/Bubert, Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, 3. A. 2012, § 20 Abs. 3 VOF 2009, Rn 8; Nelskamp in: juris-PK-VergR, 4. A. 2013, § 20 VOF 2009 RN. 6; Schätzlein in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, Stuttgart 2013, § 20 VOF Rn. 19.).

b)

36

Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, die Vorschrift mit höherrangigem Recht für unvereinbar zu halten. § 97 Abs. 6 GWB schafft die formalgesetzliche Grundlage für eine von der Bundesregierung zu erlassene Rechtsverordnung, die Einzelheiten des unionsrechtlich determinierten Vergabeverfahrens regelt. Gemeinsam mit § 127 GWB bildet die Norm die verfassungsrechtlich geforderte Rechtsgrundlage für die zuerst 2001 erlassene Vergabeverordnung (VgV). Ihr Hauptzweck ist das Inkraftsetzen der VOB/A, der VOL/A und der VOF für Schwellenwertvergaben. In diesem Anwendungsbereich sind die 3 Vergabeordnungen keine mehr oder weniger verbindlichen Dienstanweisungen. Vielmehr erlangen sie über die §§ 4 - 6 VgV Rechtsnormqualität (Summa in: jurisPK- VergR, 4. Aufl. 2013, § 97 GWB Rn 287). Die auf Grundlage von § 5 VgV in der Fassung vom 11.02.2003 erlassene Vorschrift stellt daher eine taugliche Anspruchsgrundlage dar.

2.

37

§ 24 Abs. 3 VOF enthält eine im "Besondere Vorschriften zur Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen" beinhaltenden Kapitel 2 der VOF 2006 geregelte Spezialvorschrift, die in ihrem Anwendungsbereich insoweit §15 Abs. 2 VOF verdrängt (Senat, a.a.O., Rdnr. 61 m.N.).

a)

38

Nach § 15 Abs. 1 VOF 2006 werden die für die Bearbeitung der Bewerbungsunterlagen entstehenden Kosten grundsätzlich nicht erstattet. Auch wenn § 15 Abs. 1 VOF 2006 ausdrücklich nur von den Bewerbungsunterlagen spricht – § 13 Abs. 2 VOF 2009 erweitert den Anwendungsbereich nun auch ausdrücklich auf Angebotsunterlagen – unterfallen auch dieser Bestimmung die Angebotsunterlagen der 2. Phase (Müller-Wrede, VOF, 4. A., § 20 VOF 2009 Rdnr. 16).

39

Der Grund für die Unentgeltlichkeit liegt darin, dass es sich um eine rein werbende Tätigkeit im Rahmen der Vorbereitung für eine mögliche Auftragserteilung handelt. Die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen stellt für sich genommen keine echte Leistung des Bewerbers mit einem rechtlich und tatsächlich bewertbaren Vergütungswert dar. Die stets im Rahmen der Bewerbung anfallenden Kosten zählen zu den Allgemein- und Geschäftskosten des Freiberuflers, für die er eine Kostenerstattung nicht beanspruchen kann.

40

Das ist selbst dann anzunehmen, wenn es sich bei der Leistung um umfangreichere und komplexere Tätigkeiten zur Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen handelt, solange diese erforderlich sind, um seitens des Auftraggebers klare und vollständige Bewerberunterlagen zu erhalten (Müller-Wrede a.a.O.).

41

Eine Ausnahme hiervon sieht § 15 Abs. 2 VOF 2006 vor, wenn auf ausdrückliches Verlangen des Auftraggebers weitere Unterlagen in die Bewerbungsunterlagen aufgenommen werden. Es geht um solche Unterlagen, die über die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen hinausgehen.

b)

42

Über die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen hinausgehende Leistungen hat auch § 24 Abs. 3 VOF 2006 im Blick, wonach vom Auftraggeber außerhalb eines Planungswettbewerbs verlangte "Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe“ nach den Bestimmungen der HOAI zu vergüten sind. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen hier jedoch nicht vor. Zu diesen hat der Senat im Urteil vom 06.07.2012 – 8 U 45/11 (a.a.O., juris Rn 72 ff.) grundlegende Ausführungen gemacht:

43

„aa)

44

Eine Vergütung nach § 24 Abs. 3 VOF 2006 ist nur dann geschuldet, wenn Lösungsvorschläge für Planungsleistungen angefordert werden. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 24 Abs. 2 Satz 2 VOF 2006 zu sehen.

45

Danach kann die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen nur im Rahmen eines Wettbewerbes (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 VOF 2006) oder durch eine direkte Beauftragung der Bieter (Alt. 1) verlangt werden (Kaufhold, Die Vergabe freiberuflicher Leistungen ober- und unterhalb der Schwellenwerte, 2. Auflage 2012, § 20 VOF 2009, Rdnr. 10).

46

Ein Wettbewerb kommt nach § 25 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006 zwar auch während eines laufenden Verhandlungsverfahrens nach § 16 Abs. 1 und 2 VOF 2006 in Betracht, um alternative Vorschläge für Planungen zu erhalten. Statt eines Planungswettbewerbes kann gemäß § 24 Abs. 3 VOF 2006 aber auch eine Beauftragung durch den Auftraggeber erfolgen.

47

Zulässig ist das Verlangen der Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen aber nur, wenn es sich an Teilnehmer der Auftragsverhandlung richtet (Müller-Wrede a.a.O. §20 VOF 2009 Rdnr. 18). Dadurch wird dem Auftraggeber die Möglichkeit eröffnet, schon vor der Zuschlagsentscheidung und damit vor Vertragsschluss vom Bewerber Leistungen zu verlangen, die über die Bewerbungsunterlagen hinausgehen. Dabei muss dem Auftraggeber aber klar sein, dass er sich dieses Mehr an Beurteilungsgrundlage erkauft (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 19).

48

Mit „Lösungsvorschlägen für die Planungstätigkeit“ ist mit Blick auf die engere, weil dezidiertere Formulierung der angeforderten Arbeiten in § 15 Abs. 2 VOF 2006 jegliche Planungstätigkeit der Bewerber gemeint, die mit dem Gegenstand des ausgeschriebenen und zu vergebenden Auftrags aus Sicht des Auftraggebers in Zusammenhang steht oder stehen kann (Müller-Wrede a.a.O., Rdnr. 24). Es kann sich auch um die weitere Ausarbeitung eines schon vorliegenden – ebenfalls vom Auftraggeber verlangten – Lösungsvorschlags handeln (Müller-Wrede a.a.O. Rdnr. 19: weite Auslegung, str.).

49

Verlangt werden muss von den ausgewählten Architekten aber die Ausarbeitung neuer eigener architektonischer Lösungen - also das, was sonst das Wesen eines Planungswettbewerbs ausmacht. Es handelt sich bei § 24 Abs. 3 VOF 2006 faktisch um eine Art Realisierungswettbewerb im Verhandlungsverfahren, aber ohne Aussicht auf Preisgeld. Nur diese Sonderleistungen sind nach der HOAI zu vergüten (§ 24 Abs. 3 VOF 2006). Nicht von dieser Vorschrift erfasst ist die Bitte um Überarbeitung/Optimierung der vom Bieter bereits freiwillig unterbreiteten Ideen/Vorschläge.

50

§ 24 Abs. 3 VOF 2006 gibt dem Bewerber einen Vergütungsanspruch durch einseitige Erklärung des Auftraggebers an die Hand, ohne dass dieser sich nach HOAI-Grundsätzen binden wollte. Der Verordnungsgeber wollte lediglich der Tendenz entgegenwirken, dass Auftraggeber im Vorfeld von Auswahlverfahren und Auftragsverhandlungen vorvertraglich Leistungen der Bewerber zur Erledigung der Auftraggeberaufgaben nach DIN 18205 oder weitergehende Architekten- und Ingenieurleistungen anfordern und ohne Vergütung entgegennehmen oder Bewerber die Ergebnisse solcher Leistungen zur Verbesserung ihrer Auftragschancen von sich aus ohne Vergütung vorlegen (Kaufhold a.a.O. § 20 Rdnr. 9). Um exorbitante Kosten eines Verhandlungsverfahrens zu verhindern, muss die Leistung dann aber ausdrücklich im Wortlaut des § 24 Abs. 3 VOF 2006 verlangt werden und sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr sein als eine branchenübliche Bewerbungsleistung.

bb)

51

Ausgehend von dem Grundgedanken des § 15 Abs. 1 VOF 2006 besitzt § 24 Abs. 3 VOF 2006 ebenso wie § 15 Abs. 2 VOF 2006 Ausnahmecharakter. Um dieser Systematik Rechnung zu tragen, kann das Verlangen eines vergütungspflichtigen Lösungsvorschlags im oben genannten Sinne nicht ohne weiteres angenommen werden. Eine Vergütung scheidet daher nicht nur aus, wenn in den Bewerbungsbedingungen klargestellt ist, dass die Ausarbeitung eines Lösungsvorschlags zur Planungsaufgabe nicht verlangt wird (Kaufhold a.a.O. Rdnr. 12 mit Verweis auf eine Entscheidung der Vergabekammer des Saarlands vom 05. Oktober 2007 - 3 VK 9/2007). Eine Vergütung kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn nicht ein konkreter Lösungsvorschlag, sondern lediglich eine projektbezogene Präsentation des Angebots verlangt ist (Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 25.03.2013 –Z3-3-3194-1-06-03/13, VPR 2013, 2945). Die Abfrage von Konzeptideen, die keine Lösungsvorschläge sind, ist ein zulässiges Wertungskriterium (OLG Koblenz, a.a.O., juris Textzf. 84). Bei den verlangten Planungsaufgaben muss es sich um über die bloße Angebotsabgabe bzw. Verhandlungen darüber hinausgehende Leistungen handeln, die eine partielle Vorwegnahme der ausgeschriebenen Leistung bedeuten. Die bloße Modifizierung oder Aktualisierung des ursprünglichen Angebots auf Anforderung des Auftraggebers genügt dem nicht (Voppel/Osenbrück/Bubert, Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, 3. A. 2012, § 20 Abs. 3 VOF 2009, Rn 8).

cc)

52

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das "Verlangen“ eines Lösungsvorschlags leicht hohe fünf- (wie hier) oder gar sechsstellige Honorarsummen auslösen kann. Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass ein öffentlicher Auftraggeber diese Folge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit einer Mehrzahl von Bietern regelmäßig nicht herbeiführen will. Darauf haben sich die betreffenden Verkehrskreise einzustellen. Von den Bietern kann verlangt werden, dass sie im Zweifel eine Klärung der Vergütungsfrage vor Aufnahme einer aus ihrer Sicht vergütungspflichtigen Tätigkeit herbeiführen.

c)

53

Diese Maßstäbe – die entgegen der klägerischen Auffassung gemäß § 22 VOF 2006 für Architekten- wie für Ingenieurleistungen gleichermaßen zu gelten haben – zugrunde gelegt, hat die Beklagte vorliegend einen Lösungsvorschlag im oben genannten Sinne nicht verlangt.

aa)

54

Dagegen spricht schon, dass die bereits im Vergabeverfahren anwaltlich durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vertretene Beklagte – somit in Kenntnis der oben genannten Vorschriften – eine Vergütung weder in der Bekanntmachung noch an anderer Stelle erwähnt hat. Ihre schriftlichen Äußerungen enthalten weder einen Hinweis auf § 24 Abs. 3 VOF noch auf eine Pauschalvergütung nach § 15 Abs. 2 VOF. Auch ein Preis im Sinne des § 25 Abs. 3 VOF 2006 wurde nicht ausgesetzt; davon, dass ein hierfür erforderlicher Planungswettbewerb stattgefunden hätte, geht im Berufungsverfahren auch die Beklagte nunmehr ausdrücklich nicht mehr aus.

bb)

55

Dagegen spricht auch, dass die Beklagte als Auftraggeber der öffentlichen Hand an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden ist (vgl. § 7 Abs. 1 LHO). Dass sie bereits im Vergabeverfahren von einer Mehrzahl von am Verfahren beteiligten Bewerbern über die Kosten einer üblichen Bewerbung hinausgehende Leistungen verlangen – und diese mit hohen fünfstelligen Summen erkaufen – wollte, ist nicht anzunehmen. Dies musste auch die Klägerin erkennen.

cc)

56

Dies berücksichtigend war die mit E-Mail vom 13.04.2010 mit der Einladung zur angekündigten Bieterpräsentation übersandte Machbarkeitsstudie nichts anderes als die Grundvoraussetzung für die Erstellung einer projektbezogenen Bieterpräsentation. Das Verlangen eines Lösungsvorschlags war damit – zumal nach oben Gesagten insoweit der Wortlaut des § 24 Abs. 3 VOF 2006 erforderlich gewesen wäre – ebenso wenig verbunden wie die das Kriterium 9 „Honorar“ betreffende Bitte, auch hierzu (insbesondere zu den verschiedenen Honorarvarianten) eine Aussage zu treffen. Daraus, dass die Beklagte mit E-Mail vom 20.04.2010 – nach Anfragen mehrerer Bieter zu einer präziseren Kalkulationsvorgabe – weiter ein Soll-Raumprogramm zur Verfügung gestellt hat, folgt nichts anderes; dies diente lediglich als Grundlage einer besseren Vorbereitung der Bieter für die Abgabe ihrer Angebote, welche von den Bietern selbst angefragt worden war. Der Hinweis der Beklagten in der E-Mail vom 12.05.2010, dass die Bau-Kostenschätz- ung überprüft werden sollte, führt letztlich ebenso wenig zu einer anderen Betrachtung wie die Bitte in der E-Mail vom 21.05.2010, das zu erwartende Honorar zur besseren Vergleichbarkeit auf einer dort näher mitgeteilten Basis zu überarbeiten; dies diente lediglich der Überarbeitung des bereits abgegebenen Angebots.

dd)

57

Ist sich der Bieter bei einer solchen Sachlage im Zweifel, ob ein zur üblichen Bewerbung gehörendes Konzept oder aber ein darüber hinausgehender Lösungsvorschlag im Sinne des § 24 Abs. 3 VOF 2006 erwartet wird, kann er nicht ohne weiteres – wie hier – umfangreiche Planungsleistungen erbringen und diese anschließend liquidieren. Vielmehr kann von ihm erwartet werden, dass er beim Durcharbeiten einer Aufgabenstellung erkennt, dass die zur sachgerechten Beantwortung der mit der Ausschreibung abgefragten Leistungen nicht – wie hier – ohne oder nicht zu einem evtl. festgesetzten (vgl. § 15 Abs. 2 VOF 2006) Pauschalhonorar zu erbringen sind, und im Zweifel beim Auftraggeber nachfragt, wie vergütungstechnisch verfahren wird (vgl. OLG Koblenz, a.a.O., juris Rdzf. 90).

d)

58

Nach dem Vorstehenden wäre die Klägerin gehalten gewesen, eventuelle Zweifel hinsichtlich der Vergütungsfrage durch Nachfrage bei der Beklagten auszuräumen. Soweit sie sich vor Erbringung ihrer Planungsleistungen hierüber keine Gedanken gemacht hat, kann dies nicht zu Lasten der Beklagten gehen, die eine zu erwartende Vergütung zu keinem Zeitpunkt - weder als Vergütungspauschale noch in anderer Form – in Aussicht gestellt hat. Weder die Bekanntmachung vom 08.03.2012 noch die sonstigen schriftlichen Äußerungen der Beklagten enthielten einen irgend gearteten Hinweis auf eine mögliche Vergütung. Zudem kann nicht übersehen werden, dass die Klägerin in ihren an die Beklagte gerichteten Schreiben stets von ihrem "Angebot“ gesprochen hat (vgl. Anlage K 2 und K 8). Es spricht daher manches dafür, dass die Klägerin selbst noch bei Abgabe ihres Angebotes und auch dessen Überarbeitung davon ausgegangen ist, dass die eigentliche Planungsphase noch bevorstehe.

59

Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin – worauf sie auf den terminsvorbereitenden Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 23.09.2013 (Bl. 310 ff. GA) unter Angebot eines Sachverständigenbeweises ausführlich hingewiesen hat – möglicherweise absolut unübliche, äußerst aufwändige, arbeitsintensive und zentrale Planungsaufgaben (Bl. 313, 322 GA) bewältigt hat. Hierauf kommt es nach dem Vorgesagten indes nicht entscheidend an, weshalb auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens insoweit nicht erforderlich war.

3.

60

Sonstige Anspruchsgrundlagen sind nicht in Sicht.

61

Insbesondere folgt ein Vergütungsanspruch vorliegend nicht aus § 15 Abs. 2 Satz 1 VOF 2006. Soweit zum Teil vertreten wird, dass ein Bewerber auch dann einen Anspruch auf Entschädigung hat, wenn der Auftraggeber – entgegen der ausdrücklich normierten Verpflichtung hierzu – eine solche nicht festgesetzt hat (vgl. die Nachweise im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 21.11.2013, Bl. 326 ff., 336 GA, Fn. 2), vermag dies nicht zu überzeugen. Wollte man einen solchen unmittelbaren Anspruch aus § 15 Abs. 2 bejahen, würde die gesetzliche Verpflichtung des Auftraggebers zur Festsetzung einer Pauschalvergütung letztlich überflüssig (Müller-Wrede, a.a.O., § 13 VOF Rdnr. 36). Dies kann nach Auffassung des Senats nicht im Sinne des Verordnungsgebers sein. Es ist vielmehr Sache des Bewerbers, einen solchen Verfahrensverstoß – wenn der Auftraggeber eine zu niedrige oder keine Vergütung festsetzt – in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor die zuständige Vergabekammer zu bringen (vgl. Senat, a.a.O., juris Rdnr. 71). Im Rahmen des hier streitgegenständlichen Vergütungsanspruchs ist dies hingegen nicht Gegenstand der Überprüfung.

62

Auf die mithin erfolgreiche Berufung der Beklagten war das angefochtene Grundurteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

III.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

64

Nachdem über die zitierte Rechtsprechung hinaus obergerichtliche Rechtsprechung – soweit ersichtlich – zu den hier entscheidungsrelevanten Fragen bislang nicht ergangen ist, waren die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO gegeben.

65

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in die Gebührenstufe bis zu 95.000,00 € festgesetzt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.