Oberlandesgericht München Endurteil, 01. Dez. 2016 - 23 U 2755/13

bei uns veröffentlicht am01.12.2016
vorgehend
Bundesgerichtshof, II ZR 305/14, 21.06.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen Ziffer II. des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 26.06.2013, Az. 1 HK O 4672/10, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Thomas S. der Beklagten zum Ersatz sämtlicher über € 10.455,00 hinausgehender weiterer Schäden verpflichtet ist, die der S. G. GmbH & Co. KG durch die Vertriebsvereinbarung zwischen der S. G. GmbH & Co. KG und der T. Distribution GmbH vom 28.07.2010 entstanden sind oder noch entstehen werden und der S. G. GmbH & Co. KG von der Beklagten ersetzt werden.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Klägerin bleibt die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Geschäftsführerdienstverhältnis. Die Klägerin führt als Erbin ihres am 14.12.2015 verstorbenen Ehemannes und früheren Klägers den Rechtsstreit fort.

Der frühere Kläger war Geschäftsführer der Beklagten. Die Beklagte ist die einzige Komplementärin der S. G. (im Folgenden: SGF KG), eines weltweit tätigen Automobilzulieferers. Als Geschäftsführer der Beklagten führte der frühere Kläger auf der Grundlage seines Geschäftsführeranstellungsvertrages mit der Beklagten vom 28.07.2005 die Geschäfte der KG.

Am 18.11.2010 kündigte die Beklagte das Geschäftsführerdienstverhältnis mit dem früheren Kläger aus wichtigem Grund. Die Kündigung war unter anderem darauf gestützt, dass der frühere Kläger am 28.07.2010 ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung der KG für diese mit der T. Distribution GmbH (im Folgenden: T. ) eine auf die Dauer von fünf Jahren nicht ordentlich kündbare Vertriebsvereinbarung (Anlage B 3) geschlossen hatte, mit der die SGF KG der T. weltweit das alleinige Vertriebsrecht auf dem sog. „Independent Aftermarket“ für alle von ihr hergestellten Produkte für Kraftfahrzeuge einräumte.

Der frühere Kläger, der die fristlose Kündigung für unwirksam hielt, hat die Beklagte auf Zahlung der Vergütungen für die Monate November 2010 bis September 2011 in Höhe von € 232.961,74 sowie einer restlichen Tantieme für das Jahr 2009 in Höhe von € 10.455 in Anspruch genommen.

Die Beklagte berief sich gegenüber den Vergütungsforderungen auf die fristlose Kündigung. Sie ist der Ansicht, der frühere Kläger habe mit dem Abschluss der Vertriebsvereinbarung pflichtwidrig gehandelt, weil er seine Kompetenzen überschritten habe. Durch den Abschluss der Vereinbarung mit der T. sei der SGF KG ein erheblicher, noch nicht abschließend bezifferbarer Schaden entstanden, weil sie erhebliche Einbußen bei der Gewinnmarge der bislang von ihr selbst vertriebenen Produkte hinnehmen müsse. Der frühere Kläger sei ihr nach § 43 Abs. 2 GmbHG zum Ersatz der Schäden verpflichtet, die ihr dadurch entstanden seien, dass sie ihrerseits der SGF KG die durch die Vertriebsvereinbarung mit T. entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen habe. Die Beklagte hat gegen den Tantiemeanspruch mit einem Schadensersatzanspruch aufgerechnet.

Die Beklagte hat außerdem Widerklage erhoben und in erster Instanz insoweit beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der S. G. GmbH & Co. KG durch die Vertriebsvereinbarung zwischen der S. G. GmbH & Co. KG und der T. Distribution GmbH vom 28.07.2010 entstanden sind und noch entstehen werden.

Der frühere Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Dagegen richtete sich die klägerische Berufung, mit der die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt wurden (Bl. 288/289, 390, 520 d. A.), insbesondere die Abweisung der Widerklage. Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Kompetenzüberschreitung ausgegangen. Die mit dem Abschluss des T.-Vertrages verbundene Änderung habe allein darin bestanden, dass statt drei Vertriebspartnern, nämlich den Firmen H., F. und ZF Trading, für den Bereich des IAM nunmehr ein Vertriebspartner tätig werde. Der Abschluss des Vertrages mit T. sei für die Beklagte bzw. die SGF KG nicht schädigend sondern nützlich gewesen. Auf die Widerklage habe das Landgericht der Beklagten einen Ersatzanspruch für einen Schaden zugesprochen, der nicht bei der Beklagten, sondern bei der SGF KG entstanden sein soll. Im Übrigen sei die Schadensberechnung der Beklagten falsch.

Nach einem Hinweis des Senats hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 den Antrag auf Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe gestellt, dass der in erster Instanz gestellte Feststellungsantrag am Ende ergänzt wird um „und der S. G. GmbH & Co. KG von der Beklagten ersetzt werden“ (Bl. 390, 520 d. A.).

Der Senat hat mit Urteil vom 02.10.2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.11.2014 die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts bis auf einen Betrag von € 5.233,15 nebst Zinsen bestätigt. Die Widerklage hat der Senat als unzulässig abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Senatsurteils vom 02.10.2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.11.2014, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist, sowie im Kostenpunkt.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Widerklage sei unzulässig, weil es am Feststellungsinteresse fehle. Die Beklagte habe die Bezifferung des angeblich bei ihr entstandenen Schadens unterlassen. Sollte der Beklagten die Bezifferung immer noch nicht möglich sein, obwohl die SGF KG den Vertriebsvertrag im Februar 2013 faktisch aufgekündigt habe, wäre die Bezifferung dauerhaft unmöglich, weil die Auskunftsklage der SGF KG gegen T. rechtskräftig abgewiesen worden sei. Es sei im Übrigen ausgeschlossen, dass der behauptete Schaden überhaupt noch eintrete, weil Ansprüche der SGF KG gegen die Beklagte Ende 2013 nach §§ 195, 199 BGB verjährt seien. Die SGF KG hätte bereits Ende 2010 Feststellungsklage erheben können. Die Widerklage sei auch unbegründet. Die von der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen kämen der Beklagten wegen des Versterbens des früheren Klägers nicht mehr zugute. In dem Abschluss des Vertriebsvertrages liege keine Pflichtverletzung. Der Abschluss des Vertriebsvertrages habe unmittelbar zu einem wirtschaftlichen Vorteil für die SGF KG geführt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26.06.2013 dahingehend abzuändern, dass die Widerklage abgewiesen wird.

Sie beantragt ferner vorsorglich, die Revision zuzulassen.

Die Nebenintervenientin schließt sich diesem Antrag an.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Thomas Sich der Beklagten zum Ersatz sämtlicher über € 10.455,00 hinausgehender weiterer Schäden verpflichtet ist, die der S. G. GmbH & Co. KG durch die Vertriebsvereinbarung zwischen der S. G. GmbH & Co. KG und der T. Distribution GmbH vom 28.07.2010 entstanden sind oder noch entstehen werden und der S. G. GmbH & Co. KG von der Beklagten ersetzt werden.

Die Beklagte ist der Ansicht, nach dem insoweit rechtskräftigen Urteil des Senats vom 02.10.2014 stehe fest, dass der frühere Kläger seine Pflichten aus dem Dienstverhältnis zur Beklagten verletzt habe, indem er für die SGF KG am 28.09.2010 den Vertriebsvertrag mit T. geschlossen habe, ohne zuvor die erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt zu haben. Sie behauptet, der SGF KG seien durch die Vertriebsvereinbarung Schäden entstanden, die sie noch nicht beziffern könne; allein der gewährte Nachlass von 10% und weiteren 4% - bezogen auf den niedrigsten Preis - summiere sich auf € 868.654,00. Die SGF KG hätte jedoch nicht zum niedrigsten Preis veräußert, so dass der tatsächliche Gewinn deutlich höher ausgefallen wäre. Der Anspruch der SGF KG gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Die Beklagte habe einen Teil des der SGF KG entstandenen Schadens vorbehaltslos ausgeglichen. Sie vertrete in diesem Verfahren, das der SGF KG und ihren Gesellschaftern unstreitig bekannt sei, die Auffassung, der SGF KG zum Ersatz der Schäden verpflichtet zu sein, die der ursprüngliche Kläger als ihr Geschäftsführer verursacht habe.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll vom 20.10.2016 Bezug genommen.

Gründe

II. Hinsichtlich der Verurteilung auf die Widerklage hat die zulässige Berufung keinen Erfolg. Der Klägerin war jedoch nach § 780 ZPO die beschränkte Erbenhaftung vorzubehalten.

1. Die Feststellungsklage der Beklagten ist zulässig.

1.1. Die Beklagte will mit ihrem Widerklageantrag einen ihr selbst zustehenden Ausgleichsanspruch gegen die Klägerin als Rechtnachfolgerin des verstorbenen früheren Klägers festgestellt wissen. Dieses Begehren war auch schon Gegenstand der in erster Instanz erhobenen Widerklage (BGH, Urteil vom 21.06.2016, II ZR 305/14, Tz. 11 ff). Der zur Auslegung des Widerklageantrags heranzuziehenden Begründung in der Klageerwiderung vom 16.03.2011 lässt sich entnehmen, dass die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz eines eigenen Schadens festgestellt haben möchte. So führt die Beklagte auf den Seiten 14 und 15 dieses Schriftsatzes (Bl. 33/34 d. A.) aus, dass es „neben der Verantwortlichkeit des Geschäftsführers gegenüber der Kommanditgesellschaft“ bei „seiner unmittelbaren Haftung gegenüber der GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG“ bleibe, „wenn diese satzungsgemäß für die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft verantwortlich ist“. Der frühere Kläger habe vor Abschluss der Vertriebsvereinbarung mit der T. die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der KG einholen müssen. Er sei „der Beklagten daher gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet, die dieser dadurch entstanden sind, dass sie ihrerseits wegen der vom früheren Kläger begangenen Pflichtverletzung der SGF KG die durch die Vertriebsvereinbarung mit der T. GmbH entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen hat“.

1.2. Es besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts (BGH, Beschluss vom 04.03.2015, IV ZR 36/14, juris Tz. 15 m. w. N.). Insoweit wird auf die Ausführungen zur Begründetheit der Klage verwiesen. Es kann insbesondere dahinstehen, ob Ansprüche der SGF KG gegen die Beklagte bereits verjährt sind (s. u. Ziffer 2.4).

Die Abweisung der von der SGF KG gegen T. erhobenen Auskunftsklage (Urteil des OLG München vom 30.07.2015, U 3028/14 Kart, Anlage NZBE1) macht weder eine

- weitere - Bezifferung unmöglich, noch steht sie der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts entgegen. Hinsichtlich der Schäden, die dadurch entstanden sind, dass Vierol im Zeitraum zwischen September 2010 und März 2013 Produkte nicht unmittelbar bei der SGF KG, sondern über T. bezogen hat, hat die Beklagte die Schäden bereits beziffert.

1.3. Es kann dahinstehen, ob der Beklagten mittlerweile eine Bezifferung des gesamten Schadens möglich wäre. Auch in diesem Fall müsste sie nicht zur Leistungsklage übergehen. Bei Klageerhebung im Jahr 2010 war der Beklagten unstreitig eine Bezifferung nicht möglich. An einer zulässigerweise erhobenen Feststellungsklage darf die Klagepartei im Verlauf des Rechtsstreits jedoch grundsätzlich ohne Rücksicht auf die weitere Entwicklung des Schadens festhalten (BGH, Urteil vom 30.03.1983, VIII ZR 3/82, juris Tz. 28; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.1992, 5 U 228/91, juris Tz. 12).

2. Die Feststellungsklage ist begründet.

2.1. Der Abschluss der Vertriebsvereinbarung mit T. erfolgte ohne die erforderliche Einwilligung durch die Gesellschafterversammlung. Die Missachtung der Kompetenzordnung der Gesellschaft stellt eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers dar.

Der Geschäftsführer führt gemäß Ziffer 1.2 des Geschäftsführerdienstvertrages die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und des Gesellschaftsvertrages der SGF KG. Nach § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der SGF KG (Anlage B 1) i. V. m. der am 16.08.1996 beschlossenen Änderung (Anlage B 2) bedarf die Komplementärin zu Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.

Als außergewöhnliche Geschäfte im Sinne des § 5 Abs. 3 der Gesellschaftsvertrages der SGF KG, der keine Abweichungen von § 116 HGB i. V. m. §§ 163, 161 Abs. 2 HGB enthält, sind solche mit Ausnahmecharakter nach Art und Inhalt, insbesondere einschneidende Änderungen von Organisation oder Vertrieb unter Beachtung der besonderen Umstände der Gesellschaft zu verstehen (vgl. Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 116, Rn. 2).

Der Senat ist in seiner jetzigen Besetzung aufgrund der protokollierten Zeugenaussagen und den Ausführungen im Senatsurteil vom 02.10.2014, aus denen sich keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen ergeben, davon überzeugt, dass mit dem Abschluss des Vertriebsvertrags zwar keine „Aufgabe des Eigenvertriebs“ in dem Sinne verbunden war, dass die Beklagte Ersatzteile für Kraftfahrzeuge nicht mehr selbst an die Endkunden insbesondere Werkstätten lieferte, dass aber durch den Vertriebsvertrag mit T. eine weitere Ebene in der Vertriebsstruktur geschaffen wurde. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen wurden auch von den Parteien nicht vorgetragen.

Die Einführung einer weiteren Ebene in die Vertriebsstruktur ist eine solch einschneidende Änderung der Vertriebsorganisation, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin nach § 1.2 des Geschäftsführerdienstvertrages i. V. m. § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der SGF KG dazu der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurft hätte. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Abschluss von Vertriebsverträgen auf die Verfolgung des Gesellschaftszwecks gerichtet ist und der Ersatzteilmarkt nur einen kleineren Teil des Umsatzes der SGF KG ausmacht. Die Ausführungen des Kartellsenats des OLG München (Anlage NZBE 1), es bestünden keine Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken des früheren Klägers und Herrn Templin, um T. zur Lasten der SGF KG durch den Abschluss des Vertriebsvertrages Vorteile zu verschaffen, stehen der Annahme einer Pflichtverletzung nicht entgegen.

Während die SGF KG nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Wä., Wr., T. und R. vor Abschluss des Vertriebsvertrages mit T. mindestens drei größere Ersatzteilkunden hatte, wurde der Vertrieb mit Abschluss des Vertrages mit T. neu strukturiert. Der von der Klagepartei benannte Zeuge T. bekundete insbesondere, dass es sich bei T. um eine weitere Ebene zwischen SGF und den bisherigen Kunden handelte, habe jedoch die zusätzliche Aufgabe gehabt, den Markenwert wiederherzustellen. Bislang hätten die Ersatzteilkunden die Aufträge ihrer Kunden zusammengefasst und an SGF weitergegeben; T. habe im Wesentlichen die gleiche Aufgabe gehabt, sollte aber darüber hinaus das Produkt auch promoten. Diese vom Zeugen T. für den Senat in seiner damaligen Besetzung ausweislich des Senatsurteils vom 02.10.2014 nachvollziehbar begründete Übertragung einer weiteren Aufgabe auf T., die sich allerdings nicht aus dem schriftlichen Vertriebsvertrag ergibt, ändert nichts an der damit verbundenen Einführung einer weiteren Ebene in der Vertriebsstruktur.

Die Behauptung des Rechtsvorgängers der Klägerin, auch über die früheren Vertriebsvereinbarungen seien die Gesellschafter nicht vorher informiert worden, hat der Zeuge T. nicht bestätigt. Er bekundete vielmehr, er könne nichts dazu sagen, was zu Vertriebsvereinbarungen mit den Gesellschaftern besprochen worden sei.

Da die Beklagte eine Pflichtverletzung des früheren Klägers nachgewiesen hat, kann offenbleiben, ob sich die Beklagte auch gegenüber der jetzigen Klägerin auf die von der Rechtsprechung entwickelte Darlegungs- und Beweislastverteilung (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2022, II ZR 224/00) berufen kann.

2.2. Der frühere Kläger hat die Pflichtverletzung zu vertreten. Dies wird nach § 280 BGB i. V. m. dem Geschäftsführerdienstvertrag vermutet. Ein Rechtsirrtum wird nicht behauptet.

2.3. Der Abschluss des Vertriebsvertrages hat dadurch zu einem Schaden für die SGF KG geführt, dass - entgegen ihrem Willen - in die Vertriebsstruktur eine weitere Ebene eingeführt wurde und T. ein Preisnachlass gewährt wurde.

Aufgrund des vorgelegten Vertriebsvertrags, der Anlagen B 32 und B 33 und der Aussage des Zeugen G. (Seite 2 ff. des Protokolls vom 31.07.2014, Bl. 512 ff. d. A.) steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der SGF KG - über den bereits im Wege der Aufrechnung geltend gemachten Schadensersatz hinaus - dadurch Gewinn entgangen ist, dass die Firma Vi. ab September 2010 Gelenkscheiben nicht unmittelbar von der SGF KG, sondern von T. bezogen hat.

Ob und inwieweit der SGF KG dadurch ein weiterer Schaden entstanden ist, dass die weiteren Kunden ZF Services, Ho. und F. ebenfalls Gelenkscheiben nicht unmittelbar von der SGF KG, sondern von T. bezogen haben, und ob der SGF KG durch die in der Vertriebsvereinbarung geregelten Preisnachlässe Schäden in Höhe von mindestens € 868.540,00 entstanden sind (vgl. Seite 4 ff. Schriftsatzes der Beklagten vom 13.10.2016, Bl. 669 d. A.), muss im Rahmen der Feststellungsklage nicht entschieden werden. Denn im Verfahren, das zum Erlass eines Feststellungsurteils führt (§ 256 ZPO), ist für eine Prüfung und Entscheidung über die Höhe des festzustellenden Anspruchs kein Raum (BGH, Urteil vom 31.01.1984, VI ZR 150/82, juris Tz. 18).

Die Beklagte hat mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet, die darauf zurückzuführen sind, dass Vierol 850 Stück GAD-139-0, 5 Stück GAV-23-Z-0, 70 Stück GPD-3-0, 40 Stück TTV01-002-0, 350 Stück GAB01-009-0, 40 Stück GAB-106-0, 500 Stück GAB01-017-0, 650 Stück GAB-74-0, 100 Stück GAB-87-0, 400 Stück GAB01-003-0 und 150 Stück GAB01-015-0 nicht bei der SGF KG bezogen hat (Seite 20 des Schriftsatzes vom 31.12.2013, Bl. 413 d. A.). Diese Artikel (SGF-Bezeichnung) sind in der Anlage B 33 in den Zeilen 1- 12 aufgeführt.

Die weiteren in der Anlage B 33 in den Zeilen 13 ff. genannten Positionen waren nicht Gegenstand der Aufrechnung. Auch hinsichtlich dieser Produkte ist der Senat davon überzeugt, dass der SGF KG dadurch Gewinn entgangen ist, dass Vi. Produkte, die sie vor Abschluss des Vertriebsvertrages bei der SGF KG bezogen hat und nunmehr wieder bezieht, im Zeitraum zwischen September 2010 und März 2013 nicht unmittelbar bei der SGF KG, sondern über T. bezogen hat. Der Zeuge G. hat bekundet, er sei bei Vi. für den Einkauf zuständig gewesen und er habe die Anlage B 32 auf der Grundlage des Warenwirtschaftssystems erstellt. Vi. habe seit 2006 Gelenkscheiben bei SGF bezogen, dann seien sie informiert worden, dass das Aftermarket-Geschäft über die Firma T. abgewickelt werde. Für sie sei das Geschäft in gleicher Weise weiter gelaufen. Seit Februar oder März 2013 bezögen sie die Ware wieder unmittelbar bei SGF. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen G. sind aus dem Senatsurteil vom 02.10.2014 nicht ersichtlich und wurden von den Parteien auch nicht geäußert.

Die in der Anlage B 33 genannten Produkte entsprechen den in der Anlage B 32 aufgeführten. So werden z. B. in der zweiten Zeile der Anlage B 32 und der drittletzten Zeile der Anlage B 33 850 Stück der Artikelnummer V 30-18044 (OE 124 411 06 15; SGF-Bezeichnung GAD-129-0) genannt. Ausweislich der Anlage 1 zum Vertriebsvertrag betrug der bisherige Preis für dieses Produkt für Vi. € 11,34, während der jeweils geringste Verkaufspreis, der nach § 2 des Vertriebsvertrages Grundlage der Preisermittlung war, € 11,00 beträgt. Allein durch die Differenz von € 0,34 ist der SGF KG bei einer Stückzahl von 850 ein Schaden in Höhe von € 289,00 entstanden, ohne dass es darauf ankommt, welche Stückzahl in den ersten zwölf Monaten des Vertragslaufzeit des Vertriebsvertrages - mit der Folge eines Preisabschlags von 10% - erworben wurde. Der Senat versteht den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 13.10.2016 (S. 5, Bl. 670 d. A.) und die aus der mit diesem Schriftsatz vorgelegten weiteren Anlage B 36 ersichtliche Berechnung eines Mindestschadens, der allein durch die gewährten Preisnachlässe von 10% und weiteren 4% entstanden sein soll, nicht dahingehend, dass die Beklagte ihren Vortrag, sie hätte die Produkte an Vi. zu den gleichen Preisen wie bisher verkaufen können (Seite 19 des Schriftsatzes vom 31.12.2013, Bl. 412 d. A.), aufgegeben hat. Die Beklagte behauptet nämlich auch, die SGF KG hätte nicht zum niedrigsten Preis veräußert, sondern innerhalb des gegebenen Preisgefälles höhere Preise vereinbart (Seite 5, Bl. 670 d. A.) und beruft sich auf die im Senatsurteil vom 02.10.2014 wieder gegebene Aussage des Zeugen G. (S. 9, Bl. 674 d. A.). Dass Vi. die Produkte mindestens zu dem gleichen Preis wie bisher bezogen hätte, ergibt sich - im Rahmen des § 287 ZPO (BGH, Urteil vom 04.11.2002, II ZR 224/00, juris Tz. 15) - aus der Aussage des Zeugen G., für Vi. sei das Geschäft in gleicher Weise weiter gelaufen. Es sei durchaus zu Preisveränderungen gekommen. Als sie bei T. bezogen hätten, seien die Preise nach oben gegangen, als sie wieder bei der SGF KG bezogen hätten, seien die Preise artikelabhängig wieder nach unten gegangen.

2.4. Im Rahmen der Feststellungsklage beruft sich die Klägerin ohne Erfolg darauf, der Abschluss des Vertriebsvertrages habe zu einem wirtschaftlichen Vorteil für die SGF KG geführt, weil sich ihr Umsatz infolge des garantierten Umsatzvolumens durch den Vertriebsvertrag um ca. € 1 Mio. pro Jahr gesteigert habe (Seite 9 ff. des Schriftsatzes vom 11.10.2016, Bl. 660 ff. d. A.). Ob und ggf. inwieweit Vorteile aus dem Vertriebsvertrag den entgangenen Gewinn mindern, kann erst beurteilt werden, wenn feststeht, welche Teile die SGF KG in welchem Jahr unmittelbar an welchen Kunden zu welchem Preis hätte veräußern können, also welchen Veräußerungserlös sie - ohne Vertriebsvertrag - bei ihren vier Bestandskunden hätte erzielen können und welche Zahlungen sie von T. aufgrund der Umsatzgarantie im Vertriebsvertrag erhalten hat.

Der von der Klägerin vorgenommenen „Berechnung“ mit durchschnittlichen Stückpreisen - unabhängig vom Produkt - vermag der Senat nicht zu folgen. Dass die Vermögensnachteile (entgangener Gewinn) durch die Vermögensvorteile (Umsatzgarantie) ausgeglichen worden wären, ergibt sich daraus nicht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Schaden der SGF KG, den die Beklagte zunächst für eine fünfjährige Vertragslaufzeit mit € 6 Mio. angegeben hat (Schriftsatz vom 24.07.2013, Bl. 283 d. A.) und dann für die Vertragsjahre 2010/2011 sowie 2011/2012 mit mindestens € 1,5 Mio. beziffert hat, den von der Klägerin mit € 1.160.913,00 bezifferten Gewinn aus der Vertriebsvereinbarung (Seite 12 des Schriftsatzes vom 11.10.2016, Bl. 663 d. A.) übersteigt.

2.5. Ohne Erfolg berufen sich die Klägerin und die Nebenintervenientin darauf, (etwaige) Schadensersatzansprüche der SGF KG gegen die Beklagte als Komplementärin aus § 280 BGB seien mittlerweile nach §§ 195, 199 BGB verjährt und die Beklagte sei gemäß § 254 Abs. 2 BGB gehalten, den behaupteten Schaden durch Einrede der Verjährung zu mindern.

Die Beklagte hat im Prozess deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, ihrerseits wegen der Pflichtverletzung ihres Geschäftsführers der SGF KG zum Schadensersatz verpflichtet zu sein. Ob die einmalige Schadensersatzzahlung „durch Verrechnung“ in Höhe von € 10.455,00 am 13.10.2013 (vgl. Seite 2 des Protokolls vom 28.11.2013, Bl. 389 d. A.) bzw. „Buchung auf den Darlehenskonten“ (Seite 9 des Protokolls vom 31.07.2014, Bl. 519 d. A.) als Anerkennungshandlung im Sinne des § 212 Abs.1 Nr. 1 BGB zu sehen ist, kann dahin stehen. Denn die Beklagte ist weder gehalten, gegenüber der SGF KG die Einrede der Verjährung zu erheben, noch war es ihr umgekehrt verwehrt durch diese Zahlung ihre Haftung anzuerkennen.

Die von der Klägerin und der Nebenintervenientin zitierte Rechtsprechung betrifft andere Fallkonstellationen und ist auf den streitgegenständlichen Fall nicht übertragbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Rahmen einer werkvertraglichen Leistungskette der Nachunternehmer gegebenenfalls zwecks Minderung des Schadens zur Erhebung der Verjährungseinrede gehalten (Urteil vom 28.06.2007, VII ZR 81/06, juris Tz. 23 m. w. N.). Das OLG Hamm (Urteil vom 24.05.1995, 12 U 159/94, juris Tz. 8) hat zur Frage, ob eine Partei von ihrem Vertragspartner noch in Anspruch genommen werden kann ausgeführt, ein Mitverschulden i. S. d. § 254 Abs. 2 BGB müsse bejaht werden, wenn der Geschädigte Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Abwendung oder Minderung von Schäden ergreifen würde, wobei Abgrenzungsmaßstab der Grundsatz von Treu und Glauben ist. Besondere Umstände, die es ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen ließen, die Verjährungseinrede zu erheben, waren in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall nicht zu erkennen. Anders als in diesen Fallkonstellationen sind die SGF KG und die Beklagte jedoch nicht Vertragspartner eines Werkvertrags o.ä. Die Beklagte ist vielmehr die einzige Komplementärin der SGF KG; nach § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags erbringt sie keine Kapitaleinlage und keinen Kapitalanteil. Ihre alleinige Aufgabe besteht darin, die Geschäfte der SGF KG zu führen. Die Beklagte verhielte sich gegenüber der SGF KG treuwidrig, wenn sie einerseits die Feststellung begehrte, dass die Klägerin ihr zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet ist, die der SGF KG durch die Vertriebsvereinbarung entstanden sind oder noch entstehen werden und die der SGF KG von der Beklagten ersetzt werden, und andererseits nun - nachdem Schadenersatzansprüche der SGF KG gegen die Klägerin (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2002, II ZR 236/00, juris Tz. 11) verjährt sind - gegenüber der SGF KG die Einrede der Verjährung erhöbe. Entgegen der von der Nebenintervenientin im Schriftsatz vom 08.11.2016 vertretenen Ansicht (Seite 10, Bl. 691 d. A.) handelt es sich bei der Beklagten und der SGF KG in der vorliegenden Fallkonstellation nicht um zwei wirtschaftliche denkende Unternehmen, deren Verhältnis einer konzernrechtlichen Verbindung vergleichbar ist, für die in der Literatur (Kraft/Giermann, VersR 2001, 1475) die Ansicht vertreten wird, sie rechtfertige für sich genommen keine Ausnahme von der grundsätzlichen Obliegenheit, die Einrede der Verjährung zu erheben. Wirtschaftsunternehmen dokumentierten ihre Vertragsbeziehungen und Ansprüche grundsätzlich ohne Rücksicht auf ein etwaiges Näheverhältnis zu ihrem Vertragspartner.

3. Die als Erbin in Anspruch genommene Klägerin hat im Prozess die haftungsbeschränkende Einrede nach § 780 ZPO erhoben. Für die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung bedarf es keines Sachvortrags (BGH, Urteil vom 02.02.2010, VI ZR 82/09, juris Tz. 7).

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 708 Nr. 10, § 711 und § 543 Abs. 2 ZPO.

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 43 Haftung der Geschäftsführer


(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. (2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Sch

Handelsgesetzbuch - HGB | § 161


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 212 Neubeginn der Verjährung


(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn1.der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder2.eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 780 Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung


(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. (2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird

Handelsgesetzbuch - HGB | § 116


(1) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt. (2) Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gese

Handelsgesetzbuch - HGB | § 163


Für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander gelten in Ermangelung abweichender Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags die besonderen Vorschriften der §§ 164 bis 169.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2015 - IV ZR 36/14

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR36/14 vom 4. März 2015 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski u

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(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 305/14 Verkündet am:
21. Juni 2016
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Inhalt und Reichweite des Klagebegehrens ebenso wie des Widerklagebegehrens
werden nicht allein durch den Wortlaut des Antrags bestimmt. Vielmehr ist der Antrag
unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen.

b) Bei der Auslegung des Klageantrags ist wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs
auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör im Zweifel das als gewollt
anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und
der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR 305/14 - OLG München
LG Traunstein
ECLI:DE:BGH:2016:210616UIIZR305.14.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2016 durch den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie die Richter Wöstmann und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. Oktober 2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. November 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Geschäftsführerdienstverhältnis. Die Klägerin führt als Erbin ihres am 14. Dezember 2015 während des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision verstorbenen Ehemannes und früheren Klägers den Rechtsstreit fort.
2
Der frühere Kläger (im Folgenden: Kläger) war Geschäftsführer der Beklagten. Die Beklagte ist die einzige Komplementärin der S. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG), eines weltweit tätigen Automobilzulieferers. Als Geschäftsführer der Beklagten führte der Kläger auf der Grundlage seines Geschäftsführeranstellungsvertrages mit der Beklagten vom 28. Juli 2005 die Geschäfte der KG.
3
Am 18. November 2010 kündigte die Beklagte das Geschäftsführerdienstverhältnis mit dem Kläger aus wichtigem Grund. Die Kündigung war unter anderem darauf gestützt, dass der Kläger am 28. Juli 2010 ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung der KG für diese mit der T. GmbH (im Folgenden: T. ) eine auf die Dauer von fünf Jahren nicht ordentlich kündbare Vertriebsvereinbarung geschlossen hatte, mit der die KG der T. weltweit das alleinige Vertriebsrecht auf dem sog. „Independent After- market“ für alle von ihr hergestellten Produkte für Kraftfahrzeuge einräumte.
4
Der Kläger, der die fristlose Kündigung für unwirksam hält, hat die Beklagte auf Zahlung der Vergütungen für die Monate November 2010 bis Sep- tember 2011 in Höhe von 232.961,74 € sowie einer restlichen Tantieme für das Jahr 2009 in Höhe von 10.455 € in Anspruch genommen. Die Beklagte beruft sich gegenüber den Vergütungsforderungen auf die fristlose Kündigung. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe mit dem Abschluss der Vertriebsvereinbarung pflichtwidrig gehandelt, weil er seine Kompetenzen überschritten habe. Durch den Abschluss der Vereinbarung mit der T. sei der KG ein erheblicher, noch nicht abschließend bezifferbarer Schaden entstanden, weil sie erhebliche Einbußen bei der Gewinnmarge der bislang von ihr selbst vertriebenen Produkte hinnehmen müsse. Die Beklagte hat gegen den Tantiemeanspruch mit einem Schadensersatzanspruch aufgerechnet. Außerdem hat sie Widerklage erhoben und beantragt festzustellen, „dass der Kläger der Beklagten zum Ersatz sämtli- cher Schäden verpflichtet ist, die der S. GmbH & Co. KG durch die Vertriebsvereinbarung zwischen der S. GmbH & Co. KG und der T. GmbH vom 28. Juli 2010 entstanden sind und noch entstehen werden“.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Der Kläger hat gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. November 2013 den Antrag auf Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe gestellt, dass der in erster Instanz gestellte Feststellungsantrag am Ende ergänzt wird um „und der S. GmbH & Co. KG von der Beklagten ersetzt werden“ und hat diesen Antrag in der Berufungsinstanz bis zuletzt so gestellt. Das Berufungsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts bis auf einen Betrag von 5.233,15 € nebst Zinsen bestätigt. Hinsichtlich der weitergehenden Tantie- meforderung hat es die von der Beklagten in der zweiten Instanz erklärte Aufrechnung mit einem ihr zustehenden Schadensersatzanspruch wegen eines Einzelschadens aus dem Abschluss der Vertriebsvereinbarung mit der T. , den die Beklagte der KG in Höhe von 5.221,85 € ersetzt hat, durchgreifen las- sen. Die Widerklage hat es als unzulässig abgewiesen. Gegen die Entscheidung über die Widerklage wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung über die Widerklage im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der ursprüngliche, in erster Instanz gestellte Widerklageantrag sei unzulässig , weil die Beklagte lediglich die Feststellung begehrt habe, dass der Kläger ihr zum Ersatz sämtlicher der KG durch die Vertriebsvereinbarung mit der T. entstandenen oder noch entstehenden Schäden verpflichtet sei, nicht jedoch der ihr selbst entstandenen oder noch entstehenden Schäden. Die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft habe sie nicht dargetan. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren nach Ergänzung des erstinstanzlichen Antrags begehrte Feststellung, dass der Kläger der Beklagten zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet sein solle, die diese der KG zu ersetzen habe, ziele nicht mehr auf einen Schaden der KG, sondern einen eigenen (Ausgleichs-)Anspruch der Beklagten ab. Dies stelle aber nicht nur eine Klarstellung oder eine unter § 264 Nr. 2 ZPO fallende Erweiterung oder Beschränkung des ursprünglichen Klageantrags, sondern eine Klageänderung dar, die nur im Wege der Anschlussberufung möglich sei. Da die Beklagte keine Anschlussberufung eingelegt habe, sei über den neugefassten Widerklageantrag nicht zu entscheiden gewesen.
9
II. Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in der Ergänzung des Feststellungsantrags durch die Beklagte keine (Wider-)Klageänderung, sondern lediglich eine Klarstellung ihres schon in erster Instanz mit diesem Inhalt gestellten (Wider-) Klageantrags. Damit kommt es nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob die Prüfung des Widerklagebegehrens von zusätzlichen Voraussetzungen abhängt.
10
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte mit ihrem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Widerklageantrag einen ihr selbst zustehenden Ausgleichsanspruch gegen den Kläger festgestellt wissen will. Dieser bezieht sich, wie dem Wortlaut des ergänzten Antrags unzweifelhaft zu entnehmen ist, auf den Ausgleich eines eigenen Schadens der Beklagten.
11
2. Dieses Begehren war aber auch schon Gegenstand der in erster Instanz erhobenen Widerklage.
12
a) Inhalt und Reichweite des Klagebegehrens - ebenso wie des Widerklagebegehrens - werden nicht allein durch den Wortlaut des Antrags bestimmt. Dieser ist unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 312/96, BGH, NJW-RR 1998, 1005; Urteil vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09, NJW-RR 2012, 872 Rn. 23). Denn der prozessuale Anspruch im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, festgelegt (BGH, Urteil vom 17. März 2016 - IX ZR 142/14, juris Rn. 17; Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 166/14, ZIP 2015, 1701 Rn. 14). Bei der Auslegung des Klageantrags ist im Zweifel wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör das als gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 - I ZB 102/14, MDR 2016, 411 Rn. 15; Beschluss vom 27. Januar 2015 - II ZR 191/13, juris Rn. 10).
13
Dabei unterliegt die inhaltliche Bewertung des Klageantrags durch das Berufungsgericht der uneingeschränkten Überprüfung in der Revisionsinstanz.
Denn es steht die Auslegung einer Prozesserklärung in Frage, die das Revisionsgericht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne Einschränkung nachprüfen darf (vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 281/14, NJW 2016, 1083 Rn. 15; Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14, DB 2016, 827 Rn. 40; Urteil vom 12. Dezember 2014 - V ZR 53/14, NJW-RR 2015, 583 Rn. 8; Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, NJW 2014, 3314 Rn. 15).
14
b) Nach den dargelegten, für die Auslegung einer Prozesserklärung geltenden Maßstäben war schon der ursprüngliche Widerklageantrag, wie ihn die Beklagte in der Klageerwiderung vom 16. März 2011 in das Verfahren eingeführt und bis zum Schluss der 1. Instanz gestellt hat, auf die Geltendmachung eines ihr entstandenen Schadens gerichtet.
15
aa) Der in erster Instanz gestellte Widerklageantrag ist unklar formuliert. Dem Antrag lässt sich zwar entnehmen, dass es der Beklagten um die Feststel- lung eines ihr selbst zustehenden Ausgleichsanspruchs geht, wenn der „Kläger der Beklagten zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet“ sein soll. Dabei soll es sich aber um diejenigen Schäden handeln, die der KG durch die Vertriebsvereinbarung entstanden sind oder noch entstehen werden. Deshalb liegt das Verständnis nahe, dass die Beklagte mit ihrem Antrag auf den Ersatz von Schäden eines Dritten abzielt. Denkbar ist aber auch, dass diese Beschreibung nur dazu dienen soll, den Anlass für den geltend gemachten Ausgleichsanspruch und seinen Umfang näher bestimmbar zu machen.
16
bb) Der zur Auslegung des Widerklageantrags heranzuziehenden Begründung in der Klageerwiderung vom 16. März 2011 lässt sich jedoch deutlich entnehmen, dass letzteres der Fall ist und die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz eines eigenen Schadens festgestellt haben möchte. So führt die Beklagte auf den Seiten 14 und 15 dieses Schriftsatzes aus, dass es „neben der Verant- wortlichkeit des Geschäftsführers gegenüber der Kommanditgesellschaft“ bei „seiner unmittelbaren Haftung gegenüber der GmbH aus § 43Abs. 2 GmbHG“ bleibe, „wenn diese satzungsgemäß für die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft verantwortlich ist“. Der Kläger habe vor Abschluss der Vertriebs- vereinbarung mit der T. die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der KG einholen müssen. Er sei „der Beklagten daher gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet, die dieser dadurch entstanden sind, dass sie ihrerseits wegen der vom Kläger begangenen Pflichtverletzung der S. GmbH & Co. KG die durch die Vertriebsvereinbarung mit der T. GmbH entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen hat“. Dieser Vortrag, den die Beklagte nahezu gleichlautend in der zweiten Instanz wiederholt hat, lässt keinen Zweifel daran, dass die Beklagte den Ausgleich eigener Schäden begehrt, deren Umfang sich danach richten soll, in welcher Höhe der KG aus der vom Kläger abgeschlossenen Vertriebsvereinbarung ein Schaden entstanden ist, den die Beklagte dieser zu ersetzen hat. In diesem Sinn hat auch das Landgericht das Begehren der Beklagten verstanden und festgestellt, dass der Beklagten durch die Pflichtverletzung des Klägers ein Schaden entstanden ist, den er der Beklagten zu ersetzen hat, dessen Höhe aber noch nicht feststeht.
17
cc) Einer Berücksichtigung dieser Ausführungen im Klageerwiderungsschriftsatz bei der Auslegung des Widerklageantrags steht nicht entgegen, dass die Beklagte diesen Vortrag zu einem ihr zustehenden Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit ihren Darlegungen zu der von ihr erklärten Auf- rechnung gegen den Klageanspruch gehalten hat. Indem die Beklagte „zur Begründung“ ihrer Widerklage ausdrücklich auf diese Ausführungen verwiesen hat, um „überflüssige Wiederholungen“ zu vermeiden, hat sie entgegen der Auf- fassung des Berufungsgerichts diese Ausführungen zum Inhalt ihrer Widerkla- gebegründung gemacht. Das Berufungsgericht fasst rechtsfehlerhaft die einleitende Wiederholung des Antrags bereits als dessen Begründung auf, ohne dem folgenden Satz „Zur Begründung …“ die ihm zukommende Bedeutung beizu- messen.
18
Da sich der Gegenstand der Widerklage - wie ausgeführt - schon der Gesamtwürdigung von Antrag und Begründung entnehmen lässt, kommt es entgegen der Meinung des Berufungsgerichts auch nicht darauf an, dass die Beklagte auf den in einem nachgelassenen Schriftsatz noch in erster Instanz erhobenen Einwand des Klägers, der Beklagten fehle die Aktivlegitimation, nicht reagiert hat.
19
3. Hatte die Widerklage schon in erster Instanz die Feststellung eines der Beklagten zustehenden Anspruchs auf Ersatz ihrer eigenen Schäden zum Gegenstand , stellt sich die von den Parteien erörterte Frage, ob es sich bei der Ergänzung des Widerklageantrags im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. November 2013 um eine Klageänderung oder eine § 264 Nr. 2 ZPO unterfallende Beschränkung des Klageantrags handelt, nicht. Mit der vorgenomme- nen Ergänzung des Widerklageantrags um die Formulierung „und der S. GmbH & Co. KG von der Beklagten ersetzt wer- den“ hat die Beklagte lediglich den Wortlaut des in erster Instanz gestellten Wi- derklageantrags klargestellt und ihn dem Inhalt angepasst, der dem Widerklageantrag , nimmt man seine Begründung in den Blick, ohnehin durch Auslegung zu entnehmen war. Eine inhaltliche Änderung des mit der Widerklage verfolgten prozessualen Anspruchs war damit nicht verbunden.
20
4. Danach ist das Berufungsurteil hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 ZPO). Dabei wird das Berufungsgericht auch über die von der Klägerin im Revisionsverfahren erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung gem. § 780 ZPO zu befinden haben.
Strohn Caliebe Reichart Wöstmann Sunder
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 26.06.2013 - 1 HKO 4672/10 -
OLG München, Entscheidung vom 02.10.2014 - 23 U 2755/13 -

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR36/14
vom
4. März 2015
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt,
die Richter Dr. Karczewski und Dr. Schoppmeyer
am 4. März 2015

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 19. Dezember 2013 gemäß § 552a ZPO mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Der Streitwert wird auf bis zu 500 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz aufgrund einer nicht erfolgten Deckungszusage.

2
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung. Es gelten die ARB-RU 2007 der Beklagten. Nach § 3 Abs. 1 d) ARB-RU 2007 besteht kein Rechtschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen "in ursächlichen Zusammenhang mit
3
aa) dem Erwerb oder der Veräußerung eines zu Bauzwecken bestimmten Grundstücks,
4
bb) der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils , das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt ,
5
cc) der genehmigungs- oder anzeigepflichtigen baulichen Veränderung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt,
6
dd) der Beteiligung an einem geschlossenen oder offenen Immobilienfonds ,
7
ee) der Finanzierung einer der unter aa) bis dd) genannten Vorhaben."
8
Die Klägerin erwarb im Januar 2008 eine Kommanditbeteiligung in Höhe von 20.000 € an der "M. -Fonds KG III" (im Folgenden: Fonds KG III). Dieser Fonds setzte die von ihm eingeworbenen Mittel ausschließlich für stille Beteiligungen an Pro- jektgesellschaften ein, die im süddeutschen Raum Bauvorhaben durchführten. Die Fonds KG III ist inzwischen insolvent. Mittelverwendungskontrolleurin war die C. Steuerberatungsgesellschaft mbH (fortan C. GmbH). Die Parteien streiten darum, ob die Beteiligung der Klägerin an der Fonds KG III eine Beteiligung an einem Immobilienfonds darstellt und ob die Rechtsangelegenheit der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung am Fonds steht.
9
Außergerichtlich verlangte die Klägerin zunächst Deckungsschutz für Ansprüche gegen die Initiatorin I. KG, deren handelnde Personen und gegebenenfalls weitere Prospektverantwortliche. Die Beklagte lehnte Deckungsschutz ab und berief sich unter anderem auf § 3 Abs. 1
d) dd) ARB-RU 2007. Daraufhin erhob die Klägerin Klage auf Deckungsschutz. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2012 hat sie beantragt, Deckung für die außergerichtliche Tätigkeit und zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die C. GmbH wegen Verstoß bei der Ausübung der Mittelverwendungskontrolle und Prospekthaftung im Zusammenhang mit der Beteiligung der Klägerin an der Fonds KG III zu gewähren. Weiterhin hat sie beantragt festzustellen , dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr "den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der verspäteten Gewährung des Deckungsschutzes nach Antrag 1 entstanden ist oder noch entstehen wird."
10
Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13. November 2012 stattgegeben. Am 4. Januar 2013 stellte die C. GmbH einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht München; weitere 850 Anleger - vertreten vom Instanzanwalt der Klägerin - stellten ebenfalls Insolvenzantrag. Am 18. Juli 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C. GmbH eröffnet. In der Berufungsinstanz beim Landgericht ha- ben die Parteien daraufhin den Klageantrag Ziff. 1 auf Deckungsschutz übereinstimmend für erledigt erklärt. Den allein noch verbliebenen Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte einen Verzugsschaden zu ersetzen habe, hat das Landgericht abgewiesen. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
11
II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
12
1. Die vom Landgericht als grundsätzlich angesehenen Fragen, unter welchen Voraussetzungen ein Fonds als "Immobilienfonds" i.S. von § 3 Abs. 1 d) dd) ARB-RU 2007 anzusehen ist und wann eine Rechtsangelegenheit im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem solchen Immobilienfonds steht, stellen sich nicht. Denn die allein noch anhängige Feststellungsklage ist unzulässig.
13
a) Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ist in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen.
14
b) Die Feststellungsklage ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 256 ZPO nicht erfüllt sind.
15
Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur zulässig, wenn zumindest eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 m.w.N.; zuletzt BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - III ZR 51/13, ZIP 2015, 198 Rn. 12). Daran fehlt es, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 197/12, ZIP 2014, 2150 Rn. 11 m.w.N.); der Kläger muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts substantiiert dartun.
16
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - nicht erfüllt. Gegenstand des Rechtsstreits ist allein ein Rechtsschutz für Ansprüche gegen die C. GmbH. Die Klägerin hat jedoch nichts dazu vorgetragen, warum ihr aus einer verzögerten Deckungszusage für die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen die C. GmbH ein Schaden entstehen oder entstanden sein soll.
17
Ein Schaden ist auch nicht ersichtlich. Deckungsschutz für eine Rechtsverfolgung gegenüber der C. GmbH hat die Klägerin erstmals konkret mit dem Klageantrag vom 29. August 2012 verlangt. Selbst wenn die Beklagte umgehend eine Deckungszusage erteilt hätte, hätte dies an der Vermögenssituation der Klägerin nichts geändert. Denn bereits am 4. Januar 2013 - also weniger als ein halbes Jahr später - stellten die C. GmbH sowie 850 vom Instanzanwalt der Klägerin vertretene Anleger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens; das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C. GmbH wurde am 18. Juli 2013 eröffnet. Unter diesen Umständen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in der Zeit bis zum 4. Januar 2013, bis zum 18. Juli 2013 oder bis zur Erledigungserklärung irgendeine Möglichkeit gehabt hätte, ihre behaupteten Ansprüche gegen die C. GmbH auch nur zu einem geringen Teil zu befriedigen. Anderweitige Schäden hat die Klägerin ebenso wenig dargetan.

18
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen; auch bei Durchführung eines Revisionsverfahrens verbliebe es aus obigen Gründen bei der Abweisung der Klage.
Mayen Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski Dr. Schoppmeyer
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 13.11.2012- 112 C 18023/12 -
LG München I, Entscheidung vom 19.12.2013- 31 S 26305/12 -

(1) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt.

(2) Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich.

(3) Zur Bestellung eines Prokuristen bedarf es der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter, es sei denn, daß Gefahr im Verzug ist. Der Widerruf der Prokura kann von jedem der zur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung befugten Gesellschafter erfolgen.

Für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander gelten in Ermangelung abweichender Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags die besonderen Vorschriften der §§ 164 bis 169.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 224/00 Verkündet am:
4. November 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine GmbH trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren
Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG - entsprechend den Grundsätzen
zu §§ 93 Abs. 2 AktG, 34 Abs. 2 GenG - die Darlegungs- und Beweislast nur
dafür, daß und inwieweit ihr durch ein Verhalten des Geschäftsführers in dessen
Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr die Erleichterungen des
§ 287 ZPO zugute kommen können. Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen
und erforderlichenfalls zu beweisen, daß er seinen Sorgfaltspflichten gemäß
§ 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft,
oder daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten
wäre.
BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 4. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das "Teil-Anerkenntnisurteil und Urteil" des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Juli 2000 insoweit aufgehoben, als die Klage auf die Berufung der Beklagten in Höhe von 720.571,72 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 2. September 1997 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war ab 1. Januar 1978 zunächst Mitgeschäftsführerin, ab Februar 1991 Alleingeschäftsführerin der klagenden GmbH, die an zwei benachbarten Standorten Maschinen produziert. Alleingesellschafter der Klägerin war ursprünglich der Lebensgefährte der Beklagten, der am 31. Januar 1992
verstarb. Kurz zuvor hatte er seine Tochter aus früherer Ehe als Alleinerbin und die Beklagte als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. In den folgenden Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin zunehmend, was zum Streit zwischen der Beklagten und der nunmehrigen Alleingesellschafterin der Klägerin führte. Am 12. Dezember 1996 wurde die Beklagte als Geschäftsführerin abberufen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte in erster Instanz auf Schadensersatz in Höhe von 777.743,63 DM, zum Teil wegen angeblich zweckwidriger Verwendung von Gesellschaftsmitteln, in Anspruch genommen. In Höhe eines Teilbetrages von 740.524,60 DM hat sie die Klage - insoweit für die Revisionsinstanz noch von Belang - unter Vorlage eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens darauf gestützt, daß die Beklagte auf die ungenügende Auslastung der Fertigungskapazitäten beider Betriebsstätten pflichtwidrig nicht rechtzeitig reagiert und es versäumt habe, im Zeitraum von August 1995 bis August 1996 Kurzarbeit anzumelden (§ 72 AFG). Dadurch sei der Klägerin ein Schaden in Form unnötiger Lohnkosten von 740.524,60 DM entstanden. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 728.995,81 DM stattgegeben, wovon 720.571,72 DM auf den Lohnkostenschaden der Klägerin entfallen. Hinsichtlich dieses Betrages hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung scheitert die Klage nicht an fehlendem Vortrag der Klägerin zu dem Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG als materiell-rechtlicher Voraussetzung (vgl. BGHZ 97, 382, 390) für die Erhebung von Ersatzansprüchen auch gegenüber ausgeschiedenen Geschäftsführern (vgl. BGHZ 28, 355, 357; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 236/96, ZIP 1998, 332). Die Revisionserwiderung weist selbst auf den - vermeintlich "pauschalen" - Vortrag der Klägerin hin, ihre Gesellschafterversammlung habe am 29. Mai 1997 die Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen die Beklagte beschlossen. Da ein Bestreiten dieses Vortrags durch die Beklagte nicht ersichtlich ist, bedurfte es keiner näheren Angaben oder Nachweise zu dem Gesellschafterbeschluß. Ebensowenig brauchte die Klägerin ausdrücklich vorzutragen, daß sie keinen besonderen Prozeßvertreter (anstelle ihres Geschäftsführers) gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG bestellt habe (vgl. Sen.Urt. v. 24. Februar 1992 - II ZR 79/91, ZIP 1992, 760).
II. Das Berufungsgericht hält die geltend gemachten Schadensersatzansprüche schon deshalb für unbegründet, weil die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, daß die Beklagte mit der Nichtanmeldung von Kurzarbeit ab August 1995 die Grenzen des ihr zustehenden unternehmerischen Ermessens (vgl. BGHZ 135, 244) überschritten und damit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG zuwider gehandelt habe. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht stelle mit seiner Ansicht nahezu unerfüllbare Substantiierungsanforderungen und verkenne vor allem die hier maßgebenden Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast.
1. Nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG und der §§ 34 Abs. 2 Satz 2, 41 GenG trifft die betreffenden Organmitglieder im Streitfall die (Darlegungs- und) Beweislast dafür, daß sie "die Sorgfalt eines or-
dentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben". Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände (vgl. Hüffer, AktG 5. Aufl. § 93 Rdn. 16) rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. Müller, GenG 2. Aufl. § 34 Rdn. 49). Für den Geschäftsführer einer GmbH kann jedenfalls dann, wenn er nach eigenem Gutdünken und nicht auf konkrete Weisung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6 GmbHG) gehandelt hat, im Ergebnis nichts anderes gelten, mag auch das GmbHG für ihn (in § 43 GmbHG) keine ausdrückliche entsprechende Regelung enthalten.

a) Bereits das Reichsgericht hat lange vor Einfügung des § 34 Abs. 2 Satz 2 GenG (durch Gesetz vom 9. Oktober 1973, BGBl. I, S. 1451) entsprechende Grundsätze auf den Vorstand einer Genossenschaft angewendet (RGZ 13, 43) und in späteren Entscheidungen ausgeführt, eine Genossenschaft brauche zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen ihre Verwaltungsträger nur darzutun, "daß ihr aus deren Geschäftsgebarung im Rahmen des ihnen obliegenden Pflichtenkreises ein Schaden erwachsen ist"; sei dieser Nachweis geführt, obliege dem Vorstand der Nachweis, daß er trotz entgegenstehenden Anscheins seine Pflichten erfüllt, also alles getan habe, um die Genossenschaft vor Schaden zu bewahren, oder daß ihm die Erfüllung dieser Pflicht ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (RG DR 1939, 723 m.N.; weitere Nachweise bei Goette, ZGR 1995, 648, 650 ff.). Für den Geschäftsführer einer GmbH folgert RGZ 98, 98 Entsprechendes daraus, daß er der Gesellschaft aufgrund seines Dienstvertrages auskunfts- und rechenschaftspflichtig sei (§§ 259, 666, 675 BGB).


b) Auf der gleichen Linie liegt es, daß auch der Senat von dem Ge- schäftsführer einer GmbH insbesondere in den Fällen eines ungeklärten Kassen - oder Warenfehlbestandes den Nachweis verlangt, daß er die gebotene Sorgfalt zur Verhinderung des Fehlbestandes angewandt hat oder unverschuldet dazu nicht imstande war (vgl. Sen.Urt. v. 26. November 1990 - II ZR 223/89, ZIP 1991, 159 m.w.N.). Zwar hat der Senat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 1991 (II ZR 43/91, ZIP 1992, 108) und vom 21. März 1994 (II ZR 260/92, ZIP 1994, 872) ausgeführt, die Gesellschaft müsse nachweisen, daß ihr infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsführers ein Schaden entstanden sei. In beiden Fällen ging es aber nicht um den Nachweis der von der Gesellschaft behaupteten Pflichtwidrigkeit, sondern um deren Kausalität für einen Schaden der Gesellschaft. Auch nach den Grundsätzen des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG trifft die Gesellschaft - ggf. mit der Erleichterung des § 287 ZPO (vgl. unten III) - die Darlegungs- und Beweislast für einen Schaden und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsleiters in seinem Pflichtenkreis, das als pflichtwidrig überhaupt in Betracht kommt, sich also insofern als "möglicherweise" pflichtwidrig darstellt (vgl. Goette, ZGR 1995, 648, 671 ff.; Hüffer aaO, § 93 Rdn. 16). Ebenso wie der Vorstand nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG muß aber auch der Geschäftsführer einer GmbH - entsprechend der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der überwiegenden Ansicht im neueren Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Goette aaO, S. 649; Hüffer aaO; Scholz/Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 167 c) - sich dahin entlasten, daß er nach den Umständen , die er darzulegen und zu beweisen hat, seinen (mit § 93 Abs. 1 AktG gleichlautenden) Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder schuldlos nicht nachkommen konnte, oder daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Das schließt ggf. den Nachweis der Einhaltung seines - grundsätzlich weiten - unternehmerischen
Ermessensspielraums (vgl. hierzu BGHZ 135, 244, 253) ein. All dies gilt auch dann, wenn dem Geschäftsführer das (pflichtwidrige) Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird, zumal die Abgrenzung gegenüber der Pflichtwidrigkeit einer statt dessen vorgenommenen Handlung häufig fließend ist.
Gegenüber einem ausgeschiedenen Geschäftsführer (wie hier der Beklagten ) gilt im wesentlichen nichts anderes. Vor einer Überspannung seiner Darlegungs- und Beweislast ist er dadurch geschützt, daß die Gesellschaft die angebliche Pflichtverletzung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu bezeichnen hat. Soweit zu seiner Verteidigung erforderlich, hat die Gesellschaft ihm Einsicht in die dafür maßgeblichen Unterlagen zu gewähren.
2. Nach diesen Grundsätzen scheitert die vorliegende Klage nicht an fehlenden Darlegungen der Klägerin zur Pflichtwidrigkeit der Unterlassung der Beklagten, Kurzarbeit anzumelden.

a) Die Klägerin hat, wie die Revision im einzelnen ausführt, unter Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers mit zusätzlichen Beweisantritten detailliert dargelegt, daß die Auslastung ihrer Betriebe im Sommer 1995 zum Teil um mehr als die Hälfte zurückgegangen und die Beklagte sogar von Betriebsratsmitgliedern ab Mitte 1995 aufgefordert worden sei, Kurzarbeit anzumelden, weil die Mitarbeiter sich "die Beine in den Bauch gestanden" hätten. Weiter hat die Klägerin anhand einer Mitarbeiterliste 63 von 75 Mitarbeitern namentlich bezeichnet, die Kurzarbeitergeld hätten beanspruchen können. Sie hat darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen der §§ 63 ff. AFG (in damaliger Fassung) spätestens ab August 1995 vorgelegen hätten, die Beklagte schließlich selbst auf erhebliches Drängen des Betriebsrats Ende Mai
1996 - zu spät - Kurzarbeit bei dem Arbeitsamt angemeldet und daß für den Erfolg dieser Maßnahme die schlichte Begründung "Auftragsmangel" genügt habe.

b) Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast mehr als genügt, so daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, den gegen sie erhobenen Vorwurf zu entkräften. Unzureichend ist dafür ihr von dem Berufungsgericht herangezogener , völlig unbestimmter Vortrag, daß die schlechte Auftragslage der Klägerin nicht zu einer Unterbeschäftigung der Mitarbeiter habe führen müssen, weil es auch andere wertschöpfende Tätigkeiten in den Betrieben gegeben haben könne. Zu ihrem Vortrag, sie habe das Risiko gescheut, von den Mitarbeitern bereits bezogenes Kurzarbeitergeld bei kurzfristiger Aufhebung der Kurzarbeit wegen plötzlichen Arbeitsanfalls an das Arbeitsamt zurückzahlen zu müssen (vgl. BAG DB 1991, 392), entgegnet die Revision zu Recht, daß die Klägerin in diesem Fall nur den betreffenden Teil des Kurzarbeitergeldes hätte zurückzahlen müssen und damit immer noch besser gestanden hätte, als bei durchgängiger Zahlung des vollen Lohns an die unterbeschäftigten Mitarbeiter. Sonstige übergeordnete Gesichtspunkte, welche das Abwarten der Beklagten als eine vertretbare unternehmerische Ermessensentscheidung erscheinen lassen könnten, sind nicht festgestellt.
Die Tatenlosigkeit der Beklagten läßt sich - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch nicht damit rechtfertigen, daß es für die Kurzarbeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG einer Vereinbarung mit dem - nach dem Vortrag der Klägerin überdies dazu bereiten - Betriebsrat bedurft hätte und die Bewilligung von Kurzarbeitergeld zusätzlich von einer Entscheidung des Arbeitsamtes (§§ 63 ff. AFG) abhing. Ebenso wie ein Geschäftsführer bei Vertragsverhandlungen mit einem Geschäftspartner der Gesellschaft jedenfalls versuchen
muß, deren Interessen zur Geltung zu bringen, muß er bei einer deutlichen Unterbeschäftigung der Arbeitnehmer infolge Auftragsmangels zumindest den Versuch machen, eine Kostenentlastung durch Kurzarbeit nach den gesetzlichen Möglichkeiten zu erreichen. Unterläßt er dies ohne überzeugenden Grund, liegt bereits darin eine Pflichtwidrigkeit. Davon ist im vorliegenden Fall nach den bisherigen Feststellungen revisionsrechtlich auszugehen.
III. Das Berufungsgericht hält die Klage weiter auch deshalb für unbegründet , weil die Klägerin die Höhe des behaupteten Schadens und dessen Verursachung durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit nicht substantiiert dargelegt habe. Auch das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zwar trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden und dessen Verursachung durch das Verhalten des Geschäftsführers (vgl. oben II 1). Für das Beweismaß gelten jedoch insoweit nicht die strengen Voraussetzungen des § 286 ZPO, sondern diejenigen des § 287 ZPO, der auch die Substantiierungslast der klagenden Partei erleichtert. Danach genügt es, daß sie Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO hinreichende Anhaltspunkte bieten (vgl. BGH, Urteile v. 3. Dezember 1999 - IX ZR 332/98, NJW 2000, 509; v. 1. Dezember 2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340). Unter § 287 ZPO fällt auch die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Gesellschaft durch das dem Geschäftsführer vorgeworfene Verhalten ein Schaden entstanden ist. Denn bei einem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung gehört der Ursachenzusammenhang mit einem daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschaden nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur haftungsbegründenden, sondern zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis ebenfalls die in § 287 ZPO
vorgesehenen Erleichterungen gelten (vgl. BGH, Urteil v. 3. Dezember 1999 aaO, m.N.). Gegenüber einem Geschäftsführer, der - wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist - nicht einmal den Versuch einer schadensabwendenden Maßnahme unternommen und die Gesellschaft dadurch in die Schwierigkeit des Nachweises der hypothetischen Entwicklung gebracht hat, ist diese Darlegungs- und Beweiserleichterung um so mehr gerechtfertigt.
2. Wie die Revision zu Recht rügt, läßt das angefochtene Urteil die Beachtung obiger Grundsätze nicht erkennen.

a) Soweit die Klägerin mit der von ihr vorgelegten betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers die Auslastungsquoten ihrer Betriebe für die einzelnen Monate tabellarisch dargestellt und zu den gesamten Lohnkosten in Beziehung gesetzt hat, ergeben sich daraus zwar nur die auf die Unterbeschäftigung entfallenden Lohnkosten. Inwieweit diese durch Kurzarbeit hätten eingespart werden können, hängt von den gesetzlichen Voraussetzungen hierfür ab, worauf das Berufungsgericht die Klägerin durch Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 hingewiesen hat. Soweit die Revisionserwiderung insoweit auf das Erfordernis einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verweist, geht dies daran vorbei, daß der Betriebsrat hierzu nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin grundsätzlich bereit war und auf sein Drängen Ende Mai 1996 tatsächlich auch Kurzarbeit in gewissem Umfang angeordnet wurde. Da der Vortrag der Klägerin der Sache nach dahin ging, daß der Betriebsrat mit Kurzarbeit im Umfang der jeweiligen Unterbeschäftigung einverstanden gewesen wäre, brauchte sie im Rahmen des § 287 ZPO - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht zusätzlich vorzutragen, wann und mit welchem Inhalt die hypothetische Betriebsvereinbarung zustande gekommen wäre.

Was die Voraussetzung eines vorübergehenden Arbeitsausfalls mit der Erwartung eines Erhalts der Arbeitsplätze gemäß § 63 Abs. 1 AFG angeht, so hat die Klägerin, worauf die Revision hinweist, vorgetragen, daß der Auftragsbestand sich ab Juni 1996 wieder gebessert habe. Dies ist im Rahmen des § 287 ZPO - entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung - durchaus ein Indiz dafür, daß eine entsprechende Prognose auch schon im August 1995 zu stellen war. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber auf den Vortrag der Klägerin verweist, wonach die Klägerin im Jahr 1995 überschuldet und im September 1996 konkursreif gewesen sei, wird verkannt, daß gerade dies nach dem Vortrag der Klägerin durch Kurzarbeit hätte abgewendet werden sollen. Entgegen der Behauptung der Revisionserwiderung betrug die Höchstdauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach der gemäß § 67 Abs. 2 AFG erlassenen KurzArbGeldfristVO vom 30. November 1994 (BGBl. I, S. 3574) für die Zeit bis 30. Juni 1996 nicht sechs sondern zwölf Monate - vorbehaltlich der Voraussetzung des § 67 Abs. 4 AFG, wonach der Empfänger von Kurzarbeitergeld nach Ablauf von sechs Monaten für eine anderweitige Beschäftigung verfügbar sein mußte, was aber bei der damaligen Arbeitsmarktlage kaum praktische Bedeutung hatte (vgl. Breunig in: Schönefelder /Kranz/Wanka, AFG 2. Aufl. § 67 Rdn. 23).

b) Da der Klägerin auf der Grundlage ihres Vorbringens durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit jedenfalls ein Schaden entstanden ist, durfte das Berufungsgericht die Klage nicht ohne weiteres wegen evtl. noch fehlender Substantiierung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und der geltend gemachten Schadenshöhe insgesamt abweisen , sondern hatte zu prüfen, ob und in welchem Umfang wenigstens ein von der Beklagten verursachter Mindestschaden geschätzt werden konnte, wobei
es zur Klärung der Schätzungsgrundlage auch von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen hatte (vgl. BGH, Urteil v. 1. Dezember 2000, aaO). Das Berufungsgericht hat die Klägerin in seiner Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 zwar darauf hingewiesen, daß die Höhe des geltend gemachten Schadens noch "näherer Erläuterung" bedürfe und die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 63 ff. AFG) darzulegen seien. Die Klägerin hat daraufhin in ihrer Berufungserwiderung vom 19. Juni 2000 geltend gemacht, daß die in der Aufklärungsverfügung geforderten Nachweise bis zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2000 vermutlich nicht mehr zu beschaffen seien. Aufgrund der folgenden Mitteilung des Berufungsgerichts vom 22. Juni 2000, der Senat erwäge ein Teilurteil hinsichtlich einer anderen Schadensposition und empfehle insoweit einen im Termin zu besprechenden Teilvergleich, durfte die Klägerin, wie die Revision zu Recht rügt, davon ausgehen, daß das Berufungsgericht die Sache im übrigen nicht für entscheidungsreif halte und die Klägerin sich deshalb mit den geforderten Nachweisen noch Zeit lassen könne. Die Möglichkeit zur Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung nützte der Klägerin unter den gegebenen Umständen nichts. Ebensowenig wurde ihr durch das ihr eingeräumte Schriftsatzrecht zur Erwiderung auf neues Vorbringen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 27. Juni 2000 Gelegenheit gegeben, der Aufklärungsverfügung nachzukommen. Soweit das Berufungsgericht die hiernach geforderte Substantiierung im Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 2000 gemäß § 528 Abs. 2 a.F. ZPO als verspätet zurückgewiesen hat, wird das im Hinblick auf das erstinstanzliche Obsiegen der Klägerin ohnehin durch diese Vorschrift nicht gedeckt (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1982 - III ZR 128/81, NJW 1983, 931 f.). Vielmehr hätte das Berufungsgericht auf die nunmehrige, der Klägerin offenbar nicht früher mögliche Substantiierung ihres Vortrags die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen (§ 156 ZPO; vgl. auch BGH, Urteil v. 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 f.), wie die Revision
zu Recht rügt. Davon abgesehen kann das angefochtene Urteil aber auch schon wegen der Verkennung des § 287 ZPO nicht bestehenbleiben.
IV. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, sondern bedarf noch tatrichterlicher Würdigung des Vorbringens der Klägerin im Hinblick auf § 287 ZPO. Zum anderen muß der Beklagten noch Gelegenheit gegeben werden, ihrer - von dem Berufungsgericht verkannten - Beweislast zur Frage der Pflichtwidrigkeit der unterlassenen Anmeldung von Kurzarbeit zu genügen. Die Sache ist daher zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1.
der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2.
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.

(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 81/06 Verkündet am:
28. Juni 2007
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 242 Cd, 635 a.F.
Steht im Rahmen einer werkvertraglichen Leistungskette fest, dass der Nachunternehmer
von seinem Auftraggeber wegen Mängeln am Werk nicht mehr in Anspruch
genommen wird, so kann er nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung
gehindert sein, seinerseits Ansprüche wegen dieser Mängel gegen seinen Auftragnehmer
geltend zu machen (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 24. März 1977 - VII ZR
319/75, BauR 1977, 277).
BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06 - OLG Stuttgart
LG Tübingen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter
Dr. Haß, Dr. Wiebel, Bauner und Dr. Eick

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Lieferung mangelhafter Fenster.
2
Der Zedent B. war Inhaber einer Einzelfirma für Fenstermontage und wurde von der ARGE Ba. (im Folgenden: Generalunternehmer) im Juli 1996 mit der Durchführung sämtlicher Fensterarbeiten an einem Bauvorhaben in L. beauftragt. Auftraggeber für den Generalunternehmer war die Firma T. (im Folgenden : Bauherr). B. (im Folgenden: Nachunternehmer) hatte den Auftrag zur Beschaffung und zum Einbau sämtlicher Fenster für insgesamt 315 Wohnungen in mehreren Mehrfamilienhäusern. Er bestellte aufgrund des Leistungsverzeichnisses des Generalunternehmers sämtliche Fenster bei der Beklagten, einer Fensterbaufirma, für 1,1 Mio. DM. Die 1.620 Fensterteile wurden von der Beklagten auf Abruf direkt an das Bauvorhaben in L. geliefert und vom Nachunternehmer bis September 1997 eingebaut.
3
Anlässlich eines anderen gemeinsamen Bauvorhabens der Parteien stellte sich im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens Mangelhaftigkeit der dort gelieferten Fensterteile heraus. Dies nahm der Nachunternehmer zum Anlass, auch für die in L. eingebauten Fensterteile im Jahr 2001 ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte einzuleiten. Das dort erstattete Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Rahmeneckverbindungen der untersuchten Fensterteile teilweise nicht vollflächig verklebt waren, was zu vereinzelten Undichtigkeiten in Form von offenen Fugenbereichen führte. Dies stellt nach dem Ergebnis der Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik dar.
4
Der Bauherr machte ebenso wenig wie der Generalunternehmer Mängelansprüche wegen der Fenster geltend. Gewährleistungsansprüche gegen den Nachunternehmer sind mittlerweile ebenso verjährt wie solche gegen den Generalunternehmer.
5
1998 meldete der Nachunternehmer seine Einzelfirma ab. Am 5. Oktober 2004 trat er sämtliche ihm gegen die Beklagte zustehenden Ansprüche an die Klägerin, deren Komplementär-Geschäftsführer sein Sohn ist, ab. Die Klägerin forderte die Beklagte unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung mehrfach vergeblich auf, die Mängel zu beseitigen. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz in Höhe der geschätzten Mängelbeseitigungskosten von 368.698,54 €.
6
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
7
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre ursprünglichen Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
9
Das für die Beurteilung maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

10
Das Berufungsgericht führt aus, es könne dahinstehen, ob an der Werkleistung der Beklagten Mängel in dem von der Klägerin behaupteten Umfang vorhanden seien. Der Klägerin sei es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt , den ihr nach § 635 BGB grundsätzlich zustehenden Schadensersatzanspruch geltend zu machen, weil der Nachunternehmer und Zedent nicht mehr von seinem Auftraggeber in Anspruch genommen werden könne, ebenso wenig wie diese vom Bauherrn oder den Erwerbern der Wohnungen, weil alle Ansprüche verjährt seien. Generalunternehmer, Bauherr und Wohnungserwerber hätten zu keiner Zeit Mängelbeseitigungsansprüche geltend gemacht. Die Klägerin wolle den Schadensersatz nicht an die eigentlich Geschädigten weitergeben, sondern zu ihrem eigenen Vorteil selbst behalten; das sei nicht zu billigen.

II.

11
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
12
Im Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beklagte mangelhafte Fenster geliefert hat und dass die Kosten der Mängelbeseitigung 368.698,54 € betragen. Die Beklagte kann im Rahmen des § 635 BGB ihren Schadensersatzanspruch nach diesen Kosten berechnen. Ob der Anspruch in Höhe der gesamten Mängelbeseitigungskosten besteht oder ob sich die Klägerin die Vorteile, die daraus resultieren, dass der Nachunternehmer wegen der mangelhaften Fenster nicht in Anspruch genommen wird und dies auch nicht mehr werden kann, anrechnen lassen muss, richtet sich nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung.
13
1. Die Klägerin kann grundsätzlich ihren Schadensersatzanspruch nach den Kosten berechnen, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung erforderlich sind (BGH, Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR 2005, 461; st. Rspr.).
14
2. Dieser Schadensersatzanspruch der Klägerin ist in Höhe der gesamten Mängelbeseitigungskosten entstanden.
15
a) Die Beklagte hat ihre Werkleistung im Vertragsverhältnis zum Nachunternehmer erbracht, was grundsätzlich unabhängig vom Vertragsverhältnis zwischen Nachunternehmer und Generalunternehmer zu beurteilen ist. Der von der Beklagten in ihrem Vertragsverhältnis zum Nachunternehmer schuldhaft verursachte Mangel selbst ist bereits der bei diesem eingetretene Schaden. Abweichend von § 249 Satz 1 BGB wird dieser Schaden durch den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag abgegolten (BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 251/02, BauR 2003, 1211 = NZBau 2003, 375 = ZfBR 2003, 462).
Dass der Nachunternehmer weder vom Generalunternehmer noch vom Bauherrn auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommen wurde, berührt seinen mangelbedingten Schaden zunächst nicht.
16
b) Dass bei der Schadensberechnung auf diesen Schaden in Höhe der Mängelbeseitigungskosten abzustellen ist, steht in Einklang mit der Dispositionsbefugnis des geschädigten Bestellers. Ihm steht der volle Schadensbetrag unabhängig davon zu, ob und in welchem Umfang er den Mangel tatsächlich beseitigen lässt. Er ist weder zu einer Nachbesserung noch zu einer Abrechnung verpflichtet und kann den Schadensbetrag anderweitig verwenden (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 251/02 aaO; st. Rspr.). Sein Anspruch wird auch nicht dadurch berührt, dass er das mangelhafte Werk veräußert (BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 - VII ZR 275/03, BauR 2004, 1617 = ZfBR 2005, 50; Urteil vom 6. November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81).
17
3. Jedoch hat sich bei dem Nachunternehmer und der Klägerin wirtschaftlich gesehen infolge des Mangels im Endergebnis keine finanzielle Einbuße verwirklicht, da inzwischen feststeht, dass er seinerseits nicht wegen des Mangels in Anspruch genommen wird. Ob diese spätere Verminderung oder der Wegfall der Vermögenseinbuße schadensersatzrechtlich zu berücksichtigen ist, ist nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung zu beurteilen.
18
a) Die im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde; dem steht das aus der strikten Anwen- dung der Differenzhypothese folgende schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, BGHZ 30, 29; Urteil vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 198/99, NJW 2001, 673 = ZIP 2000, 1584; MünchKommBGB /Oetker, 4. Aufl., § 249 Rdn. 18; Staudinger/Schiemann (2005), § 249 Rdn. 2). Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche , deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtungsweise gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein. Letztlich folgt der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung aus dem in § 242 BGB festgelegten Grundsatz von Treu und Glauben (BGH, Urteil vom 7. November 1996 - VII ZR 23/95, BauR 1997, 335 = ZfBR 1997, 145; Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206).
19
b) Allerdings hat das Reichsgericht in einem Fall, der mit dem Streitfall vergleichbar ist, eine Vorteilsausgleichung mit der Begründung abgelehnt, Schaden und Vorteil seien nicht durch dasselbe Ereignis verursacht worden (Urteil vom 30. Mai 1919, JW 1919, 932). Unter Bezugnahme hierauf hat der Senat in einem ähnlich gelagerten Fall eine Vorteilsausgleichung verneint (Urteil vom 24. März 1977 - VII ZR 319/75, BauR 1977, 277 = NJW 1977, 1819). Der IX. Senat des Bundesgerichtshofs hat sich dem in einem durch insolvenzrechtliche Besonderheiten geprägten Fall für das Verhältnis zwischen Erwerber, Bauträger und Architekt angeschlossen (Urteil vom 16. September 1993 - IX ZR 255/92, NJW 1994, 49). In der Literatur hat diese Rechtsprechung teilweise Zustimmung erfahren (BGB-RGRK/Glanzmann, BGB, 12. Aufl., § 635 Rdn. 11; MünchKommBGB/Busche, 4. Aufl., § 634 Rdn. 46; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 635 Rdn. 41; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rdn. 1057; Locher, NJW 1979, 2235). Andere befürworten in dieser Fallkonstellation die Vorteilsausgleichung (Kniffka, IBR-online-Kommentar, Stand 12. Juni 2007, § 636 Rdn. 64; ders. ZfBR 2000, 232; Staudinger/Peters (2003), § 634 Rdn. 133 f.; Schubert, ZfBR 2005, 219 unter Verweis auf den Gedanken der Entsprechung in § 641 Abs. 2 BGB n.F.; Schulze, NJW 1987, 3097; vgl. auch Ingenstau/Korbion/Wirth, 16. Aufl., § 13 Nr. 7 VOB/B Rdn. 101 und Koeble, Rechtshandbuch Immobilien Band I, Kap. 48, Rdn. 95). Dem hat sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschlossen (Urteil vom 28. März 2001 - 17 U 88/99).
20
c) Der Senat hält an seiner dargestellten Rechtsprechung nicht uneingeschränkt fest. In einer Fallkonstellation, wie sie hier gegeben ist, kann der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung herangezogen werden, wenn feststeht , dass derjenige, der Schadensersatz wegen eines Mangels gegen seinen nachgeschalteten Vertragspartner geltend macht, seinerseits nicht mehr wegen dieses Mangels von einem vorgeschalteten Vertragspartner in Anspruch genommen werden kann.
21
Wirtschaftlich betrachtet ist der Nachunternehmer lediglich Zwischenstation innerhalb der werkvertraglichen Leistungskette vom Werklieferanten über den Nachunternehmer und den Generalunternehmer zum Bauherrn. Der Nachunternehmer erbringt seine Leistung regelmäßig am Bauvorhaben des Bauherrn. Diesem kommt im wirtschaftlichen Ergebnis die Leistung zugute, er ist von dem Mangel des Werks des Lieferanten betroffen. Der Nachunternehmer dagegen wird mit der Mangelfrage nur wegen der besonderen durch die Leistungskette gekennzeichneten Vertragsgestaltung befasst, da zwischen dem Lieferanten und dem Bauherrn keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Auch im Gewährleistungsfall ist der Nachunternehmer nur Zwischenstation. Die finanzielle Einbuße, die er durch den vom Lieferanten verursachten Mangel er- leidet, richtet sich wirtschaftlich gesehen danach, in welchem Umfang er vom Generalunternehmer oder Bauherrn in Anspruch genommen wird. Erlangt er dabei durch den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch einen Vorteil, weil trotz Mängeln am Werk Generalunternehmer und Bauherr endgültig keine Ansprüche gegen ihn erheben können, erscheint es nach Treu und Glauben angemessen , den Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung heranzuziehen und zu überprüfen, ob er diesen Vorteil an den Lieferanten weitergeben muss. Wie diese Frage im Einzelfall zu entscheiden ist, muss anhand einer Wertung beurteilt werden, die sich an den auch im Übrigen maßgeblichen Zurechnungskriterien der Vorteilsausgleichung ausrichtet.
22
Diesen Grundsätzen steht die erwähnte Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16. September 1993 - IX ZR 255/92, NJW 1994, 49) nicht entgegen. Der dort entschiedene Fall war maßgeblich durch eine besondere insolvenzrechtliche Konstellation und Interessenlage geprägt , in der weder von den dargestellten Voraussetzungen für die Heranziehung des Rechtsgedankens der Vorteilsausgleichung auszugehen war noch eine Wertung nahe lag, die einen Ausgleich zu Lasten des der Insolvenzmasse zustehenden Schadensersatzanspruchs hätte gerechtfertigt erscheinen lassen.
23
d) Der Kläger muss sich daher eine Vorteilsausgleichung gefallen lassen. Der Nachunternehmer wurde weder vom Generalunternehmer noch vom Bauherrn wegen der mangelhaften Fenster in Anspruch genommen; dies beruht darauf, dass zu keiner Zeit Bedenken gegen die Funktionstüchtigkeit der Fenster aufgetreten sind. Inzwischen sind alle diesbezüglichen Ansprüche gegen ihn ebenso verjährt wie Gewährleistungsansprüche des Bauherrn oder der Wohnungserwerber gegen den Generalunternehmer; der Nachunternehmer wäre gegebenenfalls zwecks Minderung des Schadens zur Erhebung der Verjährungseinrede gehalten (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1984 - II ZR 82/83, VersR 1984, 580, 581). Dann erscheint es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben geboten, diesen Vorteil an den Lieferanten weiterzugeben.
Dressler Haß Wiebel Bauner Eick
Vorinstanzen:
LG Tübingen, Entscheidung vom 31.10.2005 - 1 O 12/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2006 - 13 U 229/05 -

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 236/00 Verkündet am:
25. Februar 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Einbeziehung einer KG in die Schutzwirkungen des zwischen
ihrer Komplementär-GmbH und dem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2002 - II ZR 236/00 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, nimmt den Beklagten auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von 960.000,00 DM in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beklagte war als Prokurist bei der Klägerin und aufgrund Anstellungsvertrages vom 1. November 1987 als Geschäftsführer der B. GmbH tätig, die Komplementärin der Klägerin war. Das Geschäftsführerverhältnis ist durch Aufhebungsvertrag vom 13. Mai 1991 per 31. Juli 1991 beendet worden. Mehrheitsgesellschafter der B. GmbH waren E. A. und G. B., Minderheitsgesellschafter Dr. D. und Eb. B.. Kommanditisten der Klägerin waren bis Mai 1991 E. A. und G. B.; Dr. D. und Eb. B. übernahmen die Kommanditanteile im Mai 1991 zur Hälfte und im Dezember 1992 vollständig.
Der Beklagte war ferner Präsident der H./USA, an der - nach seinem Vortrag - die Klägerin mit 78 %, er selbst mit 12 % und ein Herr P. mit 10 % beteiligt waren. Am 5. Mai 1987 erwarb der Beklagte mit Genehmigung der Klägerin an der K.-GmbH einen Anteil von 30 % (nominell: 500.000,00 DM) mit einem Stimmrecht von 50 %. Am 14. Dezember 1989 erwarb die Klägerin, vertreten durch den Beklagten, an der K.GmbH eine Beteiligung von 51 %. Darunter befand sich bis auf nominell 10.000,00 DM der Anteil des Beklagten mit nominell 490.000,00 DM. Die K.GmbH fiel am 30. April 1994 in Konkurs. Aktiva und Passiva der Klägerin wurden mit Vertrag vom 9. Dezember 1994 mit Ausnahme etwaiger Schadensersatzforderungen gegenüber dem Beklagten auf die D. Be. GmbH übertragen.
In der Zeit vom 12. Dezember 1990 bis zum 31. Mai 1991 sandte die K.-GmbH der H./USA (H.) vier Rechnungen über insgesamt 1.005.000,00 DM, auf die von der H. am 21. Januar, 21. Mai und 3. Juni 1991 insgesamt 960.000,00 DM gezahlt wurden. Diese
belastete mit den Beträgen die Klägerin auf dem zwischen beiden Gesellschaften geführten Verrechnungskonto. Die Klägerin verbuchte diesen Betrag als Darlehen gegenüber der K.-GmbH.
Die Klägerin stützt ihren Schadensersatzanspruch auf die Behauptung, der Beklagte habe die Ausstellung der Rechnungen der K.-GmbH veranlaßt. Ihnen lägen mangels Gegenleistung "Luftgeschäfte" zugrunde. Damit habe der Beklagte der kapitalschwachen K.-GmbH Liquidität verschafft , über die sie nicht mehr verfügt habe. Die Gesellschafter der Klägerin seien darüber nicht aufgeklärt worden.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat sich ferner auf eine in dem Aufhebungsvertrag vom 13. Mai 1991 enthaltene Klausel berufen, nach der "mit der Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche Ansprüche aus dem Geschäftsführervertrag erledigt sind".
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr - unter Abweisung der weiteren auf Ersatz der Aufwendungen für die Übertragung der Anteile an der K.-GmbH gerichtete Klage - stattgegeben. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des Landgerichtsurteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten führt zur Zurückverweisung.

Das Berufungsgericht begründet die Verurteilung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz damit, der Beklagte habe die Klägerin dadurch geschädigt , daß er als ihr Geschäftsführer deren 51 %iger Tochter, der K.GmbH , auf Umwegen und ohne Zustimmung der Gesellschafter der Klägerin sowie der Mitgeschäftsführer der Komplementär GmbH einen Betrag von 960.000,00 DM habe zukommen lassen, den die Klägerin infolge des Konkurses der K.-GmbH nicht mehr zurückerlangen könne. Die Revision rügt zu Recht, daß die in dem Berufungsurteil dazu getroffenen Feststellungen eine solche Verurteilung nicht zu tragen vermögen.
I. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten auf § 43 Abs. 2 GmbHG gestützt. Diese Vorschrift käme als Anspruchsgrundlage nur dann in Betracht, wenn der Schaden bei der B. GmbH, der Komplementärin der Klägerin, entstanden wäre. Denn der Beklagte war bei dieser Gesellschaft als Geschäftsführer tätig. Nach dem Vortrag der Klägerin ist der Schaden jedoch nicht bei ihr, sondern bei der Klägerin entstanden.
II. Ein Anspruch der Klägerin kann sich dann aus dem zwischen dem Beklagten und der Komplementär-GmbH zustande gekommenen Dienstverhältnis ergeben, wenn die wesentliche Aufgabe der GmbH darin bestand, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen. Denn in diesem Fall hätte sich der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer zustande gekommenen Dienstverhältnisses im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft erstreckt (BGHZ 76, 326, 327, 337 f.; BGH, Urt. v. 9. Juni 1980 - II ZR 187/97, WM 1980, 1190; für die Publikums-KG vgl. BGHZ 75, 321, 324; BGH, Urt. v. 14. Novem-
ber 1994 - II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 739, 745). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daû im vorliegenden Falle derartige Voraussetzungen gegeben sind. Aus den von den Parteien überreichten Unterlagen läût sich das nicht zweifelsfrei entnehmen. Aus einem zu den Akten gereichten Handelsregisterauszug ergibt sich, daû die Gesellschafter der B. GmbH durch Beschluû vom 18. Dezember 1992 als Unternehmensgegenstand "die Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin und die Übernahme der Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft in Firma H. Maschinenfabrik GmbH & Co. mit dem Sitz in W." festgelegt haben. Für die Zeit davor bestand er in Planung, Entwurf, Herstellung und Vertrieb von Maschinenanlagen, insbesondere auf dem Gebiet des Bergbaus. Ferner konnte die Gesellschaft gleichartige oder ähnliche Unternehmen gründen, erwerben oder sich an solchen - auch durch Übernahme lediglich der persönlichen Haftung und/oder Geschäftsführung - beteiligen. Das steht in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin, nach dem der Anspruch der GmbH auf Erstattung der aus Anlaû der Geschäftsführung entstandenen Auslagen beschränkt wurde, wenn sie neben der Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft in einem nicht unbedeutenden Umfang noch andere gewerbliche Tätigkeiten ausführte.
Da das nach Ansicht der Klägerin schadenstiftende Verhalten des Beklagten in der ersten Jahreshälfte 1991 gelegen hat, ist die bis zum Dezember 1992 maûgebende Festlegung des Unternehmensgegenstands entscheidend. Der Klägerin könnte unter dieser Voraussetzung ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nur dann zustehen, wenn die wesentliche Aufgabe der B. GmbH in der Führung der Geschäfte der Klägerin bestanden hat. Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es weiterer Feststellungen.

III. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, daû der Beklagte in dem fraglichen Zeitraum auch Prokurist der Klägerin gewesen ist. Es ist also nicht auszuschlieûen, daû er die nach Ansicht der Klägerin für den Schadeneintritt maûgebenden Handlungen auch in dieser Eigenschaft begangen hat. Dazu fehlen ebenfalls Feststellungen des Berufungsgerichts. Soweit es ausführt, der Beklagte habe die Gesellschafterrechte gegenüber der K.GmbH wahrgenommen, ergibt der Zusammenhang mit der hier aufgeführten Vorschrift des § 43 Abs. 1 GmbHG, daû die Wahrnehmung der Geschäftsführungspflichten in der B. GmbH gemeint ist, die sich über die Geschäftsführung der GmbH im Bereich der Klägerin auswirken.
IV. Auch wenn man davon ausgeht, daû die Klägerin in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses einzubeziehen ist, das zwischen ihrer Komplementärin und dem Beklagten bestanden hat, kann aus den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin hergeleitet werden, wie die Revision im Ergebnis zu Recht rügt.
1. Das Berufungsgericht sieht eine Pflichtverletzung des Beklagten darin , daû er der K.-GmbH versteckt und ohne Zustimmung der Kommanditisten der Klägerin und seiner Mitgeschäftsführer Mittel zugeführt und dadurch deren Liquiditätskrise verschleiert habe. Es sei nach Handels- und Gesellschaftsrecht nicht angängig gewesen, die K.-GmbH mit Zahlungen für nicht erbrachte und auch nicht in Aussicht genommene Leistungen über Wasser zu halten, statt ihr Eigenkapital zuzuführen. Das folge bereits aus den
Grundsätzen über eigenkapitalersetzende Darlehen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichtes sind aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar.

a) Die Zuführung der Mittel, die der Beklagte über die H. an die K.GmbH vorgenommen hat, ist in die Form einer Darlehensgewährung durch die Klägerin gekleidet worden. Ob der Beklagte nach dem Gesellschaftsvertrag oder seinem Anstellungsvertrag berechtigt war, als Geschäftsführer für die Komplementär-GmbH der K.-GmbH unter den seinerzeit gegebenen Umständen eine Kredithilfe in Form eines Vereinbarungsdarlehens zu gewähren, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, es sei nach Handels- und Gesellschaftsrecht nicht angängig gewesen, die K.-GmbH durch Zahlungen auf tatsächlich nicht erbrachte und noch nicht einmal beabsichtigte Leistungen über Wasser zu halten anstatt ihr Eigenkapital zuzuführen, ist nicht nachvollziehbar. Die Gewährung eines Darlehens ist ein legitimes Mittel der Fremdfinanzierung. Wird es einer Gesellschaft von einem ihrer Gesellschafter gewährt, so kann es unter bestimmten Voraussetzungen als Eigenkapitalersatz verhaftet sein. Dieser Umstand zwingt den Gesellschafter jedoch nicht dazu, von der Darlehensgewährung abzusehen und der Gesellschaft Eigenkapital zuzuführen.
Schlossen die Satzung der Komplementär-GmbH oder der mit ihr geschlossene Anstellungsvertrag das Recht des Beklagten, der K.GmbH ein Darlehen zu gewähren, nicht aus, könnte die Gewährung des Darlehens dennoch aus damaliger Sicht deswegen pflichtwidrig gewesen sein, weil sie angesichts der wirtschaftlichen Situation der K.-GmbH möglicherweise nicht vertretbar war und demgemäû der Zustimmung der Kommanditisten der Klägerin und der Mitgeschäftsführer des Beklagten bedurfte. Dem
könnte jedoch der Umstand entgegenstehen, daû die Klägerin der K.GmbH in den Jahren 1990 bis 1992 Darlehen in Höhe von ca. 3,5 Mio. DM gewährt hat. Das spricht dafür, daû die Gesellschafter der Klägerin die K.-GmbH trotz ihrer chronischen Finanzschwäche am Leben erhalten wollten oder davon ausgingen, daû sie mit weiteren Finanzspritzen am Leben erhalten werden konnte. Diese Überlegungen werden zusätzlich dadurch gestützt, daû die Gesellschafter der Klägerin der K.-GmbH auch noch nach Ausscheiden des Beklagten aus seinem Amt im Dezember 1991 einen weiteren Betrag von 1.005.000,00 DM im Rahmen einer Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt haben.
Das Berufungsgericht hat eine Pflichtverletzung des Beklagten allein schon darin gesehen, daû er der K.-GmbH die Finanzierungshilfe gewährt hat, ohne die Zustimmung der Gesellschafter der Klägerin und/oder der Mitgeschäftsführer der Komplementär-GmbH einzuholen. Dabei hat es unberücksichtigt gelassen, daû der Beklagte den Betrag von 960.000,00 DM bei der Klägerin offen als der K.-GmbH gewährtes Darlehen hat verbuchen lassen. Der Vorgang ist demnach nicht vor den Gesellschaftern der Klägerin und den Mitgeschäftsführern der Komplementär-GmbH verheimlicht worden; es ist daher auch nicht auszuschlieûen, daû er zur Kenntnis der Kommanditisten und der Mitgeschäftsführer gelangt und von ihnen zumindest stillschweigend gebilligt worden ist. Auch dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichtes.

b) Das Berufungsgericht bringt ferner den Verdacht zum Ausdruck, der Vorgang stelle eine vom Beklagten in die Wege geleitete Steuerhinterziehung dar. Mit der Äuûerung eines Verdachtes kann jedoch der Einwand des Beklagten nicht aus dem Wege geräumt werden, die Klägerin habe aufgrund des
von ihm gewählten Finanzierungsweges Steuern gespart. Dazu bedarf es konkreter Feststellungen, die das Berufungsgericht nicht getroffen hat. Ist der vom Beklagten beschrittene Weg steuerrechtlich unbedenklich, ist weiter festzustellen , ob der Klägerin eine Verrechnung mit Gewinnen möglich war. Der Beklagte hat das behauptet.
2. Das Berufungsgericht hat im Tatbestand seines Urteils auf den Vertrag vom 9. Dezember 1994 Bezug genommen, mit dem u.a. die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb an die D. Be. GmbH in Es. mit allen Aktiven und Passiven veräuûert hat. Zwar sind nach § 9 Abs. 1 des Kaufvertrages von der Forderungsabtretung etwaige Schadensersatzforderungen der Klägerin gegenüber dem Beklagten ausgenommen worden. Fraglich ist jedoch, ob der Klägerin aufgrund der Veräuûerung sämtlicher Aktiva und Passiva überhaupt ein Schaden verblieben ist. Das würde z.B. dann ausscheiden, wenn sie einen etwaigen Passivsaldo auf dem Verrechnungskonto der H. nicht ausgeglichen hat oder sich der Veräuûerungserlös durch die dem Beklagten vorgeworfene Transaktion gar nicht verändert hat. Auch dazu fehlen jegliche Feststellungen des Berufungsgerichtes.
V. Die Rügen der Revision haben jedoch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Auslegung der in Nr. 12 des Aufhebungsvertrages vom 13. Mai 1991 getroffenen Verzichtsvereinbarung und die Ablehnung der Verjährung eines Teils der Forderung in Höhe von 440.000,00 DM durch das Berufungsgericht wendet.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Aufhebungsvertrag überhaupt wirksam ist. Bedenken dagegen ergeben sich deswegen, weil sein Abschluû in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung der B. GmbH fällt, soweit er das Organ- und Anstellungsverhältnis des Beklagten zur B. GmbH betrifft (BGH, Urt. v. 25. März 1991 - II ZR 169/90, ZIP 1991, 580, 582). Selbst wenn er wirksam mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung zustande gekommen ist, berührt er nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens das Rechtsverhältnis des Beklagten zur Klägerin nicht. Denn mit der Erfüllung der Aufhebungsvereinbarung sollen sämtliche Ansprüche aus dem Geschäftsführervertrag erledigt sein. Dieser Vertrag ist jedoch nicht mit der Klägerin, sondern mit der B. GmbH abgeschlossen worden.
2. Die Ansicht der Revision, ein Teilbetrag von 440.000,00 DM sei nach § 43 Abs. 4 GmbH verjährt, trifft nicht zu. Die Revision geht von der Annahme aus, der Klägerin sei der Schaden schon vor dem 21. Januar 1991 in dem Zeitpunkt entstanden, in dem ihr der Betrag in Rechnung gestellt worden sei. Das ist jedoch unrichtig. Maûgebend ist der Zeitpunkt, in dem die H. auf die geltend gemachte Forderung der K.-GmbH gezahlt und daraus einen Erstattungsanspruch gegen die Klägerin erlangt hat. Erst in diesem Zeitpunkt war die Forderung entstanden.
VI. Der Rechtsstreit war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es Gelegenheit hat, die weiterhin erforderlichen Feststellungen - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag durch die Parteien - zu treffen. Insoweit hat es auch die weiteren Revisionsrügen zu berücksichtigen. Der Senat
hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 82/09 Verkündet am:
2. Februar 2010
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Aufnahme des erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Vorbehalts der
beschränkten Erbenhaftung.
BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 82/09 - OLG Köln
LG Aachen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll,
die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Grund- und Teilurteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. Januar 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der am 16. März 2003 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, nimmt die Beklagten als Erben ihres am 25. März 2004 verstorbenen Sohnes M. auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Erstmals im Berufungsrechtszug haben die Beklagten die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erhoben und beantragt, ihnen gemäß § 780 ZPO die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass ihres Sohnes vorzubehalten. Das Oberlandesgericht hat durch Grund- und Teilurteil den auf Ersatz immateriellen Schadens gerichteten Klageantrag dem Grunde nach zu 2/3 für gerechtfertigt erklärt und den Beklagten insoweit vorbehalten, ihre gesamtschuldnerische Haftung auf den Nachlass ihres verstorbenen Sohnes zu beschränken. Dem Feststellungsbegehren hat das Oberlandesgericht unter Berücksichtigung eines Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteils des Klägers von 1/3 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revisi- on wendet sich der Kläger gegen den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagten seien mit dem von ihnen erstmals im Berufungsrechtszug gestellten Antrag, ihnen die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass ihres Sohnes vorzubehalten, nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Zwar handele es sich insoweit um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne dieser Vorschrift, doch habe das Berufungsgericht unstreitiges Vorbringen gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung ohne Weiteres zugrunde zu legen. Für unstreitige Einreden gelte nichts anderes. So sei eine erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Verjährungseinrede nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, wenn die Erhebung der Verjährungseinrede und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien unstreitig seien (BGHZ [GZ] 177, 212). Dasselbe müsse auch für den im Wege der Einrede geltend zu machenden Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gelten. Hinsichtlich der Aufnahme dieses Vorbehalts hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.

II.

3
Die Revision hat keinen Erfolg.
4
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Revision mangels Beschwer des Klägers unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - IX ZR 227/87 - NJW-RR 1989, 1226, 1230). Denn die Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann offen bleiben, wenn zwischen seiner Verwerfung als unzulässig und seiner Zurückweisung als unbegründet weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede bestehen (Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., Vor § 511, Rn. 12; zur sofortigen Beschwerde vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2006 - IX ZB 171/04 - NJW-RR 2006, 1346, 1347 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
5
2. Die Beschränkung der Revisionszulassung auf die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung ist zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Revisionszulassung auf einen Teil des Streitgegenstands beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Eine Beschränkung der Zulassung auf einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel ist möglich, soweit es sich um rechtlich oder tatsächlich selbständige und abtrennbare Teile eines Gesamtstreitstoffs handelt (BGHZ 101, 276, 278 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Bei dem Antrag, die Beschränkung der Erbenhaftung im Urteil vorzubehalten, handelt es sich um eine nach § 780 ZPO vorgesehene Erklärung, die die Geltendmachung einer materiell-rechtlichen Haftungsbeschränkung im Vollstreckungsverfahren ermöglichen soll (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1983 - IVa ZR 211/81 - NJW 1983, 2378, 2379). Die Aufnahme dieses Vorbehalts kann das alleinige Ziel eines Rechtsmittels sein (OLG Celle, OLG-Report 1995, 204; MünchKomm-ZPO/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 780, Rn. 19; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 780, Rn. 10).
6
3. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen und gemeint, eine Entscheidung des Revisionsgerichts sei auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil nach Auffassung anderer Ober- landesgerichte der erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nur unter den - im Streitfall nicht gegebenen - Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sei (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2004, 1222; OLG Hamm, MDR 2006, 695).
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a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung sei unabhängig von § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Voraussetzungen für seine Aufnahme unstreitig gegeben seien, ist mit Blick auf die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit der erstmals im zweiten Rechtszug erhobenen Verjährungseinrede folgerichtig. Beide Fallgestaltungen betreffen die Zulässigkeit der Berücksichtigung unstreitigen und damit nicht beweisbedürftigen Vorbringens. Nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung indessen ohne Weiteres zugrunde zu legen, denn unter den Begriff "neue Angriffs- und Verteidigungsmittel" im Sinne des § 531 ZPO fällt lediglich streitiges und damit beweisbedürftiges Vorbringen (BGHZ [GS] 177, 212, 214 ff. m.w.N.). Für die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung bedarf es keines Sachvortrags. Es genügt, dass sich der Erbe im Erkenntnisverfahren darauf beruft (vgl. BGHZ 122, 297, 305). Der Vorbehalt bedarf keiner Begründung (BGH, Urteile vom 29. Mai 1964 - V ZR 47/62 - NJW 1964, 2298, 2300 und vom 9. März 1983 - IVa ZR 211/81 - aaO). Voraussetzung für seine Aufnahme in den Entscheidungstenor ist allein die Verurteilung des Beklagten als Erbe des Schuldners. Der Erbfall selbst und die Erbenstellung des Beklagten sind regelmäßig unstreitig, weil der Kläger die von ihm begehrte Verurteilung darauf stützt. Deshalb spricht viel dafür, die Zulässigkeit des Antrags, die Beschränkung der Erbenhaftung vorzubehalten, im Rechtsstreit nicht anders zu behandeln als die Zulässigkeit der Verjährungseinrede , die, wenn sie erstmals im Berufungsrechtszug erhoben wird, nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ [GS] aaO) unab- hängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO zuzulassen ist, sofern die Erhebung der Einrede selbst und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (Prütting/Gehrlein/Scheuch, ZPO, § 780, Rn. 9). Die vom Berufungsgericht für die Gegenansicht angeführten Urteile der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Hamm (aaO) sind vor dieser Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs ergangen.
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b) Die Revision stellt nicht in Abrede, dass die Beklagten von dem Kläger als Erben ihres Sohnes in Anspruch genommen und als solche verurteilt worden sind. Sie meint jedoch, der Antrag auf Aufnahme des Vorbehalts hätte deswegen zurückgewiesen werden müssen, weil zwischen den Parteien streitig sei, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Haftungsbeschränkung gemäß §§ 1973 ff. BGB oder §§ 1989 ff. BGB gegeben seien, weswegen es dazu noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedurft hätte. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben, denn die Frage, ob die Haftung der Beklagten auf den Nachlass beschränkt ist, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Wie die Revision selbst sieht, kann das Prozessgericht, wenn eine Einrede gemäß §§ 1973 ff. BGB oder §§ 1989 ff. BGB erhoben worden ist, nach seinem Ermessen bereits im Erkenntnisverfahren endgültig über die geltend gemachte Haftungsbeschränkung entscheiden oder sich auf die Aufnahme des Vorbehalts beschränken und die sachliche Klärung des Haftungsumfangs dem besonderen Verfahren gemäß § 785 ZPO überlassen (BGH, Urteile vom 17. Dezember 1953 - IV ZR 101/53 - NJW 1954, 635 und vom 29. Mai 1964 - V ZR 47/62 - NJW 1964, 2298, 2300; vgl. auch BGHZ 122, 297, 305). Begnügt sich das Gericht - wie vorliegend geschehen - in zulässiger Weise mit dem Ausspruch des Vorbehalts, kommt es im Erkenntnisverfahren nicht darauf an, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung erfüllt sind, so dass es dazu keiner tatrichterlichen Feststellungen bedarf. Die prozessuale Lage ent- spricht daher derjenigen, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit der erstmals in zweiter Instanz erhobenen Verjährungseinrede zugrunde lag.
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c) Bei der hier gegebenen Fallgestaltung kann die vom Berufungsgericht formulierte Rechtsfrage, ob der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung - ungeachtet der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO - auch dann zu berücksichtigen ist, wenn er erstmals im Berufungsrechtszug geltend gemacht wird, im Revisionsverfahren allerdings nicht verbindlich geklärt werden.
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Selbst wenn dem Berufungsgericht mit der Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung nämlich ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, könnte dieser der Revision nicht zum Erfolg verhelfen, denn die Revision kann, wie sie selbst sieht, nicht darauf gestützt werden, dass das Berufungsgericht bei der Zulassung neuen Tatsachenvortrags die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht beachtet habe. Eine fehlerhafte Berücksichtigung von neuem Tatsachenvortrag, der bei verfahrensfehlerfreiem Vorgehen vom Berufungsgericht hätte zurückgewiesen werden müssen, kann mit der Revision grundsätzlich nicht gerügt werden (BGHZ 166, 29, 31; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2004 - V ZR 187/03 - NJW 2004, 1458, 1459 f.; Urteile vom 2. März 2005 - VIII ZR 174/04 - NJW-RR 2005, 866, 867; vom 13. Februar 2006 - II ZR 62/04 - NJW-RR 2006, 760, 761; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06 - NJW 2007, 3127, 3128 und vom 6. Dezember 2007 - III ZR 146/07 - NJW-RR 2008, 459; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 530, Rn. 44 und § 531, Rn. 32; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 531 Rn. 38; a.A.: Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 531, Rn. 25). Deshalb ist die Revision zurückzuweisen.

III.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz

Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 27.11.2007 - 10 O 266/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 30.01.2009 - 19 U 154/07 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.