Oberlandesgericht München Beschluss, 07. Juni 2017 - 18 W 826/17
vorgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 20.04.2017, Az.: 25 O 5616/17, abgeändert und folgende einstweilige Verfügung erlassen:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bei Eingabe der Suchworte „fairvesta betrugsverdacht" in die Suchmaske der Antragsgegnerin unter ihre Nutzer auf Folgendes hinzuweisen:
„Als Reaktion auf ein rechtliches Ersuchen, dass an 41 gestellt wurde, haben wir 1 Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt. Weitere Informationen über das Ersuche finden Sie unter und dabei auf die Webseite mit der URL https://www.
zu verlinken, wenn auf dieser der Hinweis auf die URL http:// erfolgt, wenn dies wie aus der Anlage LHR 2 ersichtlich geschieht und unter der mit der vorgenannten URL abrufbaren Seite die aus der Anlage LHR 3, welche Bestandteil dieses Beschlusses ist, ersichtlichen Inhalte aufgezeigt werden.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
III.
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der im Inland wohnhafte Kläger verlangt von der Beklagten, die in den Vereinigten Staaten lebt, Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen Äußerungen, durch die er sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sieht.
- 2
- Die Parteien, die aus Russland stammen und dort gemeinsam zur Schule gegangen sind, trafen sich am 29. Juni 2006 anlässlich eines Klassentreffens in der Wohnung des Klägers in Moskau. Die Beklagte verfasste nach ihrer Rückkehr in die USA einen Bericht "Sieben Tage in Moskau - Der dritte Tag" und stellte diesen von dort aus in das Internet. Sie äußerte sich darin auch über die Lebensumstände und das äußere Erscheinungsbild des Klägers. Der Artikel ist auf der in russischer Sprache und kyrillischer Schrift verfassten Internetseite www.womanineurope.com, die von einer Firma in Deutschland betrieben wird, veröffentlicht.
- 3
- Das Landgericht hat die Klage mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hält die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach der allein in Betracht kommenden Zuweisungsregel des § 32 ZPO für nicht gegeben. Eine besondere Beziehung der Sache zum Inland, die es rechtfertigen würde, von dem Grundsatz abzuweichen, dass ein Beklagter vor den Gerichten seines Wohnsitzstaats zu verklagen sei, die Beklagte also in den USA, bestehe nicht. Allein die Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte im Inland reiche hierfür nicht aus. Ließe man die bloße Abrufbarkeit allein genügen , so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vermeidung beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung konkurrierender Zuständigkeiten und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe. Ein die Zuständigkeit begründender Erfolgsort sei nur anzunehmen, wenn sich der beanstandete Artikel bestimmungsgemäß an den deutschen Internetnutzer richte. Da der Kläger russisch spreche, mit der kyrillischen Schrift vertraut und der Gastgeber des Klassentreffens in Moskau gewe- sen sei, stelle der Umstand, dass er die Website im Inland zur Kenntnis genommen habe, noch nicht einen zur Begründung der Zuständigkeit nach § 32 ZPO hinreichenden Inlandsbezug dar. Inhaltlich werde in dem Bericht das Zusammentreffen der russischstämmigen ehemaligen Klassenkameraden in der Wohnung des Klägers in Moskau geschildert, ohne dass ersichtlich der Kläger als Veranstalter bzw. Teilnehmer des Klassentreffens unmittelbar angesprochen werde. Zwar habe er zu dem Klassentreffen in seine damalige Moskauer Wohnung eingeladen, jedoch sei für die Kenntnis der Beklagten vom Wohnsitz des Klägers in Deutschland nichts dargetan. Auch für einen Handlungsort in Deutschland spreche nichts. Der Autor der Informationen handle dort, wo diese in das Netz eingespeist würden; das sei im Streitfall in den Vereinigten Staaten geschehen. Da nahezu von jedem Ort weltweit auf den Server zugegriffen werden könne und über das Internet die Verbreitung weltweit erfolge, könne allein der Serverstandort eine internationale Zuständigkeit nicht begründen.
II.
- 5
- Die Revision bleibt erfolglos. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist für den Streitfall nicht gegeben.
- 6
- 1. a) Die internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts ist auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (ständige Rechtsprechung vgl. etwa Senat, Urteile vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7; vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, VersR 2010, 910 Rn. 8 und vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, NJW-RR 2010, 1554; BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.). Zutreffend hat das Berufungsgericht, da eine vorrangige internationale Gerichtsstandsregelung nicht eingreift, die Regelung des beson- deren Gerichtsstands für die unerlaubte Handlung nach § 32 ZPO herangezogen. Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, aaO, mwN).
- 7
- b) Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung "begangen" ist. Zur Begründung der Zuständigkeit reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (Senat, Urteil vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, aaO; BGH, Urteile vom 24. September 1986 - VIII ZR 320/85, BGHZ 98, 263, 273; vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 240 f.; vom 28. Februar 1996 - XII ZR 181/93, BGHZ 132, 105, 110). Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (Senat, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, aaO Rn. 8; BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - XII ZR 181/93, aaO). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91, AfP 1994, 288, 290; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23). § 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist. Es genügt, wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen.
- 8
- c) Nach den vom erkennenden Senat im Urteil vom 2. März 2010 (VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 20 mwN) aufgestellten Grundsätzen sind die deutschen Gerichte zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeein- trächtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig , wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinn aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnis von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde.
- 9
- Diese Grundsätze haben in Teilen der Literatur Zustimmung erfahren (zustimmend vgl. etwa Adena, RIW 2010, 868, 870; Weller, LMK 2010, 305128; differenzierend Spickhoff, IPRax 2011, 131, 132 f.). Die dagegen geäußerten Bedenken (vgl. Damm, GRUR 2010, 891, 892 f.; Degmair, K&R 2010, 341, 342; Feldmann, jurisPR-ITR 8/2010 Anm. 2 unter D; Schlüter, AfP 2010, 340, 346) geben dem erkennenden Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. In der Tendenz neigt auch der I. Zivilsenat für Kennzeichenverletzungen im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO dazu, den Gerichtsstand dahingehend einzugrenzen, dass im Bereich des angerufenen Gerichts eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432; ähnlich v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 80 ff., 88; Roth, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 276 ff.). Vergleichbare Erwägungen liegen auch der Entscheidung des 1. Strafsenats des BGH vom 12. Dezember 2000 (1 StR 184/00, BGHSt 46, 212, 221 f.) zugrunde.
- 10
- Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass der Charakter des § 32 ZPO als Ausnahme zum allgemeinen Grundsatz, dass die Klage am Gerichtsstand des Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei; vgl. Senat , Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, aaO Rn. 17), es gebietet, die Voraussetzungen für das Eingreifen der Gerichtsstandsregelung unter den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit zu bestimmen. Dies ist auch im Hinblick darauf unverzichtbar, dass die Annahme der örtlichen und damit internationalen Zuständigkeit zugleich über die Anwendung des deutschen materiellen Rechts entscheidet, weil nach Art. 40 ff. EGBGB auch das Deliktstatut regelmäßig an den Handlungs- bzw. Erfolgsort anknüpft. Es erscheint jedenfalls nicht völlig unbedenklich, würden ausländische Sachverhalte in ausufernder Weise ohne hinreichenden Inlandsbezug den im deutschen Recht für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten entwickelten Rechtsregeln unterworfen und in der Sache ein ausländischer Tatbestand deutschem Recht unterstellt werden , ohne dass der Schädiger im Einzelfall damit rechnen müsste (vgl. zur insoweit vergleichbaren Problematik bei der Verbreitung von Druckerzeugnissen Senat, Urteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75, NJW 1977, 1590, 1591).
- 11
- 2. Danach ist im Streitfall die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben.
- 12
- a) Aus dem Inhalt der angegriffenen Äußerung lässt sich der für die Zuständigkeit maßgebende deutliche Inlandsbezug nicht herleiten. Die in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefasste Reisebeschreibung schildert ein privates Zusammentreffen der Parteien und ihrer ehemaligen Mitschüler in Moskau. Die beschriebenen Umstände aus dem privaten Bereich des Klägers sind in erster Linie für die an dem Treffen Beteiligten von Interesse. Soweit die Revision auf Vortrag des Klägers hinweist, wonach vereinzelt russische Geschäftspartner davon Kenntnis erhalten hätten, wird ein dadurch gegebener deutlicher Inlandsbezug nicht aufgezeigt.
- 13
- aa) Der maßgebliche deutliche Inlandsbezug lässt sich auch nicht schon daraus herleiten, dass der Kläger an seinem Wohnsitz im Inland den Bericht abgerufen hat (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, aaO Rn. 18). Die Rechtfertigung für den Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung liegt in der durch den Handlungs- oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der Streitigkeit zum Forum und in der geringeren Schutzwürdigkeit des Interesses des deliktisch handelnden Schuldners, an seinem Wohnsitz verklagt zu werden (vgl. Senat, Urteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75, aaO; Zöller /Vollkommer, aaO, § 32 Rn. 1). Zweck der Vorschrift des § 32 ZPO ist es, einen Gerichtsstand dort zu eröffnen, wo die sachliche Aufklärung und Beweiserhebung in der Regel am besten, sachlichsten und mit den geringsten Kosten erfolgen kann (Senat, Urteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75, aaO; ebenso für die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ EuGH, Urteil vom 7. März 1995 - Rs. C68 /93 Shevill, NJW 1995, 1881 Rn. 19). Zutreffend weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass im Streitfall eine solche Sachnähe der deutschen Gerichte zu den Vorgängen in Moskau fehlt.
- 14
- bb) Würde der inländische Wohnsitz des Klägers als möglicher Schadensort ausreichen, um einen Gerichtsstand im Inland zu begründen, wäre der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung schon nach deren schlüssiger Behauptung in allen Ländern eröffnet, in denen jemand - möglicherweise sogar zeitlich erst nach dem die Haftung begründenden Vorfall - einen Wohnsitz begründet. Es käme - in ähnlicher Weise wie bei der abzulehnenden Anknüpfung an die bloße Abrufbarkeit im Internet (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, aaO Rn. 17) - zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten. Der Gerichtsstand wäre zufällig und beliebig (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 1995 - Rs. C-364/93 Marinari, Slg. 1995 I-2733 Rn. 13 f.; Pichler in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, 2010, Rn. 198).
- 15
- cc) Gegen einen deutlichen Inlandsbezug spricht schließlich, dass die angegriffenen Äußerungen in russischer Sprache und in kyrillischer Schrift abgefasst sind und über eine Website in russischer Sprache verbreitet werden. Auch wenn die von der Revision behaupteten russischen Sprachkenntnisse in der Bevölkerung Deutschlands vorhanden sind, wird dadurch nicht ein besonderes Interesse an der Kenntnisnahme von dem Reisebericht in Deutschland begründet. Der Bericht wendet sich ganz offensichtlich an die russischen Schulkameraden, die nach der darin aufgestellten Behauptung der Beklagten alle bis auf zwei, die ausgewandert sind, in Russland leben.
- 16
- b) Zutreffend verneint das Berufungsgericht auch den Handlungsort im Inland. Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte in den Vereinigten Staaten den Bericht abgefasst und ins Internet gestellt. Aus dem Standort des Servers in Deutschland lässt sich eine bis ins Inland wirkende Handlung der Beklagten aufgrund der Nutzung ihres Rechners, einschließlich des ProxyServers , der Datenleitung und der Übertragungssoftware des Internets zur physikalischen Beförderung der Dateien ins Inland nicht herleiten (vgl. hierzu Pichler , Internationale Zuständigkeit im Zeitalter globaler Vernetzung, Rn. 782 ff.).
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 26.08.2009 - 28 O 478/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 30.03.2010 - 15 U 148/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet über ein "Network -Marketing-System" Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine inte- griert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
- 2
- Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
- 3
- Die Kläger haben zunächst im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung vom 12. Mai 2010 erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Nach der Zustellung der Beschlussverfügung an die damalige administrative Ansprechpartnerin der Beklagten in Deutschland am 27. Mai 2010 erschienen die beanstandeten Ergänzungsvorschläge nicht mehr. Die Beklagte hat eine Abschlusserklärung verweigert. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren verlangen die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsbegehren hinaus Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht (Urteil veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 m. Anm. Seitz) hat sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht. Es hat jedoch die Klage nicht als begründet erachtet, weil den automatisierten Suchergänzungsvorschlägen in der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2 kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Die angezeigten Suchergänzungsbegriffe "R.S. Scientology" und "R.S. Betrug" enthielten keine (eigene) Aussage der Beklagten mit dem Inhalt, dass R.S. Mitglied bei Scientology sei oder dieser Sekte zumindest positiv gegenüberstehe oder Täter oder Teilnehmer eines Betruges sei. Es begegne bereits Zweifeln, ob den Begriffskombinationen überhaupt eine solche Konnotation bzw. ein insofern aus sich heraus verständlicher Sinngehalt beigemessen werden könne. Letztlich könne dies indessen offenbleiben, da es nach dem Erfahrungshorizont der Nutzer der Suchmaschine der Beklagten fernliege, die streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe als Äußerungen zu verstehen, mit denen inhaltliche Bezüge zwischen dem eingegebenen Suchbegriff und den dazu angezeigten Ergänzungsvorschlägen durch die Beklagte hergestellt würden. Eine hiervon abweichende Würdigung ergebe sich weder aus den von den Klägern vorgebrachten Manipu- lationsversuchen noch aus Presseberichterstattungen über ähnliche Vorgänge noch aus den Ergebnissen der von den Klägern zur Akte gereichten Verkehrsbefragung. Ein Anlass für die von den Klägern beantragte Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens bestehe nicht, da die Mitglieder des erkennenden Senats zu dem angesprochenen Adressatenkreis, nämlich dem unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten der streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe, gehörten. Aus Sicht eines solchen Durchschnittsrezipienten lasse sich der Anzeige der Ergänzungssuchbegriffe lediglich die eigene Aussage der Suchmaschine der Beklagten entnehmen , dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben hätten oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten jeweils als solche auffinden ließen. Diese Aussage sei wahr und daher von den Klägern hinzunehmen.
II.
- 5
- Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht die Klage für zulässig erachtet.
- 7
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in entsprechender Anwendung des § 32 ZPO bejaht. Zwar genügt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nicht, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Interessen im Inland hat; erforderlich ist vielmehr, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben, da eine Kenntnisnahme der beanstandeten Suchergänzungsvorschläge im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall wäre und die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme der Suchergänzungsvorschläge auch im Inland eintreten würde. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit entsprechend § 39 ZPO auch aufgrund rügeloser Einlassung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
- 8
- b) Das Berufungsgericht hat den - auch die alternative Verwendung der streitgegenständlichen Ergänzungsbegriffe umfassenden - Unterlassungsantrag für hinreichend bestimmt angesehen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
- 9
- 2. Die Begründetheit der Klage kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht verneint werden.
- 10
- a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus uner- laubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Streitfall Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier wird die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers zu 2 bzw. der Klägerin zu 1 mit Sitz in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 31 - auch zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-Verordnung (Rn. 22) und zu § 3 TMG als sachlichrechtliches Beschränkungsverbot (Rn. 30)).
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Artt. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
- 12
- aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beinhalten die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein verletzender Aussagegehalt innewohnt.
- 13
- (1) Der mit dem Begriff "Scientology" in Verbindung mit dem Namen einer real existierenden Person zum Ausdruck gebrachte Sinngehalt lässt sich - wie schon das Berufungsgericht in Betracht gezogen hat - hinreichend dahin spezifizieren, dass zwischen dieser Sekte, zu der im Verkehr nicht zuletzt durch eine vorangegangene Medienberichterstattung konkrete Vorstellungen existieren , und der namentlich erwähnten Person eine Verbindung besteht. Diese Verbindung ist geeignet, eine aus sich heraus aussagekräftige Vorstellung hervorzurufen.
- 14
- (2) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es dem Begriff des Betrugs eine inhaltliche Aussagekraft mit der Begründung absprechen will, dass mit diesem Begriff ein vielfältiges, unspezifisches Bedeutungsspektrum verbunden sei. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266, 295). Zwar mag es zutreffen, dass von einem durchschnittlichen Internetnutzer unter "Betrug" nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes verstanden werden muss. Jedoch verbindet der Durchschnittsleser mit der Verwendung diesesBegriffes zumindest ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen und verleiht ihm damit einen hinreichend konkreten Aussagegehalt (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42).
- 15
- (3) Das Berufungsgericht hat den von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen lediglich die Aussage entnommen, dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben haben oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten auffinden lassen (vgl. auch Härting K & R 2012, 633; Heckmann AnwZert ITR 18/2012 Anm. 1; Brosch AnwZert ITR 20/2012 Anm. 2; a.A. Weltig MMR 2011 Nr. 12 V f.; Seitz ZUM 2012, 994, 995 f.; s. auch Meyer K & R 2013, 221, 225 f. mwN auch zur Rechtsprechung ausländischer Gerichte ). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
- 16
- Der mittels der Suchmaschine der Beklagten nach Informationen forschende Internetnutzer erwartet von den ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem "Ozean von Daten" werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten nicht x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig "Treffer" liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein - und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen - auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt. Das algorithmusgesteuerte Suchprogramm bezieht die schon gestellten Suchanfragen ein und präsentiert dem Internetnutzer als Ergänzungsvorschläge die Wortkombinationen, die zu dem fraglichen Suchbegriff am häufigsten eingegeben worden waren. Das geschieht in der - in der Praxis oft bestätigten - Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen - je häufiger desto eher - dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln. Diese Erwartung hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Aussagegehalts der von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschläge nicht berücksichtigt. Sie führt im Streitfall dazu, dass den bei Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers zu 2 "automatisch" angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen "r. s. scientology" und "r. s. betrug" die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger zu 2 und den - negativ konnotierten - Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang.
- 17
- bb) Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Beklagten und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Beklagten im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr.
- 18
- c) Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet.
- 19
- aa) Zwar ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit.
- 20
- Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen - mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB - verantwortlich ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 13 f. s. auch Heckmann , aaO; a.A. Brosch, aaO). Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen , sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autocomplete-Hilfsprogramms dem Nutzer ihrer InternetSuchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen "eigenen" Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, für die der Diensteanbieter gemäß §§ 8 bis 10 TMG nur eingeschränkt verantwortlich ist.
- 21
- bb) Es bedarf aber wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Se- natsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 20 ff. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II und vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
- 22
- cc) Danach sind das Interesse der Kläger am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte einerseits und die durch Artt. 2, 5 Abs. 1 und 14 GG geschützten Interessen der Beklagten auf Meinungs- und wirtschaftliche Handlungsfreiheit andererseits abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Suchmaschinenfunktion zwar in ihrem eigenen geschäftlichen Interesse in der beschriebenen Weise betreibt, um Nutzer wegen der Effektivität der Suche an sich zu binden. Doch ziehen die Nutzer ihrerseits daraus den Vorteil einer begriffsorientierten Suche nach Daten und Informationen. Auch die Kläger wenden sich nicht dagegen, dass mittels der Suchmaschine persönliche Daten, wie der Name des Klägers zu 2 und sein Bezug zur Klägerin zu 1, aufgefunden werden können. Auf Seiten der Kläger ist für die Abwägung entscheidend, dass die verknüpften Begriffe einen unwahren Aussagegehalt haben, weil der Kläger zu 2 - wovon nach dem Vortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen ist - weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht. Äußerungen von unwahren Tatsachen müssen nicht hingenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, VersR 2013, 63, Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39).
- 23
- d) Ist mithin nach den vorstehenden Grundsätzen davon auszugehen, dass die beanstandeten Suchwortergänzungsvorschläge das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen, kann eine Haftung der Beklagten als Störerin nicht von vornherein verneint werden.
- 24
- aa) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 13, vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO mwN; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff.; Diederichsen, FS Müller, 2009 S. 507, 523).
- 25
- bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte deshalb uneingeschränkt und unabhängig von Zumutbarkeitsgesichtspunkten haftet. Denn nach den besonderen Umständen des Streitfalles liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen.
- 26
- (1) Das Entwickeln und die Verwendung der die Suchvorschläge erarbeitenden Software ist der Beklagten nicht vorzuwerfen; hierbei handelt es sich vielmehr um eine durch Artt. 2, 14 GG geschützte wirtschaftliche Tätigkeit. Das Suchmaschinenangebot der Beklagten zielt auch nicht von vornherein auf eine Rechtsverletzung durch eine gegen eine bestimmte Person gerichtete unwahre Tatsachenbehauptung ab. Nur durch das Hinzutreten eines bestimmten Nutzerverhaltens können ehrverletzende Begriffsverbindungen entstehen. Die Tätigkeit der Beklagten ist andererseits aber nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Art (anders liegen die Fälle: Google France/Louis Vuitton EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, NJW 2010, 2029 Rn. 114 und BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder - jeweils zum Hostprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie ist nicht ausschließlich beschränkt auf die Bereitstellung von Informationen für den Zugriff durch Dritte. Die Beklagte verarbeitet vielmehr die Abfragedaten der Nutzer in einem eigenen Programm, das Begriffsverbindungen bildet. Für deren Angebot in Form eigener Suchvorschläge ist die Beklagte grundsätzlich aufgrund der ihr zuzurechnenden Erarbeitung verantwortlich. Der Beklagten kann deshalb grundsätzlich nur vorgeworfen werden , keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
- 27
- (2) Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt.
- 28
- Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist (Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 120). Ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 108 f.).
- 29
- Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine mit entsprechender Hilfsfunktion ist daher ebenso wie bei der Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 38; vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, NJW 1997, 2180, 2181 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I, vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff., jeweils mwN).
- 30
- Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet , die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer InternetSuchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
- 31
- 3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, VersR 2012, 630 Rn. 15 mwN) - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
LG Köln, Entscheidung vom 19.10.2011 - 28 O 116/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.05.2012 - 15 U 199/11 -
(1) In Deutschland nach § 2a niedergelassene Diensteanbieter und ihre Telemedien unterliegen den Anforderungen des deutschen Rechts auch dann, wenn die Telemedien innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1) und der Richtlinie 2010/13/EU in einem anderen Mitgliedstaat geschäftsmäßig angeboten oder verbreitet werden.
(2) Der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG und der Richtlinie 2010/13/EU in Deutschland von Diensteanbietern, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, geschäftsmäßig angeboten oder verbreitet werden, wird vorbehaltlich der Absätze 5 und 6 nicht eingeschränkt.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 bleiben unberührt
- 1.
die Freiheit der Rechtswahl, - 2.
die Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf Verbraucherverträge, - 3.
gesetzliche Vorschriften über die Form des Erwerbs von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie der Begründung, Übertragung, Änderung oder Aufhebung von dinglichen Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, - 4.
das für den Schutz personenbezogener Daten geltende Recht.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für
- 1.
die Tätigkeit von Notaren sowie von Angehörigen anderer Berufe, soweit diese ebenfalls hoheitlich tätig sind, - 2.
die Vertretung von Mandanten und die Wahrnehmung ihrer Interessen vor Gericht, - 3.
die Zulässigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikationen durch elektronische Post, - 4.
Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten, - 5.
die Anforderungen an Verteildienste, - 6.
das Urheberrecht, verwandte Schutzrechte, Rechte im Sinne der Richtlinie 87/54/EWG des Rates vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen (ABl. EG Nr. L 24 S. 36) und der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. EG Nr. L 77 S. 20) sowie für gewerbliche Schutzrechte, - 7.
die Ausgabe elektronischen Geldes durch Institute, die gemäß Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (ABl. EG Nr. L 275 S. 39) von der Anwendung einiger oder aller Vorschriften dieser Richtlinie und von der Anwendung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. EG Nr. L 126 S. 1) freigestellt sind, - 8.
Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die dem Kartellrecht unterliegen, - 9.
Bereiche, die erfasst sind von den §§ 39, 57 bis 59, 61 bis 65, 146, 241 bis 243b, 305 und 306 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 529) geändert worden ist, und von der Versicherungsberichterstattungs-Verordnung vom 19. Juli 2017 (BGBl. I S. 2858), die durch Artikel 7 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist, für die Regelungen über das auf Versicherungsverträge anwendbare Recht sowie für Pflichtversicherungen.
(5) Das Angebot und die Verbreitung von Telemedien, bei denen es sich nicht um audiovisuelle Mediendienste handelt, durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, unterliegen den Einschränkungen des deutschen Rechts, soweit
- 1.
dies dem Schutz folgender Schutzziele vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient: - a)
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere - aa)
im Hinblick auf die Verhütung, Ermittlung, Aufklärung, Verfolgung und Vollstreckung - aaa)
von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Verunglimpfung aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität, - bbb)
von Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen oder
- bb)
im Hinblick auf die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen,
- b)
der öffentlichen Gesundheit oder - c)
der Interessen der Verbraucher und der Interessen der Anleger und
- 2.
die Maßnahmen, die auf der Grundlage des deutschen Rechts in Betracht kommen, in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen.
(6) Der freie Empfang und die Weiterverbreitung von audiovisuellen Mediendiensten aus anderen Mitgliedstaaten darf abweichend von Absatz 2 vorübergehend beeinträchtigt werden, wenn diese audiovisuellen Mediendienste
- 1.
in offensichtlicher, ernster und schwerwiegender Weise Folgendes enthalten: - a)
eine Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer Gruppe von Personen aus einem der in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1) genannten Gründe, - b)
eine öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat gemäß Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/Jl des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/Jl des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6), - c)
einen Verstoß gegen die Vorgaben zum Schutz von Minderjährigen nach Artikel 6a Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU oder
- 2.
eine Beeinträchtigung oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr der Beeinträchtigung darstellen für - a)
die öffentliche Gesundheit, - b)
die öffentliche Sicherheit oder - c)
die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denendurch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hierein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.
III.
Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden Berichterstattung über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in Anspruch.
- 2
- Der Kläger ist "Direktor Finanzen und Controlling" der Gazprom Germania GmbH, der deutschen Tochter des russischen Gazprom-Konzerns. Das Unternehmen beschäftigt 520 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2009 einen Umsatz von 8 Milliarden Euro. In einer Präsentation zur Bilanzpressekonferenz 2008 wurde der Kläger auf der ersten Seite als "Direktor Finanzen" aufgeführt. Er ist auch im Internetauftritt der Gazprom Germania GmbH mit Foto und Lebenslauf vertreten. In dem Internetportal "XING" wird er als CFO der Gazprom Germania GmbH geführt.
- 3
- Im September 1985 verpflichtete sich der Kläger in einer eigenhändig verfassten Erklärung, "im Ministerium für Staatssicherheit Dienst im militärischen Beruf zu leisten", alle seine "Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen, um die ehrenvollen Pflichten und Aufgaben eines Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit zu erfüllen" und "die dienstlichen Bestimmungen und Befehle des Ministers für Staatssicherheit und der anderen zuständigen Vorgesetzten einzuhalten und mit schöpferischer Initiative durchzuführen". Aufgrund dieser Verpflichtungserklärung war der Kläger von Ende 1985 bis Ende 1989 als "Offizier im besonderen Einsatz" für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, wofür er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen zu sein. In einer weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 4. Dezember 2007 schilderte er die Umstände der Kontaktaufnahme durch die Stasibehörde mit ihm sowie seine Tätigkeit für diese und erklärte erneut, zu keinem Zeitpunkt "hauptamtlich - also als angestellter Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" tätig gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Hierüber wurde in verschiedenen überregionalen Medien unter namentlicher Bezeichnung des Klägers berichtet. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren unter der Auflage, einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, gemäß § 153a StPO eingestellt. Der Kläger kam der Auflage nach.
- 4
- Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort hält sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6. Mai 2008 datierten Artikel mit dem Titel "Gazprom-Manager im Visier der deutschen Justiz" zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Klägers über dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enthält einen "Nachtrag", in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2. Oktober 2008 gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt wurde.
- 5
- Der Kläger sieht in dem weiteren Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen , über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG zustehe, weil das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Meldung im Zeitpunkt der Veröffentlichung rechtmäßig gewesen sei. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt berühre die Öffentlichkeit nur gering und sei der weniger schweren Kriminalität zuzurechnen. Individuelle Rechtsgüter anderer Personen seien durch die dem Kläger zur Last gelegte Tat nicht betroffen. Der Kläger, der in einem bedeutenden Unternehmen mit erheblichem Umsatz als Finanzmanager eine hohe Position einnehme, sei jenseits dieser beruflichen Tätigkeit in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Das vom Kläger begehrte Verbot betreffe auch nicht unmittelbar die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit , sondern wende sich ausschließlich gegen die Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung.
- 7
- Diese Frage könne allerdings offenbleiben. Denn die Beklagte habe den Beitrag jedenfalls dann entfernen müssen, als ihr bekannt geworden sei, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Denn zu diesem Zeitpunkt habe die beanstandete Meldung ihre Aktualität verloren. Es habe festgestanden, dass nicht geklärt werden würde, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben worden sei. Die Einstellung des Verfahrens zeige, dass die Staatsanwaltschaft der Tat kein besonderes öffentliches Verfolgungsinteresse beigemessen habe. Damit habe sich auch das Berichterstattungsinteresse verringert. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Beklagte in einem Nachtrag über die Einstellung des Verfahrens berichtet habe. Zwar könne im Bereich der Berichterstattung in Printmedien ein Anspruch auf ergänzende Berichterstattung den Unterlassungsanspruch ausschließen. Dies gelte aber nicht, wenn im Internet Meldungen dauerhaft zum Abruf bereitgehalten würden. Die angegriffene Veröffentlichung stelle trotz des Nachtrags eine perpetuierende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in dem Sinne dar, dass dem Leser der Seite bekannt werde, dass das bezeichnete Ermittlungsverfahren gelaufen und gemäß § 153a StPO eingestellt worden sei. Jedenfalls nach der Abmah- nung durch den Kläger vom 7. Februar 2011 sei die Beklagte gehalten gewesen , den Beitrag zu löschen, soweit der Kläger als Person darin identifizierbar genannt werde. Zu diesem Zeitpunkt habe das dem Kläger zur Last gelegte mutmaßliche Delikt bereits mehr als drei Jahre zurückgelegen, das Ermittlungsverfahren sei bereits seit mehr als zwei Jahren eingestellt gewesen und einen aktuellen Anlass für eine Aufrechterhaltung der Berichterstattung habe es nicht gegeben. Das berechtigte Interesse des Klägers, mit der ihm zur Last gelegten Tat nicht weiter konfrontiert zu werden, überwiege das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Zwar sei die Mitteilung eines Verdachts für den Betroffenen weniger belastend als die Bekanntgabe einer strafrechtlichen Verurteilung. Auf der anderen Seite lege der Bericht dem Leser nahe, dass der Kläger die Tat begangen habe. Auch wenn es sich nur um eine abrufbar im Netz stehende Meldung handele, deren mangelnde Aktualität aus dem Erscheinungsdatum ersichtlich sei, stelle sie eine erhebliche Belastung dar, weil sie nicht nur weltweit dauerhaft abrufbar sei, sondern insbesondere mittels Suchmaschine von jedem, der sich für die Person des Klägers interessiere, ohne Umstände leicht aufgefunden werden könne. Nach der Abmahnung durch den Kläger sei es für die Beklagte zumutbar gewesen, die gesamte Veröffentlichung oder zumindest den Namen des Klägers und weitere diesen identifizierende Merkmale aus der Veröffentlichung zu entfernen.
II.
- 8
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass das Bereithalten der angegriffenen Meldung zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 202 f.; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 34; BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 36; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, K & R 2012, 187 Rn. 83, 96 - Axel Springer AG gegen Deutschland, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Beschuldigten identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO).
- 10
- 2. Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Men- schenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 35; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 89 ff., jeweils mwN).
- 11
- 3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise verletzt wird. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
- 12
- a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 37; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f.; AfP 2010, 365 Rn. 27 ff.; AfP 2012, 143 Rn. 36, 39, jeweils mwN). Danach darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 12; AfP 2012, 143 Rn. 39). Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien (BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 39; Wenzel /Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 10 Rn. 154). Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17).
- 13
- Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen , dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft begründen ein anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VersR 2006, 274 Rn. 14; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 38; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 18; AfP 2010, 365 Rn. 32; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 96). Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss aber im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen. Danach ist die Identifizierung des Täters nicht immer zulässig; insbesondere in Fällen der Kleinkriminalität oder bei Jugendlichen wird dies regelmäßig nicht der Fall sein. Ein an sich geringeres Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über leichte Verfehlungen kann im Einzelfall aber aufgrund von Besonderheiten - etwa in der Person des Täters oder den Umständen der Tatbegehung - in einem Maße gesteigert sein, dass das Interesse des Täters an einem Schutz seiner Persönlichkeit dahinter zurückzutreten hat (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326; vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, aaO S. 207; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, aaO Rn. 13 ff.; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 20). Für die Abwägung bedeutsam ist auch, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als "Wachhund der Öffentlichkeit" wahrnimmt (vgl. BVerfGK 1, 285, 288; AfP 2006, 354, 356; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 79, 90).
- 14
- Handelt es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese Vermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f.). Dementsprechend ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen auch die Gefahr in Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf "etwas hängenbleibt" (vgl. BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 46 Rn. 15; AfP 2009, 365 Rn. 20; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 96).
- 15
- Mit zeitlicher Distanz zum Strafverfahren und nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gewinnt das Interesse des Betroffenen , von einer Reaktualisierung seiner (möglichen) Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 40; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters bzw. Beschuldigten. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit dem Abschluss des Strafverfahrens die gebotene Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen mit Blick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Eine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse ist damit jedoch nicht gemeint (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt dem Betroffenen keinen uneingeschränkten Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit seiner (möglichen) Verfehlung konfrontiert zu werden (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO, mwN).
- 16
- b) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs vorliegend hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
- 17
- aa) Die namentliche Bezeichnung des Klägers in dem streitgegenständlichen Beitrag war entgegen der vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig. In dem Beitrag, den der Kläger nur hinsichtlich der ihn identifizierenden Angaben, nicht aber im Übrigen angreift, wird wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Sowohl die frühere Tätigkeit des Klägers für das Ministerium für Staatssicherheit als auch Anlass und Inhalt der von ihm gegenüber dem Landgericht Köln abgegebenen eidesstattlichen Versicherung als auch die von dem Landgericht veranlasste Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft werden zutreffend dargestellt.
- 18
- Zwar stand im Zeitpunkt der Berichterstattung nicht fest, ob der Kläger den Straftatbestand einer (vorsätzlichen oder fahrlässigen) falschen Versicherung an Eides Statt (§§ 156, 161 StGB) verwirklicht hatte. Ob seine Versicherung , er sei "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen, inhaltlich unrichtig war, hing von der Wertung ab, ob der Kläger aufgrund seiner Funktion als "Offizier im besonderen Einsatz" bzw. "Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit" als "hauptamtlicher Mitarbeiter" oder "Angestellter des Ministeriums für Staatssicherheit" zu qualifizieren war. Der Bericht über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt war jedenfalls nicht geeignet, den Kläger an den Pranger zu stellen, ihn zu stigmatisieren oder ihm in sonstiger Weise Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen (vgl. BVerfGE 82, 106, 114 f.; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 14).
- 19
- Die durch die Berichterstattung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers stand auch im Übrigen nicht außer Verhältnis zur Bedeutung seines Verhaltens für die Öffentlichkeit. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, begründeten die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit , hinter dem das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten hat. Zwar kann der Straftatbestand der falschen Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB) nur dem Bereich der mittleren Kriminalität zugeordnet werden. Abgesehen davon, dass dieser Umstand nicht nur für das öffentliche Informationsinteresse von Relevanz ist, sondern zugleich die Bedeutung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung mindert (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; AfP 2012, 143 Rn. 41), darf bei der Gewichtung des Informationsinteresses entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht allein auf die Schwere der dem Kläger vorgeworfenen Straftat abgestellt werden (vgl. Se- natsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 30). Vielmehr sind auch die Besonderheiten des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts, insbesondere die Vorgeschichte des Ermittlungsverfahrens , die nunmehrige Funktion des Klägers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet.
- 20
- Der Kläger bekleidet eine herausgehobene, mit erheblichem Einfluss verbundene Stellung in der Gazprom Germania GmbH - einem großen Wirtschaftsunternehmen , das aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland und der Diskussion um die Stasi-Vergangenheit seines deutschen Spitzenpersonals im Blickpunkt des öffentlichen Interesses steht. Anlass für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger war eine Berichterstattung im August 2007 über die Verbindungen der Führungskräfte der Gazprom Germania GmbH zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, begründet der Versuch des Finanzchefs eines im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Unternehmens, mit Hilfe einer möglicherweise falschen eidesstattlichen Versicherung gegenüber den Justizbehörden eine Berichterstattung über Art und Umfang seiner früheren Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit zu unterbinden und die Intensität seiner Einbindung in das Ministerium zu vertuschen , im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das sich auch auf das aus diesem Grund eingeleitete Ermittlungsverfahren erstreckt (vgl. BVerfGE 94, 351, 368; BVerfG, AfP 2000, 445, 448; Soehring, Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 21 ff.).
- 21
- Für das Bestehen eines erheblichen öffentlichen Interesses an einer Information über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger spricht auch der Umstand, dass hierüber nicht nur in der von der Beklagten verlegten Tageszeitung und dem von ihr betriebenen Internetportal, sondern auch in anderen überregionalen Medien berichtet wurde (vgl. BVerfG AfP 2010, 365 Rn. 30 mwN).
- 22
- bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf nicht durch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO am 2. Oktober 2008 rechtswidrig geworden.
- 23
- (1) Die Meldung entspricht nach wie vor der Wahrheit. Insbesondere hat sich die Darstellung der tatsächlichen Vorgänge, die zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens geführt hatten, nicht nachträglich als unrichtig erwiesen. Dem Umstand, dass die Veröffentlichung aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO unvollständig und deshalb unzutreffend erscheinen könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; OLG Düsseldorf, NJW 2011, 788, 789 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620), hat die Beklagte durch Beifügen eines Nachtrags Rechnung getragen, in dem auf die Einstellung des Verfahrens hingewiesen wird.
- 24
- (2) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem weiteren Bereithalten der Meldung auch nicht die Unschuldsvermutung entgegen. Zwar wird diese Vermutung durch eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO nicht widerlegt. Mit der Einstellung wird keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm durch die Anklage vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht; das Gesetz verlangt lediglich das hypothetische Urteil, dass die Schuld des Täters nicht als zu schwer anzusehen wäre (BVerfGE 82, 106, 116 ff.; BVerfG, NJW 1991, 1530, 1531; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 153a Rn. 2, 7, jeweils mwN). Die Unschuldsvermutung schützt den Betroffenen aber nur vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, ohne dass ihm in dem gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahren strafrechtliche Schuld nachgewiesen worden ist (vgl. BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f., 117, 119 f.). Sie schließt dagegen nicht aus, dass eine Verdachtslage beschrieben und bewertet wird (vgl. BVerfGE 82, 106, 117; BVerfG, NJW 1991, 1530, 1532; StV 2008, 368, 369). Die Mitteilung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt war, wie bereits ausgeführt, nicht geeignet, dem Kläger Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen.
- 25
- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Kläger auch nicht wie ein Freigesprochener zu behandeln. Der Beschuldigte wird durch eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO zwar nicht für schuldig befunden; er wird aber auch nicht in einer dem Freispruch vergleichbaren Weise rehabilitiert (vgl. BVerfGE 82, 106, 118; Meyer-Goßner, aaO Rn. 2, 7). Vielmehr setzt die Anwendung dieser Bestimmung einen hinreichenden Tatverdacht voraus (vgl. BVerfGE 82, 106, 118; Meyer-Goßner, aaO Rn. 7; Scheinfeld in FS Herzberg 2008, S. 843, 845, jeweils mwN). Vor diesem Hintergrund ist die untechnische Formulierung in dem Nachtrag, bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO sehe die Staatsanwaltschaft "trotz vermuteter Schuld" von der Erhebung der öffentlichen Klage ab, nicht zu beanstanden.
- 26
- (3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Meldung vom 6. Mai 2008 durch die Einstellung des Strafverfahrens am 2. Oktober 2008 auch nicht ihre Aktualität verloren. Die Revision wendet sich in diesem Zusammenhang mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft zeige, dass diese der Tat kein besonderes öffentliches Verfolgungsinteresse beigemessen habe, wodurch sich auch das Berichterstattungsinteresse verringert habe. Wie die Revision mit Recht beanstandet , wurde das Verfahren ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und von den Parteien inhaltlich nicht in Frage gestellten Meldung der Beklagten und dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift nicht durch die Staatsanwaltschaft, sondern erst - nach Erhebung der öffentlichen Klage - gemäß § 153a Abs. 2 StPO durch das Amtsgericht eingestellt (Az. 536 Ds 308/08). Das Berufungsgericht berücksichtigt auch nicht hinreichend, dass das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, sondern zu unterscheiden sind (vgl. Meyer-Goßner, aaO Rn. 13; Scheinfeld in FS Herzberg 2008, S. 843, 866). Die Beseitigung des Strafverfolgungsinteresses durch die Anordnung von Auflagen oder Weisungen gemäß § 153a StPO führt nicht automatisch dazu, dass ein bis zu diesem Zeitpunkt bestehendes gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an einer Information über den Strafvorwurf so weit herabgesetzt wird, dass es nunmehr hinter dem Interesse des Betroffenen an einem Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs zurückzutreten hätte.
- 27
- cc) Eine Verpflichtung der Beklagten zur Entfernung der den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung vom 6. Mai 2008 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch weder durch das Abmahnschreiben des Klägers vom 7. Februar 2011 noch durch die gerichtliche Geltendmachung seines vermeintlichen Unterlassungsanspruchs begründet worden. Zwar lag das dem Kläger zur Last gelegte Delikt zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre zurück; das Ermittlungsverfahren war seit mehr als zwei Jahren abgeschlossen. Andererseits ist die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, nicht schwerwiegend; sie ist nicht geeignet, dem Kläger einen erheblichen Persönlichkeitsschaden zuzufügen. Denn sie entfaltet eine nur geringe Breitenwirkung. Eine Kenntnisnahme von ihrem Inhalt setzt eine gezielte Suche voraus. Die Meldung wird nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website zum Abruf bereitgehalten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 43, mwN; BVerfG AfP 2000, 445, 448; NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298 Rn. 20). Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist sie nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich und als Altmeldung erkennbar.
- 28
- Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren; dieses Informationsinteresse erstreckt sich auch auf das gemäß § 153a StPO eingestellte Strafverfahren gegen den Kläger. Der Streitfall ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet , dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht allein durch die dem Kläger vorgeworfene Straftat, sondern durch den Zusammenhang, in dem sein Verhalten steht, und durch das Zusammenwirken verschiedener - unter aa) im Einzelnen aufgezeigter - Umstände begründet wird, die für die öffentliche Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft bis heute von wesentlicher Bedeutung sind. Die Meldung setzt sich kritisch mit der Reaktion des in herausgehobener Funktion für die Gazprom Germania GmbH tätigen Klägers auf die Aufdeckung seiner Stasi-Vergangenheit auseinander; sie leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit und damit zu einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage (vgl. BVerfG, AfP 2000, 445, 448). Die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ist noch nicht abgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Gazprom Germania GmbH und ihre russische Mutter aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland nach wie vor im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen.
- 29
- Bei dieser Sachlage hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
- 30
- 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.08.2011 - 324 O 203/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.11.2011 - 7 U 80/11 -
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Berichterstattung über seine angebliche Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Anspruch.
- 2
- Der Kläger war Professor an der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) im Sächsischen Landtag und Spitzenkandidat dieser Partei für die Landtagswahl am 19. September 2004. Die Beklagte verlegt die Zeitungen "Sächsische Zeitung", "Dresdner Mor- genpost" und "Dresdner Morgenpost am Sonntag". In diesen Zeitungen wurde in der Zeit vom 8. bis 17. August 2004 in fünf Artikeln über den Verdacht berichtet , der Kläger habe seit 1970 als inoffizieller Mitarbeiter "IM Christoph" mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und dabei insbesondere seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt.
- 3
- Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon gehabt , dass das Ministerium für Staatssicherheit ihn als "IM Christoph" geführt habe. Er sei ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung verschiedener Passagen der Artikel verurteilt. Die Berufung der Beklagten war erfolglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die vom Kläger beanstandeten Textpassagen seien jeweils Teil einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung und verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ihre Veröffentlichung sei insbesondere nicht deshalb zulässig, weil die darin als Verdacht geäußerten Behauptungen zutreffend seien. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR zusammengearbeitet habe. Die Beweislast für die Wahrheit der Behauptungen liege bei der Beklagten. Der Beweis sei durch die vorgelegten Dokumente der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (nachfolgend: Bundesbeauftragte) und die Aussagen der Zeugen nicht erbracht worden. Zwar bleibe ein erheblicher Verdacht, dass die Behauptung des Klägers, nicht gewusst zu haben, dass die Zeugen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen seien, nicht zutreffe. Denn den vorgelegten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen sei zu entnehmen, dass der Kläger über Jahre vielfach und unter konspirativen Umständen Kontakt mit Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes gehabt und er diesen gegenüber höchst private und politisch brisante Einzelheiten über Freunde, Bekannte und seine damalige Lebensgefährtin berichtet habe. Sie ließen aber nicht den zwingenden Schluss zu, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, wer seine Gesprächspartner waren. Der Möglichkeit, dass der Kläger unwissentlich mit Vertretern der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gesprochen habe, stehe insbesondere nicht zwingend entgegen, dass die HVA im Jahre 1970 für den Kläger eine Karteikarte mit dem Decknamen "IM Christoph" angelegt habe und dass in der Aktennotiz des Zeugen O. vom 5. März 1984 festgehalten worden sei, dass der Kläger bei der HVA positiv erfasst sei und zuverlässig arbeite. Hieraus ergäben sich zwar erhebliche Verdachtsmomente. Eine Gewissheit über eine positive Kenntnis des Klägers bestehe hingegen nicht.
- 6
- Die Berichterstattung sei auch nicht etwa deshalb zulässig, weil es sich um die Verbreitung eines Verdachts gehandelt habe. Ihre Zulässigkeit scheitere jedenfalls daran, dass die Beklagte, die ihre Informationen ausschließlich Berichten des Nachrichtenmagazins "FOCUS" entnommen habe, vor der Veröffentlichung keine eigenen Recherchen durchgeführt habe. In Anbetracht der Konsequenzen, die der Vorwurf, der Kläger sei als "IM" der "Stasi" tätig gewesen , für diesen hätte haben müssen, habe die Beklagte selbst die im Nachrichtenmagazin "FOCUS" auszugsweise zitierten Dokumente der Bundesbeauftragten überprüfen und den Verfasser der darin enthaltenen Berichte, den Zeugen O., zu den Umständen ihrer Entstehung befragen müssen. Die Tatsache, dass sich der Kläger im Landtagswahlkampf befunden habe, stehe dem nicht entge- gen, sondern habe im Gegenteil wegen der absehbaren schwerwiegenden Folgen für den Kläger zu einer genaueren Überprüfung führen müssen. Die Beklagte habe sich nicht gänzlich auf die Einschätzung der Bundesbeauftragten verlassen dürfen, die die Voraussetzungen für eine Herausgabe der Unterlagen an die Presse für gegeben hielt, sondern die ihr zur Verfügung stehenden eigenen Recherchemöglichkeiten nutzen müssen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen , dass sie irgendein Dokument der Bundesbeauftragten in den Händen gehabt habe.
- 7
- In der Abhaltung einer Pressekonferenz am 19. August 2004 durch den Kläger liege keine Einwilligung in die Veröffentlichungen. Da sie erst nach dem Erscheinen der Beiträge stattgefunden habe, entfalle durch sie nicht die Rechtswidrigkeit der Berichterstattung. Es bestehe auch weiterhin Wiederholungsgefahr , zumal die Beklagte nicht konkret vorgetragen habe, zu welchen konkreten Äußerungen der Kläger sich mit welchen Worten in dieser Pressekonferenz geäußert habe.
II.
- 8
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen der angegriffenen Äußerungen ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Äußerungen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen. Es hat den Sinngehalt der beanstandeten Äußerungen zutreffend erfasst, indem es angenommen hat, die Beklagte habe dadurch in jeweils unterschiedlichen Formen den Verdacht geäußert, der Kläger habe als informeller Mitarbeiter (IM) mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) zusammengearbeitet und "Spitzeldienste" erbracht. Es hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Die Äußerung des Verdachts, mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben, ist geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit , auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339, 346; BVerfGE 119, 1, 24, jeweils mwN; siehe auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 20 f.; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 83).
- 10
- 2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers werde durch die angegriffenen Äußerungen in rechtswidriger Weise verletzt.
- 11
- a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 35; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 10, jeweils mwN).
- 12
- Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen (vgl. Se- natsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 24; vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 14, jeweils mwN; BVerfG, NJW 2012, 756 Rn. 18; NJW 2012, 1500 Rn. 33). Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
- 13
- b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die angegriffenen Äußerungen seien nicht (erweislich) wahr.
- 14
- aa) Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, bei der Wiedergabe der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe durch die Beklagte handele es sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung, sondern um eine wahrheitsgemäße und deshalb zulässige Berichterstattung über das Zeitgeschehen, nämlich über die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "FOCUS" und die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der Bundesbeauftragten. Denn die Beklagte hat sich die Erkenntnisse des "FOCUS" bzw. der Bundesbeauftragten über den Verdacht einer IM-Tätigkeit des Klägers jeweils zu Eigen gemacht. Sie hat die jeweiligen Artikel selbst verfasst und sich mit den fremden Äußerungen identifiziert, so dass sie als eigene erscheinen; sie hat sie zum Be- standteil eigener Verdachtsberichterstattungen gemacht (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 11; BVerfG, NJW 2004, 590, 591 jeweils mwN).
- 15
- bb) Mit Erfolg rügt die Revision aber die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die von ihr als Verdacht geäußerten Behauptungen wahr seien. Das Berufungsgericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden obliegt (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; vom 22. April2008 - VI ZR 83/07, BGH 176, 175 Rn. 21; vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11, VersR 2012, 502 Rn. 13; BVerfGE 114, 339, 352). Wie die Revision jedoch zu Recht beanstandet, beruht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
- 16
- (1) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, VersR 2012, 1261 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 17
- Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt ferner das Beweismaß. Nach § 286 ZPO hat der Tatrichter ohne Bindung an Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, VersR 2008, 1265 Rn. 22; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 21; BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f.; vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937; vom 13. März 2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 508, jeweils mwN). Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, aaO).
- 18
- (2) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
- 19
- (a) Die Beweiswürdigung ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe durch das Landgericht, auf dessen Würdigung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zum Teil weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfingen kaum in Einklang zu bringen ist. So rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht, das insoweit auf die Würdigung des Landgerichts Bezug genommen hat, den Bericht der Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit vom 9. März 1984 als mit dem Vortrag des Klägers, er sei lediglich ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden, vereinbar angesehen hat. Der Bericht vom 9. März 1984 betrifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erste Kontaktaufnahme der Bezirksverwaltung Leipzig mit dem Kläger, der bis zu dieser Zeit nur bei der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) als inoffizieller Mitarbeiter erfasst war. In diesem Bericht führt Oberleutnant O. von der Bezirksverwaltung Leipzig aus: "Entsprechend der Mitteilung der HVA konnte mit diesem IM die Verbindung zur zeitweiligen Nutzung aufgenommen werden. Dazu wurden die Telefonnummer des IM und ein Erkennungswort mitgeteilt. Die Verbindungsaufnahme zum IM erfolgte telefonisch und geschah ohne Schwierigkeiten." Die Revision beanstandet mit Recht, dass die Würdigung des Landgerichts, unter dem Erkennungswort könne auch der Arbeitsname zu verstehen sein, unter dem alle durch den Kläger erlangten Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwaltung Leipzig auszutauschen seien, unvertretbar ist. Sie trägt insbesondere dem anerkannten Grundsatz nicht Rechnung, wonach der Sinngehalt von Erklärungen unter Berücksichtigung des Wortlautes und des Zusammenhangs zu erfassen und hierbei das übliche Verständnis der betroffenen Verkehrskreise zu berücksichtigen ist. Nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung erfolgte die Mitteilung des Erkennungswortes an die Bezirksverwaltung gemeinsam mit der Bekanntgabe der Telefonnummer des IM zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit diesem. Im unmittelbar auf die Verwendung des Erkennungswortes folgenden Satz wird mitgeteilt, dass die Kontaktaufnahme telefonisch erfolgt und ohne Schwierigkeiten geschehen sei. Weshalb in diesem Zusammenhang das Erkennungswort den Arbeitsnamen bezeichnen soll, unter dem die Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwal- tung auszutauschen waren, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, wenn man die Aussage der Mitarbeiterin derBundesbeauftragten in der Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten des Sächsischen Landtags vom 10. Januar 2006 berücksichtigt, wonach es üblich gewesen sei, zur Herstellung des Kontakts mit einem dem inoffiziellen Mitarbeiter bislang unbekannten Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit Kennwörter zu vereinbaren.
- 20
- (b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt hat. Das Landgericht hat rechtfehlerhaft eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende Gewissheit gefordert. Es hat die Hinweise in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes jeweils isoliert gewürdigt und theoretische Erklärungen dafür gefunden, warum es nicht "gänzlich undenkbar", "nicht unmöglich" oder "nicht gänzlich unplausibel" sei, dass die Darstellung des Klägers zutreffend sei und er nicht gewusst habe, dass er seine umfassende Spitzeltätigkeit tatsächlich für den Staatssicherheitsdienst erbrachte. Die erheblichen Verdachtsmomente wiesen nicht "zwingend" darauf hin, dass der Kläger Kenntnis von der Identität seiner Gesprächspartner gehabt habe.
- 21
- Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass für die richterliche Überzeugungsbildung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genüge, der Zweifeln Schweigen gebiete, ohne sie völlig auszuschließen. In der Sache hat es aber keine geringeren Anforderungen an die Überzeugungsbildung als das Landgericht gestellt. Es hat sich uneingeschränkt dessen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung angeschlossen und ebenfalls darauf abgestellt, dass die "durchaus erheblichen Verdachtsmomente" nicht den "zwingenden" bzw. "alleinigen Schluss" auf eine Kenntnis des Klägers zuließen bzw. seiner Unkenntnis "nicht zwingend entgegen" ständen.
- 22
- c) Die Revision wendet sich darüber hinaus mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffenen Äußerungen seien auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
- 23
- aa) Soweit die Berichterstattung in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 betroffen ist, rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hat. Die Beklagte hatte in der Klageerwiderung unter Benennung eines Zeugen und unter Verweis auf Anlagen vorgetragen , dass sich der Kläger in einer Pressekonferenz vom 8. August 2004, zu der sämtliche Medien eingeladen worden seien, ausführlich zu den angekündigten FOCUS-Enthüllungen und den darin enthaltenen Verdachtsmomenten geäußert habe. Er habe insbesondere ausgeführt, dass er keine Stasi-Vergangenheit als IM Christoph habe, "nie bewusst" mit dem MfS zusammengearbeitet und "nie wissentlich" einen Stasioffizier getroffen habe. Zu dem - unter Bezugnahme auf den Bericht in den Stasi-Unterlagen erhobenen - konkreten Vorwurf, dass er als IM Christoph über eine Lesung der Autorin Christa Moog berichtet habe, habe er spekuliert, bei seinen "öffentlichen Reden über diese Veranstaltung" von der Stasi "abgeschöpft" worden zu sein. Die Beklagte hatte darüber hinaus in der Klageerwiderung vorgetragen, die vom Kläger als Fraktionschef gesteuerte PDS habe in ihrem Internetportal eine Meldung vom 8. August 2004 zum Abruf bereit gehalten, in der u.a. Folgendes ausgeführt gewesen sei: "Der PDSFraktionschef im Landtag von Sachsen, P., hat Stasi-Vorwürfe zurückgewiesen. … Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "FOCUS" soll P. von Mai 1970 bis in die 80er Jahre als "IM Christoph" der DDR - Auslandsspionage Informationen geliefert und außerdem seine damalige Freundin und heutige Ehefrau R. bespitzelt haben."
- 24
- Dieser Vortrag der Beklagten ist entscheidungserheblich. Die Beklagte hat damit geltend gemacht, der Kläger habe sich - vor der Berichterstattung durch die Beklagte in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 - gezielt an die Öffentlichkeit gewandt, um seine Reaktion auf die Vorwürfe bekannt zu geben, und über die PDS eine Berichterstattung veranlasst, in der die angegriffenen Verdachtsäußerungen bereits verbreitet worden seien. Dieses Verhalten des Klägers kann entweder als eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung in die Berichterstattung der Beklagten zu werten sein oder jedenfalls dazu führen, dass sein Interesse an einem Schutz seiner Persönlichkeit im Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Beklagten an einer Berichterstattung zurückzutreten hat (vgl. zur Einwilligung in eine Persönlichkeitsbeeinträchtigung : BVerfGE 106, 28, 45 f.; Senatsurteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03, VersR 2005, 83 mwN; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 86; LG Köln, AfP 1989, 766 f.; siehe auch OLG Karlsruhe, OLGR 2006, 598, 599; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 916; LG München, ZUM-RD 2008, 309; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 249; vgl. zur Berücksichtigung bei der Abwägung: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, NJW 1977, 1288, 1289, insoweit in BGHZ 68, 331 nicht abgedruckt; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 26; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; BVerfGK 9, 54, 62). Denn haben der Kläger bzw. auf seine Veranlassung und mit seinem Wissen die PDS sich mit den für seine StasiVergangenheit sprechenden Verdachtsmomenten öffentlich auseinandergesetzt , kann es der Presse nicht untersagt sein, diese Vorwürfe anschließend zum Gegenstand einer Berichterstattung zu machen.
- 25
- bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der in den Artikeln vom 10., 11. und 17. August 2004 enthaltenen Äußerungen die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung überspannt hat.
- 26
- (1) Das Berufungsgericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen , dass eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden darf, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62). Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
- 27
- (2) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht den erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der angegriffenen Äußerungen sprechen, verneint und zu hohe Anforderungen an die von der Beklagten einzuhaltende Sorgfalt gestellt hat.
- 28
- (a) Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Mei- nungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN, sowie Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f.; BVerfGE 114, 339, 353 f.; BVerfGK 9, 317, 321; BVerfGK 10, 485, 489; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 66; NJW 2006, 1645 Rn. 78; NJW 2012, 1058 Rn. 82).
- 29
- (b) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten, Herrn B., vom 9. August 2004 rechtsfehlerhaft nicht als privilegierte Quelle gewertet hat, der die Beklagte ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durfte. Wie die Beklagte in der Klageerwiderung geltend gemacht und was das Berufungsgericht durch Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts seiner Entscheidung als unstreitig zugrunde gelegt hat, hatte der Pressesprecher der Bundesbeauftragten erklärt, aus den gefundenen Unterlagen gehe zweifelsfrei hervor, dass der Kläger als "IM Christoph" für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei.
- 30
- Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 StUG um eine Bundesoberbehörde. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 35; OLG Hamburg, ArchPR 1972, 86; OLG Stuttgart, AfP 1990, 145, 147; NJW-RR 1993, 733, 734; KG, AfP 1992, 302, 303; ZUM-RD 2011, 468, 472; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 732, 733; OLG Dresden, NJW 2004, 1181, 1183; LG Oldenburg , AfP 1988, 79, 80; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 72; NJW 2012, 1058 Rn. 105; Peters, NJW 1997, 1334, 1336; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 986). Denn Behörden sind in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte, namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, gebunden und zur Objektivität verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/ Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 156 ff. [Stand: 1. Oktober 2012]).
- 31
- Der Berücksichtigung der Auskünfte steht nicht entgegen, dass es sich dabei nur um sekundäre Quellen handelt. Der Bundesbeauftragte ist für solche Auskünfte besonders kompetent und kann das Vorliegen einer IM-Tätigkeit in aller Regel besser beurteilen als Presseorgane. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit , die gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG zu seinen Aufgaben und Befugnissen gehört, setzt fundierte und umfassende Kenntnisse über den Staatssicherheitsdienst und seinen Wirkungsbereich voraus (vgl. Pietrkiewicz/Burth in Geiger /Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 37 Rn. 15). Deshalb ist beim Bundesbeauftragten auch eine Forschungsabteilung gebildet worden (Stoltenberg/Bossack, StUG, 1. Aufl., § 37 Rn. 11).
III.
- 32
- Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der freien Beweiswürdigung unterlie- gen; im Einzelfall kann ihnen durchaus ein hoher Beweiswert zukommen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 23. September 1998 - 2 L 5/96, S. 12 mwN, und vom 18. November 1998 - 2 L 76/97, juris Rn. 20; OLG Brandenburg , Urteil vom 13. November 2007 - 10 UF 161/07, juris Rn. 32; RappLücke in Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 19 Rn. 69; siehe auch BVerfGE 96, 189, 202 f.; BAGE 74, 257, 265; VG Meiningen, LKV 1995, 298, 299 f.). Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass der Tenor des Landgerichtsurteils zu weit gefasst ist. Ein Verbot der angegriffenen Äußerungen setzt eine Abwägung zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berücksichtigung des Kontextes der Äußerungen voraus. Ein Verbot ohne Bezugnahme auf den Kontext geht daher grundsätzlich zu weit (vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2010, 606, 609; für die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen Senatsur- teile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, BGHZ 174, 262 Rn. 13 f.; vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08, VersR 2009, 1675 Rn. 7 mwN).
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.08.2008 - 324 O 774/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.10.2010 - 7 U 89/08 -
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer im Zusammenhang mit
- 1.
dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder - 2.
dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Berichterstattung über seine angebliche Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Anspruch.
- 2
- Der Kläger war Professor an der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) im Sächsischen Landtag und Spitzenkandidat dieser Partei für die Landtagswahl am 19. September 2004. Die Beklagte verlegt die Zeitungen "Sächsische Zeitung", "Dresdner Mor- genpost" und "Dresdner Morgenpost am Sonntag". In diesen Zeitungen wurde in der Zeit vom 8. bis 17. August 2004 in fünf Artikeln über den Verdacht berichtet , der Kläger habe seit 1970 als inoffizieller Mitarbeiter "IM Christoph" mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und dabei insbesondere seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt.
- 3
- Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon gehabt , dass das Ministerium für Staatssicherheit ihn als "IM Christoph" geführt habe. Er sei ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung verschiedener Passagen der Artikel verurteilt. Die Berufung der Beklagten war erfolglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die vom Kläger beanstandeten Textpassagen seien jeweils Teil einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung und verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ihre Veröffentlichung sei insbesondere nicht deshalb zulässig, weil die darin als Verdacht geäußerten Behauptungen zutreffend seien. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR zusammengearbeitet habe. Die Beweislast für die Wahrheit der Behauptungen liege bei der Beklagten. Der Beweis sei durch die vorgelegten Dokumente der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (nachfolgend: Bundesbeauftragte) und die Aussagen der Zeugen nicht erbracht worden. Zwar bleibe ein erheblicher Verdacht, dass die Behauptung des Klägers, nicht gewusst zu haben, dass die Zeugen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen seien, nicht zutreffe. Denn den vorgelegten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen sei zu entnehmen, dass der Kläger über Jahre vielfach und unter konspirativen Umständen Kontakt mit Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes gehabt und er diesen gegenüber höchst private und politisch brisante Einzelheiten über Freunde, Bekannte und seine damalige Lebensgefährtin berichtet habe. Sie ließen aber nicht den zwingenden Schluss zu, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, wer seine Gesprächspartner waren. Der Möglichkeit, dass der Kläger unwissentlich mit Vertretern der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gesprochen habe, stehe insbesondere nicht zwingend entgegen, dass die HVA im Jahre 1970 für den Kläger eine Karteikarte mit dem Decknamen "IM Christoph" angelegt habe und dass in der Aktennotiz des Zeugen O. vom 5. März 1984 festgehalten worden sei, dass der Kläger bei der HVA positiv erfasst sei und zuverlässig arbeite. Hieraus ergäben sich zwar erhebliche Verdachtsmomente. Eine Gewissheit über eine positive Kenntnis des Klägers bestehe hingegen nicht.
- 6
- Die Berichterstattung sei auch nicht etwa deshalb zulässig, weil es sich um die Verbreitung eines Verdachts gehandelt habe. Ihre Zulässigkeit scheitere jedenfalls daran, dass die Beklagte, die ihre Informationen ausschließlich Berichten des Nachrichtenmagazins "FOCUS" entnommen habe, vor der Veröffentlichung keine eigenen Recherchen durchgeführt habe. In Anbetracht der Konsequenzen, die der Vorwurf, der Kläger sei als "IM" der "Stasi" tätig gewesen , für diesen hätte haben müssen, habe die Beklagte selbst die im Nachrichtenmagazin "FOCUS" auszugsweise zitierten Dokumente der Bundesbeauftragten überprüfen und den Verfasser der darin enthaltenen Berichte, den Zeugen O., zu den Umständen ihrer Entstehung befragen müssen. Die Tatsache, dass sich der Kläger im Landtagswahlkampf befunden habe, stehe dem nicht entge- gen, sondern habe im Gegenteil wegen der absehbaren schwerwiegenden Folgen für den Kläger zu einer genaueren Überprüfung führen müssen. Die Beklagte habe sich nicht gänzlich auf die Einschätzung der Bundesbeauftragten verlassen dürfen, die die Voraussetzungen für eine Herausgabe der Unterlagen an die Presse für gegeben hielt, sondern die ihr zur Verfügung stehenden eigenen Recherchemöglichkeiten nutzen müssen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen , dass sie irgendein Dokument der Bundesbeauftragten in den Händen gehabt habe.
- 7
- In der Abhaltung einer Pressekonferenz am 19. August 2004 durch den Kläger liege keine Einwilligung in die Veröffentlichungen. Da sie erst nach dem Erscheinen der Beiträge stattgefunden habe, entfalle durch sie nicht die Rechtswidrigkeit der Berichterstattung. Es bestehe auch weiterhin Wiederholungsgefahr , zumal die Beklagte nicht konkret vorgetragen habe, zu welchen konkreten Äußerungen der Kläger sich mit welchen Worten in dieser Pressekonferenz geäußert habe.
II.
- 8
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen der angegriffenen Äußerungen ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Äußerungen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen. Es hat den Sinngehalt der beanstandeten Äußerungen zutreffend erfasst, indem es angenommen hat, die Beklagte habe dadurch in jeweils unterschiedlichen Formen den Verdacht geäußert, der Kläger habe als informeller Mitarbeiter (IM) mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) zusammengearbeitet und "Spitzeldienste" erbracht. Es hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Die Äußerung des Verdachts, mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben, ist geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit , auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339, 346; BVerfGE 119, 1, 24, jeweils mwN; siehe auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 20 f.; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 83).
- 10
- 2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers werde durch die angegriffenen Äußerungen in rechtswidriger Weise verletzt.
- 11
- a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 35; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 10, jeweils mwN).
- 12
- Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen (vgl. Se- natsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 24; vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 14, jeweils mwN; BVerfG, NJW 2012, 756 Rn. 18; NJW 2012, 1500 Rn. 33). Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
- 13
- b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die angegriffenen Äußerungen seien nicht (erweislich) wahr.
- 14
- aa) Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, bei der Wiedergabe der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe durch die Beklagte handele es sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung, sondern um eine wahrheitsgemäße und deshalb zulässige Berichterstattung über das Zeitgeschehen, nämlich über die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "FOCUS" und die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der Bundesbeauftragten. Denn die Beklagte hat sich die Erkenntnisse des "FOCUS" bzw. der Bundesbeauftragten über den Verdacht einer IM-Tätigkeit des Klägers jeweils zu Eigen gemacht. Sie hat die jeweiligen Artikel selbst verfasst und sich mit den fremden Äußerungen identifiziert, so dass sie als eigene erscheinen; sie hat sie zum Be- standteil eigener Verdachtsberichterstattungen gemacht (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 11; BVerfG, NJW 2004, 590, 591 jeweils mwN).
- 15
- bb) Mit Erfolg rügt die Revision aber die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die von ihr als Verdacht geäußerten Behauptungen wahr seien. Das Berufungsgericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden obliegt (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; vom 22. April2008 - VI ZR 83/07, BGH 176, 175 Rn. 21; vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11, VersR 2012, 502 Rn. 13; BVerfGE 114, 339, 352). Wie die Revision jedoch zu Recht beanstandet, beruht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
- 16
- (1) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, VersR 2012, 1261 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 17
- Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt ferner das Beweismaß. Nach § 286 ZPO hat der Tatrichter ohne Bindung an Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, VersR 2008, 1265 Rn. 22; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 21; BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f.; vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937; vom 13. März 2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 508, jeweils mwN). Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, aaO).
- 18
- (2) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
- 19
- (a) Die Beweiswürdigung ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe durch das Landgericht, auf dessen Würdigung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zum Teil weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfingen kaum in Einklang zu bringen ist. So rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht, das insoweit auf die Würdigung des Landgerichts Bezug genommen hat, den Bericht der Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit vom 9. März 1984 als mit dem Vortrag des Klägers, er sei lediglich ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden, vereinbar angesehen hat. Der Bericht vom 9. März 1984 betrifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erste Kontaktaufnahme der Bezirksverwaltung Leipzig mit dem Kläger, der bis zu dieser Zeit nur bei der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) als inoffizieller Mitarbeiter erfasst war. In diesem Bericht führt Oberleutnant O. von der Bezirksverwaltung Leipzig aus: "Entsprechend der Mitteilung der HVA konnte mit diesem IM die Verbindung zur zeitweiligen Nutzung aufgenommen werden. Dazu wurden die Telefonnummer des IM und ein Erkennungswort mitgeteilt. Die Verbindungsaufnahme zum IM erfolgte telefonisch und geschah ohne Schwierigkeiten." Die Revision beanstandet mit Recht, dass die Würdigung des Landgerichts, unter dem Erkennungswort könne auch der Arbeitsname zu verstehen sein, unter dem alle durch den Kläger erlangten Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwaltung Leipzig auszutauschen seien, unvertretbar ist. Sie trägt insbesondere dem anerkannten Grundsatz nicht Rechnung, wonach der Sinngehalt von Erklärungen unter Berücksichtigung des Wortlautes und des Zusammenhangs zu erfassen und hierbei das übliche Verständnis der betroffenen Verkehrskreise zu berücksichtigen ist. Nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung erfolgte die Mitteilung des Erkennungswortes an die Bezirksverwaltung gemeinsam mit der Bekanntgabe der Telefonnummer des IM zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit diesem. Im unmittelbar auf die Verwendung des Erkennungswortes folgenden Satz wird mitgeteilt, dass die Kontaktaufnahme telefonisch erfolgt und ohne Schwierigkeiten geschehen sei. Weshalb in diesem Zusammenhang das Erkennungswort den Arbeitsnamen bezeichnen soll, unter dem die Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwal- tung auszutauschen waren, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, wenn man die Aussage der Mitarbeiterin derBundesbeauftragten in der Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten des Sächsischen Landtags vom 10. Januar 2006 berücksichtigt, wonach es üblich gewesen sei, zur Herstellung des Kontakts mit einem dem inoffiziellen Mitarbeiter bislang unbekannten Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit Kennwörter zu vereinbaren.
- 20
- (b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt hat. Das Landgericht hat rechtfehlerhaft eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende Gewissheit gefordert. Es hat die Hinweise in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes jeweils isoliert gewürdigt und theoretische Erklärungen dafür gefunden, warum es nicht "gänzlich undenkbar", "nicht unmöglich" oder "nicht gänzlich unplausibel" sei, dass die Darstellung des Klägers zutreffend sei und er nicht gewusst habe, dass er seine umfassende Spitzeltätigkeit tatsächlich für den Staatssicherheitsdienst erbrachte. Die erheblichen Verdachtsmomente wiesen nicht "zwingend" darauf hin, dass der Kläger Kenntnis von der Identität seiner Gesprächspartner gehabt habe.
- 21
- Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass für die richterliche Überzeugungsbildung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genüge, der Zweifeln Schweigen gebiete, ohne sie völlig auszuschließen. In der Sache hat es aber keine geringeren Anforderungen an die Überzeugungsbildung als das Landgericht gestellt. Es hat sich uneingeschränkt dessen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung angeschlossen und ebenfalls darauf abgestellt, dass die "durchaus erheblichen Verdachtsmomente" nicht den "zwingenden" bzw. "alleinigen Schluss" auf eine Kenntnis des Klägers zuließen bzw. seiner Unkenntnis "nicht zwingend entgegen" ständen.
- 22
- c) Die Revision wendet sich darüber hinaus mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffenen Äußerungen seien auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
- 23
- aa) Soweit die Berichterstattung in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 betroffen ist, rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hat. Die Beklagte hatte in der Klageerwiderung unter Benennung eines Zeugen und unter Verweis auf Anlagen vorgetragen , dass sich der Kläger in einer Pressekonferenz vom 8. August 2004, zu der sämtliche Medien eingeladen worden seien, ausführlich zu den angekündigten FOCUS-Enthüllungen und den darin enthaltenen Verdachtsmomenten geäußert habe. Er habe insbesondere ausgeführt, dass er keine Stasi-Vergangenheit als IM Christoph habe, "nie bewusst" mit dem MfS zusammengearbeitet und "nie wissentlich" einen Stasioffizier getroffen habe. Zu dem - unter Bezugnahme auf den Bericht in den Stasi-Unterlagen erhobenen - konkreten Vorwurf, dass er als IM Christoph über eine Lesung der Autorin Christa Moog berichtet habe, habe er spekuliert, bei seinen "öffentlichen Reden über diese Veranstaltung" von der Stasi "abgeschöpft" worden zu sein. Die Beklagte hatte darüber hinaus in der Klageerwiderung vorgetragen, die vom Kläger als Fraktionschef gesteuerte PDS habe in ihrem Internetportal eine Meldung vom 8. August 2004 zum Abruf bereit gehalten, in der u.a. Folgendes ausgeführt gewesen sei: "Der PDSFraktionschef im Landtag von Sachsen, P., hat Stasi-Vorwürfe zurückgewiesen. … Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "FOCUS" soll P. von Mai 1970 bis in die 80er Jahre als "IM Christoph" der DDR - Auslandsspionage Informationen geliefert und außerdem seine damalige Freundin und heutige Ehefrau R. bespitzelt haben."
- 24
- Dieser Vortrag der Beklagten ist entscheidungserheblich. Die Beklagte hat damit geltend gemacht, der Kläger habe sich - vor der Berichterstattung durch die Beklagte in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 - gezielt an die Öffentlichkeit gewandt, um seine Reaktion auf die Vorwürfe bekannt zu geben, und über die PDS eine Berichterstattung veranlasst, in der die angegriffenen Verdachtsäußerungen bereits verbreitet worden seien. Dieses Verhalten des Klägers kann entweder als eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung in die Berichterstattung der Beklagten zu werten sein oder jedenfalls dazu führen, dass sein Interesse an einem Schutz seiner Persönlichkeit im Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Beklagten an einer Berichterstattung zurückzutreten hat (vgl. zur Einwilligung in eine Persönlichkeitsbeeinträchtigung : BVerfGE 106, 28, 45 f.; Senatsurteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03, VersR 2005, 83 mwN; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 86; LG Köln, AfP 1989, 766 f.; siehe auch OLG Karlsruhe, OLGR 2006, 598, 599; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 916; LG München, ZUM-RD 2008, 309; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 249; vgl. zur Berücksichtigung bei der Abwägung: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, NJW 1977, 1288, 1289, insoweit in BGHZ 68, 331 nicht abgedruckt; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 26; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; BVerfGK 9, 54, 62). Denn haben der Kläger bzw. auf seine Veranlassung und mit seinem Wissen die PDS sich mit den für seine StasiVergangenheit sprechenden Verdachtsmomenten öffentlich auseinandergesetzt , kann es der Presse nicht untersagt sein, diese Vorwürfe anschließend zum Gegenstand einer Berichterstattung zu machen.
- 25
- bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der in den Artikeln vom 10., 11. und 17. August 2004 enthaltenen Äußerungen die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung überspannt hat.
- 26
- (1) Das Berufungsgericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen , dass eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden darf, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62). Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
- 27
- (2) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht den erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der angegriffenen Äußerungen sprechen, verneint und zu hohe Anforderungen an die von der Beklagten einzuhaltende Sorgfalt gestellt hat.
- 28
- (a) Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Mei- nungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN, sowie Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f.; BVerfGE 114, 339, 353 f.; BVerfGK 9, 317, 321; BVerfGK 10, 485, 489; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 66; NJW 2006, 1645 Rn. 78; NJW 2012, 1058 Rn. 82).
- 29
- (b) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten, Herrn B., vom 9. August 2004 rechtsfehlerhaft nicht als privilegierte Quelle gewertet hat, der die Beklagte ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durfte. Wie die Beklagte in der Klageerwiderung geltend gemacht und was das Berufungsgericht durch Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts seiner Entscheidung als unstreitig zugrunde gelegt hat, hatte der Pressesprecher der Bundesbeauftragten erklärt, aus den gefundenen Unterlagen gehe zweifelsfrei hervor, dass der Kläger als "IM Christoph" für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei.
- 30
- Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 StUG um eine Bundesoberbehörde. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 35; OLG Hamburg, ArchPR 1972, 86; OLG Stuttgart, AfP 1990, 145, 147; NJW-RR 1993, 733, 734; KG, AfP 1992, 302, 303; ZUM-RD 2011, 468, 472; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 732, 733; OLG Dresden, NJW 2004, 1181, 1183; LG Oldenburg , AfP 1988, 79, 80; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 72; NJW 2012, 1058 Rn. 105; Peters, NJW 1997, 1334, 1336; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 986). Denn Behörden sind in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte, namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, gebunden und zur Objektivität verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/ Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 156 ff. [Stand: 1. Oktober 2012]).
- 31
- Der Berücksichtigung der Auskünfte steht nicht entgegen, dass es sich dabei nur um sekundäre Quellen handelt. Der Bundesbeauftragte ist für solche Auskünfte besonders kompetent und kann das Vorliegen einer IM-Tätigkeit in aller Regel besser beurteilen als Presseorgane. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit , die gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG zu seinen Aufgaben und Befugnissen gehört, setzt fundierte und umfassende Kenntnisse über den Staatssicherheitsdienst und seinen Wirkungsbereich voraus (vgl. Pietrkiewicz/Burth in Geiger /Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 37 Rn. 15). Deshalb ist beim Bundesbeauftragten auch eine Forschungsabteilung gebildet worden (Stoltenberg/Bossack, StUG, 1. Aufl., § 37 Rn. 11).
III.
- 32
- Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der freien Beweiswürdigung unterlie- gen; im Einzelfall kann ihnen durchaus ein hoher Beweiswert zukommen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 23. September 1998 - 2 L 5/96, S. 12 mwN, und vom 18. November 1998 - 2 L 76/97, juris Rn. 20; OLG Brandenburg , Urteil vom 13. November 2007 - 10 UF 161/07, juris Rn. 32; RappLücke in Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 19 Rn. 69; siehe auch BVerfGE 96, 189, 202 f.; BAGE 74, 257, 265; VG Meiningen, LKV 1995, 298, 299 f.). Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass der Tenor des Landgerichtsurteils zu weit gefasst ist. Ein Verbot der angegriffenen Äußerungen setzt eine Abwägung zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berücksichtigung des Kontextes der Äußerungen voraus. Ein Verbot ohne Bezugnahme auf den Kontext geht daher grundsätzlich zu weit (vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2010, 606, 609; für die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen Senatsur- teile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, BGHZ 174, 262 Rn. 13 f.; vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08, VersR 2009, 1675 Rn. 7 mwN).
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.08.2008 - 324 O 774/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.10.2010 - 7 U 89/08 -
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer im Zusammenhang mit
- 1.
dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder - 2.
dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer im Zusammenhang mit
- 1.
dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder - 2.
dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer im Zusammenhang mit
- 1.
dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder - 2.
dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die klagende Aktiengesellschaft nimmt den Beklagten auf Löschung von im Internet abrufbaren Äußerungen in Anspruch.
- 2
- Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war für die heute nicht mehr existierende Kanzlei Dr. S. & v. B. als freier Mitarbeiter tätig. Im Auftrag von Aktionären der Klägerin nahm er diese gerichtlich auf Erfüllung eines Vertrags über den Rückkauf von Aktien der Klägerin in Anspruch. Auf der Homepage der Kanzlei Dr. S. & v. B. wurde zeitnah über die Klageerhebung berichtet. Der Beitrag wurde später gelöscht. Vom 24. September 2010 an waren in dem Internetportal des B. e.V. und in dem Internetportal "recht§billig" mit dem Foto des Beklagten bebilderte Beiträge abrufbar, in dem unter voller Namensnennung wie folgt über die Klageerhebung berichtet wurde:
- 3
- "Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. hat für Aktionäre Zahlungsklage gegen die A. & L. AG in H. erhoben. Die Aktionäre fordern die Erfüllung von Kaufzusagen bezüglich ihrer Aktien durch die A. & L. AG.
- 4
- Mit einem Emissionsprospekt warb die A. & L. AG im Jahre 2000 im Rahmen einer Kapitalerhöhung um Aktionäre. Angeboten wurden 10 Millionen Stück Aktien ohne Nennwert zum Verkaufspreis von 5 €. Die Gesellschaft wollte sich mit dem Kapital an Unternehmen in "interessanten aufstrebenden Branchen" beteiligen. Den umworbenen Anlegern wurde der baldige Börsengang zugesagt, ein Ziel, das der Alleinvorstand der Aktiengesellschaft schon bald wieder aufgab.
- 5
- Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Mindestens seit 2003 fand weder eine Hauptversammlung statt, noch gab es Geschäftsberichte. Dividendenzahlungen blieben völlig aus. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert.
- 6
- Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. verfolgt mit der Klage das Ziel, dass von der A. & L. AG der bereits mehrfach zugesagte Kaufpreis für die Aktien nunmehr tatsächlich auch bezahlt wird.
- 7
- Betroffene Investoren können sich der Interessengemeinschaft "A. & L. AG" im B. e.V. anschließen."
- 8
- Nach einer Abmahnung des Beklagten war die Berichterstattung dort nicht mehr abrufbar. Die Klägerin stellte allerdings in der Folgezeit fest, dass eine entsprechende Berichterstattung unter der Überschrift "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar war. Die Berichterstattung war über Suchmaschinen abrufbar.
- 9
- Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung des im Internet über Suchmaschinen abrufbaren Artikels vom 24. September 2010 "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" zu bewirken. In einem nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen , ihr jeden Schaden zu erstatten, der ihr infolge der jederzeitigen Abrufbarkeit des beanstandeten Artikels im Internet entstanden ist oder noch entstehen wird. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung folgender Passagen aus dem Artikel zu bewirken: "Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert." Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 10
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zwar sei der Beklagte jedenfalls Mittäter hinsichtlich der zunächst auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren Veröffentlichung. Da der Beitrag jedoch bereits vor Klageerhebung aus dem Internetauftritt herausgenommen worden sei, gehe das Löschungsbegehren insoweit ins Leere. Es könne offenbleiben, ob der Beklagte auch Täter hinsichtlich dieses oder eines inhaltsgleichen Beitrags auf den Seiten des B. e.V. sei, da auch diese Veröffentlichungen vor Klageerhebung gelöscht worden seien. Für die Folgeveröffentlichungen im Internet hafte der Beklagte nicht. Dass er Täter oder Teilnehmer hinsichtlich der Folgeveröffentlichungen sei, behaupte die Klägerin nicht. Der Beklagte sei aber auch nicht Störer. Als Störer sei verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beitrage. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der ur- sprüngliche Beitrag des Beklagten für die in Rede stehenden Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal gewesen sei. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, dass ein Beitrag des Beklagten ohne sein Zutun unter der möglichen Verletzung urheberrechtlich geschützter Positionen von Dritten veröffentlicht werde. Abgesehen davon habe der Beklagte nicht - wie für die Störerhaftung erforderlich - zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Es sei ihm nicht zuzumuten, fremde Internetauftritte zu überprüfen. Aber auch wenn er von rechtswidrigen Veröffentlichungen wisse, bestehe für ihn keine Löschungspflicht. Denn er sei nicht in der Lage, die Störung zu beseitigen, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetauftritte habe. Zwar möge es Fälle geben, in denen einer Unterlassungsverpflichtung nur dadurch Genüge getan werden könne, dass aktiv in den Kausalverlauf eingegriffen werde. Dies könne aber nicht auf Fälle erstreckt werden, in denen - wie im Streitfall - die als rechtswidrig reklamierten Veröffentlichungen ohne Zutun durch den in Anspruch Genommenen erfolgten. Den mit - vom Landgericht nachgelassenen - Schriftsatz nachgeschobenen und auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag habe das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Er sei verspätet.
II.
- 11
- Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen kann, die Löschung des gesamten, im Internet abrufbaren Artikels zu bewirken. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der von der Klägerin mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken , nicht vollumfänglich verneint werden. Dem Berufungsgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es den auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag als verspätet angesehen hat.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf Bewirkung der Löschung des gesamten, im Internet aufrufbaren Artikels gerichtete Hauptantrag unbegründet ist.
- 13
- a) Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass der Betroffene gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen kann (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 14, 16; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 10, 15; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 6 f., 11; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, AfP 1982, 217, 218, jeweils mwN). Er kann den Störer nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen, sondern in entsprechender Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326 ff., 332 f.; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; vom 28. September 1973 - I ZR 136/71, NJW 1973, 2285, 2286; BVerfG, AfP 1997, 619, 620; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Auflage, Vor §§ 823 ff Rn. 79 ff., § 823 Rn. 241 ff.; MünchKommBGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 219 ff.; Staudinger/Hager, 13. Bearb. 1999, § 823 C 271; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., Einf v § 823 Rn. 38; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., 22. Kapitel, Rn. 2; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 28 sowie zum Beseitigungsanspruch in Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung bei unzulässiger Meinungsäußerung: Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 ff.). Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 13 mwN). Hierauf beschränkt sich der Beseitigungsanspruch aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620 zum Anspruch auf Ergänzung einer Berichterstattung im Rahmen eines "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs"; MünchKommBGB/Rixecker, aaO Rn. 221; Staudinger/Hager, aaO, C 270). Vielmehr kann der Betroffene den Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff. sowie Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf).
- 14
- Dem steht nicht entgegen, dass es der Senat in seinem Urteil vom 3. Mai 1977 (VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332 ff.) abgelehnt hat, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Ehrenschutzes über die Rechtsbehelfe der Unterlassung und der Berichtigung hinaus durch Zulassung einer Klage auf Feststellung der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung zu erweitern. Denn tragend für diese Entscheidung war, dass Gegenstand der begehrten Feststellung nicht - wie in § 256 ZPO vorausgesetzt - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine bloße Vorfrage für die Rechtsbeziehungen der Parteien war, auf die eine Feststellungsklage nicht gestützt werden kann (ebenda S. 332).
- 15
- Für die Anerkennung eines Beseitigungsanspruchs in Gestalt der Löschung bzw. des Hinwirkens auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen spricht demgegenüber seine Nähe zum Unterlassungsanspruch. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf diese ist in ihren Wirkungen für den Störer und in ihrem Zweck für den Betroffenen der Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen angenähert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands , wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN).
- 16
- Als Mittel zur Beendigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist das im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs geltend gemachte Löschungsbegehren allerdings nicht von geringeren sachlich-rechtlichen und beweismäßigen Voraussetzungen abhängig als die bisher anerkannten Rechtsbehelfe (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 335 f.; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138). Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann dementsprechend nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 337; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 40; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; MünchKomm-BGB/ Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/ Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; jeweils mwN).
- 17
- b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Hauptantrag bereits daran, dass er weit über das Ziel hinausschießt. Eine Löschung des gesamten Artikels ist zum Schutze des geschäftlichen Ansehens der Klägerin vor der Fortwirkung einer etwaigen rechtswidrigen Beeinträchtigung nicht erforderlich. Denn der Artikel enthält eine Vielzahl von Aussagen, die entweder ersichtlich zutreffend oder von der Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet worden sind und damit die Rechte der Klägerin nicht verletzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529).
- 18
- 2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden.
- 19
- a) Die Klägerin hat ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren wirksam in den Rechtsstreit eingeführt. Es ist allerdings nicht bereits als Minus im Hauptantrag mitenthalten. Die von der Klägerin gestellten Anträge sind so auszulegen, dass sie mit dem Hauptantrag ausschließlich das Bewirken der Löschung des gesamten Artikels begehrt hat. Denn sie hat nach dem Hinweis des Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie könne nicht den gesamten Artikel "verbieten" lassen, an ihrem Hauptantrag uneingeschränkt festgehalten und ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren ausdrücklich zum Gegenstand eines selbstständigen Hilfsantrags gemacht.
- 20
- Das eingeschränkte Beseitigungsbegehren ist von der Klägerin aber wirksam zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt sind. Denn eine mit der Berufung vorgenommene Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO stellt unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Misserfolg des auf uneingeschränkte Leistung gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 ff.; vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361 Rn. 25; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 30).
- 21
- b) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten eingeschränkten Beseitigungsbegehrens zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt. Zwar hat die Klägerin in der Berufungsinstanz mit ihrenzwei Hilfsanträgen verschiedene Streitgegenstände alternativ geltend gemacht, ohne die Reihenfolge zu benennen, in der sie die Anträge zur Überprüfung durch das Gericht stellt. Sie hat die gebotene Klarstellung aber in zulässiger Weise in der Revisionsinstanz nachgeholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie erklärt, den auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen des Artikels gerichteten Antrag als ersten Hilfsantrag und den auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens gerichteten Antrag als zweiten Hilfsantrag verfolgen zu wollen. Damit hat sie die verschiedenen Streitgegenstände in der gebotenen Weise in ein Eventualverhältnis gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 ff.; vom 27. November 2013 - III ZR 371/12, juris Rn. 2).
- 22
- c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in entsprechender Anwendung der § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte verantwortlich ist.
- 23
- aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren.
- 24
- (1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 mwN). Sofern eine Äußerung , in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, AfP 1992, 75, 78; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, AfP 1994, 218 f.; vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252 f.; vom 16. November2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 mwN).
- 25
- (2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerungen überlagert und geprägt würde.
- 26
- Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe , enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe , zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.
- 27
- bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.
- 28
- cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.
- 29
- (1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
- 30
- (2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
- 31
- In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 mwN; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33).
- 32
- Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen , dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN).
- 33
- dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich.
- 34
- (1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 37; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 10 ff., jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 34 - Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Aufl., Vor §§ 823 ff Rn. 83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, S. 84 f.; Ingendaay, AfP 2011, 126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014, 8, 15 ff.).
- 35
- (2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe, allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.
- 36
- (a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungszustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800).
- 37
- (b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverlet- zung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 f.; vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 21).
- 38
- d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.
- 39
- aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; Ott, WRP 2007, 605, 608; Bornkamm inKöhler/ Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn. 26).
- 40
- bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Inter- netplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung , den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen , schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf; Wybitul/ Fladung, BB 2012, 509, 511 f.). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs - oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1976 - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 253; vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, VersR 2004, 797, 798; BVerfG, NJW 2010, 220 Rn. 26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn. 66 (Stand: 01.02.2015)).
- 41
- 3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in den Prozess eingeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, NJW 2015, 1296 Rn.14; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154; vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 13; Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).
- 42
- 4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Wellner von Pentz Offenloch Roloff
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 324 O 550/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 - 7 U 60/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
- 2
- Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
- 3
- Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
- 4
- Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
- 5
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.
II.
- 8
- Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
- 9
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
- 11
- Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend
).
- 12
- Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
- 13
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
- 14
- a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
- 15
- b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
- 16
- aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
- 17
- bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
- 18
- 3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
- 19
- a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
- 20
- b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
- 21
- aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
- 22
- bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
- 23
- c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
- 24
- aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
- 25
- bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
- 26
- Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
- 27
- Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
- 28
- d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
- 29
- Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
- 30
- Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
- 31
- Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.
III.
- 32
- Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - OLG Köln LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
- 2
- Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse www.jameda.de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Bewertungen , die diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit , in einem Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare in eigenen Worten niederzulegen.
- 3
- Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik "Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer: "Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
- 4
- Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die Gesamtnote 4,8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
- 5
- Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […] vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein. Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient" die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen, führte die Beklagte unter anderem aus: "[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin. Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer , welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnis- se und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. […] Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). […] Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können."
- 6
- Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt.
- 7
- Der Kläger hat die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10. August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung "6,0" in den Kategorien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
A.
- 9
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt habe.
- 10
- So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14. August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des Klägers gewesen sei: "Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […]. Dr. H[…] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der Bewertung in Frage gestellt. In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und Ihre Bewertung zu prüfen. Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese EMail , indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen. Selbstverständlich geben wir keine dieser In- formationen an den Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
- 11
- Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender - von der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich gemachter Form vorgelegter - E-Mail bejahend Stellung genommen: "Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H[…] versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ [unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe durchführen [unkenntlich] Mit freundlichen Grüßen"
- 12
- Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem vorgelegten Terminbestätigung - wie vom Kläger behauptet - lediglich ein Prophylaxetermin , nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen, rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine abweichende Würdigung.
- 13
- Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben, damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht habe offenlegen dürfen.
- 14
- Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten , dass die Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gelte.
B.
- 15
- I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
- 16
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - geht.
- 17
- Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f. - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal ). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal).
- 18
- Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die Beklagte - was für ein ZuEigen -Machen spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN - Hotelbewertungsportal) - eine inhaltlich -redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentli- chung erfolgende - jedenfalls teilweise automatische - Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf "Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 28 - Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt, Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber Bewertungsportalen im Internet , 2014, 128 f.).
- 19
- 2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage - wie hier - in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 - Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 244 f. - Internetversteigerung I). Auf eine nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung einer allgemeinen Überwachungsoder Nachforschungspflicht der Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
- 20
- Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 48).
- 21
- 3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als mittelbare Störerin mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.
- 22
- a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 - Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 - Internetversteigerung III).
- 23
- Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
- 24
- Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. - Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung - wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) - nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche Tatsachengrundlage.
- 25
- b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen.
- 26
- aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen , dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
- 27
- bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den Kläger offensichtlich - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
- 28
- (1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung" , "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note 6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
- 29
- (2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
- 30
- (a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 - Sächsische Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 - Filialleiter bei Promi-Friseur; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 - Innenminister unter Druck; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 - Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
- 31
- (b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs )Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des Bewertenden überwiegen.
- 32
- (aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.
- 33
- Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung , in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
- 34
- Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar enthält sie die tatsächliche Behauptung des Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen Äußerung ist aber die notenmäßige Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der Stellung- nahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff. - Spickmich.de).
- 35
- Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung - was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN - Chefjustiziar) - nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden - für den durchschnittlichen Leser erkennbar - typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6. Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
- 36
- (bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde , überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewerten- den an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 34; BVerfGE 85, 1, 17 - kritische BayerAktionäre ; BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51 - Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 - Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 - Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 - Floquet und Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 - Pedersen und Baadsgard /Dänemark; BeckOK InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173.1 [Stand: 01.11.2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
- 37
- c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt.
- 38
- aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung , bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN - Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. - Schöner Wetten). Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26 - Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 50 - Kinderhochstühle im Internet III; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internetversteigerung I; jeweils mwN).
- 39
- bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
- 40
- Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. - Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. - Ärztebewertung II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 27 mwN - Störerhaftung des Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 - Ärztebewertung II) persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) - verdeckt abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 - Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit , Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 9 ff. - Ärztebewertung
I) jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
- 41
- Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend" begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
- 42
- cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung" zurückziehen.
- 43
- Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und - zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - soweit vom Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise geschwärzt - zu übermitteln. Die bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu] nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So er- schließt sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann, hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster wählen können. Dass diese Information für den Kläger von vornherein in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete Behandlungszeitraum in die Zeit einer - beispielsweise - urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen können.
- 44
- II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen Überprüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.
- 45
- III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
- 46
- 1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
- 47
- 2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
- 48
- Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN - BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht ihre Obliegenheit , im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
- 49
- Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungs- last nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23). Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2014 - 28 O 516/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2014 - 15 U 141/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
- 2
- Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
- 3
- Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
- 4
- Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
- 5
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.
II.
- 8
- Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
- 9
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
- 11
- Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend
).
- 12
- Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
- 13
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
- 14
- a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
- 15
- b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
- 16
- aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
- 17
- bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
- 18
- 3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
- 19
- a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
- 20
- b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
- 21
- aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
- 22
- bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
- 23
- c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
- 24
- aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
- 25
- bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
- 26
- Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
- 27
- Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
- 28
- d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
- 29
- Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
- 30
- Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
- 31
- Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.
III.
- 32
- Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -
Tenor
Auf die Anschlussberufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 16.8.2015 (28 O 14/14) unter Zurückweisung der Berufung der Kläger teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits werden die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu 5/7 dem Kläger zu 2) und zu 2/7 der Klägerin zu 1) auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen die Klägerin zu 1) und der Kläger 2) zu je 1/2.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Kläger nehmen die Beklagten auf Unterlassung des Nachweises von insgesamt 22 Links auf ihren Ergebnislisten, auf Einrichtung eines Suchfilters, auf Entschädigung sowie auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Bezüglich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 488 d.A.) Bezug genommen.
4Das Landgericht hat der Klage teilweise, nämlich hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs bezüglich der bei einer Suche über www.H.de nachgewiesenen 22 Links und anteiliger Anwaltskosten stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
5Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit sie die unter www.H.com abrufbaren Suchmaschinendienstleistungen betreffe, da insofern die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei. Die Suche über www.H.com werde für die Region USA vorgehalten; sie sei zwar auch von Rechnern aus Deutschland erreichbar, jedoch bestünden technische Vorkehrungen, die die Nutzer automatisch auf www.H.de umleiten würden. Insoweit sei ein bewusstes Anwählen der Suchmaschine unter www.H.com erforderlich.
6Die Beklagte zu 1) hafte als Störerin auf Unterlassung. Zwar sei sie keine unmittelbare Störerin im äußerungsrechtlichen Sinne, weil sie keine eigene Behauptung aufstelle oder sich durch den Nachweis von Links die fremden Behauptungen auf den nachgewiesenen Seiten zu eigen mache. Auch die vom Bundesgerichtshof in der „autocomplete“-Entscheidung aufgestellten Grundsätze seien nicht anwendbar, weil die Suchmaschine der Beklagten zu 1) nicht durch Vervollständigung von Begriffen eine bewusste Begriffsverbindung bilde. Die Beklagte zu 1) hafte jedoch, weil sie die Möglichkeit zur Kenntnisnahme von Informationen eröffne, die ansonsten faktisch unauffindbar wären. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Blog-Eintrag komme die damit grundsätzlich gegebene Haftung aber nur bei der Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten in Betracht, um eine übermäßige Ausdehnung der Haftung zu vermeiden. Die Beklagte zu 1) habe insofern keine Pflicht zur generellen Vorprüfung der von ihr nachgewiesenen Seiten, sondern erst dann, wenn sie Kenntnis von der Rechtsverletzung erhalte. Abweichend von den Pflichten, die den Betreiber eines Blogs träfen, könne vom Betreiber einer Suchmaschine die Einholung einer Stellungnahme des Verantwortlichen nicht verlangt werden, weil Suchmaschinenbetreiber regelmäßig in keiner vertraglichen Beziehung zu diesen stünden. Daher sei zu fordern, dass die Inkenntnissetzung durch den Betroffenen so konkret gefasst werde, dass der Rechtsverstoß unschwer geprüft und bejaht werden könne. Dies sei vorliegend durch das Schreiben der Kläger vom 27.10.2011 geschehen, welche auch dargelegt hätten, dass die streitgegenständlichen Links nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist weiterhin im Suchindex enthalten gewesen seien. Die Wiederholungsgefahr werde durch die Erstbegehung indiziert und sei im vorliegenden Fall nicht widerlegt worden. Verjährung sei hinsichtlich des nachgewiesenen Links auf die Seite www.X.de nicht eingetreten, weil das entsprechende Suchergebnis auch im Jahre 2012 noch abrufbar gewesen sei.
7Die Beklagte zu 2) dagegen sei hinsichtlich der gegen sie mit den Anträgen zu 9) und zu 11) geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht passiv legitimiert, weil sie nicht Betreiberin der Suchmaschine sei. Auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei hier keine Ausnahme postuliert worden.
8Ein Anspruch auf Einrichtung eines Suchfilters bzw. auf Erteilung von Auskunft gegen die Beklagte zu 1) stehe den Klägern nicht zu, weil eine solche Maßnahme der Beklagten zu 1) bei Abwägung der Gesamtumstände nicht zumutbar sei. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) nur Suchergebnisse präsentiere und der Betrieb der Suchmaschine eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr darstelle. Über den diesbezüglichen Hilfsantrag der Kläger sei nicht zu entscheiden, weil dieser erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt worden sei.
9Der von den Klägern geltend gemacht Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung scheitere daran, dass keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliege, die ein unabweisbares Bedürfnis für eine Entschädigung begründe. Die Beklagte zu 1) hafte nur wegen der Verletzung von Prüfungspflichten; die Funktionsweise der Suchmaschine sei von Dritten gezielt missbraucht worden und die Beklagte zu 1) habe auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie die Belange der Kläger grundsätzlich missachte. Eine Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten könnten die Kläger schließlich nur insoweit verlangen, als ein Unterlassungsanspruch bestehe. Der Ansatz einer 2,0-fachen Geschäftsgebühr sei überzogen, weil weder eine besondere Schwierigkeit noch ein besonderer Aufwand ersichtlich sei.
10Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung und die Beklagte zu 1) Anschlussberufung eingelegt.
11Die Kläger verfolgen ihre erstinstanzlich abgewiesenen Anträge sowie einen zusätzlichen Hilfsantrag (Antrag zu 13) weiter und machen geltend, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei auch insoweit gegeben, als die streitgegenständlichen Sucheinträge bei einer Suche über www.H.com abrufbar seien. Die Beklagte zu 1) biete für deutsche IP-Adressen unter dieser Suchoption ein anderes Ergebnis an als bei der Nutzung mit amerikanischer IP-Adresse. Die Dienstleistungen unter www.H.com würden daher bestimmungsgemäß auch in Deutschland angeboten.
12Auch die Beklagte zu 2) sei für die Unterlassungsansprüche passiv legitimiert. Dies ergebe sich schon aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) auch die Verantwortung der Tochtergesellschaft bejaht habe. Die Beklagte zu 2) sei wirtschaftlich von der Beklagten zu 1) abhängig und mit dieser untrennbar verbunden. Ohne eine Möglichkeit der Inanspruchnahme auch der Beklagten zu 2) umgehe die Beklagte zu 1) in unzulässiger Weise die geltenden europarechtlichen Vorgaben; sie sei verpflichtet, die Beklagte zu 2) derart mit Kompetenzen auszustatten, dass diese rechtlich und tatsächlich in die Lage versetzt werde, eine Löschung von Sucheinträgen vorzunehmen. Die Haftung der Beklagten zu 2) folge auch aus ihrer Stellung als Beauftragte im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG bzw. als Teilnehmerin der Handlung der Beklagten zu 1).
13Die Kläger sind der Ansicht, ihre Inkenntnissetzungsschreiben seien ausreichend gewesen; auch im Rahmen einer Geltendmachung des sog. Rechts auf Vergessen fordere die Beklagte zu 1) in dem von ihr entworfenen Formular nicht die Vorlage eines Screenshots, sondern lediglich die Angabe des betreffenden Links. Die Kläger sind weiter der Ansicht, dass es aufgrund der Geltendmachung von persönlichkeitsrechtlichen – nicht datenschutzrechtlichen – Ansprüchen nicht ausreiche, wenn die durch die streitgegenständlichen Links nachgewiesenen Seiten nur bei Eingabe bestimmter Suchwörter gesperrt würden. Vielmehr sei erforderlich, dass die Zielseiten unabhängig von der Eingabe bestimmter Suchwörter gesperrt würden, weil auf ihnen rechtswidrige Aussagen enthalten seien.
14Die Kläger sind weiter der Ansicht, dass ihnen auch ein Anspruch auf Einrichtung eines Suchfilters zustehe. Einen Suchmaschinenbetreiber treffe aufgrund der automatisierten Suche eine höhere Verantwortung als den Betreiber einer Internetseite. Dem Host-Provider werde sogar eine weitergehende Prüfungspflicht und eine Auseinandersetzung mit inhaltlichen Argumenten zugemutet. Die Kläger machen insofern geltend, dass sie keine automatisierte Sperrung, sondern lediglich eine Automatisierung der Recherche neuer Links forderten. Es würden bei Ihnen unverhältnismäßig viele Ressourcen gebunden, um die Sucheinträge fortlaufend zu untersuchen und die Beklagten über neue Rechtsverstöße in Kenntnis zu setzen; dies sei weder ihre Aufgabe noch ihnen zuzumuten. Dagegen verfüge die Beklagte zu 1) über ein Automatisierungstool, welches rechtswidrige Inhalte schnell recherchieren könne. Wenn die im Klageantrag aufgenommenen Suchbegriffe in Anführungszeichen gesetzt würden, werde nur diese (rechtsverletzende) Wortgruppe gefunden. Eine inhaltliche Prüfung der betreffenden Seiten müsse ohnehin, nämlich auch bei Inkenntnissetzung durch die Kläger erfolgen.
15Darüber hinaus stehe ihnen auch ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung zu. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte zu 1) die Auffindbarkeit der betreffenden Seiten über den Nachweis der Links überhaupt erst ermöglicht habe. Der gezielte Missbrauch des Internets durch Dritte spreche gerade für die Gewährung einer Geldentschädigung, weil die Beklagte zu 1) trotz mehrerer Schreiben der Kläger nichts gegen diesen Missbrauch unternommen habe. Ihr hartnäckiges Ignorieren der Ansprüche der Kläger begründe mindestens bedingten Vorsatz. Auch sei zu berücksichtigen, dass ihnen – den Klägern – ein massiver Reputationsschaden entstanden sei. Die Beklagte zu 1) könne sich auch nicht auf eine Haftungsprivilegierung nach dem TMG berufen, weil sie trotz Kenntnis der Rechtsverletzung eine Sperrung unterlassen habe.
16Die Kläger beantragen,
17unter teilweiser Abänderung des Urteil des Landgerichts Köln vom 16.9.2015 (28 O 14/14)
181. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meinung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter der Beklagten gegenüber den Klägern zu unterlassen, die folgenden Links
19(1) http://N.com/index.cgi?board= general&action=print&num=13xx83xxx5
20(2) http://N.com/index.cgi?board= general&action=print&num=13xx83xxx9
21(3) http://N.com/index.cgi
22(4)http://N.com/index.cgi?board=general
23(5) http://I2.com/viewtopic.php?p=84524
24(6)http://N.com/index.cgi?board=general&action=display&num=13xx83xxx9
25(7) http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx5
26(8) http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx5&start=
27(9) http://I2.com/viewtopic.php?f=83&t=7383
28über die Suchmaschine H auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auffindbar zu machen, wie geschehen durch das Auffindbarmachen dieser Links über die Suchmaschine H in den Suchergebnissen unter „H.de“ bzw. „H.com“ vom 6.12.2011,
292. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meinung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 2) zu unterlassen, die folgenden Links
30(10) http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx9&start=0
31(11) http://www.D24/stalking-opfer-K380-s630.html
32(12) http://www.D24/stalking-opfer-K380-s600.html
33(13) http://www.D24/stalking-opfer-K380-s615.html
34(14) http://www.D24/stalking-opfer-K380-s630.html
35(15) http://www.D24/X480-s60.html
36(16) http://www.D24/stalking-opfer-K380-s210.html
37(17) http://www.D.com/vom-B-f13/U499.html
38(18) http://www.D.com/vom-B-f13/G96-s270.html
39(19) http://www.N234566.html?sid=caeac4c5743908d3313d9e7207d9126e
40(20) http://www.N234408.html
41über die Suchmaschine H auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auffindbar zu machen, wie geschehen durch das Auffindbarmachen dieser Links über die Suchmaschine H in den Suchergebnissen unter „H.de“ bzw. „H.com“ vom 21.12.2011,
423. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, Suchfilter in der Suchmaschine „H“ einzurichten, die die Suchwortkombinationen
43a. „der hat seinen jahrelangen Arschkriecher und Fußsoldaten I aus U2 ermuntert, die Seite G2.INFO ins Netz zu stellen“
44und/oder
45b. „I aus U2 mit VORSATZ das Stalking so lange weiterbetrieben, bis er aufgrund der IP-Adresse aufflog und der Druck zu gross wurde“
46und/oder
47c. „Enttarnt! DAS ist DER Stalkerseiten-Betreiber: Der kriminelle I aus U2“
48und/oder
49d. „ … im N2-Infos wird immer noch die Familie Q aus T von T2 und I (Stalkerseite G2.INFO) vorsätzlich gestalkt“
50und/oder
51e. „Der Betreiber I aus U2 konnte anhand seiner festen IP-Adresse zweifelsfrei als Inhaber von G2.INFO identifiziert werden“
52und/oder
53f. „Über seinen Freund I aus U2 (N2), eröffnete der Obtainer T2 unter www.G3.info ein eigenes Forum“
54enthalten und beim Feststellen eines Indexeintrages den Eintrag im H Suchindex bis zur Stellungnahme des Verantwortlichen vorübergehend zu sperren und bei Ausbleiben der Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist dauerhaft zu sperren,
554. erfolgt eine Stellungnahme des Verantwortlichen in den Fällen des Antrags zu 3), so hat die Beklagte zu 1) den Kläger zu 2) über Inhalt und Identität zu informieren,
565. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) eine Geldentschädigung in Höhe eines entsprechend dem Ermessen des Gerichts festgelegten Betrages, mindestens jedoch 10.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
576. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger zu 2) eine Geldentschädigung in Höhe eines entsprechend dem Ermessen des Gerichts festgelegten Betrages, mindestens jedoch 21.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
587. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger zu 2) einen weiteren Betrag in Höhe von 1.808,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
598. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger zu 2) einen weiteren Betrag in Höhe von 2.152,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
609. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meinung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 2) zu unterlassen, den folgenden Link
61(21) www.I2.com/viewtopic.php?p=84748
62über die Suchmaschine H auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auffindbar zu machen, wie geschehen durch das Auffindbarmachen dieses Links über die Suchmaschine H in den Suchergebnissen unter „H.de“ bzw. „H.com“ am 26.5.2014 sowie am 26.8.2014,
6310. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger zu 2) über den Antrag zu 6) hinaus eine Geldentschädigung in Höhe eines entsprechend dem Ermessen des Gerichts festgelegten Betrages, mindestens jedoch weitere 9.000 Euro (insgesamt mindestens 30.000 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
6411. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger zu 2) einen Betrag in Höhe von 554,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
6512. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter der Beklagten gegenüber den Klägern zu unterlassen, den folgenden Link
66(22) www.X.de
67über die Suchmaschine H auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auffindbar zu machen, wie geschehen durch das Auffindbarmachen dieses Links über die Suchmaschine H am 6.1.2012, Anlage K 9d und K 44;
68hilfsweise – sofern das Gericht diesen Antrag nicht als im Antrag zu 3) enthalten ansieht oder die Präzisierung als unzulässig oder als nicht sachdienlich verwirft,
6913. festzustellen, dass es der Beklagten zu 1) im Rahmen der durch die Inkenntnissetzungsschreiben vom 27.10.2011 (Anlage K 6), 25.11.2011 (Anlage K 7), 6.12.2011 (Anlage K 8a) und 28.5.2014 (Anlage K 16) ausgelösten Prüfungspflicht oblag und obliegt, Suchergebnisse selbst zu recherchieren, die die nachfolgenden Suchwortkombinationen enthalten, wobei die in Anführungszeichen gesetzten Suchworte eine eindeutige Sucheingabe darstellen, d.h. kumulativ und in der wiedergegebenen Reihenfolge zwingend vorliegen müssen:
70a. „der hat seinen jahrelangen Arschkriecher und Fußsoldaten I aus U2 ermuntert, die Seite G2.INFO ins Netz zu stellen“
71und/oder
72b. „I aus U2 mit VORSATZ das Stalking so lange weiterbetrieben, bis er aufgrund der IP-Adresse aufflog und der Druck zu gross wurde“
73und/oder
74c. „Enttarnt! DAS ist DER Stalkerseiten-Betreiber: Der kriminelle I aus U2“
75und/oder
76d. „ … im N2-Infos wird immer noch die Familie Q aus T von T2 und I (Stalkerseite G2.INFO) vorsätzlich gestalkt“
77und/oder
78e. „Der Betreiber I aus U2 konnte anhand seiner festen IP-Adresse zweifelsfrei als Inhaber von G2.INFO identifiziert werden“
79und/oder
80f. „Über seinen Freund I aus U2 (N2), eröffnete der Obtainer T2 unter www.G3.info ein eigenes Forum“
81sowie
82die Anschlussberufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
83Die Beklagten beantragen,
84die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
85Die Beklagte zu 1) beantragt im Wege der Anschlussberufung,
86das Urteil des Landgerichts Köln vom 16.9.2015 (28 O 14/14) teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
87Die Beklagten machen geltend, bei dem Antrag zu 13) handele es sich um eine nachträgliche Klageänderung, die unzulässig sei und der auch nicht zugestimmt werde.
88Für die unter www.H.com gefundenen Suchergebnisse bestehe keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, weil die bloße Abrufbarkeit der Inhalte von Deutschland aus im Rahmen von § 32 ZPO nicht ausreiche. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei vielmehr ein objektiver und deutlicher Inlandsbezug erforderlich, an dem es vorliegend fehle. Die von den Klägerin zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs befasse sich mit einer Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVo a.F. (= Art. 7 Nr. 2 EuGVVo n.F.), die vorliegend keine Anwendung finde, weil die Beklagte zu 1) ihren Sitz in den USA habe. Das Angebot auf www.H.com sei auf die Nutzer in den USA ausgerichtet, da die Suchergebnisse von der individuellen Spracheinstellung abhängig seien. Entscheidend sei, ob der Nutzer eines Landes die Suchmaschine nutze, um dort Suchbegriffe einzugeben und die Ergebnisse aufzurufen. Es handele sich nicht um verschiedene Portale, sondern um länderspezifische sog. Top-Level-Domains. Die von den Klägerin vorgelegten Anlagen K 57 und K 58 seien verspätet; der inhaltliche Unterschied beruhe auf den unterschiedlichen Spracheinstellungen. Soweit das Landgericht zutreffend seine internationale Zuständigkeit verneint habe, verstoße dies weder gegen die Rechtsschutzgarantie noch gegen den Justizgewährleistungsanspruch oder das Recht der Kläger auf rechtliches Gehör.
89Die Beklagte zu 2) sei für die geltend gemachten Ansprüche nicht passiv legitimiert. Sie betreibe die Suchmaschine nicht und sei weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage, Einträge zu sperren. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 enthalte keine Aussage zu einer Haftung der Tochtergesellschaften, sondern lediglich zur Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts im Rahmen einer Haftung der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 2) sei weder Beauftragte im Sinne von § 8 UWG noch Teilnehmerin einer vermeintlichen Rechtsverletzung der Beklagten zu 1).
90Den Klägern stehe mangels entsprechender Rechtsgrundlage weder ein Anspruch auf Einrichtung eines Filters noch auf Auskunft zu. Die Feststellung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung könne einem automatisierten Filter schon deshalb nicht überlassen werden, weil die jeweilige Äußerung im Kontext beurteilt und die widerstreitenden Interessen im Einzelfall abgewogen werden müssten. Dazu sei ein Filtersystem nicht in der Lage. Auch der von den Klägern angesprochene Dienst „H alerts“ könne eine solche Filterung nicht leisten. Im Übrigen bestehe nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch keine Überwachungspflicht des Suchmaschinenbetreibers.
91Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung scheitere schon daran, dass die Haftung der Beklagten zu 1) durch §§ 7 ff. TMG ausgeschlossen sei. Auch fehle es an einem Verschulden und an einem unabweisbaren Bedürfnis, weil die von den Klägern beanstandeten Links nur bei einer Suche auffindbar gewesen seien, bei der neben den Namen der Kläger inkriminierende Begriffe eingegeben wurden, der Nutzer also bereits gezielt nach verletzenden Einträgen im Internet gesucht haben müsse.
92Mit der Anschlussberufung macht die Beklagte zu 1) geltend, nicht zur Unterlassung in dem vom Landgericht ausgeurteilten Umfang verpflichtet zu sein. Dem stünden schon die Regelungen der §§ 7 – 10 TMG entgegen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf Unterlassungsansprüche Anwendung fänden. Der Anspruch auf Löschung von Einträgen im Suchindex sei durch § 35 BDSG abschließend geregelt; ein solcher Löschungsanspruch werde jedoch mit der auf Unterlassung gerichteten Klage nicht geltend gemacht. Auch hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs sei die Klage nicht schlüssig, da die Kläger den Nachweis der Verlinkung der betreffenden Seiten durch die streitgegenständlichen Links nicht hinreichend geführt hätten. Die Inkenntnissetzungsschreiben seien nicht ausreichend gewesen, weil die Kläger nicht aufgeführt hätten, durch welche konkrete Äußerung sie in welcher Weise in ihrem Persönlichkeitsrechtsrecht verletzt würden. Die Beklagte zu 1) ist weiter der Ansicht, sie könne nicht verpflichtet werden, auf einseitiges Verlangen der Kläger und ohne Anhörung des Autors des Eintrags oder Betreibers der Seite einen Sucheintrag zu löschen.
93Die Beklagte zu 1) bestreitet – wie schon in erster Instanz – dass der Kläger zu 2) keine Beziehungen zu dem Forum G2.INFO gehabt habe. Schon nach seinem eigenen, in dieser Hinsicht zu pauschalen Vortrag, habe er einem Bekannten beim Aufsetzen der Seite geholfen und zudem einen Zugang zum E-Mail-Postfach dieser Seite gehabt, so dass keine unwahre Tatsache verbreitet würde. Bei den Eintragungen auf den Seiten, die durch die streitgegenständlichen Links nachgewiesen würden, handele es sich nicht um Schmähkritik. Angesichts des unstreitigen Umstandes, dass zwischen den beiden Foren eine heftige Auseinandersetzung geführt worden sei, sei auch ein hinreichender Sachbezug für die dort enthaltenen Meinungsäußerungen vorhanden gewesen.
94Hinsichtlich des Anspruchs gegen die Anzeige des Links www.X.de beruft sich die Beklagte zu 1) – wie schon in erster Instanz – auf die Einrede der Verjährung. Weiter ist sie der Ansicht, dass eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben sei. Sämtliche URLs seien mit Bezug auf die Kläger nicht mehr abrufbar und teilweise würden die nachgewiesenen Seiten nicht mehr existieren. Soweit in anderen Fällen die Erstbegehung eine Wiederholungsgefahr indiziere, sei dies auf die Haftung des Betreibers einer Suchmaschine nicht anwendbar.
95Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
96II.
97Die Berufung der Kläger ist unbegründet.
98Dagegen führt die Anschlussberufung der Beklagten zu 1) zur teilweisen Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage insgesamt, weil den Klägern weder gegen die Beklagte zu 1) noch gegen die Beklagte zu 2) die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (Anträge zu 1., zu 2., zu 9. und zu 12.), auf Zahlung einer Geldentschädigung (Anträge zu 5., zu 6. und zu 10.), auf Einrichtung eines Filters nebst Auskunftserteilung (Anträge zu 3. und 4. bzw. Hilfsantrag zu 13.) sowie auf Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten (Anträge zu 7., zu 8. und zu 11.) zustehen.
99Im Einzelnen:
100A. Das Landgericht war zwar für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche international auch insoweit zuständig, als sich die Klage auf Unterlassung des Auffindbarmachens von Links bezieht, die bei Eingabe der Suchwörter in www.H.com in der Ergebnisliste erscheinen. Denn die Voraussetzungen des § 32 ZPO sind vorliegend erfüllt.
1011. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt sich nach § 32 ZPO. Danach genügt es zur Begründung der Zuständigkeit, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 2.3.2010 – VI ZR 23/09, juris Rn. 8 m.w.N.). Eine Anwendung von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (= Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F.) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte zu 1) ihren Sitz nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in den USA hat.
102Die Anknüpfungskriterien für den Fall einer Rechtsgutverletzung durch Abruf von einer Internetseite sind umstritten. Der VI. Zivilsenat des BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 2.3.2010 (VI ZR 23/09, juris Rn. 16) dafür ausgesprochen, dass die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte nicht ausreiche, weil diese infolge der technischen Rahmenbedingungen in jedem Staat gegeben sei. Über die bloße Abrufbarkeit hinaus müsse daher ein Inlandsbezug vorhanden sein, der dann zu bejahen sei, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Inhalte nach den Umständen des konkreten Falles im Inland erheblich näher liege als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Fall sei und die behauptete Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme (auch) im Inland eintreten würde.
1032. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier Folgendes: Die als rechtsverletzend gerügten Inhalte, nämlich die Links in der Ergebnisliste, welche die Beklagte zu 1) den Nutzern zur Verfügung stellt, werden von der Suchmaschine der Beklagten zu 1) erstellt und abgerufen, wobei eine solche Suche von in Deutschland ansässigen Nutzern in der Mehrzahl der Fälle über www.H.de durchgeführt wird. Unstreitig ist es jedoch technisch ebenfalls möglich, von Deutschland aus die Suche über www.H.com durchzuführen und dabei deutschsprachige Ergebnisse zu erzielen. Die bei einer Suche ausgehend von www.H.com angezeigten Ergebnislisten weisen einen deutlichen Inlandsbezug auf, weil sie die angezeigten Treffer in deutscher Sprache aufführen und die in Deutschland wohnenden und hier ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehenden Kläger namentlich genannt werden. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass es im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht „nahe liegt“, dass die solchermaßen erstellten Ergebnislisten im Inland zur Kenntnis genommen werden, weil Nutzer in Deutschland standardmäßig über www.H.de suchen und (mindestens) ein Zwischenschritt erforderlich ist, um eine Suche über www.H.com zu starten, steht dies der Anwendung von § 32 ZPO im vorliegenden Fall nicht entgegen. Denn die potentiell geringe Zahl der Abrufe über diese Suchmöglichkeit ist kein zwingendes Abgrenzungskriterium, sondern allenfalls ein Indiz.
104Nach Ansicht des Senats ist vielmehr entscheidend, dass die Beklagte zu 1) eine Suchmaschine betreibt, die es den Nutzern weltweit ermöglicht, das Internet nach bestimmten Begriffen zu durchsuchen. Für diese Suche werden zwar länderspezifische domains angeboten; dem Nutzer aus Deutschland ist es jedoch ohne weiteres möglich, auch über die domains anderer Länder eine Suche durchzuführen, wobei ihm unstreitig auch deutschsprachige Ergebnisse präsentiert werden. Da die Beklagte zu 1) damit die verschiedenen domains technisch nicht so eingerichtet hat, dass sie ausschließlich länderspezifisch nutzbar sind, bleibt es dabei, dass das vom Angebot der Beklagten zu 1) umfasst Ziel – im Internet weltweit nach potentiellen Treffern für bestimmte Suchbegriffe zu suchen – von Deutschland aus über verschiedene Wege zu erreichen ist. Maßgeblich ist dann nicht die jeweilige Art der Suche (über www.H.de oder über www.H.com), sondern vielmehr der Inhalt des gefundenen Ergebnisses: Eine deutschsprachige Liste mit Ergebnissen, die die in Deutschland wohnenden und ihren Beruf ausübenden Kläger betrifft.
105B. In der Sache führt dies jedoch nicht zum Erfolg der Berufung der Kläger. Denn ihnen steht weder ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG noch wegen unzulässiger Datenerhebung und -übermittlung aus § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG wegen des Auffindbarmachens von Seiten mit möglicherweise inkriminierendem Inhalt zu.
1061. Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen des Auffindbarmachens von Seiten mit möglicherweise inkriminierendem Inhalt.
107a. Zwar schließt ein eventueller Anspruch auf Löschung aus § 35 BDSG die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs nach §§ 823, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht aus.
108Denn die in § 35 Abs. 1 BDSG enthaltene Pflicht, personenbezogene Daten unter bestimmten Umständen zu löschen, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel der Kläger. Diese machen keine Verpflichtung der Beklagten zu 1) geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem (= der Beklagten) Speicher zu löschen, sondern wollen unter Berufung auf die auf den nachgewiesenen Seiten enthaltenen inkriminierenden Inhalte erreichen, dass die Beklagte zu 1) die streitgegenständlichen Ergebnisse (Links) nicht mehr anzeigt. Insofern greift ein Löschungsanspruch, der sich lediglich auf die ggf. in Speichern der Beklagten zu 1) vorgehaltenen Informationen bezieht, zu kurz. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten zu 1) betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem – ausgehend von den durch die Nutzer eingegebenen Suchworten – die indexierten Ergebnisse aktuell durchsucht und mit den gefundenen Treffern jeweils eine Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte zu 1) nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern bei einer erneuten Suche diese Links wieder finden und an die Nutzer übermitteln können, was zur Auffindbarkeit der betreffenden Seiten führt. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte zu 1) dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint.
109b. Allerdings wird in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger vorliegend – jedenfalls durch die Beklagte zu 1) – eingegriffen.
110Die von der Ergebnisliste nachgewiesenen Seiten enthalten Inhalte dahingehend, dass der Kläger zu 2) Betreiber des Forums G2.INFO bzw. für die dort veröffentlichten Inhalte verantwortlich sei bzw. von den Inhalten des Forums G2.INFO Kenntnis gehabt habe. Des Weiteren sind Behauptungen vorhanden, dass die Klägerin zu 1) von der Rolle ihres Mannes in diesem Forum Kenntnis gehabt haben müsse und schließlich finden sich Beschimpfungen des Klägers zu 2). Da in dem in Verbindung mit den Klägern genannten Forum G2.INFO unstreitig Personen gestalkt wurden, liegt in der Behauptung, der Kläger zu 2) sei für dieses Forum – und damit auch für die dort veröffentlichten Inhalte – verantwortlich bzw. sei der Betreiber dieses Forums, eine seinen sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigende Tatsache. Denn auch wenn sich in solchen Foren Dritte zu Wort melden und Beiträge mit möglicherweise persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten verfassen, obliegt es dem Betreiber, für die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen Sorge zu tragen. Ebenso wird durch die gegen den Kläger zu 2) gerichteten Beschimpfungen in sein Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Gleiches gilt für den sozialen Geltungsanspruch der Klägerin zu 1), der in den betreffenden Beiträgen eine Mitwisserschaft und Duldung dieser Tätigkeit für das Forum G2.INFO vorgeworfen wird. Diese Eingriffe betreffen die Sozialsphäre der Kläger, die denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung umfasst, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Die Zuordnung zur Sozialsphäre beruht vorliegend auf dem Umstand, dass sich die Informationen und Wertungen auf den von der Beklagten zu 1) nachgewiesenen Seiten auf eine in die Öffentlichkeit gerichtete Tätigkeit des Klägers zu 2), nämlich seine Beteiligung an einem Internetforum bzw. die Kenntnisse und Duldung der Klägerin zu 1) von dieser Beteiligung beziehen.
111c. Auch kommt jedenfalls die Beklagte zu 1), wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, mittelbare Störerin in Betracht.
112aa. Eine Haftung der Beklagten zu 1) als unmittelbarer Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs „Täterin“ – kommt nicht in Betracht. Das könnte sie nur dann sein, wenn es sich bei den Beiträgen um eigene Informationen/Inhalte der Beklagten handeln würde, oder sie sich diese Drittinhalte zu Eigen gemacht hätte. Von einem Zueigenmachen ist indes nur auszugehen, wenn der Betreffende nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016, VI ZR 34/15 – jameda.de II, juris Rn. 16).
113Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte zu 1) die von den Klägern beanstandeten Berichte ersichtlich nicht zu Eigen gemacht. Das ergibt sich für den verständigen Nutzer bereits aus der Funktion einer Suchmaschine, deren Sinn und Zweck es nicht ist, eigene Äußerungen aufzustellen, sondern nur Nachweise für das Auffinden fremder Informationen zu den vom jeweiligen Nutzer eingegebenen Suchbegriffen zu ermöglichen. Der Anzeige der Suchergebnisse durch die Beklagte zu 1) ist daher aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers lediglich die Aussage zu entnehmen, dass sich die vom Nutzer eingegebenen Suchbegriffe in irgendeiner Weise in den über die angegebenen Links erreichbaren Texten auf den dortigen Internetseiten befinden, nicht aber auch, dass die Beklagte zu 1) damit in irgendeiner Form inhaltlich eine Aussage oder Stellungnahme zu den dortigen Veröffentlichungen abgeben will.
114bb. Eine Haftung der Beklagten zu 1) als mittelbare Störerin kommt auch grundsätzlich in Betracht.
115Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Die Haftung als mittelbarer Störer darf aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219; BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413).
116(1) Ausgehend davon hat der Bundesgerichtshof bislang folgende Entscheidungen zur Haftung mittelbarer Störer bei Internetveröffentlichungen getroffen:
117Nach der Entscheidung domain-Verpächter (Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, juris Rn. 21 und 27) ist es dem Verpächter zwar nicht zuzumuten, die Website des Pächters dahingehend zu überprüfen, ob sie Äußerungen enthält, die das Persönlichkeitsrecht anderer verletzen. Eine Prüfungspflicht hinsichtlich der fremden Inhalte setzt aber dann ein, wenn der Verpächter von konkreten Äußerungen Kenntnis erlangt, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen verletzten. Kommt er dieser Prüfungs- und einer daraus resultierenden Beseitigungspflicht nicht unverzüglich nach, besteht gegen ihn ein Unterlassungsanspruch. Auch in der Entscheidung Vorschaubilder I (Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 69/08, juris Rn. 39) hat der Bundesgerichtshof für den Fall, dass Bilder von dazu nicht berechtigten Personen im Internet eingestellt werden, die Haftung des Betreibers der Suchmaschine für Urheberrechtsverletzungen auf solche Verstöße beschränkt, die begangen werden, nachdem dieser auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wurde. Dies folge aus den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Rechtsverkehr, soweit die betreffende Tätigkeit des Suchmaschinenbetreibers rein technischer, automatischer und passiver Art sei und er weder Kenntnis noch Kontrolle über die von ihm gespeicherte oder weitergeleitete Information besitze.
118Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung Blog-Eintrag (Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, juris Rn. 24 f.) zwar wiederum eine proaktive Prüfungspflicht des Host-Providers hinsichtlich der online gestellten Beiträge der einzelnen Nutzer verneint. Auch dieser müsse jedoch tätig werden, wenn er Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlange und sodann in eine Ermittlung und Bewertung des Sachverhaltes eintreten (sog. Stellungnahmeverfahren). Entsprechende reaktive Prüfpflichten hat der Bundesgerichtshof auch in weiteren Entscheidungen zu Betreibern einer Internet-Plattform oder (File-)Hostprovidern angenommen (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2007 – VI ZR 101/06, juris Rn. 5 und 9; BGH, Urt. 22.7.2010 – I ZR 139/08, juris Rn. 48; BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 30/15, juris Rn. 23 f.).
119Weiter wurde in der Entscheidung Autocomplete (Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, juris Rn. 20) eine Haftung für Suchwortergänzungen des Suchmaschinenbetreibers bejaht, wobei diesen Vorschlägen ein eigener Aussagegehalt des Betreibers beigemessen wurde, der als eigene Information im Sinne des TMG weitergegeben werde. Auch in solchen Fällen greife eine Haftung aber nur bei Verletzung von reaktiven Prüfpflichten ein, wobei ein Stellungnahmeverfahren nicht erforderlich sei, weil die Suchvorschläge durch ein eigenes Programm des Suchmaschinenbetreibers generiert würden. Zudem hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung Hyperlinks (Urt. v. 18.6.2015 – I ZR 74/14, BGHZ 206, 103) eine Haftung desjenigen bejaht, der sich die fremden Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweise. Er hafte dafür wie für eigene Informationen, wobei eine Prüfpflicht aber erst dann einsetze, wenn er Kenntnis davon erlange, dass mit dem Hyperlink rechtswidriges Verhalten unterstützt werde. Anders als bei Internet–Marktplätzen oder File–Hosting–Diensten, bei denen eine klare Rechtsverletzung zu verlangen sei, um ihr grundsätzlich gebilligtes Geschäftsmodell nicht infrage zu stellen, sei bei Hyperlinks, die lediglich kommerziellen Interessen dienten und bei den regelmäßig nur eine begrenzte Anzahl von Links gesetzt würden, aber von dem Unternehmer, der den Hyperlink setzte, bereits dann eine Prüfung zu verlangen, wenn er einen Hinweis auf eine Rechtsverletzung erhalte, ohne dass es darauf ankomme, ob diese klar erkennbar sei.
120Schließlich hat der Bundesgerichtshof die Grundsätze der Störerhaftung auch für einen Access-Provider (Urt. v. 26.11.2015 – I ZR 3/14 und I ZR 174/14, NJW 2016, 794) für anwendbar erklärt. Zwar komme auch hier die Auferlegung einer anlasslosen, allgemeinen Überwachungs– oder Nachforschungspflicht nicht in Betracht, wohl aber eine Prüfpflicht, nachdem der Access-Provider von den Betroffenen auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf konkret genannte Veröffentlichungen hingewiesen wurde. Eine solche anlassbezogene Prüfungspflicht sei dem Access-Provider auch technisch und wirtschaftlich nicht unzumutbar. Die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Access-Provider komme jedoch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite oder des Autors des dort veröffentlichten Beitrags jeder Erfolgsaussicht fehle und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde.
121(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Landgericht zu Recht eine Haftung der Beklagten zu 1) als Betreiberin einer Suchmaschine für die mittels ihrer Ergebnisanzeigen nachgewiesenen fremden Inhalte bejaht, wenn und soweit sie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls gegen (reaktive) Prüf- bzw. Sperrpflichten verstoßen hat.
122Zwar ist die Autocomplete-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 14.05.2013, a.a.O.) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Beklagte zu 1) vorliegend keine eigenen Suchvorschläge erarbeitet und angeboten, sondern sich auf die Suche und Anzeige vorhandener Texte beschränkt hat. Übertragbar sind jedoch die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung Vorschaubilder I (Urt. v. 29.04.2010), die ebenfalls die Tätigkeit einer Suchmaschine - dort zum Auffinden von Abbildungen - zum Gegenstand hat und in der der Bundesgerichtshof in einem obiter dictum ausgeführt hat, dass die Haftung des Betreibers (erst) in Betracht komme, nachdem er von der Rechtswidrigkeit der gespeicherten Information Kenntnis erlange, d.h. konkret auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden sei (BGH, a.a.O., juris Rn. 39). Zudem sind die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur reaktiven Prüfpflicht von Access-Providern zu berücksichtigen (Urt. v. 26.11.2015, a.a.O.), deren Beitrag zur Veröffentlichung eines persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalts im Internet noch schwächer ist und die vom Inhalt der jeweiligen Äußerung noch weiter entfernt sind, als die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Suchmaschine.
123Mit dem Landgericht ist der Senat aber auch der Auffassung, dass diese reaktive Prüf- und Sperrpflicht der Beklagten als Suchmaschine nicht bereits - entsprechend der Haftung bei Setzen eines Hyperlinks - durch jeden Hinweis auf eine Rechtsverletzung ausgelöst wird, sondern vielmehr - wie im Fall des Host-Providers - ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erforderlich ist. Dafür spricht, dass die Beklagte ebenso wie der Betreiber einer Internetplattform oder ein Hostbetreiber ein von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligtes und für die Nutzung des Internets wesentliches Geschäftsmodell betreibt, das durch zu weitgehende Prüfungspflichten infrage gestellt werden könnte. Darüber hinaus handelt es sich bei der Tätigkeit der Beklagten zu 1) ebenfalls regelmäßig - wie auch der vorliegende Fall zeigt – nicht nur um die Überprüfung einer begrenzten Anzahl von Hyperlinks, die bewusst von der Beklagten zu 1) gesetzt wurden, sondern um die Überprüfung einer Vielzahl automatisch generierter Linksetzungen. Hinzu kommt der vom Landgericht betonte Umstand, dass die Beklagte zu 1) als Betreiberin einer Suchmaschine (anders als in der Regel ein Blog– oder Hostbetreiber) regelmäßig in keiner Beziehung zu der durch ihre Suchanzeige und Linksetzung angezeigten Internetseite bzw. deren Autor steht, so dass sie von diesem auch kaum die Abgabe einer Stellungnahme verlangen kann.
124cc. Einer solchen Prüfpflicht stehen - anders als die Beklagten meinen - auch die Vorschriften des TMG oder die Vorgaben der diesem Gesetz zu Grunde liegenden E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 (ABl. L 178/1 vom 17.07.2000; im Folgenden: Richtlinie) nicht entgegen.
125(1) Allerdings sind Suchmaschinenbetreiber nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG als "Telemedien" und als "Diensteanbieter" im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 1 und 2 TMG zu qualifizieren, so dass der Anwendungsbereich des TMG grundsätzlich eröffnet ist (vgl. OLG Hamburg, Urt. vom 26.5.2011 – 3U 67/11, MMR 2011, 685).
126Auch die konkret in Rede stehende Tätigkeit der Beklagten zu 1) als Suchmaschine mit Anzeige von verlinkten Ergebnisseiten dürfte vom Regelungsbereich des TMG erfasst sein. Zwar ergibt sich aus Art. 21 Abs. 2 der dem TMG zugrunde liegenden Richtlinie, dass diese die Frage der Haftung von Anbietern von Hyperlinks und von Instrumenten zur Lokalisierung von Informationen ausgespart hat, so dass sich z.B. die Haftung für das (bloße) Setzen von Hyperlinks nach den allgemeinen Vorschriften richtet (so BGH, Urt. vom 18.6.2015 – I ZR 74/14, BGHZ 206, 103, allerdings für die Linksetzung auf einer unternehmerischen Ärzteseite). Im vorliegenden Fall besteht der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten zu 1), der auch Kern ihrer Inanspruchnahme durch die Kläger ist, nicht in dem bloßen Setzen eines Links, sondern in ihrer Suchfunktion. Indem sie auf die angegebene Suchanfrage hin die ihr zugänglichen Webseiten auf entsprechende Schlüsselwörter durchsucht und ihre Ergebnisse dem Nutzer anzeigt, macht sie für diesen die unübersichtliche Flut von Informationen im Internet nicht nur gezielter und vereinfachter nutzbar, sondern oft auch die von ihr angezeigten URLs erst auffindbar.
127Ob diese Tätigkeit der Beklagten - wie sie geltend macht - unter die weitestgehende Haftungsprivilegierung der §§ 8 ff. TMG, d.h. Unter § 8 TMG zu fassen wäre, ist allerdings zweifelhaft. Nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Beklagten sich nicht - wie in § 8 TMG vorausgesetzt - nur auf die Übermittlung fremder Informationen oder auf die Zugangsvermittlung zu solchen Informationen, verbunden mit einer nur kurzzeitigen automatischen Zwischenspeicherung zum Zweck der Übermittlung beschränkt. Wie sich aus der Stellungnahme ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ergibt, werden die von ihr auf eine Suchanfrage durchsuchten und daraufhin gefundenen Seiten vielmehr als Kopie im „Cache“ gespeichert und dort für eine schnellere Abrufbarkeit weiter vorgehalten; ein solcher Speichervorgang ergibt sich auch aus der Vorschaubilder I - Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 29.4.2010, a.a.O., juris Rn. 2) und der Darstellung des Suchprogramms der Klägerin in der Entscheidung OLG Hamburg vom 26.5.2011 (3 U 67/11, MMR 2011, 685). Danach dürfte die Tätigkeit der Beklagten eher unter die Tatbestände des § 9 oder § 10 TMG zu fassen sein.
128(2) Dies kann letztlich jedoch offen bleiben, weil die Beklagte selbst bei Anwendung der weitestgehendsten Privilegierung nach § 8 TMG gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 TMG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen verpflichtet ist und daher - trotz ihrer "Nichtverantwortlichkeit" nach §§ 8 ff. TMG - bei Verletzung ihrer Prüfpflichten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
129(a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich die Haftungsprivilegierung des TMG lediglich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht jedoch auf Unterlassungsansprüche bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004; BGH, Urt. v. 30.6.2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417; BGH, Urt. v. 22.7.2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219).
130Der Einwand der Beklagten, diese Rechtsprechung sei überholt und der Bundesgerichtshof wende seit seinen Entscheidungen "Stiftparfum" (Urt. vom 17.8.2011 – I ZR 57/09, BGHZ 191, 19), "Alone in the dark" (Urt. Vom 12.7.2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339) und "File-Hosting-Dienst" (Urt. v. 15.8.2013 - I ZR 80/12, NJW 2013, 3245) diese Vorschriften auch auf Unterlassungsansprüche an, trifft nicht zu. Zwar hat der Bundesgerichtshof dort unter Bezugnahme auf die Vorschriften des TMG (konkret § 7 Abs. 2, § 10 TMG) festgestellt, dass der Betreiber einer Internet-Plattform oder ein Hostbetreiber grundsätzlich nicht verpflichtet ist, ihm übermittelte oder von ihm gespeicherte Information proaktiv zu überwachen und nach Rechtsverletzungen zu durchforschen. Insofern hat er in der Tat im Rahmen der Prüfung eines Unterlassungsanspruchs das TMG angewandt, um damit die Existenz einer proaktiven Prüfpflicht zu verneinen. Auch in diesen Fällen hat er aber im Weiteren dennoch – d.h. trotz Anwendbarkeit des TMG - eine reaktive Prüfpflicht des Diensteanbieters und damit (bei Verletzung dieser Prüfpflicht) einen Anspruch des Betroffenen auf künftige Unterlassung auch gegen den privilegierten Diensteanbieter nach dem TMG bejaht. Das Gleiche gilt für die weiteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 19.3.2015 (I ZR 94/13, NJW 2015, 1443) und vom 14.5.2013 (VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213). Schließlich hat der Bundesgerichtshof selbst für einen – gemäß § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 S. 1 TMG privilegierten - Access-Provider in seinen Entscheidungen vom 26.11.2015 (I ZR 3/14, MMR 2016, 188 und I ZR 174/14, NJW 2016, 794) eine reaktive Prüfpflicht grundsätzlich bejaht.
131(b) Auch die E-Commerce-Richtlinie steht der Annahme einer solchen grundsätzlichen Prüfpflicht der Beklagten zu 1) nicht entgegen.
132Vielmehr ist in Art. 12 Abs. 3 (für die reine Durchleitung), in Art. 13 Abs. 2 (für das Caching) und in Art. 14 Abs. 3 (für das Hosting) der Richtlinie, jeweils in Verbindung mit den Erwägungsgründen 45 bis 48 der Richtlinie ausdrücklich geregelt, dass die Möglichkeit unberührt bleibt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern und es den Mitgliedstaaten unbenommen ist, dem Diensteanbieter Überwachungspflichten in spezifischen Fällen aufzuerlegen (Erwägungsgrund 47). Ein solcher "spezifischer Fall" liegt hier mit der Verletzung einer reaktiven Prüfpflicht nach den obigen Maßstäben des Bundesgerichtshofs vor.
133Zudem hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 15.9.2016 in der Rechtssache N3 gegen T3 (C-484/14, dort Rn. 76 ff., insbesondere Rn. 79) ausdrücklich klargestellt, dass (selbst) ein nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie privilegierter Diensteanbieter (reine Durchleitung, entsprechend § 8 TMG) wegen einer Urheberrechtsverletzung durch von ihm übermittelte Informationen zwar nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, wohl aber auf Unterlassung und auf Erstattung der hierdurch angefallenen Abmahnkosten und der Gerichtskosten.
134Nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs setzt die gerichtliche Geltendmachung dieses Unterlassungsanspruchs auch - anders als von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - nicht voraus, dass die Unterlassung zunächst in einem behördlichen Verfahren angeordnet und diese Anordnung von der Beklagten zu 1) nicht befolgt worden ist. Abgesehen davon, dass danach nach deutschem Recht eine Rechtsschutzlücke für die Betroffenen bestünde, da ein solches behördliches Untersagungsverfahren nach deutschem Recht (bislang) nicht existiert, hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung klargestellt, dass der Geschädigte die Unterlassung (sowie Erstattung von Abmahn- und Gerichtskosten) auch verlangen kann, „sofern diese Ansprüche darauf abzielen … , dass … ein innerstaatliches Gericht eine Anordnung erlässt, mit der dem Diensteanbieter untersagt wird…“ (Anm.: Unterstreichung durch den Senat).
135Soweit die Beklagten schließlich einwenden, die bisherigen höchstrichterlichen Entscheidungen seien jeweils in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen und nicht – wie hier – auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen ergangen, gibt das keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Weder ist den Entscheidungen zu entnehmen, dass dort spezifische urheberrechtliche Aspekte ausschlaggebend für die Annahme einer (reaktiven) Prüfpflicht in „spezifischen Fällen“ waren, noch ist im Übrigen ersichtlich, warum der Schutz des Persönlichkeitsrechts vor Rechtsverletzungen im Internet anders oder schwächer ausgestaltet sein sollte als der Schutz vor Urheberrechtsverletzungen.
136Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt eine Haftung der Beklagten zu 1) als Betreiberin einer Suchmaschine für die mittels der Links nachgewiesenen fremden Inhalte in Betracht, wenn und soweit sie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls gegen Prüf- bzw. Sperrpflichten verstoßen hat.
137dd. Dagegen ist die Beklagte zu 2) hinsichtlich des gegen sie mit dem Antrag zu 9) geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht passiv legitimiert, weil sie nicht als Betreiberin einer Suchmaschine anzusehen ist. Insofern kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden. Auch wenn die Beklagte zu 2) von der Beklagten zu 1) wirtschaftlich abhängig sein sollte, ist weder daraus noch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu folgern, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, die Beklagte zu 2) mit den rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszustatten, eine Sperrung von Links vorzunehmen.
138Die Kläger behaupten selbst nicht, dass die Beklagte zu 2) die Suchmaschine H betreibt, sondern sind lediglich der Ansicht, aufgrund des Sitzes der Beklagten zu 1) in den USA müsse auch eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2) möglich sein. Dies folgt aber weder aus dem Justizgewährleistungsanspruch noch aus den Vorgaben der Rechtsprechung. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C – 131/12) keine Haftung der Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) im Hinblick auf die (dort geltend gemachten) datenschutzrechtlichen Ansprüche bejaht, sondern deren Existenz lediglich als Anknüpfungspunkt dafür genutzt, die Beklagte zu 1) – eine Gesellschaft mit Sitz in den USA – einer Haftung nach den Vorschriften des europäischen Datenschutzrechts zu unterwerfen, weil sie im Geltungsbereich dieser Datenschutzregelungen eine Niederlassung unterhält. Dies geschah zwar unter der von den Klägern zitierten Prämisse, dass ein Sitz im Ausland nicht dazu führen könne, sich trotz Unterhaltung von europäischen Tochtergesellschaften der Haftung nach den europäischen Normen zu entziehen. Dieser Gefahr wird aber durch eine Haftung der Beklagten zu 1), die über den Anknüpfungspunkt der europäischen Tochtergesellschaft der Haftung unterworfen wird, ausreichend begegnet. Eine daneben bestehende Haftung auch dieser Tochtergesellschaft hat der Europäische Gerichtshof ebensowenig bejaht wie eine Datenvereinbarung durch diese Tochtergesellschaft festgestellt (vgl. Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 52). Es verstößt auch nicht gegen den Justizgewährleistungsanspruch, dass eine Vollstreckung gegen die Beklagte zu 1) aufgrund deren Sitzes in den USA zu Schwierigkeiten führen kann.
139d. Der nach den vorstehenden Darlegungen grundsätzlich in Betracht kommende Unterlassungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) scheitert jedoch daran, dass sie diese nicht ordnungsgemäß über die betreffenden Rechtsverletzungen in Kenntnis gesetzt haben und die Beklagte zu 1) daher keine ihr obliegenden (reaktiven) Prüfpflichten verletzt hat.
140aa. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Haftung als mittelbarer Störer nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, muss sich der Umfang der Prüfpflichten danach bestimmen, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist. Für die vorliegend die Beklagte zu 1) als Betreiber einer Suchmaschine treffenden Prüfpflichten werden die Anforderungen, die an ein Inkenntnissetzungsschreiben zu stellen sind, wesentlich durch zwei geprägt: Zum einen ist dem Betreiber einer Suchmaschine – anders als dem domain-Verpächter oder dem Host-Provider – regelmäßig die Durchführung eines Stellungnahmeverfahrens unmöglich, weil ihm weder die Autoren noch die Inhaber der durch Links nachgewiesenen Seiten bekannt sind. Zum anderen ist der Betreiber einer Suchmaschine nicht in der Lage, ausschließlich die vermeintlich rechtswidrigen Inhalte von den durch ihn nachgewiesenen Internetseiten zu entfernen, sondern kann lediglich den Link als solchen für die Suche der Nutzer sperren, was zwingend zur Folge hat, dass damit auch die Auffindbarkeit der restlichen, inhaltlich möglicherweise beanstandungsfreien Inhalte dieser Seite verhindert wird.
141Kann damit die Inkenntnissetzung durch den Betroffenen zum einen nur ein einseitiges Prüfungsverfahren auslösen und besteht zum anderen die Gefahr erheblicher Auswirkungen einer Sperrung von Links für unbeteiligte Dritte, die beanstandungsfreie Inhalte auf den betreffenden Seiten verfasst haben bzw. der Nutzer, die solche beanstandungsfreien Inhalte mithilfe der Beklagten zu 1) im Internet auffinden wollen, ergibt sich daraus, dass der Betreiber einer Suchmaschine nur dann zur Sperrung der betreffenden Links verpflichtet werden kann, wenn die behauptete Rechtsverletzung im Rahmen seiner Prüfung offensichtlich erkennbar ist. Das Inkenntnissetzungsschreiben des Betroffenen muss daher so detailliert über den Sachverhalt informieren, dass sich die behauptete Rechtsverletzung sowohl in tatsächlicher Hinsicht eindeutig darstellt als auch in rechtlicher Hinsicht die nicht hinzunehmende Beeinträchtigung des Betroffenen auf der Hand liegt. Aufgrund dieser Anforderungen darf sich der Betroffene folglich nicht darauf beschränken, die beanstandeten Links zu nennen und zu behaupten, er werde durch die Inhalte auf den durch die Links nachgewiesenen Seiten in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.
142bb. Diesen Anforderungen sind die Kläger mit ihren Schreiben vom 27.10.2011 (Anlage K6, Bl. 172 AO II), vom 25.11.2011 (Anlage K7, Bl. 194 AO II) und vom 6.12.2011 (Anlage K8, Bl. 223 AO II sowie Bl. 251 AO II) nicht gerecht geworden. Sie haben die Beklagte zu 1) zwar zur Unterlassung aufgefordert, dabei die beanstandeten Links in der Ergebnisliste konkret bezeichnet und auch konkret aufgezeigt, dass dem Kläger zu 2) auf den nachgewiesenen Seiten die Betreiberstellung bzw. Verantwortung für das Forum G2 zugewiesen sowie der Klägerin zu 1) eine Mitwisserschaft bzw. Duldung unterstellt wird. Diese Darlegungen reichten jedoch nicht aus, um die Beklagte zu 1) bei der ihr obliegenden Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu dem offensichtlichen Ergebnis zu führen, dass die Persönlichkeitsrechte der Kläger durch die mit den streitgegenständlichen Links nachgewiesenen Seiten rechtswidrig verletzt werden.
143Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237; BGH, Urt. v. 15.9.2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437; BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 13.1.2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 30 m.w.N.). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Kläger ist unter Beachtung dieser Grundsätze rechtswidrig, wenn im Rahmen einer Abwägung ihre Interessen überwiegen. Auf Seiten der Beklagten zu 1) sind die durch diese gewährleisteten Rechte der Autoren und Seiteninhaber zu berücksichtigen, deren Recht aus Art. 5 Abs. 1 GG auch den Anspruch beinhaltet, mit seiner Meinung gehört bzw. gefunden zu werden. Weiter sind die Ansprüche der Nutzer zu berücksichtigen, die sich im Rahmen ihrer Suche über im Netz vorgehaltene Inhalte informieren wollen.
144cc. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die Inhalte der von den streitgegenständlichen Links nachgewiesenen Seiten bzw. die dort enthaltenen Äußerungen ergibt sich keine für die Beklagte zu 1) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht offensichtliche Rechtsverletzung der Kläger.
145Im Einzelnen:
146(1) Unter dem Link Nr. 6 (http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx9, vgl. Anlage K 1a) finden sich Blogeinträge des Administrators „Kolb“, die sich mit der Rolle des Klägers zu 2) im Forum G2.info und seiner vermeintlichen Stellung als Verantwortlicher bzw. Betreiber beschäftigen. Die dort vorhandenen und von den Klägern gerügten Äußerungen enthalten keine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtlichen Rechtsverletzungen.
147(a) Bei der Äußerung auf Seite 1 („Das Dokument, das wir in den Händen halten, weist ihn als Verantwortlichen für den G4 aus, einer Seite, wo rund ein Dutzend Unschuldiger aufs Übelste diffamiert wurden. Ich finde schon, dass diese Opfer ein Recht darauf haben zu erfahren, wer dafür verantwortlich ist“) handelt es sich um eine zulässige Meinungsäußerung, da der Autor – für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar – eine Schlussfolgerung aus den ihm vorliegenden Dokumenten zieht, aus denen sich ergeben soll, dass der Kläger zu 2) „über die ganzen kriminellen Inhalte des G2s bestens informiert“ war. Die Frage, ob der Kläger zu 2) über die kriminellen Inhalte „bestens informiert“ war, betrifft jedoch nicht die Behauptung einer inneren Tatsache im Sinne einer entsprechenden Kenntnis des Klägers zu 2), sondern stellt ebenfalls eine Meinungsäußerung des Autors dar, der aus dem unstreitig wahren Umstand, dass der Kläger zu 2) einen E-Mail-Zugang zum Forum G2.INFO hatte, seine Schlüsse zieht. Aus dem Gesamtkontext der auf dieser Seite enthaltenen Äußerungen wird deutlich, dass nach Ansicht des Autors derjenige, der einen solchen Zugang auch noch zwei Monate nach Start des Forums hatte, nicht behaupten könne, von den betreffenden Inhalten nichts gewusst zu haben.
148(b) Auch die Äußerungen auf Seite 1 bzw. 4 („Der kriminelle I aus U2“) sind nicht als unzulässige Schmähkritik einzustufen, die aus Sicht der Beklagten zu 1) eine offensichtliche Rechtsverletzung des Klägers zu 2) begründet, sondern stellen unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes eine zulässige Meinungsäußerung dar. Aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten gibt der Autor an, Belege für den Umstand zu haben, dass der Kläger zu 2) für das Forum G2.INFO verantwortlich sei. Da in diesem Forum unstreitig Personen in strafrechtlich relevanter Weise verunglimpft wurden, hält es sich noch im Rahmen einer sachbezogenen Auseinandersetzung, wenn der vermeintliche Täter als „kriminell“ bezeichnet wird.
149Zwar würde sich dann eine andere Bewertung ergeben, wenn feststünde, dass der Kläger zu 2) tatsächlich nicht für dieses Forum verantwortlich war und damit die betreffende Meinungsäußerung auf einer unwahren Tatsachengrundlage basierte. An der Verbreitung einer solchen unwahren Tatsache bestünde kein Informationsinteresse der Nutzer und der einzelne Blog-Autor könnte sich bei einer unwahren Tatsachengrundlage auch nicht auf Art. 5 Abs. 1 GG für die betreffende Meinungsäußerung berufen. Vorliegend war der Beklagten zu 1) jedoch eine Prüfung dahingehend, ob es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelte, anhand der Angaben des Klägers zu 2) nicht möglich, so dass es auch insoweit an einer offensichtlichen Rechtsverletzung als Voraussetzung für eine Sperrpflicht fehlt.
150Der Kläger zu 2) hat sich in den Inkenntnissetzungsschreiben lediglich pauschal zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen eingelassen und mangels Angaben von Details, wie beispielsweise des Namens des Bekannten oder der Art der Verbindung zum Administrator des Forums, der Beklagten zu 1) keine hinreichende Möglichkeit gegeben, seine Angaben zu überprüfen. Vielmehr sind in den betreffenden Schreiben lediglich vage und von der Beklagten zu 1) bestrittene Ausführungen dazu enthalten, dass der Kläger zu 2) – ohne zu wissen, worum es konkret ging – einem nicht namentlich genannten Bekannten beim „Aufsetzen“ der Website für einen ihm unbekannten Dritten geholfen und über einen Zugang zum Postfach bzw. eine entsprechende Weiterleitung der an das Forum gerichteten E-Mails verfügt habe.
151Die Beweislast für die nach seinem Vortrag nur eingeschränkte Tätigkeit hinsichtlich des Forums trägt – jedenfalls im Verhältnis zur Beklagten zu 1) – der Kläger zu 2) und ist dieser nicht hinreichend nachgekommen. Zwar handelt es sich bei den dargestellten Vorwürfen um ehrenrührige Tatsachen, so dass nach der in das Zivilrecht transformierten Beweislastregel des § 186 StGB die Beklagte zu 1) darlegen und beweisen müsste, dass der Kläger zu 2) tatsächlich Betreiber des Forums bzw. ihm eine dem Betreiben vergleichbare Form der Verantwortung und Einflussnahmemöglichkeit übertragen worden war. Es bestehen jedoch schon grundsätzlich Zweifel, ob vorliegend ein Verbreiten im Sinne von § 186 StGB im Hinblick darauf gegeben ist, dass die Beklagte zu 1) die entsprechenden Behauptungen nicht selbst aufgestellt, sondern nur den Link zu einer Internetseite nachgewiesen hat, auf der diese Behauptungen enthalten sind. Insofern dürfte einiges dafür sprechen, dass die vorgenannte Beweislastregel im Rahmen einer Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers, der keine eigenen Inhalte vermittelt oder sich fremde Inhalte zu eigen macht, schon nicht eingreift.
152Jedenfalls aber ist der Kläger zu 2) in dieser Frage sekundär darlegungspflichtig, weil die Beklagte zu 1) keine Kenntnisse über den Umfang seiner damaligen Tätigkeit für das Forum haben kann. Insofern hätte er im Rahmen seiner Rüge der betreffenden Links genauer vortragen sowie die ihm bekannten Personen benennen müssen, um der Beklagten zu 1) die Möglichkeit zu weiteren Recherchen zu geben und ggf. eine offensichtliche Rechtsverletzung feststellen zu können.
153(c) Die unter Link Nr. 2 (http://N.com/index.cgi?board= general&action=print&num=13xx83xxx9, vgl. Anlage K 10g und h) sowie unter dem Link Nr. 10 (http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx9&start=0, vgl. Anlage K 10i und j) nachgewiesenen Seiten enthalten dieselben Inhalte wie die von Link Nr. 6 nachgewiesenen Seiten und teilen daher die vorstehende rechtliche Beurteilung.
154(2) Unter Link Nr. 7 (http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx5, vgl. Anlage K 1b) finden sich Blogbeiträge des Administrators „Kolb“ über die Rolle der Kläger im Forum G2.INFO, wobei der Kläger zu 2) u.a. als „Arschkriecher“, „Schwerstkrimineller“ und „krimineller Schuft“ bezeichnet wird. Hinsichtlich der Klägerin zu 1), die in diesen Blogbeiträgen ebenfalls mit vollem Namen und Adresse genannt wird, wird spekuliert, ob sie wirklich nichts von der Tätigkeit des Klägers zu 2) gewusst habe. Diese Äußerungen enthalten ebenfalls keine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtlichen Rechtsverletzungen.
155(a) Die Äußerungen über die Klägerin zu 1) sind zwar nicht als offene Frage anzusehen, weil die Ansicht des Autors, dass sie von den Aktivitäten des Klägers zu 2) gewusst haben muss, aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten deutlich zum Ausdruck kommt. Gegen eine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts wegen Verbreitung einer unwahren Tatsache spricht jedoch entscheidend, dass die Klägerin zu 1) in den Inkenntnissetzungsschreiben nicht geltend gemacht hat, von den Verbindungen ihres Mannes zum Forum G2.INFO keine Kenntnis gehabt zu haben. Ihr Begehren auf Unterlassung des Nachweises der entsprechenden Links hat sie vielmehr darauf gestützt, dass der Kläger zu 2) nicht Verantwortlicher des Forums und der dort veröffentlichten Inhalte gewesen sei. Dass insoweit eine offensichtlich unwahre Tatsachenbehauptung vorlag, konnte die Beklagte zu 1) jedoch – wie vorstehend dargelegt – wegen des zu pauschalen Vortrags des Klägers zu 2) nicht feststellen.
156(b) Auch die weiter auf der Seite enthaltenen Bezeichnungen „Arschkriecher“, „Schwerstkrimineller“ und „krimineller Schuft“ stellen unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes keine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtliche Schmähkritik oder Formalbeleidigung des Klägers zu 2) dar. Denn bei der ihr obliegenden Prüfung konnte die Beklagte zu 1) zulässigerweise zu dem Schluss kommen, dass die betreffenden Äußerungen noch von der Meinungsfreiheit der Blogger gedeckt sind und daher ein offensichtlicher Rechtsverstoß zu Lasten des Klägers zu 2) nicht gegeben ist.
157Unter den Schutz der Meinungsfreiheit fallen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Werturteile und Tatsachenbehauptungen, wenn und soweit sie zur Bildung von Meinungen beitragen. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährt. Es findet seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, womit eine Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch ihr Verbot andererseits zu erfolgen hat. Zu beachten ist hierbei, dass Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist. Einen Sonderfall bilden hingegen herabsetzende Äußerungen, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen. In einem solchen Fall ist ausnahmsweise keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht notwendig, weil die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurücktritt. Diese für die Meinungsfreiheit einschneidende Folge gebietet es aber, hinsichtlich des Vorliegens von Formalbeleidigungen und Schmähkritik strenge Maßstäbe anzuwenden. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik von Verfassung wegen eng zu verstehen. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern - jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik - die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Die Annahme einer Schmähung hat wegen des mit ihr typischerweise verbundenen Unterbleibens einer Abwägung gerade in Bezug auf Äußerungen, die als Beleidigung und damit als strafwürdig beurteilt werden, ein eng zu handhabender Sonderfall zu bleiben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.6.2016 – 1 BvR 2646/15, juris Rn. 13 m.w.N.).
158Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte die Beklagte zu 1) im vorliegenden Fall bei ihrer Prüfung keine offensichtliche Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers zu 2) feststellen. Zwar sind die auf den betreffenden Seiten verwendeten Bezeichnungen des Klägers zu 2) ausfallend scharf und beeinträchtigen seine Ehre. Jedoch ist – im Hinblick auf die besonderen Anforderungen für die Annahme einer Schmähung oder Formalbeleidigung – nicht ersichtlich, dass ihr ehrenrühriger Gehalt von vornherein außerhalb jedes in einer Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes steht.
159Die Bezeichnung „Arschkriecher“ wird im Gesamtkontext der Äußerungen auf der durch den Link nachgewiesenen Seite nicht zusammenhanglos zur Diffamierung der Person des Klägers zu 2) verwendet, sondern weist aufgrund der Bezugnahme auf den Bekannten des Klägers zu 2) – Herrn T2 – noch eine Beziehung zur sachlichen Auseinandersetzung über die Rolle des Klägers zu 2) im Forum G2.INFO auf. Mit der in ihrer Gesamtheit zu beurteilenden Äußerung „Der hat seinen jahrelangen Arschkriecher und Fußsoldaten I aus U2 ermuntert, die Seite G2.INFO ins Netz zu stellen“ wird für den durchschnittlichen Rezipienten deutlich, dass nicht eine isolierte Beschimpfung des Klägers zu 2) erfolgen, sondern vielmehr sein Verhalten gegenüber Herrn T2 sowie gegenüber den Betroffenen des Forums G2.INFO einer polemischen und überspitzten Kritik zugeführt werden soll. Gleiches gilt für die Bezeichnungen „Schwerstkrimineller“ und „krimineller Schuft“, die unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit der Blogger noch Teil der sachbezogenen Auseinandersetzung mit den gegen den Kläger zu 2) erhobenen Vorwürfen sind. Es ist insofern nicht – jedenfalls aus Sicht der Beklagten zu 1) nicht offensichtlich – zu erkennen, dass sich diese Äußerungen von dem gegen den Kläger zu 2) erhobenen Vorwurf völlig gelöst haben bzw. seine angebliche Betreiberstellung nur als mutwillig gesuchter Anlass oder Vorwand genutzt wurde, um den Kläger zu 2) als solchen zu diffamieren.
160Darüber hinaus ist bei der Prüfung einer offensichtlichen Rechtsverletzung auch zu berücksichtigen, in welchem Umfeld die betreffenden Äußerungen abgegeben werden. Wie der Senat durch die Lektüre der zahlreichen von den Klägern eingereichten Ausdrucke der betreffenden Seiten feststellen konnte und wie entsprechend auch für die Beklagte zu 1) im Rahmen ihrer Prüfung erkennbar war, handelt es sich bei den Foren, in denen die betreffenden Äußerungen über die Kläger abgegeben wurden, in Gänze um Seiten, auf denen eine eher deftige und grenzwertige Diktion vorherrscht. Die vom Kläger zu 2) beanstandeten Begriffe fügen sich durchaus in die auf diesen Seiten vorherrschende Wortwahl ein, was ebenfalls einer aus Sicht der Beklagten zu 1) feststellbaren offensichtlichen Rechtsverletzung entgegensteht.
161(c) Die unter Link Nr. 1 (http://N.com/index.cgi?board= general&action=print&num=13xx83xxx5, vgl. Anlage K 10g und h) und Link Nr. 8 (http://N.com/index.cgi?board= general&action=display&num=13xx83xxx5&start=, vgl. Anlage K 1c) nachgewiesenen Seiten enthalten dieselben Inhalte wie die durch Link Nr. 7 nachgewiesenen Seiten und teilen daher die vorstehende rechtliche Beurteilung. Gleiches gilt für die unter Link Nr. 4 (http://N.com/index.cgi?board= general, vgl. Anlage K 10i und K 10j) nachgewiesene Startseite des Forums N mit einer tabellarischen Übersicht der einzelnen Themen, darunter auch ein Thema mit dem Titel „Der kriminelle I aus U2 (GLOBAL Trend“.
162(3) Unter dem Link Nr. 9 (http://I2.com/viewtopic.php?f=83&t=7383, vgl. Anlage K 1f) findet sich eine Diskussion verschiedener Blogger um die Stellung des Klägers zu 2) als Verantwortlichen des Forums G2. Diese Äußerungen enthalten ebenfalls keine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtlichen Rechtsverletzungen.
163(a) Die Äußerung auf Seite 8 („H. steht derzeit heftigst in der Kritik … zurecht! … wenn es so stimmt wie man ihm nachsagt. Wer ein solches Stalkerforum wie den damaligen G2.info unterstützt bzw. sogar noch selber betreibt ist ein Verbrecher“) stellt eine zulässige Meinungsäußerung dar, die aus Sicht der Beklagten zu 1) nicht als offensichtliche Rechtsverletzung erkennbar war.
164Die Autorin gibt die vom Kläger zu 2) beanstandete Wertung „Verbrecher“ erkennbar für den Fall ab, dass die gegen den Kläger zu 2) erhobenen Vorwürfe hinsichtlich des Forums G2.info zutreffen. Im Übrigen ist vorliegend zu konstatieren, dass sich schon nach dem Vortrag der Kläger die von der Autorin vorgenommene Wertung (auch) auf eine wahre Tatsachengrundlage bezieht. Die Autorin nimmt die Wertung als „Verbrecher“ nämlich auch für den Fall vor, dass der Kläger zu 2) das sog. Stalkerforum lediglich „unterstützt“ hat. Da nach dem Vortrag des Klägers zu 2) seine Beauftragung zum „Aufsetzen“ des Forums erfolgte, weil der aus seiner Sicht verantwortliche Betreiber nicht in der Lage war, die betreffende Seite einzurichten und der Kläger zu 2) sodann diese Arbeit durchgeführt hat, ist damit unstreitig jedenfalls eine (nicht unmaßgebliche) Unterstützung des betreffenden Forums gegeben.
165(b) Die weiteren Äußerungen auf Seite 26 („Zombie“, „Schmierlappen“) sind unter Berücksichtigung der oben dargestellten hohen Anforderungen, die an das Vorliegen einer Schmähkritik bzw. einer Formalbeleidigung zu stellen sind sowie der auf den betreffenden Seite ansonsten vorherrschenden Diktion und der emotionsgeladenen Auseinandersetzung (noch) als polemische und überspitzte Kritik im Rahmen der Auseinandersetzung um die Rolle des Klägers zu 2) als vermeintlichem Betreiber des Forums G2.INFO anzusehen.
166(c) Die durch Link Nr. 5 (http://I2.com/viewtopic.php?p=84524, vgl. Anlage K 10u), Link Nr. 19 (http://www.N234566.html?sid=caeac4c5743908d3313d9e7207d9126e, vgl. Anlage K 10t) sowie durch den mit dem Antrag zu 9) angegriffenen Link Nr. 22 (www.I2.com/viewtopic.php?p=84748, vgl. Anlage K 15) nachgewiesenen Seiten enthalten dieselben Inhalte wie die vom Link Nr. 9 nachgewiesenen Seiten und teilen daher die vorstehende rechtliche Beurteilung.
167(4) Unter Link Nr. 3 (http://N.com/index.cgi, vgl. Anlage K 1d) findet sich die Startseite des Forums N. Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Ausdrucke sind dort keine sie betreffenden Einträge vorhanden, so dass durch diesen Link eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts – erst recht eine für die Beklagte zu 1) offensichtliche – nicht in Betracht kommt.
168(5) Die unter Nr. 11 bis 18 aufgeführten Links, nämlich Nr. 11 (http://www.D24/stalking-opfer-K380-s360.html, Anlage K 11, Seite 3), Nr. 12 (http://www.D24/stalking-opfer-K380-s600.html, Anlage K 11, Seite 11), Nr. 13 (http://www.D24/stalking-opfer-K380-s615.html, Anlage K 11, Seite 2), Nr. 14 (http://www.D24/stalking-opfer-K380-s630.html, Anlage K 11, Seite 3), Nr. 15 (http://www.D24/X480-s60.html, Anlage K 11, Seite 5), Nr. 16 (http://www.D24/stalking-opfer-K380-s210.html, Anlage K 11, Seite 8), Nr. 17 (http://www.casinogeldbote.com/vom-B-f13/U499.html, Anlage K 11, Seite 9) und Nr. 18 (http://www.casinogeldbote.com/vom-B-f13/G96-s270.html, Anlage K 11, Seite 10) führen auf Seiten des Forums Casinogeldbote.com, auf denen jeweils im unteren Teil ein Banner mit der Aufschrift:
169„Achtung Leser, Zocker und N2ler aufgepasst: Dieses fiese Gaunerstück geht euch alle an! Enttarnt! DAS ist DER Stalkerseiten-Betreiber: Der kriminelle I aus U2“
170zu sehen ist. Auch diese Äußerung konnte die Beklagte zu 1) im Rahmen einer von ihr durchzuführenden Prüfung nicht als offensichtlich rechtswidrig einstufen. Denn da anhand der Angaben, die der Kläger zu 2) in seinem Inkenntnissetzungsschreiben zu seiner Rolle bei Betrieb des Forums G2.INFO gemacht hat, der Beklagten zu 1) keine Prüfung möglich war, ob es sich insoweit um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt, kann die auf dieser Tatsachenbasis beruhende Wertung „kriminell“ weder als unzulässige Meinungsäußerung noch als Schmähkritik angesehen werden. Die in der Bezeichnung als „kriminell“ liegende Beeinträchtigung des Klägers zu 2) wird nicht – jedenfalls nicht aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtlich – von vornherein außerhalb der Sachauseinandersetzung um die vermeintliche Betreiberstellung des Klägers zu 2) aufgestellt, sondern hat ihren Ursprung und ihren Verwendungszweck vielmehr in diesem Kontext. Damit handelt es sich nicht um einen mutwillig gesuchten Vorwand, um den Kläger zu 2) allein als Person zu diffamieren.
171Entgegen der Ansicht des Klägers zu 2) führt auch die erhebliche Anzahl der Seiten, auf denen das betreffende Banner veröffentlicht wurde und die über entsprechend zahlreiche Links von der Beklagten zu 1) nachgewiesen werden, nicht dazu, dass aus Sicht der Beklagten zu 1) eine offensichtliche Rechtsverletzung zu Lasten des Klägers zu 2) zu erkennen war. Denn insoweit hat sich nur die dem Internet immanente Möglichkeit einer massenhaften Verbreitung mit einfachen technischen Mitteln verwirklicht, die jedoch allein für sich keinen zwingenden Indikator dafür darstellt, dass eine im konkreten Fall die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzende Äußerung verbreitet wird.
172(6) Unter dem Link Nr. 20 (http://www.N234408.html, vgl. Anlage K 10s) findet sich im post einer C ein Zitat aus einem anderen Forum, welches die Äußerung enthält: „Im N2-Infos wird immer noch die Familie Q aus T von T2 und I (Stalkerseite G2.INFO) vorsätzlich gestalkt“. Auch diese Äußerung enthält keine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtliche Rechtsverletzung.
173Der Kläger zu 2) wendet sich in diesem Zusammenhang nicht gegen den vermeintlichen Vorwurf, er würde die Familie Q im N2-Info-Forum stalken, sondern – wie auch bei den anderen von der Beklagten zu 1) nachgewiesenen Links – gegen die Behauptung, er sei für den Betrieb des Forums G2.INFO verantwortlich. Aus Sicht eines durchschnittlichen Rezipienten wird durch die in Klammern gesetzte Nennung dieses Forums unmittelbar im Anschluss an den Namen des Klägers zwar durchaus eine inhaltliche Verbindung in dem Sinne vorgenommen, dass der Leser davon ausgeht, die betreffende Seite „gehöre“ dem Kläger bzw. werde von ihm als Verantwortlichem betrieben. Ob dies jedoch eine unwahre Tatsachenbehauptung darstellt, konnte durch die Beklagte zu 1) – wie bereits oben dargelegt – im Rahmen der ihr obliegenden Prüfung nicht als offensichtliche Rechtsverletzung festgestellt werden.
174(7) Unter dem mit dem Antrag zu 12) angegriffenen Link Nr. 22 (www.X.de, vgl. Anlage K 1e) finden sich wiederum Blogeinträge, die sich mit der Stellung des Klägers zu 2) im Forum G2.INFO befassen. Auch diese Äußerungen enthalten keine aus Sicht der Beklagten zu 1) offensichtlichen Rechtsverletzungen.
175(a) Die in der Äußerung auf Seite 5 und Seite 10 („Herr I verriet sich mit einer eMail als Betreiber des G2 Forums und wurde daraufhin von … mit den Inhalten des Forums konfrontiert. Er schaltete das Forum ab. Eine Entschuldigung gegenüber Herrn Q ist bis heute ausgeblieben“) aufgestellte Behauptung, der Kläger zu 2) sei Betreiber des G2-Forums, wird zwar durch die auf Seite 8 enthaltenen Spekulationen relativiert, der Kläger zu 2) sei eventuell nur ein Strohmann für Herrn T2 („Nein, ein Insider … berichtete von den Machenschaften T2s, dass wohl I nur die „Strohpuppe“ war, aber T2 der Drahtzieher“). Insgesamt bleibt es jedoch aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten bei der Behauptung, dem Autor lägen belastbare Indizien vor, die den Kläger zu 2) als Betreiber des betreffenden Forums ausweisen. Ob diese Behauptung jedoch tatsächlich unwahr ist, konnte die Beklagte zu 1) – wie bereits oben dargelegt – aufgrund der zu pauschalen Angaben des Klägers zu 2) in seinen Inkenntnissetzungsschreiben nicht mit der im Rahmen ihrer Prüfungspflicht erforderlichen Sicherheit feststellen.
176(b) Auch die in der Äußerung auf Seite 50 („Natürlich gibt es noch einige Mitläufer, die aber nicht weniger gefährlich sind und auch unter dem Einfluss der Al-Kaida Deutschland stehen … I aus U2 Firmeninhaber der Global Trendworks und Forumsbetreiber, T4 aus U2 Mitinhaberin der Global Trendworks. Also Vorsicht, wer mit diesen Al-Kaida-Terroristen in Verbindung kommt, die haben nichts Gutes im Sinn“) enthaltene Bezeichnung der Kläger als „Al-Kaida-Terroristen“ ist bei Prüfung durch die Beklagte zu 1) nicht als offensichtliche Schmähkritik anzusehen, weil sie sich als pointierte Bezeichnung (noch) im Rahmen der in dem betreffenden Blog geführten sachbezogenen Diskussion über die – in tatsächlicher Hinsicht ungeklärte – Rolle der Kläger im Forum G2.INFO hält.
177e. Da die Beklagte zu 1) gegenüber den Klägern mangels Verletzung einer ihr obliegenden reaktiven Prüfpflicht schon nicht haftet, kann im Ergebnis dahinstehen, ob einer Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) auch der Gedanke der Subsidiarität entgegenstehen würde.
178Zweifel an der Zulässigkeit eines grundsätzlichen Subsidiaritätseinwand von Seiten des Suchmaschinenbetreibers im Hinblick auf eine vorrangige Inanspruchnahme des Autors der entsprechenden Äußerung oder des Seiteninhabers bestehen im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12). Dieser hat ausgeführt, dass die von einer Suchmaschine ausgeführte Datenverarbeitung sich von der unterscheide, die von den Herausgebern der Websites ausgeführt werde, zusätzlich zu dieser erfolge und die Grundrechte der betroffenen Person zusätzlich beeinträchtige. Insofern habe der Suchmaschinenbetreiber in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Verarbeitung den datenschutzrechtlichen Anforderungen genüge. Da die auf einer Internetseite veröffentlichten Informationen leicht auf anderen Seiten wiedergegeben werden könnten und die für die Veröffentlichung Verantwortlichen nicht immer dem Unionsrecht unterlägen, könne ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Personen nicht erreicht werden, wenn diese vorher oder parallel bei den Herausgebern der Seite die Löschung der sie betreffenden Informationen erwirken müssten. Die Aufnahme einer Internetseite und der darin über eine Person enthaltenen Informationen in die Liste mit den Ergebnissen einer anhand des Namens der betreffenden Person durchgeführten Suche könne die Zugänglichkeit der Informationen für Internetnutzer erheblich erleichtern und eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Informationen spielen. Sie könne mithin einen stärkeren Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens der betroffenen Person darstellen als die Veröffentlichung durch den Herausgeber der Internetseite. Aus diesen Gründen sei der Suchmaschinenbetreiber zur Wahrung der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Rechte, sofern deren Voraussetzungen erfüllt sind, dazu verpflichtet, von der Ergebnisliste einer Namenssuche Links zu Internetseiten mit Informationen zu dieser Person zu entfernen. Dies gelte auch wenn der Name oder die Informationen auf diesen Internetseiten nicht vorher oder gleichzeitig gelöscht werden und gegebenenfalls auch dann, wenn ihre Veröffentlichung auf den Internetseiten als solche rechtmäßig sei (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.12014 – C-131/12). Im Hinblick auf diese Erwägungen zweifelt der Senat an einer generellen Subsidiarität der Haftung der Beklagten zu 1) und hält es für vorzugswürdig, diesen Aspekt – bei Feststellung einer im Rahmen der konkreten Prüfpflichten sich ergebenden rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung – im Rahmen der dann vorzunehmenden Abwägung der beiderseits betroffenen Rechtspositionen zu berücksichtigen.
1793. Die Kläger können den von ihnen geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) im Hinblick auf eine vermeintlich unzulässige Erhebung und Übermittlung von Daten auch nicht auf § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG stützen.
180a. Zwar ist das Bundesdatenschutzgesetz vorliegend nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil die Beklagte als juristische Person des privaten Rechts eine nicht-öffentliche Stelle im Sinne von § 2 Abs. 4 S. 1 BDSG ist und unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen personenbezogene Daten der Kläger im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet.
181Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328; Simitis (Dammann), BDSG, 8. Auflage 2014, § 3 BDSG Rn. 7). Personenbezogene Daten sind vorliegend Name und Adresse der Kläger, die Identifizierung des Klägers zu 2) als vermeintlich Verantwortlichem für das Forum G2.INFO sowie die geäußerten Werturteile. Diese Daten werden von der Beklagten zu 1) im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet, weil sie diese durch systematische Durchsuchung des Internets auffindet, indexiert, speichert und sodann in Form von Ergebnislisten an die Nutzer nach Eingabe entsprechender Suchwörter bzw. Suchwortkombinationen übermittelt.
182b. Einem Anspruch der Kläger steht auch das Medienprivileg nach § 41 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 57 des Rundfunkstaatsvertrages nicht entgegen. Denn diese Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient, die Daten also ausschließlich für eigene journalistisch-redaktionelle oder literarische Zwecke bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Selbst die Beklagte zu 1) macht vorliegend nicht geltend, dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung der Ergebnisliste erfolgt.
183c. Ein Unterlassungsanspruch der Kläger scheitert jedoch daran, dass die geschäftsmäßige Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG und deren Übermittlung an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig ist.
184aa. Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand, so gilt § 29 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 15).
185Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend § 29 BDSG anzuwenden. Denn unmittelbarer Zweck der Suchmaschine der Beklagten zu 1) und mithin Gegenstand ihrer Tätigkeit ist es, den Nutzern die im Internet recherchierten und auf den Servern gespeicherten (personenbezogenen) Daten zu übermitteln. Weil diese Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auch auf Dauer angelegt ist, erfolgen Datenerhebung und Datenspeicherung auch geschäftsmäßig (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 29 BSDG Rn. 108). Zwar hat die Beklagte zu 1) in Deutschland mit den Beklagten zu 2) eine Tochtergesellschaft gegründet, deren Geschäftszweck darin besteht, Werbeflächen auf der Internetseite www.H.com zu vermarkten, auf denen Unternehmen für ihre Waren oder Dienstleistungen Werbeanzeigen einbetten können, die mit den vom Nutzer eingegebenen Suchwörtern verknüpft sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte zu 1) im Sinne von § 28 BDSG die Daten als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erhebt bzw. übermittelt. Denn durch die gleichzeitige Ermöglichung von Werbeeinnahmen wird die Verwendung von Daten noch nicht zum Hilfsmittel für die Erfüllung geschäftlicher, beruflicher oder gewerblicher Zwecke (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 22). Vielmehr sind die im Internet von der Beklagten zu 1) recherchierten Informationen, die teilweise auch personenbezogene Daten enthalten, die eigentliche „Ware“, mit deren Übermittlung an die Nutzer – zur leichteren Auffindbarkeit der von diesen nachgesuchten Informationen – die Beklagte zu 1) Geld zu verdienen versucht. Dass zur Finanzierung der Website auch Werbeanzeigen verbreitet werden, ist dagegen nicht Zweck der Datenerhebung.
186bb. Die Beklagte zu 1) durfte die personenbezogenen Daten der Kläger nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zum Zwecke der Übermittlung erheben. Denn diese Daten konnten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden und das schutzwürdige Interesse der Kläger am Ausschluss dieser Erhebung überwiegt nicht offensichtlich.
187Die Beklagte zu 1) hat die Daten der Kläger aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Allgemein zugänglich sind solche Quellen, die sich nach ihrer technischen Ausgestaltung und Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 152). Dazu zählen nicht nur Angaben in Massenmedien wie Zeitung, Rundfunk oder Fernsehen, sondern auch Daten auf Internetseiten, CD-ROM-Dateien, Lexika, Adressen- und Telefonverzeichnissen etc. (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 151 m.w.N.). Insofern kann sich die Beklagte zu 1) schon deshalb auf die grundsätzliche Zulässigkeit ihrer Datenerhebung berufen, weil die von ihr erhobenen Daten der Kläger, wie sie den streitgegenständlichen Treffern der Ergebnisliste zugrunde liegen, ausschließlich von Internetseiten stammen.
188Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt sich auch nicht, dass das schutzwürdige Interesse der Kläger am Ausschluss der Datenerhebung offensichtlich überwiegt. Die Beklagte zu 1) sammelt im Internet – abhängig von den durch die Nutzer eingegebenen Suchbegriffen – solche Seiten, die dem Inhalt der Suchanfrage entsprechen und damit „Treffer“ darstellen. Im Rahmen dieser Erhebung der Daten wird zwar nicht geprüft, ob die jeweiligen Links zu einer Seite mit möglicherweise persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten führen. Die Beklagte zu 1) ist zu einer solchen Prüfung aber auch nicht verpflichtet, weil sie entsprechend den obigen Ausführungen allenfalls reaktiven Prüfpflichten unterliegt, die erst nach einer entsprechenden Inkenntnissetzung durch den Betroffenen einsetzen.
189cc. Die Beklagte zu 1) ist auch berechtigt, die damit zulässigerweise erhobenen personenbezogenen Daten der Kläger gemäß § 29 Abs. 2 BDSG in Form von Ergebnislisten an die Nutzer zu übermitteln, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
190(1) Soweit die Zulässigkeit der Datenübermittlung § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG grundsätzlich daran gebunden ist, dass der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt, steht zwar fest, dass die Nutzer einer Suchmaschine im Rahmen ihrer Suchworteingabe weder ein berechtigtes Interesse darlegen noch dieses glaubhaft machen können. Jedoch ist § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG im Hinblick auf diese Anforderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfassungskonform auszulegen, um das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328).
191(a) Im Falle der Übermittlung von Daten durch ein Bewertungsportal hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung darauf abgestellt, dass der durch den Portalbetreiber organisierte Informationsaustausch bei Einführung des § 29 BDSG am 1.6.1991 weder technisch möglich noch vorhersehbar gewesen sei. Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führe mithin die wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 4 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit, da das Recht der Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Würde man jedoch die Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Meinungsforum im Internet nur für zulässig erachten, sofern dabei keine persönliche Daten übermittelt würden, dann würden Meinungs- und Informationsfreiheit mangels Einwilligung des Betroffenen auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt. Auch wenn sich Bewertungsportale naturgemäß in einem Spannungsfeld bewegten, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten habe, seien Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig seien (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91, NJW 2001, 503). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer müsse deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden.
192(b) Diese Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind auf Datenabfragen des Nutzers einer Suchmaschine zu übertragen. Auch wenn die Beklagte zu 1) vorliegend kein Portal betreibt, welches dem Meinungsaustausch dient, sondern im Internet Informationen sammelt und indexiert, um sie den Nutzern in Abstimmung mit den von diesen eingegebenen Suchwörtern zur Verfügung zu stellen, ist zu konstatieren, dass ohne die Hilfestellung einer solchen Suchmaschine das Internet aufgrund der nicht mehr übersehbaren Flut von Daten für den Einzelnen nicht sinnvoll nutzbar wäre. Letztlich ist damit die Nutzung des Internet insgesamt auf die Existenz und Verfügbarkeit von Suchmaschinen angewiesen. Auch wenn die Beklagte zu 1) also nicht den Meinungsaustausch über ein konkretes Thema im Rahmen eines Portals sicherstellt, muss die Nutzung ihrer Suchmaschine in gleicher Weise Schutz in Form einer verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG genießen. Denn sie dient dem schutzwürdigen Interesse des Einzelnen, sich im Internet durch Eingabe selbst gewählter Suchwörter schnell und umfassend über bestimmte Themen zu informieren und die dazu maßgeblichen Seiten mittels der Ergebnislisten der Beklagten zu 1) überhaupt bzw. schneller auffinden zu können.
193(c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass die Zulässigkeit der Datenübermittlung durch die Beklagte zu 1) an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nicht daran scheitert, dass die Nutzer im Zeitpunkt der Suchworteingabe kein berechtigtes Interesse an dem Inhalt ihrer Suche dargelegt und glaubhaft gemacht haben. Vielmehr kommt es im Rahmen der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung darauf an, zu welchem Ergebnis eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen einerseits mit dem Informationsinteresse der Nutzer und dem Übermittlungsinteresse des Suchmaschinenbetreibers andererseits führt.
194(2) Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabes kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass schutzwürdige Interessen der Kläger einer Übermittlung ihrer über die Links nachgewiesenen Daten durch die Beklagte zu 1) an die anfragenden Nutzer überwiegen. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können zwar unter anderem in der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte liegen. Bietet jedoch die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig. Dabei ist die Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Kläger in Form ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten zu 1) sowie dem von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten Recht auf Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer und der Blog-Autoren nach Art. 5 Abs. 1 GG zugunsten der Beklagten zu 1) zu entscheiden. Denn wie bereits oben dargelegt, sind die Darlegungen der Kläger nicht ausreichend, um von der Unwahrheit der behaupteten Tatsache – der Kläger zu 2) sei Betreiber des Forums G2.INFO bzw. verantwortlich für dessen Inhalte – und damit von der Einordnung der betreffenden Meinungsäußerungen als unzulässig, weil auf unwahrer Tatsachengrundlage erfolgt, auszugehen.
1954. Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 1) auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung, so dass ihre diesbezügliche Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ebenfalls ohne Erfolg bleibt. Denn da der Beklagten zu 1) mangels Verletzung von Prüfpflichten schon keine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Kläger zur Last gelegt werden kann, scheitert ein Anspruch auf Geldentschädigung, der – neben anderen Voraussetzungen – einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemein Persönlichkeitsrecht des Betroffenen voraussetzt, von vornherein aus.
1965. Ebenso steht den Klägern der mit den Antrag zu 3) geltend gemachte Anspruch auf Einrichtung eines Suchfilters, der die Trefferliste automatisch nach bestimmten, im Antrag angegebenen Begriffskombinationen absucht, gegen die Beklagte zu 1) nicht zu. Denn insoweit fehlt es schon an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage.
197a. Wie bereits oben ausgeführt, bewegt sich die Beklagte zu 1) mit ihrem Geschäftsmodell einer Internet-Suchmaschine grundsätzlich im Rahmen einer erlaubten wirtschaftlichen Tätigkeit. Ihre Haftung für den Nachweis von Seiten mit persönlichkeitsrechtsverletzendem Inhalt gegenüber dem Betroffenen kommt nur dann in Betracht, wenn sie die ihr obliegenden Prüfpflichten nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Ist eine solche Prüfung jedoch nur dann zumutbar, wenn der Betroffene die Beklagte zu 1) vorher über die konkrete Art der Verletzung unter Angabe der Links und Darlegung der offensichtlich vorliegenden Rechtsverletzung hingewiesen hat, dann scheidet schon aus diesem Grunde ein Anspruch dahingehend aus, die Beklagte zu 1) zu einem aktiven Handeln, nämlich der Entwicklung und dem Einsatz eines Filterprogramms zu verpflichten, welches die vermeintlichen Rechtsverstöße erst aufdecken soll. Letztlich soll damit – wie auch die Kläger einräumen – die eigentlich dem Betroffenen obliegende Pflicht der Nachforschung und Inkenntnissetzung auf den Betreiber der Suchmaschine verlagert werden. Die Beklagte zu 1) steht als Betreiberin der Suchmaschine allerdings nicht „näher“ zu den bzw. „mehr im Lager“ derjenigen Dritten, die rechtsverletzende Inhalte im Internet veröffentlichen, als der Betroffene selbst, so dass insofern nicht zu rechtfertigen ist, dass die Beklagte zu 1) den Klägern die Recherchetätigkeit abnehmen und sich sodann gleichsam selbst hinsichtlich der betreffenden Rechtsverstöße in Kenntnis setzen soll, auch wenn ihr dies aufgrund der besseren technischen Voraussetzungen gegebenenfalls einfacher möglich sein sollte als den Klägern.
198b. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Auskunft über die Identität des Verfassers vermeintlich inkriminierender Äußerungen zu. Der allgemeine Auskunftsanspruch nach §§ 242, 259, 260 BGB besteht zwar grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (vgl. dazu OLG Dresden, Urt. v. 8.2.2012 – 4 U 1850/11, juris Rn. 12 zur Auskunft eines Blog-Betreibers über die Identität eines Blog-Verfassers). Darauf können sich die Kläger im vorliegenden Fall aber schon deshalb nicht berufen, weil sie zu der Beklagten zu 1) vor Inkenntnissetzung von einer Rechtsverletzung in keinem Rechtsverhältnis stehen. Auch verfügt die Beklagte zu 1), anders als ggf. ein Blog-Betreiber, im Regelfall über weder über Namen noch Anschriften der Autoren oder Seiteninhaber, da sie auch zu diesen in keiner vertraglichen oder sonstigen rechtlichen Beziehung steht. Für das anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmal des Auskunftsanspruches nach § 242 BGB, dass der Verpflichtete unschwer zur Auskunft in der Lage ist, tragen die Kläger die Beweislast und haben vorliegend nicht einmal behauptet – geschweige denn unter Beweis gestellt – dass der Beklagten zu 1) die Identität der Verfasser der inkriminierenden Beiträge bekannt wäre.
1996. Mangels Anspruchsgrundlage zur Einrichtung eines Filters kann damit auch der hilfsweise gestellte Antrag zu 13) keinen Erfolg haben. Daneben scheidet auch ein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten – sei es aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder als Schadensersatzanspruch – vorliegend aus, weil die Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der Anwaltsbeauftragung nicht zur Unterlassung der ihr von den Klägern zur Kenntnis gebrachten Rechtsverletzungen verpflichtet war. Insofern haben die Kläger im hier maßgeblichen Zeitpunkt weder ein Geschäft der Beklagten zu 1) geführt noch ist kausal durch eine unterlassungspflichtige Handlung der Beklagten zu 1) ein Schaden durch Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entstanden. Da die Beklagte zu 1) nicht ab demjenigen Zeitpunkt auf Unterlassung haftet, in welchem sie den betreffenden Link gegenüber den Nutzern nachweist, sondern erst ab demjenigen Zeitpunkt, in dem sie trotz ordnungsgemäßer Inkenntnissetzung und Verstreichen einer angemessenen Prüffrist keine Sperrung vornimmt, liegt der Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts durch die Kläger vor demjenigen der vermeintlichen Verletzung von Prüfpflichten. Im Hinblick darauf kann offen bleiben, ob ein solcher Zahlungsanspruch auch wegen der Haftungsprivilegierungen in §§ 8 ff. TMG ausgeschlossen ist.
2007. Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 27.9.2016 und 12.10.2016 sowie der Kläger im Schriftsatz vom 7.10.2016 gaben zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass.
2018. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO. Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage der Haftung eines Suchmaschinenbetreibers im Hinblick auf die auf einer Ergebnisliste aufgeführten Links und die damit auffindbaren Inhalte höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.
202Berufungsstreitwert: 280.000 Euro
203Berufung Kläger: 175.000 Euro
204(105.000 Euro Teilunterliegen bzgl. Unterlassung, 30.000 Euro Suchfilter, Auskunft und Hilfsantrag, 40.000 Euro Entschädigung)
205Anschlussberufung Bekl. zu 1): 105.000 Euro
206(Teilunterliegen bzgl. Unterlassung)
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
- 1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder - 2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Im Sinne dieses Gesetzes
- 1.
ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt, - 2.
ist niedergelassener Diensteanbieter jeder Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig anbietet oder erbringt; der Standort der technischen Einrichtung allein begründet keine Niederlassung des Anbieters, - 2a.
ist drahtloses lokales Netzwerk ein Drahtloszugangssystem mit geringer Leistung und geringer Reichweite sowie mit geringem Störungsrisiko für weitere, von anderen Nutzern in unmittelbarer Nähe installierte Systeme dieser Art, welches nicht exklusive Grundfrequenzen nutzt, - 3.
ist Nutzer jede natürliche oder juristische Person, die Telemedien nutzt, insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu machen, - 4.
sind Verteildienste Telemedien, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Anzahl von Nutzern erbracht werden, - 5.
ist kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt; die Übermittlung der folgenden Angaben stellt als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar: - a)
Angaben, die unmittelbaren Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens oder der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name oder eine Adresse der elektronischen Post, - b)
Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden; dies umfasst auch solche unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung oder sonstige Vorteile von natürlichen Personen gemachten Angaben, die eine unmittelbare Verbindung zu einem Nutzerkonto von weiteren natürlichen Personen bei Diensteanbietern ermöglichen,
- 6.
sind audiovisuelle Mediendienste - a)
audiovisuelle Mediendienste auf Abruf und - b)
die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation,
- 7.
ist audiovisueller Mediendiensteanbieter ein Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten, - 8.
sind audiovisuelle Mediendienste auf Abruf nichtlineare audiovisuelle Mediendienste, bei denen der Hauptzweck des Dienstes oder eines trennbaren Teils des Dienstes darin besteht, unter der redaktionellen Verantwortung eines audiovisuellen Mediendiensteanbieters der Allgemeinheit Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung zum individuellen Abruf zu einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt bereitzustellen, - 9.
ist audiovisuelle kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation mit Bildern mit oder ohne Ton, die einer Sendung oder einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder gegen eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten ist, wenn die Kommunikation der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder der Förderung des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dient, einschließlich Sponsoring und Produktplatzierung, - 10.
sind Videosharingplattform-Dienste - a)
Telemedien, bei denen der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos, für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit bereitzustellen, wobei der Diensteanbieter die Organisation der Sendungen und der nutzergenerierten Videos, auch mit automatischen Mitteln, bestimmt, - b)
trennbare Teile von Telemedien, wenn für den trennbaren Teil der in Buchstabe a genannte Hauptzweck vorliegt,
- 11.
ist Videosharingplattform-Anbieter ein Diensteanbieter, der Videosharingplattform-Dienste betreibt, - 12.
ist redaktionelle Verantwortung die Ausübung einer wirksamen Kontrolle hinsichtlich der Zusammenstellung der Sendungen und ihrer Bereitstellung mittels eines Katalogs, - 13.
ist Sendung eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge Einzelbestandteil eines von einem Diensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist, - 14.
ist nutzergeneriertes Video eine von einem Nutzer erstellte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge einen Einzelbestandteil darstellt und die von diesem oder einem anderen Nutzer auf einen Videosharingplattform-Dienst hochgeladen wird, - 15.
ist Mitgliedstaat jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union und jeder andere Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, für den die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1; L 263 vom 6.10.2010, S. 15), die durch die Richtlinie (EU) 2018/1808 (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 69) geändert worden ist, gilt, - 16.
ist Drittstaat jeder Staat, der nicht Mitgliedstaat ist, - 17.
ist Mutterunternehmen ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen kontrolliert, - 18.
ist Tochterunternehmen ein Unternehmen, das unmittelbar oder mittelbar von einem Mutterunternehmen kontrolliert wird, - 19.
ist Gruppe die Gesamtheit von Mutterunternehmen, allen seinen Tochterunternehmen und allen anderen mit dem Mutterunternehmen und seinen Tochterunternehmen wirtschaftlich und rechtlich verbundenen Unternehmen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet über ein "Network -Marketing-System" Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine inte- griert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
- 2
- Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
- 3
- Die Kläger haben zunächst im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung vom 12. Mai 2010 erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Nach der Zustellung der Beschlussverfügung an die damalige administrative Ansprechpartnerin der Beklagten in Deutschland am 27. Mai 2010 erschienen die beanstandeten Ergänzungsvorschläge nicht mehr. Die Beklagte hat eine Abschlusserklärung verweigert. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren verlangen die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsbegehren hinaus Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht (Urteil veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 m. Anm. Seitz) hat sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht. Es hat jedoch die Klage nicht als begründet erachtet, weil den automatisierten Suchergänzungsvorschlägen in der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2 kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Die angezeigten Suchergänzungsbegriffe "R.S. Scientology" und "R.S. Betrug" enthielten keine (eigene) Aussage der Beklagten mit dem Inhalt, dass R.S. Mitglied bei Scientology sei oder dieser Sekte zumindest positiv gegenüberstehe oder Täter oder Teilnehmer eines Betruges sei. Es begegne bereits Zweifeln, ob den Begriffskombinationen überhaupt eine solche Konnotation bzw. ein insofern aus sich heraus verständlicher Sinngehalt beigemessen werden könne. Letztlich könne dies indessen offenbleiben, da es nach dem Erfahrungshorizont der Nutzer der Suchmaschine der Beklagten fernliege, die streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe als Äußerungen zu verstehen, mit denen inhaltliche Bezüge zwischen dem eingegebenen Suchbegriff und den dazu angezeigten Ergänzungsvorschlägen durch die Beklagte hergestellt würden. Eine hiervon abweichende Würdigung ergebe sich weder aus den von den Klägern vorgebrachten Manipu- lationsversuchen noch aus Presseberichterstattungen über ähnliche Vorgänge noch aus den Ergebnissen der von den Klägern zur Akte gereichten Verkehrsbefragung. Ein Anlass für die von den Klägern beantragte Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens bestehe nicht, da die Mitglieder des erkennenden Senats zu dem angesprochenen Adressatenkreis, nämlich dem unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten der streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe, gehörten. Aus Sicht eines solchen Durchschnittsrezipienten lasse sich der Anzeige der Ergänzungssuchbegriffe lediglich die eigene Aussage der Suchmaschine der Beklagten entnehmen , dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben hätten oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten jeweils als solche auffinden ließen. Diese Aussage sei wahr und daher von den Klägern hinzunehmen.
II.
- 5
- Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht die Klage für zulässig erachtet.
- 7
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in entsprechender Anwendung des § 32 ZPO bejaht. Zwar genügt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nicht, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Interessen im Inland hat; erforderlich ist vielmehr, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben, da eine Kenntnisnahme der beanstandeten Suchergänzungsvorschläge im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall wäre und die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme der Suchergänzungsvorschläge auch im Inland eintreten würde. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit entsprechend § 39 ZPO auch aufgrund rügeloser Einlassung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
- 8
- b) Das Berufungsgericht hat den - auch die alternative Verwendung der streitgegenständlichen Ergänzungsbegriffe umfassenden - Unterlassungsantrag für hinreichend bestimmt angesehen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
- 9
- 2. Die Begründetheit der Klage kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht verneint werden.
- 10
- a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus uner- laubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Streitfall Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier wird die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers zu 2 bzw. der Klägerin zu 1 mit Sitz in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 31 - auch zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-Verordnung (Rn. 22) und zu § 3 TMG als sachlichrechtliches Beschränkungsverbot (Rn. 30)).
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Artt. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
- 12
- aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beinhalten die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein verletzender Aussagegehalt innewohnt.
- 13
- (1) Der mit dem Begriff "Scientology" in Verbindung mit dem Namen einer real existierenden Person zum Ausdruck gebrachte Sinngehalt lässt sich - wie schon das Berufungsgericht in Betracht gezogen hat - hinreichend dahin spezifizieren, dass zwischen dieser Sekte, zu der im Verkehr nicht zuletzt durch eine vorangegangene Medienberichterstattung konkrete Vorstellungen existieren , und der namentlich erwähnten Person eine Verbindung besteht. Diese Verbindung ist geeignet, eine aus sich heraus aussagekräftige Vorstellung hervorzurufen.
- 14
- (2) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es dem Begriff des Betrugs eine inhaltliche Aussagekraft mit der Begründung absprechen will, dass mit diesem Begriff ein vielfältiges, unspezifisches Bedeutungsspektrum verbunden sei. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266, 295). Zwar mag es zutreffen, dass von einem durchschnittlichen Internetnutzer unter "Betrug" nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes verstanden werden muss. Jedoch verbindet der Durchschnittsleser mit der Verwendung diesesBegriffes zumindest ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen und verleiht ihm damit einen hinreichend konkreten Aussagegehalt (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42).
- 15
- (3) Das Berufungsgericht hat den von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen lediglich die Aussage entnommen, dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben haben oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten auffinden lassen (vgl. auch Härting K & R 2012, 633; Heckmann AnwZert ITR 18/2012 Anm. 1; Brosch AnwZert ITR 20/2012 Anm. 2; a.A. Weltig MMR 2011 Nr. 12 V f.; Seitz ZUM 2012, 994, 995 f.; s. auch Meyer K & R 2013, 221, 225 f. mwN auch zur Rechtsprechung ausländischer Gerichte ). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
- 16
- Der mittels der Suchmaschine der Beklagten nach Informationen forschende Internetnutzer erwartet von den ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem "Ozean von Daten" werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten nicht x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig "Treffer" liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein - und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen - auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt. Das algorithmusgesteuerte Suchprogramm bezieht die schon gestellten Suchanfragen ein und präsentiert dem Internetnutzer als Ergänzungsvorschläge die Wortkombinationen, die zu dem fraglichen Suchbegriff am häufigsten eingegeben worden waren. Das geschieht in der - in der Praxis oft bestätigten - Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen - je häufiger desto eher - dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln. Diese Erwartung hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Aussagegehalts der von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschläge nicht berücksichtigt. Sie führt im Streitfall dazu, dass den bei Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers zu 2 "automatisch" angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen "r. s. scientology" und "r. s. betrug" die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger zu 2 und den - negativ konnotierten - Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang.
- 17
- bb) Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Beklagten und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Beklagten im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr.
- 18
- c) Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet.
- 19
- aa) Zwar ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit.
- 20
- Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen - mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB - verantwortlich ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 13 f. s. auch Heckmann , aaO; a.A. Brosch, aaO). Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen , sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autocomplete-Hilfsprogramms dem Nutzer ihrer InternetSuchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen "eigenen" Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, für die der Diensteanbieter gemäß §§ 8 bis 10 TMG nur eingeschränkt verantwortlich ist.
- 21
- bb) Es bedarf aber wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Se- natsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 20 ff. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II und vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
- 22
- cc) Danach sind das Interesse der Kläger am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte einerseits und die durch Artt. 2, 5 Abs. 1 und 14 GG geschützten Interessen der Beklagten auf Meinungs- und wirtschaftliche Handlungsfreiheit andererseits abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Suchmaschinenfunktion zwar in ihrem eigenen geschäftlichen Interesse in der beschriebenen Weise betreibt, um Nutzer wegen der Effektivität der Suche an sich zu binden. Doch ziehen die Nutzer ihrerseits daraus den Vorteil einer begriffsorientierten Suche nach Daten und Informationen. Auch die Kläger wenden sich nicht dagegen, dass mittels der Suchmaschine persönliche Daten, wie der Name des Klägers zu 2 und sein Bezug zur Klägerin zu 1, aufgefunden werden können. Auf Seiten der Kläger ist für die Abwägung entscheidend, dass die verknüpften Begriffe einen unwahren Aussagegehalt haben, weil der Kläger zu 2 - wovon nach dem Vortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen ist - weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht. Äußerungen von unwahren Tatsachen müssen nicht hingenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, VersR 2013, 63, Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39).
- 23
- d) Ist mithin nach den vorstehenden Grundsätzen davon auszugehen, dass die beanstandeten Suchwortergänzungsvorschläge das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen, kann eine Haftung der Beklagten als Störerin nicht von vornherein verneint werden.
- 24
- aa) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 13, vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO mwN; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff.; Diederichsen, FS Müller, 2009 S. 507, 523).
- 25
- bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte deshalb uneingeschränkt und unabhängig von Zumutbarkeitsgesichtspunkten haftet. Denn nach den besonderen Umständen des Streitfalles liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen.
- 26
- (1) Das Entwickeln und die Verwendung der die Suchvorschläge erarbeitenden Software ist der Beklagten nicht vorzuwerfen; hierbei handelt es sich vielmehr um eine durch Artt. 2, 14 GG geschützte wirtschaftliche Tätigkeit. Das Suchmaschinenangebot der Beklagten zielt auch nicht von vornherein auf eine Rechtsverletzung durch eine gegen eine bestimmte Person gerichtete unwahre Tatsachenbehauptung ab. Nur durch das Hinzutreten eines bestimmten Nutzerverhaltens können ehrverletzende Begriffsverbindungen entstehen. Die Tätigkeit der Beklagten ist andererseits aber nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Art (anders liegen die Fälle: Google France/Louis Vuitton EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, NJW 2010, 2029 Rn. 114 und BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder - jeweils zum Hostprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie ist nicht ausschließlich beschränkt auf die Bereitstellung von Informationen für den Zugriff durch Dritte. Die Beklagte verarbeitet vielmehr die Abfragedaten der Nutzer in einem eigenen Programm, das Begriffsverbindungen bildet. Für deren Angebot in Form eigener Suchvorschläge ist die Beklagte grundsätzlich aufgrund der ihr zuzurechnenden Erarbeitung verantwortlich. Der Beklagten kann deshalb grundsätzlich nur vorgeworfen werden , keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
- 27
- (2) Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt.
- 28
- Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist (Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 120). Ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 108 f.).
- 29
- Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine mit entsprechender Hilfsfunktion ist daher ebenso wie bei der Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 38; vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, NJW 1997, 2180, 2181 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I, vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff., jeweils mwN).
- 30
- Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet , die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer InternetSuchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
- 31
- 3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, VersR 2012, 630 Rn. 15 mwN) - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
LG Köln, Entscheidung vom 19.10.2011 - 28 O 116/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.05.2012 - 15 U 199/11 -
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
- 1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder - 2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht einen Anspruch auf Unterlassung unwahrer Äußerungen geltend, die Teil eines Beitrags waren, der ab 12. Juni 2007 im Internet abrufbar war. Die Beklagte verlegt das Nachrichtenmagazin "Focus". Sie ist als Inhaber der Domain "focus.de" eingetragen, welche die Tomorrow Focus AG gepachtet hat. Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" ist unter der Adresse http://www.focus.de erreichbar.
- 2
- Im Impressum dieser Internetseite heißt es: "FOCUS ONLINE ist ein Angebot der TOMORROW FOCUS AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des FOCUS-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch die FOCUS Magazin Verlag GmbH". Artikel, die in dem genannten Magazin erscheinen, sind unter www.focus.de/magazin abrufbar.
- 3
- Der Artikel, der Gegenstand der Klage ist, wurde von einer Journalistin verfasst, die bei dem von der Beklagten verlegten Magazin tätig ist. Er stand jedoch nicht in dem Magazin und wurde nicht unter www.focus.de/magazin, sondern im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG veröffentlicht.
- 4
- Die Beklagte erlangte durch Abmahnschreiben des Klägers vom 24. und 27. August 2007 Kenntnis von dem Beitrag. Sie leitete die Schreiben an die Tomorrow Focus AG weiter. Diese löschte den Beitrag und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, was die Beklagte verweigerte.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der der Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten erstrebt.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte weder als Täter noch als Störer für den Inhalt der Äußerungen. Eine Täterhaftung als Verbreiterin komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Beitrag nicht selbst ins Netz gestellt und von ihm keine Kenntnis gehabt habe. Sie müsse für die Verfasserin nicht einstehen, weil diese zwar bei ihr beschäftigt, aber in Bezug auf den Beitrag nur für die Tomorrow Focus AG tätig gewesen sei.
- 7
- Die Beklagte hafte auch nicht deshalb für den Inhalt aller Beiträge auf der Internetseite www.focus.de, weil sich auf der Titelseite des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins ein Hinweis auf die Domain "focus.de" befinde. Dieser Hinweis erleichtere zwar dem Leser des Magazins das Auffinden der Website, mit ihm mache sich jedoch die Beklagte nicht deren Inhalt zu eigen, auch wenn die Beklagte und die Tomorrow Focus AG mit personellen Überschneidungen dem gleichen Konzern angehörten.
- 8
- Zwar erbringe die Beklagte mit der Überlassung der Domain einen wesentlichen Beitrag zur Nutzung der Internetseite und komme somit als Störerin in Betracht. Sie habe die Möglichkeit, sich vertraglich Einfluss auf den Inhalt der Internetseite vorzubehalten oder durch Aufgabe der Domain oder Dekonnektierung des Access-Providers den Internetauftritt von der Domain zu trennen. Ihre Haftung setze aber die zusätzliche Verletzung von Pflichten voraus. Sie müsse nach Hinweis die Unterbindung des Beitrags veranlassen und Vorsorge treffen, dass es zu keinen erneuten Eingriffen in Rechte des Klägers komme. Eine weitergehende Prüfungs- und Überwachungspflicht bestehe nur, wenn sie konkret mit solchen Eingriffen rechnen müsse. Das sei nicht der Fall gewesen. Da sie unverzüglich die Löschung des Beitrages bewirkt habe, hafte sie nicht.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung.
- 10
- Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich unabhängig davon, ob die Beklagte Diensteanbieter gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG ist, nicht aus den Vorschriften über die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern im Telemediengesetz (TMG). Die §§ 7 bis 10 TMG weisen nämlich keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten keine Anspruchsgrundlagen, sondern setzen eine Verantwortlichkeit nach allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (Senat, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - VersR 2007, 1004 sowie BGHZ 158, 236, 246 ff.; 172, 119, 126). Eine nach den allgemeinen Vorschriften mögliche Haftung entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
- 11
- 1. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die vom Kläger angegriffenen Äußerungen unwahr sind und in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen. Das rügen die Parteien im Revisionsverfahren nicht.
- 12
- 2. Davon ausgehend kann eine Störereigenschaft der Beklagten hinsichtlich eines eventuellen Unterlassungsanspruchs wegen ihres Beitrags zur Verbreitung der beanstandeten Äußerung im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG nicht von vornherein verneint werden. Soweit die Revision meint, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe die Beklagte das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht nur als Störerin sondern als Täterin verletzt , kommt es auf eine solche Unterscheidung bei dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht an.
- 13
- a) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - GRUR 1977, 114, 115; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften , der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - aaO m.w.N.). Deshalb kann etwa im Presserecht der Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Autor und Verleger gerichtet werden (vgl. BGHZ 3, 270, 275 f.; 14, 163, 173 ff.), sondern auch gegen so genannte technische Verbreiter, wie Grossisten, Inhaber von Vertriebsstellen oder Buchhandlungen (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; Beater, Medienrecht [2007], Rn. 1927 ff.).
- 14
- Soweit in der neueren Rechtsprechung eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Institut der Störerhaftung zum Ausdruck kommt und erwogen wird, die Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch allein nach deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme zu begründen (vgl. BGHZ 155, 189, 194 f.; 173, 188, 194 ff.; BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00 - GRUR 2003, 969, 970), betrifft dies Fälle, in denen anders als beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht (BGHZ 158, 236, 251; 172, 119, 132; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; KG, MMR 2006, 393, 394; Spind- ler/Weber in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien [2008], § 1004 BGB Rn. 10).
- 15
- b) Die Beklagte hat dadurch zur Verbreitung der Äußerungen beigetragen , dass sie die Nutzung ihrer Domain "focus.de" vertraglich der Tomorrow Focus AG überlassen hat (Domainpacht, vgl. Kilian/Heussen-Koch, Computerrechtshandbuch , Stand: 26. Lfg. 2008, Kap. 24 Rn. 276 ff.; Förster in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, Stand: 22. Lfg. 2009, Kap. 7-A, Teil 3.1 Rn. 1 ff.; Seifert, Das Recht der Domainnamen [2003], Kap. 10 Rn. 14 ff.). Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" konnte dadurch unter der den Domainnamen enthaltenden Adresse http://www.focus.de aufgerufen werden, was die praktische Nutzung erleichtert (zur Abgrenzung von Domain und Website vgl. OGH, MMR 2006, 669, 670).
- 16
- Ebenso wie der Vermieter neben dem Mieter kann auch der Verpächter neben dem Pächter grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 95, 307, 308; 129, 329, 335; BGH, Urteil vom 11. November 1966 - V ZR 191/63 - NJW 1967, 246; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 18). Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte als Domaininhaberin mit dem Betreiber der mit der verpachteten Domain verknüpften Website vertraglich verbunden ist und die Möglichkeit hat, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung den Einfluss auf die Internetseite vorzubehalten und diesen Einfluss im Falle der Verletzung der Rechte Dritter auszuüben, wie im Streitfall geschehen. Außerdem hat es darauf verwiesen, dass im äußersten Fall die Möglichkeit der Trennung von Domain und Website bestehe (vgl. Kilian /Heussen-Koch, aaO, Kap. 24 Rn. 317, 334).
- 17
- c) Der weite Kreis der als Verbreiter möglicherweise auf Unterlassung Haftenden erfährt durch das TMG keine Begrenzung. Haftungsbeschränkungen wie § 10 TMG, die eine Art "Filterfunktion" haben (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23), gelten nicht für Unterlassungsansprüche (Senat, Urteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO, 1004 f. sowie BGHZ 172, 119, 126; so schon zum TDG BGHZ 158, 236, 246 ff.).
- 18
- 3. a) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Frage nach der Zumutbarkeit der begehrten Unterlassung stellt (vgl. Senat, BGHZ 106, 229, 235; Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116). Die Störerhaftung darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst den Eingriff vorgenommen haben. Die Haftung des Störers setzt deshalb das Bestehen so genannter Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, BGHZ 158, 236, 251; 158, 343, 350; 172, 119, 131 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; Wegner in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts [2008], § 32 Rn. 26 ff.; v. Hutten in Götting/Schertz/Seitz, aaO, § 47 Rn. 62). Dabei können Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch genommenen Dritten und die Eigenverantwortung des unmittelbar Handelnden eine Rolle spielen (BGHZ 148, 13, 18 f.; 158, 343, 350; vgl. auch Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1, 8 ff.).
- 19
- b) Die Revision meint zu Unrecht, diese Grundsätze fänden keine Anwendung , weil die Beklagte sich die angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht habe. Sie sei deshalb kein mittelbarer, sondern unmittelbarer Störer (vgl. Spindler/Volkmann, WRP 2008, 1) und Diensteanbieter eigener Informationen gemäß § 7 Abs. 1 TMG (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23; Heckmann in juris PKInternetrecht , Kap. 1.7 Rn. 11 ff.; Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., B Rn. 1141 ff. und 1282; Roggenkamp, jurisPR-ITR 10/2008 Anm. 4). Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung aber nur zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert, so dass sie als seine eigene erscheint. Bei der Bejahung einer solchen Identifikation mit der Äußerung eines Anderen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. Senat, BGHZ 66, 182, 189 f.). Die Beklagte macht sich Äußerungen, die unter http://www.focus.de abrufbar sind, nicht schon durch Verpachtung der Domain oder alleine dadurch zu Eigen, dass auf dem Titelblatt des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" die Domain wiedergegeben wird (anders OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 82, 84). Dieser Hinweis soll vielmehr dem Leser des Nachrichtenmagazins aufzeigen, unter welcher Domain er im Magazin erschienene Artikel im Internet aufrufen kann, nämlich unter www.focus.de/magazin, worauf im Impressum der Internetseite hingewiesen wird.
- 20
- 4. Die entscheidungserhebliche Frage nach der Zumutbarkeit von Prüfungspflichten hat das Berufungsgericht zutreffend beantwortet.
- 21
- a) Der Beklagten ist als Domainverpächterin nicht zuzumuten, die Website ihres Pächters allgemein dahingehend zu prüfen, ob sie Äußerungen enthält, die das Persönlichkeitsrecht anderer verletzen. Demgemäß trifft den (bloßen) Inhaber der Domain grundsätzlich keine Haftung für Rechtsverletzungen, die durch den Inhalt der Website begangen werden (ebenso OGH, MMR 2006, 669 f.).
- 22
- aa) Allgemeine Prüfungspflichten hat der Bundesgerichtshof für den Alleinimporteur einer ausländischen Zeitschrift in Bezug auf dort abgedruckte, das Persönlichkeitsrecht Dritter verletzende Beiträge verneint (Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116), ebenso für den Spediteur in Bezug auf verletzende Kennzeichnungen der von ihm verbreiteten Waren (BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 - I ZR 56/55 - GRUR 1957, 352, 354) oder für den Betreiber eines Internetauktionshauses in Bezug auf Angebote von Nutzern, die Mar- kenrechte verletzen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.; 172, 119, 133 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - aaO).
- 23
- Entsprechendes gilt für die Beklagte als Domainverpächterin, jedenfalls dann, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für (drohende) Rechtsverletzungen hat. Letzteres bejaht die Revision zwar mit der Erwägung, der Nachrichtendienst "Focus Online" stelle eine "Gefahrenquelle" dar, weil es durch die Medien immer wieder zu Verletzungen des Persönlichkeitsrechts komme. Diese allgemeine Erwägung begründet aber keine konkreten Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Zumutbarkeit von Prüfungspflichten zu bejahen. Nicht zu überzeugen vermag der Einwand, es gehe nicht um die vom Bundesgerichtshof als unzumutbar abgelehnte Prüfung von Angeboten, die eine Vielzahl von Nutzern eines Internetauktionsdienstes auf dessen Website einstellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.), sondern nur um die Prüfung von Beiträgen des Pächters der Domain. Für die Unzumutbarkeit spricht hier die Anzahl der zu überprüfenden Beiträge, die bei einem umfangreichen Nachrichtendienst wie "Focus Online" beträchtlich ist. Zudem werden die Beiträge im Gegensatz zu Printpublikationen ständig ("in Echtzeit") aktualisiert, so dass schon deswegen keine gleich wirksamen Überprüfungen erfolgen können (vgl. Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9).
- 24
- bb) Zwar können, worauf die Revision abstellt, einen Verleger als "Herr der Zeitung" (Senat, BGHZ 39, 124, 129; Urteile vom 4. Juni 1974 - VI ZR 68/73 - VersR 1974, 1080; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1076) oder einen Rundfunkveranstalter als "Herr der Sendung" (Senat, BGHZ 66, 182, 187) allgemeine Prüfungspflichten treffen (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 1957 - VI ZR 263/55 - NJW 1957, 1149, 1150; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 158/78 - GRUR 1980, 1099, 1104). Da er die Herstellung und Verbreitung redaktioneller Beiträge mit sachlichen und persönlichen Mitteln ermöglicht, soll er als wirt- schaftlicher Träger das Haftungsrisiko tragen (Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28.2; v. Hutten, aaO, § 47 Rn. 21). Deshalb bestehen für ihn auch Prüfungspflichten , allerdings in reduzierter Form, wenn es um "fremde" Inhalte geht (vgl. Senat, BGHZ 59, 76, 80; Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1077).
- 25
- Die Beklagte hatte aber allein durch die Verpachtung der Domain nicht die Stellung eines Verlegers inne. Es ist nicht ersichtlich, dass sie auch "Herr des Angebots" von "Focus online" war, und die vom Berufungsgericht festgestellte "gemeinsame Konzernstruktur" - die Beklagte und die Tomorrow Focus AG gehören jeweils der Hubert Burda Media Holding GmbH & Co KG an - der Verschiebung oder Verschleierung von Verantwortlichkeiten diente.
- 26
- Entgegen der Auffassung der Revision entstand auch nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dagegen spricht das Impressum des elektronischen Informationsdienstes (vgl. § 5 TMG), in dem es im August 2007 hieß: "Focus online ist ein Angebot der Tomorrow Focus AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des Focus-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch [die Beklagte]". Dies gilt umso mehr, weil anschließend die Tomorrow Focus AG nochmals als "Anbieter des Gesamtangebots außer http://focus.de/magazin mit Unterseiten" und die Beklagte als "Anbieter für die Seiten unter http://focus.de/magazin" bezeichnet wurde. Dadurch entsteht bei Beiträgen, die wie hier nicht unter http://focus.de/magazin abrufbar waren, nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dies gilt auch, soweit die Revision darauf verweist, dass der Name des von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazins ("Focus") teilweise mit dem des über die URL www.focus.de erreichbaren Online-Nachrichtendienstes ("Focus online" ) übereinstimmt und die URL auf dem Titelblatt des Nachrichtenmagazins genannt wird. Daran ändert nichts, dass im Impressum des Jahres 2006 als Diensteanbieter allein die Tomorrow Focus AG und im Impressum des Jahres 2007 mit dem Zusatz "Copyright © 2007 by Focus Online GmbH" noch eine dritte juristische Person genannt wurde. Schließlich führt auch der Umstand nicht zu einer Haftung, dass der Beitrag von einer bei der Beklagten angestellten Autorin stammte, die im Beitrag als "Focus-Redakteurin" bezeichnet und im Impressum des Nachrichtenmagazins, nicht aber im "Impressum Focus online" aufgeführt war. Die Beklagte haftet grundsätzlich nicht für Beiträge, die ihre Autoren außerhalb des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins veröffentlichen.
- 27
- b) Der Beklagten war allerdings zuzumuten, die Website ihres Pächters zu prüfen, als sie von den konkreten Äußerungen, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigten, Kenntnis erlangte. Insoweit sind - jedenfalls wenn wie hier die Äußerungen unstreitig unwahr waren - keine aufwändigen Nachforschungen erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; BGH, BGHZ 148, 13, 20; 158, 236, 252; 158, 343, 353; Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9). Das Bestehen einer solchen Prüfungspflicht führt aber nur dann zu einem Unterlassungsanspruch, wenn der Störer nach Kenntniserlangung und Prüfung die Störung nicht unverzüglich beseitigt (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2004, 507, 508; LG Berlin, CR 2007, 742, 743). Das ist hier durch die Löschung des Beitrages geschehen (anders im dem Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO zugrunde liegenden Fall).
- 28
- c) Jedenfalls scheitert ein Unterlassungsanspruch am Fehlen einer Wiederholungs - oder Erstbegehungsgefahr, die eine - ebenfalls vom Kläger darzulegende - materielle Anspruchsvoraussetzung ist (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85).
- 29
- Zwar wird die Wiederholungsgefahr bei bereits geschehener Rechtsverletzung grundsätzlich vermutet (BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO, S. 85). Dafür wäre aber eine vollendete Rechtsverletzung nach Begründung einer Prüfungspflicht erforderlich. Eine solche Verletzung kann vorliegen, wenn es nach Kenntniserlangung zu mindestens einem weiteren Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers kommt (vgl. BGHZ 173, 188, 207). Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Tomorrow Focus AG einer Wiederholungsgefahr entgegenstehen könnte.
- 30
- Eine Erstbegehungsgefahr muss jeweils im Einzelfall konkret dargetan werden, weil sich in solchen Fällen keine Basis für eine tatsächliche Vermutung finden lässt (Senat, Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, S. 1077). Der Kläger muss dartun, dass eine erste Verletzungshandlung ernsthaft und greifbar zu befürchten ist bzw. als unmittelbar bevorstehend droht. Die bloße Möglichkeit des Eingriffs reicht nicht aus. Die drohende Verletzungshandlung muss sich in tatsächlicher Hinsicht so konkret abzeichnen, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist (Fritzsche in BeckOK BGB, § 1004 Rn. 88 m.w.N.). Auch einen solchen Vortrag des Klägers hat die Revision nicht aufgezeigt.
- 31
- 5. Nach allem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.02.2008 - 324 O 862/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.08.2008 - 7 U 29/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
- 2
- Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
- 3
- Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
- 4
- Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
- 5
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.
II.
- 8
- Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
- 9
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
- 11
- Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend
).
- 12
- Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
- 13
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
- 14
- a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
- 15
- b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
- 16
- aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
- 17
- bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
- 18
- 3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
- 19
- a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
- 20
- b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
- 21
- aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
- 22
- bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
- 23
- c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
- 24
- aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
- 25
- bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
- 26
- Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
- 27
- Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
- 28
- d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
- 29
- Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
- 30
- Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
- 31
- Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.
III.
- 32
- Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.