Oberlandesgericht München Beschluss, 07. Feb. 2018 - 13 W 119/18

published on 07/02/2018 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 07. Feb. 2018 - 13 W 119/18
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Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten werden die Beschlüsse des Landgerichts Passau vom 19.12.2017 sowie vom 22.01.2018 (Az.: 1 O 560/15) aufgehoben.

II. Das Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 19.10.2017 gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht … wird für begründet erklärt.

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit ihrer am 19.08.2015 erhobenen Klage verlangt die Klagepartei vom Beklagten im Rahmen einer erbrechtlichen Auseinandersetzung im Wege der Stufenklage Auskunft, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und die Herausgabe noch zu bezeichnender Nachlassgegenstände.

Mit Schriftsatz vom 23.02.2017 erklärte die Klagepartei die erste Stufe der Klage auf Auskunft für erledigt und stellte den Antrag in der zweiten Stufe (Bl. 149 d. A.).

Nach mehrfacher Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung fand dieser schließlich am 19.10.2017 statt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte der Beklagtenvertreter, er lehne den Vorsitzenden der Kammer wegen Befangenheit ab. Dieser Antrag, nicht jedoch seine Begründung, wurde zu Protokoll genommen.

Das Protokoll der mündlichen Verhandlung hat u.a. folgenden, wörtlich zitierten Inhalt:

„Beklagtenvertreter erklärt, er lehne den Vorsitzenden der Kammer wegen Befangenheit ab.

Auf Bitten des Vorsitzenden, dies schriftlich zu begründen, weil der Vorsitzende nicht die Sekretärin des Beklagtenvertreters ist und seine Begründung nicht ins Protokoll diktieren wird.

Beklagtenvertreter weigert sich, binnen der vom Vorsitzenden gesetzten Frist von 15 Minuten, einen schriftlichen Befangenheitsantrag vorzulegen.

Beklagtenvertreter beantragt, irgendwelche Formulierungen ins Protokoll zu diktieren, er möge dies letztendlich selber machen.

Der Vorsitzende weist darauf hin, dass die Verhandlungsführung in einem deutschen Zivilgericht immer noch der Vorsitzende der Kammer hat und nicht die Anwälte.

Der Beklagtenvertreter benimmt sich zunehmend ungebührlich, unterbricht den Vorsitzenden in einer Tour und will, dass er unbedingt das protokolliert, was er zu Protokoll geben will.

Beklagtenvertreter beantragt um 13.36 Uhr eine Frist zur schriftlichen Begründung des Befangenheitsantrags bis 14.00 Uhr.

Der Vorsitzende erklärt, dass dies nicht möglich ist, weil um 14.00 Uhr bereits die nächste Sitzung beginnt und der Vorsitzende hier schon wieder am Richtertisch sitzen muss. Es müssen nach der Vorlage der schriftlichen Begründung des Befangenheitsantrags noch Erklärungen zu Protokoll genommen werden.

Beklagtenvertreter erhält Frist zur schriftlichen Begründung seines Befangenheitsantrags bis 13.55 Uhr.

Die Sitzung wird sodann unterbrochen, Fortsetzung um 13.55 Uhr. …

Rechtsanwalt H. übergibt eine handschriftlich geschriebene Begründung für den Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden der 1. Zivilkammer. …“.

Mit Verfügung vom 20.10.2017 teilte der abgelehnte Richter mit, er vermöge die handschriftliche Begründung des Befangenheitsantrags nicht zu lesen; der Beklagtenvertreter möge eine Leseabschrift einreichen (Bl. 183 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 24.10.2017 ergänzte der Beklagte seine Begründung des Befangenheitsgesuchs und legte sodann mit Schriftsatz vom 02.11.2017 die gewünschte Leseabschrift vor.

Der Beklagte begründet seinen Befangenheitsantrag im Wesentlichen wie folgt:

„Der Vorsitzende der Kammer habe in der mündlichen Verhandlung nicht über die Frage diskutieren wollen, ob der Antrag auf eidesstattliche Versicherung begründet sei oder nicht. Das Verhalten des Vorsitzenden und seine Ausführungen wiesen darauf hin, dass die Entscheidung schon gefallen sei, ohne dass mit dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung darüber diskutiert wurde. Er habe gesagt „Sie werden doch nicht glauben, dass ein anderes OLG anders entscheiden werde“. Auch Ausführungen zum Vergleich habe der abgelehnte Richter nicht gewollt.“

Zudem habe der Vorsitzende zunächst nicht das protokolliert, was der Wahrheit entsprochen habe. Dies sei erst auf drängenden Hinweis hin geschehen. Auch habe der Vorsitzende unrichtig protokollieren wollen, dass der Klägervertreter es abgelehnt habe, innerhalb von 15 Minuten sein Ablehnungsgesuch zu begründen.

Des Weiteren habe der Vorsitzende angegeben, er wolle noch beim Verfassungsgericht sein, dann könne er gegen den Beklagtenvertreter einschreiten.

Falsch sei auch die Protokollierung „irgendwelche Formulierungen“. Der Beklagte habe mit keiner Silbe geäußert, es sollen „irgendwelche Formulierungen“ ins Protokoll aufgenommen werden.

Ebenso falsch sei die Behauptung, der Beklagtenvertreter habe die Verhandlungsführung gewollt. Er habe lediglich von seinem Recht Gebrauch machen wollen, in der mündlichen Verhandlung für seine Partei Ausführungen zu machen.

Die Äußerung, der Richter müsse um 14.00 Uhr bereits mit der nächsten Sitzung beginnen, belege, dass der abgelehnte Richter die für die Begründung der Befangenheitsfrage notwendige Zeit dem Beklagtenvertreter unter keinen Umständen geben wollte.

Des Weiteren habe der abgelehnte Richter geäußert, „Ihr in München“ würdet so Prozesses führen. Die Sache habe „einen Geruch“.

Außerdem habe sich der abgelehnte Richter sodann an den Klägervertreter gewandt, er möge genau aufpassen, da es auf die gewechselten Worte ankomme. Dadurch habe er die Klagepartei zu beeinflussen versucht.

Mit Verfügung vom 08.11.2017 (Bl. 194/195 d. A.) nahm der abgelehnte Richter zu dem Befangenheitsantrag dienstlich Stellung. Darin führte er im Wesentlichen aus:

Er habe im Termin dargelegt, dass die Frage der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München hinsichtlich der Testamentsvollstreckerbestellung für die Kammer letztlich ohne Bedeutung sei, da sich die Kammer die Entscheidung des OLG inhaltlich zu eigen machen wolle.

Alsdann habe er sich, auch im Namen der Kammer, gegen den Vorwurf des Beklagtenvertreters verwahrt, man habe wohl seine Schriftsätze nicht gelesen. Daraufhin habe der Beklagtenvertreter ihn, den Vorsitzenden, aufgefordert, zu den Ausführungen des Beklagten sofort Stellung zu nehmen. Er habe dem Beklagtenvertreter sodann mitgeteilt, dass er nicht gedenke, die Entscheidung der Kammer im Vorfeld mit ihm zu diskutieren.

Sodann sei er pausenlos vom Beklagtenvertreter unterbrochen worden.

Er habe sodann die Sitzung für 5 Minuten unterbrochen, nach der Unterbrechung habe der Beklagtenvertreter erklärt, dass er den Vorsitzenden der Kammer wegen Befangenheit ablehne. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob die Gründe für den Antrag schriftlich fixiert worden seien, habe der Beklagtenvertreter dies verneint.

Es sei richtig, dass er dem Beklagtenvertreter gesagt habe, dass er sich die Gründe für den Antrag nicht ins Protokoll diktieren lassen werde, da der Vorsitzende einer Kammer nicht die Sekretärin der Prozessbevollmächtigten der Parteien sei.

Daraufhin habe er eine weitere Unterbrechung von 10 Minuten angeboten, die als zu kurz abgelehnt wurde. Gleiches gelte für die angebotene Zeit von 15 Minuten. Der Vorsitzende habe darauf hingewiesen, dass die nächste Verhandlung um 14.00 Uhr beginne.

Es sei zutreffend, dass er sodann gesagt habe, er sehne sich an seine Zeit beim Bundesverfassungsgericht zurück, da es dort die Möglichkeit gegeben habe, bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen eine Missbrauchsgebühr zu verhängen.

Zutreffend sei auch, dass er den Klägervertreter gebeten habe, der Verhandlung zu folgen, da der Beklagtenvertreter ihm ständig irgendetwas in den Mund legen wolle.

Die Klagepartei nahm dazu mit Schriftsatz vom 27.11.2017 Stellung. Sie halte den abgelehnten Richter nicht für befangen (Bl. 202/203 d. A.).

Dazu nahm die Beklagtenpartei nochmals mit Schriftsatz vom 12.12.2017 Stellung (Bl. 204/206 d. A.).

Mit Beschluss vom 19.12.2017 erklärte das Landgericht das Ablehnungsgesuch des Beklagtenvertreters für unbegründet (Bl. 207/215 d. A.).

Die Kammer stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Gesichtspunkte:

Was den Vorwurf der Beklagtenpartei angehe, der Vorsitzende habe eine mündliche Verhandlung abgelehnt, sei es im vorliegenden Fall nicht geboten gewesen, den jeweiligen Sach- und Rechtsvortrag der Parteien umfassend zu wiederholen und zu erörtern.

Die Äußerung „Sie werden doch nicht glauben, dass ein anderes OLG anders entscheiden werde“, stelle sich als ein im Rahmen der §§ 139, 278 ZPO gebotener Hinweis auf das vorläufige Beratungsergebnis der Kammer dar.

Die Äußerung des Vorsitzenden „Ihr in München würdet so Prozesse führen“ sei - soweit der Vorsitzende dies geäußert haben solle - gefallen, als der Beklagtenvertreter im provokanten Tonfall darauf insistiert habe, dass das, was er hier vor dem Landgericht Passau erlebe, keine mündliche Verhandlung sei und dass er so etwas in München noch nie erlebt habe. Der Vorsitzende habe darauf sinngemäß geantwortet, er müsse sich oft anhören, dass sie in Passau Juristen der Provinz seien. Nach Auffassung der Kammer handele es sich bei dieser Äußerung des abgelehnten Vorsitzenden zwar um pointierte Kritik, jedoch nicht um eine Abfälligkeit bzw. Herabsetzung.

Der Vorwurf, der Vorsitzende habe nicht auf einen Vergleich eingehen wollen, sei ungerechtfertigt. Nach Wahrnehmung der Beisitzer habe seitens der Kammer keine Möglichkeit bestanden, überhaupt zur Güte zu verhandeln, weil der Beklagtenvertreter sowohl dem Vorsitzenden als dem Klägervertreter ständig ins Wort gefallen sei.

Hinsichtlich der Äußerung, der Vorsitzende sei nicht die Sekretärin des Beklagtenvertreters, liege ebenfalls kein Befangenheitsgrund vor. Der Beklagtenvertreter habe den Vorsitzenden zwar gebeten, mit dem Folgetermin etwas zu warten, bis er seinen Antrag formuliert habe und habe in diesem Zusammenhang die Protokollierung des Vorgangs angeboten, nachdem der Vorsitzende dies abgelehnt hatte. Dieses habe sich der Vorsitzende sodann mit der kritisierten Äußerung verbeten. Der Beklagtenvertreter habe unzutreffend eine umfangreiche Protokollierung der Begründung seines Befangenheitsantrags verlangt.

Die Äußerung des Vorsitzenden, er wäre gern am Verfassungsgericht, um gegen das Vorgehen des Beklagtenvertreters einschreiten zu können, sei eine angemessene und nachvollziehbare Kritik.

Soweit der Vorsitzende sich an den Klägervertreter gewandt habe, er solle aufpassen, was hier gesprochen werde, sei dies ebenfalls nicht zu beanstanden, denn der Klägervertreter habe als Gegner der ablehnenden Partei gemäß Art. 103 Abs. 1 GG einen Anspruch darauf vor der Entscheidung der Kammer gehört zu werden.

Schließlich sei auch die Äußerung des Vorsitzenden, die Rechtssache habe einen „Geruch“ nicht zu beanstanden. Die „Schwarzgeldvorgänge“ seien bereits in den Schriftsätzen der Parteivertreter thematisiert worden; die diesbezügliche Äußerung könne deshalb keine Seite einseitig benachteiligen.

Dieser Beschluss wurde dem Beklagten am 22.12.2017 zugestellt.

Dagegen legte der Beklagte mit Schriftsatz vom 29.12.2017, per Fax eingegangen bei Gericht am gleichen Tage, sofortige Beschwerde ein (Bl. 216/234 d. A.).

Mit dieser Beschwerde beantragt der Beklagte, den angefochtenen Beschluss aufzugeben und dem Befangenheitsantrag stattzugeben.

Mit der Beschwerdebegründung wiederholte und vertiefte der Beklagtenvertreter seine bisherige Argumentation. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz vom 29.12.2017 Bezug genommen.

Das Landgericht Passau half dieser Beschwerde mit Beschluss vom 22.01.2018 unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht ab und verfügte am gleichen Tage die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde. Dort gingen sie am 25.01.2018 ein.

II.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ZPO statthafte und gemäß §§ 569 Abs. 1, Abs. 2, 571 Abs. 1 ZPO frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Die Ablehnung eines Richters ist Ausfluss des aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erfolgenden Anspruchs des Rechtssuchenden auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter (st. Rspr., vgl. BVerfG NJW 2005, 3410). Sie findet gemäß § 46 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der abgelehnte Richter tatsächlich befangen ist, sondern darauf, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln. Rein subjektive, unvernünftige oder eingebildete Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (vgl. z. B. BVerfG NJW 1993, 2230; BGHZ 156, 269). Unerheblich ist dabei auch, ob sich der abgelehnte Richter selber befangen fühlt (vgl. BVerfG 73, 330, 335).

2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe rechtfertigt das von der Beklagtenpartei beanstandete Verhalten des abgelehnten Richters die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass diese Besorgnis der Befangenheit letztlich auf einer Eskalation in der mündlichen Verhandlung beruht, die zum einen von vergleichsweise kurzen Dauer (nach dem Protokoll ca. 20 bis 30 Minuten) war und die zum anderen nicht allein auf dem Verhalten des abgelehnten Richters beruhte, sondern zum Teil auch auf dem Verhalten des Beklagtenvertreters. Gleichwohl sieht der Senat im konkreten Fall die Grenzen dessen, was ein Richter äußern darf und eine Partei hinzunehmen hat, als überschritten an. In der Gesamtschau der von der Beklagtenpartei vorgebrachten Ablehnungsgründe ist es nachvollziehbar, dass im konkreten Fall auch eine vernünftige Partei an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters zweifelt.

a) Das Ablehnungsgesuch kann auch in der mündlichen Verhandlung erklärt werden, § 44 ZPO. Damit es als solches wirksam ist, muss der Ablehnungsgrund individualisiert bzw. begründet werden; die bloße Erklärung einer Partei, sie lehne den Richter ab und werde die Begründung nachreichen, ist kein Ablehnungsgesuch (vgl. Zöller-Vollkommer, 31. Aufl., § 44 Rn. 2). Allerdings folgt daraus nicht, dass das Gericht verpflichtet wäre, dasjenige ins Protokoll aufzunehmen, was die ablehnende Partei als Begründung des Befangenheitsgesuchs aufgenommen haben möchte. Vielmehr kann die Begründung in solchen Fällen nach einer Unterbrechung der Verhandlung schriftlich nachgereicht werden. Von daher ist die grundsätzliche Entscheidung des abgelehnten Richters, sich nicht von dem Prozessbevollmächtigten der ablehnenden Partei das Protokoll diktieren zu lassen, nicht zu beanstanden. Allerdings ist in diesem Zusammenhang einerseits die Wortwahl des abgelehnten Richters („Sekretärin“) zu berücksichtigen, als auch das weitere Verhalten hinsichtlich der Unterbrechung. Das Gericht muss nämlich der ablehnenden Partei, wenn es die Ablehnungsgründe nicht ins Protokoll aufnimmt, ausreichend Zeit geben, diese Ablehnungsgründe zu formulieren. Hier war es aber so, dass der abgelehnte Richter durch die nachfolgende Diskussion, ob die Verhandlung 5 oder 10 Minuten länger unterbrochen werde oder nicht, zu erkennen gab, dass er nicht daran interessiert war, der ablehnenden Partei zu ermöglichen, die ihr zustehenden prozessualen Rechte angemessen auszuüben. Es wäre im Übrigen durchaus zumutbar gewesen, mit der nachfolgenden Sache, die auf 14.00 Uhr terminiert war, gegebenenfalls 15 Minuten später zu beginnen. Es ist einem Prozessbevollmächtigten nicht zuzumuten, in dieser Art und Weise darum bitten zu müssen, die Begründung seines Ablehnungsgesuches anbringen zu dürfen.

Auch durch die Formulierung, der Beklagtenvertreter habe „irgendwelche Formulierungen“ zu Protokoll geben wollen, wird die mangelnde Bereitschaft des Richters deutlich, dem Beklagtenvertreter die Gelegenheit zu geben, die der Partei zustehenden prozessualen Rechte angemessen und ohne unnötigen Zeitdruck auszuüben, zumal in der Formulierung noch eine Abwertung der Person und des fachlichen Könnens des Beklagtenvertreters liegt.

b) Zu beanstanden ist darüber hinaus auch die Äußerung des Vorsitzenden, er wolle noch beim Verfassungsgericht sein, dann könnte er gegen den Beklagtenvertreter einschreiten.

Diese Äußerung bezieht sich - wie der abgelehnte Richter in seiner dienstlichen Äußerung selber darlegt - auf die sogenannte „Missbrauchsgebühr“, die das Bundesverfassungsgericht verhängen kann.

Gemäß § 34 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht eine Gebühr bis zu 2.600,- € auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Art. 41 Abs. 2 des GG einen Missbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) missbräuchlich gestellt ist. Auf Basis dieser Vorschrift verhängt das Bundesverfassungsgericht eine Missbrauchsgebühr zum Beispiel dann, wenn ein Missbrauch der Verfassungsbeschwerde deswegen vorliegt, weil sie offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 30.08.2017, Az.: 1 BvR 1437/17; zitiert nach Beck-Online). Auch kann eine Missbrauchsgebühr etwa dann verhängt werden, wenn die Verfassungsbeschwerde den Versuch unternimmt, dem Bundesverfassungsgericht die Kenntnis von für die Entscheidung offensichtlich bedeutsamen Tatsachen vorzuenthalten oder wenn gegenüber dem Bundesverfassungsgericht falsche Angaben über entscheidungserhebliche Umstände gemacht werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.09.2017, Az.: 2 BvR 1691/17 = NJW 2017, 3364; zitiert nach Beck-Online). Die Verhängung einer derartigen Missbrauchsgebühr wird vom Bundesverfassungsgericht damit gerechtfertigt, dass es an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden nicht gehindert werden darf, weil dies zur Folge hätte, dass anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden könne (vgl. BVerfG a.a.O.).

Die fragliche Äußerung des abgelehnten Richters legt mithin die Interpretation nahe, dass er das Vorbringen der Beklagtenpartei von vornherein für substanzlos ansieht oder aber ihren Sachvortrag oder die Wahrnehmung prozessualer Rechte als missbräuchlich ansieht und die Kammer dadurch von der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgaben abgehalten werde.

Dass hier ein solcher Fall vorliegt, der - übertragen auf die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht - die Verhängung einer Missbrauchsgebühr rechtfertigt, vermag der Senat nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Deshalb kann auch eine unvoreingenommene Partei aus der Äußerung des abgelehnten Richters den Schluss ziehen, der Richter stehe ihr parteiisch gegenüber, weil er ihr Vorbringen (weil substanzlos oder missbräuchlich) nicht berücksichtigen wolle.

c) In der Zusammenschau mit den beiden vorgenannten Gründen ist auch die Formulierung „Ihr da in München…“ geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters zu wecken.

Wie der Beklagtenvertreter zutreffend ausführt, ist die Äußerung so verstehen, dass nach Auffassung des abgelehnten Richters in München Prozesse anders geführt würden als in Passau. Mit der Betonung, dass der Beklagtenvertreter den Prozess gerne in München so führen könne, nicht aber in Passau, gibt der abgelehnte Richter zu erkennen, dass nach seiner Auffassung offensichtlich unterschiedliche Anforderungen und unterschiedliche Verfahrensweisen vor den Gerichten in München und Passau gelten würden, außerdem, dass der Beklagtenvertreter offensichtlich die Anforderungen nicht erfüllt, die in Passau gelten.

Die Zivilprozessordnung gilt in ganz Deutschland, somit in Passau genauso wie in München. Das bedeutet, dass es in Passau keine anderen Verfahrensweisen oder Regeln geben kann als in München. Des Weiteren folgt daraus, dass die Äußerung „Ihr da in München“ mögt Prozesse so führen, bedeutet, dass der Beklagtenvertreter nicht in der Lage sei, die (besonderen?) Anforderungen der 1. Zivilkammer des Passauer Landgerichts zu erfüllen. Darin liegt eine unsachliche Kundgabe der Missachtung gegenüber der Person und dem fachlichen Können des Beklagtenvertreters.

d) Vollkommen unangemessen ist auch die Aufforderung des abgelehnten Richters an die Klagepartei, sie möge gut zuhören, weil es auf den Wortlaut der Äußerungen ankomme. Dass diese Äußerung so gefallen ist, bestreitet der abgelehnte Richter in seiner dienstlichen Äußerung nicht, sondern führt dazu aus, es sei dazu gekommen, weil der Beklagtenvertreter ihm ständig etwas in den Mund habe legen wollen.

Selbst wenn es so sein sollte, dass der Beklagtenvertreter dem Vorsitzenden der Kammer etwas in den Mund legen wollte, was dieser nicht gesagt hat, ist es grob unsachlich, sich gleichsam mit der Gegenpartei zu „verbünden“ und dadurch zu erkennen zu geben, dass man einseitig zugunsten einer Partei eingestellt sei. Auch dieses Verhalten rechtfertigt bei einer vernünftigen Partei Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Richters.

e) Der Senat weist darauf hin, dass der abgelehnte Richter nicht hätte mit Verfügung vom 20.10.2017 eine Leseabschrift des Befangenheitsgesuchs anfordern dürfen. Welche Handlungen der abgelehnte Richter noch vornehmen darf, richtet sich nach § 47 ZPO. Bei der Anforderung einer Leseabschrift durch Verfügung vom 20.10.2017 handelt es sich weder um eine unaufschiebbare Amtshandlung im Sinne von § 47 Abs. 1 ZPO, noch um eine Fortsetzung der mündlichen Verhandlung im Sinne von § 47 Abs. 2 ZPO.

Richtig wäre es gewesen, nach Ausfertigung des Protokolls die Akten demjenigen Kammermitglied zuzuleiten, welches für die weitere Bearbeitung und insbesondere für die Anforderung der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters zuständig war. Diese Richterin oder dieser Richter hätte dann, soweit man die handschriftliche Begründung des Ablehnungsgesuchs als unleserlich ansehen möchte, eine Leseabschrift anfordern dürfen.

III.

Da die sofortige Beschwerde erfolgreich ist, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst. Es handelt sich insoweit nämlich um Kosten des Rechtsstreits (vgl. OLG Frankfurt am Main MDR 2007, 1399; OLG München, Beschluss vom 14.03.2012, Az.: 10 W 277/12; Sturm MDR 2007, 382; Zöller-Vollkommer, 31. Aufl., § 46 Rn. 20).

IV.

Einer Streitwertfestsetzung nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 40, 48 Abs. 1 GKG, 3 ff. ZPO bedarf es nicht, weil die Gerichtsgebühr als Festgebühr ausgestaltet ist (Nr. 1812 KV-GKG) und ein Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG auf Festsetzung des Gegenstandswerts nicht vorliegt.

V.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Es handelt sich lediglich um eine Einzelfallentscheidung.

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published on 22/01/2018 00:00

Tenor Der sofortigen Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss vom 19.12.2017 (Bl. 207/215 d. A.) wird nicht abgeholfen, § 572 Abs. 1 ZPO. Gründe Der sofortigen Beschwerde wird aus den im angefochtenen Besch
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Annotations

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.

(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.

(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes einen Mißbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (§ 32) mißbräuchlich gestellt ist.

(3) Für die Einziehung der Gebühr gilt § 59 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung entsprechend.

(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch, ob ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat.

(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.