Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 21. Aug. 2008 - 1 Ws 421/08

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2008:0821.1WS421.08.0A
bei uns veröffentlicht am21.08.2008

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Tenor

1. Auf Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 31. Juli 2008 aufgehoben, soweit der Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz vom 26. April 2007 wieder in Vollzug gesetzt wurde.

Es verbleibt bei der Außervollzugsetzung des vorgenannten Haftbefehls gemäß Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 13. Juni 2007 mit den dortigen Auflagen und Weisungen.

2. Die weitergehende, auf Aufhebung des vorgenannten Haftbefehls gerichtete Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Angeklagte, jedoch wird die Gebühr auf die Hälfte ermäßigt. Die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Beschwerdeverfahren fallen zur Hälfte der Staatskasse zur Last; im übrigen trägt der Angeklagte diese selbst.

Gründe

1

Die Beschwerde des Angeklagten richtet sich gegen den im Anschluss an die Urteilsverkündung bekannt gegebenen Beschluss der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 31. Juli 2008, durch den der mit Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 13. Juni 2007 außer Vollzug gesetzte Haftbefehl desselben Gerichts vom 26. April 2007 wieder in Vollzug gesetzt wurde. Primäres Ziel der Beschwerde ist die Aufhebung des Haftbefehls; hilfsweise strebt der Angeklagte die Wiederherstellung des mit der Außervollzugsetzung geschaffenen Zustands an.

2

Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg. Zwar sind die Voraussetzungen des § 112 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StPO weiterhin zu bejahen. Die weiteren Voraussetzungen des – hier allein in Betracht kommenden – § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO liegen aber offensichtlich nicht vor.

3

Als „Widerrufsgrund“ im Sinne dieser Norm hat die Strafkammer lediglich angeführt, der Beschwerdeführer sei „ mit Urteil der Kammer vom heutigen Tage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 9 verurteilt worden “. Es versteht sich von selbst, dass eine solche Begründung nicht tragfähig ist; insbesondere dann nicht, wenn die Verurteilung – wie hier – wegen derselben Taten (im Sinne des § 264 StPO) erfolgte, die schon Gegenstand des außer Vollzug gesetzten Haftbefehls sind.

4

Mit einer Verurteilung entfällt die durch die Haftverschonung begründete Vertrauensgrundlage nur, wenn es zu einer deutlich höheren Strafe kommt als vom Haftrichter (siehe dazu BVerfG v. 15.08.2007 - 2 BvR 1485/07 – juris Rn. 22 - StV 2008, 25 m.w.N. ) bei der Verschonung erwartet (OLG Köln v. 23.01.2008 - 2 Ws 33/08 - juris - StV 2008, 258). Dazu findet sich in den Akten nichts. Keine der früheren Haftentscheidungen enthält zur Straferwartung konkrete Ausführungen. Im Haftbefehl heißt es lediglich, der Beschwerdeführer müsse mit einer „ erheblichen Freiheitsstrafe “ rechnen. In dem Außervollzugssetzungebeschluss wird überhaupt nicht auf eine mögliche Strafhöhe eingegangen. Es lässt sich somit nicht feststellen, dass nachträglich eingetretene oder nach Erlass des Aussetzungsbeschlusses bekannt gewordene Umstände die Gründe des Haftverschonungsbeschlusses in einem so wesentlichen Punkt erschüttert haben, dass keine Aussetzung bewilligt worden wäre, wenn sie bei der Entscheidung bereits bekannt gewesen wären. Eine solche Feststellung wäre aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO (BVerfG a.a.O., siehe auch BGH v. 16.09.2004 - 4 StR 84/04 - juris Rn. 18 - StV 2004, 636).

5

Dass sich der Beschwerdeführer mit dem Ziel des Freispruchs verteidigt hatte, ist entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft schon deshalb unerheblich, weil er damit nur ein Recht in Anspruch genommen hatte, das jedem Beschuldigten zusteht. In übrigen war auch dem Haftrichter bekannt, dass der Beschwerdeführer die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestreitet. Schließlich gibt es – ohne das es entscheidend darauf ankäme – auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beschwerdeführer habe sich nur deshalb nach der Außervollzugsetzung dem Verfahren gestellt, weil er nicht ernsthaft mit der Möglichkeit der Verurteilung zu einer „ erheblichen Freiheitsstrafe “ gerechnet hatte (siehe dazu auch OLG Koblenz v. 30.06.1999 - 2 Ws 392/99 - juris - StraFo 1999, 322; Beschl. v. 09.02.2004 - 2 Ws 72/04).

6

Kosten: § 473 Abs. 4 StPO

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Juli 2005 - 2 Ws 72/04

bei uns veröffentlicht am 06.07.2005

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - H., vom 25. März 2004 aufgehoben. Die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aus dem Urteil des Lan
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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 19. Aug. 2013 - 2 Ws 510/13

bei uns veröffentlicht am 19.08.2013

Diese Entscheidung zitiert Tenor 1. Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss der 3. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 13. Juni 2013 wie folgt abgeändert: Der Haftbefehl des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 5. Sep

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(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - H., vom 25. März 2004 aufgehoben.

Die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aus dem Urteil des Landgerichts H. vom 13. Februar 1984 wird zum 1. Februar 2006 für erledigt erklärt.

Die Dauer der von Gesetzes wegen eintretenden Führungsaufsicht wird auf fünf Jahre bestimmt.

Die Sache wird an das Landgericht -  Strafvollstreckungskammer - H. zur Ausgestaltung der Führungsaufsicht zurückgegeben.

Die dem Untergebrachten im Beschwerdeverfahren entstandenen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
Mit Urteil vom 13. 02. 1984 ordnete das Landgericht H. die Unterbringung des J. P. in einem psychiatrischen Krankenhaus an, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit in sieben Fällen Diebstähle mit einem Schaden zwischen 20 und 1000 DM begangen hatte und auch in der Folge „seriengleiche“ und damit erhebliche Straftaten des bereits vielfach mit Diebstählen in Erscheinung getretenen Untergebrachten zu erwarten seien. Die zunächst ausgesprochene Aussetzung der Maßregel zur Bewährung wurde mit Beschluss der Strafkammer vom 22.11.1984 widerrufen, nachdem es erneut zu Diebstahlstaten gekommen war. Seither befindet sich der Untergebrachte - mit Ausnahme der Zeit vom 19.4.1989 bis 22.5.1989, als er zunächst im Rahmen einer Lockerung außerhalb des Zentrum für Psychiatrie  untergebracht worden und in der Folge flüchtig war  - ununterbrochen im stationären Aufenthalt einer psychiatrischen Klinik. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Landgericht H. letztmals die Fortdauer der Maßregel angeordnet. Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
Nach § 67 d Abs. 6 S. 1 StGB ist eine Maßregel für erledigt zu erklären, wenn das Gericht feststellt, dass ihre weitere Vollstreckung unverhältnismäßig ist. Dies ist vorliegend der Fall.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beherrscht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das sich daraus ergebende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des Einzelnen und dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutsverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich, bei dem die genannten Belange als wechselseitiges Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden müssen (BVerfGE 70, 297, 311; OLG Koblenz NJW 1999, 876 f.). Dabei gewinnt das Freiheitsgrundrecht mit zunehmender Dauer der Unterbringung stärkeres Gewicht (BVerfGE 70, 297, 315; NJW 1993, 778; NJW 1995, 3048 f.; Beschluss vom 14.1.2005, 2 BvR 983/04). Bei langandauernden Unterbringungen (BVerfGE 70, 297, 315 f.; NJW 1995, 3048 f.; OLG Hamburg NStZ-RR 2005, 40 f.) sind die Strafvollstreckungsgerichte in besonderem Maße gehalten, auf der Grundlage ausreichend geklärter Tatsachen hinsichtlich Diagnose und Prognose (BVerfGE 70, 297, 308 ff.) eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, in der die mögliche Gefährdung der Allgemeinheit  zur Dauer des Freiheitsentzuges in Beziehung zu setzen ist. Die Dauer der Freiheitsentziehung ist mit den Anlasstaten und mit möglicherweise anderen im Falle einer Freilassung zu erwartenden Taten abzuwägen ist (BVerfGE 70, 297, 315; Senat NStZ 1999, 37; OLG Hamburg NStZ-RR 2005, 40 f.), wobei jeweils das Gewicht der bedrohten Rechtsgüter zu berücksichtigen ist. Mit in die Abwägung einzustellen ist auch der Grad der Wahrscheinlichkeit einer Tatbegehung, dem je nach Wertigkeit des gefährdeten Rechtsguts unterschiedliches Gewicht zukommt und bei dessen Bestimmung auch Möglichkeiten zur Risikoreduzierung außerhalb des Maßregelvollzugs mitbedacht werden müssen (BVerfGE 70, 297, 313 f.; vgl. auch NJW 1995, 3048 f.; OLG Hamburg NStZ-RR 2005, 40 f.).
Vorliegend ist im Hinblick auf die vom Untergebrachten verwirklichten wie die drohenden Straftaten von einer langandauernden Unterbringung auszugehen. Der Untergebrachte, der seit 1984 mehrfach mit der Diagnose einer schweren Persönlichkeitsstörung und einer Intelligenzminderung begutachtet wurde, befindet sich seit 20 Jahren nahezu ununterbrochen im Vollzug der Maßregel. Anlassdelikte waren einfache Diebstähle, denen von der Strafkammer damals nur im Hinblick auf die erwartete „seriengleiche“ Wiederholung ein erhebliches und damit die Anordnung des § 63 StGB rechtfertigendes Gewicht zugemessen wurde. Darüberhinaus ist es im Verlaufe der Unterbringung zu weiteren Straftaten gekommen, die allerdings nie einer gerichtlichen Klärung zugeführt wurden. So soll er im Mai 1999 während einer Flucht aus dem ZP R., in dem die Unterbringung seinerzeit vollzogen wurde, in R. einen versuchten Raub begangen haben, bei dem alle Umstände für einen minderschweren Fall sprechen und dessen Begehung er auch einräumt. Nach der Aussage des Geschädigten gegenüber der Polizei hatte der Untergebrachte, der durch die offene Tür in die Wohnung des Geschädigten gelangt war und zunächst auf dessen Einladung hin mit ihm gefrühstückt hatte, eine Schusswaffe, über deren Echtheit nichts bekannt ist, gezogen, den Geschädigten zunächst aber nicht damit bedroht, sondern sie ihm zum Kauf angeboten. Erst nachdem dieser das abgelehnt hatte, hatte er ihm die Pistole vor das Gesicht gehalten und Geld verlangt. Nicht geklärt ist, ob der Untergebrachte, der selbst angibt, dem Geschädigten die Pistole „gezeigt“ zu haben, dabei auf den Geschädigten gezielt hat. Jedenfalls hatte er, nachdem der Geschädigte behauptet hatte, es handele sich um eine Attrappe, die Waffe eingesteckt und versucht, mit den Fäusten auf den Geschädigten loszugehen Als dieser um Hilfe gerufen hatte, war der Untergebrachte geflüchtet. Ebenso räumt der Untergebrachte ein, am 1.6.1999 im Zentrum für Psychiatrie R. mit einem Feuerzeug eine Matratze in Brand gesetzt zu haben, was zu einem Schwelbrand mit starker Rauchentwicklung geführt hatte. Mögliche vom Untergebrachten begangene Sexualdelikte können dagegen in die Verhältnismäßigkeitsabwägung nicht miteinbezogen werden, weil es insoweit an hinreichend sicheren Feststellungen fehlt. Zwar stand in den Jahren 2000 und 2004 in drei Fällen der Vorwurf einer sexuellen Nötigung im Raum. Doch können solche Sexualdelikte aufgrund der Aktenlage dem Untergebrachten, der homosexuelle Kontakte mit Mitpatienten zwar nicht in Abrede stellt, jedoch bestreitet, dass diese gegen deren Willen ausgeübt wurden, nicht angelastet werden. Die Beschuldigungen wurden auch vom Zentrum für Psychiatrie jeweils als möglicherweise unglaubhaft eingeschätzt. Eine gerichtliche Klärung hat nicht stattgefunden.
Vor den im Falle von einer langandauernden Unterbringung zu stellenden besonderen Verhältnismäßigkeitsanforderungen hält die weitere Fortdauer des Vollzugs der Maßregel nicht stand. Zwar sind nach den Gutachten der Sachverständigen Dr. Schramm aus dem Jahre 1997 und Dr. D. aus dem Jahre 2003, denen sich der Senat insoweit nach eigenständiger Prüfung anschließt, vom Untergebrachten im Falle einer Entlassung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder Diebstahlstaten im Sinne der Anlasstaten zu erwarten. Doch ist  bei einer Abwägung der Dauer des Maßregelvollzugs mit der im Falle einer Entlassung vom Untergebrachten ausgehenden Gefahr für fremdes Eigentum von einem Vorrang des Freiheitsgrundrechts auszugehen, zumal die Schadenshöhen bei den Ausgangsdelikten relativ gering waren.
Zu der Frage, ob und welche anderen rechtswidrigen Taten mit welcher Wahrscheinlichkeit von dem Untergebrachten drohen, hat der Senat ein Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Prof. N. in Auftrag gegeben. Das vom 14.2.2005 datierende Gutachten ist hinreichend substantiiert und hat es dem Senat ermöglicht, sich die tatsächlichen Voraussetzungen für seine Prognoseentscheidung zu erarbeiten. Danach sind vom Untergebrachten möglicherweise auch künftig mit der Tat aus dem Jahre 1999 vergleichbare Raubtaten zu erwarten. Allerdings ist die Wiederholung einer solchen Tat nach den Ausführungen des Sachverständigen mit nicht allzu hohen Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Auch wenn nämlich der strukturelle Zusammenhang mit den Anlassdelikten - Motiv Bereicherung - und der Zusammenhang mit der Persönlichkeitsstörung, insbesondere auch den dissozialen Verhaltensweisen des Untergebrachten, das Risiko einer Tatwiederholung erhöhen, so kann doch andererseits nicht außer Acht gelassen werden, dass der versuchte Raub in der Delinquenzentwicklung des Untergebrachten einmalig war, er grundsätzlich nicht als gewalttätig eingeschätzt werden kann und die Tat in Verbindung mit einer besonders belastenden Situation, nämlich der von ihm als äußerst unangenehm erlebten vorübergehenden Unterbringung im Zentrum für Psychiatrie R., begangen wurde. Nach Abwägung dieser Prognosefaktoren erscheint eine Tatwiederholung zwar möglich, aber nur in einem niedrigen Grade wahrscheinlich, so dass auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem insoweit bedrohten Schutzgut  - neben dem Eigentum die persönliche Freiheit (Schönke/Schröder-Eser, StGB, zu § 249 Rn. 1) - trotz minderschwerer Begehungsweise im Rahmen der Abwägung ein höheres Gewicht zukommt, der Freiheitsanspruch überwiegt.
Auch die drohende Wiederholung einer Brandlegung vermag das Freiheitsrecht angesichts der Dauer der Unterbringung nicht aufzuwiegen. Dabei kommt insoweit allerdings dem Schutz der Allgemeinheit vor erwarteten neuen Taten ein großes Gewicht zu. Denn auch wenn im konkreten Fall nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen allenfalls von einer versuchten schweren Brandstiftung ausgegangen werden kann, ist nicht auszuschließen, dass die Wiederholung einer solchen Tat zu schweren Schäden auch an Leib und Leben anderer führen könnte. Auch muss nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. N. von einer persönlichkeitsbedingten Neigung des Untergebrachten zu solchen aufsehenserregenden Taten ausgegangen werden, auch wenn weniger mit einem bewusst schädigenden Verhalten als mit mangelnder Abschätzung der Konsequenzen seines Tuns zu rechnen ist. Zwar wird hier das Risiko einer Tatwiederholung ebenfalls dadurch gemindert, dass die Brandlegung in der besonders belasteten Situation der Unterbringung im Zentrum für Psychiatrie R. begangen wurde und somit durch die Situation der Unterbringung bedingt war. Nachvollziehbar weist der Sachverständige Prof. N. allerdings darauf hin, dass dies nicht den Schluss zulässt, solche Taten des Untergebrachten wären außerhalb des Maßregelvollzuges ausgeschlossen. Vielmehr bestehe eine gewisse Gefahr, dass der Untergebrachte auch außerhalb des Zentrum für Psychiatrie N. zu solchen Mitteln greifen könnte, um eine anderweitig nicht erlangbare Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Überlegung ist nach Auffassung des Senats schon deshalb von besonderem Gewicht, weil das Verhältnis des Untergebrachten  zum Zentrum für Psychiatrie N. durchaus ambivalent ist, da er dieses - bei aller Ablehnung - als „Heimat“ empfindet. Es erscheint deshalb nicht unwahrscheinlich, dass er in hilfloser Situation außerhalb der Einrichtung versuchen könnte, mit einer Brandlegung auf sich aufmerksam zu machen, um seine Rückverlegung in die Einrichtung zu erzwingen. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens kann jedoch wiederum als nicht allzu hoch eingeschätzt werden, weil der Untergebrachte in all den Jahren seines Aufenthaltes in geschlossenen Einrichtungen - also in rund 35 Jahren -, in denen es immer wieder zu Konflikten mit der jeweiligen Anstalt kam, nur dieses eine Mal zu diesem Mittel gegriffen hat. Das verbleibende Restrisiko kann zudem durch entlassungsvorbereitenden Maßnahmen verringert werden (BVerfGE 70, 297, 313 f.), zu denen die zuständigen Stellen schon im Hinblick auf die sehr langer Unterbringungsdauer verpflichtet sind (vgl. OLG Koblenz NJW 1999, 876, 878). Zwar verkennt der Senat nicht, dass der Untergebrachte, der seit 1967 mit wenigen Unterbrechungen in psychiatrischen Einrichtungen gelebt hat, einerseits zu einer selbständigen Lebensführung kaum in der Lage sein wird und andererseits aufgrund in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nur sehr schwer in einer beschützenden Einrichtung untergebracht werden kann. Doch verlangt das hohe Gewicht des Freiheitsanspruchs, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um etwa durch Einrichtung einer auch die Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 BGB umfassenden Pflegschaft sowie durch Weisungen und die Anbindung an einen Bewährungshelfer im Rahmen der Führungsaufsicht, eine ausreichend gesicherte Entlassungssituation herzustellen, mit der die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung jedenfalls schwerer Taten, wie sie eine Brandlegung darstellt, zu reduzieren. Da mit solchen protektiven Maßnahmen die ohnehin schon nicht sehr hohe Wahrscheinlichkeit schwerer Straftaten, insbesondere Brandstiftungen, zusätzlich vermindert werden kann, ist auch insofern die Fortdauer der lange andauernden Unterbringung nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen.
Nach alledem war die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen Unverhältnismäßigkeit für erledigt zu erklären (§ 67 d Abs. 6 S. 1 StGB). Diese Erledigung wird allerdings erst zum 1.2.2006 eintreten, um dem Zentrum für Psychiatrie N. die Gelegenheit zu geben, den Untergebrachten auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten (vgl. OLG Hamburg NStZ-RR 2005, 40, 43). Da die Ausgestaltung der nach § 67 e Abs. 6 S. 2 StGB eintretenden Führungsaufsicht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich ist, hat sie der Senat zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts H. übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.