Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03

bei uns veröffentlicht am23.07.2003

Tenor

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 28.3.2003 - 7 O 65/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Verfügungsklägerin zur Last.

Gründe

 
I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist eine Internet-Werbung der Verfügungsbekl. (künftig: Beklagte) für den von ihr angebotenen DSL-Internetzugang, welche die Verfügungskl. (Klägerin) als wettbewerbswidrig beanstandet, weil die Beklagte den Verbraucher nicht auch über die Kosten für den erforderlichen T-DSL-Anschluss der Deutschen Telekom informiere und ihn somit über den Gesamtpreis des gekoppelten Angebotes im Unklaren lasse.
Das LG hat das Unterlassungsbegehren abgewiesen. Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liege nicht vor, im Übrigen sei eine Gefahr der Irreführung des Publikums durch den Internetauftritt der Beklagten nicht verbunden.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das LG habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte den DSL-Anschluss der Telekom über das Online-Bestellformular zusammen mit ihrer Dienstleistung (DSL-Internetzugang) als einheitliches Paket anbiete. Der Verbraucher werde jedoch beim Online-Bestellformular nicht über den Gesamtpreis des Koppelungsangebotes informiert, weil die Angaben über zusätzliche Kosten durch den T-DSL-Anschluss nicht bei der Preiswerbung für den DSL-Zugang dargestellt würden. Der bloße Sternchenhinweis, dass zusätzliche Kosten und Gebühren für den T-DSL-Anschluss anfielen, vermittle den Interessenten nicht die gesetzlich gebotene Preisorientierung. In jedem Falle verstoße die mit Anlage ASt. 5 vorgelegte Seite gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG (Hilfsantrag), weil dort die T-DSL Kosten ganz unterschlagen würden und die Blickfangwerbung den falschen Eindruck erwecke, als kämen zu den 19,99 Euro weitere Gebühren nicht hinzu.
Die Klägerin wiederholt ihre erstinstanzlichen Anträge (Haupt- und Hilfsantrag). Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das LG hat die Klägerin mit zutreffenden Ausführungen zu Recht abgewiesen. Eine Rechtsverletzung i.S.d. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO ist nicht gegeben. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt daher ohne Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung der Berufung verstößt die Internet-Werbung der Beklagten nicht gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG i.V.m. § 1 Abs. 5 S. 2 Preisangabenverordnung.
Die beanstandete Werbung umfasst neben den primär angebotenen Dienstleistungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von DSL-Internetzugängen (Volumen- und Flat-Tarife) zwar auch den hierfür benötigten T-DSL-Anschluss der Deutschen Telekom, der bei der Online-Bestellung über die Beklagte mitbestellt werden kann. Diese Bestellung ist jedoch nicht obligatorisch, vielmehr erkennt der Interessierte ohne weiteres, dass die Angebotsvariante lediglich fakultativ, gleichsam als besonderes Serviceleistung des Anbieters gedacht ist, die ihm einen zusätzlichen Bestellvorgang bei der Deutschen Telekom abnehmen soll.
Aus der Sicht des Letztverbrauchers handelt es sich daher um zwei Leistungen verschiedener Anbieter, also um zwei Leistungsgegenstände, die nur aufgrund des Abschlusses zweier Verträge mit den jeweiligen Anbietern zu erhalten sind. Eine Kombinationsangebot, bei dem der Verbraucher Klarheit über den Gesamtpreis und über die einzelnen Preisbestandteile beanspruchen kann, liegt hier nicht vor. Darin unterscheidet sich der Streitfall von anderen Konstellationen, in denen der Wettbewerber mit der besonderen Preiswürdigkeit des einen Angebotsteils wirbt, aber den Preis für das obligatorische Komplementärangebot in der Darstellung untergehen lässt, sodass ein unzutreffender Eindruck über die Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebotes entsteht (BGH WRP 1999, 90 [93] - Handy für 0 DM; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2003, 168 [169] - Zwei Knaller). Nach Sachlage reicht es im Streitfall vielmehr aus, dass die Beklagte die Verbraucher über die zusätzlich anfallenden Gebühren für das Zusatzangebot (T-DSL-Anschluss) mit dem Sternchenhinweis informiert und die hierfür geltende Tarifverordnung der Deutschen Telekom in der Preisübersicht (Anlage Ast. 6) und auch beim Bestellvorgang (Anlage ASt. 9, dort S. 17, 19) anzeigt. Damit ist eine dem § 1 Abs. 5 S. 2 Preisangabenverordnung entsprechende eindeutige Zuordnung von Angebot und Preis gegeben.
10 
2. Die Berufung ist auch unbegründet, soweit sich die Klägerin zur Begründung des Hilfsantrags auf die Gefahr der Irreführung durch die Preisangabe auf die konkret beanstandete Internetseite Anlage Ast. 5 stützt.
11 
Der dort angegebene „Festpreis” bezieht sich nach dem maßgeblichen Verständnis der angesprochenen Verkehrsteilnehmer, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Senats gehören, auf den Flat-Tarif der Beklagten. Der durchschnittlich informierte und interessierte Verbraucher, auf den nach der neueren Rechtsprechung des BGH maßgeblich abzustellen ist, versteht den Aussagegehalt der beanstandeten Preiswerbung allein im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsangebot der Beklagten. Die Gefahr, dass er die Preisangaben pauschal versteht und auch auf die technische Voraussetzung für den Internetzugriff (T-DSL) bezieht, wird durch den Sternchenhinweis nahezu ausgeräumt. Der angegebene Fixpreis (Flatrate) hat vielmehr, für den Leser der Internetseite der Beklagten erkennbar, nur den Internetzugang als solchen ohne Begrenzung von Zeit oder Volumen (der empfangenen oder gesendeten Datenmenge) zum Gegenstand. Eine Irreführung relevanter Verkehrskreise durch die beanstandete Werbung liegt nach allgemeiner Lebenserfahrung somit nicht vor (im Unterschied zum anders gelagerten Fall OLG Köln GRUR-RR 2001, 17 - Internet zum Festpreis). Diese Feststellung kann der Senat aus eigener Sachkunde treffen (vgl. BGH WRP 2002, 527 - Elternbriefe; v. 26.9.2002 - I ZR 89/00, BGHReport 2003, 243 = WRP 2003, 275 - Thermalbad).
12 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
13 
Dr. Lippok Dr. Kircher Dr. Schnauder
14 
VorsRiOLG RiLG RiOLG

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Preisangabenverordnung - PAngV | § 1 Grundvorschriften


(1) Wer Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00

bei uns veröffentlicht am 26.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 89/00 Verkündet am: 26. September 2002 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Referenzen

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Wer Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise). Soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht, sind auch die Verkaufs- oder Leistungseinheit und die Gütebezeichnung anzugeben, auf die sich die Preise beziehen. Auf die Bereitschaft, über den angegebenen Preis zu verhandeln, kann hingewiesen werden, soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht und Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.

(2) Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, hat zusätzlich zu Absatz 1 und § 2 Absatz 2 anzugeben,

1.
dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und
2.
ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen.
Fallen zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten an, so ist deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können.

(3) Bei Leistungen können, soweit es üblich ist, abweichend von Absatz 1 Satz 1 Stundensätze, Kilometersätze und andere Verrechnungssätze angegeben werden, die alle Leistungselemente einschließlich der anteiligen Umsatzsteuer enthalten. Die Materialkosten können in die Verrechnungssätze einbezogen werden.

(4) Wird außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert, so ist deren Höhe neben dem Preis für die Ware oder Leistung anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden.

(5) Die Angabe von Preisen mit einem Änderungsvorbehalt ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 nur zulässig

1.
bei Waren oder Leistungen, für die Liefer- oder Leistungsfristen von mehr als vier Monaten bestehen, soweit zugleich die voraussichtlichen Liefer- und Leistungsfristen angegeben werden, oder
2.
bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erbracht werden.

(6) Der in der Werbung, auf der Webseite oder in Prospekten eines Reiseveranstalters angegebene Reisepreis kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 nach Maßgabe des § 651d Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikels 250 § 1 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche geändert werden.

(7) Die Angaben nach dieser Verordnung müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Wer zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, hat diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Bei der Aufgliederung von Preisen sind die Gesamtpreise hervorzuheben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 89/00 Verkündet am:
26. September 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
THERMAL BAD
Die behauptete Irreführung, der Verbraucher nehme bei einer mit "THERMAL BAD"
bezeichneten Badetablette an, die darin enthaltenen Mineralien seien einer natürlichen
Thermalquelle entzogen, kann der Tatrichter aus eigener Erfahrung verneinen.
BGH, Urt. v. 26. September 2002 - I ZR 89/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung "t. Beweglichkeits THERMAL BAD" mit den weiteren Erläuterungen "DIE THERMAL BADEKUR FÜR ZU HAUSE" und "Fördert die Hautdurchblutung, lockert Gelenke und Glieder" zur Auflösung im Badewasser bestimmte Tabletten. Diese werden nicht aus natürlichem Thermalquellwasser gewonnen, sondern auf synthetischem Weg hergestellt. Sie enthalten Bestandteile, die denen eines natürlichen Thermalquellwassers entsprechen, insbesondere betreffend die Mineral-
salze. Auf der Rückseite der Faltschachtel, in der die Tabletten verpackt sind, befinden sich unter anderem die Angaben "Das t. BeweglichkeitsThermalbad enthält eine Mineralsalzkombination, wie sie in Thermalquellen vorkommt. Thermalquellen sind weltweit für ihre gesundheitsfördernde Wirkung bekannt." und "Verspannte Muskeln und überlastete Gelenke und Glieder werden wohltuend gelockert".
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Zu diesen zählen unter anderem zahlreiche Unternehmen, die wie die Beklagte pharmazeutische Produkte herstellen und vertreiben.
Nach der Auffassung des Klägers sind die von der Beklagten für die Tabletten verwendeten Bezeichnungen mit dem Wort "Thermal" irreführend. Außerdem seien die Tabletten in der Form, in der sie vertrieben würden, als Arzneimittel einzustufen und daher ohne entsprechende Zulassung nicht verkehrsfähig.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Mittel "t. Beweglichkeits Thermal Bad" unter der Bezeichnung "Thermal Bad" und/oder "Thermal Badekur" und/oder "Thermal Badetabletten" in den Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen, hilfsweise, das Verbot hinsichtlich der konkreten Verpackung auszusprechen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg (OLG Frankfurt am Main PharmaR 2000, 341 = OLG-Rep 2000, 138).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vertrieb der Tabletten weder unter den angegriffenen Bezeichnungen noch mit Blick auf die konkrete Produktverpackung in ihrer Gesamtheit zu beanstanden. Hierzu hat es ausgeführt:
Ein Unterlassungsanspruch folge nicht aus dem in § 3a HWG geregelten Verbot der Werbung für zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene Arzneimittel. Aus der Sicht des Verkehrs weise das Produkt der Beklagten nach seiner Bezeichnung und sonstigen Bewerbung zwar allgemeine gesundheitsförderliche und vorbeugende, nicht aber arzneiliche Wirkungen auf.
Die Beklagte erwecke aber auch weder durch die mit dem Klagehauptantrag angegriffenen Bezeichnungen noch durch die mit dem Hilfsantrag ein-
bezogene Produktverpackung einen nach § 3 UWG relevanten Irrtum. Zumindest aber würde das Interesse der Beklagten, ihr neuartiges Produkt unter Bezugnahme auf die naheliegende natürliche Entsprechung zu bezeichnen, die Interessen etwa irregeführter Verbraucher deutlich überwiegen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat die Badetabletten der Beklagten mit Recht nicht als zulassungspflichtige Arzneimittel angesehen und ohne Rechtsfehler auch das Vorliegen einer Irreführung i.S. des § 3 UWG verneint.
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aus der Sicht des Verkehrs weder der Bezeichnung des Produkts der Beklagten noch den weiteren Inhalten der fraglichen Werbung eine Zweckbestimmung des Produkts zu entnehmen, durch Anwendung am oder im Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Weder würden Krankheiten genannt, bei denen die Anwendung des Mittels indiziert sei, noch Wirkungen geschildert, die als Heilung , Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zu verstehen seien. Die Beklagte weise vielmehr nur darauf hin, daß ihr Produkt wohltuend wirke und der Gesundheit förderlich sei. Das gelte auch für den Hinweis auf die "Badekur". Der Verkehr verbinde mit diesem Begriff allgemeine gesundheitsförderliche und vorbeugende Wirkungen, nicht aber ohne weiteres die Wirkungen eines Arzneimittels. Entsprechendes gelte für die Bedeutung weiterer Produktbeschreibungen wie etwa "Beweglichkeitsbad" und "lockert Gelenke und Glieder". Umschreibungen, die auf zu lindernde oder zu heilende Krankheiten hindeuten könnten, lägen nicht vor.
Die Revision hält dem ohne Erfolg entgegen, das Produkt der Beklagten verspreche nach seiner Zweckbestimmung und den Hinweisen auf seiner Verpackung auf die Besserung oder Wiederherstellung der Beweglichkeit, auf die Förderung der Hautdurchblutung, auf die Lockerung der Gelenke, Glieder und verspannter Muskeln, auf die ausdrücklich hervorgehobene "gesundheitsfördernde Wirkung" wie bei "Thermalquellen" sowie auf seine Bestandteile auch die Linderung vorhandener Behinderungen, Krankheiten und Beschwerden. Denn sie setzt damit - was revisionsrechtlich unzulässig ist - lediglich ihre Sicht der Dinge an die Stelle der vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts ohne Rechtsfehler vorgenommenen Beurteilung. Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt (BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin; Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 158/98, GRUR 2001, 450, 451 = WRP 2001, 542 - Franzbranntwein-Gel; Urt. v. 11.7.2002 - I ZR 34/01, GRUR 2002, 910, 912 = WRP 2002, 1141 - Muskelaufbaupräparate, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Das vom Berufungsgericht ermittelte Verständnis des Verbrauchers läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts enthält die vom Kläger angegriffene Werbung auch keine Irreführung i.S. des § 3 UWG. Denn die Beklagte treffe an keiner Stelle die Aussage, daß ihr Produkt aus einer natürlichen Thermalquelle gewonnen sei, sondern lasse auf seiner Verpackung deutlich erkennen, daß es sich um ein Erzeugnis handele, dessen Zusammensetzung der eines natürlichen Thermalquellwassers entspreche. Sie stelle außerdem heraus, daß die Tabletten "nach wissenschaftlichen Grundsätzen entwik-
kelt" und mit zusätzlichen, d.h. über den Wirkstoffinhalt natürlicher Thermalquellen hinausgehenden Inhaltsstoffen versehen seien. Die betroffenen Verbraucherkreise verbänden mit dem Begriff "THERMAL BAD" nicht die Vorstellung , die so beworbenen Tabletten seien aus natürlichen Thermalquellen gewonnen. Vielmehr werde der Eindruck erweckt, der Verbraucher könne mit dem Produkt die Wirkungen von Inhaltsstoffen, die natürliche Thermalquellen auszeichneten , in der häuslichen Badewanne herbeiführen, d.h. selbst ein "THERMAL BAD" herstellen. Das aber sei angesichts der unstreitig einer natürlichen Thermalquelle vergleichbaren Inhaltsstoffe der Tabletten durchaus der Fall. Auch diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Die Frage, in welchem Sinn eine Werbeaussage zu verstehen ist, beurteilt sich nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und der Situation, in der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster ; Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 155/98, GRUR 2000, 1106, 1108 = WRP 2000, 1278 - Möbel-Umtauschrecht; Urt. v. 3.5.2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 183 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen). Die Verkehrsanschauung orientiert sich dabei grundsätzlich am Wortsinn der Werbeaussage (vgl. BGH GRUR 2002, 182, 184 - Das Beste jeden Morgen, m.w.N.), das heißt am allgemeinen Sprachgebrauch und am allgemeinen Sprachverständnis. Die Beurteilung dieses Verständnisses obliegt dem Tatrichter.

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts versteht der Verkehr das in Tablettenform angebotene "THERMAL BAD" dahin, daß das Produkt in der häuslichen Badewanne die Wirkungen herbeiführt, die einer natürlichen
Thermalquelle entsprechen; der Verbraucher könne in diesem Sinne also sein Thermalbad selbst herstellen. Die Vergleichbarkeit der Wirkungen des Produkts mit denen einer Thermalquelle hat das Berufungsgericht unangegriffen als unstreitig festgestellt. Seine Beurteilung, entgegen der Ansicht des Klägers erwarteten relevante Verkehrskreise nicht, daß die Mineralien für das häusliche Bad aus dem Wasser einer bestimmten Thermalquelle gewonnen seien, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die behauptete Irreführung nicht aus eigener Sachkunde verneinen dürfen, greift nicht durch. Nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung des Senats ist für das Verkehrsverständnis die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maßgebend. Dementsprechend kommt es nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an und macht es deshalb grundsätzlich auch keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, der Tatrichter habe die Feststellungen zum Aussagegehalt der angegriffenen Bezeichnungen außerhalb seines Erfahrungsbereichs getroffen.

c) Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, daß Teile des Verkehrs im Hinblick auf den nicht eindeutigen Wortsinn der isoliert betrachteten Bezeichnung "THERMAL BAD" meinen könnten, es handele sich nicht um ein künstliches Erzeugnis, sondern um ein Naturprodukt, dem das Wasser entzogen worden sei, änderte dies an der Beurteilung der Sache nichts. Es fehlte
jedenfalls an einer wettbewerbsrechtlich relevanten Irreführung, weil die betreffenden Teile des Verkehrs auf der Verpackung eine Erläuterung der insoweit lediglich unklaren Aussage finden und hieraus unschwer entnehmen können , daß es sich bei den Badetabletten der Beklagten um ein künstlich gewonnenes Erzeugnis handelt.

d) Nach alledem kann die Revision auch nicht mit dem weiterverfolgten Hilfsantrag Erfolg haben, der maßgeblich damit begründet worden ist, daß auf der Verpackung die Bezeichnung "THERMAL BAD" mehrfach blickfangmäßig herausgestellt wird.
III. Die Revision des Klägers war danach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)