Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Feb. 2017 - 2 (7) Ss 624/16; 2 (7) Ss 624/16 - AK 238/16

bei uns veröffentlicht am07.02.2017

Tenor

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendrichter - Freiburg im Breisgau vom 8. August 2016 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Jugendrichter - Freiburg im Breisgau vom 08.08.2016 vom Vorwurf der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts - im Einzelnen insbesondere die rechtliche Würdigung sowie für eine revisionsgerichtliche Prüfung unzureichende Feststellungen - rügt.
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler ergeben.
1. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen zum Sachverhalt habe der Angeklagte, der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling im Kinderheim A in der X Straße in R untergebracht gewesen sei, am frühen Abend des 20.07.2016 seinen Betreuer des Kinderheims, den Zeugen M, am Bahnhof von R getroffen. Aus Wut - unter anderem über einen zwei Tage zuvor ausgesprochenen Schulverweis wegen Drogenkonsums - habe er auf dem Bahnsteig gegenüber dem Betreuer geäußert: „Ich Bombe, Messer, Deutschland alles Feuer, alles scheiße, ich egal, Dina egal, komme nicht nach Hause.“ Dies habe der Angeklagte einem ruhigen Ton geäußert, so dass der Gesprächsinhalt für Dritte nicht wahrnehmbar gewesen sei. Zur Zeit der Äußerung habe am Bahnhof in R wenig Publikumsverkehr geherrscht. Eine andere Person habe ungefähr 20 Meter vom Angeklagten und seinem Betreuer entfernt gestanden, als er sich wie beschrieben geäußert habe.
2. Entgegen der Auffassung der Revision wird die angegriffene Entscheidung zunächst den Anforderungen an die Abfassung eines freisprechenden Urteils nach § 267 Abs. 5 S. 1 StPO gerecht; die Beweiswürdigung ist ebenso frei von Rechtsfehlern.
Die Begründung eines Freispruchs muss so abgefasst sein, dass durch das Revisionsgericht überprüft werden kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt und gegebenenfalls warum das festgestellte Verhalten nicht strafbar ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 267 Rn. 33 mwN). Ein Rechtsfehler liegt dabei insbesondere vor, wenn sich die tatrichterlichen Schlussfolgerungen so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernen, dass sie letztlich bloße Vermutungen sind, wenn keine Beweisgründe angegeben oder keine Beweiswürdigung vorgenommen wird oder wenn die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 267 Rn. 33, § 261 Rn. 38 jeweils mwN). Die Beweiswürdigung ist darüber hinaus dann rechtsfehlerhaft, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt, über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht oder einzelne Belastungsindizien nur gesondert erörtert, ohne eine Gesamtabwägung vorzunehmen, oder wenn der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit stellt (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 337 Rn. 27 mwN).
a. Das Amtsgericht hat die Einlassung des Angeklagten entgegen der Revision noch in einem der Entscheidung angemessenen Umfang dargestellt und zudem auch - als unglaubhaft - gewertet (vgl. grundsätzlich BGH NStZ 2016, 25, juris Rn. 12). Zugleich schließt der Senat auch ein Beruhen des Urteils (§ 337 Abs. 1 StPO) auf einer etwa rechtsfehlerhaft fehlenden Darstellung der Einlassung des Angeklagten angesichts der zutreffenden rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts (vgl. unten 3.) aus.
b. Den seitens der Revision geltend gemachten Widerspruch in der Bewertung der fraglichen Äußerung des Angeklagten durch den Zeugen M - dass diese „aus Wut“, indes „in ruhigem Ton“ erfolgt sei - vermag der Senat nicht zu erkennen. Ein Erfahrungssatz, dass sich die emotionale Motivation stets auch in der Art und Weise der Äußerung niederschlägt, existiert nicht. Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist diesbezüglich außerdem zu entnehmen, dass die amtsgerichtlich gewählte Formulierung, dass die Äußerung „in einem ruhigen Ton“ erfolgt sei, sich aufgrund der verwendeten konsekutiven Konjunktion entgegen der Revision nicht auf eine Bewertung des Tonfalls der Äußerung durch den Zeugen, sondern auf deren Lautstärke bezieht („Dies äußerte der Angeklagte in einem ruhigen Ton, so dass der Gesprächsinhalt für Dritte nicht wahrnehmbar war“).
c. Ein Darstellungsmangel liegt auch nicht darin, dass in den Gründen des Urteils nicht ausdrücklich dargestellt wird, wer die Polizei aufgrund der Äußerung des Angeklagten verständigt hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der amtsgerichtlichen Beweiswürdigung mit den Feststellungen zum Sachverhalt ergibt sich allerdings, dass der Inhalt des Gesprächs zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M von niemand anderem wahrgenommen wurde. Die etwas unpräzise passivische Formulierung in der Beweiswürdigung - „dass die Polizei gerufen wurde“ - kann daher bei verständiger Würdigung nur im Kontext zu der im Aufbau der Beweiswürdigung unmittelbar zuvor mitgeteilten, durch den vorbezeichneten Zeugen telefonisch an einen Kollegen weitergegebenen Information über die gegenständliche Äußerung des Angeklagten verstanden werden; dieser Kollege hat sodann anschließend unmittelbar oder mittelbar eine Mitteilung an die Polizeibehörden veranlasst.
3. Auch die rechtliche Würdigung des dementsprechend rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalts durch das Amtsgericht hält rechtlicher Prüfung stand.
10 
a. Die Voraussetzungen des Tatbestands der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 Abs. 1 StGB) liegen - ungeachtet des auch von den im Urteil nicht wiedergegebenen sprachlichen Fähigkeiten des Angeklagten abhängigen interpretationsbedürftigen Sinngehalts seiner wörtlich im Urteil wiedergegebenen, eher vage gebliebenen Äußerung - nicht vor; diese war nämlich bereits objektiv nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.
11 
Nach ständiger Rechtschreibung ist der öffentliche Frieden dann gestört, wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird oder wenn potentielle Täter durch Schaffung eines „psychischen Klimas“, in dem Taten wie die angedrohten begangen werden können, aufgehetzt werden können (BGH, Beschluss vom 20.09.2010 - 4 StR 395/10 -, NStZ-RR 2011, 78 f., juris Rn. 6 mwN; MüKo-StGB/Schäfer, 2. Aufl., § 126 Rn. 26; LK-StGB/Krauß, 12. Aufl., § 126 Rn. 27). Vorausgesetzt wird dabei nicht, dass eine Störung bereits eingetreten ist; es reicht aus, dass die Handlung zumindest konkret zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die entsprechende Ankündigung in der Öffentlichkeit erfolgt. Eine Ankündigung gegenüber einem Einzelnen kann dann genügen, wenn nach den konkreten Umständen - beurteilt sowohl nach Art und Inhalt der Äußerung sowie den Umständen ihrer Abgabe als auch nach ihren voraussichtlichen Folgewirkungen und dem Kreis der Erklärungsempfänger (MüKo-StGB/Schäfer, aaO, § 126 Rn. 26; LK-StGB/Krauß, aaO, § 126 Rn. 27) - damit zu rechnen ist, dass der angekündigte Angriff nach dem aus der Sicht eines objektiven Beobachters voraussehbaren, wahrscheinlichen Geschehensablauf einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird - wie bei einer Zusendung an die Medien oder einen nicht näher einzugrenzenden Kreis von Privatpersonen, von deren Diskretion nicht auszugehen ist, aber auch an einen unmittelbar Betroffenen, wenn anzunehmen ist, dass dieser sich aus Sorge um Opfer oder aus Empörung über diese Drohung an die Öffentlichkeit wenden wird (BGH aaO mwN; MüKo-StGB/Schäfer, aaO, § 126 Rn. 31; LK-StGB/Krauß, aaO, § 126 Rn. 27, 31; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 126 Rn. 9).
12 
Vorliegend ist das Amtsgericht zurecht davon ausgegangen, dass von dem mit der Betreuung des Angeklagten aufgrund dessen Unterbringung im Kinderheim befasst gewesenen Wohngruppen-Bezugsbetreuer - ebenso wie von staatlichen Organen (so für Polizeibeamte und Mitarbeiter des Sozialamts: BGH, Beschluss vom 30.11.2010 - 3 StR 428/10 -, NStZ-RR 2011, 109; für Rechtspfleger: BGH, Beschluss vom 19.05.2010 - 1 StR 148/10 -, NStZ 2010, 570; für Bahnhofsvorstände der (ehemaligen) Deutschen Bundesbahn: BGH, Beschluss vom 02.04.1987, 4 StR 55/87 -, NStZ 1987, 364, juris Rn. 10) - auch vor dem Hintergrund der eine Tat lediglich andeutenden Äußerung zu erwarten war, dass dieser zwar präventive Maßnahmen - wie die Information der Dienstvorgesetzten oder der Polizeibehörden - veranlassen, im Übrigen aber - vergleichbar der Verfahrensweise der mit Präventionsmaßnahmen befassten Behörden - mit Diskretion vorgehen würde, um eine entsprechende Vorgehensweise dieser Behörden nicht zu gefährden und die Öffentlichkeit nicht zu beunruhigen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als sowohl der Name als auch der einzige vom Angeklagten als unbegleiteten minderjährigen Flüchtling genutzte Hinwendungsort in Deutschland bekannt waren (entsprechend für eine ehemalige Mitarbeiterin einer Betreuungseinrichtung für Menschen mit psychischen Behinderungen: BGH, Beschluss vom 20.09.2010 - 4 StR 395/10 -, NStZ-RR 2011, 78 f., juris Rn. 7).
13 
b. Auch der Tatbestand des Vortäuschens des Bevorstehens einer Straftat gegenüber einer Behörde in mittelbarer Täterschaft nach §§ 145d Abs. 1 Nr. 2, 25 Abs. 2 StGB ist nach den Feststellungen offensichtlich nicht erfüllt (LK-StGB/Ruß, aaO, § 145d Rn. 13).
III.
14 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1, Abs. 2 StPO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafgesetzbuch - StGB | § 126 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten


(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs,2. eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 177 Absatz 4 bi

Strafgesetzbuch - StGB | § 145d Vortäuschen einer Straftat


(1) Wer wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vortäuscht, 1. daß eine rechtswidrige Tat begangen worden sei oder2. daß die Verwirklichung einer der in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Ta

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Feb. 2017 - 2 (7) Ss 624/16; 2 (7) Ss 624/16 - AK 238/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs,
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 177 Absatz 4 bis 8 oder des § 178,
3.
einen Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches),
4.
eine gefährliche Körperverletzung (§ 224) oder eine schwere Körperverletzung (§ 226),
5.
eine Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
6.
einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255),
7.
ein gemeingefährliches Verbrechen in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3, des § 316a Abs. 1 oder 3, des § 316c Abs. 1 oder 3 oder des § 318 Abs. 3 oder 4 oder
8.
ein gemeingefährliches Vergehen in den Fällen des § 309 Abs. 6, des § 311 Abs. 1, des § 316b Abs. 1, des § 317 Abs. 1 oder des § 318 Abs. 1
androht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor.

6
a) Nach ständiger Rechtsprechung ist der öffentliche Frieden dann gestört , wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird oder wenn potentielle Täter durch Schaffung eines "psychischen Klimas", in dem Taten wie die angedrohten begangen werden können, aufgehetzt werden können (vgl. BGH, Urteile vom 9. August 1977 - 1 StR 74/77, NJW 1978, 58, 59; vom 2. April 1987 - 4 StR 55/87, BGHSt 34, 329, 331; Beschluss vom 19. Mai 2010 - 1 StR 148/10). Vorausgesetzt wird dabei nicht, dass eine solche Störung bereits eingetreten ist; es reicht aus, dass die Handlung zumindest konkret zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist (vgl. BGHSt aaO). Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die entsprechende Ankündigung in der Öffentlichkeit erfolgt. Eine Ankündigung gegenüber einem Einzelnen kann dann genügen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu rechnen ist, dass der angekündigte Angriff einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird, wie bei einer Zusendung an die Medien oder an einen nicht näher einzugrenzenden Kreis von Privatpersonen, von deren Diskretion nicht auszugehen ist, aber auch an einen unmittelbar Betroffenen, wenn anzunehmen ist, dass dieser sich aus Sorge um Opfer oder aus Empörung über diese Drohung an die Öffentlichkeit wenden wird (vgl. BGHSt aaO m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 428/10
vom
30. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. November 2010
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 5. Juli 2010
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte in den Fällen II. 2. und II. 7. der Urteilsgründe der Bedrohung schuldig ist,
b) im Strafausspruch in den Fällen II. 2. und II. 7. der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung, wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Falle in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, wegen zwei- er Fälle der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten in Tateinheit mit Bedrohung, wegen Sachbeschädigung und wegen Beleidigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch auch wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 StGB) in den Fällen II. 2. und II. 7. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Die Feststellungen tragen die Annahme einer Eignung des Verhaltens des Angeklagten zur Störung des öffentlichen Friedens im Sinne [des] § 126 StGB nicht. Der öffentliche Friede ist ein Zustand allgemeiner Rechtssicherheit und das Bewusstsein der Bevölkerung davon; gestört ist der öffentliche Friede, wenn eine allgemeine Beunruhigung der Bevölkerung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, mindestens aber einer nicht unerheblichen Personenzahl, etwa einem Teil der Bevölkerung im Sinne des § 130 StGB eintritt (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 126 Rdnr. 2 m.w.N). Für den Tatbestand des § 126 StGB ist zwar der Eintritt einer konkreten Gefahr nicht erforderlich, die jeweilige Handlung muss aber bei genereller Betrachtung konkret zur Friedensstörung geeignet sein (abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt, vgl. BGHSt 46, 212, 218 m.w.N.). Konkrete Gründe für die Befürchtung, die Äußerungen des Angeklagten würden das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern, indem sie einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland bekannt würden (vgl. BGH a.a.O. S. 219 m.w.N.), lagen hier nicht vor. In beiden Fällen ging es um Äußerungen des Angeklagten anlässlich von Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern des Sozialamts wegen von ihm begehrter Leistungen. Im Fall II 2 der Urteilsgründe erklärte der Angeklagte gegenüber dem Mitarbeiter des Sozialamts R. , er werde 'eine große Schießerei machen', 'hier im Büro, auch im Sozialamt und in ganz Deutschland' (UA S. 16). Im Fall II 7 der Urteilsgründe erklärte er den ihn aus dem Sozialamt abführenden Polizeibeamten, beim nächsten Aufsuchen des Sozialamts werde er eine Pistole mitführen, und stieß dann die Drohung aus: 'Ich bringe euch alle um' (UA S. 23). Die Äußerungen des Angeklagten waren somit jeweils an Behördenmitarbeiter bzw. Polizeibeamte gerichtet und auf die im Sozialamt gerade stattgefundenen Auseinandersetzungen bezogen. Zu befürchtende Straftaten stellten sich daher als Ausdruck dieses Konfliktes dar, was bereits grundsätzlich gegen eine Anwendbarkeit von § 126 StGB spricht (vgl. Rudolphi/Stein in SKStGB § 126 Rdnr. 7). Zudem ist bei solchen berufstypischen und behördenbezogenen Auseinandersetzungen nicht davon auszugehen, dass die unmittelbaren Adressaten der Drohungen sich aus Sorge um potentielle Opfer oder aus Empörung an eine breite Öffentlichkeit wenden (vgl. BGHSt 34, 329, 332). Dementsprechend waren vorliegend die Reaktionen der unmittelbar Betroffenen – Mitteilung an ihre Vorgesetzten (UA S. 17) – auch nicht öffentlichkeits-, sondern dienstbezogen, und auch die Vorgesetzten ihrerseits reagierten – wie bei professioneller Handhabung zu erwarten – mit nicht öffentlichkeitsbezogenen Maßnahmen (Hausverbot und Strafantrag - UA S. 18, 24). In beiden Fällen ist die Tat somit nur gemäß § 241 StGB strafbar. Im Hinblick auf den höheren Strafrahmen des § 126 StGB sowie den Umstand , dass die Strafkammer die Verwirklichung von zwei Straftatbeständen als straferschwerend angesehen hat (UA S. 65, 71), ist nicht auszuschließen , dass die Strafzumessung in diesen Fällen sowie bei der Gesamtstrafe auf dem Fehler beruht."
4
Dem schließt sich der Senat an, ändert den Schuldspruch entsprechend ab und hebt die Einzelstrafen in den beiden genannten Fällen sowie den Gesamtstrafenausspruch auf. Die zugehörigen Feststellungen sind indes rechtsfehlerfrei getroffen worden und von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen; sie können daher aufrechterhalten werden (§ 353 Abs. 2 StPO). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer kann ergänzende zumessungsrelevante Feststellungen treffen, wenn sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 148/10
vom
19. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26. November 2009 aufgehoben:
a) im Schuldspruch wegen zweier Fälle der Störung des öffentlichen Friedens (Fälle III. Ziff. 6 und III. Ziff. 7 der Urteilsgründe );
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen bezüglich der Fälle III. Ziff. 6 und III. Ziff. 7 sowie über die Gesamtfreiheitsstrafe und die angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus mit den zugehörigen Feststellungen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sechs tatmehrheitlichen Fällen der Bedrohung, davon drei Fälle in Tateinheit mit Beleidigung, wegen zweier Fälle der Störung des öffentlichen Friedens, davon ein Fall in Tateinheit mit Bedrohung, sowie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Seine auf die Sachrüge gestützte Revision hat hinsichtlich des Schuldspruchs wegen der beiden Fälle der Störung des öffentlichen Friedens, der dafür festgesetzten Einzelstrafen von fünf Monaten und drei Monaten sowie der Gesamtfreiheitsstrafe und der angeordneten Unterbringung Erfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet.

I.


3
1. Den Schuldsprüchen wegen Störung des öffentlichen Friedens (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 StGB) liegen im Wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:
4
a) Fall III. Ziff. 6: Anfang 2008 war der Vater des Angeklagten verstorben. Am 4. Februar 2009 erschien der Angeklagte im Amtsgericht Dillingen gegen 12.20 Uhr bei der für Nachlassangelegenheiten zuständigen Rechtspflegerin, welche ihn aber zunächst vertröstete und einen Termin auf 13.00 Uhr festsetzte , um zu ihrem Schutz einen Wachtmeister vorher herbeirufen zu können. In dem dann - im Beisein des Wachtmeisters - mit der Rechtspflegerin geführten Gespräch äußerte der Angeklagte, dass er wisse, wo Waffen seien und seine Leute überall seien. Weiter sagte er, dass er den Nachlasspfleger in Sachen S. , Rechtsanwalt M. aus München, umbringen werde. Das Gleiche passiere Frau Sc. von der ARGE A. . Schließlich bedrohte er die Rechtspflegerin selbst mit den Worten, dass er sie umbringen werde. Nach den Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte er dabei, diese in Angst um ihr Leben zu versetzen, wobei die Rechtspflegerin diese Drohungen auch ernst nahm.
5
b) Fall III. Ziff. 7: Am 11. März 2009 rief der Angeklagte morgens bei der Polizeiinspektion G. an und telefonierte mit POK Ma. . In dem Telefonat äußerte er dann, dass er nun gezwungen sei, einen Bank- oder einen Tankstellenüberfall zu begehen, da er kein Geld mehr habe. Darüber hinaus sagte er, dass er jetzt zur ARGE nach D. fahren werde, um dort „ein paar über den Haufen zu schlagen“. Aufgrund früherer Äußerungen des Angeklagten, welche POK Ma. bekannt waren, maß nach den Feststellungen des Landgerichts dieser der Aussage die Bedeutung bei, dass sich der Angeklagte zur Durchführung eines Amoklaufes zur ARGE nach D. begeben wollte. Ob und was POK Ma. nach diesem Telefonat unternahm, hat das Landgericht nicht festgestellt.
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2. a) Den Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens erfüllt, wer eine der im Straftatenkatalog des § 126 Abs. 1 StGB aufgeführten Straftaten androht und dabei zum Ausdruck bringt, dass die Verwirklichung der angedrohten Tat in seinem Machtbereich liegt (MünchKommStGB/Schäfer § 126 Rdn. 11; S/S-Lenckner/Sternberg-Lieben § 126 Rdn. 5). Insoweit hat die Strafkammer zutreffend die Voraussetzungen nach Abs. 1 Nr. 2 in beiden Fällen angenommen. Sofern im Fall III. Ziff. 7 Bedenken bestünden, wäre auch die Tatalternative nach Abs. 1 Nr. 5 erfüllt.
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b) Allerdings muss das Androhen jeweils zusätzlich in einer Weise erfolgen , die zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist. Dies hat das Landgericht in beiden Fällen nicht ausreichend dargetan.
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Gestört ist der öffentliche Frieden, wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird oder wenn potentielle Täter durch Schaffung eines ‚psychischen Klimas‘, in dem Taten wie die angedrohten begangen werden können, aufgehetzt werden (BGH NJW 1978, 58, 59; BGHSt 34, 329, 331). Allerdings muss eine solche Störung noch nicht eingetreten sein; jedoch muss die Handlung zumindest konkret zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet gewesen sein (BGHSt 34, 329, 331 f.). Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die entsprechende Ankündigung in der Öffentlichkeit erfolgt (MünchKommStGB/Schäfer § 126 Rdn. 31), woran es vorliegend allerdings in beiden Fällen fehlt. Eine Ankündigung gegenüber einem Einzelnen kann dann genügen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu rechnen ist, dass der angekündigte Angriff einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird, entweder bei einer Zusendung an die Medien oder an einen nicht näher eingegrenzten Kreis von Personen, von deren Diskretion nicht auszugehen ist (BGHSt 34, 329, 332); bei einer Mitteilung an Betroffene könnte dies gelten, wenn man davon ausgehen könnte, dass diese aus Sorge um Opfer oder aus Empörung über die Drohung sich an die Öffentlichkeit wenden könnten (BGH aaO). Solches hat die Strafkammer nicht festgestellt.
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c) Sind, wie in den hier maßgeblichen Fällen, Adressaten der Drohungen staatliche Organe, wird regelmäßig damit zu rechnen sein, dass diese zwar Maßnahmen zur Vermeidung der angedrohten Taten ergreifen oder veranlassen , jedoch regelmäßig im Übrigen mit Diskretion vorgehen, einerseits um die Präventivmaßnahmen nicht zu gefährden (BGHSt aaO), andererseits um auch die Öffentlichkeit nicht ohne Weiteres zu beunruhigen.
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Wie in Fall III. Ziff. 6 die Äußerungen des Angeklagten gegenüber der für Nachlassangelegenheiten zuständigen Rechtspflegerin des Amtsgerichts und im Fall III. Ziff. 7 gegenüber dem Polizeibeamten zu Maßnahmen hätten führen können, die ihrerseits eine Beunruhigung in der Bevölkerung als Folge hätten haben können, hat das Tatgericht nicht ausgeführt. Damit fehlt es jeweils an hinreichenden Feststellungen zum Tatbestand des § 126 Abs. 1 StGB.
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Allerdings kann eine mit der Drohung vorgenommene Vortäuschung gegenüber einer Behörde nach § 145d Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar sein, was das Landgericht von seinem Standpunkt aus zutreffend nicht erörtert hat.
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d) Die beiden Schuldsprüche wegen Störung des öffentlichen Friedens, in einem Fall in Tateinheit wegen Bedrohung, waren demgemäß aufzuheben. Die Prüfung der weiteren Schuldsprüche auf die Sachrüge hin hat keine durchgreifenden Rechtsfehler ergeben.

II.


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1. Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Störung des öffentlichen Friedens führt zur Aufhebung der deswegen verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe. Die für die anderen Taten verhängten Strafen können dagegen bestehen bleiben. Die Urteilsgründe enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie von den aufgehobenen Strafen beeinflusst sein könnten.
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2. Die neu berufene Strafkammer wird jedoch Gelegenheit haben zu prüfen , inwieweit die neu zu bestimmende Gesamtstrafe nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dabei kann nicht außer Acht bleiben, dass die vom Landgericht zur Begründung einer Versagung der Bewährung mit herangezogenen zwei Vorstrafen nur eine im Oktober 2007 begangene Nachstellung (15 Tagessätze zu je 20,-- Euro) und das Verbreiten pornografischer Schriften in zwei Fällen (Tatzeit: Dezember 2007 - 30 Tagessätze zu je 20,-- Euro) betreffen.
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3. Auch die angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus war schon deswegen aufzuheben, weil der neue Tatrichter die Aussetzung der festzulegenden Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung möglicherweise anders beurteilen und dann auch eine Unterbringungsanordnung nach § 67b StGB ausgesetzt werden könnte. Im Übrigen könnte die Gefährlichkeitsprognose auch eine andere Beurteilung erfahren, falls der neue Tatrichter den Tatbestand des § 126 StGB in den beiden Fällen aufgrund der neu getroffenen Feststellungen nicht als gegeben ansieht.
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Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die vom Landgericht sich zu eigen gemachte Äußerung des Sachverständigen, wonach „Verhaltensauffälligkeiten des Angeklagten in ihrer Eskalation nicht vorhersehbar“ seien, er aber gerade deswegen „mit einem sehr hohen Grad der Wahrscheinlichkeit für die Allgemeinheit gefährlich“ sei (UA S. 26), durchaus widersprüchlich ist und daher einer Prognose in dieser Weise nicht zugrunde gelegt werden kann.

III.


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Nachdem der Angeklagte seit 12. März 2009 in Untersuchungshaft bzw. seit 19. Mai 2009 im BKH Kaufbeuren vorläufig untergebracht ist, wird die neue Hauptverhandlung mit der gebotenen Beschleunigung durchzuführen sein. Nack Wahl Graf Jäger Sander
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a) Nach ständiger Rechtsprechung ist der öffentliche Frieden dann gestört , wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird oder wenn potentielle Täter durch Schaffung eines "psychischen Klimas", in dem Taten wie die angedrohten begangen werden können, aufgehetzt werden können (vgl. BGH, Urteile vom 9. August 1977 - 1 StR 74/77, NJW 1978, 58, 59; vom 2. April 1987 - 4 StR 55/87, BGHSt 34, 329, 331; Beschluss vom 19. Mai 2010 - 1 StR 148/10). Vorausgesetzt wird dabei nicht, dass eine solche Störung bereits eingetreten ist; es reicht aus, dass die Handlung zumindest konkret zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist (vgl. BGHSt aaO). Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die entsprechende Ankündigung in der Öffentlichkeit erfolgt. Eine Ankündigung gegenüber einem Einzelnen kann dann genügen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu rechnen ist, dass der angekündigte Angriff einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird, wie bei einer Zusendung an die Medien oder an einen nicht näher einzugrenzenden Kreis von Privatpersonen, von deren Diskretion nicht auszugehen ist, aber auch an einen unmittelbar Betroffenen, wenn anzunehmen ist, dass dieser sich aus Sorge um Opfer oder aus Empörung über diese Drohung an die Öffentlichkeit wenden wird (vgl. BGHSt aaO m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

(1) Wer wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vortäuscht,

1.
daß eine rechtswidrige Tat begangen worden sei oder
2.
daß die Verwirklichung einer der in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Taten bevorstehe,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 164, § 258 oder § 258a mit Strafe bedroht ist.

(2) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen eine der in Absatz 1 bezeichneten Stellen über den Beteiligten

1.
an einer rechtswidrigen Tat oder
2.
an einer bevorstehenden, in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Tat
zu täuschen sucht.

(3) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 begeht oder
2.
wider besseres Wissen einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen vortäuscht, dass die Verwirklichung einer der in § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 dieses Gesetzes, in § 31 Satz 1 Nummer 2 des Betäubungsmittelgesetzes oder in § 4a Satz 1 Nummer 2 des Anti-Doping-Gesetzes genannten rechtswidrigen Taten bevorstehe, oder
3.
wider besseres Wissen eine dieser Stellen über den Beteiligten an einer bevorstehenden Tat nach Nummer 2 zu täuschen sucht,
um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46b dieses Gesetzes, § 31 des Betäubungsmittelgesetzes oder § 4a des Anti-Doping-Gesetzes zu erlangen.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.