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Die Klägerin macht die Rückkaufswerte zweier Lebensversicherungen geltend.
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Die Lebensversicherungsverträge schloss die Beklagte mit der B. N. GmbH ab. Sie dienten der Altersversorgung des Streithelfers, der Gesellschafter und seit 16.08.1991 Geschäftsführer der B. N. GmbH war. Eine Versicherung begann am 01.11.1993 und hatte am 01.01.2002 einen Rückkaufswert von EUR 13.244,99, die andere Versicherung begann mit Wirkung vom 10.09.1998 und hatte am 1.01.2002 einen Rückkaufswert von EUR 459,98.
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Über das Vermögen der B. N. GmbH wurde zum 23.02.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Klägerin kündigte das Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers zum 30.04.2002.
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Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung wurden die Versicherungsverhältnisse beitragsfrei geführt.
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Die Parteien streiten darüber, ob die Ansprüche aus den Lebensversicherungen in die Insolvenzmasse gefallen sind oder ob sie sich im Vermögen des Streithelfers befinden.
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In § 7 Nr. 2 des (Gruppen-) Versicherungsvertrags (mit dem Versorgungswerk des Unternehmerverbandes) ist geregelt:
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Der versicherten Person wird auf die Leistung aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall ein nicht übertragbares und nicht beleihbares unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, unter den nachstehenden Vorbehalten für den Teil der Versicherungsleistung, der sich aus dem Beitragsanteil des Arbeitgebers ergibt:
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Dem Arbeitgeber der Mitgliedsbetriebe des Versorgungswerkes bleibt das Recht vorbehalten,
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- alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen,
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- wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, es sei denn,
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- die versicherte Person hat das 35. Lebensjahr vollendet und die Versicherung hat zehn Jahre bestanden oder
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- die versicherte Person hat das 35. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis hat 12 Jahre und die Versicherung drei Jahre bestanden,
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- wenn die versicherte Person Handlungen begeht, die dem Arbeitgeber das Recht geben, die Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen,
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- während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit Zustimmung der versicherten Person nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine Vorauszahlung auf die Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, wobei der Arbeitgeber die bezugsberechtigte Person bei Eintritt des Versicherungsfalles jedoch so stellt, als ob die Vorauszahlung nicht erfolgt wäre. ...
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Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagte antragsgemäß verurteilt, den Rückkaufswert der streitgegenständlichen Versicherungsverträge zum Abrechnungszeitpunkt zu berechnen und den sich daraus ergebenden Betrag an die Klägerin auszubezahlen.
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Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung strebt die Beklagte eine Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Klagabweisung an.
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Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass die vorliegende Situation, dass das Dienstverhältnis mit dem Bezugsberechtigten in Folge einer Insolvenzeröffnung ende, vertraglich nicht geregelt sei und es insofern einer Auslegung der Bezugsrechtsregelung bedürfe. Den versicherungsvertraglich geregelten Vorbehalten komme die Funktion zu, dem Bezugsberechtigten verdiente Ansprüche auf Versorgung zu erhalten, so dass sie im Falle einer Insolvenz nicht verloren gingen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin sei daher die Bezugsberechtigung des Streithelfers uneingeschränkt unwiderruflich geworden.
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Die Klägerin hat in der Berufung ihre Anträge umgestellt und beantragt nunmehr festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Rückkaufswert der durch die B. N. GmbH zugunsten des Streithelfers abgeschlossenen Versicherungen 9.033.828/8-00524 und 9.034.221/3-00524 zum Abrechnungszeitpunkt zu berechnen und die sich hieraus ergebenden Beträge an die Klägerin auszubezahlen.
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Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze verwiesen.
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat Erfolg.
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1. Die Klage ist zulässig. Die Klagänderung in der Berufung ist gemäß §§ 533, 264 Nr. 2 ZPO zulässig, die Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO.
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2. Die Klage ist entgegen der Ansicht des Landgerichts aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung der Lebensversicherungssummen. Die Schuldnerin ist nicht bezugsberechtigt. Die vertraglichen Ansprüche auf Auszahlung von Versicherungsbeträgen sind nicht in die Insolvenzmasse gefallen.
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a. Die streitgegenständlichen Lebensversicherungsverträge sind zwar beendet. Die Insolvenzverwalterin hat die Lebensversicherungsverträge gekündigt. Die Kündigung liegt in ihrer Aufforderung mit Schreiben vom 19.03.2002, den Rückkaufswert an sie auszubezahlen. Auch wenn der Versicherungsnehmer unwiderruflich gemäß § 166 VVG einen dritten Bezugsberechtigten benannt hat, bleibt er zur Kündigung berechtigt (BGH VersR 1992, 1382). In der Insolvenz des Versicherungsnehmers ist der Insolvenzverwalter berechtigt, das Kündigungsrecht auszuüben (§ 80 Abs. 1 InsO). Die streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse wandelten sich nicht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nach § 103 InsO in Abwicklungsverhältnisse um (vgl. BGH VersR 1993, 689). Die Voraussetzungen des § 103 InsO liegen nicht vor. Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung keine Ansprüche aus den Versicherungsverhältnissen. Diese waren vielmehr prämienfrei gestellt.
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Der Anspruch gegen die Beklagte aus den Versicherungsverträgen auf Erstattung der Rückkaufswerte fiel aber nicht in die Insolvenzmasse der Schuldnerin. Die Klägerin ist deshalb nicht zur Einziehung berechtigt. Zahlungsansprüche gegen die Beklagte stehen vielmehr dem Streithelfer zu. Die Klägerin hat das Bezugsrecht des Streithelfers zwar widerrufen. Der Widerruf ist in der Kündigung enthalten, in der die Klägerin Zahlung an die Insolvenzmasse verlangt. Die Klägerin konnte jedoch das Bezugsrecht des Streithelfers nicht mehr widerrufen.
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Die Parteien vereinbarten in § 7 des Versicherungsvertrages ein sogenanntes eingeschränktes unwiderrufliches Bezugsrecht. Die Schuldnerin hatte sich die Widerruflichkeit für bestimmte Fälle vorbehalten. Das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht steht im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin einem unwiderruflichen Bezugsrecht gleich, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der versicherungsvertraglich getroffenen Vorbehalte nicht erfüllt sind (Senat VersR 2001, 1501; BGH VersR 1996, 1089; BAG VersR 1991, 211). Bei Vereinbarung eines unwiderruflichen Bezugsrechts erwirbt der Berechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sofort (BGH VersR 1966, 359).
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Der Senat vertritt die Auffassung, dass die Klägerin das Bezugsrecht mit Insolvenzeröffnung nicht mehr widerrufen konnte, da die Voraussetzungen der vertraglichen Vorbehalte nicht mehr eintreten konnten. Der Wortlaut von § 7 des (Gruppen-) Versicherungsvertrages räumt zwar u.a. ein Widerrufsrecht ein, wenn das Arbeitsverhältnis des Versicherten innerhalb eines näher bestimmten Zeitraums endet. Die vertragliche Bestimmung ist jedoch nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen. Mit dem Abschluss der Versicherung zugunsten des Streithelfers sollte für diesen eine Altersversorgung aufgebaut werden. In den Genuss der Altersversorgung sollte er kommen, wenn er seine Arbeitskraft eine bestimmte Zeit für den wirtschaftlichen Erfolg der Schuldnerin eingesetzt und dieser keinen Schaden zugefügt hatte.
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Die Gestaltung der Widerrufsvorbehalte im Versicherungsvertrag diente erkennbar einmal dazu, den Geschäftsführer zur Betriebstreue anzuhalten. Der Vorbehalt, die Benennung des Bezugsberechtigten zu widerrufen, wäre zum Tragen gekommen, wenn das Dienstverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles geendet hätte und nicht u.a. die Versicherung schon zehn Jahre bzw. das Dienstverhältnis schon zwölf Jahre bestanden hätte oder wenn der Streithelfer Handlungen begangen hätte, die der Schuldnerin das Recht gegeben hätte, die Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen. Zum anderen sollte der Schuldnerin die Verwertung der Versicherung erleichtert und ihr dadurch Finanzierungsmittel erhalten werden; denn die Schuldnerin hätte - mit Zustimmung des Streithelfers - das Bezugsrecht widerrufen können, um Vorauszahlungen auf die Versicherungsleistung in Anspruch zu nehmen. Die Vorbehalte dienten jedenfalls nicht dazu, Vermögensverschiebungen zu Lasten des Arbeitnehmers herbeizuführen und die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger des Arbeitgebers zu erweitern. Der Zweck des vereinbarten Vorbehalts entfiel daher zu dem Zeitpunkt, zu dem über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Nach Einstellung des Betriebs, z.B. durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hat das Fortbestehen der Vorbehalte keinen Sinn mehr. Die Vorbehalte sollten somit vereinbarungsgemäß nur für die Zeit der Betriebsfortführung gelten (Senat VersR 2001, 1501; vgl. BAG VersR 1991, 211; Prölls/Martin, VVG, 26. Auflage, § 165 Rn. 6).
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Durch Inkrafttreten der Insolvenzordnung ist im Vergleich zur Rechtslage, die für die zitierten Entscheidungen maßgeblich war, keine für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts erhebliche Rechtsänderung eingetreten. Zwar kann nach der Insolvenzordnung ein Betrieb nach Bestätigung eines Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden. Ist über das Vermögen einer GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden, bedarf es dazu gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG zusätzlich eines Beschlusses der Gesellschafter. Diese Regelung ist jedoch der nach dem bis zum 31.12.1998 Gesetzeslage vergleichbar, nach der die GmbH nach Abschluss eines Zwangsvergleichs aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses fortgeführt werden konnte (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung).
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Da die Klägerin die Bezugsberechtigung des Streithelfers nicht widerrufen konnte, ist unerheblich, ob sich die vereinbarten Widerrufsvorbehalte nur auf Arbeitgeberanteile der Versicherungsprämien bezogen und ob die Schuldnerin allein die Versicherungsprämien zahlte oder ab auch der Streithelfer Beiträge leistete.
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Da die Berufung der Beklagten zur Abweisung der Klage führt, hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
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